Krimi Doppelband 149 - Zwei Trevellian Krimis - Franklin Donovan - E-Book

Krimi Doppelband 149 - Zwei Trevellian Krimis E-Book

Franklin Donovan

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimisvon Franklin Donovan:Trevellian und der Job in BelgradTrevellian wird in Spanish Harlem sterben»Schöner Laden«, sagte Berto Sanchez zu seinen drei Kumpanen. Die Schläger grinsten zynisch. Berto packte den Baseballschläger fester. Dann stieß er die Tür des kleinen Geschäfts in Spanish Harlem auf.Caribbean Dreams war wirklich ein schöner Laden, die Wände drinnen in hellem Gelb gestrichen, mit Halogenlampen indirekt ausgeleuchtet, und der Holzfußboden wurde jeden Tag blitzsauber geschrubbt. Im Schaufenster und auf den Regalen lockten Kunsthandwerk, Schmuck und handgewebte Stoffe aus der Karibik. Ein Stück Urlaubslaune für New Yorker Wohnzimmer.Julia Estrada trat aus dem Hinterzimmer, als sie die Ladenglocke hörte. Und schreckte sofort zurück. Sie kannte weder Berto Sanchez noch seine drei Freunde, aber sie hatte von dem Quartett gehört.Hier in Spanish Harlem wurden sie nur die Todesschwadron genannt!

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Franklin Donovan

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 149 - Zwei Trevellian Krimis

Copyright

Trevellian und der Job in Belgrad

Trevellian wird in Spanish Harlem sterben

Krimi Doppelband 149 - Zwei Trevellian Krimis

Franklin Donovan

Dieser Band enthält folgende Krimis

von Franklin Donovan:

Trevellian und der Job in Belgrad

Trevellian wird in Spanish Harlem sterben

»Schöner Laden«, sagte Berto Sanchez zu seinen drei Kumpanen. Die Schläger grinsten zynisch. Berto packte den Baseballschläger fester. Dann stieß er die Tür des kleinen Geschäfts in Spanish Harlem auf.
Caribbean Dreams war wirklich ein schöner Laden, die Wände drinnen in hellem Gelb gestrichen, mit Halogenlampen indirekt ausgeleuchtet, und der Holzfußboden wurde jeden Tag blitzsauber geschrubbt. Im Schaufenster und auf den Regalen lockten Kunsthandwerk, Schmuck und handgewebte Stoffe aus der Karibik. Ein Stück Urlaubslaune für New Yorker Wohnzimmer.
Julia Estrada trat aus dem Hinterzimmer, als sie die Ladenglocke hörte. Und schreckte sofort zurück. Sie kannte weder Berto Sanchez noch seine drei Freunde, aber sie hatte von dem Quartett gehört.
Hier in Spanish Harlem wurden sie nur die Todesschwadron genannt!

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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Alles rund um Belletristik!

Trevellian und der Job in Belgrad

Franklin Donovan

Meine Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Eine sanfte Brise wehte von der Donau her. Einer der beiden Flüsse, an denen die jugoslawische Hauptstadt Belgrad liegt. Sehen konnte ich den Fluß nicht. Er war durch eine hohe Mauer mit Stacheldraht auf der Krone verdeckt. Außerdem hatte ich eine schwarze Binde vor den Augen.

