Drei Krimis Spezialband 1071 - Franklin Donovan - E-Book

Drei Krimis Spezialband 1071 E-Book

Franklin Donovan

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: (399) Jesse Trevellian nach San Francisco (Pete Hackett) Club der Mörder (Alfred Bekker) Trevellian und Tucker geben niemals auf! Kriminalroman (Franklin Donovan) Ein großer Boss des organisierten Verbrechens wird von einem Killer-Kommando hingerichtet. Aber das ist nur der Anfang einer beispiellosen Welle der Gewalt. Damit beginnt für die Ermittler die Jagd auf die Hintermänner, die aus dem verborgenen heraus ein perfides Spiel inszenieren. Eine Verschwörung von unglaublichem Ausmaß kommt nach und nach ans Tageslicht... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

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Pete Hackett, Alfred Bekker, Franklin Donovan

Drei Krimis Spezialband 1071

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Inhaltsverzeichnis

Drei Krimis Spezialband 1071

Copyright

Trevellian und die Blutspur nach San Francisco: Action Krimi

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Club der Mörder

​Trevellian und Tucker geben niemals auf! Kriminalroman

Drei Krimis Spezialband 1071

Pete Hackett, Alfred Bekker, Franklin Donovan

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Jesse Trevellian nach San Francisco (Pete Hackett)

Club der Mörder (Alfred Bekker)

Trevellian und Tucker geben niemals auf! Kriminalroman (Franklin Donovan)

Ein großer Boss des organisierten Verbrechens wird von einem Killer-Kommando hingerichtet. Aber das ist nur der Anfang einer beispiellosen Welle der Gewalt. Damit beginnt für die Ermittler die Jagd auf die Hintermänner, die aus dem verborgenen heraus ein perfides Spiel inszenieren. Eine Verschwörung von unglaublichem Ausmaß kommt nach und nach ans Tageslicht...

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Trevellian und die Blutspur nach San Francisco: Action Krimi

Krimi von Pete Hackett

Der Umfang dieses Buchs entspricht 121 Taschenbuchseiten.

Als in New York eine Polizeistation gesprengt wird, sind die Menschen entsetzt. Als eine zweite Station gesprengt wird, zeigt sich, dass jemand auf einem Rachefeldzug ist. FBI-Agent Trevellian findet schnell heraus, wer der Täter ist und dass er in jeder größeren Stadt zwei Stationen in die Luft jagen will. Kann er ihn stoppen?

1

9. Januar, 19.25 Uhr. Es war dunkel. Die Polizei hatte das Haus umstellt. Die Beamten trugen kugelsichere Westen und Helme und waren mit Headsets ausgerüstet. Einige von ihnen waren mit Maschinenpistolen bewaffnet. Sie warteten auf ihren Einsatzbefehl.

Die vier Männer in dem Gebäude in der Atlantic Avenue beim Christopher Columbus Park ahnten nichts. Sie saßen im Wohnzimmer des Hauses. Der Fernseher lief.

Um 19.30 Uhr befahl Lieutenant Carter den Zugriff. Die Haustür wurde aufgerammt. Im selben Moment klirrte es an der Terrassentür, als Polizisten das Glas einschlugen.

Die Männer im Wohnzimmer sprangen auf und griffen nach den Waffen, die sie im Hosenbund oder in Schulterholstern trugen. Polizisten drangen ins Haus ein, Schüsse peitschten.

Die vier Kerle wurden herumgerissen und geschüttelt und stürzten tot oder sterbend zu Boden. Schlagartig brach der Lärm ab. Die Polizisten nahmen den am Boden Liegenden die Waffen weg. Lieutenant Carter betrat das Haus und schaute sich um. Der Geruch von verbranntem Pulver stieg ihm in die Nase. Sein Blick huschte über die vier reglosen Gestalten hinweg.

Einer der Polizisten des Einsatzkommandos sagte: »Sie feuerten auf uns. Wir haben in Notwehr geschossen.«

»Das wird eine Untersuchung geben«, murmelte der Lieutenant wenig glücklich. Seine Stimme hob sich etwas: »Aber ich rechne damit, dass man uns nichts ans Zeug flicken wird. Wir haben die Waffen der vier Gangster, und Tatsache ist, dass sie damit auf uns schossen.« Er trat vor eine der reglosen Gestalten hin. »Robert Walker«, murmelte er wie im Selbstgespräch. »Es ist dir also erneut gelungen, dich der irdischen Gerichtsbarkeit zu entziehen. Aber bei dir hoffe ich auf eine himmlische Gerechtigkeit.«

2

2. Februar, 9.10 Uhr. Ein Mann betrat das 45. Polizeirevier in der Barkley Avenue, New York, Bronx. Er trug eine Einkaufstüte bei sich. Zwei Polizisten saßen hinter einem Tresen an ihren Schreibtischen. Der Mann grüßte freundlich, stellte seine Tüte ab und einer der Polizisten fragte: »Was können wir für Sie tun?«

»Ich möchte Anzeige erstatten.«

»Was möchten Sie denn anzeigen?«

»Jemand hat mein Auto angefahren und ist geflüchtet. Ich war in dem Supermarkt um die Ecke einkaufen. Als ich auf den Parkplatz kam, nahm ich den Schaden wahr.«

»Solche Anzeigen kriegen wir jeden Tag«, erklärte der Polizist. »Sie führen in neunzig Prozent aller Fälle zu nichts. Ich sage Ihnen das nur, um Ihnen keine falschen Hoffnungen zu machen. Es wird wohl so sein, dass Sie auf Ihrem Schaden sitzen bleiben werden.«

»Dann hat es wohl keinen Sinn, Anzeige zu erstatten.«

»Wir nehmen die Anzeige gerne auf«, sagte der Cop und klickte ein Programm her. »Sagen Sie mir Ihren Namen, Ihr Geburtsdatum und Ihre Anschrift. Ich …«

Der Mann winkte ab. »Ich will Ihnen keine unnötige Arbeit breiten, wenn es sowieso zu nichts führt.« Er grinste. »Bei meinem Wagen handelt es sich um eine alte Kiste, und auf eine Beule mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an. Entschuldigen Sie die Störung.«

»Wie Sie meinen«, sagte der Polizist achselzuckend.

»Schönen Tag noch«, wünschte der Mann und verließ die Anmeldung. Niemand fiel auf, dass er die braune Papiertüte stehen ließ. Er verschwand in der nächsten Querstraße, holte sein Handy aus der Jackentasche und tippte eine Nummer. Eine dumpfe Detonation drang an sein Gehör. In seinen Mundwinkeln hatte sich ein brutaler Zug festgesetzt. Triumph flackerte in seinen Augen. Schnell schritt er davon.

3

Als Milo und ich in der Barkley Avenue ankamen, war der Brand bereits gelöscht. Vor dem 45th Precinct standen zwei Löschfahrzeuge des Fire Departement, außerdem ein halbes Dutzend Patrol Cars der City Police. Neugierige drängten sich vor den Absperrungen, die von Polizisten gesichert wurden. Ich sah den Kastenwagen des Coroners.

Ein Polizist sicherte den Eingang in die Dienststelle. Ich erklärte ihm, wer wir waren und wies mich aus. Daraufhin durften wir passieren. Es roch brenzlig. Die Kollegen von der Spurensicherung waren am Werk. Soeben wurde eine leblose Gestalt in einen Leichensack gepackt. Ich erkundigte mich nach dem Teamleiter und wurde an einen Sergeant Merchant verwiesen. Nachdem ich uns vorgestellt hatte, sagte er: »Die Bombe ging um 9.20 Uhr hoch. Einer der beiden Cops, die hier Dienst versahen, wurde getötet. Der andere ist schwer verletzt und noch nicht vernehmungsfähig.«

»Weiß man etwas Näheres?«

»Bis jetzt nicht. Ein Polizist hat sich gemeldet, der kurz nach 9 Uhr einen Mann die Anmeldung betreten sah. Wir haben ihn noch nicht vernommen. Der Mann heißt Miller und wartet in seinem Büro, Zimmer 102, erste Etage.«

»Kann man zur Art der Bombe schon etwas sagen?«, fragte ich.

