Erinnerung ans Recht - Karl Albrecht Schachtschneider - E-Book

Erinnerung ans Recht E-Book

Karl Albrecht Schachtschneider

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Beschreibung

Deutschland zeichnet sich nicht mehr als Rechtsstaat aus.
Der Verfall der Rechtlichkeit der Politik hat sich beschleunigt.


Die freiheitlich-demokratische Grundordnung beruht auf den in der Aufklärung entwickelten Gedanken der Freiheit und der Souveränität der Bürger. Diese Ordnung wurde für Deutschland im Grundgesetz niedergelegt und ist das rechtliche Fundament jeder Republik. Sie ist ein wesentliches Kennzeichen des europäischen Erfolgs und Selbstverständnisses.

Während die Eliten in Berlin und Brüssel vordergründig an etablierten Werten der Demokratie festhalten, zerstören sie vorsätzlich und systematisch die Eckpfeiler unserer Rechtsordnung. Ihr bisheriger »Erfolg« beruht zu großen Teilen darauf, dass wir Bürger unsere Rechte gar nicht kennen. In diesem Buch werden die aktuellen Themen des Weltgeschehens aus dieser Sicht beleuchtet.

Der Rechtsexperte und Autor Professor Karl Albrecht Schachtschneider, bekannt durch seine zahlreichen juristischen Veröffentlichungen und für viele durch seine Verfassungsbeschwerden gegen die Euro-Rettungspolitik, hält uns vor Augen, warum es so wichtig ist, die Rechtslage zu kennen. Denn eigentlich gibt es wirksame Sicherheitsmechanismen in unserer Verfassung, die viele der gegenwärtigen Entwicklungen im Namen von Europa, Sicherheit, Freihandel, Umweltschutz, Religionsfreiheit und anderen schön klingenden Schlagwörtern gar nicht erlauben. Nur sind sie in der Öffentlichkeit kaum jemandem bewusst. Wir haben es insbesondere seit Einführung der EU mit einer bewusst herbeigeführten Erosion und Aushöhlung des Rechtsstaats zu tun.

Nur wenn wir unser Recht kennen und dafür einstehen, können wir darauf hoffen, einen Kurswechsel einzuleiten. Das ist unsere bürgerliche Pflicht zum Schutz und Erhalt des friedlichen Gemeinwesens, denn eine automatische Garantie für Frieden und Gerechtigkeit kann und wird es nie geben.

Zum Widerstand gegen den Verfall des Rechts gehört der Widerspruch!

Aktuelle Themen aus dem Inhalt:

  • Freiheit der Menschen und Frieden der Völker
  • Meinungsfreiheit ist unantastbar
  • Persönlichkeitsschutz im Internet
  • Verfassungswidrige Masseneinwanderung
  • Flüchtlingsaufenthalt in Deutschland
  • Europa und Europäische Union
  • Finalität der Europäischen Union
  • Bemerkungen zur »Europa-Wahl«
  • Generationengerechtigkeit
  • Unechter Freihandel
  • Islamische Religionsausübung in Deutschland
  • Islamisches Kopftuch im Schuldienst
  • Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. März 2014 zur Euro-Rettungspolitik
  • Staatsfinanzierung der Europäischen Zentralbank vor dem Europäischen Gerichtshof
  • Quantitative Easing der Europäischen Zentralbank
  • Griechenlands Reparationsforderungen
  • Rechtslage der Staatsschulden Griechenlands
  • Souveränität der Staaten und Selbstbestimmung der Völker
  • Feindstaatenklauseln
  • Freistaat Südtirol
  • Kampf um die Krim als Problem des Staats- und Völkerrechts
  • Die Ukraine im Separationskrieg
  • u. v. m.

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1. Auflage Januar 2016 Copyright © 2016 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Nicole Lechner Lektorat: Helmut Kunkel Satz und Layout: Helmut Kunkel ISBN E-Book 978-3-86445-318-2 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-0 Fax: (07472) 98 06-11Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Vorwort

Vorwort

Deutschland zeichnet sich nicht mehr als Rechtsstaat aus. Der Verfall der Rechtlichkeit der Politik hat sich beschleunigt. Das liegt im Wesentlichen an der Integration Deutschlands in die Europäische Union, aber auch an dem Internationalismus der vermeintlich postnationalen Ordnung der Welt. Vor allem die Plutokratie treibt die Globalisierung im Interesse größtmöglicher Verwertung ihres Kapitals voran. Sie nimmt auf die Freiheit der Menschen, deren gutes Leben in Sicherheit und Ordnung, auf die Rechtlichkeit des gemeinsamen Lebens in den Staaten und unter den Staaten wenig Rücksicht.

Alle wesentlichen Agenden der Europäischen Union sind gescheitert. Der Binnenmarkt als Projekt der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb hat Freihandel propagiert, aber unechten Freihandel unter heterogenen Volkswirtschaften praktiziert. Er hat, hart dereguliert, den wirtschaftlich schwächeren Völkern geschadet, zum Vorteil der stärkeren, auch und vor allem Deutschlands durch unfaires Preisdumping. Das mag den Kapitaleignern nützen, schadet aber den meisten Menschen.

Die Währungsunion mit dem Euro war die Antwort auf diese Fehlentwicklung und ist krachend gescheitert. Im »Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts« hat die Europäische Union nicht die Außengrenzen zu sichern vermocht. Das hat mangels Binnengrenzen zu einer Masseneinwanderung geführt, welche die Mitgliedstaaten der Union nachhaltig destabilisiert und, schlimmer noch, deren dauerhafte Islamisierung mit sich zu bringen droht. Die Sicherheit eines Staates nach innen und außen ist dessen wesentlicher Zweck und der einzige Grund für den Gehorsam der Bürger gegenüber den Gesetzen. Schon jetzt zwingt dieses Staatsversagen in Kriege gegen den Islam, die das vermeintliche Friedensprojekt »Europa« Lügen straft. Die unionale Handelspolitik des weltweit offenen Marktes ohne hinreichenden Schutz der einzelnen Volkswirtschaften schadet. Sie hat weder Wachstum erbracht noch größeren Wohlstand der Menschen, vielmehr Arbeitslosigkeit und Unsicherheit der Lebensverhältnisse für die meisten von ihnen, freilich einen sittenlosen Reichtum weniger.

Die Politik des Freihandels wird massiv mit Abkommen mit Kanada und vor allem den Vereinigten Staaten von Amerika fortgesetzt. Das wird die Standards im Umweltschutz, im Lebensmittelschutz, im Bildungswesen senken und schlimmer noch die Hoheit des Staates gegenüber der internationalen Wirtschaft und das freiheitliche, nämlich demokratische Recht erheblich beschädigen.

All diese Fehlentwicklungen werden mittels schwerer Verstöße gegen Recht und Gesetz verteidigt und von außerordentlicher Propaganda begleitet. Kritiker werden gegen alle Meinungsäußerungsfreiheit ausgegrenzt und mit Rufmord, wenn nicht mit Strafen belegt. Das führt zum Schweigen der verängstigten Bürger. Rechtsverletzungen sind staatswidrige Gewalt. Sie werden durch einen Moralismus, Political Correctness, überlagert, der gegen alle Moral des Rechtsstaates die Menschen in die Untertänigkeit zwingt. Es gibt keine materiale Moral, etwa Humanität genannt, gegen das Recht. Freiheitliche Sittlichkeit, deren Triebkraft die Moralität ist, ist der stetige Wille aller Menschen, nach dem Rechtsprinzip zu leben.

Das ist die Souveränität der Bürger, ihre Freiheit, die sie gemeinsam im Staat unmittelbar durch Abstimmungen oder mittelbar durch Beschlüsse der Vertreter des Volkes in den Organen des Staates ausüben. Diese Souveränität ist mit dem Menschen geboren. Sie ist eine Einheit mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die Menschen verwirklichen ihre Souveränität mittels ihres Staates. Niemand kann ihnen die Souveränität nehmen, aber sie kann verletzt werden und wird zunehmend häufiger und schwerwiegender von den gewählten Volksvertretern verletzt. Sie wird sogar geleugnet. Sie kann auch nicht ganz oder zum Teil auf die Europäische Union übertragen werden. Nicht die Europäische Union ist die Schicksalsgemeinschaft der Bürger, sondern ihr Staat. Er trägt die Verantwortung für Freiheit, Sicherheit und Recht. Wenn diese durch die Union gefährdet sind, muss das Volk die Zusammenarbeit mit anderen Völkern beenden und die Aufgaben selbst in die Hand nehmen. Das ist die Lage Deutschlands und der anderen Mitgliedstaaten der Union.

Das in die Europäische Union integrierte Deutschland ist kein Rechtsstaat und daher auch keine Demokratie und zudem kein Sozialstaat, obwohl noch viele Verhältnisse rechtsstaatlich, freiheitlich und sozial sind. Die drei Strukturprinzipien sind eine Einheit. Die allgemeine Freiheit, deren staatliche Verfassung die Republik als ein Staat des Rechts ist, gibt es nicht ohne wirkliche Demokratie und diese nicht ohne Sozialstaat. Die Souveränität der Bürger, deren politische Freiheit nämlich, setzt deren Bürgerlichkeit voraus, und diese wiederum Besitz und Bildung. Beliebige Arbeiter und Verbraucher sind nicht schon per se Bürger, und ohne hinreichende Homogenität der Bürgerschaft ist eine freiheitliche demokratische Grundordnung, eine Republik also, nicht zu verwirklichen. Das demokratische Defizit der Europäischen Union ist unaufhebbar. Die Union hat kein Volk, das eine hinreichende Identität hätte, und wird niemals ein solches haben. Sie überschreitet zudem durch ihre Größe die Grenzen möglicher Demokratie. Wesentlicher Grund der Entwicklung ist der auf Führung und Gefolgschaft aufgebaute Parteienstaat, der die Menschen von der Politik wirksam ausschließt und der politische Teilhabe durch desinformierende Propaganda in Medien ersetzt. Der Parteienstaat ist die Verfallserscheinung der Republik.