Ich hörte, wie die Männer der serbischen Sonderpolizei ihre Waffen durchluden. Und dann Hauptmann Ristics Stimme. »Zigarette?«
Ich schüttelte den Kopf. »Rauchen ist ungesund, wissen Sie? Bei uns in A… - Australien raucht kaum noch jemand.«
Beinahe hätte ich ›Amerika‹ gesagt. Dabei war ich mit einem falschen australischen Paß nach Belgrad gekommen. Nicht als G-man, sondern auf eigene Faust.
»Wie Sie wollen«, sagte Ristic. Und seinen Untergebenen rief er zu: »Leeegt an…!«
Es war Freitag. Ich würde an einem Freitag sterben. Meine Gedanken wanderten zurück zum vergangenen Montag, an dem der ganze Schlamassel angefangen hatte…
***
»Das soll Bier sein?« grölte ich an diesem Montagabend.
Mit meinem Freund und Kollegen Milo Tucker hockte ich in einer Hotelbar in Manhattan. Wir sollten Lockvögel für skrupellose Waffenhändler spielen.
»Ein Bier soll das sein?« wiederholte ich, und auflachend packte ich die Flasche der US-Marke Budweiser am Hals, kippte die schäumende Flüssigkeit auf den Bar-Tresen vor mir.
Milo geierte sich einen ab und schlug sich auf die Schenkel. Er gebärdete sich, daß er fast vom Barhocker fiel.
Die Lady hinter der Theke der eleganten Oak-Room-Bar erbleichte. Ihr Gesicht wurde fast so weiß wie die gestärkte Bluse, die sie trug und unter der sie so einiges mit sich herumschleppte, wie man deutlich sah. Innerlich tat es mir leid, daß wir uns gegenüber dem attraktiven Girl wie die letzten Menschen aufführten. Aber das gehörte zu unserer Rolle.
Zwei halbwilde Kriminelle aus dem australischen Outback, die in New York mit dem Geld um sich schmissen und die Puppen tanzen ließen.
»Glotz nicht so, Süße!« knurrte ich die Bar-Maid an. Dabei versuchte ich, so gut wie möglich den australischen Akzent nachzumachen. Hoffentlich lief uns in den nächsten Stunden niemand über den Weg, der wirklich von ›downunder‹ kam, also aus Australien. Da konnte man in dem Vielvölkergemisch von New York nie sicher sein.
Wenn unsere Tarnung aufflog, waren wir so gut wie tot…
»W-wünschen Sie ein anderes Bier, Sir?« fragte die Bedienung mit leicht zitternder Stimme.
»Darauf kannst du einen lassen, Sweetheart! Aber nicht noch mal diese Yankee-Brühe! Wenn ihr kein gutes Aussie-Bier habt, schieb wenigstens ein Pommie-Ale[2] rüber. Besser als verdursten, was, Milo?«
Mein Freund und Partner nickte. Er versuchte angestrengt, so australisch wie ein Koala-Bär und so imberechenbar wie ein Kettensägenmörder zu wirken. Es klappte offenbar.
Denn die anderen Gäste der Oak-Room-Bar rückten von uns ab, als ob wir Beulenpest hätten.
Ich konnte sie verstehen. Aber als FBI-Agent im Undercover-Einsatz kann man sich seine Rolle nicht immer aussuchen.
Unsere Spezialisten in Washington hatten sorgfältig an unseren falschen Lebensläufen gefeilt. Wir waren momentan keine G-men der US-Bundespolizei FBI mehr, sondern zwei Berufsverbrecher und skrupellose Geschäftemacher.
Milo hieß nun mit Nachnamen MacCuster. Er hatte wegen Raubüberfall und schwerer Körperverletzung gesessen. Eine Anklage wegen Zuhälterei mußte aus Beweismangel niedergeschlagen werden.
Ich hörte auf den Namen Jesse Taylor. Und war angeblich ›downunder‹ wegen Mordversuch hinter schwedische Gardinen gewandert. Nur dank der Begnadigung durch den Gouverneur von Queensland war ich wieder auf freiem Fuß.
Unsere Kollegen hatten sogar Datensätze mit unseren Strafakten angefertigt und in die Datenbanken des australischen Justizministeriums geschleust. Mit deren Erlaubnis, selbstverständlich.
Falls also unsere ›Geschäftsfreunde‹ aus der New Yorker Unterwelt auf die Idee kamen, unsere Biografien von einem Hacker checken zu lassen - sollten sie ruhig, sie würden alles bestätigt finden.
Die Lady in der gestärkten Bluse stellte ein frisch gezapftes Brown Ale vor mich hin.
»Pommie-Bier!« krähte ich. »Mann, ich hab’ ‘nen Durst wie ein Känguruh beim Buschbrand, hähähä!«
Milo zwinkerte mir zu. Er wollte mir wohl signalisieren, es nicht zu übertreiben. Aber das war überhaupt nicht nötig. Denn die Fische hatten bereits angebissen.
Das wurde mir klar, als ich eine Pistolenmündung spürte, die sich in meine Nierengegend drückte.
»Mr. Taylor und Mr. MacCuster«, sagte eine ruhige Stimme. »Begleiten Sie uns bitte ohne Aufsehen. Unser Chef möchte die Verhandlungen an einem ruhigeren Ort führen.«
Ich drehte den Kopf und fand mich plötzlich eingerahmt von zwei Muskelmännern in Maßanzügen. Sie sahen meilenweit nach Laufburschen des organisierten Verbrechens aus. Milo war von zwei Kerlen in ähnlichem Format eingekeilt.
