Eine Lüge, die Liebe, meine Familie und ich 4 - Miriam Covi - E-Book

Eine Lüge, die Liebe, meine Familie und ich 4 E-Book

Miriam Covi

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Beschreibung

Lügen haben runde Bäuche! - Teil 4 des sechsteiligen Serials »Eine Lüge, die Liebe, meine Familie und ich« Weil ihre Cousine heiratet, reist Nina Behringer nach Rocky Harbour an der kanadischen Atlantikküste. Früher hat sie hier oft ihre Sommerferien verbracht – bis Matt ihr das Herz brach. Vierzehn Jahre ist das nun her. Vierzehn Jahre und zehn Kilogramm. Wieso muss ihr da als allererstes nach ihrer Ankunft Matt über den Weg laufen, der zu allem Überfluss noch attraktiver ist als damals - und kein bisschen zugenommen hat? Und warum muss ihre reizende Cousine auf Ninas Bauch starren und entzückt fragen, ob sie schwanger sei? Kurzerhand bejaht Nina die indiskrete Frage. Diese kleine Bauchlüge erweist sich aber als äußerst unpraktisch, als ihr klar wird, dass ihre Gefühle für ihre erste große Liebe alles andere als erkaltet sind. Dumm nur, dass ihr Ex nichts mehr hasst als Lügner. Als auch noch der Rest von Ninas exzentrischer Familie auftaucht, nimmt das Chaos in den kanadischen Wäldern seinen Lauf ... Ein witziges, aber auch berührendes Verwirrspiel in der aufregenden Umgebung Kanadas!

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Seitenzahl: 102

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Miriam Covi

Eine Lüge,die Liebe,meine Familieund ich

Serial Teil 4

Knaur e-books

Über dieses Buch

Lügen haben runde Bäuche!

Inhaltsübersicht

Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Neugierig, wie es weitergeht? [...]
[home]

Kapitel 26

Ich vermisse Matts Hände, sobald sie mich loslassen. Meine Tante und mein Onkel stehen vor uns. Sie sind tropfnass, Tante Helga hält einen verbogenen Schirm in der Hand, der dem stärker werdenden Wind offensichtlich nicht gewachsen war. Beide sehen aus, als wären sie zu Fuß von Rocky Harbour nach Bridgewater gerannt, so außer Atem sind sie. Isa hat ihre Eltern auf dem Handy erreicht, als wir auf den Krankenhausparkplatz gefahren sind. Die beiden müssen sich sofort auf den Weg gemacht haben.

»Wo ist Isa?« Tante Helgas Stimme klingt brüchig.

Mit einem Schlag bin ich wieder in der Realität.

»Sie ist in der Notaufnahme, wir durften nicht mit ihr hinein«, antwortet Matt.

»Wisst ihr schon etwas?« Onkel Hermanns sonst so rotes Gesicht wirkt kalkweiß. Matt und ich schütteln die Köpfe.

»Lass uns reingehen«, sagt Tante Helga und drückt auf den Knopf der Automatiktür. »Ich bin ihre Mutter, mich werden sie doch wohl zu ihr lassen?«

 

Sie lassen Tante Helga zu Isa, und Onkel Hermann ebenfalls. Matt und ich setzen uns wieder in den Warteraum, diesmal finden wir zwei freie Stühle nebeneinander. Schweigend beobachten wir die anderen Wartenden um uns herum. Ein Kind weint laut, seinem verschwitzten Haar nach zu urteilen hat es hohes Fieber. Ein alter Mann sitzt vornübergebeugt, als habe er große Schmerzen. Eine Frau hält sich ein Kühlpad vor ihr linkes Auge.