»Nein.«

Ich schaute mich um. Die Einrichtung war zerstört. Überall waren Spuren des Feuers zu sehen. Der Boden war nass vom Löschwasser. »Das FBI übernimmt die Angelegenheit«, erklärte ich. »Leiten Sie uns bitte die Ergebnisse der Spurensicherung zu.« Ich gab dem Beamten eine von meinen Visitenkarten, auf der auch meine E-Mail-Adresse vermerkt war. Er steckte sie in die Tasche.

Milo und ich begaben uns in das erste Stockwerk. Im Büro Nummer 102 erwartete uns ein bleicher Mann. »Officer Miller?«, sagte ich fragend.

Er erhob sich. »Ja.« Seine Mundwinkel zuckten. »Kommen Sie vom Detective Bureau?«

»FBI. Ich bin Special Agent Trevellian, das ist mein Partner Tucker. Sie sahen einen Mann das Revier betreten, ehe die Bombe hochging?« Ich zeigte Miller meine ID-Card.

Der Cop nickte. »Er trug eine Einkaufstüte aus braunem Papier. Ich nehme an, dass sich in ihr die Bombe befand.«

»Wie sah der Mann aus?«

Miller dachte kurz nach. »Ich habe nicht besonders auf ihn geachtet. Zwischen fünfunddreißig und fünfundvierzig Jahre alt, etwa eins achtzig bis eins fünfundachtzig groß, dunkelhaarig. Er war mit einer karierten Winterjacke bekleidet.« Der Officer zuckte mit den Schultern. »Die Beschreibung bringt Sie sicher nicht weiter. Sie trifft wahrscheinlich auf eine halbe Million New Yorker zu.«

»Es handelte sich aber um einen weißen Amerikaner.«

»Ja.«

»Sie haben doch sicher Zugriff auf das Archiv.«

»Ich bin einfacher Verkehrspolizist«, versetzte Miller. »Mein Zugang ist nur beschränkt.«

»Dann muss ich Sie bitten, zu uns ins Field Office zu kommen. Passt es Ihnen am Nachmittag, um 15 Uhr?«

»Ich werde erscheinen.«

Wir gingen wieder hinunter. »In welches Krankenhaus wurde der verletzte Polizist gebracht?«, fragte ich Sergeant Merchant.

Der Sergeant gab mir die erbetene Auskunft. Für uns gab es hier nichts zu tun. Also machten wir uns auf den Weg ins Hospital. Dort erfuhren wir, dass der Polizist starke Verbrennungen erlitten hatte und noch behandelt werde. Wir warteten. Schließlich kam ein Arzt und sagte: »Der Mann ist versorgt. Sie können ihm jetzt einige Fragen stellen. Ich bitte Sie aber, ihn nicht allzu sehr zu beanspruchen. Er bedarf der Ruhe.«

Der Arzt begleitete uns in ein Krankenzimmer. Das Gesicht und die Hände des Polizisten waren eingebunden. Lediglich der Mund und die Augen waren frei. Seine Augen glänzten fiebrig.

»Wie geht es Ihnen?«, fragte ich.

Der Polizist, sein Name war Donovan, murmelte mit schwacher Stimme: »Ich – ich habe Schmerzen. Die Ärzte sagten, es handelt sich um starke Verbrennungen, die ich erlitten habe.«

»Können Sie uns erzählen, was sich zugetragen hat?«

»Das ist schnell erzählt«, murmelte Donovan. Dann sprach er; seine Worte fielen abgehackt und es war deutlich, dass ihm das Sprechen Mühe bereitete. »Niemand achtete darauf, dass er die Tüte hinter dem Tresen stehen ließ«, endete Donovan. »Plötzlich gab es einen furchtbaren Knall. Und dann sah ich nur noch Feuer und Rauch. Ich weiß selbst nicht mehr, wie es mir gelang, die Anmeldung zu verlassen. Was – was ist mit Taylor?«

»Ist Taylor der Kollege, der sich mit Ihnen in der Anmeldung befand?«, fragte ich.

»Ja. Ich habe ihn nicht mehr gesehen. Ist er …?«

»Leider ja. Er hatte weniger Glück als Sie.«

»O mein Gott.« Donovan schloss die Augen. Seine Nasenflügel vibrierten. Ein Laut, der sich anhörte wie trockenes Schluchzen, brach aus seiner Kehle.

Ich wartete ein wenig, dann fragte ich: »Können Sie den Mann beschreiben?«

Donovan überlegte kurz. Dann erwiderte er: »Mit ihm hat Taylor gesprochen. Ich habe gar nicht so sehr auf ihn geachtet. Nun, ich schätze sein Alter auf Anfang vierzig. Seine Haare waren dunkel. Er war groß.«

»Es handelte sich um einen Weißen? Sprach er gegebenenfalls mit Akzent? Gibt es sonst irgendwelche Auffälligkeiten?«

»Keine Auffälligkeiten«, murmelte Donovan. »Sein englisch war fließend.«

»Würden Sie ihn auf einem Bild wieder erkennen?«

»Ich weiß es nicht. Wie ich schon sagte: Ich achtete nicht besonders auf ihn. Ich könnte Ihnen nicht mal sagen, wie er angezogen war.«

Wir kehrten ins Field Office zurück. Um 15 Uhr erschien Miller. Wir setzten ihn an einen Computer, filterten aufgrund seiner Beschreibung in Frage kommende Männer heraus und führten ihm die Konterfeis vor. Immer wieder schüttelte er den Kopf. Einige Male sagte er: »Der könnte es gewesen sein. Aber ich bin mir nicht sicher.«

Wir schrieben die Namen und Adressen jener Männer auf, die nach Aussage Millers als Bombenleger in Betracht kamen. Schließlich flimmerte das letzte Bild über den Monitor. »Wir werden die Kerle, die als Täter in Frage kommen, soweit nötig ins Field Office zu einer Gegenüberstellung holen«, gab ich zu verstehen. »Wenn es so weit ist, sagen wir Ihnen Bescheid.«

Miller erklärte, dass er alles tun werde, um zu helfen, den Bombenleger zu überführen, dann verabschiedete er sich.

Wir hatten vier Namen. Der erste, dem wir einen Besuch abstatten wollten, hieß Roger Hancock. Er wohnte in West 88th Street. Eine Frau Mitte der dreißig öffnete uns. Ich erklärte ihr, wer wir waren, dann sagte ich: »Wir würden gerne Mister Hancock sprechen.«

»Mein Mann ist auf der Arbeit.«

»Wo arbeitet er?«

»Bei Caldwell & Co in Spanish Harlem. Das ist ein metallverarbeitender Betrieb. Mein Mann ist dort als Schlosser beschäftigt. Was wollen Sie denn von meinem Mann?«

»Wann hat Ihr Mann heute Morgen das Haus verlassen?«

»Um 6.30 Uhr, wie jeden Tag. Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«

»Nur ein paar Routinefragen, Mrs. Hancock. Kennen Sie die genaue Anschrift des Betriebes?«

»112th Street. Die Hausnummer kenne ich nicht. Aber über der Hofeinfahrt ist ein großes Schild mit dem Namen der Firma befestigt.«

»Vielen Dank«, sagte ich.

