Krimi Doppelband 159 - Zwei spannende Thriller in einem Band - Franklin Donovan - E-Book

Krimi Doppelband 159 - Zwei spannende Thriller in einem Band E-Book

Franklin Donovan

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis von Franklin Donovan: Trevellian wird in Spanish Harlem sterben Trevellian und der Cop mit der Schlange Die Beretta Kaliber 22 zitterte in Malcolm Hastings' Hand. Er hatte die Waffe auf den fast nackten Körper von Jane Chapman gerichtet. Die Schönheit mit der wallenden blonden Haarmähne rekelte sich wollüstig auf dem französischen Bett. Mit ihrer Zungenspitze befeuchtete sie ihre vollen roten Lippen. Daß Hastings mit der italienischen Pistole auf ihr Herz zielte, machte der abgebrühten Verbrecherin nichts aus. Im Gegenteil. Sie spielte mit ihm. Zeigte ihm deutlich, daß sie keine Angst vor ihm hatte. Auch nicht vor seiner geladenen Knarre…

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Franklin Donovan

Krimi Doppelband 159 - Zwei spannende Thriller in einem Band

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 159 - Zwei spannende Thriller in einem Band

Copyright

​Trevellian wird in Spanish Harlem sterben: Action Krimi

​Trevellian und der Cop mit der Schlange: Action Krimi

Krimi Doppelband 159 - Zwei spannende Thriller in einem Band

Franklin Donovan

Dieser Band enthält folgende Krimis

von Franklin Donovan:

Trevellian wird in Spanish Harlem sterben

Trevellian und der Cop mit der Schlange

Die Beretta Kaliber 22 zitterte in Malcolm Hastings’ Hand. Er hatte die Waffe auf den fast nackten Körper von Jane Chapman gerichtet. Die Schönheit mit der wallenden blonden Haarmähne rekelte sich wollüstig auf dem französischen Bett.

Mit ihrer Zungenspitze befeuchtete sie ihre vollen roten Lippen.
Daß Hastings mit der italienischen Pistole auf ihr Herz zielte, machte der abgebrühten Verbrecherin nichts aus. Im Gegenteil. Sie spielte mit ihm. Zeigte ihm deutlich, daß sie keine Angst vor ihm hatte.
Auch nicht vor seiner geladenen Knarre…

Copyright

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​Trevellian wird in Spanish Harlem sterben: Action Krimi