Als plötzlich Onkel Hermann vor uns auftaucht, springe ich auf. »Und?«

Doch ich sehe es schon an seinem Gesichtsausdruck. Isa hat das Baby verloren. Während er mit brüchiger Stimme etwas von »kann passieren, nicht ungewöhnlich während der ersten zwölf Schwangerschaftswochen« erzählt, rutscht plötzlich ein Bild aus meiner Erinnerung vor mein inneres Auge: Isa, als sie ungefähr acht oder neun Jahre alt war. Es muss in unserem ersten oder zweiten Sommer in Kanada gewesen sein. Sie hatte sich ein dickes Kissen unter ihren Pullover gestopft und spielte »schwanger sein«. Dann sehe ich sie vor mir, wie sie ihre Babypuppe im Arm wiegt und sie mit einem Fläschchen füttert. Meine Augen laufen über. Sie wäre so eine tolle Mutter geworden! Ich schluchze heiser auf und schlinge meine Arme um Onkel Hermann.

»Es tut mir so leid!«, heule ich in sein Hemd hinein. Mein Onkel tätschelt mir unbeholfen über den Rücken.

»Na ja, sie ist ja noch jung«, sagt er, aber seine Stimme klingt, als wäre auch er den Tränen sehr nahe. »Sie kann wieder schwanger werden. Das hat der Arzt eben auch gesagt.«

»Wie geht es ihr denn?«, höre ich Matts Stimme neben uns.

Ich spüre, wie Onkel Hermann mit den Schultern zuckt. Als ich den Kopf hebe und zu ihm hochschaue, sehe ich den Blick, den er Matt zuwirft. Der Blick sagt mehr als tausend Worte. Onkel Hermann schaut wieder mich an und klopft mir mit seiner Bärenpranke auf die Wange.

»Sie schafft das Nina. Mach dir keine Sorgen. Du musst jetzt an dein eigenes Baby denken, so viele Tränen tun dem kleinen Wurm bestimmt nicht gut.« Ohne auf meine Reaktion zu warten, sagt er zu Matt: »Bring Nina nach Hause, Matt, bevor dieser verdammte Sturm kommt. Die Straßen sind jetzt schon die Hölle, aber wenn du langsam fährst, müsstet ihr es noch gut schaffen. Zum Glück sind Isas Freundinnen schon aus Lunenburg zurückgekommen, bevor Helga und ich von der Marina losgefahren sind. Diese dummen Hühner – wer macht denn noch einen Einkaufsbummel, wenn ein Hurrikan auf dem Weg ist?« Er fährt sich mit einer Hand über sein rotes Gesicht und seufzt tief. »Helga und ich bleiben hier im Krankenhaus. Eigentlich wollte Greg auch sofort aus New York kommen, aber der Flughafen in Halifax ist bereits geschlossen, wurde uns gesagt.«

Ich höre nur mit einem halben Ohr hin. Zu viele Gefühle werden in mir durcheinandergewirbelt. Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.

»Komm«, sagt Matt und ich spüre, wie er einen Arm um meine Schultern legt. Ich heule schon wieder, ohne dass ich es gemerkt habe. Onkel Hermann sagt: »Fahr vorsichtig, Matt. Bis dann, Nina.« Aber ich kann nichts erwidern.

 

Tränenblind lasse ich mich von Matt Richtung Ausgang führen, höre die Automatiktür aufschwingen, rieche den Regen.

»Warte hier, ich hole dich mit dem Wagen ab«, sagt Matt und lässt meine Schultern los. Als ich plötzlich allein unter dem Vordach stehe, fühle ich mich einsam und verletzlich. Immer mehr Tränen schießen aus meinen Augen. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu schluchzen und merke erst, dass Matt schon zurück ist, als sein Arm erneut um meine Schultern liegt und er mich Richtung Pick-up bugsiert. Regen schlägt mir ins Gesicht, als ich in die Fahrerkabine klettere und mich auf den Sitz fallen lasse. Kurz darauf ist auch Matt wieder eingestiegen. Der Motor läuft noch, er gibt Gas und fährt los. Doch schon nach wenigen Metern biegt er in eine Parklücke und schaltet den Motor ab. Ich schneuze meine Nase und starre geradeaus durch die regennasse Scheibe. Der Wind rüttelt am Pick-up, der Regen trommelt laut auf das Dach. Obwohl es erst halb drei ist, ist es draußen beinahe dunkel.