Wir fanden Caldwell & Co auf Anhieb. Roger Hancock wurde in die Verwaltung beordert. Ein Mann in einem Blaumann erschien. Er stellte sich uns als Hancock vor. Ich sagte ihm, wer wir waren, dann fragte ich: »Wo waren Sie heute Morgen um 9 Uhr?«

»Auf der Arbeit. Ich habe den Dienst um 7.30 Uhr angetreten. Warum fragen Sie?«

»Kann das jemand bestätigen?«

»Natürlich. Meine Kollegen in der Schlosserei. Wozu benötige ich ein Alibi?«

»Auf ein Polizeirevier in der Bronx wurde ein Bombenanschlag verübt. Sie weisen große Ähnlichkeit mit dem Bombenleger auf.«

Hancocks Miene verfinsterte sich. »Hören Sie«, murmelte er. »Ich habe vor über zehn Jahren mal 'ne Dummheit begangen. Seit acht Jahren arbeite ich bei Caldwell & Co. Vor sechs Jahren habe ich geheiratet. Ich habe zwei Kinder im Alter von fünf und drei Jahren. Ich …«

»Schon gut«, sagte ich. »Wir werden Ihre Kollegen fragen, und wenn Sie um 9 Uhr auf der Arbeit waren, hat sich die Sache für Sie auch schon erledigt.«

Vier Kollegen von Hancock bestätigten uns sein Alibi. Wir verließen den Betrieb.

4

Als wir auf dem Weg zur 151st Street waren, klingelte mein Telefon. Es war Mr. McKee, unser Chef. Er sagte: »Hallo, Jesse. Soeben hat mich das Police Departement in Boston angerufen. Man hat dort in den Nachrichten von dem Anschlag auf den 45th Precinct vernommen. In Boston haben zwei Anschläge stattgefunden, die eine ähnliche Handschrift tragen. Daher nehmen die Kollegen in Boston an, dass der Bombenleger sein Revier gewechselt hat.«

»Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass er aus Boston kommt«, antwortete ich. »Miller, der Cop, der den Verbrecher sah, hat vier Männer herausgepickt, die nach seiner Meinung in Frage kommen. Einen, sein Name ist Roger Hancock, haben wir bereits überprüft. Er hat ein wasserfestes Alibi. Jetzt sind wir auf dem Weg in die Bronx, um mit James Blackfield zu sprechen.«

»Überprüfen Sie die Männer. Ich denke, dass es mit dem Anschlag auf den 45. Bezirk nicht getan ist. Wahrscheinlich folgen weitere Attentate.«

»Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, Sir.«

Mr. McKee verabschiedete sich und unterbrach die Verbindung.

Wir erreichten unser Ziel. Es handelte sich um einen Wohnblock, in dem James Blackfield lebte. Im Treppenhaus roch es muffig. Wohl zwei Dutzend Briefkästen waren an der Wand befestigt. Da lehnte auch ein altes Fahrrad. Wir stiegen die Treppe hinauf. Irgendwo war die keifende Stimme einer Frau zu hören. Die dunkle Stimme eines Mannes antwortete.

Blackfield war zu Hause. Er fixierte uns misstrauisch, und als ich ihm erklärte, dass wir vom FBI kamen, wurde sein Blick geradezu feindselig. »Mit eurer Sorte habe ich schlechte Erfahrung gemacht«, blaffte er.

»Wir kennen Ihr Vorstrafenregister«, sagte Milo und lächelte. »Man könnte auch sagen, die Polizei hat mit Ihnen schlechte Erfahrung gemacht.«

Milo erntete dafür einen giftigen Blick. »Was wollt ihr von mir?«

»Wo waren Sie heute früh um 9 Uhr?«, fragte ich.

»Wo soll ich schon gewesen sein? In meiner Wohnung. Warum fragt ihr?«

»Man hat sie möglicherweise im 45th Precinct gesehen, kurz bevor dort eine Bombe hochging.«

Blackfield schluckte würgend. »Ich – ich war zu Hause.«

»Kann das jemand bezeugen?«

»Nein. Ich lebe alleine. Von meiner Frau bin ich geschieden. Aber ich versichere euch …«

Ich winkte ab. »Kommen Sie morgen Mittag um 12 Uhr ins Field Office. Wir werden Sie dem Mann gegenüberstellen, der Sie vielleicht gesehen hat. Das ist eine offizielle Vorladung. Sollten Sie nicht erscheinen, werden Sie vorgeführt.«

»Warum sollte ich eine Bombe in ein Polizeirevier legen?«

»Sie sagten vorhin selbst, dass Sie mit der Polizei schlechte Erfahrung gemacht haben. Vielleicht wollten Sie sich rächen.«

»Versucht nur nicht, mir etwas in die Schuhe zu schieben.«

»Das liegt uns fern. Bis morgen Mittag also. Ich rate Ihnen, zu kommen.«

Wir dachten nicht daran, Feierabend zu machen, sondern machten uns auf den Weg nach Queens, wo in der 86th Street ein Mann namens Gary Holyman wohnte, der nach Millers Aussage auch eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Bombenleger hatte. Wir nahmen die Bronx-Whitestone Bridge, um den East River zu überqueren. Auf dem Interstate Highway 678 bewegten wir uns südwärts, erreichten den Northern Boulevard und gelangten von ihm aus direkt zur 86th …

Ich will es kurz machen. Gary Holyman kam als Attentäter nicht in Frage. Wir statteten an diesem Abend auch noch Sid Adams in der East 34th Street in Brooklyn einen Besuch ab, aber auch er konnte für den Zeitpunkt der Tat ein Alibi vorweisen.

Der einzige, der übrig blieb, war James Blackfield. Ich war aber davon überzeugt, dass er nicht unser Mann war. Und dieser Meinung verlieh ich meinem Partner gegenüber auch Ausdruck. Milo antwortete: »Stellen wir ihn morgen Miller gegenüber. Und dann werden wir es sehen.

5

3. Februar, 8.15 Uhr. Ich telefonierte mit Boston. Bei dem Beamten, mit dem ich sprach, handelte es sich um Lieutenant Brewster. Er sagte: »Der Mann, der die Anschläge verübte, wird folgendermaßen beschrieben: Etwa vierzig Jahre alt, dunkelhaarig, Schnurrbart, cirka eins achtzig groß. Wir haben ein Phantombild angefertigt. Hinweise aus der Bevölkerung sind bisher nicht eingegangen. Auch die Leute, die den Kerl gesehen haben, konnten ihn nicht am Computer identifizieren. Niemand hat so recht auf ihn geachtet. Vielleicht hat er auch sein Äußeres verändert. Es ist nicht auszuschließen, dass er sich den Bart angeklebt hatte und eine Perücke trug.«

»Können Sie mir das Bild faxen?«, fragte ich.

»Natürlich. Geben Sir mir Ihre Faxnummer.«

Ich diktierte sie dem Kollegen. Wenige Minuten später hielt ich die Phantomzeichnung in Händen. Das Bildnis ähnelte Blackfield in der Tat ausgesprochen.

Ich sprach mit der SRD. Der Kollege sagte: »Zwei Dinge sind sicher: Der Attentäter hat TATP-Plastiksprengstoff verwendet, und die Explosion wurde durch ein Handy ausgelöst; Fernzündung. Die Sprengkraft war außerordentlich. Ein Wunder, dass einer der Beamten überlebte.«

»Sonst irgendwelche Spuren?«

»Die Tüte, in der die Bombe befördert wurde, ist leider verbrannt. Am Tresen haben wir unzählige verschiedene Fingerabdrücke festgestellt. Ob die des Täters darunter sind, ist fraglich.«

»Sind die Prints schon abgeglichen?«

»Wir sind noch dabei.«

»Gut«, sagte ich. »Ich schicke Ihnen per Fax ein Phantombild. Es wurde in Boston nach den Beschreibungen verschiedener Augenzeugen angefertigt. Sollten Sie beim Abgleich der Prints auf ein Gesicht stoßen, das dem auf der Zeichnung ähnlich sieht, lassen Sie's mich wissen.«

»Alles klar, Special Agent.«

Ich faxte das Bild an die SRD.