Zudem muss eine Republik säkularistisch sein. Das Religiöse darf nicht in die Politik eindringen. Politik ist »ausübende Rechtslehre«, also Erkenntnis von Gesetzen, die das Richtige auf der Grundlage der Wahrheit für alle Bürger im allseitigen Diskurs erkennen und als allgemeinen Willen verbindlich machen. Religionen sind nicht allgemein und nicht allgemeinheitsfähig. Sie können keine Maximen für Gesetze des Rechts geben. Teilhabe der Bürger an der Politik verlangt deren innere Säkularisation.

Zum Widerstand gegen den Verfall des Rechts gehört der Widerspruch, in Reden und Schriften. Dazu gehören Beschwerden vor den Verfassungsgerichten, deren vornehmste Aufgabe die Verteidigung des Rechts als dem Kern der Verfassungsidentität ist.

Zum Widerstand gehört die Erinnerung ans Recht. Erinnerung ist einerseits der Hinweis auf die jeweilige Rechtslage, andererseits die Mahnung, das Recht zu achten.

In diesem Buch habe ich Essays aus den beiden letzten Jahren zusammengestellt, die sich mit wichtigen, ja schicksalhaften Politiken befassen, deren Rechtlichkeit fragwürdig ist. Es gibt fraglos viele weitere Monita.

Meine Überzeugung ist: Es geht allen Menschen gut, wenn das Rechtsprinzip verwirklicht wird. Das Recht ist in jeder Lage objektiv, also erkennbar. Niemand ist befugt, sich über das Recht zu stellen. Wer meint, durch Unrecht einem vermeintlichen Ausnahmezustand gerecht werden zu können, macht sich, so er die Macht hat, zum Souverän. Er schwingt sich zum Herrn über die Menschen auf, die seiner Macht ausgeliefert sind. Freiheit aber und Herrschaft sind unvereinbar.

Der Kampf um das Recht hört nie auf. Wir sollten darin nicht ermüden.

— Karl Albrecht Schachtschneider, 10. Dezember 2015

Teil 1 – Politische Ordnung

Teil 1

Politische Ordnung

Freiheit der Menschen und Frieden der Völker

Die Menschenwürde gebietet ein Leben aller Menschen in Freiheit. Freiheitliche Gemeinwesen sind Republiken. Diese sind Staaten des Rechts. Rechtlichkeit ist die Wirklichkeit von Freiheit. Rechtlichkeit ist Staatlichkeit, und Staatlichkeit ist Rechtlichkeit. Die politische Form dieser rechtlichen Staatlichkeit, der Republik also, ist die Demokratie, die zugleich das Sozialprinzip verwirklicht. Die Parole der Französischen Revolution – liberté, égalité, fraternité – bringt das zum Ausdruck. Sie ist die κοινωνία πολιτική des Aristoteles, die politische Gemeinschaft der Bürger zum Zwecke eines guten Lebens, des εὖ ζῆν. Immanuel Kant, der Philosoph der Freiheit, hat eine solche Republik gelehrt. »Es gibt ein wirkliches Rechtsgesetz der Natur, das Recht auf bürgerliche Verfassung.« 1› Hinweis

Grundlegung freiheitlicher Demokratie

Allgemeine Freiheit durch Gesetze der Bürger

1 Die Republik muss um der Gleichheit in der Freiheit willen demokratisch sein. Das Grundprinzip der Republik ist: Res publica res populi, die Politik ist Sache des Volkes; demokratisch formuliert, etwa Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.« Das Volk ist die Bürgerschaft, die Menge von Menschen, die sich als Staat verfasst haben. »Ein Staat, civitas,« ist nach Kant »die Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen« 2› Hinweis . Es gibt folglich keinen freiheitlichen Staat ohne gesetzliches Recht, ohne Gesetzlichkeit, die den Prinzipien des Rechts genügt. 3› Hinweis

Es gibt kein Recht ohne Freiheit, ohne Gleichheit und ohne Brüderlichkeit (Solidarität). Der Mensch aber ist, der aufklärerischen Idee nach, frei geboren, die Freiheit ist das mit jedem Menschen geborene Recht. Der Mensch ist mit allen Menschen in der Freiheit gleich und lebt in einem brüderlichen Verhältnis mit den anderen Menschen. Die Menschenwürde verbietet jede Art von Herrschaft von Menschen über Menschen. Die Freiheit des Menschen ist dessen Vermögen, unabhängig von allen äußeren Bestimmungen, der Natur oder von Menschen, zu handeln. Das ist die Kausalität der Freiheit.

2 Das demokratische Prinzip gründet in der Freiheit als der Autonomie des Willens. Nur wenn jeder Mensch unter dem eigenen Gesetz lebt, dem Gesetz, das er sich selbst gibt, nur wenn jeder Mensch Gesetzgeber seines Handelns ist, ist er frei. »Der Anspruch auf freie und gleiche Teilhabe an der öffentlichen Gewalt ist in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) verankert.« 4› Hinweis Weil die Menschen ein gemeinsames Leben führen und weil all ihr Handeln auf alle einwirkt, muss um der Freiheit willen jeder Gesetze geben, die für alle gelten. Die Gesetze müssen somit ihrem Begriff gemäß allgemein sein, die Gesetze aller Bürger. Das verlangt nach der Achtung der Menschenwürde jedes anderen Menschen, dem Respekt vor der Selbstzweckhaftigkeit jedes Menschen 5› Hinweis oder eben nach der Sittlichkeit. Das Gesetz der Sittlichkeit, das Sittengesetz, ist der kategorische Imperativ: »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.« 6› Hinweis Die Maximen müssen aber um der Freiheit der anderen Menschen willen mit den Maximen der anderen Menschen verträglich sein, weil kein Mensch andere Menschen gegen deren Willen zu einem Handeln nötigen darf. Demgemäß müssen die Maximen des Handelns durch allgemeine Gesetze festgelegt sein. Die Gesetze können nur gerecht, d. h. dem Recht gemäß sein, wenn sie freiheitlich sind. Freiheitlich sind sie nur, wenn sie demokratisch entweder unmittelbar vom Volk oder mittelbar von den Vertretern des Volkes beschlossen sind. Weil die Gesetze nur als Wille des Volkes verbindlich sind, hat die unmittelbare Demokratie höhere Legitimation als die mittelbare, repräsentative Demokratie.

Die äußere Freiheit als »die Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür« 7› Hinweis kann ohne die innere Freiheit, ohne Moralität, allgemein keine Wirklichkeit finden. Moralität ist der gute Wille, mit allen Menschen in Rechtlichkeit als der Sittlichkeit zu leben. Nur der übereinstimmende Wille aller Bürger kann Gesetze geben. Der Wille der Bürgerschaft, die volonté générale, zielt nach dem Staatszweck auf das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit und damit auch auf Gleichheit und Brüderlichkeit.

3 Die Materie des guten Lebens aller, Gegenstand jeder Politik als »ausübender Rechtslehre« 8› Hinweis , bedarf der Erkenntnis. Diese Erkenntnis ist Sache aller Bürger. Die Erkenntnisse werden von den Vertretern des ganzen Volkes als Gesetze beschlossen, wenn das nicht dem Volk in seiner Gesamtheit vorbehalten bleibt.

Es ist Aufgabe der Besten des Volkes, sich um die Erkenntnis des Richtigen für das gute Leben aller auf der Grundlage der Wahrheit zu bemühen. Für das Parlament die republikanische Elite auszuwählen ist Sache des Volkes. Das Auswahlverfahren muss den größtmöglichen Einfluss jeden Bürgers auf die Vertreter des Volkes sicherstellen. Niemand kann und muss darauf vertrauen, dass eine Elite, die sich selbst einsetzt oder von einem Teil des Volkes, etwa Parteien, eingesetzt wird, die Politik so betreibt, wie es dem allgemeinen Wohl, das der Wille des Volkes ist, entspricht. Demgemäß sind Wahlen der Vertreter des Volkes unverzichtbar. Diese Wahlen müssen egalitär sein.

4 Die skizzierten Elementaria des demokratischen Prinzips stehen nicht zur Disposition irgendwelcher Zweckmäßigkeiten. Irgendeine Legitimität gubernativer Rechtsetzung oder gar irgendeine funktionale Effizienz – eine sogenannte Output-Legitimation – vermag die demokratische Legalität aufgrund freiheitlicher und gleichheitlicher, also allgemeiner, Parlamentswahlen nicht zu ersetzen, auch nicht mittels einer gewissen Transparenz elitärer Politik. Legalität gründet ausschließlich auf dem Willen der Bürgerschaft, der bestmöglich verwirklicht werden muss, nicht auf dem Willen einer Elite, welche die Macht usurpiert hat. Nicht der Wille einzelner Menschen, gar der von Führern, schafft Verbindlichkeit, sondern nur der Wille aller Menschen, die in einem Staat zusammenleben, der Bürgerschaft.

5 Die Vertreter des Volkes sind nicht die Herren des Volkes. Herrschaft und Freiheit sind unvereinbar. Ein Freiheitsbegriff, der nicht mehr leistet, als Herrschaft in Grenzen zu weisen, dogmatisiert lediglich Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat und verfehlt sowohl das demokratische Prinzip als auch die politische Form der Republik. Mit dem liberalistischen Freiheitsverständnis, das Herrschaft nicht nur voraussetzt, sondern geradezu legitimiert, begnügt sich aber die europäische Integrationsentwicklung. Sie fällt damit in den vom monarchischen Prinzip gekennzeichneten Konstitutionalismus der Trennung von Staat und Gesellschaft zurück.

