Entführt: Du gehörst mir - Band 3 (Dark Reverse Harem) - Jasmin Baur - E-Book

Entführt: Du gehörst mir - Band 3 (Dark Reverse Harem) E-Book

Jasmin Baur

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Beschreibung

(Das düstere Reverse Harem Buch mit floralem Cover) »Heirate mich und du wirst Macht erlangen. Du wirst über Reichtum verfügen, den du niemals in einem Leben ausgeben kannst.« Maya Nowak, ein Entführungsopfer, das seit mehreren Monaten vermisst wird. Als sie bei einem Anschlag auf die Familie von Arentin verwickelt wird, ist nichts mehr wie es einmal war. Die Blutspur, die die Angreifer hinterlassen, verändert ihr Leben. Nach dem tragischen Verschwinden des Mannes, der sie für eine halbe Million gekauft hat, geht ihr Leben in den Besitz des neuen Familienoberhauptes über. Nun befindet sie sich in den grausamen Fängen eines skrupellosen, sadistischen Psychopathen, ohne jede Moral, der ganz besondere Pläne mit der attraktiven Maya hat. Sie muss sich eingestehen, dass es kein Entkommen gibt. Sie gehört ihm. Allerdings teilt Mayas neuer Besitzer sie gerne mit seinen Freunden oder weiteren Mitgliedern der Adelsfamilie. Immer mehr gibt sie sich dieser dunklen Begierde hin, denn niemand lässt Maya so begehrt fühlen, wie sie es tun.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 399

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Jasmin Baur

Entführt

Du gehörst mir

Band 3

Dark Reverse Harem

Entführt

Du gehörst mir

Band 3 der Reihe

1. Auflage

© 2023 Jasmin Baur

Coverdesign & Farbschnitt: Jennifer Schattmaier / 

schattmaier-design.com

Charakterkarten: Coverhexe (Alannah Kottenstede)Lektorat: gylgamesh2satyagraha

Bestellung und Vertrieb:

Nova MD GmbH, Vachendorf

ISBN9783988653727

Druck und Bindung: winterwork, Borsdorf

Jasmin Baur

c/o autorenglück.deFranz-Mehring-Str. 1501237 Dresden

www.missjbaur.com

Alle Rechte an Text und Bildern vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitungen oder Zeitschriften, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Text- oder Bildteile.

TRIGGERWARNUNG

Dieser Roman ist keine Liebesgeschichte!

Die Inhalte dieser Geschichte richten sich an erwachsene Leser mit starken Nerven. Mit dieser Geschichte verherrliche oder romantisiere ich keinesfalls sexuellen Missbrauch und Gewalt!

Dies ist ein rein fiktiver Roman, der weder eine Moral noch ein Weltbild darbieten soll!

Alle Handlungen und Personen

in diesem Buch sind frei erfunden.

Einzelne Kapitel enthalten Entführung, grafischbeschriebene sexuelle Gewalt und andere Missbrauchsformen, anal, grafisch beschriebene Gewalt, besitzergreifendes Verhalten, Drogenmissbrauch, Alkoholkonsum, Mord, Waffen, Folter, Erniedrigung, Demütigung, erzwungene Orgasmen, Depression, Atemreduktion, Angstzustände.

Wenn dich diese Themen triggern, bitte ich dich ausdrücklich, dieses Buch nicht zu lesen.

Bitte denke daran, dass ich dich ausführlich gewarnt habe. Nichts in dieser Geschichte entspricht der Wahrheit.

Prolog

Es ist ein warmer Frühlingstag. Die Sonne ist bereits dabei unterzugehen und färbt den Horizont in ein wunderschönes Abendrot. Der Himmel ist in dasselbe Rot getaucht wie die Farbe des Blutes, die mich bis in meine Träume verfolgt. Sie ist überall, ich sehe sie selbst dann, wenn ich die Augen für einen kurzen Moment schließe.

Eine leichte Windbrise lässt mein hüftlanges, dunkelbraunes Haar sanft im Wind wehen. Der Duft von Blumen liegt in der Luft, gepaart mit dem Geruch der salzigen Meeresluft. Die Aussicht auf das tosende Meer Siziliens ist atemberaubend. Nicht eine Menschenseele ist zu erkennen. Immer wieder schlagen die Wellen an die Klippen. Es beruhigt mich hier oben auf den Felsen zu stehen und dem Meeresrauschen zuzuhören. Die Möwen zu beobachten, wie sie unbeschwert am Horizont fliegen. Es lässt mich für den Moment all die schrecklichen Erlebnisse vergessen, die ich im letzten halben Jahr seit meiner Gefangenschaft durchleiden musste. Es lässt mich all die grausame Pein vergessen, wie meine Entführer Stück für Stück meine Persönlichkeit zerbrachen, um mich so auf mein zukünftiges Leben vorzubereiten. Es lässt mich vergessen, dass ich gebrandmarkt wurde und mich dieses Zeichen für immer entstellt. Doch nicht nur das, es bindet mich an die Familie von Arentin. 

Ich werde nie wieder dieselbe sein. Niemand der bei klarem Verstand ist, legt sich mit der kaltblütigen Familie von Arentin an. Es gibt niemanden, der mich retten wird. Und jene meiner Angehörigen, die hofften mich wiederzufinden, wurden vor langer Zeit durch das Vortäuschen meines Todes getäuscht. Darin waren sie gründlich. Niemand wird nach mir suchen. Nie wieder.

Bisher hatte ich wohl einfach Glück, dass ich den Mann, dem mein Leben gehört, noch nicht langweile. Ich hatte Glück all diese Qualen zu überleben. Manchmal schrecke ich schreiend nachts auf, da mich die schrecklichen Geschehnisse bis in meine Träume verfolgen. So widersprüchlich es ist, liegt er nun an meiner Seite. Er fängt mich auf und gibt mir Sicherheit. Derselbe, der für meine Albträume verantwortlich ist.

Eine leichte Gänsehaut legt sich auf meinen Körper, woraufhin ich mir mit den Händen über die Oberarme reibe. Dabei spüre ich das Gewicht des Ringes an meinem Finger und blicke diesen gedankenversunken an. Der protzige Diamant an meinem Ringfinger kommt mir noch immer unwirklich vor. Schwer atme ich aus und richte meinen Blick erneut auf das Meer. Durchhalten, ich muss einfach durchhalten. Wie ein Mantra wiederhole ich die Worte immer wieder in Gedanken. Doch ich bin einfach müde und zum Scheitern verurteilt Fluchtversuche zu planen. Ich habe überlebt. Ist das nicht alles was zählt? 

Also schließe ich für einen kurzen Augenblick die Augen und beschäftige mich nicht länger mit meinen trüben Gedanken. Stattdessen genieße ich wieder die traumhafte Aussicht. Verfolge wie die Sonne immer kleiner wird und am Horizont verschwindet.

„Signora, der Herr hat nach Ihrer augenblicklichen Anwesenheit verlangt." Einer der Bediensteten hat sich zu mir gesellt und steht dicht bei mir. Er spricht nur gebrochen meine Sprache, so wie alle anderen Angestellten. Also wende ich ihm meinen Blick zu, löse mich von dem so beruhigenden Anblick der tosenden Wellen, die gegen die Klippen schlagen. 