»Endlich kommt mal Stimmung in die Bude!« röhrte ich. Dann knallte ich einen Fünfzig-Bucks-Schein auf den Tresen, den die blasse Schönheit gerade erst wieder trockengewischt hatte. Zum Abschied kippte ich ihr mein Brown Ale über die Bluse. Schließlich hatten wir einen Ruf zu verteidigen.
Gemein grinsend zogen Milo und ich mit unseren ›Geschäftsfreunden‹ davon. Ich nahm mir fest vor, mich später mit einem riesigen Blumenstrauß bei der Lady zu entschuldigen.
Wenn wir den Waffenhändlerring zerschlagen hatten…
***
Die FBI-Agentin Annie Franceso schwang den Mop. Sie tauchte ihn immer wieder in ihr Eimerchen mit Wischwasser. Sie trug einen hellblauen Kunststoff-Kittel und war unaufhörlich damit beschäftigt, die Halle des ehrwürdigen ›Algonquin‹-Hotels sauberzuhalten.
Die meisten Gäste glotzten glatt durch sie hindurch und bemerkten sie gar nicht. Andere wiederum dachten, daß diese junge Frau viel zu hübsch sei, um als Reinigungskraft zu versauern. Doch allgemein war der Anblick einer puertoricanischen Putzfrau überall in New York etwas völlig Alltägliches.
Darum hatte Mr. McKee ja auch gerade sie für diese Aufgabe ausgewählt.
Der Leiter des FBI Field Office New York hatte sie beauftragt, die Kontaktaufnahme zwischen Jesse und Milo und den Leuten von Fatty Redmond zu überwachen.
Und das tat sie.
Während Annie die Fußböden sauber hielt, beobachtete sie die Menschen ihrer Umgebung routiniert-unauffällig. Die Gäste des ›Algonquin‹ waren überwiegend Geistes-Akrobaten. Denn das Traditionshotel galt als Literaten-Unterkunft.
Das war Annie Franceso egal. Sie las höchstens mal einen Gruselroman von Stephen King oder Jason D ark. Ihre karge Freizeit war ansonsten mit Kung-Fu-Training ausgefüllt, das sie beinahe schon fanatisch betrieb. Dabei konnte sie nicht nur ihren Körper für den harten Dienstalltag stählen, sondern auch ihr überschäumendes Latino-Temperament abreagieren.
Als das Gangster-Quartett die Hotelhalle betrat, zuckte Annie nicht mal mit der Wimper. Die vier Muskelpakete sahen nicht gerade danach aus, als ob sie Gedichte über Gänseblümchen schreiben würden.
Zumindest zwei der Visagen kannte Annie aus den FBI-Akten. Die Kerle waren treue Steigbügelhalter von Fatty Redmond. Der Mann, dem diese ganze Aktion galt.
Fatty Redmond.
Er hatte die typische amerikanische Karriere gemacht. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Aber alles unter dem Vorzeichen des Verbrechens.
In den sechziger Jahren hatte er in der Bronx noch an den Straßenecken mit Ballermännern gehandelt. Später hatte er sich dann auf Kriegswaffen spezialisiert. Alles höchst illegal natürlich. Heute konnte man von Fatty angeblich sogar eine Boden-Luft-Rakete bekommen, wenn man genügend Kleingeld in der Tasche hatte.
Annie Franceso bekam mit, wie Redmonds Leute die Oak-Room-Bar betraten. Dort drinnen würden sich Jesse Trevellian und Milo Tucker kräftig danebenbenehmen. Wie es dem Image entsprach, das das FBI für sie aufgebaut hatte.
Zwei australische Desperados, die Waffen kaufen sollten. Waffen für die Guerillas in Indonesien.
Annie wischte den Boden, als würde sie nichts von dem Geschehen um sie herum mitbekommen.
Drei Minuten später kamen Redmonds Schergen wieder aus der Hotelbar. Sie hatten Jesse und Milo in die Mitte genommen. Wahrscheinlich preßten sie ihnen ihre Ballermänner in den Rücken.
Für Annie wurde es höchste Zeit, ihre Meldung abzusetzen.
Sie griff in ihre Kitteltasche, in der ihr Handy steckte.
Da riß sie jemand am Ellenbogen nach hinten!
***
Milo und ich stiefelten durch die Hotelhalle, als ob uns die Welt gehören würde. Ab und zu ließen wir ein paar dämliche Sprüche ab. Gut, daß sich das FBI Taylor und MacCuster nur ausgedacht hatte. Zwei solche Widerlinge konnte man wirklich nicht auf die Menschheit loslassen.
Aus den Augenwinkeln registrierte ich, daß unsere Kollegin Annie Franceso mit einem Mann rangelte. Sie hatte echt eine ganz eigene Begabung dafür, fast an jedem Ort der Welt sofort in eine Schlägerei verwickelt zu werden. Pech nur für ihre Gegner, daß die zierliche Latina stets unterschätzt wurde.
Trotzdem - im Moment war es extrem übel, daß Annie anderweitig beschäftigt war. Denn sie gehörte zu dem Überwachungsnetz, das unser Chef Jonathan D. McKee um Milo und mich hatte knüpfen lassen.
Für alle Fälle hatte ich allerdings noch einen Peilsender im linken Schuhabsatz. Damit konnten uns die Kollegen orten, wenn Redmonds Leute die Beschattung bemerken sollten.
Ich blieb deshalb nach außen hin cool und machte noch eine Bemerkung über die angebliche Häßlichkeit der amerikanischen Girls. Mann, war dieser Jesse Taylor ein Kotzbrocken!