6 Das demokratische Prinzip ist nicht nur die Logik der allgemeinen Freiheit, sondern ausweislich Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG Strukturprinzip des Verfassungsgesetzes Deutschlands, welches nicht zur Disposition der Politik steht (Art. 79 Abs. 3 GG), auch nicht zu der der europäischen Integration (Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG). Die Demokratie ist nach Art. 2 Satz 1 EUV ein »Wert«, auf dem die Europäische Union gründet. Weil dieser Wert verbunden ist mit den »Werten« der »Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit, der Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören«, kann der Begriff der Demokratie nur freiheitlich im Sinne der allgemeinen Gesetzgeberschaft der Bürger, wie das soeben skizziert wurde, verstanden werden. Die gegenwärtige »Verfassung« der Europäischen Union jedoch missachtet das demokratische Prinzip, wie es die Gleichheit in der Freiheit gebietet.

7 Die Brüderlichkeit oder Solidarität ist durch das Sozialprinzip Verfassungsgebot der Menschheitlichkeit. Sie ist auch ein Wert der Europäischen Union (Art. 2 Satz 2 EUV). Demgemäß gehören die sozialen Rechte, insbesondere die Rechte auf Eigentum und auf Arbeit, 9› Hinweis aber auch die Rechte auf Gesundheit und Versorgung in Not, Alter und Krankheit zu den elementaren Menschenrechten. Diese Rechte zu gewährleisten ist Aufgabe der Menschen, die in einer Schicksalsgemeinschaft leben, also Aufgabe der Völker. Das Sozialprinzip zielt auf die hinreichende Homogenität des Gemeinwesens, insbesondere der ökonomischen Homogenität, die in einer Republik bestehen muss. 10› Hinweis Die Solidarität muss Wirklichkeit der Gemeinschaft sein und kann vom Staat nur gestaltet, nicht erzwungen werden. Sie ist regelmäßig die Wirklichkeit der europäischen Völker. Ohne Demokratie wird nicht nur das Recht notleidend, sondern auch und vor allem der Sozialstaat. 11› Hinweis Die soziale Gerechtigkeit kann nur in wirklich demokratischen Verfahren gefunden werden.

Bürgerlichkeit der Bürger

1 Die Bürger sind die zentralen Figuren einer demokratischen Republik als der Rechtsgemeinschaft der Bürger. Die Bürger sind nicht Untertan der Obrigkeit, sondern in Freiheit zur Bürgerschaft vereint, der Staat im weiteren Sinne, die Republik oder der Bürgerstaat. Als Gesetzgeber, sei es unmittelbar oder mittelbar, sind die Bürger Amtswalter des Staates. Die Bürger verwirklichen die Staatlichkeit als Rechtlichkeit, also das Gemeinwohl durch die Legalität ihres Handelns. Der Bürger ist außer durch Gleichheit in der Freiheit durch Selbstständigkeit definiert.

Die Gesellschaft war im deutschen Konstitutionalismus (1815–1918) der Gegenbegriff zum Staat und erfasste die Bürger in ihrer Privatheit, die Bourgeoisie, als Untertanen der Obrigkeit. Hegel hat die Trennung der bürgerlichen Gesellschaft als »System der Bedürfnisse« vom Staat als Wirklichkeit der Sittlichkeit, präsentiert durch den Monarchen, auf den Begriff gebracht. 12› Hinweis Die Republik lässt die liberalistische Dogmatik der Trennung von Staat und Gesellschaft nicht zu, die Ausdruck freiheitswidriger und demokratieferner Herrschaftsdogmatik ist.

2 Die Selbstständigkeit erlangt der Bürger durch Bildung und Besitz, ohne die er zur Autonomie des Willens nicht befähigt ist. Darum gibt es ein Bürgerrecht auf Bildung und eines auf Eigentum. Das sind Menschenrechte. Die Selbstständigkeit der Bürger vor allem wirtschaftlich zu fördern verpflichtet das Sozialprinzip den Staat. 13› Hinweis Die Eigentumsordnung muss nicht nur den Bestand des Eigentums schützen, sondern das Menschenrecht auf Eigentum verwirklichen. 14› Hinweis Eigentum sind die gesetzlich geschützten Möglichkeiten des Handelns, das rechtlich geschützte Eigene. Nur der Staat vermag die Verwirklichung der allgemeinen Freiheit durch Gesetzlichkeit und die befriedende Verteilung der Güter unter den Menschen, kurz: Freiheit und Eigentum, zu gewährleisten. Die Maximen der Verteilung sind auf der Grundlage der Gleichheit der Bedarf, die Leistung, das Eigentum mit dem Erbrecht und der Markt. Gesicherte Arbeitsverhältnisse sind Eigentum im Sinne des Postulats der Selbstständigkeit, nicht aber die Abhängigkeit von Sozialleistungen und auch nicht prekäre Beschäftigungsverhältnisse.

3 Das bürgerliche Ethos wird immer schwächer. Die Institutionen des Parteienstaates stützen die Bürgerlichkeit der Bürger nicht, und der Ökonomismus scheint die egoistische Interessenverfolgung ins Recht zu setzen. Die Privatheit der Bürger rechtfertigt nicht ein Leben der Habsucht, Ehrsucht, Herrschsucht, nicht den Individualismus des Homo oeconomicus. Zur Bürgerlichkeit der Bürger gehört vielmehr die Sittlichkeit auch der privaten Maximen. In der Republik ist der Bürger immer Citoyen.

Der entgrenzte und grenzenlose Kapitalismus hat Interesse an Arbeitern und Verbrauchern, nicht an Bürgern. Die Entbürgerlichung eines Volkes lässt der Verwirklichung des demokratischen Prinzips kaum Chancen.

4 Wenn freiheitliche Bürgerlichkeit in einem Staat möglich sein soll, müssen die Menschen, die zusammenleben, ein Volk sein, eine Nation, die durch ihre Sprache, ihre Geschichte, ihr Schicksal, ihre Kultur oder in anderer substanzieller Weise ein Wir-Bewusstsein hat, vor allem durch den Willen zur Nation. Die nationale Homogenität gibt der demokratischen Willensbildung die erforderliche Chance. Das Grundgesetz Deutschlands sagt das mit dem Begriff »Deutsches Volk«.

Demokratieferner Parteienstaat

1 Das System der Verhältniswahlen mit Sperrklauseln ist die Entscheidung für den Parteienstaat. Der Sache nach werden nicht Abgeordnete gewählt, sondern Parteien, deren Führer den Gefolgsleuten Parlamentssitze verschaffen. Das mag als demokratisch hinnehmen, wer es genügen lässt, dass Regierungen ohne Blutvergießen gewechselt werden können. 15› Hinweis

Offene oder verborgene Koalitionen der Parteioligarchien entmündigen die Bürger. Volksrepräsentanten dürfen sich nicht zu Herren des Volkes aufschwingen. Zudem werden die Parteien jedenfalls in Deutschland im Übermaß staatlich finanziert. Besser wäre eine staatliche Veranstaltung des Wahlkampfes, durch die Sachlichkeit gewährleistet wird. Ein gewisses Maß an Unwahrheit im Wahlkampf sollte zum Ausschluss der Partei aus dem Parlament führen.

Ein Mehrparteiensystem mit einem Oppositionsprinzip kommt dem demokratischen Postulat näher als eine Einparteienherrschaft. Aber auch eine begrenzte Zahl von kooperierenden Parteien kann sich als Parteienoligarchie gegen die Bürgerschaft positionieren. Wahlsystem und Medien sichern ihnen die Macht. Die europäische Integration, die weitgehend gegen die Interessen der Völker durchgesetzt wird, erweist die Ohnmacht der Wähler gegenüber der Parteienherrschaft.

Meist werden Parteien als Notwendigkeit der Demokratie gerechtfertigt. Sie sind schwer zu ersetzen. Hinnehmbar sind sie allenfalls, wenn ihre Macht wirksam begrenzt ist. So muss etwa die Rechtsprechung gänzlich von ihrem Einfluss unabhängig sein. Darüber hinaus muss ein kraftvoller Pluralismus des öffentlichen Lebens, etwa von Parteien unabhängiger Medien, Universitäten, Religionsgemeinschaften u. a. die Macht der Parteien einschränken. Allem voran müssen die Familien als Institutionen wieder so gestärkt werden, dass sie die sozialpolitische Allmacht des Staates zurückdrängen.

2 Im Parteienstaat fehlt der Vertretung des Volkes die demokratische Substanz. Er ist die Verfallserscheinung der Republik. 16› Hinweis Die Abgeordneten agieren nur formal als Vertreter des Volkes, entscheiden aber nicht unabhängig nach ihrem Gewissen, wie das die Magna Charta echter Volksvertreter gebietet, sondern fraktionsgebunden, so wie es ihre Parteiführer wollen. Das ist die Logik von Führung und Geschlossenheit der Parteien. Je länger Mandatsträger im Parlament sitzen, desto eher droht ihre Korrumpierung. Allein Wahlen machen noch keine Demokratie aus, wenn sie auch der Kern der Demokratie sind. Bloß formale Demokratie entartet im parteienstaatlich geprägten parlamentarischen Regierungssystem zur Parteienoligarchie.

Ein unverzichtbares Korrektiv des Parteienstaates sind direktdemokratische Sachentscheidungen, jedenfalls in Schicksalsfragen des Volkes. Dem deutschen Volk werden unmittelbar demokratische Abstimmungen über sein Schicksal entgegen Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG von der Parteienoligarchie verweigert. Solange die Deutschen über die europäische Integrationspolitik nicht abgestimmt haben, ist diese nicht demokratisch legalisiert, ganz abgesehen von den demokratischen Defiziten der Organisation selbst.