„Dann sollte ich ihn wohl keinesfalls länger warten lassen." Ein aufgezwungenes Lächeln legt sich auf meine Lippen, damit raffe ich mein bodenlanges Kleid etwas nach oben und balanciere über die Felsen. Manchmal kommt es mir vor wie in einem Märchen. Gerade wenn man meine Garderobe betrachtet. Sie ist königlich. Das schwarze Kleid ist hinten geschnürt und betont dadurch meine Taille. Der Stoff ist schwer, da er unglaublich edel ist. Manchmal fühle ich mich wirklich wie eine Prinzessin, wenn ich über das kilometerlange Grundstück laufe, mit direktem Ausblick auf das Meer Siziliens. 

Still folge ich dem im schwarzen Anzug gekleideten Herrn über das riesige Grundstück des Anwesens. Es soll 3,8 Hektar groß sein. Die Luxusvilla selbst besitzt mit 24 Zimmern 10.000 Quadratmeter Wohnfläche. Mehrere stilvolle Bäder sowie einen riesengroßen Indoor und Outdoor Pool. Das ältere Gebäude mit den hohen Decken wurde hochmodern umgebaut. Durch die bodentiefen Fenster ausgestattet, sind die Räume sehr hell und sonnenverwöhnt.

Es gibt keine Fesseln, in die ich gelegt wurde. Ich darf mich frei bewegen. Es steht mir jederzeit frei, das Grundstück zu verlassen. Er hat andere Mittel, mich in Ketten zu legen, damit eine Flucht für mich unmöglich wird.

In der prunkvollen Eingangshalle echoen meine Schritte durch die Gänge. „Du warst lange weg!" Iven lehnt an der Mauer und beobachtet jeden meiner Bewegungen. Er klingt vorwurfsvoll, doch das interessiert mich nicht weiter. Iven hat mir nichts zu sagen, schon lange nicht mehr. Er ist nur ein Schatten meiner Vergangenheit. Also verdrehe ich nur die Augen und kontere: „Kümmere dich um deine Angelegenheiten!" Er schnaubt lediglich und folgt mir wie ein Schatten. Kurz bevor ich mein Ziel erreiche, stoppt er allerdings und nimmt erneut eine Wachposition ein. Er ist mittlerweile so etwas wie mein Wachhund geworden.

Die Türe zum Büro wird mir von einem der Bediensteten geöffnet, wodurch ich ins Büro eintreten kann. Er steht mit dem Rücken zu mir am Fenster, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Er trägt einen maßgeschneiderten Anzug, der ihm perfekt auf den Leib geschneidert steht. Seine selbstsichere Haltung schüchtert mich noch immer ein. Wie beim ersten Tag unserer Begegnung. Eine Gänsehaut überzieht meinen Körper, als die Türe hinter uns geschlossen wird und wir alleine sind. Noch immer hat er diese Wirkung auf mich. Das hat sich in all der Zeit nicht geändert. Als er mich bemerkt, dreht er sich langsam zu mir um. Seine Augen bohren sich in meine, während sich seine sinnlichen Lippen zu einem breiten, spitzbübischen Grinsen verziehen. „Hattest du einen schönen Tag, Prinzessin?"

Kapitel 1

Sizilien

Eine Berührung lässt mich langsam erwachen. Zunächst bin ich orientierungslos, als ich wieder zu mir komme. Mein Mund ist staubtrocken und ich kann kaum schlucken. Eine übliche Nebenwirkung eines Betäubungsmittels. Motorgeräusche von einem fahrenden Auto brummen in meinen Ohren. Alles klingt so weit weg, als wäre ich unter Wasser. Ich öffne die Augen, doch ich kann nicht sehen. Ich brauche einen Moment, um zu verstehen, dass mir die Augen verbunden wurden, was mich daran hindert, mein Umfeld zu erkunden. Vergeblich versuche ich meine Hände und Füße zu bewegen, doch auch meine Fuß- und Handgelenke wurden fixiert. 

Umso klarer mein Verstand wird, beginne ich mich wieder an alles zu erinnern. Wir wurden angegriffen. Überall lagen Leichen und Blut. Sie haben Riccardo von Arentin, das Oberhaupt der Familie, vor meinen Augen getötet. Sein Bruder Leon von Arentin, der mich vor mehreren Monaten gekauft hatte und mich töten wollte, wurde von dem Mann mit den ozeanblauen Augen als Geisel genommen. Milan hat entgegen aller Erwartungen sein Erbe angetreten und wurde damit zum neuen Oberhaupt der Familie. Ich sollte hingerichtet werden, doch Enrico wollte sein Versprechen halten und forderte mein Leben für seine Zwecke. Allerdings lehnte Milan seine Forderung ab, und machte ihm klar, dass ich ihm gehöre. 

Anschließend wurde ich betäubt, um nach Sizilien verschleppt zu werden. Allem Anschein nach befinde ich mich auf dem Rücksitz eines Autos. Mein Kopf ist etwas höher platziert. Wie auf einem Kissen. Nur härter. Etwas Schweres liegt auf mir. Es fühlt sich warm an. Vermutlich ein Arm, denn eine Hand befindet sich unter meinem Oberteil. Fest ist meine Brust umgriffen, während ein Finger mit Druck über meine Brustwarze streicht. Gleichzeitig wandert eine zweite Hand zwischen meine Beine und lässt mich leicht zusammenzucken. 

„Scheiße, ich würde sie so gerne ficken, doch ich will sie bei vollem Bewusstsein. Ich will ihre jämmerlichen Schreie hören, wenn ihr klar wird, dass sie unter mir liegt!", raunt Iven die Worte dicht an meinem Ohr. Er will, dass ich höre, was er mit mir vorhat. Er will Angst in mir auslösen. Das scheint allerdings sein Gegenüber nicht zu wissen, denn er klingt eher skeptisch über Ivens Vorhaben.

„Ist das mit Milan abgesprochen? Sein Onkel Herr von Arentin wirkte nicht gerade zufrieden mit der Entscheidung, dass wir Maya nach Sizilien bringen." Diese Stimme gehört eindeutig Finn. Er hat diesen warnenden Unterton und scheint tatsächlich Bedenken zu haben. Doch Iven schnaubt lediglich abfällig und bringt ihm scharf entgegen: „Was sollte Milan einzuwenden haben? Er ist mein engster Freund. Außerdem schuldet er mir einen Fick mit der Süßen. Ohne mich hätte er diesen Wildfang überhaupt niemals gevögelt. Ich lasse sie ja am Leben. Ich will lediglich die Angst in ihren Augen sehen, wenn ich es ihr besorge."

Ein abfälliger Laut entweicht Finn und auch seine Tonlage verdeutlicht, dass er nichts von Ivens Plänen hält. „Es ist mir ein Rätsel, wie Milan dir vertrauen kann. Ihr psychischer Zustand hängt an einem seidenen Faden. Ich hätte nicht gedacht, dass sie sich überhaupt von alledem jemals erholt. Wenn du ihr jetzt einen irreparablen Schaden zufügst, wird Milan seine Pläne mit ihr nicht umsetzen können. Außerdem wissen wir nicht, welchen Anspruch sein Onkel auf Maya hat. Ist es dir wirklich einen Fick wert, den Kopf zu verlieren?"

„Eigentlich ist mir deine Meinung völlig egal! Der Einzige, der mir was zu sagen hat, ist Milan. Und da er gerade nicht da ist, mache ich was ich will mit der Kleinen!" Sowie er die Worte ausspricht, schiebt er seine Hand unter meine Hose. Es ist unangenehm, da ich noch immer von Leons letzter Folter nicht vollständig verheilt bin. Reflexartig schiebe ich mich in die andere Richtung, was ihm ein raues Lachen entlockt.