Franklin Donovan

»Schöner Laden«, sagte Berto Sanchez zu seinen drei Kumpanen. Die Schläger grinsten zynisch. Berto packte den Baseballschläger fester. Dann stieß er die Tür des kleinen Geschäfts in Spanish Harlem auf.
Caribbean Dreams war wirklich ein schöner Laden, die Wände drinnen in hellem Gelb gestrichen, mit Halogenlampen indirekt ausgeleuchtet, und der Holzfußboden wurde jeden Tag blitzsauber geschrubbt. Im Schaufenster und auf den Regalen lockten Kunsthandwerk, Schmuck und handgewebte Stoffe aus der Karibik. Ein Stück Urlaubslaune für New Yorker Wohnzimmer.
Julia Estrada trat aus dem Hinterzimmer, als sie die Ladenglocke hörte. Und schreckte sofort zurück. Sie kannte weder Berto Sanchez noch seine drei Freunde, aber sie hatte von dem Quartett gehört.
Hier in Spanish Harlem wurden sie nur die Todesschwadron genannt!
***
»Was wollt ihr?« schnauzte Julia Estrada, obwohl ihr die Knie zitterten. Die junge Frau hatte sich bisher nicht einschüchtern lassen. Trotz des Backsteins, der vergangene Woche durch ihr Schaufenster geflogen war. Trotz der toten Ratte, die sie auf der Türschwelle ihres Apartments gefunden hatte. Und trotz der »letzten Warnung«, die gestern mit einem Messer an ihre Ladentür geheftet worden war.
›Caribbean Dreams‹ war ihr Laden. Sie war seit kurzem ihr eigener Boß. Weil sie sich nicht weiterhin als Angestellte hatte schikanieren lassen wollen, hatte sie all ihre Ersparnisse geopfert und auch einen hohen Kredit aufgenommen. Da blieb einfach kein Geld übrig für Berto Sanchez und seine menschlichen Kanalrätten.
Mißbilligend schüttelte der Anführer der Todesschwadron den Kopf und sagte in tadelndem Tonfall: »Ist das eine Art, seine Kunden zu begrüßen, chica?«
Breitbeinig stand Berto Sanchez vor der Ladentheke. In der rechten Hand hielt er immer noch den Baseballschläger. Langsam und rhythmisch klopfte er mit dem keulenartigen Schlaginstrument auf den Tresen. Er hatte den Holzprügel bestimmt nicht bei sich, weil er Baseball spielen wollte.
Angewidert musterte Julia Estrada sein breitflächiges Gesicht. Die weit auseinanderstehenden Augen unter den schmierigen Locken. Er trug hautenge Jeans und eine hautenge Lederjacke im Boleroschnitt.
»Ihr seid keine Kunden«, sagte die Latina, »sondern Abschaum. Und Abschaum bediene ich nicht. Und jetzt raus!«
Ihre rechte Hand wies mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Tür hinter ihm, und sie brachte es tatsächlich fertig, daß ihre Hand nicht zitterte.
Sie war bereits zu weit gegangen. Sie konnte nicht mehr zurück. Sie hätte schon bei der ersten Drohung zahlen sollen. Aber das hatte sie nicht getan. Nun mußte sie mit den Folgen fertigwerden.
»Schon gut!« Abwehrend hob Berto Sanchez seine freie linke Hand. »Wir gehen ja schon! Stimmt’s, muchachos?«
Seine Kumpel grinsten. Sie liebten es, wenn ihr Boß mit seinen Opfern spielte, sie in trügerischer Sicherheit wog.
Das Grinsen des Oberschlägers wurde noch breiter. »Du willst keine zweite Miete zahlen - okay, das hier ist ein freies Land. Wir können niemanden zu seinem Glück zwingen…«
Er drehte Julia Estrada den Rücken zu. Tat so, als wollte er gehen.
Doch plötzlich rammte er den Baseballschläger vor.
Das Holz traf auf eine große Terrakotta-Vase, die mit 299 Dollar ausgepreist war. Mit einem lauten Krachen ging sie in tausend Scherben.
Die Ladeninhaberin schluckte. Für einen Moment hatte sie wirklich geglaubt, daß die Todesschwadron abziehen würde. Wie hatte sie nur so naiv sein können?
»Leche!« höhnte Berto Sanchez. »Wie ungeschickt von mir! Das tut mir aber leid…«
»Ich habe auch zwei linke Hände!« geierte einer der anderen Latinos. Er trug ein ärmelloses Lakers-Shirt. Mit seinem rechten muskulösen Arm fegte er ein ganzes Regal leer. Figuren und Teller knallten dutzendweise auf den Boden und gingen dort zu Bruch.
»Jetzt reicht’s!« Plötzlich hatte Julia Estrada einen Revolver in der Hand. Einen uralten Colt Government. Sie hatte ihn von ihrem Vater geerbt. Hier in Spanish Harlem war es wichtig, sich verteidigen zu können. Deshalb lag er stets in der Schublade neben der Kassette mit den Tageseinnahmen.
