Eine verflucht gute Hexe! - K.M. Parker - E-Book

Eine verflucht gute Hexe! E-Book

K.M. Parker

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Beschreibung

Alles, nur das nicht! Gerade führt Nelly noch mit ihrer besten Freundin ein Teegeschäft in London, im nächsten Moment taucht eine Hexe bei ihr auf und bringt alles durcheinander. Schönes Desaster! Dabei hat sie nicht die geringste Lust, sich mit der Welt der Zauberei zu beschäftigen. Um genau zu sein, wurde ihr sogar vom Rat der Hexen und Zauberer verboten, auch nur den kleinen Finger zu heben, um einen Zauber zu wirken. Dumm nur, dass ein verfluchtes Haus Ärger macht und nur Nelly in der Lage ist, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Mit der Absicht, das Spukhaus im Eiltempo zu entfluchen, reist sie nach Kanada, doch dort angekommen wartet viel mehr Chaos auf sie als gedacht. Dem ganzen Durcheinander wird die Krone aufgesetzt, als dann auch noch jener Mann auftaucht, der Nelly in ihrer Teenagerzeit das Leben zur Hölle gemacht hat. Obwohl sie sich normalerweise lieber einem Krokodil zum Fraß vorwerfen würde, bleibt ihr in diesem Fall keine andere Möglichkeit, als seine Hilfe anzunehmen. Das Haus hat nämlich seine ganz eigenen Pläne mit den beiden. Das kann ja heiter werden!

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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K.M. Parker

Eine verflucht gute Hexe!

Magische Kristalle

Roman

Kapitel 1

»Nelly? Hörst du mir zu? Es ist gleich 16 Uhr, dann kommen die Damen zum Tee.« Olivia Thompson lud vorsichtig mehrere Tassen auf ein Tablett und sah mich kopfschüttelnd an. Sie holte Luft und gab ein Pfeifen von sich, das mich aus den Gedanken riss.

»Wie bitte? Was hast du gesagt?«

»Ich sagte, dass draußen gerade ein Einhorn vorbeigelaufen ist. Zu schade, dass du in Gedanken versunken warst und es deshalb nicht sehen konntest.«

»Sehr witzig«, gab ich zurück, strich mir eine blonde Haarsträhne hinters Ohr und versuchte einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Dann nahm ich ihr das Tablett ab und begann damit, den Tisch zu decken. Natürlich hatte ich die Damen nicht vergessen, wie sollte ich auch? Sie kamen jeden Donnerstag um genau 16 Uhr ins ›Tea Time Thompson‹ und verbreiteten neben guter Laune auch eine Lautstärke, die mich an einen ganzen Trompetenchor erinnerte. Das hinderte mich aber nicht daran, die alten Ladies, wie sie sich selbst nannten, gernzuhaben. Die meisten waren über 60 Jahre alt, recht rüstig unterwegs und immer bereit für eine kurze oder lieber längere Unterhaltung. Sie waren wie die Großmütter, die sich jeder wünschte.

»Haben wir genug von der Spezial-Teemischung? Die mit den Kräutern? Den trinken unsere Damen doch am liebsten«, meinte Olivia und schob ein paar Teedosen im Regal nach links und rechts.

»Habe ich gestern Abend frisch angemischt.«

»Wunderbar.«

Ich musste mir das Lächeln verkneifen, als sie die Hände in die Hüfte stemmte und sich mit zufriedenem Gesichtsausdruck umsah. Olivia Thompson war eine chaotische, in Mathematik leider unbegabte Chefin, die gleichzeitig aber die liebenswerteste Person auf der Welt war. Sie hatte den Laden mit gerade mal 22 Jahren einem alten Schwätzer abgekauft, der sie, wenn man ganz ehrlich war, böse über den Tisch zog. Er verschwieg ihr nicht nur ein paar gebrochene Leisten, Schimmelbefall an einer der Wände und den unebenen Boden, sondern auch noch das Loch im Dach. Abgesehen davon waren die Sanitäranlagen der blanke Horror. Geblendet von ihrem Traum kaufte Olivia das Haus trotz der vielen Mängel zu einem unverschämt hohen Preis und hörte, oh Wunder, nie wieder etwas von dem Verkäufer, trotz zahlloser Nachfragen per Anruf. Andere wären schon an dieser Stelle umgekehrt und hätten ihren Traum zu Asche zerbröseln lassen. Nicht so Olivia.

Gerade zu der Zeit, als sie gründlich zu renovieren begann, waren wir uns begegnet. Ich suchte einen Job und sie jemanden, der sich von einer Bruchbude, einer ordentlichen Portion Chaos und ihrer überschwänglichen Teeliebe nicht abschrecken ließ. Ich krempelte also mit ihr gemeinsam die Ärmel hoch und verhalf dem ›Tea Time Thompson‹ zu neuem Glanz.

