Eigentlich wollte ich mich selbst entfalten - Mimi Fiedler - E-Book
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Eigentlich wollte ich mich selbst entfalten E-Book

Mimi Fiedler

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Beschreibung

Mimi Fiedlers "Eigentlich wollte ich mich selbst entfalten", das sind Lach- und Trostgeschichten für die Frau ab 40. Ein unterhaltsames Buch auf der Spur der Schwerkraft, das zeigt, was besser wirkt als jede Anti-Faltencreme: Humor und Selbstliebe. Es war ein stinknormaler Montagmorgen, an dem Mimi Fiedler aus der Dusche trat und ihre kleine Tochter sagte: "Mama, du hast ein Loch im Po." Nein, es ging nicht um das eine. Die Tochter meinte eine fiese, große Delle – Orangenhaut. Charmant und voller Selbstironie schreibt die beliebte Schauspielerin Mimi Fiedler über Erscheinungen, die ihren Körper seit dem 40. Geburtstag heimsuchen. Von Altersflecken, Hühnerhalsrunzeln, Tränensäcken bis zu verbogenen Zehen lässt die Autorin nichts aus und hat vor allem eine Botschaft: Perfekt war gestern. Das Leben ist schön, und noch schöner, wenn man sich selbst mit einem liebevollen Blick betrachtet.

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Seitenzahl: 217

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MimiFiedler

Eigentlich wollte ich mich selbst entfalten

Für ein Happy End ist es nie zu spät

Knaur e-books

Über dieses Buch

Es war ein traumhafter Sommertag im Freibad, als Mimi Fiedler aus dem Schwimmbecken stieg und ihr ein kleines Mädchen zurief: »DU hast aber ein großes Loch im Po!« Nein, es ging nicht um das eine – das Mädchen meinte eine grässlich große Delle, die mit »O« anfängt: Orangenhaut! Charmant und voller Selbstironie schreibt die beliebte Schauspielerin Mimi Fiedler über Erscheinungen, die ihren Körper seit dem 40. Geburtstag heimsuchen. Von Altersflecken bis zu Zehen, die sich krümmen, von Grauhaaralarm bis zu Knubbelknien lässt die Autorin nichts aus und hat vor allem eine Botschaft: Perfekt war gestern. Das Leben ist schön, und noch schöner, wenn man sich selbst mit einem liebevollen Blick betrachtet.

Inhaltsübersicht

WidmungMottoVorspann: Wie jede Blüte welkt und jede JugendBlack WidowHaarige ZeitenBotox fährt BusDas Ungeheuer von Loch NessDer FroschkönigAuf Messers SchneideIn jeder Elite eine NieteOh Schreck, ein FleckIch & ichOopsy-DaisyMedium rareNivea und Hans RosenthalVagibluesOktoberfest im AufzugIch bin schönDas blaue WunderMit dem Dritten sieht man besserP.S.: Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inneDank
[home]

Für

Otto, Janina, Ana, Leon, Luis, Luna und Ava.

Ich liebe euch über alles.

[home]

Bedauernswert ist die Frau,

die nichts zu bereuen hat.

Jeanne Moreau

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Vorspann

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

Kürzlich saß ich an einem Filmset und plauderte in der Pause mit einer Kollegin über die Dinge, die bei uns so anstünden, und ich erzählte von diesem Buch. Sie starrte mich kurz an und fragte dann, warum um Himmels willen ausgerechnet ich dieses Buch schreiben wolle. »Du schreibst über dein schlechtes Bindegewebe?«, hakte sie nach. Sie sähe davon nichts bei mir. Ich hätte nun wirklich keinen Grund zur Klage. An mir sei doch alles perfekt. Ich sähe toll aus und ich hätte den richtigen Mann gefunden und eine tolle Familie und Kinder und sei doch auch ohne finanzielle Sorgen: »Du hast einen Fernsehproduzenten geheiratet, Mimi. Du hast ja jetzt wohl ausgesorgt! An deiner Stelle würde ich im Spa sitzen anstatt am Set. Und was interessiert dich denn überhaupt noch dein Bindegewebe? Außerdem siehst du wirklich nicht danach aus, als hättest du Ahnung von den Problemen normaler Frauen.«

Ich war sprachlos. Und sie auch. Weil sie etwas laut ausgesprochen hatte, was sie eigentlich nur leise denken wollte.