Für einen Moment mußte die Ladeninhaberin an ihre Schulfreundin Annie Franceso denken. Seit Jahren hatten sich die beiden Frauen nicht mehr gesehen. Julia hatte nur gehört, daß Annie Jura studiert hatte und danach zum FBI gegangen sein sollte. Für ein Girl aus Spanish Harlem ein unglaublicher Aufstieg.
Was wohl aus ihr geworden war?
Annie, dachte Julia Estrada, ob du mir jetzt wohl helfen könntest?
Aber der Ladenbesitzerin konnte niemand mehr helfen. Schnell und gründlich fuhr die Todesschwadron mit ihrem gemeinen Zerstörungswerk fort. Alle vier Schläger verwandelten nun ›Caribbean Dreams‹ in kürzester Zeit in ein Schlachtfeld.
In ohnmächtigem Zorn schwenkte Julia Estrada ihren Colt Government von einem der Männer zum nächsten.
Zögerte eine Sekunde zu lange, bevor sie den Stecher durchzog.
Die junge Frau sah nicht, welcher von den Eindringlingen auf sie feuerte. Aber sie spürte urplötzlich den fiebrig-heißen Schmerz an ihrer Hüfte. Es war, als würde ihr jemand einen rotglühenden Schürhaken in das Fleisch bohren. Das Echo der Pistolenschüsse hallte noch lange in ihrem Kopf.
Julia Estrada hörte noch die spöttische Bemerkung von einem der Verbrecher.
»Die tonta steht nicht mehr auf…«
Dann wurde es Nacht um sie.
***
»Mr. McKee«, sagte Garson D. Bartlett, »Sie sollten mich nicht für einen Idioten halten.«
Der Leiter des FBI Field Office New York holte tief Luft, bevor er eine Antwort gab. Selten kam es vor, daß er sich in seinem eigenen Büro an der Federal Plaza in Manhattan wie ein ungebetener Gast vorkam. Hier, wo er seit vielen Jahren als Special Agent in Charge die Frauen und Männer unter seinem Befehl in den oft tödlichen Kampf gegen das Verbrechen führte.
Aber Garson D. Bartlett schaffte es für einen Moment, daß sich Jonathan D. McKee abgekanzelt fühlte wie ein Schuljunge.
Zum Glück dauerte dieser Augenblick nicht lange. Der SAC faltete seine schmalen Künstlerhände auf der Platte des penibel aufgeräumten Schreibtisches . Er wurde niemals laut. Trotz des leicht herablassenden Tons von Bartlett wahrte Mr. McKee auch diesmal seine natürliche Würde.
»Mr. Bartlett«, sagte Mr. McKee und blickte in das unbewegte Pokergesicht seines Gegenübers, »ich weiß, daß Sie kein Idiot sind. Sie wurden von der Abteilung für Internal Affairs des Hauptquartiers eingesetzt, um die Untersuchungen gegen meine Agentin Annie Franceso zu leiten. Wegen unangemessener Gewaltanwendung im Dienst und Mißhandlung einer Verdächtigen.«
»So ist es.« Garson D. Bartlett war ein Bild von einem G-man. Sein Anzug saß untadelig. Die Brille mit Goldrand war das einzig Auffällige in seinem mageren, glattrasierten Gesicht. Bis auf die tiefen Falten um den Mund herum, die auf ein Magengeschwür schließen ließen. »Ich leite einen Untersuchungsausschuß, Mr. McKee. Für heute morgen um acht waren die ersten Anhörungen vorgesehen, und Ihre angeblich so pflichtbewußte Agentin Annie Franceso hätte sich selbst zu den schwerwiegenden Vorwürfen gegen sie äußern können. Hätte. Aber Special Agent Franceso hat es bis jetzt nicht für nötig befunden, hier zu erscheinen.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf seine große flache Armbanduhr. Es war halb zehn.
Mr. McKee seufzte innerlich. Nach der brutalen Ermordung ihres Freundes Louis Fernando hatte Annie Franceso die Nerven verloren und war in Puerto Rico abgetaucht. Dort, in der Heimat ihrer nach New York ausgewanderten Eltern, hatte sie ihren Schmerz über Fernandos Tod vergessen wollen. Aber Jesse Trevellian und Milo Tucker waren ihr nachgereist, und die beiden besten G-men seines Field Office hatten es geschafft, ihre Kollegin rechtzeitig zur ersten Tagung des Untersuchungsausschusses wieder nach New York zu bringen. Vorher hatte Annie sogar noch tatkräftig mitgeholfen, eine Menschenhändlerbande zu zerschlagen. Deshalb hatten alle ihre Kollegen gehofft, sie hätte sich wieder gefangen.[1]
War das ein Irrtum gewesen?
Mr. McKee holte erneut tief Luft. »Mr. Bartlett. Ich versichere Ihnen…«