Die Arbeit hatte sich gelohnt. Wenn ein Kunde den Laden betrat, betrat er nicht bloß ein Geschäft, das Teemischungen, Teeservice und Zubehör wie Stövchen, Kandis oder hübsch bemalte Tabletts zu bieten hatte. Unsere Kundschaft bekam zudem ein Gefühl der angenehmen Ruhe, einen Moment des Innehaltens und die Geborgenheit eines Nachmittages im Laden der wohl größten Teeliebhaberin Londons. Alles, was Olivia tat, tat sie mit völliger Hingabe und so hatte es nicht lange gedauert, bis das ›Tea Time Thompson‹ zu einem echten Tipp für Anwohner und Touristen geworden war.

Und da kam ich dann wieder ins Spiel. Wie schon erwähnt, war meine Chefin nicht gerade talentiert, wenn es darum ging, ein Geschäft zu führen. Zahlen waren ihr einfach ein Graus und wenn es um Abrechnungen, Steuererklärungen, Bestellungen und das Einplanen von Teemengen für die nächsten Monate ging, wäre sie am liebsten davongerannt. Diesen Part hatte ich also übernommen. Ich kümmerte mich darum, dass immer alles vorrätig war und dass die Kasse am Ende stimmte. Und weil ich den Laden ebenso gern hatte wie Olivia, half ich auch im Verkauf.

Ich kam nicht umhin, es meiner Chefin gleichzutun und mich voller Stolz umzusehen. Gemütliche Sessel und Bänke, kleine runde Mosaiktische, Wände in einem dunklen Grün oder in angenehmen Brauntönen, ein fast gänzlich gläserner Kassentresen mit Blumendeko, Regale mit vielen verschieden gefüllten Teedosen, eine goldene Waage, ungewöhnlich geformte Lampen; in meinen Augen war der Laden ebenso perfekt wie in Olivias.

»Du hast mir immer noch nicht wegen meiner Geburtstagsfeier geantwortet, Nelly. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn du dieses Jahr kommen könntest. Bring doch jemanden mit, das wird lustig. Vielleicht deinen Freund oder so.«

Ich unterdrückte ein Seufzen und deckte die Tische für die Damen weiter ein. Olivia wollte einfach nicht aufgeben. Die Art ihrer Fragen wechselte zwischen direkt, wirr oder umgehend, doch immer durchschaute ich sie und winkte ab. Etwas anderes blieb mir auch gar nicht übrig, denn ich hatte Geheimnisse, die ich bewahren musste.

»Also? Wirst du kommen? Mit Begleitung?«

»Tut mir leid, ich werde es wohl auch dieses Jahr nicht schaffen. Ich bin an dem Wochenende nicht in der Stadt.«

»Aha. Und wo bist du, wenn ich fragen darf?«

»Bei meinen Eltern.«

»Und wo leben die? Du hast mir noch nie wirklich von ihnen erzählt.«

»Außerhalb. Die Stadt ist klein. Kennst du mit Sicherheit nicht.«

»Vielleicht kannst du den Ausflug dorthin verschieben, immerhin bin ich deine beste Freundin.«

»Tut mir leid, da ist nichts zu machen.«

Olivia schnaubte und verschränkte die Arme. »Kommst du dann am Sonntag vorbei? Wir könnten Kuchen essen und ich …«

»Ich werde am Sonntag erst sehr spät zurückkommen.« Innerlich atmete ich tief durch, dann drehte ich mich um und sah sie an. »Es tut mir wirklich leid. Nächstes Jahr passt es vielleicht besser.«

Olivia ließ die Schultern hängen und blickte mich traurig an. »Darf ich mir etwas zum Geburtstag von dir wünschen, Nelly?«

»Natürlich.«

»Hör auf, so verdammt geheimnisvoll zu sein. Das macht mich noch wahnsinnig. Und geh unter Leute.«

»Mache ich doch, sonst würde ich nicht hier arbeiten.«

»Du weißt genau, was ich meine. Alles, was du tust, hat mit diesem Laden zu tun. Auf Dauer kann das keinesfalls gesund sein, meine Liebe.«

Das Gespräch nahm langsam eine unangenehme Wendung an. Mit den Jahren fragte Olivia mehr und genauer, was für mich zum Problem wurde. Ich wollte sie nicht belügen und tat es doch immer wieder. Dass sie mich überhaupt als eine Freundin ansah, rührte mich, immerhin wusste sie nicht viel über mich.

Zu meinem Glück lenkte uns die Türglocke ab und die Damen betraten den Laden. Es gab weder für Olivia noch für mich eine andere Möglichkeit, als ihnen unsere volle Aufmerksamkeit zu widmen, also begann ich damit, Jacken aufzuhängen, Gespräche über Wetter und Enkelkinder zu führen, Bestellungen aufzunehmen und diese zu bringen. Olivia bediente währenddessen die Laufkundschaft, warf mir aber immer wieder Blicke zu, die mich nachdenklich machten. Es war nicht meine Absicht, sie zu verletzen, doch meine Verschwiegenheit tat genau das. Das Wort ›Kündigung‹ setzte sich in meinem Kopf fest und sorgte dafür, dass ich schauderte. Das ›Tea Time Thompson‹ zu verlassen, hörte sich in meinen Gedanken schrecklich an, aber hatte ich am Ende eine andere Wahl? Echte Freundschaften aufzubauen war schwierig, wenn man ein Geheimnis hatte, das man niemandem erzählen konnte.