»Was hat mein Fernsehproduzent mit dem Zustand meines Körpers zu tun?«, wollte ich wissen, als ich mich gesammelt hatte. »Was ist das für eine blöde Aussage? Dass Frauen, die vermeintlich ›einflussreich‹ geheiratet haben, sich nie mehr über irgendetwas Gedanken machen müssen, ist doch total Achtziger. Das gab’s nicht mal im Denver Clan. Solche Vorurteile sind so überflüssig wie Schulterpolster!« Sie schwieg und pulte an ihren Fingernägeln. Ich redete mich in Rage.

»Und außerdem bin ich nicht Melania Trump und habe schon vor meiner Ehe eine eigene Karriere und welliges Bindegewebe gehabt, und dass Frauen heutzutage so was überhaupt noch über andere Frauen denken, sorry, aber das ist doch voll für die Tonne!«

Ich konnte gar nicht mehr aufhören, so sauer war ich. »Ich kann so was echt nicht ab, schon mal was von »Never judge a book by its cover« gehört oder von Emanzipation? Und im Handbuch der Emanzipation steht sicher nicht drin, dass schlechtes Bindegewebe durch Fernsehproduzentenheirat verschwindet.«

Meine Kollegin schwieg immer noch, pulte weiter an ihren Fingernägeln und sagte dann: »Ich habe welliges Bindegewebe, und du, Mimi, du hast einfach immer nur GLÜCK im Leben.«

 

Dann fing sie an zu heulen. Sie war offensichtlich gerade ziemlich unglücklich.

Da saß ich also. Mit einer heulenden Kollegin. Meinem und ihrem welligen Bindegewebe und sah nur eine einzige Möglichkeit zur Linderung ihres Kummers. Ich zog mich aus. Mitten am Filmset. Bis auf die Unterwäsche. Und stellte mich wie bei einer Viehschau vor sie hin und drehte mich langsam.

»Und?«, fragte ich.

»Wow!«, sagte sie beeindruckt. »Das ist ja bei dir schlimmer als bei mir. Und bei mir ist es schon schlimm.«

In mir kam kurz das tiefe Bedürfnis auf, ihr jetzt einfach richtig eine zu klatschen. Ich empfahl ihr aber stattdessen, mal über Taktgefühl und zwischenmenschliche Kommunikation nachzudenken. Immerhin heulte sie nicht mehr.

 

»Und so hast du diesen Mann bekommen?« Ich schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an, zog mir das Kleid wieder über, setzte mich neben sie und tätschelte ihr den Arm.

Wir saßen eine Weile schweigend nebeneinander, und irgendwann sagte ich: »Kaffee? Ich hole uns einen.« Ich hörte nur noch ihr »Für mich bitte einen Kamillentee! Kaffee übersäuert, du solltest besser auch keinen trinken!« in meinem Rücken.

 

Die Begegnung mit meiner Kollegin hat mich noch eine Weile beschäftigt. Wie oft erwische ich mich selbst dabei, in Klischees zu denken. Dabei wissen wir doch eigentlich nichts über das wirkliche Leben eines anderen Menschen. Wir sehen meist nur das, was wir sehen wollen. Oder das, was die oder der andere uns zeigen will.

Und deswegen möchte ich hier gleich mal etwas klarstellen:

 

Ich bin eine ganz normale Frau.

 

Wie alle anderen Frauen auch. Überhaupt frage ich mich, wann man als normal gilt und ab wann man von der Norm abweicht. Und wer bestimmt eigentlich dieses »Normal«?

Wie alle normalen und unnormalen Frauen hatte auch ich ständig etwas an mir auszusetzen. Die Beine zu dick, die Knie zu knubbelig, die Haut zu schlaff, der Bauch zu kugelig, die Haare zu glatt … Die Liste war endlos.

Und leider gehöre ich auch nicht zu den Menschen, die Älterwerden super finden. Ich altere nicht in Würde und mag den äußeren Alterungsprozess auch nicht gerade sonderlich. Den inneren Alterungsprozess dagegen finde ich super. Aber wie ungerecht ist das, bitte?