„Ich wusste, dass du wach bist!" Iven schiebt die Augenbinde ein Stück nach unten und fragt gespielt freundlich: „Hast du mich vermisst?" 

Das grelle Sonnenlicht blendet mich und lässt mich die Augen fest zusammenkneifen. Ich muss mehrmals blinzeln, um meine Augen an das helle Licht zu gewöhnen. Wie bereits vermutet, befinden wir uns in einem Auto. Finn sitzt am Steuer, während Iven und ich uns auf dem Rücksitz befinden. 

Iven hat dieses selbstgefällige Grinsen auf den Lippen, mit dem er mir verdeutlicht, dass er gewonnen hat. Ich bin erneut in seiner Gewalt. Seine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen sind fest auf mich gerichtet. Noch vor ein paar Monaten wäre ich darin versunken, doch mittlerweile lösen sie ein Gefühl der unbändigen Wut in mir aus. Iven hatte durch sein umwerfendes Aussehen bereits bei unserer ersten Begegnung meine volle Aufmerksamkeit. Mein Blick wandert über seine dunkelbraunen Haare zu seinen geschwungenen Lippen über seinen gepflegten Dreitagebart. Seine perfekt symmetrischen Gesichtszüge und die markanten Wangenknochen lassen ihn sehr maskulin wirken. Schon damals hatte er mich mit seinem nahezu perfekten Erscheinungsbild in seinen Bann gezogen. 

Doch trotz, dass er mich entführt hatte, habe ich mich durch seine manipulative, liebevolle Art täuschen lassen, sodass ich mich in eine Illusion verliebte. Wieder erinnere ich mich an den Schmerz, als er mich für meine Gefühle auslachte und mir klar wurde, dass er nur mit mir gespielt hatte.

Da ich nur unverständliche Flüche gegen den Stoff in meinem Mund murmele, wird Ivens Grinsen noch breiter. Er scheint es wirklich zu genießen, in meine hasserfüllten Augen zu sehen. Sogar so sehr, dass er mir den Knebel vom Mund entfernt.

„Fick dich, Iven!", spucke ich ihm entgegen. Doch er legt lediglich erneut seine Hand auf meinen Schenkel und gleitet zu meiner Körpermitte. Er scheint es wahrlich zu genießen, mich ungefragt zu berühren. Mir dabei in die Augen zu sehen, während ich ihn verachtend ansehe.

„Na, na, Süße, diese Schimpfworte stehen dir nicht!", verhöhnt er mich. Sobald er meine Intimregion über den Stoff meines Slips zu massieren beginnt, blicke ich ihm fest und herausfordernd in die Augen. „Worauf wartest du? Fick mich und brenn in der Hölle! Du wirst die Reaktion nicht von mir bekommen, die du willst. Ich habe so viel Schlimmeres erlebt, als du mir je antun könntest."

Ich sehe wie Finn meine Reaktion im Rückspiegel verfolgt. Seine bernsteinfarbenen Augen begegnen meine Augen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, er hat ein Schmunzeln auf den Lippen. Doch ich schaffe es nur, ihm einen kurzen Blick zuzuwerfen, da hat Iven schon wieder meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

„So tapfer!", verspottet Iven mich und erhöht den Druck auf meine Intimregion. Seine Berührung fühlt sich unangenehm an, doch ich verharre bewegungslos. Das bringt ihn dazu, mich weiter zu provozieren: „Ich werde dein Betteln genießen, wenn du mich um Gnade anflehst!"

Selbst wenn ich wollte, könnte ich mich nicht wehren. Doch das habe ich auch gar nicht vor. Lieber sterbe ich als ihm meine Angst zu zeigen oder mich zu widersetzen.

„Ich gehöre Milan und trage das Brandmal der Familie von Arentin! Also mach schon! Nimm dir was du willst und lebe mit den Konsequenzen!", fauche ich und ernte dafür nur ein belustigtes Schmunzeln: „Das ist in der Tat eine Wendung. Aber das beeindruckt mich nicht! Glaub mir, du bist für Milan nichts Besonderes! Ich kenne ihn mein ganzes Leben! Er wird schon sehr bald mit dir fertig sein!"

„Enrico wird dir dafür den Schwanz abhacken, wenn du mich vergewaltigst!", bluffe ich und verziehe dabei keine Miene. Bei unserem letzten Zusammentreffen hatte ihm Enrico deutlich gemacht, seine Finger bei sich zu lassen. „Ich stehe unter seinem Schutz, das ist auch der einzige Grund, warum Leon mich nicht nach meinem Fluchtversuch getötet hat!" Natürlich ist es eine Lüge. Alles hat sich mit Riccardos Tod verändert, doch das weiß Iven nicht. Tatsächlich verschwindet der Druck auf meine Körpermitte und er zieht seine Hand zurück.

„Gut, ich kann warten", grinst er hinterlistig und streichelt mir zärtlich über die Wange. „Wenn Milan entscheidet, dass du meine kleine Hure bist, wird selbst sein Onkel nichts daran ändern können! Dann mach ich mit dir was ich will."

„Wir sind da!", unterbricht uns Finn, wodurch ich meinen Fokus auf mein Umfeld lenke. Wir stehen vor einer riesengroßen Villa, die selbst das Weiße Haus in den Schatten stellt. Das Anwesen ist einfach riesig. Mit wunderschönen Säulen und edlen Verzierungen. Ich habe noch niemals so ein atemberaubendes Gebäude gesehen. Doch am außergewöhnlichsten ist der Ausblick auf das Meer. Ich fühle mich wie in einem Märchen. Schließlich gibt es in jedem Märchen eine Prinzessin, die von einem Bösewicht gefangen gehalten wird.

„Gut, dann bringen wir unseren Wildfang in ihr Zimmer", zwinkert mir Iven zu und zieht ein Messer aus seiner Tasche. Obwohl mir das Ding in seiner Hand eine Scheißangst bereitet, blicke ich ihm stur in die Augen. Doch er schneidet lediglich die Fesseln an meinen Hand- und Fußgelenken durch. „Versuch erst gar nicht von hier abzuhauen. Du befindest dich auf dem Familienanwesen der von Arentins. Das Gelände wird von mehreren hundert Männern bewacht."

„Denkst du ich bin blöd?", frage ich zynisch und reibe meine schmerzenden Handgelenke. Finn öffnet derweil die Türe neben uns. Ich habe nicht einmal mitbekommen, dass er ausgestiegen ist. Also komme ich seiner stummen Aufforderung nach und steige aus dem Auto. Der angenehme Duft von frischen Blumen und salzigem Meerwasser steigt mir in die Nase. Der Geruch erinnert mich an Urlaub. Es ist angenehm warm und die Sonne scheint. „Gehen wir!", fordert Finn, woraufhin ich zustimmend nicke und dem Schwarzhaarigen folge. Auch Iven läuft neben uns her. Ich fühle mich noch immer klein zwischen den beiden Männern, die einen Kopf größer sind als ich. Und dass, obwohl ich selbst mit einem Meter siebzig nicht unbedingt klein bin. Auch körperlich sind sie von ihrer Statur breit gebaut, wobei man Iven ansieht, dass er für seinen Body täglich mehrere Stunden trainiert. Finn wirkt gegen ihn weniger massig. Beide Männer sind verflucht attraktiv, was es ihnen spielend leicht macht, junge Frauen einzulullen, um sie zu entführen.