3 Die Kritik am Parteienstaat wäre unnötig, entspräche die »innere Ordnung« der Parteien »demokratischen Grundsätzen«. Aber das Recht der freien Meinungsäußerung, für eine Demokratie konstitutionell, büßt faktisch ein, wer in einer oligarchischen Partei an der politischen Willensbildung mitwirken will. Einen genügend effektiven Schutz dieses Grundrechts unterläuft das deutsche Parteiengesetz durch überlange Verfahrensdauer. Parteimitglieder, die der von der Parteispitze vorgegebenen Politik nicht folgen, werden zudem ausgegrenzt.

4 Parteienstaatliche Strukturen sind nicht geeignet, das demokratische Prinzip freier Bürger zu verwirklichen, wenn die Gegenkräfte ohnmächtig sind.

Die Deutschen werden nach wie vor nicht als Bürger geachtet, sondern von der obrigkeitlichen Parteienoligarchie zu Untertanen degradiert. Es obliegt aber den Deutschen selbst, die Unmündigkeit abzuschütteln. 17› Hinweis Die selbst verschuldete Unmündigkeit der Menschen ist die Chance der Parteienoligarchie.

Demokratieferne Medienherrschaft

1 Die Rede muss frei sein und frei sein dürfen. Sie muss wahr und richtig sein. Eine Kultur der freien Rede, Konstituens der Demokratie, 18› Hinweis gibt es jedenfalls in Deutschland nicht, wenn es um nationale Fragen geht. Ein Gemeinwesen, in dem die öffentliche Meinung wesentlich durch integrationistische Propaganda der oligopolistischen Medien bestimmt wird, in der kritische Meinungsäußerungen entweder nicht zur Geltung kommen, im Moralismus ersticken oder mit Mitteln des Verfassungsschutzes und sogar des Strafrechts unterdrückt werden, ist nicht freiheitlich und folglich nicht demokratisch. Gegen plutokratische Medien kann sich eine freiheitliche Demokratie nicht entfalten.

2 Verfassungspflicht der Medien in einer Republik ist die Mitwirkung an der Erkenntnis des Wahren und Richtigen. Die Wahrheit ist die bestmögliche Theorie von der Wirklichkeit, das Richtige das Sollen gemäß dem Recht in der jeweiligen Lage. Beides zu erkennen ist die sittliche Pflicht jeden Bürgers. Anders als durch einen bestmöglichen politischen Diskurs aller Bürger kann Republikanität nicht verwirklicht werden. Dieses allein menschenwürdige Projekt der Aufklärung der allseitigen Rechtlichkeit ist der Grund der Meinungsäußerungsfreiheit. Wer große Macht hat wie die Medien, ist der Sittlichkeit als dem Prinzip des Rechts in besonderem Maße verpflichtet. Nicht materialer Moralismus, die Herrschaftsmethode der Political Correctness, ist der Beruf der Medienmacher, sondern formale Moralität, das Bemühen um Rechtlichkeit allen Handelns.

3 Die Meinungsäußerungen von Presse, Rundfunk und Film werden in Deutschland gegenüber denen der »Bürger« dadurch privilegiert, dass die »Schranke«, die das »Recht der persönlichen Ehre« zieht, von der Judikatur geschwächt wird. 19› Hinweis Ihre üblen Nachreden werden nicht als rechtswidrig eingestuft, wenn sie die verbreiteten Tatsachen, obwohl diese »nicht erweislich wahr« sind, mit »journalistischer Sorgfalt« geprüft haben, d. h., sie sind wegen der Eile des Tagesgeschäfts vielfach wenig nachhaltig und so gut wie nicht überprüfbar. Den Medien werden wegen ihrer besonderen öffentlichen Aufgabe »berechtigte Interessen« zugutegehalten. Die Bürger haben darum so gut wie keine Chance, ihren verfassungsrangigen Persönlichkeitsschutz gegen mediale Angriffe durchzusetzen. Diese Praxis verschafft den Medien eine außergewöhnliche Macht über die Menschen, die sie gegen all die nutzen können, die sich öffentlich ihrer Bevormundung entgegenstellen.

4 Wer die Medien kritisiert, meint Medien mit relevantem Einfluss auf die öffentliche Meinung, die Massenmedien. Es gibt auch kritische Medien.

Die Massenmedien sind, wenn nicht wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk abhängig von den in den Parlamenten vertretenen Parteien, in der Hand weniger Verlage, die wiederum finanzstarken Eignern aus aller Welt gehören. Bereits Oswald Spengler hat wegen der Medienmacht die Demokratie als Plutokratie kritisiert. 20› Hinweis Die Journalisten und Redakteure wagen wegen ihrer labilen Arbeitsplätze selten, ihre Meinung gegen Vorgaben der Geldgeber zur Geltung zu bringen. Jedenfalls in Deutschland gibt es keine innere Medienfreiheit. Die Eigentumsverhältnisse verschaffen einer Finanzoligarchie den bestimmenden Einfluss auf die öffentliche Meinung und damit demokratiewidrig politische Macht. Es ist mehr als fragwürdig, die Medienmacht privaten Eigentümern zu überlassen, ohne einen hinreichenden Ausgleich einzurichten, gegebenenfalls durch staatliche, der Objektivität verpflichtete Berichterstattung. Das Internet, zu dem jeder Zugang hat, gibt die Chance, diese Medienherrschaft zu mildern, hat das aber wegen der verwirrenden Vielfalt und meist unbrauchbaren Auftritte noch keinesfalls zuwege gebracht.

5 Oft verbünden sich Parteien mit Medien, beide beeinflusst von denselben Finanzmächten, zulasten der Interessen der Bürgerschaft. Anders wäre die große Ferne der politischen Agenda zum gemeinen Wohl nicht erklärbar. Diesen Widerspruch sucht die politische Klasse durch Ablenkung der Bürger von der Politik, durch panem et circenses, wie durch permanente, »Aufklärung« genannte Propaganda, auszugleichen, weitgehend vergeblich. Aber sie schafft es, Kritiker durch Ausgrenzung zum Schweigen zu bringen.

Ein Beispiel aus der jüngsten Zeit ist die ständig kritiklos wiederholte Behauptung, die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation sei eine völkerrechtswidrige Annexion gewesen. Es war eine Sezession, die das Selbstbestimmungsrecht der Völker in Anspruch genommen hat und gemäß dem Friendly Act von 1970, den völkerrechtlichen Verpflichtungen folgend, von Russland unterstützt worden ist. 21› Hinweis Die mediale Propaganda wurde veranstaltet, um die Aggression des Westens gegen Russland zu rechtfertigen.

Eine freiheitliche Bürgerdemokratie ist mit einer so gut wie ungezügelten Medienherrschaft nicht zu gestalten. Der mediale Moralismus setzt sich mehr und mehr gegen das Recht durch. Diese freiheitsferne Lage verantwortet in Deutschland das Bundesverfassungsgericht.

Frieden unter den Völkern

Frieden durch Recht

1 Weil alles Handeln der Menschen die Welt verändert und damit Einfluss auf alle Menschen hat, ist die Welt ein Gemeinwesen, das einer alle befriedenden Rechtsordnung bedarf, die bestmöglich als »Föderalism freier Staaten« gestaltet ist, wie ihn Kant konzipiert hat. 22› Hinweis

Aus dem Prinzip der allgemeinen Freiheit folgt die Pflicht zur weltweiten Rechtlichkeit. Erst eine Rechtsgemeinschaft ist der Frieden, nicht schon eine Befriedung, etwa durch militärische Unterwerfung, auch nicht die vorerst notwendige militärische Balance, sondern eine Ordnung des Rechts. Verträge müssen die Staaten als bürgerliche Gemeinwesen bestmöglich befrieden.

Es muss bedacht werden, wie das Rechtsprinzip unter den Völkern oder völkerübergreifend, zwischenstaatlich, also international, oder überstaatlich, also supranational, völkerrechtlich oder staatsrechtlich verwirklicht werden kann. Die bestimmenden Prinzipien müssen die Menschenwürde und damit die Freiheit der Menschen und demgemäß die republikanisch konzipierten Prinzipien der Demokratie, des Rechtsstaates und des Sozialstaates sein. Nichts anderes lässt auch das deutsche Grundgesetz zu. 23› Hinweis Die europäische Integration, die die Eigenständigkeit der europäischen Völker zu wahren verpflichtet ist, 24› Hinweis betreibt aber systematisch das Gegenteil.

2 Auf die demokratische Legalität der Ausübung der Staatsgewalt durch die Völker kann nicht verzichtet werden. Keinesfalls kann das legitimatorische Demokratieprinzip dahin umgedeutet werden, dass Legitimität durch (vermeintliche) sachliche Richtigkeit, Effizienz und Transparenz gewonnen werden kann. Es ist gerade das demokratische Prinzip, das sachliche Richtigkeit der Politik, die notwendig mit dem Ausgleich der Interessen verbunden ist, gewährleisten soll. Nur Teilhabe an der Gesetzgebung sichert die materiale Gerechtigkeit, insbesondere die Gleichheitlichkeit (nicht die Egalität) der Verteilung der Lebensmöglichkeiten. Wer auf die größtmögliche Legitimation der Politik durch die Bürgerschaft zugunsten bürokratisch gestützter Führung verzichtet, redet der Despotie das Wort. Dies mag eine sanfte Despotie sein, 25› Hinweis die aber in eine harte Despotie umschlagen kann. Besonders gefährdet sind Großstaaten, weil sie den Widerspruch und erst recht den Widerstand so gut wie unmöglich machen.