Die Tür ging auf und ein kalter Lufthauch sorgte dafür, dass ich eine Gänsehaut bekam. Das Wetter in London im Februar hatte es mit Kälte und Regen wirklich in sich. Gut für Olivia, denn in dieser Zeit lief der Laden am besten.

»Wow, was für eine wunderschöne Frau«, hörte ich sie sagen, als ich gerade bei ihr am Tresen ankam. »Sie sieht nicht aus, als wäre sie von hier. Ihr Gesicht kenne ich nicht.«

»Wen meinst du?«

»Die Frau dort drüben. Sie ist gerade hereingekommen und hat sich ans Fenster gesetzt.«

Mein Blick schweifte über die Damenrunde, glitt über ein paar weitere Gäste und blieb an einer Person hängen, deren Gegenwart dazu führte, dass mein Körper versteinerte. Was wollte Marit denn hier?

»Ich nehme ihre Bestellung auf«, grummelte ich und ignorierte Olivias Frage, ob ich sie kennen würde. Betont ruhig lief ich durch den Laden und blieb an ihrem Tisch stehen, obwohl ich innerlich aufgewühlt war. »Was darf es für Sie sein? Ich empfehle unseren Limonen-Käsekuchen und dazu die Kräutertee-Mischung.«

Die Hexe des Winters faltete die Hände auf dem Tisch und sah mich mit ihren eisblauen Augen freundlich an. »Das klingt sehr gut, vielen Dank. Und wäre es möglich, dass du dich zu mir setzt, Nelly? Nur für ein paar Minuten? Ich möchte mit dir sprechen.«

»Das geht nicht. Ich arbeite.«

»Nur fünf Minuten.«

»Du hättest in meiner Pausenzeit kommen sollen. Da ist nichts zu machen. Wir haben gerade viel zu tun.«

Wir sahen einander unablässig in die Augen und es kam mir so vor, als würde ich einen Wettkampf führen. Einen Wettkampf gegen die Urgewalt des Winters. Obwohl ich ihr eine Absage erteilt hatte, bewegten sich meine Beine keinen Millimeter fort.

»Es ist schon gut, Nelly. Die Damen haben alles, was sie brauchen und die Laufkundschaft lässt gerade etwas nach. Gegen eine Pause ist nichts einzuwenden.«

»Olivia!«, sagte ich und verbarg meine Empörung darüber nicht, dass sie uns ganz offensichtlich belauscht hatte.

Marit dagegen setzte ein sympathisches Lächeln auf. »Vielen Dank. Ich werde mich kurzfassen, versprochen.«

»Sind Sie eine Freundin von Nelly?«, fragte Olivia völlig ungeniert, was mir dann wirklich zu viel wurde. Auf keinen Fall durfte sie etwas über mein Geheimnis erfahren und das schloss meine Herkunft mit ein.

»Kundschaft«, sagte ich und deutete zum Tresen, vor dem zum Glück tatsächlich jemand stand. Jemand, der es aber nicht allzu eilig zu haben schien und sich nicht beschwerte.

»Ich bin Olivia Thompson, die Besitzerin des Ladens. Und Sie sind?«

»Mein Name ist Marit Evensen. Es freut mich sehr, Olivia.«

Die beiden gaben sich die Hände, dann breitete sich Schweigen aus. Es war ganz offensichtlich, dass meine Freundin auf eine Erklärung hoffte. Nach drei Jahren, in denen sie so gut wie nichts über mich herausbekommen hatte, schien ihre Neugierde unendlich groß zu sein, doch die Hexe des Winters gab keinen weiteren Ton von sich. Nur widerwillig lenkte Olivia ein.

»Schön, ich bringe euch gleich Tee und Gebäck. Hat mich gefreut.«

»Mich auch.«

Olivia stöckelte davon und gab mir endlich die Möglichkeit, herauszufinden, was die Hexe des Winters nach London trieb, noch dazu direkt ins ›Tea Time Thompson‹.

»Setz dich doch, Nelly und sieh mich nicht so böse an. Ich bin nicht hier, um mit dir zu streiten.«

»Du weißt genau, dass ich keinen Besuch meiner Sippschaft wünsche. Was, wenn meine Chefin etwas mitbekommt? Was, wenn sie merkt, dass ich …«

»Eine Hexe bin?«, beendete Marit meinen Satz und ließ mich damit erstarren.