Da wird man im Alter immer cooler, so von innen, es geht einem eigentlich sehr viel am Allerwertesten vorbei, was früher noch superwichtig war. Und anstatt dass man für seine Lebensleistungen, für das, was man bis dahin erreicht hat, belohnt wird: welkt man. Wie eine oll gewordene Schnittblume.

 

Aber – wie bei allem im Leben – ist auch das Thema »Altern« schlicht und ergreifend eine Einstellungssache. Die Amerikaner zum Beispiel haben »über« als deutsches Modewort entdeckt und benutzen es im Sinne von »mega«. Demnach wäre ich jetzt mega 40, und das klingt doch gleich viel besser. Oder ich sehe mein Alter als Level. So eine 25-Jährige ist erst auf Level 25. Ich dagegen bin schon auf Level 44!

 

Eigentlich ist das doch traurig, dass ich mir darüber überhaupt je Gedanken gemacht habe, oder? Aber ich bin in bester Gesellschaft: Laut einer Studie halten sich nämlich nur vier Prozent aller Frauen für schön. Das muss man sich mal vorstellen! Nur vier Prozent! Bei Männern dürfte die Quote ganz anders ausfallen. Die sind mit sich und der Welt meist voll und ganz zufrieden. Also körperlich gesehen. Ich habe jedenfalls noch nie gehört, dass sich einer über sein schwaches Bindegewebe beschwert hat.

 

Ich erinnere mich noch daran, ich war zwölf Jahre alt, wie ich mit meinen Eltern in den Sommerferien wieder einmal Urlaub in unserer kroatischen Heimat gemacht habe. In Makarska am Strand flanierte ein Mittsechziger an den Liegestühlen vorbei. Immer wieder, rauf und runter. Er war nicht besonders groß und hatte einen so dicken Bauch, als wäre er im neunten Monat schwanger mit Zwillingen. Er sah aus, als würde er irgendwann einfach nach vorne kippen und mit dem Gesicht in den Kieselsteinchen landen. Auf den Schultern wuchsen ihm die Haare wie Epauletten an einer Uniform, und auch der Rücken war komplett behaart. Mehrere okkulte Ketten baumelten über seinem grauen Brusthaartoupet, kleiner Jesus, großer Jesus, mittelgroßer Jesus und ein paar Heilige, alle in Gold selbstverständlich, und sein bestes Stück hatte er in eine Art Balkan-Tanga geklemmt. Balkan-Tangas sind Badehosen mit wenig Stoff, dafür aber mit viel Muster. Wie ein Gockel wackelte er in der prallen Sonne an den Liegestühlen und den Frauen, die darin lagen, vorbei. Er hielt sich sichtlich für einen richtig geilen Typen. Ich war mit meinen zwölf Jahren fassungslos ob so viel Eigenliebe und starrte ihn an. Der Rest der Ladies ignorierte ihn natürlich – denen war der Gockel völlig schnuppe.

Dankbar für meine Aufmerksamkeit zwinkerte er mir zu und entblößte dabei einen fehlenden Schneidezahn.

 

Die meisten Frauen, die ich kenne – mich eingeschlossen – würden ohne Schneidezahn nie mehr den Mund aufmachen oder, so wie Marlene Dietrich, einfach nicht mehr das Haus verlassen. Badeurlaub klingt für die meisten von uns eher nach Drohung als nach Verheißung und bedeutet: Wir beginnen hysterisch eine Blitzdiät, lassen unsere Bikinizone waxen, Nägel und Wimpern ankleben, kaufen tonnenweise »S.O.S.«-Beautyprodukte in der Parfümerie und neue Bademode mit einem passenden Pareo für den Gang ans Wasser und zwanzig neue Maxi-Strandkleider für die Bar, obwohl der Schrank längst überquillt von all dem Kram. Aber in den letzten Sommerferien waren wir eben mit unserem »Look« nicht so zufrieden – in Wahrheit passt selbst der Pareo vom letzten Jahr einfach nur nicht mehr. Aber das geben wir natürlich nicht zu. Doch auch ein neues Outfit beschert uns kein neues Ich mit mehr Selbstvertrauen. Wir tragen alberne XXL-Sommerhüte und Sonnenbrillen Modell »Puck, die Stubenfliege«, sodass wir mit dem guten Gefühl, inkognito zu reisen, am Strand flanieren können.