3 Drei Konzeptionen sind ins Auge zu fassen, nämlich die der Vereinten Nationen, die des verfassungsgesetzlichen unitarischen Bundesstaates nach dem Beispiel der Bundesrepublik Deutschland und die des vertraglichen föderalen Bundesstaates nach dem Beispiel etwa des Deutschen Bundes von 1815 bis 1866, bisher auch der Europäischen Union. 26› Hinweis Wenig tragfähig wären einige wenige Einheitsstaaten ohne föderale Elemente, in denen die Mitgliedstaaten nach dem Beispiel Frankreichs lediglich Regionen der Selbstverwaltung in einem zentralistisch geführten Großstaat wären. Untragbar ist ein weltweiter Staat, ein Weltstaat, der zunehmend postuliert wird, the one world. Er würde die Freiheit der Menschen in Tyrannei ersticken.

Organisationsformen des Völkerfriedens

1 Die Vereinten Nationen sind eine weltumfassende Friedensordnung, die der Verwirklichung des Völkerrechts verpflichtet ist. Sie sind wie der einstige Völkerbund an Kants Friedensschrift orientiert, aber deren Grundprinzip, die Republikanität der Staaten, vermögen sie nicht zu gewährleisten, weil die Souveränität der Staaten entgegensteht. Ihre organisatorischen Vorkehrungen vermögen den Weltfrieden nicht zu sichern. Der mächtigste Staat, der sich als einzige Weltmacht wähnt, achtet sowohl die Charta der Vereinten Nationen als auch das Völkerrecht nur, wenn das seinen Interessen genügt. Dem Postulat einer globalen Rechtsgemeinschaft werden nur Republiken genügen, die die äußere und innere Freiheit aller Menschen, die Souveränität deren Staaten und das Selbstbestimmungsrecht aller Völker achten. Es ist Aufgabe der Bürger jeden Staates, durch Rechtlichkeit gekennzeichnete Republiken zu schaffen.

2 Der unitarische Bundesstaat beruht auf einem sowohl den Bund als Zentralstaat als auch die Länder als Gliedstaaten ordnenden Verfassungsgesetz, nicht auf einem Bündnisvertrag, wie der echte Bundesstaat. Er ist eine Republik. Dennoch sind der Bund und auch die Länder in derartigen unechten Bundesstaaten existenzielle Staaten mit jeweils originärer Hoheit der unterschiedlichen, aber teilidentischen Völker, also des Bundesvolkes und der Landesvölker. Die jeweilige Ausübung der Staatsgewalt ist eigenständig demokratisch legitimiert. Dieser unechte Bundesstaat ist tendenziell unitarisch, weil sein Prinzip die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet ist. Dem dient auch der Finanzausgleich. Vom unechten Bundesstaat dürfen sich Länder in existenzieller Lage separieren, wenn der Bund die grundlegenden Verfassungsprinzipien des Landes zu verwirklichen unterbindet, etwa durch eine supranationale Integrationspolitik, die das demokratische Prinzip aushöhlt, oder wenn der Bund verfassungswidrige Kriege führt. 27› Hinweis Nur in Normallagen sind die Länder dem Bund zur Bundestreue verpflichtet.

3 Der echte Bundesstaat ist föderalistisch. Sein Vertragsprinzip bringt es mit sich, dass jeder Bündnispartner den Bundesstaat verlassen kann, ohne dass dies besonderer Voraussetzungen bedarf. Die Mitgliedstaaten wahren die uneingeschränkte Souveränität. 28› Hinweis Dieser staatenbündische Bundesstaat hat nur eine abgeleitete Hoheit aufgrund der ihm von den Bündnisstaaten zur gemeinsamen Ausübung übertragenen Hoheitsrechte. 29› Hinweis Er hat keine eigenständige demokratische Legitimation. Seine Politik wird vielmehr von den Vertragsstaaten, insbesondere deren Volksvertretungen, legalisiert. Er ist keine Schicksalsgemeinschaft wie der unechte Bundesstaat. Seine Aufgaben und Befugnisse sind begrenzt und zielen nicht auf einheitliche Lebensverhältnisse. Er ist also nicht unitarisch. Die Integration muss im staatenbündischen Bundesstaat die existenzielle Staatlichkeit der existenziellen Staaten, der Nationen, achten, also deren Wirtschafts-, Währungs- und Sozialhoheit, vor allem aber deren Rechtshoheit und auch Verteidigungshoheit. Der echte Bundesstaat schließt differenzierte völkervertragliche Verhältnisse der Mitgliedstaaten nicht aus, etwa eine Union mit verschiedenen Integrationsstufen. In Betracht kommen auch übereinstimmende Rechtsetzungen, welche aufgrund einheitlicher Gesetzesentwürfe von den verschiedenen Mitgliedstaaten verabschiedet werden.

Die Europäische Union

1 Das deutsche Bundesverfassungsgericht qualifiziert die Europäische Union in etwa im Sinne eines staatenbündischen Bundesstaates als Staatenverbund 30› Hinweis und hat das souveräne Austrittsrecht, nämlich das Recht der Mitgliedstaaten, den Rechtsanwendungsbefehl für die Anwendung des Unionsrechts durch Aufhebung des Zustimmungsgesetzes zu beseitigen, festgestellt. 31› Hinweis Die Souveränität ermöglicht darüber hinaus, die Anwendung des Unionsrechts zu begrenzen. Das Gericht sieht die Mitgliedstaaten als die »Herren der Verträge« 32› Hinweis . Es gesteht der Union nur derart begrenzte und bestimmte Befugnisse zu, dass deren Handhabung von den mitgliedstaatlichen Parlamenten vorausgesehen und verantwortet werden können. Dieses Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung 33› Hinweis ist Illusion. Die Aufgaben und Befugnisse, so wie sie die Unionsorgane weit über die Vertragstexte hinaus praktizieren, haben sich im Laufe der mehr als sechzigjährigen Geschichte der europäischen Integration derart erweitert und verdichtet, dass sie der Staatsgewalt eines unitarischen Bundesstaates allemal genügen, insbesondere die Währungs- und weitgehend die Wirtschafts-, zumal die Handelshoheit, aber mittels der Grundfreiheiten auch die Regulierungshoheit und zudem eine weitgehende Grundrechtshoheit, freilich überwiegend zu Unrecht. 34› Hinweis

Freilich fehlt der Union die originäre Hoheit eines Unionsvolkes. 35› Hinweis Diese existenzielle Staatlichkeit der Union entbehrt der demokratischen Legitimation. Es ist nicht tragfähig, dass ein Unionsorgan, der Europäische Gerichtshof, die Ermächtigungen auslegt und dabei usurpatorisch erweitert. Zu Recht behält sich das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort darüber vor, ob die Union den Vertrag missachtet und ultra vires agiert. Die Verbindlichkeit der Judikate der Unionsgerichtsbarkeit sollte gemäß den völkerrechtlichen Prinzipien begrenzt bleiben.

2 Wenn die oben genannten »Werte der Union« beachtet werden sollen, darf diese sich nur zu einem echten Bundesstaat, zu einer Föderation der Republiken, entwickeln, weil auch die fundamentalen Prinzipien der menschheitlichen Verfassung nichts anderes zulassen. Dazu gehört auch das Sozialprinzip, das als Prinzip der Brüderlichkeit jeden Verfassungsgeber verpflichtet 36› Hinweis und als »Gerechtigkeit und Solidarität« nach Art 2 Satz 2 EUV den »Werten der Gesellschaft« der Union »gemeinsam ist«. Insofern bereitet die reale Integration der Europäischen Union größte Sorgen.

Die demokratisch vertretbare Ermächtigung der Europäischen Union reicht nicht, um allen ihren Integrationsinteressen gerecht zu werden. Das rechtfertigt aber keinesfalls, durch Machtusurpation und zentralistischen Bürokratismus das demokratische Prinzip zu relativieren.

Soziale Demokratie versus Kapitalismus

Republikanismus oder Liberalismus

1 Der Kapitalismus nutzt den liberalistischen Freiheitsbegriff, der die Sittlichkeit als die innere Freiheit eliminiert und Freiheit entgegen der kantschen Selbstzweckformel 37› Hinweis als das Recht zur bloßen Willkür, als das Recht, andere für die eigenen Zwecke auszunutzen, missversteht. Das ist die wilde Freiheit des Raubtiers, die Freiheit des Kriegers, die zum Krieg aller gegen alle führt, eine ökonomistische Freiheit, nicht die Freiheit der Menschenwürde, die Freiheit der Nächstenliebe, nicht die republikanische Freiheit. Der liberalistische Freiheitsbegriff scheint den Kapitalismus zu rechtfertigen, ist aber nur die Ideologie der Macht des Stärkeren. Dieser Irrlehre steht der von Rousseau geprägte Kantianismus entgegen, der in Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte Bestätigung gefunden hat.

2 Notdürftig kaschiert der Kapitalismus seine Macht mit der Wettbewerbsideologie. 38› Hinweis Der Wettbewerb des Marktes kann nützlich sein, um die Leistungen der Menschen zu entfalten, weil die Menschen das eigene Glück suchen und nach Reichtum streben. Sie sind geneigt, dabei die Rechte anderer Menschen außer Acht zu lassen. Aber Markt und Wettbewerb sind nur im Rahmen des Rechts, das das gemeine Wohl sichert, hilfreich. Vor allem setzt der Wettbewerb, wenn er die Gerechtigkeit nicht verletzen soll, die hinreichende Chancengleichheit der Marktteilnehmer voraus. 39› Hinweis Sonst führt der Wettbewerb zur Oligopolisierung der Unternehmen und zur Degradierung der Menschen zu Arbeitern und Verbrauchern, zu deren Entbürgerlichung. Die Humanität geht durch den kapitalistischen Freiheitsbegriff verloren.