»Nicht so laut! Soll es gleich der ganze Laden mitbekommen?«

Zu meinem Erstaunen lachte die Hexe des Winters leise und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Sie war die Ruhe selbst, aber sie hatte ja auch nichts zu verlieren. Ich betrachtete verärgert ihr ebenmäßiges Gesicht, die weiß-blonden, langen Haare und sah dabei zu, wie sie ihren schwarzen Mantel öffnete und ihn auszog. Dabei wurde mir wieder klar, wie verschieden Marit und ich waren. Sie war im Einklang mit sich und ihren Kräften, wurde aufgrund ihrer Fähigkeiten geachtet und war die Anführerin des Rates der Hexen und Zauberer. Wahrscheinlich war es ihr gar nicht bewusst, aber sie strahlte geradezu aus, dass sie anders war. Etwas Besonderes.

Olivia kam an unseren Tisch, bediente uns mit Tee und Kuchen und verschwand dann wieder. Marit nahm einen Schluck und seufzte auf.

»Der ist wirklich fantastisch. Ich glaube, so einen guten Tee hatte ich schon lange nicht mehr.«

»Eine Eigenmischung. Wir probieren gern Neues aus, um unseren Kundenstamm zu erweitern.«

»Und das mit Erfolg. Der Laden war nicht schwer zu finden, er ist in aller Munde.«

»Es hat gedauert, aber mittlerweile kann Olivia gut von den Einnahmen leben.«

Marit nippte wieder an ihrem Tee, dann stellte sie die Tasse ab und sah mich an. »Wie geht es dir?«

»Gut. Aber du bist nicht hier, um mich das zu fragen.«

»Und trotz allem wüsste ich es gern.«

»Mir geht es wirklich gut. London gefällt mir und ich liebe den Laden. Wenn es möglich wäre, würde ich für immer bleiben.«

»Warum sollte das nicht möglich sein?«

»Du weißt, warum«, gab ich ärgerlich zurück. »Für jemanden wie mich gibt es Grenzen und die beginnen schon dann, wenn andere neugierig werden. Es ist nicht leicht in der nichtmagischen Welt Fuß zu fassen.«

»Es muss nicht so sein, Nelly. Du machst dir das Leben unnötig schwer. Und deine Freundin kann ein Geheimnis mit Sicherheit bewahren.«

»Und was soll ich ihr bitte sagen? Dass ich eine verurteilte Hexe mit fürchterlichen Kräften bin? Soll ich ihr erzählen, was ich getan habe? Nicht dass ich es bereuen würde, aber diese Geschichte würde Olivia zu Tode erschrecken.«

Marit hob beschwichtigend die Hände. »Ich bin wirklich nicht hier, um zu streiten. Du kennst meine Ansichten, doch ich werde sie für mich behalten. Zumindest für heute.«

»Was möchtest du dann?«

Marit ließ sich mit ihrer Antwort unverschämt viel Zeit. Sie aß ein Stück von dem Limonen-Käsekuchen und schloss für einen Moment genussvoll die Augen. Dann rückte sie endlich mit der Sprache heraus.

»Ich bin hier, weil ich deine Hilfe brauche, Nelly.«

Dieser Satz ließ mich stutzen, denn ich hatte alles erwartet, nur nicht das. Wahrscheinlich hatte ich mich verhört. »Ich glaube, ich habe dich nicht richtig verstanden.«

»Das hast du sehr wohl. Komm schon! Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. Ist mein Anliegen so unmöglich?«

»Irgendwie schon.«

Marit blickte mich kurz sprachlos an, dann lachte sie auf. »Ich bin zwar die Hexe des Winters, aber ich bin nicht allmächtig. Es sind deine Fähigkeiten, die gebraucht werden. Deshalb bin ich hier.«

»Ich verstehe nicht so ganz. Worum geht es hier genau?«

»Um ein Haus. Um genau zu sein, um ein verfluchtes Haus.«

Kaum hatte sie ihren Satz beendet, stieß ich vor Schreck mit dem rechten Knie an die Tischplatte und sorgte dafür, dass unsere Teetassen wackelten. Mein Herz begann zu rasen und meine Hände wurden feucht.

»Und was habe ich damit zu tun?«

»Nelly …«

»Du weißt, dass das nicht geht. Der Rat hat sein Urteil gesprochen und mir verboten zu zaubern. Ich darf es nicht, also kann ich auch nicht helfen. So ein Pech.«

»Ich würde dich nicht fragen, wenn es einen anderen Weg gäbe, glaub mir. In diesem Fall wird der Rat eine Ausnahme machen und dir erlauben, deine Hexenkräfte zu nutzen, denn leider ist das Haus zu einem Problem geworden.«

»Inwiefern?«

»Wir können nur Vermutungen anstellen und gehen davon aus, dass die Hexe der Kristalle kurz vor ihrem Tod einen Fluch angewandt hat. Es ist so gut wie unmöglich, das Anwesen zu betreten, ohne dass etwas geschieht. Es ist fast so, als würde dieses Haus jeden neuen Interessenten abweisen. Mittlerweile hat es sich in seiner Stadt einen Namen gemacht und die Menschen haben Angst. Wir haben erfahrene Hexen und Zauberer damit beauftragt, sich die Sache anzusehen, doch sie alle sind gescheitert.«