 

Eine Frau, die da anders ist, ist meine Mutter. Sie sagt heute noch über sich selbst, dass sie eine Granate sei. Sie würde sich lieben. Richtig verknallt sei sie in sich. So, wie sie ist, basta! Und egal, wie dick oder dünn sie gerade ist, sie legt sich breitbeinig an den dalmatinischen Strand, ins flache Wasser selbstverständlich, damit sie auch ja genug Abkühlung bekommt. Sie schert sich null Komma null darum, ob die Liegeposition auf einem Foto gut ausschauen könnte. Einmal lag sie da wie ein gestrandeter Blauwal, von Wellen umspült. Wir hatten Sorge, dass gleich Greenpeace käme, sie in feuchte Tücher wickeln und versuchen würde, sie ins Meer zurückzuziehen.

Am Abend war sie knallrot wie eine Languste und total glücklich. Sie stand vor dem Spiegel und begutachtete sich. Ich fragte vorsichtig nach, ob sie okay sei und sich gut fühle, und sie flötete mir in ihrem grellbunten Walla-Walla-Kleid zu, sie sei superokay, knallerokay, sie sei nie okayer gewesen.

 

Und da war es, dieses »Scheiß-egal-Syndrom«, das wahrscheinlich alle Frauen ihrer Generation und in ihrem Alter haben. Und irgendwann habe ich geschnallt, dass genau das der Schlüssel zur Entfaltung ist und dazu, Frieden mit sich selbst zu schließen. Aber bis ich den Schlüssel und den Weg zu mir selbst gefunden hatte, bin ich ein paar Irrwege gegangen. Am Ende bin ich aber genau da angekommen, wo ich immer schon hinwollte. Und wie das war, erzähle ich Ihnen jetzt einfach.

 

Aber eines verrate ich Ihnen schon mal: Meinen Fernsehproduzenten juckt es nicht, wie viel ich auf der Hüfte habe. Oder ob die Haut wellig ist, die Knie zu knubbelig. Ihn interessiert nur ein einziges Organ. Und das ist mein Herz. Das findet er nämlich richtig, richtig schön. Und weil er das so schön findet, ist alles, was sich drum herum befindet, automatisch auch schön.

Hat sich das Universum doch total schlau ausgedacht, oder? Halten Sie unbedingt Ausschau nach genau so einem Menschen. Und geben Sie sich nie mit weniger zufrieden. Weil Sie genauso sind wie meine Mutter. Oder wie ich: KNALLEROKAY.

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Black Widow

Für eine einfache Wahrheit braucht es keine empirischen Untersuchungen: Junge Männer wollen Sex mit jungen Frauen. Und ältere Männer wollen ebenfalls Sex mit jungen Frauen. Aus diesem Grund musste sich meine Freundin Stella mit fünfundvierzig Jahren noch mal neu sortieren. Sie musste sozusagen ausmisten.

Ihr Mann hat sie nämlich so richtig superklischeemäßig für eine sehr viel jüngere Frau verlassen. Was er wahrscheinlich nie hätte, wenn Stella ihm nicht auf die Schliche gekommen wäre. Dabei wollte er doch nur sein Älterwerden mit einer Geliebten kompensieren, die arme Sau. Was konnte er dafür? Es war etwas Genetisches, nicht so gemeint, schon gar nicht für immer – nur für eine kleine Weile … weil ihm an Stella alles zu vertraut, zu eingespielt, zu vorhersehbar war.

Und außerdem musste so ein Mann, der in die Jahre kam, auch noch mal anderswo überprüfen, ob die Pumpe noch voll funktionsfähig und einsetzbar war. Im Grunde war das nichts anderes, als sich eine zweite ärztliche Meinung zu holen. Das war ja wohl erlaubt! Als dann alle Details der »kleinen« Affäre ans Licht kamen, war klar, dass nicht nur der Busch, sondern schon der ganze Wald brannte. Deswegen hat Stella ihren herumstreunenden Ehemann kurzerhand eines Nachts vor die Tür gesetzt. Ende. Bums aus, Micky Maus. Da der arme Kerl nicht wusste, wohin, ist er erst mal zu seiner Affäre gezogen … und hat die sehr viel jüngere Gespielin zwischen den Umzugskartons und seinem unendlichen Leid wegen der gescheiterten Ehe aus Versehen geschwängert.