Um Annie Franceso machte ich mir keine Sorgen. Sie konnte mit fast jedem Gegner fertigwerden.
Ich hätte mir besser über das Schicksal von Milo und mir den Kopf zerbrochen…
Redmonds Leibgarde führte uns zu einer langgestreckten schwarzen Limousine mit dunkel getönten Scheiben. Einer der Kleiderschränke hielt uns die Fondtür auf.
Drei der Männer folgten uns und nahmen links und rechts von uns auf der Sitzbank Platz. Ihre Waffen waren nun direkt auf unsere Schädel gerichtet.
»Die Yankees sind ganz schön nervös, was, Milo?« witzelte ich. »Ihr solltet mal ein gutes Aussie-Bier trinken, Boys!«
Sie erwiderten nichts darauf. Die Limousine fuhr langsam an und bog Richtung Fifth Avenue ab.
Nach einer Minute ergriff einer der Männer das Wort. Er hatte eine blonde Stoppelfrisur und hielt nun seine Kanone auf mein Gesicht gerichtet.
»Mein Name ist Florey. Ich muß Sie beide bitten, Ihre Kleider abzulegen. Schuhe und Socken und Schmuck ebenfalls.«
***
Im ersten Moment dachte Annie Franceso, ihr Angreifer würde zu Redmonds Leuten gehören. Aber das schloß sie aus, nachdem sie herumgewirbelt war und ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.
Sie traute dem Waffenhändler einiges zu. Aber nicht, daß er ziegenbärtige Möchtegernschreiber auf seine Lohnliste setzte. Außerdem wollte dieser Schwächling mit dem europäischen Akzent ihr offensichtlich ›nur‹ an die Wäsche!
»Geile City, dieses New York!« hechelte der Typ. Er sah mit seiner Baskenmütze und seinen strähnigen Haaren aus wie die Karikatur eines Dichters aus dem Künstlerviertel Greenwich Village. »Hier sind sogar die Putzfrauen heiße Feger! Ich bin inspiriert! Die Triebe fließen…«
Er wollte noch weiterschwätzen. Grabschte zwischendurch mit seiner anderen Hand nach Annies prallen Pobacken, die sich unter dem dünnen Nylonkittel abzeichneten.
Das bekam ihm schlecht.
Es war sein Glück, daß Annie dringendtelefonieren mußte. Darum bekam er nur eine kleine Kostprobe von ihren Kung-Fu-Kenntnissen. Aber das reichte auch.
Annie ließ ihre Ferse wie einen Rammpfahl auf seinen Fuß krachen. Gleichzeitig wuchtete sie ihm ihren linken Ellenbogen gegen den Solarplexus.
Der Möchtegemdichter kreischte wie eine Nutte von der 42nd Street. Mit drei, vier blitzschnellen Kettenvorstößen schickte ihn Annie auf die Bretter.
Während'er noch stürzte, zückte die FBI-Agentin schon ihr Handy. Bekam sofort eine Verbindung mit Clive Caravaggio. Der Assistant Special Agent in Charge (ASAC) leitete den Einsatz gegen Fatty Redmond.
»Annie hier, Clive! Kontaktaufnahme in der Oak-Room-Bar ist erfolgt. Vier Männer. Haben vor einer halben Minute mit Jesse und Milo das Hotel verlassen!«
»Positiv«, bestätigte der flachsblonde Italo-Amerikaner. »Jay und Les stehen zur Beschattung bereit.«
Jay Kronburg und Les Morell waren zwei weitere FBI-Kollegen. Sie warteten in einem neutralen Chevy aus dem FBI-Fuhrpark neben dem ›Algonquin‹-Hotel.
Inzwischen trabte ein Duo der Hotel-Security heran, um den randalierenden Dichter zu bändigen. Liebend gerne hätte Annie diese Aufgabe selbst übernommen. Aber auf sie wartete Wichtigeres.
Der Einsatz gegen Fatty Redmond würde alle verfügbaren Frauen und Männer des FBI New York erfordern. Und das wollte Annie Franceso sich natürlich nicht entgehen lassen.
Aber nicht im Putzkittel! dachte sie, während sie zu den Personal-Umkleideräumen im Keller eilte. Dabei waren ihre Gedanken bei Jesse und Milo. Ob Fatty Redmond den Köder wohl geschluckt hatte?
***
»Wir sollen strippen?« grölte Milo. »Wie seid ihr Yankees denn drauf?«
Aber es war klar, daß wir keine Wahl hatten. Die Waffenhändler rechneten damit, daß wir einen Peilsender bei uns trugen. Und auch auf eine Verfolgung waren sie vorbereitet.
Der stoppelhaarige Florey zauberte unter seinem Sitz zwei teure Jogginganzüge hervor. Immerhin erwartete man also nicht 'von uns, daß wir nackt vor seinem dicken Boß antanzten. Sehr rücksichtsvoll.
Wir meckerten noch ein bißchen. Aber dann fügten wir uns. Wenn wir kein Mißtrauen erregen wollten, mußten wir ihr Spiel mitmachen. Wichtig war das geheime Versteck der Waffenschieberbande. Bisher hatte das FBI immer wieder erfolglos versucht, das Hauptquartier von Fatty Redmond ausfindig zu machen. Darum heute diese Undercover-Aktion.
Nachdem wir uns murrend ausgezogen hatten, stopfte Florey unsere Klamotten in zwei Kunststofftaschen.
Mir fiel auf, daß sich schon seit ein paar Minuten ein abgerocktes Oldsmobile auf der Parallelspur hielt. Die Limousine fuhr immer noch die Fifth Avenue entlang.