»Aber wenn diese Hexe jetzt tot ist, wie kommt ihr dann darauf, dass es sich um einen Fluch handeln kann? Jeder weiß, dass gesprochene Flüche von Verstorbenen ihre Wirkung verlieren.«

»So ist es allgemein bekannt, doch hier scheint es anders zu sein. So einen Fall hat es noch nie gegeben und doch glauben wir an einen Fluch. Es ist die Pflicht des Rates, dem ein Ende zu bereiten, bevor ein Mensch zu Schaden kommt.«

Ich starrte auf meine Hände und überlegte, doch ich kam wieder und wieder zu demselben Ergebnis. Seit fast acht Jahren hatte ich meine Hexenkräfte schon nicht mehr benutzen dürfen und ich hatte keine Ahnung, ob ich es überhaupt noch wollte. Es hatte mich viel Kraft gekostet der Zauberei gegen meinen Willen den Rücken zu kehren, doch nun sollte ich alles stehen und liegen lassen und gerade für die Leute arbeiten, die mich verurteilt hatten. Es war nicht so, dass ich nicht helfen wollte, aber ich war nicht die richtige für den Job.

»Ich kann euch nicht helfen. Ihr seid allesamt begabt und findet sicher einen Weg. Tut mir leid.«

Marit tupfte sich mit einer Serviette den Mund ab, dann nahm sie etwas aus ihrer Jackentasche und schob es mir über den Tisch hin. »Nein, mir tut es leid, Nelly. In diesem Fall kann ich keine Absage akzeptieren. Du bist die Hexe der Flüche und die einzige, die uns helfen kann.« Sie erhob sich, zog ihren Mantel an und seufzte. »Ab sofort darfst du deine Kräfte wieder frei benutzen. Ich werde dir alle Informationen zukommen lassen und hoffe wirklich, dass du das Geheimnis des verfluchten Hauses aufdecken kannst. Bis bald.«

Noch immer sah ich den massiven Schlüssel an, den sie mir überlassen hatte. Warum ich keinen Aufstand machte, obwohl ich das alles nicht wollte? Weil es keinen Sinn machte, ihr zu widersprechen. Nicht, wenn sie etwas so offen forderte. Marit hatte sogar ihrer eigenen Schwester, der Hexe der Tiere eine Strafe aufgebrummt. Der Ruf dieser Tierhexe eilte ihr zwar voraus und war nicht gerade schmeichelhaft, aber hätte man als Schwester nicht alles daran gesetzt, die eigene Familie zu schonen? Kein Wunder, dass sie so problemlos etwas von mir forderte, was mir zuwider war, wenn sie schon mit ihrer Schwester kein Erbarmen hatte.

Ich konnte also entweder weinen und schreien oder diese Angelegenheit so schnell wie möglich hinter mich bringen. Ganz klar würde ich mich für zweiteres entscheiden, auch wenn ich dabei ein ganz schlechtes Gefühl hatte.

»Alles in Ordnung?« Olivia kam an den Tisch und setzte sich auf den Stuhl, auf dem eben noch Marit gesessen hatte. »Sie sah nett aus, aber offensichtlich war sie es nicht.«

»Sie kann beides sein.«

»Nach deinem Blick zu urteilen, ist sie ein böses Biest.«

Gegen meinen Willen musste ich lachen. Ich hätte dem zustimmen können, aber das wäre eine glatte Lüge gewesen. Marit Evensen, die Hexe des Winters, hatte sich dann für mich eingesetzt, als mich andere aufgrund meiner Kräfte hatten isolieren wollen. Ihrem Zuspruch hatte ich es zu verdanken, dass meine Strafe nicht noch schlimmer ausgefallen war. Es war wohl mein persönliches Pech, dass jetzt ein Fall eintrat, der augenscheinlich nur von mir gelöst werden konnte.

»Ich kann Menschen nicht leiden, die anderen etwas Schlechtes wollen. Dieser Frau wünsche ich zwei Monate durchgehenden Regen. Denkst du nicht auch?«

Olivia meinte es nicht so und doch war dieser Moment eines dieser Beispiele, weshalb ich immer achtsam sein musste. Wenn ein normaler Mensch jemandem etwas Böses wünschte, war das kein Problem, aber wenn ich, die Hexe der Flüche das tat, war das eine ganz andere Geschichte. Das könnte in einer Katastrophe enden.

»Ich weiß, es kommt etwas plötzlich, aber ich brauche Urlaub. Am besten drei oder vier Wochen«, sagte ich und schockierte Olivia damit so sehr, dass es ihr für einen Moment die Sprache verschlug. Dann willigte sie ein.

Was auch immer dieses verfluchte Haus für mich bereithalten würde, ich würde die Sache schnell erledigen.