 

Pünktlich zur Niederkunft des Babys hatte meine Freundin sich dann scheiden lassen. Das konnte sie richtig gut, weil sie selbst eine richtig gute Anwältin war. Da hatte der arme Gatte die Rechnung ohne die Wirtin gemacht. Und am Ende war ihr Ex-Mann in spe so blank wie ein Babypopo.

 

Die Neue hat wahrscheinlich ziemlich dusselig aus der Babywäsche geschaut, denn sie hat natürlich gedacht, einen wohlhabenden Typen abgegriffen zu haben, deswegen – superklischeemäßig – sofort das Kind. Leider hatte auch sie sich verrechnet. Die ganze Kohle gehörte Stella, denn die hatte selbstredend einen wasserfesten Ehevertrag. Die Füchsin! Sie hat ihm, zappzarapp und ohne mit der Wimper zu zucken, alles weggenommen, bis auf das letzte Hemd und den letzten Cent. Selbst seinen geliebten Oldtimer, den sie ihm zum Fünfzigsten geschenkt hatte. Sie hat den Wagen verschrotten lassen und uns im Anschluss zu einer »Babyshower-Scheidungs-Party« eingeladen.

Ich musste richtig lachen und daran denken, wie wir zwei vor über zwanzig Jahren zusammensaßen, ich gerade frisch verheiratet, sie gerade Mutter geworden. Wie glücklich sie mit ihrem Baby und ihrem damals noch treuen Heiner war. Es war ihr egal gewesen, dass er völlig mittellos in die Ehe gekommen war und daran auch wenig zu ändern versuchte. Er war ja schließlich ein Freigeist, ein Künstler! Sie liebten sich, nur sich, und wollten keine anderen. Und das ganz bestimmt, bis dass der Tod sie scheide.

 

Diese Babyshower-Scheidungs-Party klang nach dem genauen Gegenteil all meiner bisherigen Trennungen, und meine Freundin schickte uns allen richtig stylishe Einladungskarten mit dem Dresscode »Black Widow«. Dazu gab sie den Hinweis, es seien auch Singlemänner an Bord und wir sollten uns gefälligst Mühe geben mit unseren Outfits.

Ich wünschte mir aber viel lieber einen Mädels-Scheidungsabend und wollte den nicht mit Vollpfosten verbringen. Auf ein Medley völlig hirnloser Singlemänner in ihren Vierzigern hatte ich so wirklich gar keine Lust – die hatte ich doch schon durchgeleiert.

Die meisten Männer, die ich gedatet hatte, waren sehr modern, also: bindungsunfähig. Sie waren ja noch so schlimm mitgenommen von ihrer letzten Beziehung und konnten sich deswegen nur auf »Friends with Benefits« einlassen. In Wahrheit bedeutete das, sie wollten sich – therapeutisch begleitet – das Hirn aus dem Leib vögeln. Und zwar nicht nur mit mir.

Die zweite Kategorie Mann war geizig, weil die Scheidung von der gemeinen Ex-Frau so teuer gewesen war.

Die schlimmsten Kandidaten jedoch litten an einem in ihrer Midlife-Crisis ausgebrochenen Mutterkomplex.

Gestört waren sie allesamt.

 

Wir Frauen sind da anders. Es ist einfach so! Wenn wir den Zenit der vierzig überschritten haben, wissen wir, warum wir gestört sind und was uns gestört hat, und gehen dann zu Profis, die uns wieder entstören.

Und ich wollte wirklich keine zweifelhaften Typen mehr kennenlernen, schon gar keine Ü40-Singles. Ich wollte am liebsten nur meine Freundinnen, mit denen ich bei einem Gin Tonic den ganzen Abend ungestört über unsere Ex-Männer lästern konnte.