Um 11.55 Uhr erschien Blackfield. Vier Innendienstler hatten sich bereit erklärt, sich uns für die Gegenüberstellung zur Verfügung zu stellen. Es waren alles Männer um die vierzig. Miller kam eine Minute vor 12 Uhr. Wir brachten ihn in den Keller, wo die Gegenüberstellung stattfand. Die fünf Männer mit den Nummernschildern in den Händen betraten die kleine Bühne, die sich hinter einer Glaswand befand, die nur von unserer Seite aus transparent war. Lange studierte Miller die Gesichter. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich kann es nicht sagen. Die Nummer zwei könnte es gewesen sein, aber auch die Nummer vier. Ich habe den Kerl zu wenig beachtet. Tut mir leid.«

Nummer vier war Blackfield.

Wir mussten ihn laufen lassen. Blackfield versicherte uns noch einmal, mit dem Anschlag nichts zu tun zu haben. Ich war davon überzeugt, dass er die Wahrheit sprach.

Milo und ich meldeten uns bei Mr. McKee an. Als wir an dem Besprechungstisch saßen, sagte ich: »Nichts. Keiner der vier, die Miller als Täter in Erwägung zog, ist unser Mann. Boston hat uns ein Phantombild geschickt. Miller bestätigte, dass der Bursche vom 45. Revier große Ähnlichkeit mit der Zeichnung aufweist. Wir gehen davon aus, dass es sich um ein und denselben Täter handelt.«

»Sind in Boston irgendwelche Bekennerbriefe eingegangen?«, fragte der Assistent Director.

»Nein. Daher schließen wir einen terroristischen Hintergrund aus, Sir. Wären die Anschläge von irgendeiner terroristischen Zelle ausgegangen, hätte sie sich dazu bekannt. Wir vermuten, dass es sich um einen Einzeltäter handelt.«

»Einen Verbrecher, der sich aus irgendeinem Grund an der Polizei rächt«, vervollständigte Milo meine Ausführungen. »Was sonst außer Rache sollte ihn treiben?«

»Sie mögen recht haben«, murmelte der AD. »Geben Sie das Phantombild an die Medien. Fernsehen und Presse sollen es veröffentlichen. Vielleicht erhalten wir Hinweise aus der Bevölkerung.«

Wir kehrten in unser Büro zurück und veranlassten die Fahndung anhand des Phantombildes, außerdem faxte ich jeder New Yorker Tageszeitung und New York One das Bild mit dem Anliegen, es zu veröffentlichen und die Bevölkerung um Hinweise auf den Verbrecher zu bitten.

Am nächsten Tag brachten die Zeitungen das Bild. Auch New York One strahlte es aus. Um 8.30 Uhr erhielten wir den ersten Hinweis. Eine Frau glaubte in dem Täter ihren Nachbarn in der 57th Street in Queens erkannt zu haben. Weitere Hinweise gingen ein. Wir baten das Police Departement um Mithilfe. Die Hinweise stellten sich als Fehlanzeige heraus. Wir kamen zu der betrüblichen Erkenntnis, dass wir auf der Stelle traten.

Gegen 10.30 Uhr rief mich der Kollege von der SRD an. Er sagte: »Wir haben die Fingerabdrücke, die wir im 45th Precinct sichergestellt haben, ausgewertet. Es sind die Prints eines Mannes darunter, der frappierende Ähnlichkeit mit dem Phantombild aufweist. Sein Name ist Artur Benson.«

Benson wohnte in der Andrews Avenue in Queens. Es handelte sich um ein heruntergekommenes Einfamilienhaus mit Vorgarten. Ich läutete an der Tür. »Wer ist draußen?«, erklang es gleich darauf.

»Die Special Agents Trevellian und Tucker vom FBI. Öffnen Sie, Mister Benson.«

Im Haus rührte sich nichts. Ich läutete erneut. »Warum öffnet der Kerl nicht?«, fragte ich.

»Wahrscheinlich hat er Dreck am Stecken!«, stieß Milo hervor und rannte los, verschwand um die Ecke, seine Schritte verklangen.

Ich zog die SIG und klopfte mit dem Griff gegen die Tür. »Machen Sie auf, Benson.«

Auf der Rückseite des Gebäudes erklang ein Aufschrei. Es dauerte nicht lange, dann kam ein hagerer Bursche von etwa vierzig Jahren um die Ecke. Seine Hände waren gefesselt. Milo folgte ihm. Als sie bei mir ankamen, sagte mein Partner: »Er wollte sich durch die Hintertür absetzen. Aber dagegen hatte ich einiges einzuwenden.«

»Warum wollten sie fliehen?«, fragte ich Benson.

Er knirschte mit den Zähnen.

»Wir sehen uns in der Wohnung um«, sagte ich zu Milo. »Und dann schaffen wir Benson ins Field Office.«

Wir begaben uns zur Hintertür, die nur angelehnt war, und betraten das Haus. Benson musste uns natürlich begleiten. Milo fesselte ihn im Wohnzimmer an den Heizkörper. Dann durchsuchten wir die verschiedenen Räume. Auch im Keller schauten wir nach. Und dort wurden wir fündig. Auf einem Tisch standen verschiedene Behältnisse mit Chemikalien. Da lagen in einer Zigarrenschachtel auch einige Zünder. Außerdem gab es einige Büchsen, die aussahen wie Konservendosen die Benson mit seinen tödlichen Ladungen füllte.

Wir waren auf die Werkstatt eines Bombenbauers gestoßen.

Ich rief die SRD an. Die Kollegen mussten das Beweismaterial sichern.

Während wir auf das Team von der Spurensicherung warteten, führten wir eine erste Vernehmung mit Benson durch.

»Haben Sie die Bombe im 45th Precinct deponiert?« Das war die zentrale Frage, um die sich das ganze Verhör drehte.

Entsetzt verneinte Benson.

»Wie kamen Ihre Fingerabdrücke in das Revier?«, fragte ich.

»Ich befand mich in einer Bar in der Bronx, als die DEA eine Razzia durchführte. Da ich mich nicht ausweisen konnte, wurde ich in den 45th Precinct gebracht, bis meine Identität festgestellt worden war.«

»Und dann hat man Sie laufen lassen.«

»Ja. Gegen mich lag nichts vor.«

»Welches Material benutzen Sie für ihre Sprengkörper?«

»Abflussreiniger, Haarbleichmittel, Nagellackentferner. Man kriegt das Zeug in jeder Drogerie zu kaufen. Sie müssen mir glauben, Agents, ich habe die Bomben für keinen bestimmten Zweck hergestellt. Ich wollte einfach mal probieren, ob ich in der Lage bin, so ein Ding zu bauen.«

»Das können Sie sonst wem erzählen«, knurrte Milo ein wenig genervt. Mein Partner schaute mich an. »Mir scheint, uns ist hier ein schönes Früchtchen ins Netz gegangen. Auch die Bombe im 45th Precinct war aus irgendwelchen Chemikalien hergestellt.«

Erneut wandte sich Milo an den Bombenbastler: »Raus mit der Sprache, Benson: Haben Sie selbst den Sprengsatz in das 45. Revier getragen, oder haben Sie ihn an jemand verhökert?«

Benson zog die Schultern an. Sein Gesicht wirkte verkrampft. »Wenn ich es euch doch sage …«

»Wir werden Ihnen die Würmer aus der Nase ziehen«, versprach Milo. »Unsere Vernehmungsspezialisten zerreißen Sie in der Luft. Wenn die mit Ihnen fertig sind, werden sie ein psychisches Wrack sein.«

Benson schien auf seinem Stuhl zu schrumpfen.