Der Stoppelhaarige gab einem seiner Kumpane ein Zeichen, und eines der getönten Fenster senkte sich. Bei dem Oldsmobile war die Scheibe des Fonds bereits heruntergekurbelt. Der Gangster warf unsere Klamotten hinüber!
Die Aktion hatte keine fünf Sekunden gedauert.
Der Oldsmobile fiel zurück und bog am Central Park North ab. Wenn sich unsere Kollegen jetzt auf den Peilsender verließen, hatten wir schlechte Karten.
In diesem Moment stieg der Fahrer kräftig aufs Gas. Milo und ich waren gerade dabei, in die Jogginganzüge zu schlüpfen.
»Wir werden nun noch mögliche Verfolger abschütteln«, verkündete Florey. Seine Augen waren so tot und nichtssagend wie kalte Zigarettenasche. »Sie sind Geschäftsleute, Mr. Taylor und Mr. MacCuster. Ich bin sicher, Sie werden unsere Vorsichtsmaßnahmen verstehen.«
Die Stoßdämpfer der Limousine ächzten, als der Driver eine rote Ampel überfuhr und unter wütendem Hupen der anderen Verkehrsteilnehmer in die East 116th Street abbog. Der Bursche am Lenkrad war wirklich ein verdammt guter Fahrer, und er wußte, wie man eventuelle Verfolger abhängte - alle Achtung!
Ich verstand nur eins.
Milo und ich saßen in der Tinte. Und zwar ziemlich tief.
***
Fatty Redmonds Spitzname paßte wie die Faust aufs Auge.
Oder besser gesagt, wie die Sahne auf den Kuchen.
Milo und ich wurden von unseren Bewachern in sein Allerheiligstes geführt. Nachdem sie in der Limousine mit uns eine halbe New York-Sightseeing-Tour gemacht hatten.
Die Orientierung hatten Milo und ich trotzdem nicht verloren. Der Schlupfwinkel der Waffenschieber mußte sich in South Brooklyn befinden. Irgendwo bei den alten Docks. Schiffe wurden hier schon lange nicht mehr gebaut.
Ob die Gangster es wirklich geschafft hatten, das Überwachungsnetz des FBI zu zerreißen?
Um diese Frage kreisten meine Gedanken, während wir lässig vor dem großen Marmor-Schreibtisch des Waffenhändlers standen.
Fatty musterte uns aus seinen Schweinsäuglein. Sie verschwanden fast zwischen den Speckpolstern seiner Visage.
»Sie sind also die Gentlemen aus Australien«, ölte seine tiefe Stimme.
»Erraten, Meister!« Ich hatte die Hände in die Hosentaschen meines Jogginganzugs gerammt. »Und wir würden auch wie Gentlemen aussehen, wenn Ihre Clowns uns nicht unsere Anzüge geklaut hätten!«
Ich deutete mit einer Kopfbewegung auf Florey und seine Kumpanen, die hinter uns standen. Keine unsere Bewegungen schien ihnen zu entgehen.
Fatty Redmond fummelte eine große Havanna aus dem Cellophan. Ertrug einen teuren Anzug. Bestimmt maßgeschneidert. In dieser Größe gab es keine Klamotten von der Stange. »Und Sie wollen also Automatikwaffen kaufen? Für die indonesischen Terroristen?«
»Die einen nennen sie Terroristen, die anderen Freiheitskämpfer«, meinte ich und lachte dreckig. »Mir egal. Scheißegal. Die Schlitzaugen haben keine Ahnung vom amerikanischen Markt. Darum haben sie Milo und mich vorgeschickt. Die brauchen nämlich jede Menge Bleispritzen, um die Regierungstruppen wegzupusten. Und wir…«
»Ihre… Schlitzaugen sitzen nicht zufällig in Washington? Im J. Edgar Hoover Building?« fragte Fatty Redmond lauernd.
Mein Herz setzte für einen Moment aus. Das J. Edgar Hoover Building ist die Zentrale des FBI in der Bundeshauptstadt. Hatte der Dickwanst von Anfang an gewußt, was gespielt wurde?
»Häh?« Milo spielte den Trottel. Dabei war ich mir sicher, daß er genauso fieberhaft nach einem Ausweg suchte wie ich. Aber es sah trübe aus.
Wir beide waren unbewaffnet. Hinter uns vier harte Burschen mit großkalibrigen Knarren. Und dieses ehemalige Werftbüro, in dem Redmond residierte, hätte genausogut in der Wüste Gobi liegen können. Genauso weitab von jeder möglichen Hilfe.
Fatty Redmond erwiderte nichts, sondern bückte sich schweigend. Dabei wurde sein Doppel- zu einem Dreifachkinn.
Und dann knallte er einen Gegenstand auf die Tischplatte, der mir sehr bekannt vorkam.
Mein linker Schuh.
Der Absatz war geöffnet worden. Der Peilsender war nicht zu übersehen.
»Ich beschäftige ein paar Spezialisten, wissen Sie.« Die Stimme des Dicken war nun gefährlich leise. Er hielt ein Zündholz an seine Zigarre, die er sich in den Mundwinkel geklemmt hatte. »Die Männer in dem Oldsmobile. Sie werden sich erinnern. Meine Spezialisten haben nicht lange gebraucht, um den Sender unschädlich zu machen.«
Fatty Redmond lehnte sich zurück, paffte ein paar blaue Wölkchen in den Raum.
»Der Waffenhandel ist ein hartes Geschäft«, fuhr er fort. »Ich habe bisher überlebt, weil ich gute Instinkte habe. Sie werden mir jetzt verraten, wieviel das FBI schon über mich weiß. Dann… werde ich Ihnen die Gnade eines schnellen Todes gewähren.«