3 Die Deregulierung verstärkt die Wirkung des kapitalistischen Liberalismus; denn sie entstaatlicht die Lebensbewältigung. Diese Entstaatlichung entdemokratisiert die Politik, die den Völkern aus der Hand genommen wird und in die Hände der Kapitaleigner gerät, vor allem in die Hände der international agierenden Banken, Schattenbanken und institutionellen Anleger. Es gibt kein gemeinsames Leben ohne Politik. Politik ist Praxis der Rechtlichkeit. Das richtige Maß von Staatlichkeit und Privatheit der Lebensbewältigung muss vom Volk bestimmt werden. Res publica res populi. Es kommt darum alles darauf an, dass die Bürger die Politik bestimmen.

Die Gesetze legalisieren das Handeln sowohl des Staates als auch der Privaten, also auch das der Unternehmer. Das Privatheitsprinzip 40› Hinweis entfaltet sich im Rahmen des Willens des Volkes, also im Rahmen der staatlichen Gesetze, freilich nach Maßgabe der Grundrechte. Nur dadurch ist das private und somit das unternehmerische Handeln gemeinverträglich und verwirklicht das Gemeinwohl. Salus publica suprema lex est. Wenn jedoch den Völkern die Gesetze von den Unternehmen, zumal den multinational operierenden Unternehmen, aufgezwungen werden, geht die Republikanität der Politik verloren, und privates Handeln verliert die Legalität aus der Freiheit aller Bürger.

Internationalität des Kapitalismus

Der Kapitalismus ist seinem Wesen nach international. Er ist als solcher mit der Demokratie unvereinbar. Der internationalistische Kapitalismus bewirkt die Expropriation der Völker. Dem Kapital steht nur eine dienende, nicht eine beherrschende Funktion zu. Wenn die multinationalen Anteilseigner und ihre Agenten in den Vorständen und Aufsichtsräten die existenziellen Entscheidungen über Unternehmen treffen, entmachtet das die Völker existenziell. Die Völker werden zu Dienern der Kapitaleigner und verlieren ihre Würde. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sind nicht mehr zu verwirklichen, zumal dem Sozialprinzip mit dem Verlust an Demokratie der Bewegungsmotor entzogen wird. Markt und Wettbewerb, das Effizienzprinzip der Wirtschaft, bedürfen der Eigentumsordnung, auch der Legalität der Kapitalnutzung, aber wenn diese völlig entgrenzt wird, ist die Demokratie verletzt. Die Völker müssen die Hoheit über ihr Land, über ihr Leben, über ihre Entwicklung bewahren. Die kapitalistischen »Eliten« haben sich von den Völkern losgesagt und missbrauchen diese für ihren Reichtum.

Kapitalverkehrsfreiheit

1 Die weltweite Kapitalverkehrsfreiheit, insbesondere in Art. 63 AEUV festgelegt, ermöglicht den Einsatz des Kapitals überall dort in der Welt, wo der Kapitaleinsatz die größten Renditen verspricht. Sie nimmt den Völkern die Hoheit über ihre Wirtschaft. Im Rahmen der Gesetze dürfen die Kapitaleigner das Kapital privatheitlich nutzen. Sie dürfen aber den Völkern das Kapital nicht nehmen, nur um ihre eigenen Interessen zu fördern. »In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden«, lautet Art. 1 Abs. 2 S. 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966. Mit dem Kapital werden dem Volk Lebensmöglichkeiten genommen. Die Kapitaleigner entscheiden, ob in einer Volkswirtschaft Kapital investiert wird, das das Volk erarbeitet hat. So weit gehen die privaten Rechte aus dem Eigentum nicht. Die Kapitaleigentümer dürfen nicht über Wohl und Wehe der Völker entscheiden können. Das ist zwar die Logik der Globalisierung, ist aber mit dem demokratischen Prinzip der Republik unvereinbar.

2 »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen«, sagt klassisch Art. 14 Abs. 2 GG. Diese Allgemeinheit ist das Volk. Das Kapital bleibt immer auch Sache des Volkes, gewissermaßen dessen »Eigentum«, nämlich res publica. Das Volk übt sein Gemeineigentum als Staatsgewalt demokratisch aus. 41› Hinweis Es äußert seinen Willen durch Gesetze. Eigentum ist immer soziales Eigentum. Es ist auch personales Eigentum, aber die Personalität darf sich privat nicht zum Schaden des Gemeinwesens, asozial also, entfalten, wie es die grenzenlose Kapitalverkehrsfreiheit ermöglicht. Demgemäß muss das Kapitaleigentum im Prinzip national sein, nicht international; denn das Kapital hat eine starke soziale Komponente. Unternehmerisches Eigentum ist dem Eigentümer in gewissem Sinne treuhänderisch zugeteilt, nicht zur Beliebigkeit, sondern sozialpflichtig, nur zur freien Willkür, also zur Verwirklichung der allgemeinen Gesetze und des Sittengesetzes. Gewissermaßen sind die Unternehmen Gemeineigentum des Volkes, res publica und darum res populi. Sie dürfen nicht in die Hand fremder Anteilseigner gelangen, die der Sozialpflichtigkeit als der inneren Sittlichkeit strukturell nicht genügen können.

Sozialwidriger Kapitalismus

Allenfalls mittelständische Unternehmen können nach »Gutsherrenart« für ihre Mitarbeiter sorgen. Allgemein muss die Sozialpflichtigkeit der Eigentümer durch Gesetze materialisiert und vom Staat durchgesetzt werden. Multinational agierende Unternehmen, welche die Interessen der Anteilseigner zu befriedigen haben, stehen der Verwirklichung des Sozialprinzips entgegen. Wenn ein Staat sie durch seine Gesetze dazu zu zwingen versucht und das ihre Kosten mehr erhöht, als sie hinzunehmen bereit sind, wechseln sie den Betriebsstandort und lassen die sozialen Kosten der arbeitslosen Arbeitnehmer dem unbotmäßigen Gemeinwesen zurück. 42› Hinweis Das Prinzip des Shareholder-Value ist in der globalistischen Wirtschaft strukturell institutionalisiert. Ohne demokratische Willensbildung hat die soziale Realisation keine Chance. Die Deregulierung der Wirtschaftsordnung, welche durch die internationalistische Integration der Wirtschaft wegen der Unmöglichkeit einer weltstaatlichen Ordnung der Freiheit erzwungen wird, ist gegen die sozialen Besitzstände gerichtet. Liberalistischer und internationalistischer Kapitalismus führt zur Neuen Sozialen Frage. Er ist ein Programm der Ausbeutung. Unterstützt von der Geldpolitik verfehlt seine Verteilung der Lebensmöglichkeiten grob das rechte Maß von Arm und Reich, die republikanische Mitte. Die Völker haben das Recht und die Pflicht, ihr Volkseinkommen freiheitlich, gleichheitlich und brüderlich durch allgemeines Gesetz zu verteilen.

Unechter Freihandel

Die Freihandelslehre rechtfertigt die Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer nicht. Das ist unechter Freihandel, der nicht auf komparativen, sondern auf absoluten Vorteilen gründet. 43› Hinweis Wenn armen Ländern die Arbeitskräfte genommen werden, dann ist das das Gegenteil eines humanen Entwicklungsprogramms. Keinesfalls ist Freihandel ein absoluter Wert, der es erlaubt oder gar gebietet, den Schutz der schwächeren Volkswirtschaften zu vernachlässigen.

Die »Freihandelsabkommen«, welche die Europäische Union durchzusetzen versucht, sind mit der Souveränität der Bürger unvereinbar und gegen die Demokratie, den Sozialstaat und vor allem gegen den Rechtsstaat gerichtet, zumal der Investitionsschutz nicht einmal hinreichend bestimmte Tatbestandsmerkmale kennt und von gegenüber Rechtsstaaten bedenklichen anwaltlichen Schiedsgerichten betrieben werden soll. 44› Hinweis

Der unechte Freihandel ist kein Friedensprogramm.

Der Kapitalismus lässt dem menschheitlichen Ideal der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit keine Chance. Er entliberalisiert, entdemokratisiert, entsozialisiert, zusammengefasst, entrepublikanisiert die Lebensverhältnisse. Er entnationalisiert die Völker und entrechtlicht die Gesetze. 45› Hinweis

Föderalismus demokratischer Republiken

Entdemokratisierende Vielvölkerstaaten

1 Demokratie setzt die kleine Einheit eines Volkes voraus. 46› Hinweis Große Staaten müssen um des demokratischen Prinzips willen föderalisiert und kommunalisiert sein. Der Pluralismus der Institutionen, in der ein Mensch lebt – Staat, Länder, Kommunen, Universitäten, Berufsverbände, Kirche usw. –, gibt seinem politischen Einfluss eine Chance. Große Staaten vieler Völker mögen mächtig sein. Sie gefährden aber durch ihre Macht den Frieden in der Welt, jedenfalls wenn es keine Gegenmacht gibt.

Die Völker werden im Internationalismus ihrer nationalen Eigenart beraubt. Deutschland etwa wird zum Einwanderungsland gemacht, obwohl es die Deutschen ausweislich ihres Verfassungsgesetzes, das das »Deutsche Volk« verfasst, nicht wollen.