Ich brachte mich wieder ins Gespräch ein, indem ich fragte: »Waren Sie innerhalb der vergangenen vier Wochen einige Tage in Boston. Genauer gesagt in der Zeit vom 19. bis 25. Januar.«

Benson blinzelte. »Nein. Ich war nicht in Boston. Was sollte ich dort?«

»Auf zwei Bostoner Polizeireviere wurden Bombenanschläge verübt.«

»Ich – ich war nicht in Boston.« Benson stieß es mit Nachdruck hervor.

»Dann verraten Sie uns endlich, für wen Sie Ihre Bomben gebaut haben«, forderte ich und verspürte langsam Ungeduld.

»Ich habe keine Sprengsätze verkauft.«

Das Frage- und Antwortspiel ging noch eine Weile hin und her, dann erschien ein Team von der Spurensicherung. Milo und ich verabschiedeten uns und überließen den Kollegen das Feld. Wir brachten Benson ins Field Office.

6

5. Februar, 14.25 Uhr. Der 18th Precinct lag in der 54th Street. Man sprach auch vom Midtown North Precinct. Ein Mann näherte sich der Polizeidienststelle. Er war ungefähr vierzig Jahre alt, eins achtzig groß und dunkelhaarig. In der Linken trug er einen schwarzen Aktenkoffer. Er betrat das Revier. Am Eingang saß ein Portier in einer Glaszelle. »Wohin wollen Sie denn?«, fragte er.

»Ich bin Rechtsanwalt Alfred Cochran und habe einen Termin mit Inspector Callaghan.« Der Dunkelhaarige warf einen Blick auf seine Uhr. »Wir sind in fünf Minuten verabredet.«

»Soll ich Callaghan Bescheid sagen?«

»Nicht nötig. Er weiß, dass ich komme.«

»Na schön. Erste Etage, Zimmer 112.«

»Vielen Dank.«

Der Portier drückte den Türöffner und der Dunkelhaarige konnte das Polizeirevier betreten. Er folgte dem Flur bis zur Treppe und stieg sie hinauf. Auf dem Korridor in der ersten Etage standen einige Holzbänke. Unter eine Bank stellte der Mann seinen Aktenkoffer. Dann kehrte er ins Erdgeschoss zurück, wandte sich in einen Seitenflur und öffnete an seinem Ende das Fenster, schwang sich auf die Fensterbank und stieg ins Freie. Er befand sich im Hof des Reviers. Einige Patrol Cars waren hier abgestellt. Der Bursche ging schnell zur Ausfahrt und erreichte die 54th Street. Einige Passanten bevölkerten die Gehsteige auf beiden Seiten.

Der Mann entfernte sich schnell. Als eine Straße kreuzte, holte er sein Handy aus der Tasche und tippte eine Nummer. Ein dumpfer Knall erreichte sein Gehör. Jeder Zug seines Gesichts drückte Zufriedenheit aus. Schnell schritt er davon.

7

Wir wurden um 15.10 informiert und begaben uns sofort in die 54th Street. Die Beamten der Spurensicherung waren bereits bei der Arbeit. Zum Glück waren bei diesem Anschlag keine Menschen verletzt worden. Ein Teil der Decke in dem Flur, in dem die Bombe explodierte, war eingestürzt. Die Trümmer der Bank, unter der der Bombenleger den Sprengsatz abgestellt hatte, lagen herum. Das Feuer, das ausgebrochen war, hatten die Angestellten und Polizisten des Reviers mit Handfeuerlöschern unter Kontrolle gebracht.

Ich sprach mit dem Leiter des Teams von der SRD. Er sagte: »Der Mann am Eingang hat den Kerl gesehen. Er hat sich als Rechtsanwalt ausgegeben und der Beamte dachte sich nichts Böses.«

Wir sprachen mit dem Portier. Er war Zivilangestellter beim Police Departement und versah den Tagesdienst am Eingang. Sein Name war Carl Walton. Er beschrieb uns den Burschen. Mir war klar, dass wir es mit demselben Burschen zu tun hatten, der auch schon im 45th Precinct eine Bombe deponiert hatte. Artur Benson schied als Bombenleger aus. Der befand sich in unserem Gewahrsam. Meine Hoffnung, dass er der Mann war, der die Bombe in das 45. Revier trug, zerplatzte wie eine Seifenblase.

»Hat er das Gebäude wieder verlassen?«, fragte ich.

»Bei mir kam er nicht mehr vorbei«, antwortete Walton. »Aber nachdem es krachte ging alles drunter und drüber. Auch ich verließ die Pförtnerloge. Vielleicht habe ich ihn übersehen.«

Ich zeigte dem Portier das Phantombild von dem Bombenleger. Er nickte: »Ja, so sah der Kerl aus. Allerdings trug er keinen Schnurrbart, dafür aber eine Brille mit schwarzen Rändern.«

»Hatte er vielleicht eine Perücke auf?«

»Das weiß ich nicht. So genau habe ich ihn mir nicht angesehen.«

Wir sprachen noch einmal mit dem Leiter des Teams, das die Spuren sicherte. »Man kann noch nichts sagen«, meinte er. »Am Ende eines Seitenkorridors war ein Fenster geöffnet. Es führt in den Hof. Wahrscheinlich hat der Bombenleger auf diesem Weg das Gebäude verlassen.«

»Vielleicht können Sie am Fenster seine Fingerabdrücke feststellen«, sagte ich.

»Das hätten wir sicher nicht vergessen«, brummte mich der Kollege an.

»Entschuldigen Sie. Ich wollte Ihnen nicht ihre Arbeit erklären.«

Der Mann grinste grimmig. »Ich mache den Job seit über zwanzig Jahren. Mir braucht man nichts mehr zu erklären.«

»Dessen bin ich mir sicher.«

Wir kehrten ins Field Office zurück. Artur Benson befand sich noch in unserem Gewahrsam. Mit ihm hatten sich Irwin Hunter und Dirk Baker, zwei unserer Vernehmungsspezialisten, befasst. Benson war bei seiner Version geblieben, an niemand eine Bombe verkauft zu haben. Wir ließen ihn vorführen. Ich bat den Wachtmeister, ihm die Handschellen abzunehmen und forderte Benson auf, am Tisch in der Raummitte Platz zu nehmen.

»Im 18th Precinct ist eine Bombe hochgegangen«, begann ich.

Benson hob die Schultern. Es sah aus, als würde er den Kopf einziehen. »Ich habe damit nichts zu tun.«

Ich legte ihm das Phantombild von dem Bombenleger vor. »Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?«

»Nein.«

»Sagen Sie uns endlich die Wahrheit, Benson. Sie können sich eine Menge Stress ersparen. Außerdem bringt es Ihnen Pluspunkte, wenn Sie reden. Es kann sich auf das Strafmaß auswirken.«

»Ich kenne den Kerl wirklich nicht.«

»Dann sagen Sie uns endlich, wer Ihnen ihre Sprengsätze abkaufte.«

»Himmel, so glaubt mir doch. Ich habe nur ein wenig herumexperimentiert. Ich weiß doch nicht mal, ob die Bomben, die ich baute, funktionieren.«

»Sollten die Sprengsätze, die in den beiden Polizeirevieren hochgegangen sind, aus Ihrer Werkstatt stammen, haben Sie ein Problem am Hals. Ein gewaltiges Problem.«

Benson begann seine Hände zu kneten. »Ich habe keine Bomben verkauft«, beharrte er auf seiner Aussage. »Den Kerl auf dem Bild kenne ich nicht.«

Gegen Abend rief mich Sergeant Merchant an und sagte: »Ich bin mit den Untersuchungen der beiden Anschläge auf die Polizeireviere beauftragt worden, Special Agent. Beide Sprengsätze stammen aus derselben Produktion. Wir können aber ausschließen, dass sie aus Bensons Werkstatt stammen.«

»Wie gelangten Sie zu dieser Erkenntnis?«, fragte ich.