 

Aber natürlich habe ich gemacht, was Stella wollte. Weil alle machten, was Stella wollte. Und wenn auf der Einladung stand, wir sollten als Black Widow kommen, dann kam auch ich als Black Widow. Leider musste ich sehr schnell ernüchtert feststellen, dass sich meine Kleidergröße wohl über Nacht verändert hatte. Mir passte kein einziges meiner »kleinen Schwarzen« mehr. Außer einem Kleid, das ich 2009 auf der Beerdigung unseres Dorfsparkassenchefs getragen hatte. Damals war das Kleid noch ein luftiges »Hängerchen«, jetzt war es eng. Sehr eng.

 

Meine Mutter hatte mich damals mitgeschleift, weil man dem Mann, der uns mit guten Zinsen das Haus in Kroatien ermöglicht hatte, auf jeden Fall die letzte Ehre erweisen musste. Ein bisschen wollte sie bei dieser Gelegenheit auch mit mir im Dorf angeben: »Vom Gastarbeiterkind zum TATORT«. Eine vorbildlichere Integration gab es ja wohl nicht!

 

Immerhin: In das olle Kleid passte ich gerade noch so rein, sah darin aber irgendwie merkwürdig aus. Daran konnte auch der schwarze Fascinator nichts ändern, den ich mir aufgeklemmt hatte. Aber wenigstens hatte ich das Motto »Black Widow« voll erfüllt, und das war ja wohl die Hauptsache.

Aber ich hatte ordentlich mit Atemnot zu kämpfen, und zwar schon, als ich noch nicht mal zur Haustür raus war. Ich dachte mir: »Ach, egal, scheiß der Hund drauf! Dann bleib ich halt stehen, die Viertelstunde. Länger bleib ich eh nicht. Bloß nicht wieder Mittvierziger-Single-Typen! Rette sich, wer kann!«

 

Als ich auf der fetten Party in Stellas fettem Haus am Frankfurter Stadtrand ankam – ihr Ex wohnte nun mit Affäre und Kind auf der anderen Seite des Mains in einer bescheidenen Zweizimmerwohnung –, war die Party schon in vollem Gange.

Alle außer mir hatten das Motto »Black Widow« natürlich mit etwas mehr Verve interpretiert. War ja klar, dass ich die Einzige war, die nach Sparkassenchefbeerdigung aussah. Die anderen Ladies trugen nämlich das kurze Schwarze. Und das trugen sie sehr kurz. Sehr, sehr kurz. Mit sehr viel Glitzer und sehr hohen Schuhen sowie passenden Dessous, die an den verschiedensten Stellen hervorblitzten. Ich schaute an mir runter: Ich trug Ballerinas und – unrasierte Beine! Superschick! Ich hatte die Haare in der Früh zwar entfernt, aber die kleinen Scheißerchen schauten am Abend schon wieder aus ihren Löchern. Immerhin wirkte es auf die Ferne so, als hätte ich eine dunkle Feinstrumpfhose an. Ich hoffte nur, dass niemand von den anwesenden Typen mir zur Prüfung des Materials ans Knie grabschte. Man konnte ja nie wissen – die waren unberechenbar in dem Alter …

 

Ich also rein ins Gehege, Stella schon leicht betüddelt, mit zwei Gläsern Hochprozentigem auf mich zulaufend: »Miiiiiiimiiiiiiii, Schätziiileiiiiiin! Wie toll, dass du da bist, und du siehst – sie ging wieder einen Schritt zurück und legte ihren Kopf zur Seite – du siehst … du sieht ja lustig aus!«

Dann drückte sie mir eines der Gläser in die Hand und sagte: »Cheers, Baby! Auf die Männer, die wir lieben, und die Penner, die wir kriegen!«

 

Und dann exten wir.

 

Sie schleifte mich ins Wohnzimmer, wobei die Bezeichnung Luxussalon die vor mir liegende Wohnlandschaft aus Designermöbeln eher traf. Überall lümmelten Jungs herum, die nicht mehr ganz taufrische Damen betatschten. »Eyes wide shut«, nur mit vertauschten Rollen. Ich erstarrte zur Salzsäule.