Der Mann aus W ashington stand auf. Er war klein, hielt sich aber sehr gerade. »Sie müssen mir nichts versichern, Sir. Ich kenne alle Tricks, glauben Sie mir. Auch wenn Sie SAC sind und ich nur Inspector - ich spiele mein Spiel, auch wenn ich persönlich es hasse. Denn ich bin in diesem Spiel immer das Arschloch. Mit Verlaub, Sir. Für die Kollegen bin ich ein Schwein, weil ich einen von ihnen auseinandernehme. Aber wenn der angeklagte G-man mit einem blauen Auge davonkommt, dann gerbt mir die Presse wegen Kameraderie das Fell. Ich kann nur verlieren.«
Er wandte sich zur Tür, doch kurz bevor er sie erreichte, drehte er sich noch einmal um. »Verzeihen Sie diese persönliche Bemerkung, Mr. McKee. Zurück zum Fall. Wenn sich Special Agent Franceso nicht bis um zehn Uhr vor den Untersuchungsausschuß bequemt, dann wird sie noch den Tag verfluchen, an dem sie sich beim FBI beworben hat!«
Garson D. Bartlett knallte die Tür nicht hinter sich zu. Das war nicht seine Art.
Mr. McKee wartete noch zwei Minuten. Dann drückte er auf den Knopf der Gegensprechanlage. Seine Sekretärin Mandy meldete sich sofort.
»Versuchen Sie bitte, in Annie Francesos Wohnung anzurufen. Sie soll auf der Stelle hier erscheinen!«
***
Annie Franceso fror.
Das war auch kein Wunder. Denn sie war nackt. Bis auf den festen Strick, mit dem man ihr die Hände auf dem Rücken gebunden hatte. Und bis auf die schwarze Augenbinde.
Ihre durchtrainierten Arme rissen an der Fessel. Aber in diesem Moment schien sogar das jahrelange Kung-Fu-Training umsonst gewesen zu sein. Ihre Lage war aussichtslos. Selbst wenn sie sich losreißen konnte - die zehn Männer des Erschießungskommandos hatten ihre Pumpguns auf sie gerichtet.
Ein eiskalter Windstoß fuhr durch ihr schulterlanges Haar. Tabakgeruch stieg ihr in die Nase. Der Offizier rauchte noch eine Zigarette, bevor er den entscheidenden Befehl gab. Mit jedem Lungenzug tickte ihr Leben ein wenig länger weg…
Nun trat der Absatz seines Stiefels die Kippe aus. Sie hörte, wie er seinen Degen aus der Scheide zog.
»Legt an!«
Annie Franceso biß sich auf die Lippen. Sie wollte dem Exekutionskommando nicht den Triumph gönnen, sie weinen zu sehen. Außerdem war sie in ihrem Innersten auch etwas froh. Nun bin ich bald bei dir, mein geliebter Louis, dachte sie. Und dann sind wir für immer vereint…
»Gebt - Feuer!«
Die zehn großkalibrigen Pumpguns krachten gleichzeitig los.
In diesem Moment wachte die FBI-Agentin schreiend auf.
Nackt wie in ihrem Alptraum lag sie im Bett. In ihrem kleinen New Yorker Apartment. Aber ihr war nicht kalt, sondern ihre Haut war schweißverklebt. Grimmig preßte Annie Franceso die Lippen aufeinander. Sie brauchte keinen Seelenklempner, um die Bilder aus ihrem Unterbewußtsein zu deuten.
An diesem Morgen würde sie vor einem FBI-internen Untersuchungsausschuß erscheinen müssen. Wegen des Disziplinarverfahrens, das ihr drohte. Aufgrund von angeblicher Mißhandlung dieses Yakuza-Girls Jane Chapman.
Wie spät ist es eigentlich? dachte die Latina und schielte zum Wecker. Im nächsten Moment ging sie fast senkrecht in die Luft.
Es war halb zehn! Und die Kommission aus Washington erwartete sie um acht!
»Warum muß das Scheißding ausgerechnet heute nicht funktionieren?« brüllte Annie, während sie bereits in Richtung Bad rannte. Sie wünschte sich den Hersteller des Weckers vor dasselbe Erschießungskommando, vor dem sie in ihrem Traum gestanden hatte. Mehr als zwei Minuten gab sie sich nicht fürs Duschen und zum Anziehen. Slip, BH, Strumpfhose, ihr bravstes Kostüm mit knielangem Rock, schwarze Lackpumps.
Was können die mir schon anhaben? dachte Annie Franceso in einem Anfall von Aufmüpfigkeit. Schlimmstenfalls schmeißt mich das FBI eben raus. Ich wollte doch sowieso schon freiwillig gehen…
Gleichzeitig wurde ihr klar, daß das Unsinn war. Sie war ja nach Puerto Rico gegangen, weil sie einen Schlußstrich ziehen wollte. Es hatte nicht funktioniert. Sie konnte vor ihren Problemen nicht davonlaufen. Sie würde sich den Anforderungen des Lebens stellen müssen.
Annie Franceso warf die Tür ihres Apartments hinter sich ins Schloß. Als der Anruf von Mandy kam, war sie schon unterwegs zur Federal Plaza…