»Der Bombenbauer hat andere Behältnisse benutzt. Die Behältnisse, die Benson benutzt hat, gleichen Konservendosen. Die beiden Sprengsätze steckten in eckigen Blechbehältnissen.«

»Kann man feststellen, wo die Behältnisse gekauft wurden?«

»Die gibt es in jedem Haushaltswarenhandel.«

»Was ist mit den Fingerabdrücken am Fenster?«

»Es gibt einige ganze Reihe verschiedener Prints. Wir müssen sie erst noch auswerten. Aber es herrscht eine ziemliche Kälte und es ist davon auszugehen, dass der Täter Handschuhe trug.«

Ich fühlte Enttäuschung. Jagten wir ein Phantom? »Sollte sich etwas ergeben, sagen Sie mir bitte Bescheid.«

»Natürlich, Special Agent.«

Dann war die Leitung tot. Frust stieg in mir hoch. Ich sagte zu Milo: »Bensons Bomben sind von anderer Machart. Ob wir die Fingerabdrücke des Bombenlegers kriegen, ist fraglich. Wir haben nichts außer der Beschreibung. Ich nehme aber an, dass der Täter sein Äußeres verändert hatte, als er in die Reviere ging.«

»Wir können doch nicht herumsitzen und Daumen drehen«, murmelte Milo bedrückt. »Es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis in einem x-beliebigen Revier erneut eine Bombe hochgeht.«

»Sag mir, wie wir es verhindern können«, versetzte ich.

»Hölle, es ist zum Kotzen«, brachte Milo es auf den Punkt.

Meine Stimmung tendierte gegen null.

8

Die beiden Polizisten schritten nebeneinander durch eines der Terminals des J.F.K.-Airports. Menschen bevölkerten die riesige Halle. An den Check-ins standen sie Schlange. Gemurmel und Geraune erhob sich.

Der Name eines der Cops war Tom Bliss. Er war fast einen Kopf größer als sein Kollege Matt Frawley. Bliss' Augen waren unablässig in Bewegung und schweiften über die Gesichter der Menschen hinweg. Es waren wachsame Blicke.

Es war der 6. Februar. Die Uhr an der Wand zeigte 13.20 an. Die beiden Cops kamen zum Check-in der American Airlines. Die Monitore über dem Check-in zeigten an, dass die Passagiere für den Flug nach San Francisco eincheckten. Start der Maschine sollte um 14.55 Uhr sein, es handelte sich um den Flug Nummer AA85.

Plötzlich blieb Tom Bliss stehen. Er hielt seinen Kollegen am Arm zurück. »Schau dir mal den Kerl dort an, ich meine den in der karierten Winterjacke mit der roten Reisetasche. Er kommt mir bekannt vor.«

Auch Matt Frawley blieb stehen. Er fixierte den Mann, auf den ihn sein Kollege aufmerksam gemacht hatte. Dabei hatte er die Augen leicht zusammengekniffen. Plötzlich drehte der Mann den Kopf und schaute zu den beiden Polizisten her. Es war, als fühlte er ihre Blicke. Ihm entging nicht, dass er die Aufmerksamkeit der beiden erregt hatte und er presste die Lippen zusammen. Das war seine einzige Reaktion. Er schaute weg und wandte sich wieder ab.

»Jetzt weiß ich es!«, stieß Bliss hervor. »Es ist der Kerl auf dem Phantombild, das seit zwei Tagen am schwarzen Brett hängt, der Bursche, der in zwei Revieren Bomben gelegt hat. Ich rufe Verstärkung.«

Bliss holte sein Funkgerät aus dem Holster und hob es vor sein Gesicht. In dem Moment schaute der Dunkelhaarige wieder her. Scharf stieß er die Luft durch die Nase aus.

Bliss sagte: »Ich brauche sofort einige Leute zur Verstärkung. Am Check-in der American Airlines steht ein Mann, nach dem gefahndet wird. Es handelt sich um den Bombenleger …«

Der Dunkelhaarige setzte sich in Bewegung. Er verließ die Reihe der Leute, die auf ihre Abfertigung warteten und strebte schnell dem Ausgang zu.

»Er versucht abzuhauen!«, sagte Bliss in das Walkie-Talkie. »Wir folgen ihm. Ich bleibe auf Verbindung.« Er senkte die Hand mit dem Funkgerät. »Komm, Matt. Er darf uns nicht entkommen.«

Der Dunkelhaarige begann zu laufen. Er drängte durch die Reihe der Menschen am nächsten Check-in und verschwand aus dem Blickfeld der beiden Beamten.

»Wo ist er hin?«, schnarrte Tom Bliss und reckte den Hals.

»Begeben wir uns zum Ausgang!«, schlug Frawley vor.

Die beiden hetzten los. Den Dunkelhaarigen sahen sie nicht mehr. Er war in der Masse der Menschen sozusagen untergegangen. »Wir haben ihn verloren«, sagte Bliss ins Funkgerät.

Währenddessen eilte der Dunkelhaarige durch das Terminal. Er war eine Treppe hinuntergelaufen und hatte einen Imbiss passiert. Eine Glastür führte ins Freie auf eine Terrasse, die zu dem Imbiss gehörte. Im Sommer standen hier Tische und Stühle. Eine Eisentreppe führte nach oben. Der Dunkelhaarige rannte sie hinauf. Er befand sich auf der Straße vor dem Terminal. Die Parkplätze zu beiden Seiten waren voll. Geduckt rannte der Dunkelhaarige an der Reihe der parkenden Fahrzeuge entlang, dann erreichte er den Taxiparkplatz, öffnete die Beifahrertür des vordersten Yellow Cabs und lief sich auf den Sitz fallen. Die Reisetasche nahm er auf den Schoß. »Bringen Sie mich nach Manhattan«, sagte er ein wenig atemlos. »In die 58th Street, zwischen Fifth und Sixth Avenue.«

Der Taxifahrer startete den Motor und fuhr los.

9

»Sie sind sich ganz sicher?«, fragte ich und wechselte den Telefonhörer in die linke Hand.

»Ja. Es handelte sich um den Kerl. Wenn er es nicht gewesen wäre, hätte er keinen Grund gehabt, vor uns zu fliehen.«

Diesem Argument konnte ich mich nicht verschließen.

Wir fuhren zum J.F.K.-Airport und trafen dort die beiden Cops, die den Mann vom Phantombild erkannt hatten. Sie stellten sich uns vor, und auch ich nannte unsere Namen. Nachdem Tom Bliss noch einmal ausführlich berichtet hatte, sagte ich: »Das heißt, dass sein Platz in der Maschine frei geblieben ist. Wir werden einen Blick auf die Passagierliste werfen müssen. Ich glaube, dass wir heute einen gehörigen Schritt weitergekommen sind.«

Wir wandten uns an die American Airlines und erfuhren, dass ein Mann namens Richard Walker den Flug nach San Francisco zwar gebucht hatte, aber weder beim Check-in noch an Bord erschienen war.

Wir hatten einen Namen, den wir dem Phantombild zuordnen konnten. Vom Field Office aus nahm ich Verbindung mit Boston auf. Eine Stunde später erfolgte der Rückruf. Der Kollege sagte: »Am 9. Januar gab es eine Schießerei zwischen unseren Leuten und einigen Gangstern. Dabei wurde ein Drogenhändler namens Robert Walker getötet. Robert Walker hat einen Zwillingsbruder, der allerdings spurlos verschwunden ist.«

»Richard Walker«, konstatierte ich.