Um zum Eingang zu gelangen, laufen wir an mehreren Wachmännern vorbei, die Iven und Finn zunicken. In der Tat wird dieses Gebäude stärker überwacht als Leons Anwesen. Vermutlich weil wir uns auf Riccardos Grundbesitz befinden. Genau weiß ich es aber nicht. Niemals hätte ich gedacht, dass Milan dermaßen stinkreich ist. Er wirkte auf mich immer wie ein kleinkrimineller Ganove.

Im Eingangsbereich der Villa ist alles aus hochwertigen, warmen terracottafarbenen Natursteinen angefertigt. Selbst ein großer, edler Brunnen mit einer Skulptur befindet sich darin. Das Gebäude scheint riesig zu sein. Alles ist pompös im hochmodernen Barockstil eingerichtet. Eine Mischung aus Antike und trotzdem zeitgemäß. Überall sind unzählige Türen, auch im Obergeschoss zu dem eine Wendeltreppe führt. 

„Du wirst dich zunächst in deinem Zimmer aufhalten und dich zurechtmachen. Ich werde dir derweil etwas zum Anziehen besorgen", beginnt plötzlich Finn, was mich zu ihm aufschauen lässt. „Dir ist hoffentlich klar, dass Milan eine schwere Zeit durchmacht. Wenn du leben willst, rate ich dir heute Nacht anstandslos und ohne Kommentare zu kooperieren. Was auch immer er von dir will, du wirst ihm die Wünsche von den Augen ablesen!", belehrt mich Finn. Wir folgen ihm die Treppen ins Obergeschoss, einen langen Gang entlang. Dabei hakt er nach: „Hast du das verstanden?"

Mit großen Augen blicke ich ihn an. Dass dieser Hinweis ausgerechnet von Finn kommt, gibt mir zu denken. Ich habe gemerkt, dass Milan sich verändert hat. Er wirkt irgendwie unberechenbar seit unserer letzten Begegnung. Natürlich war er das schon vorher, aber dass er dieses provozierende Grinsen verloren hat, macht mir Angst. Er wirkt, als wären jegliche seiner Emotionen mit seinem Vater gestorben.

„Genau. Sicher erinnerst du dich daran, dass er dich ohne zu zögern umbringen wird, wenn du ihm nicht voller Hingabe den Schwanz lutschst", spottet Iven und streichelt mir anzüglich mit diesem dreckigen Grinsen über meinen Oberarm. Reflexartig schlage ich seine Hand weg und schnaube abfällig, bevor ich zische: „Ich weiß wer Milan ist! Und noch besser weiß ich was meine Aufgabe hier in diesem Haus ist!"

Iven schmunzelt. Es steht ihm ins Gesicht geschrieben, wie sehr er es genießt mich zu provozieren. Finn stoppt derweil vor einer Türe und öffnet diese. Darin befindet sich ein Himmelbett, ein schöner weißer Hochflorteppich und eine Kommode. Doch das Highlight ist das angrenzende Badezimmer und das noch leere Ankleidezimmer. Auch dieser Raum ist wie die anderen im Barockstil eingerichtet. Die Möbel sind cremefarben mit rosa und goldenen Akzenten. Ich fühle mich tatsächlich wie in einem Walt Disney Film.

„Gut, dann hast du sicher nicht vergessen, dass dich Milan wegen deiner Sturheit mehrfach umbringen wollte. Ich meine es gut mit dir, Maya. Und ich warne dich. Keiner von uns kann dir helfen. Milan ist durch seine Erbschaft in einer weitaus höheren Position als es Iven und ich je sein könnten. Du bist also auf dich selbst gestellt", erklärt Finn und deutet mir in das Zimmer einzutreten. Es stimmt. Finn sagt das nicht, um mich zu verängstigen. Er klingt wirklich besorgt. Ganz im Gegenteil zu Iven, der diese Wendung offensichtlich in vollen Zügen genießt und mich verhöhnt wo er nur kann.

Erst jetzt nehme ich den traumhaften Ausblick auf das Meer wahr. Das alles hier kommt mir unwirklich vor. Diese traumhafte Kulisse und dieser irre Gedanke, dass Milan an der Spitze steht. Doch so ist nun mal deren Welt von der ich nichts verstehe. 

„Ich habe es kapiert", gebe ich neutral zurück, woraufhin mir Finn zunickt. „Sehr gut, dann geh jetzt bitte duschen. Ich besorge dir so lange etwas zum Anziehen." Gerade als ich mir das angrenzende Badezimmer ansehen will, spüre ich einen festen Griff um meinen Oberarm. Die einzelnen Finger graben sich in meine Haut, was mich einen letzten Blick zu Iven werfen lässt. Dieser grinst mehr als selbstgefällig und zwinkert mir zu: „Sobald Milan mit dir fertig ist, gehörst du mir!"

In einer schnellen Bewegung befreie ich mich von seinem Griff und blicke ihn stur an. Auch wenn mein Magen bei dem Gedanken krampft, dass ich Iven, nach allem was er mir angetan hat, so nah an mich ranlassen muss, erwidere ich unbeeindruckt: „Ich freue mich schon drauf!"

Ivens Grinsen wird noch breiter, wenn das überhaupt möglich ist, während er sich an Finn wendet: „Ist sie nicht süß? Sie spielt noch immer die Starke. Doch wir alle drei wissen, wie erbärmlich sie schreien wird, wenn ich sie heute Nacht an das Bett fessele und mir nehme was ich will!"

„Erstmal muss sie die Nacht mit Milan überleben!", widerspricht ihm Finn und läuft zur Zimmertüre hinaus, während er an Iven gewandt meint: „Gehen wir! Wir haben noch einiges zu tun und keine Zeit für sowas!" Auch Iven folgt ihm, wobei er es sich nicht nehmen lässt, sich mit einem „Bis später" zu verabschieden. Es klingt wie eine Kombination aus einer Drohung und einem Versprechen. Aber das wundert mich nicht, schließlich wurde Iven wegen mir verstümmelt. Natürlich hatte er es verdient, dass ihm Leon einen seiner Finger abhackte. Dafür, dass er mich angefasst hat. Iven will Vergeltung, das ist mir bewusst.

Tief durchatmend begebe ich mich ins angrenzende Badezimmer. Auch hier ist der vorangegangene Luxus zu finden. Alles ist in edlem, schwarzem Marmor ausgestattet. Sowohl eine Toilette als auch eine Dusche und Badewanne befinden sich in diesem Raum. Wie mir befohlen, entledige ich mich meiner Kleidung und gehe unter die Dusche. Sobald ich meine Körperhygiene hinter mich gebracht habe und mit der gesamten Körperpflege fertig bin, gehe ich zurück ins Schlafzimmer. 

Mittlerweile liegen schwarze Dessous, halterlose Strümpfe und ein Negligé-Mantel aus Chiffon, ebenfalls in derselben Farbe, auf dem Bett für mich bereit. Natürlich, ich werde gekleidet wie eine Nutte, die ihren Herren zur Befriedigung dienen muss. Das ist nichts Neues für mich. Doch die Kleiderwahl ist eindeutig auf Milans Geschmack abgestimmt. Augenrollend ziehe ich den Hauch von Stoff an und laufe anschließend zum Fenster. Der Ausblick ist einfach traumhaft. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so gepflegte Gartenanlage mit Ausblick auf das Meer gesehen zu haben. 

Es ist unglaublich, dass ich mich wirklich auf Sizilien befinde. Außerdem kommt es mir noch immer unwirklich vor, dass Leon tatsächlich von diesen Männern als Geisel gehalten wird. Niemals hätte ich erwartet, dass ich die Gefangenschaft bei Leon überlebe. Doch für den Moment muss ich das nächste Zusammentreffen mit Milan überstehen. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat nicht einmal mehr Enrico ihm etwas zu befehlen. Schon gar nicht was mich betrifft. Seufzend gehe ich zum Bett und lege mich darauf. Verbringe Stunden damit, mich von links nach rechts zu drehen. Starre an die Decke oder kuschele mich in das weiche Kissen und schließe die Augen. 