Schlimmer noch, die Islamisierung verändert die christlich fundierte aufklärerische Kultur der Deutschen. Eine politische Religion, die die republikanische Säkularisation ablehnt, aber höchste Verbindlichkeit beansprucht, findet in den deutschen Grundrechten keinen Schutz, schon gar nicht in den Religionsgrundrechten, weil sie mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands unvereinbar ist. 47› Hinweis

2 Demokratie erfordert die Möglichkeit der Bürger, »effektiven Einfluss« 48› Hinweis auf die politische Willensbildung nehmen zu können. Zumindest muss die Bürgerschaft ihre Vertreter in den staatlichen Organen, vor allem in den Parlamenten, kennen und selbst auswählen können. Ein gestuftes Mehrheitswahlsystem wäre demokratischer als das Verhältniswahlsystem, das zur Parteienoligarchie und zur Negativauslese der Abgeordneten führt.

Ohne die Nähe der Menschen, ohne deren hinreichende Homogenität in Sprache, Religion, Kultur, ohne gelebte Öffentlichkeit ist allenfalls eine formale Demokratie der Wahlen, nicht aber eine materiale soziale Demokratie möglich. Solidarität ist nicht internationalisierbar.

Ein europäisches Europa

1 Die Europäische Union hat schon wegen ihrer Bevölkerungsmenge keine Chance, zur Demokratie zu finden. Sie ist schon jetzt überdehnt. Ihr Demokratiedefizit ist nicht behebbar, schlimmer noch, die Mitgliedstaaten haben ihren demokratischen Status durch die Integration weitgehend eingebüßt. In Europa sind die tragfähigen kleinen Einheiten die nationalen Staaten. Diese bieten auch die Chance, die Prinzipien zu verwirklichen, welche die Menschenwürde gebietet, gelebte Rechtlichkeit durch demokratische Staatlichkeit, Republikanität.

Die europäische »Wertegemeinschaft«, zu der die Demokratie gehört (Art. 2 EUV), findet in der Europäischen Union keine tragfähige Organisation. Der »supranationale« Großstaat nimmt den besten Entwicklungen der europäischen Kultur die Substanz, welche in den Nationalstaaten für die Verwirklichung der aufklärerischen Ziele der Menschheit des Menschen entwickelt worden sind. Insbesondere entzieht das großstaatliche Europa dem Prinzip Recht die demokratische Grundlage. Betreuende Vormundschaft führt nicht zur freiheitlichen materialen Selbstbestimmung.

Ein europäisches Europa kann nur ein »Föderalism freier Staaten« sein, wie ihn Kant konzipiert hat, 49› Hinweis in dem die Völker als nationale und souveräne Republiken die Verantwortung für ihr Schicksal tragen, aber die gemeinsamen Angelegenheiten durch eine völkerrechtliche Organisation unter strikter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips ordnen und befrieden.

Der Ökonomismus der europäischen und globalen Integration mag den Interessen der Plutokratie entsprechen, schadet aber den Völkern Europas. Den materiellen Wohlstand hat er bislang nicht gefördert. Der Binnenmarkt schadet den weniger leistungsstarken, aber schutzlosen Volkswirtschaften schwer, erst recht die Währungseinheit. 50› Hinweis

Ohne Demokratie gibt es auch keinen Rechtsstaat. Die Gewaltenteilung leidet in der Europäischen Union Not. Der Verfall des Rechts ist zugleich ein Verfall des Staates, dem die Idee der Freiheit verloren gegangen ist.

2 Die europäische Integration hat eine staatsähnliche Hülse gelassen, in der noch manche Staatlichkeit im Sinne von freiheitlicher Rechtlichkeit Wirklichkeit hat, die aber den substanziellen Verlust an Freiheit, Recht und Staat kaum noch zu kaschieren vermag. Die Staatsgewalt haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, die »Führer Europas«, mit je unterschiedlicher Macht weitgehend usurpiert. Die pluralen Parteienoligarchien haben sich einen unionsweiten Führerstaat geschaffen. Diese Führerschaft ist nicht freiheitlich, sondern herrschaftlich, also rechtlos. Rechtlosigkeit ist das Definiens von Despotie.

Nur Republiken, in denen den Bürgerschaften die Verantwortung für das gemeinsame Leben nicht aus der Hand genommen wurde, sind Staaten im freiheitlichen Sinne. Die Völker sind durch die europäische Integration substanziell entstaatlicht. Die Europäische Union hat zwar existenzielle Staatsbefugnisse, ist aber kein existenzieller Staat. Das kann nur ein zum Staat verfasstes Volk sein. Der angestrebte existenzielle Staat Europa jedoch wird nicht frei, wird nicht gleich und wird nicht brüderlich sein. Er wird, strukturell notwendig, obrigkeitlich sein, so wie es seine Politik auch schon jetzt ist.

3 Die Europäische Union ist nicht Europa. Dazu gehört Russland, auch zu »Europa« im Sinne der Verfassung der Deutschen. Die Deutschen wollen mit den Russen friedlich in einem gemeinsamen Haus leben. Diese Einstellung findet keine Beachtung bei der Führungsmacht der NATO, weil die »souveräne Gleichheit« der Deutschen nicht akzeptiert und nicht verwirklicht wird. Die Feindstaatenklausel der Charta der Vereinten Nationen steht dem entgegen. 51› Hinweis Ein »vereintes Europa« (Präambel, Art. 23 Abs. 1. S. 1 GG) setzt zunächst einen Friedensvertrag Deutschlands mit den Kriegsgegnern des Zweiten Weltkrieges voraus. Es ist die NATO, die im amerikanischen Interesse Europa spaltet.

4 Meine Hoffnung ist, dass Europa seine Seele zurückgewinnt, die Selbstbestimmung der Völker, ihre Nationalität, für die sich die Völker auf die Charta der Vereinten Nationen berufen können. Die praktizierte europäische Teilintegration zur gegenwärtigen Europäischen Union ist eine Fehlentwicklung Europas, wenn sie an den Prinzipien der Freiheit, des Rechts und des Staates gemessen wird. Europa kann nur als Europa der Staaten, als l’Europe des patries, wie das Charles de Gaulle in den Mund gelegt wird, in Frieden leben.

Souveränität, Selbstbestimmung, Intervention, Sezession

1 Das Völkerrecht unterscheidet die »souveräne Gleichheit« der Staaten nach Art. 2 Nr. 1 der Charta der Vereinten Nationen und die »Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker« nach Art. 1 Nr. 2 der Charta. Beide Prinzipien, die Souveränität und die Selbstbestimmung, sind die Freiheit der Bürger, deren Willensautonomie. Die Bürger üben ihre Souveränität als Staatsgewalt unmittelbar oder mittelbar durch die Staatsorgane aus, nach innen und nach außen. Die politische Form der allgemeinen und gleichen Freiheit, der Republik, ist die demokratische Willensbildung. Das ist Selbstbestimmung des als Staat verfassten Volkes und somit Souveränität des Staates im bürgerlichen Sinne.

2 Jede Art von Intervention in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten widerspricht deren Souveränität, nicht nur die mit Gewalt. Weder die humanitäre noch gar die umstürzlerische »schmutzige« Intervention, um einen Staat zu »demokratisieren«, respektiert das Völkerrecht. Abgesehen davon, dass solche Interventionen meist ein Vorwand für geopolitische und wirtschaftspolitische Machtverschiebungen sind, verletzen sie die Souveränität der Staaten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Sosehr die Republikanität des Staates ein Postulat der Freiheit der Bürger ist, so gebieterisch ist die äußere Unabhängigkeit jedes Staates, wenn der Frieden gewahrt bleiben soll. Jedes Volk muss seine Freiheit selbst verwirklichen. Die Intervention führt zum Krieg, dem »Zerstörer alles Guten« 52› Hinweis . Nur der Völkermord rechtfertigt Intervention, ja gebietet diese. Fraglos sind die Grenzen zum Schutz der Menschenrechte fließend. Wirtschaftliche Sanktionen erfüllen den Tatbestand der Intervention nicht, wenn sie keine Vertragspflichten verletzen.

3 Die Selbstbestimmung der Völker ist gleichfalls Ausübung der Souveränität als der Freiheit einer Menge von Menschen, die ein Volk bilden oder bilden wollen. Das Selbstbestimmungsrecht gibt Völkern, die nicht als Staaten verfasst sind, das Recht politischer Selbstbestimmung und damit das Recht, einen Staat zu bilden.

Dieses Recht richtet sich auch und insbesondere gegen Staaten, in welchen diese Völker Bürger eines größeren Staatsvolkes sind. Aber auch Völker, die staatsübergreifend leben, haben das Recht, einen eigenen Staat zu bilden. Sie nehmen dadurch ihre politische Freiheit wahr, die allem voran das Recht zum Inhalt hat, in einem selbstbestimmten, souveränen Staat zu leben. Den Unterschied des Selbstbestimmungsrechts und der Souveränität macht der Volksbegriff. Die vom Staat ausgeübte Souveränität hat das Staatsvolk als die Bürgerschaft. Das Selbstbestimmungsrecht hat ein Volk, wie immer das begriffen wird. Dieses Selbstbestimmungsrecht kollidiert mit dem Bestandsschutz, den die meisten Staaten in ihren Verfassungsordnungen verankert haben.

Ein Volk kann ethnisch, religiös, kulturell, geschichtlich, sprachlich bestimmt sein. Der Volkscharakter ist jeweils konkret festzustellen. Einen allgemeinen materiellen Begriff des Volkes gibt es nicht und kann es nicht geben. Es sind formale Kriterien, die ein Volk ausmachen. Maßgeblich ist die manifestierte »Selbstidentifikation« einer Menge von Menschen als Volk. Dafür ist ein besonderer Grund nicht erforderlich, schon gar nicht ein Grund, der allseits anerkannt wird. Es geht um das gemeinsame Leben von Menschen in Freiheit und damit in Rechtlichkeit.