»Richtig.«

»Ist Richard Walker polizeilich registriert?«

»Nein. Im Gegensatz zu seinem Bruder, der sich als Kopf einer Drogenhändlerbande entpuppt hat.«

Ich erhielt noch einige Informationen zu Robert Walker, bedankte und verabschiedete mich und holte die Akte des Drogenbosses auf meinen Monitor. Walker war zweiundvierzig Jahre alt, eins achtzig groß und rotblond. Die Farbe seiner Augen war blau. Da es sich um Zwillinge handelte, nahm ich an, dass auch Richard Walker dieses Aussehen hatte.

Wir leiteten die Fahndung nach Richard Walker ein. Dazu benutzten wir ein Bild seines Zwillingsbruders, immer noch davon ausgehend, dass es sich um eineiige Zwillinge handelte, die sich äußerlich wie ein Ei dem anderen glichen.

Wir begaben uns zu Mr. McKee und erstatteten Bericht. Der Chef unterbrach uns kein einziges Mal. Wir sprachen abwechselnd. Ich endete mit den Worten: »Es ist davon auszugehen, dass Walker mit dunkler Perücke und angeklebtem Bart sowie Brille auftrat. Wahrscheinlich will er seinen Bruder rächen. Das Täterprofil, das wir erstellt haben, dürfte hundertprozentig zutreffen.«

»Was wollte er in San Francisco?« stellte der AD die Überlegung an.

»Vielleicht seine Terrorserie fortsetzen«, antwortete ich. »Wahrscheinlich hat er vor, eine Blutspur durch die Staaten zu ziehen. Natürlich haben wir die Fahndung auf ganz Amerika ausgedehnt. Die Polizei in San Francisco haben wir besonders sensibilisiert, da zu erwarten ist, dass Walker eine andere Maschine in den Westen genommen hat.«

»Es ist auch nicht auszuschließen, dass er sich noch in New York aufhält«, mischte sich Milo ein. »Jeder Streifenpolizist wird innerhalb weniger Stunden sein Bild intus haben. Außerdem werden die Medien einen Fahndungsaufruf bringen.«

»Der Kerl ist gerissen«, gab Mr. McKee zu bedenken. »Vielleicht reist er sogar mit gefälschten Papieren. Sein Aussehen kann er x-beliebig verändern.«

»Wir können nur auf die Fahndung hoffen, Sir«, murmelte ich.

»Das ist mir zu wenig«, murmelte der Chef.

Da läutete sein Telefon. Mr. McKee schnappte sich den Hörer und meldete sich. Er lauschte kurz, dann hielt er mir den Hörer hin und sagte: »Ich glaube, das wird Sie interessieren.«

Ich meldete mich. »Trevellian, FBI.«

»Hier spricht Mark Shannon«, sagte eine dunkle Stimme. »Ich bin Taxifahrer. Ich glaube, ich habe einen Hinweis für Sie, den Bombenleger betreffend.«

»Sprechen Sie!«, stieß ich hervor.

»Ich habe den Kerl vom Flughafen in die 58th Street gefahren. Er ist zwischen Fifth und Sixth Avenue ausgestiegen. Ich nehme an, er wollte ins The Wyndham.«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Er hatte eine Reisetasche. Und das The Wyndham ist das einzige Hotel in dem Abschnitt.«

»Und Sie sind sich sicher, dass es sich um den Mann handelte?«

»Ja. Nach meiner Rückkehr zum Flughafen hörte ich von dem Vorfall beim Check-in. Da war mir klar, dass ich den Bombenleger beförderte.«

»Vielen Dank. Wir kümmern uns drum.«

Milo und ich verloren keine Zeit. Wenig später rollten wir auf die Federal Plaza und von dort auf den Broadway, um weiter nördlich auf die Fifth Avenue zu wechseln. Im The Wyndham zeigten wir an der Rezeption, die mit vier Personen besetzt war, das Bild von Walker. Eine der Angestellten konnte sich erinnern. Sie sagte: »Ja, der Mann hat vor etwa drei Stunden eingecheckt. Einen Moment.« Sie bearbeitete die Tastatur ihres Computers, klickte einige Male mit der Maus, dann nickte sie. »Richard Walker, Zimmer 305.«

Wir fuhren mit dem Lift in die dritte Etage. Ich klopfte an Zimmer 305. Im Zimmer blieb es still. Auch auf mein zweites Klopfen rührte sich nichts. Milo fuhr noch einmal hinunter, um den Reserveschlüssel zu holen. Wir betraten das Zimmer. Es war verwaist. Das Bett war unberührt.

Ich rief die SRD an, damit ein Team geschickt wurde, das die Spuren in dem Raum sichern sollte. Wir begaben uns in die Rezeption. »Sah jemand von Ihnen Mister Walker das Hotel verlassen?«, fragte ich die Angestellten und zeigte ihnen das Bild des Gangsters.

Kopfschütteln war die Antwort. Eine junge Frau sagte: »Man kann mit dem Aufzug bis in den Keller fahren und das Gebäude durch die Tiefgarage verlassen.«

»Walker hat Lunte gerochen«, murmelte Milo. »Verfügt der Kerl über einen sechsten Sinn?«

»Er ist jedenfalls fort«, erwiderte ich, »und wir haben das Nachsehen.«

10

8. Februar, 10.25 Uhr. Mein Telefon läutete. Es war die wohlvertraute Stimme des Assistant Directors, die ich hörte. Der Chef sagte: »Schlechte Nachricht, Jesse. Auf den 107th Precinct in Queens, Parsons Boulevard, ist ein Bombenanschlag erfolgt. Ein Polizist ist tot, zwei weitere wurden schwer verletzt.«

»Wann wurde der Anschlag verübt?«, fragte ich.

»Heute Morgen um 9 Uhr.«

»Wurde der Täter gesehen?«

»Nein. Tagsüber kann man in dem Revier ein und ausgehen, ohne vom Pförtner angehalten zu werden. Der Beamte in der Pförtnerloge sah zwar einige Leute das Gebäude betreten, zwei erkundigten sich sogar bei ihm nach bestimmten Beamten, aber er hat nicht sonderlich auf die Leute geachtet.«

»In dem Precinct hat man also die Gefahr ignoriert, die von dem Bombenleger ausgeht«, knurrte ich.

»Sieht ganz so aus.«

»Wir fahren nach Queens«, sagte ich.

Der Verkehr in Manhattan war wieder einmal katastrophal. Stop and Go. Man musste sich in Geduld üben. Dennoch verspürte ich so manchen Adrenalinschub, wenn ich der Meinung war, dass einige Autofahrer für noch mehr Chaos sorgten. Schließlich überquerten wir den East River und es ging zügiger voran.

Wir erreichten das Revier. Zuerst sprachen wir mit einem Beamten von der Spurensicherung. Er konnte noch keine Angaben machen. Dann vernahmen wir den Polizisten, der Pförtnerdienst versah. Ich zeigte ihm das Bild von Walker. Er sagte: »Wir haben tagsüber die Tür geöffnet. Ich sehe jeden, der das Gebäude betritt oder es verlässt. Allerdings gibt es auch eine Tür, die in den Hof führt. Man muss jedoch läuten, wenn man das Haus durch diesen Eingang betreten möchte.«

»Betrat jemand das Gebäude durch die Hintertür?«

»Zwei Männer. Der eine etwa um halb 9 Uhr, der andere eine Viertelstunde später.«

»Können Sie sich an Walker erinnern?«

»Ich habe zwar nicht so genau auf die Leute geachtet, die das Gebäude betreten haben, aber der war nicht dabei.«

»Können Sie das mit Bestimmtheit sagen?«

»Ich bin mir sicher.«

Milo und ich fuhren nach Manhattan zurück. Wir sprachen nicht miteinander. Jeder ging seinen Gedanken nach. Ein unbestimmtes Gefühl sagte mir, dass für den Anschlag in Queens nicht Walker verantwortlich war. Woher es rührte, entzog sich meinem Verstand. Vielleicht war es darauf zurückzuführen, dass der Pförtner Walker nicht gesehen hatte.