Ich muss eingeschlafen sein, denn es ist mitten in der Nacht, als es an meiner Zimmertüre klopft und Iven unaufgefordert eintritt. Sofort bin ich hellwach und erhebe meinen Oberkörper vom Bett. Ich kann hören wie meine Ohren rauschen und mein Herz rasend schnell in meinem Brustkorb hämmert. Doch als er zu sprechen beginnt, habe ich das Gefühl, dass sich eine Schlinge um meinen Hals legt, die augenblicklich zugezogen wird. „Er ist da! Komm mit!"

„Okay" flüstere ich. Augenblicklich fangen meine Finger an zu zittern und ich spüre einen eiskalten Schauer meine Wirbelsäule hinablaufen. Dennoch stehe ich folgsam auf und folge Iven. „Versuche am Leben zu bleiben. Erspare dir unnötige Schmerzen und gib ihm einfach was er will", redet er auf mich ein und geht dabei aus dem Zimmer hinaus auf den Gang. Mit einem beklemmenden Gefühl im Bauch tapse ich ihm hinterher. Eigentlich steht mir nicht wirklich der Sinn nach einer Unterhaltung. Schon gar nicht mit ihm. Dennoch murmele ich kaum hörbar: „Ich werde es versuchen..."

Iven läuft ohne ein weiteres Wort in das Untergeschoss. Wir gehen an einigen verschlossenen Türen vorbei. Die gesamte Villa ist nur sehr schwach beleuchtet, alles wirkt sehr ruhig und friedlich. Mit jedem Schritt, dem ich ihm folge, steigt meine Aufregung ins Unermessliche. Mein Herz klopft so schnell und das Blut rauscht in meinen Venen, sodass ich nur am Rande mitbekomme, wie Iven vor einer Türe stehenbleibt und diese öffnet. Mit einem spöttischen „Viel Spaß!" deutet er mir in den Raum einzutreten.

Nur ganz langsam betrete ich das riesengroße Zimmer. Es scheint ein Bürozimmer zu sein. Milan sitzt vor dem Schreibtisch. Als er mich bemerkt, blickt er mich stumm an. Er rührt sich nicht. Lediglich seine Augen verfolgen mich. Sein Gesichtsausdruck ist voll von abgrundtiefem Hass. Ich weiß, dass dieser Hass nicht mir gebührt, dennoch fürchte ich mich vor seinem Blick. Vor ihm auf dem Tisch liegt ein Päckchen mit weißem Pulver. Vermutlich Kokain. Daneben ein gerollter Geldschein und die Überreste einer Line. Aufgrund seiner geweiteten Pupillen schätze ich, dass er unter Drogeneinfluss steht. Milan schwenkt ein Whiskyglas in der Hand, gefüllt mit einer braunen Flüssigkeit. Mit einem Zug trinkt er das Glas leer und knallt es auf den Tisch. Das laute Geräusch lässt mich augenblicklich zusammenzucken. Kurz frage ich mich, wie viel Alkohol er wohl bereits intus hat. Wie viele Drogen... Er wirkt müde. Denn deutliche Augenringe haben sich unter seinen grünblauen Augen gebildet.

Sobald ich in der Mitte des Raumes bin, wird die Türe hinter mir geschlossen. In kleinen Schritten laufe ich auf ihn zu. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen. Er beobachtet mich dabei, verfolgt jede meiner Bewegungen. Ich fühle mich wie ein scheues Reh, auf das jeden Moment die Jagd eröffnet wird. Dennoch streife ich den Negligé-Mantel von meinen Schultern und lasse ihn zu Boden fallen. Nur in schwarzer Spitzenunterwäsche und mit halterlosen Strümpfen bekleidet setze ich meinen Weg fort, bis ich vor ihm stehe. 

Nun rührt auch er sich und dreht sich in seinem Sessel, sodass er mir direkt gegenüber ist. Wortlos gehe ich vor ihm auf die Knie und blicke ihn verständnisvoll an. Noch niemals zuvor habe ich so einen wütenden und zugleich leidenden Gesichtsausdruck bei ihm gesehen. Niemals hätte ich erwartet, dass es mir jemals das Herz zerreißen würde, ihn so zu sehen. Er hat seinen Vater verloren und trauert. Wie soll ich ihn da mit Sex auf andere Gedanken bringen?Dennoch lege ich vorsichtig meine Finger auf seinen Schenkel und gleite langsam zwischen seine Beine. Dabei gebe ich ihm mit einem auffordernden Augenaufschlag die stumme Zustimmung mit mir zu tun wonach ihm ist. Er scheint wortlos meine Intention zu verstehen, denn er erhebt seine Hand und legt sie an meine Wange. Zärtlich fährt er mit seinen Fingerspitzen meinen Kiefer entlang und beschert mir damit eine Gänsehaut.

„Ich will dich nicht umbringen, aber heute kann ich für nichts garantieren!"

„Es ist okay", hauche ich ergeben und blicke ihn weiterhin sanft an. Er wirkt heute nicht auf mich wie der geisteskranke Psychopath, den ich kennengelernt habe. Nein. Er meint seine Worte wirklich aufrichtig. Sie sind nicht mit Groll, sondern reumütig gesprochen. Er will mir nicht wehtun, das spüre ich. 

Meine Finger haben mittlerweile seinen Schritt erreicht. Mit leichtem Druck massiere ich seine Männlichkeit durch die Hose. Während wir uns weiterhin in die Augen sehen, spüre ich, welche Wirkung mein Anblick auf ihn hat. Er wird hart, was seine Hose gefährlich eng werden lässt. In einer schnellen Bewegung steht er auf und packt mich. Milan wirbelt mich herum und drückt meinen Oberkörper auf die Schreibtischplatte. Er stellt sich dicht hinter mich, sodass ich ihn an meiner Kehrseite spüre. Ich wehre mich nicht dagegen, sondern strecke ihm meinen Hintern entgegen und spreize die Beine ein Stück. Signalisiere ihm meine Zustimmung, dass er mich nehmen soll. Dabei lege ich meinen Oberkörper und meine Hände locker auf den Tisch. Auch wenn es absurd klingt, sagt mir ein Gefühl, dass er mich wirklich nicht ernsthaft verletzen will. Ich spüre, dass ihn irgendetwas zurückhält, mir ernsthaften Schaden zuzufügen. Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und atme tief durch: „Ich vertraue dir!"

Entgegen meiner Erwartung, dass er mir die Unterwäsche vom Leib reißt, lässt er hauchzart seine Fingerspitzen meine Wirbelsäule hinunterwandern. Er fährt die Rundungen meines Körpers nach. Anschließend beugt er sich zu mir herunter, sodass ich seine Stimme an meinem Ohr vernehme:

„Genau deswegen wirst du jetzt gehen, Maya! Dich brauche ich noch!" Er zieht mich vom Tisch hoch und sieht mich mit diesem ausdruckslosen Blick an. Mir steht wortwörtlich der Mund offen, als er sagt: „Ich will, dass sie mir eine Hure schicken!"

„Aber..." will ich ihm widersprechen, doch er legt seinen Finger auf meine Lippen. Er gibt mir so zu verstehen, dass ich jetzt besser schweigen sollte. „Ich werde meinen Frust nicht an dir abbauen! Dich brauche ich für etwas anderes!" Er haucht mir einen Kuss auf die Lippen und fordert anschließend: „Geh jetzt!"