Den letzten Satz hatte er mit einem widerwärtigen Unterton hervorgepreßt. Aber wir G-men lassen uns nicht so schnell einschüchtem. Ich blieb ruhig.
Und wich seinem heimtückischen Blick nicht aus.
»Geben Sie auf, Redmond. Gegen das FBI haben Sie keine Chance. Wenn Sie uns töten, werden andere kommen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir mit Ihrer Organisation aufgeräumt haben!«
»Sie haben mich nicht verstanden. Sie werden auf jeden Fall reden. So oder so. Fangt mit dem Dunkelhaarigen an!«
Er gab seinen Männern ein Zeichen, und Florey und ein anderer Muskelprotz packten mich.
Der Stoppelhaarige rammte mir sofort seine Faust in die Nieren. Er schien nur darauf gewartet zu haben, endlich brutal werden zu dürfen.
Ich biß die Zähne aufeinander und drehte mich zur Seite. Die Hand des zweiten Mannes krallte sich in meine Haare. Er wollte meinen Schädel offenbar gegen den Märmor-Schreibtisch knallen und…
C-R-A-S-H-!!!
In diesem Moment zerbarsten drei Fensterscheiben gleichzeitig.
Rauchgranaten wurden in den Raum geschleudert. Jemand sprengte die Eingangstür aus den Angeln. Aus den Augenwinkeln sah ich Waffen aufblinken. Frauen und Männer in den blauen FBI-Einsatzjacken stürmten herein.
Und ich hörte die Stimme von Clive Caravaggio. Per Megaphon verstärkt.
»FBI! Waffen weg!«
***
Bisher hatte nur die Havanna des Dicken die Luft verpestet. Nun mischten auch unsere Rauchbomben munter mit.
Auf mich wirkte das Auftauchen der Kollegen wie ein Adrenalinstoß. Ich war sicher, daß es Milo ebenso ging.
Als der Gangster meinen Kopf gegen den Marmor knallen wollte, ließ ich mich auf die Hände fallen. Gleichzeitig schnellten meine Beine nach hinten. Meine Fersen trafen in seine Magengrube.
Ich ahnte, was die Kerle vorhatten. In dieser Situation würden sie versuchen, Milo und mich als Geiseln zu nehmen. Wir mußten uns freikämpfen. Und wir taten nichts lieber als das.
Florey richtete seine Waffe auf mich. Es war ein 357er Magnum von Smith & Wesson.
Ich wollte ihm die Zimmerflak mit einem Karatetritt aus der Pfote prellen. Aber er stand etwas zu weit von mir entfernt.
Er zielte auf mich und…
B-O-M-M-!!!
Ein Schuß krachte.
Der Stoppelhaarige ließ den Revolver fallen. Unser indianischer Kollege Blackfeather hatte seine SIG Sauer P 226 sprechen lassen. Er gehörte ebenfalls zu der Gruppe, die uns raushauen sollte. Der Meisterschuß des stets korrekt gekleideten Blacky hatte Floreys Hand getroffen.
Ich bedankte mich bei ihm, indem ich Daumen Und Zeigefinger zu einem Kreis zusammenführte. Im nächsten Moment hatte ich schon alle Hände voll zu tun.
Mein zweiter Gegner war noch nicht kampfunfähig. Er sprang von hinten auf mich, würgte meine Kehle, mit Händen wie aus Eisen.
Ich senkte den Schädel, damit der Kehlkopf nach innen wanderte. Dann riß ich mit beiden Händen an seinen kleinen Fingern.
Der Gangster ließ los, und er schrie dabei laut auf.
Ich drehte mich um die eigene Achse, ließ seine kleinen Finger los, und meine rechte Faust krachte gegen sein Kinn.
Neben mir ertönten Kampfgeräusche. Jay Kronburg und Les Morell hatten einen von Milos ›Bewachern‹ entwaffnet und niedergerungen. Der andere wurde von meinem Freund und Kollegen höchstpersönlich ins Gebet genommen. Unter Milos Boxhieben taumelte er rückwärts Richtung Wand.
Vom Hof her ertönten Schüsse. Andere Kollegen waren offenbar dabei, die ›Spezialisten‹ aus dem Oldsmobile und andere Mitglieder der Gang auszuheben.
Die ganze Aktion dauerte nicht länger als dreißig Sekunden.
Aber während dieser halben Minute hatte keiner von uns so recht auf Fatty Redmond geachtet.
Der Dicke stand nun hocherhoben hinter seinem Schreibtisch. Er war im Gesicht rot vor Wut.
»Verdammte FBI-Bullen!« grollte er. »Lebend kriegt ihr mich nicht!«
Und bevor einer von uns reagieren konnte, hatte er den Zünder einer Handgranate abgezogen. Hielt das mörderische Ei vor seine Brust.
Nur wenige Sekunden, dann würde das Ding explodieren und nicht nur ihn selbst zerreißen, sondern auch einige von uns töten oder zumindest schwer verletzen.
Während des Kampfes hatten wir uns von dem Schreibtisch entfernt. Keiner von uns stand noch nahe genug bei dem Waffenhändler, um eingreifen zu können.
Keiner.
Bis auf Annie Franceso.
Sie trug nicht mehr ihr Putzfrauen-Kostüm, sondern Jeans, T-Shirt und die blaue FBI-Einsatzjacke. Ich hatte meine zierliche Kollegin bisher gar nicht bemerkt. Aber nun hatte sie wieder einen ihrer berühmten Kung-Fu-Auftritte.
»Kiiiiiaaaaiiii!«