Da klingelte das Handy in der Freisprechanlage. Milo ging auf Empfang. Es war Mr. McKee, der sagte: »Halten Sie sich fest, Gentlemen. Soeben habe ich Nachricht aus Saint Louis erhalten. Dort ging in der South Patrol Police Station eine Bombe hoch.«

Ich war wie vor den Kopf gestoßen.

Der Chef fuhr fort: »Der Sprengsatz ging um 9.30 Uhr hiesiger Zeit hoch.«

»Also um 8.30 Uhr dortiger Zeit«, sagte ich. »Hat man den Bombenleger beobachtet?«

»Ja. Es ist Walker.«

»Wenn er in Saint Louis agierte, kann er kaum in Queens die Bombe gelegt haben«, meinte Milo.

»Es kann sich um einen Trittbrettfahrer gehandelt haben«, sagte der Chef. »Jemand, der auf den Zug aufgesprungen ist, den Walker hier in New York ins Rollen brachte.«

»Scheinbar hat Walker auf seinem Trip nach San Francisco in Saint Louis Zwischenstation gemacht«, gab ich zu verstehen. »Er hat in Boston zwei Bomben gelegt und sich dann abgesetzt. Auch in New York hat er zwei Sprengsätze in Polizeirevieren hochgehen lassen und dann die Fliege gemacht. Es ist davon auszugehen, dass auch in Saint Louis ein zweiter Anschlag erfolgt.«

»Ich möchte, dass Sie nach Saint Louis fliegen und die Beamten dort in ihrer Arbeit unterstützen«, sagte der Chef.

»Und was ist mit dem Bombenleger von Queens?«, fragte Milo.

»Um den werden sich SAC Caravaggio und Agent Blackfeather kümmern. Sie fliegen mit der United Airlines, Flug Nummer UA 7223, um 18,54 ab. Der Flug dauert 5 Stunden und 46 Minuten. Sie werden um 23.40 Uhr in Saint Louis landen. Die Tickets sind am Schalter der United Airlines hinterlegt.«

Der Chef hatte also schon für alles gesorgt.

Wir trafen um 17 Uhr auf dem J.F.K.-Airport ein. Sowohl Milo als auch ich hatten eine Reisetasche dabei. Wir wussten nicht, wie lange wir in Saint Louis bleiben mussten. Mandy hatten wir gebeten, für uns in Saint Louis ein Hotel ausfindig zu machen und Zimmer zu buchen. Die Sekretärin des Chefs hatte unsere Bitte prompt erledigt. Wir würden im Holiday Inn in der Wilson Avenue nächtigen.

Nachdem wir eingecheckt hatten, begaben wir uns in den Sicherheitsbereich. Dort warteten wir, bis wir an Bord konnten. Sie Maschine startete mit fünfminütiger Verspätung. Der Flug war eintönig. Ich versuchte zu schlafen, was mir aber nicht gelingen wollte. Trotz der leichten Verspätung beim Abflug landeten wir pünktlich. Mit einem Taxi fuhren wir zum Hotel. Dort duschten wir und legten uns sofort schlafen. Am Morgen wollten wir uns mit zwei Kollegen aus dem Field Office Saint Louis treffen.

Nach dem Frühstück ließen wir uns von einem Taxi in die Market Street chauffieren, wo sich das Field Office befand. Dort stellten wir uns bei Special Agent in Charge Ben Howard vor. Howard telefonierte, und wir mussten nicht lange warten, dann klopfte es und zwei Männer in unserem Alter betraten das Büro des SAC. Howard stellte sie uns als Special Agents Clint Webster und Jacob Vanderbildt vor. Wir schüttelten uns die Hände. Die beiden setzten sich zu uns an den Besprechungstisch.

»Der Anschlag geschah gestern um 8.30 Uhr Ortszeit«, erklärte der SAC. »Augenzeugen sahen einen etwa vierzigjährigen Mann mit dunklen Haaren die South Patrol Police Station betreten. Er trug eine Plastiktüte. Wenige Minuten später ging der Sprengsatz hoch. Wir nehmen an, dass es sich um Richard Walker handelt.«

»Walker hat zwei Anschläge in Boston und zwei in New York verübt«, sagte ich. »Daher erwarten wir auch in Saint Louis einen zweiten Anschlag. Besteht die Möglichkeit, die Bevölkerung um Mithilfe zu bitten?«

»Wir haben zwei private Fernsehsender in Saint Louis«, sagte der SAC, »außerdem können wir ein Bild von Walker in den Tageszeitungen bringen. Am effektivsten dürfte die Fahndung mit Hilfe der Presse sein. Die Publikation kann aber frühestens morgen erfolgen.«

»Die Fernsehsender können heute noch eine Fahndungsmeldung ausstrahlen«, sagte Clint Webster. »Wir sollten keine Zeit verlieren.«

»Ich will Sie nicht aufhalten«, erklärte SAC Howard.

11

Clive Caravaggio und Blackfeather parkten auf dem Parkplatz vor dem Gefängnis von Rikers Island. Sie wollten Artur Benson sprechen, der in der Zwischenzeit auf der Gefängnisinsel gelandet war. Es bedurfte keiner besonderen Formalitäten. Nach etwa einer halben Stunde wurde der Gefangene vorgeführt. Misstrauisch musterte er die beiden G-men. Clive stellte sich und Blacky vor und forderte den U-Häftling auf, sich an den Tisch zu setzen.

»Ich habe bereits den Agents Trevellian und Tucker Rede und Antwort gestanden«, murmelte Benson.

»Allerdings haben Sie es mit der Wahrheit nicht so genau genommen«, versetzte Clive.

»Wie kommen Sie darauf?«

»In einem Polizeirevier in Queens ist eine Bombe hochgegangen. Sie ist identisch mit den Sprengsätzen, die Sie hergestellt haben.«

Benson zog die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum. Verbissen schwieg er.

»Nun rücken Sie schon heraus mit der Sprache«, sagte Clive. »Wem haben Sie die Bombe verkauft?

»Ich …«

Blackfeather schnitt dem Gefangenen das Wort ab. »Leugnen ist zwecklos. Es handelte sich um eine Bombe aus Ihrer Produktion. Gehören Sie einer terroristischen Organisation an?«

»Nein, Gott bewahre. Ich – ich …«

»Reden Sie schon«, stieß Clive hervor.

»Ich hatte doch keine Ahnung, was die Kerle vorhaben«, murmelte Benson. »Wenn ich gewusst hätte, dass sie die Bombe tatsächlich einsetzen, hätte ich sie ihnen niemals gegeben.«

»Von welchen Kerlen ist die Rede?«

»Die beiden heißen Jack Warner und Toby Woods. Sie haben mir für die Bombe hundert Dollar gegeben. Ich konnte doch nicht ahnen, dass sie …«

Bensons Stimme brach. Mit fahriger Geste strich er sich über das Gesicht.

»Jack Warner und Toby Woods«, murmelte Clive. »Was sind das für Kerle?«

»Ich kenne sie nicht näher.«

»Als Sie ihnen die Bombe verkauften konnten Sie sich doch vorstellen, dass die beiden irgendetwas vorhatten. Sie haben das billigend in Kauf genommen. Ein Polizist ist gestorben, zwei weitere wurden schwer verletzt.«

»Ich konnte das doch nicht ahnen.«

»Sie werden wegen Beihilfe zum Mord dran sein. Wissen Sie, was darauf steht?«

»Aber …«

»Lebenslänglich steht darauf.«

Benson krümmte sich auf seinem Stuhl. Sein Atem ging stoßweise. Seine Augen waren ein Abgrund des Entsetzens. In seinem Gesicht zuckten die Muskeln.