„Wie du wünschst", erwidere ich und senke den Blick. Dann wende ich mich von ihm ab und laufe aus dem Zimmer. Dabei hebe ich meinen Negligé-Mantel vom Boden auf. Sobald ich das Zimmer verlassen habe, schließe ich die Türe und lehne meinen Kopf gegen das Holz. 

Noch immer klopft mein Herz wie verrückt, doch da ist noch etwas anderes. Da ist ein eigenartiges, beklemmendes Gefühl in meiner Brust. Noch niemals zuvor wurde ich von Milan abgewiesen. Ich kann seine Beweggründe nachvollziehen. Wahrscheinlich hätte er mich im Affekt umgebracht. Wir beide wissen wie impulsiv er handelt und ohne nachzudenken. Doch eine Prostituierte? Heute scheine ich ihm nicht geben zu können, wonach er verlangt. Mir ist klar, dass er diese Frau umbringen wird. Trotzdem verletzt mich seine Abweisung auf eine seltsame Art. 

Eine Gestalt erhebt sich aus dem Schatten und ich zucke schreckhaft zusammen, als ich plötzlich Enricos Stimme vernehme: „Du bist ihm wohl doch wichtig."

An meinem ganzen Körper bildet sich eine Gänsehaut und ich sehe mit noch stärker klopfendem Herzschlag in seine Richtung. Er ist hier. Enrico ist in diesem Haus. Da es dunkel ist, kann ich nur seine Umrisse erkennen. Sein Gesicht wirft einen leichten Schatten. Mein naives Herz macht einen freudigen Hüpfer. Ich spüre, wie meine Beine in seiner Gegenwart wackelig werden, als ich mich daran zurückerinnere, dass er mein Leben eingefordert hat. So wie er es versprochen hatte. Ich weiß nicht, was diese gesamte Situation für uns bedeutet. Eigentlich weiß ich nicht einmal, was ich ihm bedeute. Ich weiß nicht, ob er dasselbe für mich empfindet wie ich für ihn. Eigentlich weiß ich gar nichts. Nachdenklich erwidere ich ihm: „Scheint so... Er will meine Gesellschaft nicht. Er bevorzugt eine Prostituierte."

„Ich begleite dich in dein Zimmer", schlägt er vor und berührt mich sanft am Oberarm. Seine Berührung lässt sofort Hitze in mir aufsteigen. Ich werde nervös und verspüre Schamgefühl in mir aufsteigen, da ich gerade mal in Dessous bekleidet bin. Automatisch ziehe ich den fast durchsichtigen Mantel über und verschließe diesen. Fest drücke ich den Stoff an mich und nicke ihm zu. 

Auf dem Weg zu meinem Zimmer erteilt er einem der Wachmänner den Auftrag, sich um Milans Unterhaltung zu kümmern. Anschließend folge ich ihm ins Obergeschoss. Sobald wir mein Zimmer erreicht haben, schließt er die Türe hinter uns. Wie ein scheues Mädchen verfolge ich seine Bewegungen. Ich spüre, wie heftig alles in mir kribbelt durch seine Anwesenheit. 

Wenn ich an unsere erste Begegnung denke, kommt es mir surreal vor, wie hypnotisiert ich von seinem umwerfenden Äußeren bin. Wie immer hat er einen seiner unglaublich teuer wirkenden Anzüge an. Dazu eine protzige, goldene Armbanduhr und eine massiv goldene Halskette. Noch immer trägt er sein schwarzes, leicht gewelltes Haar streng nach hinten gestylt. Ich möchte den Kopf über mich selbst schütteln, wie gerne ich seine leicht bräunliche Haut auf meiner spüren würde. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich mir mittlerweile gewünscht habe, dass er mich mit diesen perfekt geschwungenen Lippen küsst. Seine harten, maskulinen Gesichtszüge und seine männliche Statur wirken extrem anziehend auf mich. Das Kribbeln in meinem Bauch wird stärker, je länger ich in Gedanken abdrifte. Seine smaragdgrünen Augen treffen auf die meinen und ich schlucke schwer, als er auf mich zukommt. „Ich denke wir sollten reden."

„Ja, ich denke das sollten wir", erwidere ich ohne zu zögern. Es kreisen so viele Fragen in meinem Kopf. Doch am meisten beschäftigt mich die Frage, wer ich für ihn bin. Was das alles für uns bedeutet. In meinem Kopf spielt sich erneut die Erinnerung ab, dass er Anspruch auf mein Leben gestellt hat. Er wollte, dass ich sein Eigentum werde. Doch warum? Er hat doch niemals zuvor eine Frau besitzen wollen und zu etwas gezwungen. Oder doch?

„Ich hoffe, du hattest eine einigermaßen angenehme Reise", will er wissen und nähert sich mir. Er steht jetzt direkt vor mir und ist nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt. Am liebsten würde ich abfällig schnauben. Wahrscheinlich möchte er nur höflich sein. Doch ich wurde geknebelt und in ein fremdes Land verschleppt.„Die Frage kannst du dir sparen. Ich bin mehr als tausend Kilometer von meinem Zuhause entfernt. Ich gehöre nicht hierher", erwidere ich ruhig. Auch wenn der Inhalt meiner Worte Vorwürfe enthält, sind sie nicht scharf gesprochen. Es ist mehr eine Feststellung als ein Angriff. Ich möchte mit ihm darüber nicht streiten. Es würde ohnehin nichts bringen. Wir haben bezüglich des Besitzes eines Menschenlebens grundlegend verschiedene Auffassungen.

Enrico nimmt meine Aussage allerdings anders auf als es beabsichtigt war. Er zieht anmaßend eine Augenbraue nach oben und runzelt die Stirn. Sein Gesicht wirkt plötzlich wie in Stein gemeißelt, als hätte ich etwas Verwerfliches gesagt. Seine Augen werden hart und undurchsichtig, was mich frösteln lässt. „Das ist hoffentlich ein schlechter Scherz?!", platzt es aus ihm heraus. Er nähert sich mir mit dieser einschüchternden Haltung, wodurch ich rückwärtslaufe, bis mein Rücken die Wand berührt. Er streckt seine Hand aus und fährt mit seinen Fingerspitzen über die Stelle meines Negligé-Mantels, an dem sich das Brandmal an meinem Schulterblatt befindet. „Du bist Eigentum der Familie von Arentin. Dieses Zeichen bindet dich an unsere Familie."

„Ich bin kein Gegenstand, der irgendjemandem gehört und das weißt du. Es mag in eurer Welt so sein, dass man für ein Menschenleben bezahlt und es dadurch in den Besitz des Käufers übergeht. Aber ich wurde in Freiheit geboren und wurde entführt. Ich gehöre niemandem!" Noch immer rede ich ruhig auf Enrico ein. Auch wenn es sich anfühlt, als würde er sich dazu herablassen mit mir diese Unterhaltung zu führen. Als würde es ihn anwidern.

„Du bist jetzt aber in unserer Welt! Mein Bruder bezahlte für dein Leben fast eine halbe Million! Eine Frau wie du würde in ihrem gesamten Leben niemals so viel Geld verdienen. Du bist also der rechtmäßige Besitz der Familie von Arentin. Wenn man es genau nimmt, wärst du, nachdem dich mein Bruder Leon umbringen wollte, mein Eigentum. Ich habe mein Versprechen gehalten und dein Leben eingefordert! Aber da Milan nun das neue Oberhaupt der Familie ist, bist du jetzt rechtmäßig das Spielzeug meines Neffen!", widerspricht er mir und legt seine Finger unter mein Kinn, damit ich ihm direkt in seine giftgrünen Augen sehen muss. 