»Ähm … Stella … wer sind denn all diese … Teenager?«

Sie lachte schrill auf, warf ihre frisch geföhnten Locken in den Nacken und sagte: »Toll, Mimi-Schatz, oder? Aber keine Angst: Von den Jungs ist keiner unter 20. Wir machen uns nicht strafbar, weißte ja, achte ich immer drauf!«

 

Das war ja die reinste Krabbelgruppe! Unter einer Babyshower hatte ich mir etwas anderes vorgestellt. Ich hatte nicht erwartet, dass Stella es so wörtlich meinte. Den Rest unserer Freundinnen schien es nicht zu stören, dass sie uns Frischfleisch zum Champagner kredenzte. Selbst diejenigen, die wirklich alles andere waren als Singles, genossen sichtlich den erhöhten Testosteronspiegel in Stellas Salon.

 

»Aha, so geht also ›Black Widow‹«, dachte ich verwirrt. Ursprünglich hatte ich ja gedacht, wir würden unter uns Damen ein bisschen die männermordenden Vamps spielen, wenn wir schon im echten Leben eiskalt von lustmolchigen Midlife-Wracks abserviert wurden.

Der Kreis der männlichen Kandidaten hier war deutlich unter der großen 4 angesiedelt. Ich würde sogar behaupten, deutlich unter der 3.

Ich zog eine der anwesenden Ladies, die sich offensichtlich im völligen Glücksrausch befand und sich deswegen schon ihres Unterteils entledigt hatte, zur Seite und flüsterte ihr ins Ohr: »Sag mal, findest du es normal, dass sie diese Chippendales-Kids eingeladen hat? Aus dem Alter sind wir doch raus!«

Die Antwort war ein ausgeprägter Lachkrampf. Als sie wieder zu sich kam, sagte sie: »Ja, du vielleicht. Ich werde heute mindestens einen von denen so was von plattmachen!«, flötete sie. Und rauschte davon mit: »Ein bisschen Spaaaaaaß muss sein!«

Ich war durcheinander. Nannte man das heute so? »Plattmachen«? Und überhaupt, war ich denn die Einzige, die mit dieser »Bombe Surprise« nichts anfangen konnte? Okay, wenigstens waren hier keine bekloppten Männer in meinem Alter, das was ja schon mal gut.

Dennoch: Der Haufen Minderjähriger war auch nicht die Lösung. Die waren doch vor allem auf sexuelle Grundversorgung aus. Von einem Bubi, der am gesamten Körper weniger Haare besaß als ich unter einer Achsel, wollte ich erst recht nicht angefasst werden. Schon gar nicht an meinen stoppeligen Waden.

Ich fragte mich, ob meine arme Freundin vielleicht einfach etwas verstört war. Weil ihr Heiner die 25-Jährige geschwängert hatte, versuchte sie jetzt möglicherweise, ihn mit noch Jüngeren zu übertrumpfen. Während ich noch dabei war, die Situation psychologisch zu ergründen, erwischte ich mich dabei, wie ich kurz über den Zustand meiner Bikinizone nachdachte. Weiß der Geier, warum mir das durch den Kopf schoss. Pläne hatte ich jedenfalls in diesem Moment wirklich keine … Ich schüttelte den Kopf, über die anderen und auch über mich selbst, drehte mich um, und dann entdeckte ich ihn:

 

Brad Pitt.

 

Eindeutig! Brad Pitt! Der Brad Pitt aus »Legenden der Leidenschaft«.

 

Halblange blonde Haare, von der Sonne leicht ausgebleicht, Dreitagebart, muskulös, groß und … jung. Mir fiel die Kinnlade runter. Mit offenem Mund glotzte ich ihn an.

 

»Lustiges Kostüm. Dachtest du, es wäre eine Kostümparty?«, sprach er mich an.

Ich kratzte mich am Fascinator und fühlte mich ein bisschen wie Bridget Jones in »Schokolade zum Frühstück«, die als Einzige im Bunny-Kostüm auf einer Party aufkreuzte. »Naja, auf der Einladung stand ›Black Widow‹ und nicht ›Half-Naked-Widow‹. Aber das ist bald sowieso egal, weil ich in ein paar Minuten eine ohnmächtige Widow bin. Mein ›lustiges Kostüm‹ ist mir nämlich viel zu eng, und deswegen wird mein Gehirn seit einer Stunde nicht mehr mit Sauerstoff versorgt.«