***
»Wenn Frauen erst mal anfangen, sich zu stylen«, witzelte Milo. Aber mein Freund und Kollege sah nicht so aus, als ob er seinen eigenen Spruch besonders komisch fand. Und er erwartete wohl auch nicht, daß ich darüber lachte.
Wir saßen einander gegenüber in einem Aufenthaltsraum an der Federal Plaza.
Das Besprechungszimmer nebenan war zum provisorischen Tagungsraum des Untersuchungsausschusses erkoren worden. Dort saßen die drei Kollegen von der Abteilung Internal Affairs aus Washington. Sie sollten über die weitere Karriere Annie Francesos beim FBI entscheiden. Um acht Uhr hatte sie in eigener Sache aussagen sollen. Inzwischen war es halb neun.
»Wir hätten sie heute morgen abholen sollen«, brummte ich. »Damit sie nicht noch mal einen Rückzieher machen kann…«
»Hätten wir«, pflichtete der blonde G-man mir bei. »Haben wir aber nicht.«
Im nächsten Augenblick verstummte er, als hätte er sich die Zunge abgebissen. Die Tür zum Tagungsraum wurde von innen geöffnet.
Garson D. Bartlett erschien. Milo nannte ihn nur »den Großinquisitor«. Das fand ich nicht ganz fair. Mir war Bartlett auch nicht sympathisch, aber es gehörte eben auch nicht zu seinem Job, beliebt zu sein. Er hatte die undankbare Aufgabe, die faulen Stellen aus dem großen Apfel FBI herauszuschneiden. Es gab zum Glück nicht viele solcher faulen Stellen. Aber es gab sie. Ich beneidete ihn jedenfalls nicht um seine Aufgabe.
»Special Agent Franceso hat offensichtlichwichtigeres vor«, sagte er mit eiskaltem Spott. »Vielleicht einen Einkaufsbummel auf der Fifth Avenue. Bis sie hier erscheint, möchte ich die Zeit nutzen. Special Agent Trevellian, kommen Sie bitte.«
»Sie tun ihr unrecht!« rief Milo empört. »Sie hat Schweres durchgemacht! Sie…«
»Ihre Aussage wird danach ebenfalls auf genommen, Agent Tucker!« erwiderte Bartlett, ohne die Stimme zu heben.
Mein Freund murmelte etwas Unverständliches. Eine Freundlichkeit war es bestimmt nicht.
Ich verkniff mir jede Bemerkung, während ich dem Mann aus Washington in den Besprechungsraum folgte. Es war nicht klug, ihn noch mehr gegen Annie aufzubringen. Andererseits konnte ich Milos Reaktion verstehen. Wir saßen hier herum, während ein Fall gelöst werden mußte.
Drei Bluttaten in Spanish Harlem. Alle drei trugen die Handschrift von Schutzgelderpressern. Daher hatte das Police Department den Fall an das FBI übergeben.
Eines der Opfer hatte überlebt. Aber es schwieg. Und Zeugen gab es sowieso keine. Milo und ich drehten uns im Kreis, während die gewissenlosen Verbrecher weiter ihrem schmutzigen Handwerk nachgehen konnten.
Die Stimme von Garson D. Bartlett riß mich aus meinen Gedanken.
»Special Agent Trevellian, Sie waren Zeuge der Handlungen von Special Agent Franceso, wegen derer diese Kommission zusammengerufen wurde. Ich muß Sie nicht an Ihren Diensteid erinnern. Schildern Sie uns mit Ihren eigenen Worten, was geschehen ist.«
Ich sah dem Inspector in die Augen. Vor ihm auf dem Tisch lag eine dicke Akte. Ich hatte keine Ahnung, was sie enthielt. Informationen über Annie Franceso? Oder über mich?
Links und rechts von ihm saßen zwei weitere Kollegen aus Washington. Ebenfalls von Internal Affairs. Aber sie waren rangniedriger als Bartlett.
Special Agent Anjelica Deila Sera. Eine etwa vierzigjährige Frau, die so unnahbar wirkte wie eine alte Jungfer.
Und Special Agent Bruce Palmer. Kräftig gebaut, mit kantig hervorspringendem Kinn. Ich kannte ihn von einem Lehrgang auf der FBI-Akademie in Quantico. Er war ständig unzufrieden darüber, daß er nur im Innendienst eingesetzt wurde.
Die kritischen Blicke der drei schienen mich zu durchbohren, als ich meinen Bericht begann. Ich gab eine Zusammenfassung des Falls, der uns auf die Spur der japanischen Mafia, der Yakuza, gebracht hatte. Dabei beschrieb ich auch die Rolle von Jane Chapman, dem teuflisch-schönen Lockvogel der Gangster aus Fernost. [2]
Bartlett nickte ungeduldig. »Entschuldigen Sie, Agent Trevellian. Aber ich kann selber lesen. Die Vorgeschichte ist uns aus den Akten bekannt. Wir halten hier ja keine Märchenstunde ab. Kommen wir zu dem bewußten Freitag. Zu den Ereignissen im Hotelzimmer von Senator Andrew Warren.«