Sie überwand die Distanz zu dem Dicken mit einem unglaublich weiten Sprung. Direkt neben ihm landete sie auf dem Boden. Mit beiden Fäusten hämmerte sie auf seine Hand.
Fatty Redmond war so überrascht, daß er die Handgranate wirklich fallen ließ.
Der Explosivkörper kullerte unter den Schreibtisch mit der Marmorplatte.
Aber das wirklich Unfaßbare geschah nun.
Die zierliche Latina packte den Koloß an Oberschenkel und Schulter und hebelte ihn aus. Wuchtete ihn auf die Schreibtischplatte. Und hüpfte selbst leichtfüßig auf ihn drauf.
Keine Sekunde zu früh.
Im nächsten Moment zerriß eine Explosion fast unsere Trommelfelle.
K-A-B-O-O-O-M-M-!!
Putz rieselte von der Decke. Aber die massive Tischplatte war nicht zerstört worden.
Fatty Redmond war immer noch völlig durcheinander. Er machte ein Gesicht wie ein Karpfen auf dem Trockenen. Durch den offenen Mund sog er die Luft ein, seine Augen waren aus den Höhlen gequollen.
Annie hockte mit gespreizten Schenkeln auf seinem mächtigen Bauch und legte ihm in aller Seelenruhe Handschellen an.
»Genießen Sie diesen Moment, Mr. Redmond«, sagte sie grinsend. »Auf Riker’s Island werden sich wohl keine Frauen finden, die auf Ihnen sitzen wollen!«
***
Fatty Redmond hatte sein Hauptlager wirklich in dem aufgegebenen Gewerbegelände in South Brooklyn. Nur wenige Meilen Luftlinie vom FBI Field Office an der Federal Plaza in Manhattan entfernt.
»Das war Rettung in letzter Sekunde«, sagte ich zu Clive Caravaggio, während Milo und ich beim Abtransport der verhafteten Gangster zuschauten. Offenbar war keiner von ihnen entwischt. Jedenfalls sah es im Moment so aus. »Aber wie habt ihr uns wiedergefunden? Den Peilsender konntet ihr ja vergessen. Und der Fahrer der Limousine hat ja wohl alle Verfolger abgehängt.«
»Fast alle.« Der Italo-Amerikaner grinste. »Bis auf unser rotes Teufelchen hier…«
Er deutete mit dem Daumen auf unsere Kollegin Jennifer Clark, die soeben den Raum betreten hatte. »Nenn mich nicht so, Clive!«
Ich hob die Augenbrauen. »Jennifer! Ich dachte, du bist auf einem Lehrgang in Quantico.«
»War ich auch. Bis gestern.«
»Heute durfte unser rotes Teufelchen das Gelernte gleich anwenden«, meldete sich wieder Clive zu Wort.
Die attraktive blonde FBI-Agentin zog eine Schnute und knuffte ihm in die Rippen.
»Ich verstehe kein Wort«, gestand ich. »Und wieso rotes Teufelchen?«
»Auf der Akademie habe ich einen Spezialfahrkurs gemacht«, erklärte Jennifer geduldig. »Motorroller im Extremeinsatz. Die Idee ist, daß man in der Stadt mit einem Zweirad wendiger ist als mit einem Auto. Man kommt überall hin. Und so war es auch. Die Ausbilder haben uns mit den Rollern über Treppen gescheucht, durch Fußgängertunnel, alles mögliche. Clive hatte die Idee, mich an der Beschattung teilnehmen zu lassen. Und während die Limousine unsere Überwachungs-Karren abgehängt hat, bin ich über die Gehwege gebrettert und drangeblieben. Mit meinem kleinen roten Roller…«
»Daher rotes Teufelchen!« Ich grinste.
Jennifer lächelte säuerlich. »Ich wäre euch dankbar, wenn dieser Spitzname nicht an mir hängenbleibt.«
***
Am Dienstag holte ich meinen Freund und Kollegen Milo Tucker an unserer gewohnten-Ecke ab. Zäh wie Teer schleppte sich der morgendliche Berufsverkehr durch die Straßenschluchten von Manhattan.
Ich lenkte meinen roten Sportwagen e-type an die Bordsteinkante.
Der blonde G-man öffnete die Beifahrertür und ließ sich auf den Sitz neben mir fallen.
»Es wird Frühling, Jesse!«
Milo schnallte sich an. Ich setzte den Blinker und ordnete mich in die Blechkolonne ein. Es war Anfang März. Wieder mal fragte ich mich, woher mein Freund seinen Optimismus nahm. In New York kann der Winter manchmal sehr lang sein.
»Woran merkst du das, Partner?«
»An meinen Frühlingsgefühlen natürlich! Und an den Röcken der Girls. Sie werden kürzer - genau wie die Winternächte!«
Und wie zur Bestätigung seiner Worte trat in diesem Moment eine langbeinige Blondine aus einem Drugstore. Der Rock ihres Busineßkostüms bedeckte nur knapp ihre runden Pobacken.
Ich heftete meinen Blick lieber auf die Rückfront des Stadtbusses vor uns. Wenn es auch schwerfiel.
»Die Kleine fällt ja fast schon unter Verkehrsgefährdung«, brummte ich.
Lachend kamen wir an der Federal Plaza an. Ich lenkte den Sportwagen in die Tiefgarage des vierzigstöckigen Hochhauses, in dem sich der FBI-Distrikt New York befindet.
Milo und ich fuhren mit dem Lift hoch. Auf uns wartete ein langer Arbeitstag. Fatty Redmond und seine Leute mußten verhört werden. Außerdem gab es vielleicht noch andere Waffenlager der Bande, die ausgehoben werden mußten.