Brad lachte und sagte: »Nicht nur dein Kostüm ist lustig – DU bist lustig!« Ich wusste nicht, ob ich beleidigt sein sollte oder nicht, und antwortete: »Super Kompliment! Wow. Ich bin lustig. Hahaha! Wie schön! Dann macht es dir ja nix, dass ich mir heute nur einmal und nicht zweimal die Beine rasiert habe. Weil ich den Haarwuchs eines Orang-Utans habe, weißt du … Aber du wolltest mir ja ohnehin nicht die Waden tätscheln, oder?«

 

Doch! Er wollte! Und was soll ich sagen … ich wollte plötzlich auch! Er gehörte zu der seltenen Sorte Mann, die Humor sexy fand. Und das wiederum fand ich sexy, einfach unwiderstehlich. Ich war so scharf auf ihn, dass ich wohl kurz vergaß, dass er halb so alt war wie ich. Wir sind dann in einem der achtzehn marmornen Badezimmer gelandet. »Scheißegal«, dachte ich, »so einen Brad Pitt findest du nie, nie, nie wieder. Muss ja keiner erfahren …«

Das Drehbuch zu »Legenden der Leidenschaft« im Kopf, war er mein Hauptdarsteller. Wenn schon, denn schon. Knutschend machten wir uns übereinander her. Dabei versuchte ich, mein zu enges Kleid hochzuschieben, damit ich meine stoppeligen Beine – die ihn aber sprichwörtlich nicht zu jucken schienen – auf Kamasutra-Niveau im 180-Grad-Winkel spreizen konnte, während ich mich lasziv nach hinten beugte. Genauso hatte ich das in einem Erotikfilm gesehen und wollte es schon immer mal nachmachen: und heute war die Nacht der Nächte. Doch dann war ein deutliches »Ratsch« zu hören, und plötzlich platzte meine Black Widow unter dem Kleid heraus.

Wir starrten beide auf meine Bikinizone, wo die Haare völlig durchgedreht an den Rändern meines Slips rausglotzten, als wären sie Groupies und wollten jetzt auch alle unbedingt einmal Brad Pitt sehen.

 

Da standen wir nun, der arme Junge, meine Black Widow und ich. Und damit ich möglichst in Würde wieder aus der Nummer rauskam, erklärte ich ihm, dass das ein Teil meines Kostüms sei. Das sei gar nicht echt, aber echt gut angeklebt. »Hier, zieh mal dran!« Da Brad keine Anstalten machte, das in die Tat umzusetzen, sagte ich’s noch mal: »Jetzt zieh halt mal dran! Tristan aus ›Legenden der Leidenschaft‹ ist schließlich auch im Kampf gegen einen Grizzlybär im Wald gestorben, da musst du dich jetzt nicht so anstellen!«

Da machte sich völlige Verstörung auf seinem Gesicht breit. Mittlerweile war ich selbst verstört und schob nach: »Jetzt mal ohne Scheiß! Stört dich echt das bisschen Haar? Kommt doch auf die Performance an. Stimmt doch, oder nicht?«

»Schon gut, lass mal stecken«, winkte Brad ab. Und da ich einfach nicht ich wäre, wäre mir die Situation nicht völlig entglitten, setzte ich meinem Erotikabend noch die Krone auf: »Aber da steckt doch noch gar nichts!«

Ich habe mich dann mit aufgeplatztem Kleid und durchgedrehter Intimbehaarung mit einem Handschlag zügig von ihm verabschiedet. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er auf jede weitere körperliche Nähe lieber verzichten wollte.

Als ich die Party durch die Hintertür verließ, dachte ich mir, wie schön eigentlich mein Scheidungsabschiedsessen mit meinem Ex gewesen war. Kurzer Prozess, ohne so ’ne bescheuerte Mottoparty. Ohne Angst haben zu müssen, unrasiert auf die Junior-Chippendales zu treffen. Ich war bedient, und bei mir ging erst mal nix mehr.

Meine Freundin Stella dagegen »ging« mit Brian. Brian war Brads Kumpel, knackige vierundzwanzig, mit eigener Autowerkstatt. Er schraubte abwechselnd an seinen Autos und an Stella rum.

Stella meinte, eigentlich sei alles wie früher. Sie verdiene die Kohle, und er gebe sie aus. Dafür lege der Neue sie in hoher Frequenz flach und sehe dabei sehr viel besser aus als Heiner.