Kapitel 2

Der Abschied von Olivia und dem ›Tea Time Thompson‹ fiel mir schwer. Mein Alltag war normalerweise von morgens bis abends durchgeplant, doch diese unerwartete Reise warf alles durcheinander. Anfangs hatte ich mir noch eingeredet, dass alles nicht so schlimm werden würde, doch dann bekam ich die Information, dass das verfluchte Haus in Lunenburg stand. Lunenburg! Das war in Kanada.

Da ich leider nicht zu den Hexen gehörte, die sich innerhalb weniger Sekunden von A nach B teleportieren konnten, blieb mir nur eine lange Reise mit dem Flugzeug, anschließend würde ich auf ein Taxi zurückgreifen müssen.

»Vielen Dank. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt«, ertönte eine viel zu fröhliche Ansage, kaum dass der Flieger wieder den Boden berührte.

»Als wenn ich freiwillig hier wäre«, murmelte ich und handelte mir den ungläubigen Seitenblick meiner Sitznachbarin ein. Knapp sechs Stunden hatte die Frau neben mir ausharren müssen und ab dem Moment, an dem mein Hintern das Sitzpolster berührt hatte, hatte sie beschlossen, dass wir während der gesamten Flugzeit beste Freunde sein würden. Ich warf ihr schnell ein Lächeln zu, das sie erwiderte. Sie war wirklich sehr nett, aber ich verspürte generell nicht das Bedürfnis, fremden Menschen etwas über mein Leben zu erzählen.

Zu Hause in London traf ich keine Leute, denn ich konzentrierte mich voll und ganz auf das ›Tea Time Thompson‹. Ich ging nicht aus und ich geriet auch nicht in unerwartete Freundschaften, Olivia ausgenommen. Sie war einfach eine Naturgewalt, die einem gar keine andere Wahl ließ, als sie ins Herz zu schließen.

Mir wurde klar, dass mir die Reise mehr abverlangen würde als gedacht. Ich sehnte mich nach dem schönen Teeladen, der Ruhe im Büro und einem leckeren Stück Kuchen.

Ich atmete tief durch, während meine Sitznachbarin ihr Handgepäck nahm und sich erhob, um sich in die Schlange einzureihen und das Flugzeug zu verlassen. Sie lächelte mich zum Abschied an und ich erwiderte diese Geste. Dann, als fast alle Passagiere ausgestiegen waren, machte auch ich mich auf den Weg. In der Halle herrschte reges Treiben und ich brauchte ein paar Sekunden, um mich zu orientieren. Wieder atmete ich tief durch und versuchte den Lärm auszublenden, dann brach mir der kalte Schweiß aus.

Was hatte ich mir nur dabei gedacht?

Normalerweise wäre ich zu dieser Zeit im Laden, in sicherer und bekannter Umgebung, doch ich war in Kanada, auf einem Flughafen mit gefühlt einer Million fremden Menschen. Abgesehen davon, wusste ich noch gar nicht genau, wann ich nach London zurückkehren würde. Dann sollte ich auch noch ein verfluchtes Haus entfluchen. Ich! Eine Hexe, die Ewigkeiten nicht zaubern durfte. Konnte ich es überhaupt noch?

Meine Brust verengte sich und ich hatte Mühe zu atmen, doch gerade als sich die Umgebung zu drehen begann, zog ein eiskalter Windhauch durch die Halle und riss mich aus meiner Starre. Ein Blatt Papier segelte vor mir durch die Luft und ich erkannte, dass es aus meiner Tasche gerutscht sein musste. Schnell griff ich zu und las zum x-ten Mal, was Marit geschrieben hatte.

Begib dich so schnell wie möglich nach Lunenburg. Das Haus befindet sich in der 97 Tannery Rd, direkt am Wasser. Melde dich bei mir, sobald du etwas über den Fluch sagen kannst und wie man ihn bricht. Das Haus hat vorher Charlotte McKenzie gehört. Falls jemand fragt, du bist eine entfernte Verwandte von ihr und hast es geerbt.

Schnell steckte ich den Zettel in meine Tasche zurück, fühlte mich aber seltsamerweise besser. Ich zog meinen Koffer vom Laufband und machte mich auf den Weg zum Ausgang, um mir ein Taxi zu nehmen, doch kaum betraten meine Füße den Bürgersteig, blieb ich mit vor Staunen weit aufgerissenen Augen stehen.

Dicke Schneeflocken segelten gen Boden und alles um mich herum war in eine weiße Decke gehüllt. Wie wunderschön! Ich hatte mich beim Packen meines Koffers nicht großartig darum geschert, was mich wettertechnisch erwarten würde, aber meine Kleidung war eindeutig nicht die richtige. Aber das war egal. So viel Schnee hatte ich nicht mehr seit meiner Kindheit gesehen und der Anblick erinnerte mich an schöne Weihnachtsfeste mit meinen Eltern, warme Getränke vor dem Kamin und an das Schlittschuhlaufen, das ich eine ganze Zeit lang als Hobby ausgeübt hatte. Auf einen Schlag so in alte Erinnerungen zurückgeworfen zu werden, konnte einen schon aus der Bahn werfen.