Ich biß die Zähne zusammen. Der Inspector aus Washington machte es einem wirklich schwer, ihn zu mögen. »Der Karatekiller Nagai und Jane Chapman hatten die Dokumente des Senators an sich gebracht, Sir. Da griffen Agent Tucker, Agent Franceso, Detective Sergeant Fernando von der City Police und ich ein. Wir stellten die Verbrecher…«
»Sie waren eindeutig in der Übermacht !« bemerkte Bruce Palmer. Man hörte seiner Stimme an, daß er selbst gerne mal an einem solchen Einsatz teilgenommen hätte.
»Ja. Aber dann fiel uns Bob Duffy in den Rücken.«
»Wer ist das?« fragte Palmer.
Bartlett warf ihm einen wütenden Blick zu. Diese Frage paßte nicht zum Alleswisser-Image, das sich die Jungs von Internal Affairs gerne gaben.
»Ein Cop, der mit dieser Jane Chapman zusammen war!« stauchte er seinen Untergebenen zusammen. »Er wollte die Verhaftung seiner Freundin verhindern!«
»Er hat Louis Fernando erschossen!« sagte ich. »Agent Franceso hat Louis Fernando geliebt!«
»Das spielt in diesem Disziplinarverfahren keine Rolle!« grollte der Inspector aus Washington. »Wir wollen nur von Ihnen hören, was Agent Franceso getan hat.«
Ich biß die Lippen aufeinander. Es widerstrebte mir, zu Annies Gunsten zu lügen. Ich war schließlich an meinen Diensteid gebunden.
»Wir warten, Special Agent Trevellian.«
Ich holte tief Luft. »Der Yakuza-Killer hatte Agent Tucker, Agent Franceso und mich gezwungen, unsere Dienstwaffen abzulegen. Er und Jane Chapman traten gemeinsam den Rückzug an. Sie hatten den Senator als Geisel genommen. Dabei stieß die Chapman gegen den toten Körper von Louis Fernando, und daraufhin streckte Agent Franceso sie mit einem Kung-Fu-Tritt nieder.«
»Interessant.« Garson D. Bartlett beugte sich vor. »Und dann?«
»Agent Tucker und ich setzten den Karate-Killer außer Gefecht. Er war sobrutal,daß wir ihn zu zweit kaum…«
»Ich versichere Ihnen mein Mitgefühl«, höhnte der Inspector. »Aber was tat Special Agent Franceso?«
»Sie… sie setzte Jane Chapman nach, Sir.«
»Sie setzte ihr nach? Wie tat sie das?«
»Nun, sie hielt die am Boden Liegende fest. Und sie schlug sie.«
»Oft?« Bartlett war in seinem Element. Langsam verstand ich, warum Milo ihn als Groß-Inquisitor bezeichnet hatte.
»Mehrmals«, antwortete ich. Mir war gar nicht wohl in meiner Haut.
Nun erhob sich Bartlett von seinem Stuhl. Die Akte vor ihm knallte zu. Es klang, als ob ein Fallbeil herabgesaust war. »Sie hat so lange auf die bereits ohnmächtige Jane Chapman eingeprügelt, bis Sie, Agent Trevellian, und Ihr Kollege Tucker sie von ihrem Opfer weggezogen haben. War es nicht so?«
, »Sie müssen die Umstände bedenken, Sir…«
»War es nicht so?« Bartlett hob seine Stimme.
»Ja, so war es!« platzte ich heraus. »Aber jeder von uns hätte in der Situation…«
»Das wäre alles für den Moment, Special Agent Trevellian. Vielen Dank.«
»Moment mal! Sie können doch nicht…!«
»Vielen Dank.«
Der Inspector setzte sich wieder und zog einen schweren Füllfederhalter aus seinem Jackett. Er begann zu schreiben. Wie ein Schlafwandler verließ ich das Besprechungszimmer. Machte die Tür von außen zu.
Milo sprang auf, als er mich erblickte. »Du siehst furchtbar aus, Junge! Was ist passiert?«
»Ich fürchte, daß ich gerade den Strick um Annies Hals gelegt habe, Alter. Ohne es zu wollen.«
***
»Du spinnst doch, Paco!« quäkte Miguel. »Nie und nimmer ist das ein Rattennest!«
»Du traust dich ja bloß nicht!« Der Achtjährige grinste seinen gleichaltrigen Freund an. Dabei wurde die Lücke sichtbar, wo sein Schneidezahn fehlte.
Die beiden Kumpel liefen durch eine schmale Gasse zwischen zwei älteren Brownstone-Häusern. Beide Häuser waren noch bewohnt. Das war hier in Spanish Harlem nicht selbstverständlich. Trotz der bekannten Wohnungsnot in Manhattan gab es hier in Spanish Harlem jede Menge leerer Häuser. Und auch viele ausgebrannte Ruinen. Mehr als irgendwo sonst in New York. Außer in der South Bronx vielleicht.
Die beiden Jungs waren in diesem Ghetto aufgewachsen. Sie lebten hier unter zweihunderttausend anderen Latinos, von denen sehr viele arbeitslos waren.
Aber Paco und Miguel waren noch zu jung, um sich darüber Gedanken zu machen. Sie hatten ein gemeinsames Hobby.
Möglichst gruselige Tiere beobachten.