»Hey«, sagt Matt und streichelt mir mit dem Handrücken über meine nasse Wange. »Isa schafft das, sie ist hart im Nehmen. Und mit deinem Baby wird bestimmt alles gutgehen.«

Das ist zu viel für mich. Ich schaue ihn an und stoße zwischen zwei heftigen Schluchzern hervor: »Ich bin gar nicht schwanger, Matt!«

Es scheint mir, als würden Minuten vergehen, ohne dass Matt etwas sagt. Er starrt mich an, und ich heule schon wieder. Oder immer noch. Wie man es nimmt. Endlich scheint er seine Stimme wiederzufinden und fragt: »Was?«

Während ich mir immer wieder mit dem Taschentuch Tränen von den Wangen reibe, erzähle ich ihm mit brüchiger Stimme, wieso ich behauptet habe, schwanger zu sein. Ich bin froh, dass die Dunkelheit sich mehr und mehr über den Parkplatz legt. Im grellen Sonnenlicht könnte ich meine Beichte vor Matt nicht ablegen. Ich brabbele etwas von »Minderwertigkeitskomplex« und »Figurproblemen« und »Eifersucht auf Isa« vor mich hin und gestehe atemlos, dass ich mich einfach nicht getraut habe, die Lüge aufzuklären.

»Ich bin da so hineingerutscht«, sage ich hilflos. »Es klingt alles total bescheuert, ich weiß. Und ich schäme mich in Grund und Boden.«

»Und wie wolltest du aus dieser Lügengeschichte wieder herauskommen?« Matts Stimme klingt hart. Ich schlucke schwer.

»Ähm – na ja, darüber hatte ich mir natürlich am Anfang keine Gedanken gemacht. Es war ja eine völlig spontane, doofe Sache. Aber dann … Also, ich wollte …« Ich breche ab. Ich bringe die Worte nicht über die Lippen. Nicht hier, auf dem Krankenhausparkplatz, in Isas Nähe.

»Du wolltest allen erzählen, dass du eine Fehlgeburt hattest. Stimmt’s?«

Ich sehe Matt atemlos an. Er erwidert meinen Blick schweigend. Es ist zu dunkel, um den Ausdruck in seinen Augen erkennen zu können. Aber ich kann mir denken, was für ein Ausdruck das ist. Als ich schließlich nicke, wendet er seinen Blick ab. Die Muskeln in seinem Unterkiefer sind angespannt, als er in den Regen hinausstarrt. Dann startet er plötzlich den Motor und fährt den Pick-up rückwärts aus der Parklücke. Schweigend lenkt er den Wagen vom Krankenhausparkplatz durch die gespenstisch leeren Straßen Bridgewaters auf den Highway 101, der uns nach Rocky Harbour zurückbringt. Inzwischen regnet es so stark, dass Matt nur 50 km/​h fahren kann. Die Scheibenwischer laufen auf Hochtouren, er starrt konzentriert in die Wand aus Regen hinaus. Nur hin und wieder kommen uns Scheinwerfer entgegen; es scheint, als sei fast die ganze Ostküste Nova Scotias zu Hause und würde auf ›Lucys‹ Ankunft warten.

Die ganze Fahrt über sagt Matt kein Wort mehr. Meine Fingernägel bohren sich in meine Handfläche. Ich überlege krampfhaft, ob ich etwas sagen soll, ob ich irgendwelche Worte finden kann, die mein kindisches Verhalten rechtfertigen könnten. Aber da gibt es keine Worte. Warum habe ich nicht viel früher gestanden, nicht schwanger zu sein? Wieso musste ich so lange warten, bis ein tragischer Zwischenfall meine Lüge noch schlimmer erscheinen lässt, als sie sowieso ist?