Seine Berührung brennt auf meiner Haut. Mit seinem Daumen streichelt er über meine Wange und bringt mich damit zum Erröten. Sein Eigentum. Warum löst dieser Gedanke ein unbändiges Feuer in mir aus? Egal was dieser Mann zu mir sagt, egal was er macht. Er strahlt eine enorme Anziehungskraft auf mich aus. Ich sehne mich nach mehr von seinen Berührungen. Doch ich zwinge mich zur Vernunft. Auch wenn jede Faser meines Körpers nach seiner Zuwendung lechzt, gibt es für uns keine Zukunft. Das wusste ich von Anfang an. Er verachtet mich und das was ich bin. Das wird sich niemals ändern. Wie er es bereits sagte: Ich gehöre Milan. 

„Ja, das bin ich und das solltest du niemals vergessen. Ich gehöre Milan und deswegen bitte ich dich jetzt zu gehen. Bitte geh, bevor ich mich noch mehr in dich verliebe! Hör endlich auf mit mir zu spielen! Eine Frau wie ich wird niemals deinen Ansprüchen gerecht werden!" Sowie ich die Worte ausspreche, kullert eine warme Träne über die Wange. Ich schaffe es kaum noch ihm in die Augen zu sehen. Ihm meine Gefühle zu offenbaren, hat mich verletzlicher gemacht wie niemals zuvor. Es ist als hätte ich ihm einen Dolch in die Hand gegeben. Mit dem er mich tiefer verletzen kann, als jemals ein anderer vor ihm. 

„Denkst du das wirklich?", fragt er mit dieser rauchigen, dunklen Stimme. „Warum denkst du, dass du meinen Ansprüchen nicht gerecht wirst?", will er wissen und ich schnappe nach Luft, als er seine Hand in meinem Haar vergräbt. Mit seinem Gewicht presst er mich an die Wand und kesselt mich somit ein. Er setzt sogar noch eins drauf, als er seine andere Hand um meine Taille legt und mir damit noch näher kommt. Er stoppt kurz vor meinen Lippen und wie von selbst gebe ich der Anspannung nach. Es ist, als hätte er einen Schalter in mir umgelegt, der ihm so nahe wie möglich sein will. Nur federleicht streifen seine Lippen über die meinen. Sie sind weich und warm. Diese kleine Berührung reicht, um mich verbrennen zu lassen. Es reicht, um Milliarden Schmetterlinge in meinem Bauch umherfliegen zu lassen. Gott, ich will ihn so sehr, wie ich noch niemals einen Mann begehrt habe. 

Meine Hände wandern zu seinen Schultern und ich schmiege meinen Körper an seinen. Damit will ich ihm signalisieren, dass er auf gar keinen Fall aufhören soll. Am liebsten würde ich ihn einfach küssen, doch ich traue mich nicht die Initiative zu ergreifen, nachdem er mich beim letzten Mal abgewiesen hat.

„Ich sollte das nicht tun...", flüstert er an meinen Lippen, wodurch ich seinen warmen Atem spüre. Meine Nägel krallen sich tiefer in seinem Sakko. Ich will nicht, dass er Distanz zwischen uns bringt. Ich will ihn. Mehr als jemals zuvor. Selbst dass er mein Herz brechen wird, wird mir zunehmend egal. 

„Warum?" hauche ich an seinen Lippen. Enrico legt seine Stirn an meine und schließt seine Arme um meine Hüften. Alles in mir kribbelt. Ich kann mich nicht erinnern, jemals derartige Gefühle für einen Mann empfunden zu haben. Ich fühle mich wie ein junger Teenager bei seiner ersten großen Liebe. Ich weiß nicht was es ist, das ihn für mich so besonders macht. Vielleicht liegt es an der Isolation zur Außenwelt. Doch es ist mir egal. Ich will, dass er mich küsst und nie wieder loslässt. Er ist meine einzige Normalität in all dem Chaos. 

„Du gehörst meinem Neffen und selbst wenn ich es wollte, könnte ich es nicht ändern!", säuselt er an meinen Lippen. Meine Lippen prickeln, als er mit den seinen mit dem Hauch einer Berührung über sie fährt. Mein ganzer Körper steht unter Spannung und meine Finger umklammern noch fester den Stoff seines Sakkos. Seine Hand rutscht zu meinem Nacken und er zieht mich an sich heran. Mein Atem stockt, als er seine Lippen plötzlich auf meine Stirn senkt. Die Wärme seiner Lippen scheint mich zu verbrennen. Ich nehme jede Berührung, jeden Kontakt unserer Körper um ein Vielfaches intensiver wahr. Trotz allem löst sich Enrico von mir und tritt einen Schritt zurück. „Ich muss jetzt gehen, bevor ich etwas furchtbar Dummes mache."

Leidend blicke ich ihn an und schüttele kaum merklich den Kopf. Ich will es nicht wahrhaben, dass er mich erneut abweist. Jetzt, wo ich doch so weit bin, alles zu tun und mich auf ihn einzulassen. Meine Hand greift nach seiner, während ich fast flehend fordere: „Bitte sei unvernünftig!"

Doch Enrico setzt lediglich ein gutmütiges Lächeln auf und löst seine Hand aus meiner. „Es wäre nicht richtig und das weißt du. Ich werde dir nicht wehtun und deswegen werde ich jetzt gehen." Augenblicklich spüre ich wie meine Augen glasig werden und ich nur mit Mühe meine Tränen zurückhalten kann. 

„Dann sei wenigstens so ehrlich und verrate mir, wieso du mich verschmähst! Ist es, weil ich nicht hochgeboren bin? Oder entspreche ich einfach nicht deinem Geschmack? Du sagtest, du berührst nicht die Sklavin deines Bruders. Aber das bin ich nicht mehr! Ja, ich gehöre Milan. Aber er gab dir seine Zustimmung! Was ist also das Problem?", will ich von ihm wissen. Mittlerweile klinge ich mehr als nur verzweifelt. Da ist nichts von der Fassade, die ich sonst zu meinem Schutz trage. Ich bin entwaffnet und verletzlich.

„Es ist spät, Kleines. Lass uns über dieses Thema reden, wenn wir ausgeschlafen sind", weicht er mir aus und verpasst mir damit einen weiteren Dolchstoß mitten ins Herz. Allerdings reißt er mir endgültig den Boden unter den Füßen weg, als er hinzufügt: „Ehrlich gesagt bin ich nicht deswegen hierhergekommen. Ich bin hier, um mit dir über Iven zu sprechen!"

Für einen kurzen Moment schließe ich resigniert meine Augen und wende mich anschließend von ihm ab. Eilig greife ich nach der dünnen Tagesdecke und binde diese um meinen Körper. Ich möchte nicht noch länger seinem Blick ausgesetzt sein. Natürlich ging es ihm nicht um die unausgesprochenen Ereignisse zwischen uns. Wie konnte ich so naiv sein, wirklich zu glauben, dass er mir endlich sagen wird, woran ich bei ihm bin?