Und davon gab es in dieser Gegend genug. Ausgewachsene Ratten entdeckten sie fast jeden Tag. Miguel hatte schon mal behauptet, einen richtigen Alligator gesehen zu haben. Angeblich hielten sich die Reichen solche Reptilien als Schoßtiere. Und wenn sie zu groß geworden waren, spülten sie die Tierchen in der Toilette runter. Auch Paco kannte solche Stories. Aus dem Fernsehen. Aber genau deshalb glaubte er eben nicht, daß sein Kumpel den Alligator wirklich gesehen hatte.
Aber das Rattennest gab es. Er, Paco, würde es Miguel gleich beweisen.
Flink sprang der Achtjährige auf einen Stapel Plastikbehälter, die vor sich hinrotteten. Die Jungs befanden sich nun an der Einmündung zwischen einem Hof und einem aufgegebenen Warenlager. Der Maschendrahtzaun war so löcherig wie die Strumpfhose einer Hure vom ›La Marqueta‹, dem großen Freiluftmarkt von Spanish Harlem.
»Das sind mindestens dreißig oder vierzig gerade geborene Ratten!« rief Paco seinem Freund begeistert zu, der hinter ihm herkeuchte. Miguel war nicht ganz so sportlich wie er.
Miguel wischte sich die Hände an seinem Freddy-Krueger-T-Shirt ab. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
Da zerriß ein entsetzlicher Schrei die Stille um sie herum.
Paco hätte sich nach rechts wenden müssen, um -zu den nackten und blinden Jungratten zu kommen. Aber nun sprang er auf der linken Seite von den Plastiktonnen hinab und huschte dann geduckt zwischen ein paar verrosteten Maschinenteilen hindurch, getrieben von der Abenteuerlust und der Neugierde.
Dem ersten Schrei folgte ein zweiter, der in einem Wimmern endete.
Paco hörte den stoßweisen Atem von Miguel dicht hinter ihm. Die beiden kleinen Latinos krochen durch das Gewirr von Metallteilen und Unrat. Und dann sahen sie, wer geschrien hatte.
Ein ungefähr vierzigjähriger Mann lag auf der Motorhaube eines ausgeschlachteten Autowracks. Zwei grinsende Typen hielten seine Arme fest, ein dritter seine Beine. Die Füße waren nackt. Ein vierter Mann stand breitbeinig und grinsend vor dem Autowrack und zog genußvoll an seiner Zigarette.
»Kennst du den?« wisperte Miguel.
»Na klar«, flüsterte Paco zurück. »Das ist doch Berto Sanchez.«
Der Anführer der Todesschwadron genoß in Spanish Harlem traurige Berühmtheit. Jedes Kind wußte, daß man sich mit ihm besser nicht anlegte. Sonst passierte einem womöglich dasselbe wie diesem Mann dort auf der Kühlerhaube.
Als Sanchez’ Zigarette wieder aufglimmte, hielt er die Glut an eine der nackten Fußsohlen seines Opfers.
Der Vierzigjährige brüllte wie am Spieß. Nach den vielen Brandwunden zu urteilen, hatte seine Haut schon mehrfach Bekanntschaft mit der Zigarette des brutalen Schlägers gemacht.
»Deine Füße stinken!« Mit gespieltem Ekel wandte sich Berto Sanchez ab, nahm ein paar tiefe Lungenzüge. »Das ist übel, Eduardo. Noch übler ist aber, daß dein Onkel immer noch nicht gezahlt hat. Nimm es nicht persönlich, muchacho. Aber wir dürfen hier keine Ausnahmen machen. Ich bin ja selbst nur ein kleiner Befehlsempfänger.«
Zynisch zuckte er mit den Schultern. Und machte weiter mit seiner feigen Marterung.
Endlich trat er die Zigarette aus, dann stemmte er sich mit beiden Händen auf seine Oberschenkel und beugte sich über sein Opfer. »Also noch mal zum Mitschreiben, Eduardo. Morgen kommen wir bei deinem Onkel abkassieren. Du solltest ihn überreden, diesmal zu bezahlen. Die Geduld von Don Alfonso ist am Ende. Wenn ihr diesmal nicht…«
Ein Klappern unterbrach ihn.
»Scheiße!« brüllte einer seiner Kumpane. »Da liegt einer auf der Lauer!«
Das scheppernde Geräusch vervielfachte sich. Wer immer gelauscht hatte, er schien sich nun aus dem Staub machen zu wollen.
»Greift ihn euch, ihr faulen Säcke!« blaffte Berto Sanchez. »Worauf wartet ihr noch?«
Zwei der Schläger aus seiner Gang kamen dem Befehl nach.
Das Opfer namens Eduardo rutschte stöhnend vor Schmerzen von der Kühlerhaube und blieb auf dem dreckigen Boden liegen.
Der Boß der Todesschwadron stieß ihm seine Stiefelspitze zwischen die Rippen. »Du kannst abhauen. Und du überredest deinen Onkel besser! Du weißt, was sonst mit euch und eurem Laden passiert!«