Ein Mann hob den Arm und winkte mir zu. »Sie sehen aus, als wären Sie geradewegs vom Flughafen ins Paradies geraten. Der Schnee gefällt Ihnen, was?«

Ich ging näher an ihn heran und betrachtete sein von Falten gezeichnetes Gesicht, die fast ganz ergrauten Haare und das Auto, an das er gelehnt stand. Ein Taxi. Besser hätte es nicht laufen können.

»Ja, sehr.«

»Wo kommen Sie her?«

»Aus London.«

Sein Grinsen wurde noch breiter. »Ah, London. Dort war ich auch mal, ist aber über 20 Jahre her. Schöne Stadt, da ist immer was los. Brauchen Sie eine Mitfahrgelegenheit?«

»Ich denke, man sieht es mir an, oder?« Ich verzog das Gesicht und deutete auf meine hochhackigen Stiefel. Bei diesem Wetter wäre ein Fußmarsch damit unmöglich. »Ich muss nach Lunenburg, in die 97 Tannery Rd.«

»97 Tannery Rd, Lunenburg«, wiederholte er und rieb sich den Bart. »Das ist noch ein gutes Stück von hier entfernt, aber ich muss sowieso dorthin zurück. Kommen Sie.«

Dann öffnete er die Beifahrertür für mich, nahm mir das Gepäck ab und verstaute es im Kofferraum. Kaum saß der Mann neben mir im Wagen, begann er wieder zu reden.

»Ich konnte mir in jungen Jahren nicht vorstellen, dass ich mal in so einem kleinen Fischernest wie Lunenburg sesshaft werden könnte, aber nachdem ich mit einem Freund durch halb Kanada gereist war, verliebte ich mich in dieses Fleckchen Erde. Und natürlich war da noch meine Frau, Filisha.«

Ich musste lächeln. »Die große Liebe, wie schön. Und dann an so einem schönen Ort. Das war sicher romantisch.«

Er stieß ein Schnauben aus. »Wo denken Sie hin? Nachdem ich mir mit meinem Freund in einer Kneipe ordentlich die Kante gegeben habe, bin ich ihr vor die Füße gelaufen. Tja, was soll ich sagen. Fisch und Bier vertragen sich manchmal nicht so besonders.«

»Sie haben doch nicht …«

»Habe ich! Direkt auf ihre Schuhe. Sie können sich nicht vorstellen, was dann los war. Filisha ist bekannt für ihr Temperament.«

»Kein besonders schönes Kennenlernen«, sagte ich und konnte mir das Grinsen nun auch nicht mehr verkneifen. »Wie um alles in der Welt haben Sie sie danach noch von sich überzeugen können?«

»Ich habe ihr gezeigt, dass ich eigentlich ein ganz anständiger Bursche bin. Hat gedauert, das können Sie mir glauben, aber die Mühe war es wert. Ich sagte ihr, dass ich weder Fisch noch Bier anrühren werde, bis sie mit mir ausgeht. Jeden Tag eine Blume und viele zufällige Begegnungen, die von meiner Seite aus weniger zufällig waren und nach geschlagenen zwei Monaten hatten wir unser erstes Date. Das waren noch Zeiten.«

Mein Taxifahrer strahlte so viel Zufriedenheit aus, dass es mir gelang, mich zurückzulehnen und mich zu entspannen. Vielleicht war so etwas auch irgendwann für mich möglich. Die Liebe spielte in meinem Leben nur eine nebensächliche Rolle, aber wie sollte es mit so einem Handicap auch anders sein? Einem nichtmagischen Mann zu offenbaren, dass ich eine Hexe war, war die eine Sache. Ihm dann aber auch noch zu erklären, dass ich normalerweise nicht zaubern durfte, weil man mich in der magischen Welt als eine Art Satan des Zauberns ansah, war eine ganz andere Geschichte. Eine, auf die ich verzichten konnte. Wer sollte das schon verstehen?

 Sicher, da gab es in der Vergangenheit den ein oder anderen Mann, denn ich war kein Mauerblümchen und im Endeffekt hatte jeder seine Bedürfnisse. Aber Liebe? So richtig echte, tiefgehende Liebe? Davon hatte ich keine Ahnung. Manchmal, in besonders einsamen Nächten, redete ich mir ein, dass es so etwas sowieso nicht gab, vor allem nicht in der heutigen Zeit. Da wurde betrogen, verletzt, herumgeschrien, nur um sich dann zu versöhnen und das gleiche Spiel wieder von vorn zu beginnen. Konnte ein bisschen Liebe so viel Schmerz wert sein? Wohl kaum.