Als wir den Highway verlassen und auf die Küstenstraße abbiegen, bietet sich uns ein gespenstisches Bild: Hohe Wellen rollen auf den Strand zu, der nur noch ein sehr schmaler Streifen ist, kaum mehr auszumachen vor lauter Wasser. Der Himmel ist inzwischen fast schwarz. Ich bekomme eine Gänsehaut. Als die Tankstelle von Rocky Harbour in Sicht kommt, biegt Matt auf den Parkplatz. Ich kann kaum glauben, dass das »Open«-Schild noch im Fenster des Tankstellenlädchens blinkt.

»Ich besorge noch ein paar Streichhölzer«, sagt Matt, ohne mich anzusehen. »Brauchst du etwas?«

Seine Stimme klingt schroff. Ich grabe meine Fingernägel in den Stoffbezug der Sitzbank unter mir. »Nein, danke.«

Er steigt aus und läuft die paar Schritte zum Laden, wobei er seine Baseballmütze festhalten muss, damit sie nicht weggeweht wird. Als er ein paar Minuten später wieder einsteigt, ist er tropfnass. Er schmeißt eine braune Papiertüte zwischen uns auf die Sitzbank und greift nach dem Zündschlüssel.

»Matt, warte«, sage ich und berühre seinen Arm. Er sieht mich an und lässt den Zündschlüssel wieder los.

»Was denn?«

»Sag doch bitte was«, flehe ich und fühle mich ziemlich jämmerlich.

»Was soll ich denn sagen?«

»Keine Ahnung. Mach mir Vorwürfe, schrei mich an, was weiß ich. Aber schweig bitte nicht nur.«

Matt lehnt sich zurück. Er nimmt seine Baseballmütze ab und dreht sie zwischen seinen Händen, bevor er sie auf die Papiertüte legt. Endlich sieht er mich an. »Nina, ich weiß wirklich nicht, was ich dazu sagen soll. Ich bin schlicht und einfach sprachlos, dass du zu so einer Lüge fähig bist.«

»Aber – es war nur eine Notlüge!«

»Notlüge.« Matt lacht sarkastisch auf. »Klar. Es ging ja auch um Leben und Tod, nicht wahr? Du hattest praktisch keine andere Wahl, als ›ja‹ zu sagen, als Isa dich gefragt hat, ob du schwanger bist. Verflucht noch mal, Nina, ich weiß, dass Frauen manchmal ein wirkliches Rad ab haben, wenn es um ihre Figur geht, aber deswegen deine gesamte Familie und Freunde zu belügen – das fasse ich einfach nicht!« Seine Stimme wird immer lauter, und ich werde immer kleiner. Aber ich wollte es ja nicht anders, ich habe ihn schließlich dazu aufgefordert, zu schreien.

»Deine Eltern haben sich bestimmt schon darauf gefreut, Großeltern zu werden, und du wusstest die ganze Zeit, dass …«

»Gefreut?«, unterbreche ich ihn, glücklich darüber, wenigstens in einem Punkt widersprechen zu können. »Das sollte Freude sein?«

Matt dreht sich herum, so dass er mir zugewandt ist. Er beugt sich etwas vor, und ich weiche unwillkürlich zurück, als ich die Wut in seinen Augen blitzen sehe. »Es gibt mit Sicherheit Menschen, die sich sehr über deine angebliche Schwangerschaft gefreut haben. Isa zum Beispiel. Wie zum Teufel willst du ihr in der jetzigen Situation klarmachen, dass du gelogen hast?«

»Ich weiß es nicht.« Meine Stimme ist lediglich ein Flüstern.

»Natürlich, du weißt es nicht. Was du auch nicht weißt, ist, dass Carrie insgesamt drei Fehlgeburten hatte.«

Ich sehe ihn erschrocken an. »Was?«