Berto Sanchez hörte laute Rufe auf Spanisch. Flüche. Dann zwei Schüsse.
Zehn Minuten später kehrten seine Kumpane zurück.
»Sie sind uns durch die Lappen gegangen«, knirschte einer von ihnen. Es war der mit dem Lakers-T-Shirt. »Zwei Kids, nicht älter als neun.«
»Ihr seid wirklich zu nichts zu gebrauchen!« brüllte Sanchez. »Noch nicht mal zwei Kleinkinder könnt ihr einfangen!«
»Die verdammten kleinen Ärsche waren einfach zu flink«, behauptete der andere Schlägertyp. »Sie haben uns glatt abgehängt. Ich habe versucht, ihnen eine Kugel zu verpassen, auch nix!«
Berto Sanchez schob drohend die Ärmel seiner knallroten Lederjacke hoch. Er trat vor, und es sah ganz so aus, als ob er seinen Männern eine Abreibung verpassen wollte.
»Aber wenigstens habe ich einen von ihnen erkannt«, sagte der mit dem Lakers-T-Shirt schnell. »Es war einer von den Franceso-Jungs!«
***
Als Annie Franceso keuchend vor dem Tagungszimmer des Untersuchungsausschusses eintraf, wartete dort ihre Dienstpartnerin Jennifer Clark auf sie.
»Annie!« rief Jennifer. Auch sie hatte sich für die Befragung in ihr bestes Kostüm geworfen. »Wo warst du nur? Es ist eine Minute vor zehn und…«
»Weiß ich«, keuchte die Latina. Sie klopfte kurz und trat dann ein. Bringen wir es hinter uns, sagte sie sich selbst.
»Special Agent Franceso!« Garson D. Bartlett erhob sich hinter seinem Tisch. »Welch eine Ehre, daß Sie ein paar Minuten Ihrer kostbaren Zeit für uns erübrigen können!«
»Es tut mir leid, Sir«, brachte Annie heiser hervor. »Ich habe keine Entschuldigung, die ich Vorbringen könnte.«
Daß ihr Wecker nicht funktioniert hatte, das klang zu sehr nach fauler Ausrede, auch wenn es tausendmal die Wahrheit war. Annie Franceso wollte auch keine Geschichte erfinden. Sie spürte instinktiv, daß sie diesem Mann aus Washington nichts vormachen konnte. Der Blick durch seine goldgefaßten Brillengläser schien geradewegs in die Tiefen ihrer Seele zu dringen. Und offenbar gefiel ihm überhaupt nicht, was er dort sah.
»Ihre Verspätung ist ein Kapitel für sich, Special Agent Franceso. Obwohl auch die ein gewisses Licht auf Ihre Dienstauffassung wirft. Aber dazu kommen wir später. Wir möchten nun noch einmal Ihre Version der Ereignisseim Hotelzimmer von Senator Andrew Warren hören…«
Die Folterqual begann. Immer wieder und wieder sah Annie Franceso vor ihrem geistigen Auge, wie die Kugel des verräterischen Cops Bob Duffy in den Körper ihres geliebten Louis Fernando schlug. Sah ihn fallen. Sah, wie Jane Chapman auf seinem Leichnam herumtrampelte.
Und Garson D. Bartlett schonte sie nicht. Ihn interessierte jedes kleinste Detail. Wer hatte wo gestanden? Wie groß war der Raum? Wie weit war Jane Chapman durch Annie Francesos Tritt geschleudert worden?
»Was war das überhaupt für ein Tritt?« Special Agent Bruce Palmer beugte sich interessiert vor.
»Der schattenlose Kick, Sir«, antwortete Annie. Es kostete sie übermenschliche Anstrengung, nicht in Tränen auszubrechen. Diesen Triumph wollte sie Battlett nicht gönnen. »Es ist eine Kung-Fu-Technik. Der Fuß wird so schnell nach vorne gestoßen, daß der Gegner ihn nicht kommen sieht.«
»Wie schön!« höhnte der Inspector aus Washington. »Wir schätzen es sehr, wenn sich unsere Special Agents für Kampfsport begeistern. Aber haben Sie schon mal erwogen, daß Sie als Stuntgirl in Hollywood vielleicht besser aufgehoben wären, Agent Franceso?« Er betonte das Wort »Agent«, als hielte er es für eine Unverschämtheit, daß sich die Latina so nennen durfte. Und vielleicht tat er das auch.
»Beim Film würde ich jedenfalls besser verdienen als beim FBI«, gab Annie trocken zurück. Ihr platzte bald der Kragen. Sie wollte nicht mehr die Unterwürfige vor Garson D. Bartlett spielen und sich abkanzeln lassen wie ein dummes Schulmädchen.
Die Agentin trat einen großen Schritt vor und maß den Ermittler aus Washington mit einem spöttischen, abschätzigen Blick. »Bei allem Respekt, Sir. Erstklassige körperliche Fitneß ist eine Selbstverständlichkeit für FBI-Leute. Oder sollte es zumindest sein. Das gilt für alle Abteilungen…« Sie dehnte die beiden letzten Wörter so, wie Bartlett es zuvor mit dem Begriff »Agent« getan hatte.