»Mein Name ist übrigens Collin Miller«, sagte mein freundlicher Fahrer nach einer ganzen Weile und hielt mir seine Visitenkarte hin. »Für Sie nur Collin. Und wir sind da.«

»Danke. Und Sie nennen mich bitte Nelly.«

Er zwinkerte mir zu und stieg aus, um mein Gepäck aus dem Kofferraum zu holen. Dann reichte er mir die Hand zum Abschied und tippte sich an die Mütze. »Also dann, Nelly. Das hier ist das kleine Hotel einer lieben Freundin von Filisha und mir. Wenn Sie meinen Namen erwähnen, bekommen Sie sofort ein Zimmer.«

Verwirrt sah ich ihn an und blinzelte einige Male. »Hotel? Ich brauche kein Hotel. Ich wollte doch zur 97 Tannery Rd.«

»Tut mir leid, aber kein Taxifahrer in der Stadt wird Sie dorthin bringen und da bin ich keine Ausnahme. Sie sind besser mit einem Zimmer hier bedient, glauben Sie mir. Das Lunenburger Spukhaus ist nichts für eine Dame wie Sie.«

»Aber … Moment mal!«

Collin Miller stieg, ohne mit der Wimper zu zucken, in seinen Wagen und fuhr davon, während ich noch immer da stand und ihm nachblickte. Was sollte das denn? Und was sollte das heißen, kein Taxifahrer würde mich dorthin bringen? Hatten die Menschen wirklich solche Angst vor diesem Gebäude?

Ich hatte ja vermutet, dass Marit ein wenig übertrieb, aber scheinbar war dieser Fluch, oder was auch immer es war, tatsächlich außer Kontrolle geraten. Trotz Collins Aussage, versuchte ich einen Taxifahrer zu bekommen, doch kaum erwähnte ich meine Zieladresse, war niemand mehr frei. So ein Mist!

Mir blieb keine andere Möglichkeit, als die Navigation meines Handys zu benutzen und zu laufen, wenn ich noch ans Ziel kommen wollte. Glücklicherweise war das sogenannte Spukhaus nicht mehr weit weg. Zwei Kilometer. Das war mit diesen Schuhen nicht einfach, aber machbar. Und so begann mein gefühlt endloser Gang durch den Schnee. Der Bürgersteig war nur mäßig geräumt und dadurch, dass ich ständig mein Gleichgewicht kontrollieren musste, blieb mir keine Möglichkeit, die Gegend zu betrachten und mir einen ersten Eindruck zu verschaffen. Meine Zehen waren schon nach zwei Minuten eingefroren, ganz zu schweigen von meinen Händen, doch ich kämpfte mich immer weiter vor, bis ich endlich an der gewünschten Adresse ankam. Ich hob zitternd den Blick und staunte nicht schlecht. Das Spukhaus war kein winziges Häuschen, wie ich gedacht hatte, sondern eine kleine Villa. Fast so, als würden nicht nur die Menschen, sondern auch die anderen Häuser es meiden, stand es abseits von anderen Gebäuden und war von Bäumen umringt, sodass man von weitem kaum einen Blick drauf werfen konnte. Ich konnte zwei Eingänge erkennen, einen auf der rechten Seite und einen auf der linken Seite, der in einen turmartigen Raum führte. Meine Schritte führten mich direkt vor diesen Turm und mit offenem Mund las ich das Schild, das über der Tür hing.

»McKenzie's Dream. Kräuter, Steine und mehr.«

Ich trat wieder mehrere Schritte zurück und überlegte. Sollte das bedeuten, dass Charlotte McKenzie in diesem Haus einen Laden geführt hatte? Wie es aussah, war es so oder sie war eine etwas verrückte alte Dame, die solch ein Schild über ihrer Tür witzig fand. Das war aber eher unwahrscheinlich.

Kräuter und Steine, das war sehr auffällig für eine Hexe. Es war nicht so, dass Hexen und Zauberer niemandem sagen durften, dass sie Magie beherrschten, aber eine gewisse Vorsicht war schon angebracht. Wenn man jemandem sein Geheimnis preisgab, musste man sicher sein, dass dieser jemand mit dieser Information umgehen konnte und nicht versuchte sich zu bereichern oder es gleich der ganzen Welt mitzuteilen.

Ich betrachtete die Fassade des Hauses, die aus Stein war und so neu aussah, als wäre sie gestern gestrichen worden. Wahrscheinlich ein Zauber und auch nicht weniger auffällig. Ich ließ meinen Koffer und meine Tasche stehen, ging noch ein paar Schritte zurück und bewunderte die schönen Fenster und die schmale Veranda. Auf mich wirkte dieses Haus absolut ungefährlich und überaus einladend. Es hatte Charme und strahlte Ruhe und Kraft aus.

Obwohl mir die Kälte wirklich zu schaffen machte, wollte ich sehen, was sich hinter dem ersten Eindruck verbarg, also schloss ich die Augen und aktivierte zum ersten Mal seit einiger Zeit meine magischen Kräfte. Es fühlte sich in etwa so an, als würde ich versuchen, einen alten Motor wieder zum Laufen zu bringen. Anfangs gelang es nur stotternd, dann konnte ich meine Magie spüren und es fühlte sich an, als wäre sie nie fort gewesen.

---ENDE DER LESEPROBE---