Deshalb wunderte es mich nicht, daß sofort mein Telefon klingelte, als wir in unserem Büro im 26. Stockwerk angekommen waren.
»Trevellian.«
»Hier Mandy, Jesse. Du und Milo sollt sofort zu Mr. McKee kommen.«
Ich hätte die samtweiche, mütterliche Stimme der dunkelhaarigen Sekretärin unseres Chefs unter Millionen erkannt - sie hätte sich nicht mit Namen zu melden brauchen. »Aber nur, wenn wir eine Tasse von deinem legendären Kaffee kriegen!«
»Er wartet schon auf euch.«
Keine drei Minuten später saßen Milo und ich in der Besprechungsecke von Mr. McKees Büro, vor jedem von uns eine Tasse Kaffee.
Keine versteht ihn so herrlich aromatisch zuzubereiten wie Mandy.
Aber die sorgenvolle Miene des Special Agent in Charge verhieß nichts Gutes.
»Ich muß Sie beide von dem Redmond-Fall abziehen«, sagte Mr. McKee und kam damit gleich zur Sache.
Ich beugte mich auf dem schwarzen Ledersofa gespannt vor und hob fragend die Augenbrauen.
»Ich habe im Moment zu wenige Agenten«, erklärte Mr. McKee, »und die Redmond-Gang ist kaltgestellt. Die Verhöre kann auch Malcolm Baker oder einer der anderen Innendienstler durchführen. Sie beide brauche ich für eine Personenschutz-Aufgabe. Sagt Ihnen der Name Theodore Palmer etwas?«
Milo, der eifrige Zeitungsleser, nickte. »Ein Multimillionär. Hat sein Vermögen an der Wall Street gemacht. Ein Finanz-Spekulant mit goldenem Händchen. Sozusagen ein zweiter Donald Trump!«
In Mr. McKees Gesicht zeigte sich ein feines Lächeln. »Sie haben im Prinzip recht, Milo. Bis auf eine Kleinigkeit. Palmers goldenes Händchen ist verrostet. Er ist seit einigen Wochen arm wie eine Kirchenmaus.«
»Traurig für ihn«, sagte ich. »Aber was hat das mit dem FBI zu tun?«
»Indirekt sehr viel, Jesse. Palmers Armut hat sich noch nicht herumgesprochen. Manche Leute halten ihn immer noch für einen der reichsten Männer von New York. Mr. Palmer wird seit einigen Tagen erpreßt. Ein Mann droht damit, seine Tochter zu entführen, wenn er nicht zwei Millionen Dollar zahlt.«
»Zwei Millionen, die er nicht mehr hat«, vergewisserte sich Milo.
Mr. McKee nickte ernst.
Ich legte die Stirn in Falten. »Das ist ungewöhnlich, Sir. Normalerweise entführen die Mistkerle erst ein Opfer und kommen dann mit ihrer Lösegeldf orderung rüber.«
Mr. McKee nickte erneut, dann öffnete er einen Schnellhefter, der vor ihm auf der Tischplatte lag. »Normalerweise schon. Aber dieser Verbrecher fällt aus dem Rahmen. Das wird Ihnen klar werden, wenn ich seinen Namen nenne.«
»Seinen Namen kennen wir auch schon?«
»So ist es, Milo. Er hat ihn nicht verschweigen. Es handelt sich um keinen anderen als Boris Andric!«
Milo und ich tauschten einen vielsagenden Blick. Mein Freund war stumm geworden, doch seine Miene drückte plötzlich tiefe Abscheu und Wut aus.
Boris Andric.
Der Schlächter von Srebrenica!
***
Eine Minute lang herrschte Schweigen in Mr. McKees Büro. Mein Blick wanderte hin und her zwischen den Gesichtern des Chefs und meines Freundes, hinüber zum Sternenbanner in der Ecke und schließlich zu der Mappe, die Mr. McKee aufgeschlagen vor sich liegen hatte.
Ich hatte das Gefühl, einen Ziegelstein im Hals stecken zu haben.
»Sir, Sie sprechen von diesem Boris Andric, der…«
Mr. McKee nickte. Er legte die Fingerspitzen seiner schmalen Künstlerhände gegeneinander. »Ja, Jesse. Erwar im Bosnienkrieg in einer serbischen Spezialeinheit. Bei dem Massaker von Srebrenica hat er eigenhändig mehrere Hundert Moslems getötet. Unbewaffnete Zivilisten. Aus der Armee geflogen ist er erst, als er sich auch an seinen eigenen Kameraden vergriff.«
Ich spürte, wie sehr sich Mr. McKee sorgte, daß wir es mit einem solchen Gegner zu tun .hatten.
»Andric sattelte um und wurde einer der übelsten Gangster von Jugoslawien«, erläuterte Mr. McKee. »Wochenlang überzog er Belgrad mit seinem Terror. Er war beinahe schon so eine Art serbischer Al Capone. Endlich wurde es den Behörden zu bunt. Sie vergaßen seine blutigen Verdienste im Bosnienkrieg und wollten ihn kaltstellen. Aber Andric konnte entkommen. Nach Amerika.«
»Soll das heißen, wir haben es mit einer YACS-Crime-Group unter Führung von Andric zu tun?« fragte Milo mit knurrendem Unterton.
Mr. McKee nickte. »Es spricht alles dafür, Milo.«
YACS-Crime-Groups werden im FBI-Jargon die Gangs aus dem ehemaligen Jugoslawien genannt. Dabei steht die Abkürzung YACS für Yugoslawian Albanian Croatian Serbian. Oftmals Männer, die im Krieg das Töten gelernt haben. Und die nun nicht mehr damit aufhören wollen oder können. Diese Gangs machten uns seit einigen Jahren auch in den USA schwer zu schaffen.