Da sich die erste Träne aus meinem Auge stiehlt und über meine Wange kullert, laufe ich zum Fenster und blicke hinaus. Zwar kann ich nicht viel erkennen, doch ich will nicht, dass er sieht, wie sehr mich sein Verhalten verletzt. Als ich seine Schritte hinter mir höre, wische ich mir hastig die Tränen von den Wangen. Was habe ich mir auch gedacht? Dass er alle seine Prinzipien über Bord wirft und sich mit mir einlässt? Wie blöd bin ich eigentlich? Wie konnte ich nur Gefühle für einen Mann entwickeln, von dem ich wusste, dass ich ihm nie gut genug sein werde?

„Es tut mir leid, Maya." Enrico tritt direkt hinter mich. „Ich möchte nicht, dass du meinetwegen weinst. Kein Mann sollte eine Frau zum Weinen bringen." Vorsichtig legt er seine Hände auf meine Schultern und gibt mir einen Kuss in die Halsbeuge. „Es war ein sehr anstrengender Tag und ich möchte heute Nacht nicht etwas zu dir sagen, was ich später bereue, weil ich mein Wort nicht halten kann. Du hast genug gelitten, das wäre nicht fair. Ich werde morgen nach dir sehen."

„Lebst du hier in diesem Haus?", frage ich ihn. Meine Stimme ist brüchig. Es ist mehr als deutlich zu hören, wie viel Anstrengung es mich kostet, meinen Gefühlen nicht freien Lauf zu lassen.

„Ja, ich lebe zunächst hier in dieser Villa. Das Gebäude besitzt 24 Zimmer und ist daher vorübergehend groß genug für uns. Zumindest bis wir den Anschlag geklärt haben, der auf unsere Familie ausgeübt wurde."

„Was ist mit Iven? Worüber genau wolltest du mit mir sprechen? Muss ich ihm dienen?", frage ich und spüre wie sich in mir alles zusammenzieht. Enrico ist meine einzige Chance. Wenn er mich nicht beschützt, bin ich Iven ausgeliefert und er kann mit mir machen was er will. „Heute Nacht ist nicht der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch dieser Art mit meinem Neffen. Er steht unter Drogen, ist betrunken und völlig neben sich. Du gehörst ihm und er hat Iven zugesichert, dass er seine Vergeltung an dir bekommt. Milan steht immer zu seinem Wort und das weißt du. Die beiden sind sehr enge Kindheitsfreunde! Ich kann zunächst nichts für dich tun. Du bist jetzt auf dich alleine gestellt. Wenn du heute Nacht nicht leiden willst, geh ihm aus dem Weg!"

„Das heißt, er darf mich vergewaltigen und niemand wird mir helfen?", frage ich entsetzt und drehe mich zu Enrico um. Es ist mir völlig egal, ob er jetzt meine vom Weinen geröteten Augen sieht. Dafür stehe ich zu sehr unter Schock. War es nicht noch gestern so, dass Enrico Befehle erteilt hat? Jetzt scheint es, als stünde alles kopf. Doch Enrico klärt das Mysterium auf, während er mir die Tränen von den Wangen wischt.

„Iven hat wegen dir einen seiner Finger verloren. Er besteht auf seine Rache. Er möchte außerdem seine Belohnung dafür, dass er dich unversehrt hierher überführt hat. Aber da ist noch etwas anderes, Maya. Iven war derjenige, der deinen Tod inszeniert hat. Die Behörden haben schon vor Monaten die Suche nach dir eingestellt, da eine Leiche mit gefälschten Unterlagen zu deiner Person identifiziert wurde. Dieser Vorgang war durchaus riskant und unüblich. Etwas Derartiges wurde nie von meinem Bruder angeordnet. Allem Anschein nach hatten Iven und Milan nicht vor, dich an Leon zu verkaufen. Deswegen kann Milan Ivens Forderung nicht abschlagen!"

Voller Entsetzen starre ich Enrico an. Das ist zu viel. Mein Tod wurde vorgetäuscht? Iven und Milan wollten mich doch nicht an Leon ausliefern? Was zur Hölle passiert hier? Doch das alles ändert nichts an meiner Frustration und dem Gefühl der Hilflosigkeit, Iven erneut ausgeliefert zu sein. Völlig egal, ob ich für die Verstümmelung seines Fingers verantwortlich bin. Ich will nicht daran glauben, dass Iven wirklich eine Intrige bei meinem Verkauf an Leon geplant hatte.

„Geh jetzt!", fordere ich und atme schwer aus, während ich für einen kurzen Moment die Augen schließe. Ich will es einfach nicht wahrhaben, dass er mir nicht helfen kann. Wie in einem Film durchlebe ich erneut den Schmerz, der mit Iven verbunden ist. Mein Grauen liegt nicht an der Tatsache, dass er mich vergewaltigen wird. Ich habe gelernt, körperliche Schmerzen zu ertragen. Es ist vielmehr so, dass ich ihn nicht so nahe an mich heranlassen will, weil ich damals so weit war, ihm freiwillig zu geben was er wollte. Die Information, dass Iven gemeinsam mit Milan anscheinend doch einen Hinterhalt geplant hatte, wirft mich komplett aus der Bahn.

„Ich werde morgen mit Milan sprechen und wir finden eine Lösung. Ich werde nicht zulassen, dass er dir wehtut", sagt er und streichelt mir dabei über den Oberarm. Doch gerade möchte ich seine Nähe nicht. Nicht, solange er nicht verhindern kann, dass Iven mich berührt, weshalb ich dieses Mal lauter wiederhole: „GEH! Wenn du mir nicht helfen kannst! GEH!" 

Dieses Mal löst er sich wirklich von mir und ich verfolge seine Schritte, wie er sich von mir entfernt. Als er die Türe schließt, laufe ich zum Bett und schmeiße mich darauf. Vergrabe meinen Kopf im Kissen und versuche klare Gedanken zu fassen. Doch es geht nicht. Ich bin viel zu aufgewühlt. Verzweifelt winde ich mich von einer Seite zur anderen und versuche irgendwie das Chaos in mir zu sortieren. Wenn mein Tod vorgetäuscht wurde, sucht niemand nach mir. Niemals werde ich hier rauskommen. Doch am allermeisten wühlt mich die Information auf, dass Enrico mich nicht vor Iven beschützen kann. Mir ist bewusst, dass Milan immer zu seinem Wort steht. So lange Milan nicht auf Enricos Bitte eingeht, kann Iven mit mir tun, was immer er will. 

Markerschütternde Schreie sind plötzlich vor der Tür zu hören und lassen mich aufschrecken. Es ist eine weibliche Stimme. Vermutlich gehört sie Milans Spielzeug. Gegen alle Vernunft stehe ich vom Bett auf und laufe zur Zimmertüre. Polternde Geräusche, herzzerreißendes Flehen und Wimmern sind deutlich zu hören. Ich kann mir nur zu gut vorstellen, welche Schmerzen diese Frau gerade durchlebt. Habe ich doch selbst all die Qualen erlitten. Allerdings werde ich mich nicht einmischen. Vielleicht bin ich ein Feigling, doch die Heldin zu spielen, würde diese Frau nicht retten. Während ich mein Ohr gegen die Türe lehne, höre ich auch Milans Stimme und spüre ein seltsames Unbehagen in mir. Ich verstehe nicht was er sagt, doch die Schreie der Frau werden lauter. Unüberhörbar schrill. Als würde sie um ihr Leben schreien und kämpfen.

Doch das ist nicht das Einzige, was ich vernehme. Ich höre deutliche, langsame, große Schritte, die sich auf mein Zimmer zubewegen. Sie kommen immer näher und ich habe eine böse Vorahnung, wer auf dem Weg zum Zimmer ist.

Kapitel 2

Unausgesprochene Worte