Notwendig ist die territoriale Einheit hinreichender Größe des Gebietes, in dem die Menschen leben, die sich zu einem Staat verfassen, weil anders kein Frieden möglich ist. Aber es können sich immer wieder neue Völker bilden, größere durch Staatenbildung, auch Bundesstaaten, und kleinere durch Separationen von Teilen eines Staatsvolkes zu neuen Staaten.

Der Wille der zusammenlebenden Menschen, als Volk einen Staat zu bilden, muss manifestiert werden. Die Sezession bedarf eines Referendums mit eindeutiger Mehrheit des neuen Volkes, um Vergewaltigungen schweigender Mehrheiten durch aktive Minderheiten vorzubeugen. Die Freiheit der Abstimmung muss sichergestellt sein. Dieses Verfahren sollte der alte Staat einrichten und sichern.

Der alte Staat ist nicht berechtigt, die Sezession eines Volksteiles mit Gewalt zu unterbinden. Er würde das Selbstbestimmungsrecht des neuen Volkes und damit die politische Freiheit seiner Bürger verletzen. Wenn nur einzelne Bürger ihren Staat verlassen wollen, steht ihnen das Menschenrecht des freien Zuges zur Verfügung. Ohnehin muss die Sezession den Schutz der Minderheit, deren ius emigrandi, gewährleisten, aber auch deren Verbleiben in der Heimat. Der Bestandsschutz des Staates kann sich gegen das Selbstbestimmungsrecht nicht behaupten. Das ergibt der Vorrang des Völkerrechts, der aus dem umgekehrten Monismus folgt, nämlich aus der Freiheit des Volkes, das das Völkerrecht anerkannt und damit zum eigenen Recht gemacht hat.

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker beruht auf der Freiheit des Menschen als dessen Würde. Die aber ist das oberste Rechtsprinzip der Menschheit.

— Berlin, 15. April 2015

Meinungsfreiheit ist unantastbar

Die Würde des Menschen wird verletzt, wenn er daran gehindert wird, seine Meinung zu äußern, privat oder öffentlich, durch Wort, Schrift oder Bild, wem gegenüber auch immer. Meinungs- und Meinungsäußerungsfreiheit sind Konstitutionsprinzipien der Demokratie. Zur Meinungsfreiheit gehört auch, dass man jede geäußerte Meinung zur Kenntnis nehmen kann und darf, die Informationsfreiheit aus allgemein zugänglichen Quellen (Art. 5 Abs. 1 GG). Meinung ist ein Beitrag zur Wahrheit und Richtigkeit. Er muss sachlich sein, aber die Sachlichkeit verantwortet, wer sich äußert. Alles andere ist Bevormundung.

Wenn die Bürger sich nicht äußern können, dürfen oder wollen, nehmen sie an der Willensbildung des Volkes nicht teil. Der Volkswille, der allgemeine Wille, der sich in den Gesetzen manifestiert, begründet die Verbindlichkeiten, die ein freies Leben im Gemeinwesen erst ermöglichen. Die Gesetze bestimmen das Gemeinwohl und damit das Wohl jedes einzelnen Bürgers. Sie sind der Idee nach der Wille aller und damit der Wille jedes Bürgers.

Der Gesetzgeber beschließt die Gesetze aufgrund der Erkenntnisse dessen, was auf der Grundlage der Wahrheit für das gute Leben aller Bürger richtig ist. Die Erkenntnisse bedürfen der Teilnahme jedes Bürgers an der politischen Willensbildung. Das ist seine politische Freiheit. Nur jeder Bürger selbst weiß, in welcher Lage er lebt und wie er leben will. Freilich muss er als Bürger unter Bürgern, so gut er kann, auch die Lage aller anderen und die des Gemeinwesens insgesamt, über die Landesgrenzen hinaus, berücksichtigen, wenn er sich zur Politik äußert. Dabei muss er sich innerlich von seiner Religion frei machen, sich säkularisieren; denn die Religion hat nicht für alle Verbindlichkeit und kann darum nicht Grundlage allgemeiner Gesetze sein. Das verlangt der kategorische Imperativ, das Sittengesetz. So steht es im Grundgesetz in Art. 2 Abs. 1. Das ist die praktische Vernunft, die von jedem Bürger im Privaten und Öffentlichen gefordert ist.

Die Demokratie ist die politische Form der allgemeinen Freiheit. Sie wird beschädigt, wenn Bürger an der Teilnahme am politischen Willensbildungsprozess gehindert werden. Dieser ist nicht etwa den Parteien vorbehalten, schon gar nicht den in den Parlamenten vertretenen Parteien. Vor allem die Meinungsäußerungen, die Kritik, der Opposition, zumal der außerparlamentarischen Opposition, sind demokratisch essenziell. Weder der Staat noch die Medien noch andere Akteure dürfen diese behindern, ganz unabhängig davon, in welcher Form die Opposition betrieben wird, wenn nur die Grenzen des Rechts eingehalten sind. Nicht Political Correctness zieht die Grenzen eigener Meinungsäußerung, sondern nur die Gesetze, die sich im Rahmen der Verfassung halten, insbesondere das Verbot von Beleidigung, übler Nachrede und Verleugnung, nämlich das Recht der persönlichen Ehre. Besonderen Schutz genießt die Versammlungsfreiheit, eingeschlossen die Demonstrationsfreiheit, die der gemeinschaftlichen Meinungsbildung und Meinungsäußerung dienen.

Der Meinungskampf ist nicht nur erlaubt, sondern um der richtigen Erkenntnis willen geboten. Aber er muss sich strikt an die allgemeinen Gesetze halten und darf keinesfalls den Frieden im Lande gefährden. Er darf nicht zum Bürgerkrieg ausarten, auch nicht zu einer Vorstufe desselben. Der Respekt vor der Meinung des anderen, vor der anderen Meinung gehört zum Friedensprinzip des freiheitlichen Gemeinwesens, der Republik. Zwang gegen andere wegen deren Meinung, die auch in Lebensformen zum Ausdruck kommen kann, ist nicht nur strafbar; sie ist eine Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie verletzt Demokratie und Rechtsstaat im Kern. Nicht nur staatlicher, sondern auch privater, gesellschaftlicher Zwang, um Meinungsäußerungen zu unterbinden, ist zutiefst rechtlos. Er ist durch keinen Moralismus zu rechtfertigen, der die Verbreitung irgendeiner politischen Sichtweise behindern oder verhindern will. Nur das Argument, welches zu überzeugen versucht, ist sittlich gerechtfertigt.

Jeder Bürger ist in der Republik ein Teil des Staates. »Wir sind der Staat.« Folglich ist jeder verpflichtet, zur freiheitlichen Kultur des Gemeinwesens beizutragen, d. h., nicht nur seine Meinung frei zu äußern, sondern auch gegenüber der Meinung anderer offen zu sein, jedenfalls diese zu tolerieren. Wir alle zusammen, die wir der Staat sind, sind verpflichtet, jeden in seiner Freiheit der Meinung und deren Äußerung zu schützen. Diese Schutzpflicht nimmt der Staat vielfach nur unzureichend war. Vor allem ist es Pflicht der Medien, deren Freiheit und Aufgabe die öffentliche Meinungsbildung ist, allen Meinungen, die sich an die Grenzen der Gesetze halten, Relevanz zu verschaffen. Der Meinungspluralismus muss jedenfalls in der Vielfalt der Medien Ausdruck finden. Die Medien sind verpflichtet, ganz unabhängig von der Materie der Meinung der Form des Meinungsäußerns in hinreichender Neutralität Schutz zu geben. Vielfach hetzen sie jedoch gegen Meinungen auf und gefährden damit den Frieden im Lande.

Ganz untragbar in der Demokratie, sittlich und rechtlich, ist es, wenn einzelne Bürger und ihre Familien wegen ihrer Meinungsäußerungen in ihrer Integrität, in ihrer körperlichen Unversehrtheit bedroht oder gar verletzt werden. Derart typisch faschistische Kampfmethoden verdienen den unmissverständlichen Widerspruch der Öffentlichkeit, vor allem der Medien, und die rechtsstaatlich gebotenen Abwehrmaßnahmen von Polizei und Justiz.

Immer wieder wird mit gewaltsamen Maßnahmen versucht, Vorträge, Diskussionen, Konferenzen, Demonstrationen zu verhindern, welche sich mit den Problemen der Politik, etwa der Integrations-, der Immigrations-, der Religions-, der Familienpolitik, befassen wollen. Es ist unerheblich, welche Positionen und Begriffe jemand vertritt, der seine Meinung zur Politik äußert, als Vortragender, als Diskutant oder als Demonstrant. Sein Beitrag zur Meinungsbildung muss geschützt werden. Er hat selbst die Verantwortung für seine Äußerungen. Mögen andere ihre Auffassungen entgegensetzen, auch dagegen demonstrieren, die Freiheit der Meinungsäußerung, die große Redefreiheit, müssen sie als ein Heiligtum der Demokratie hochhalten.

Ein freies Land ist nur, in welchem die Bürger stetig den aufklärerischen Satz Voltaires beherzigen:

»Ich bin nicht einverstanden mit dem, was Sie sagen, aber ich würde bis zum Letzten dafür kämpfen, dass Sie das Recht haben, es zu sagen.«

— Berlin, 16. November 2013

Persönlichkeitsschutz im WWW

Das World Wide Web ist nicht nur eine Einrichtung schneller, weltweiter und weitgehend kostenloser, hilfreicher oder auch irreführender Information, grenzenlosen, aber auch entgrenzten Diskurses und fachlicher oder sozialer wie banaler Kommunikation. Es ist auch ein Platz der Beleidigung, der üblen Nachrede und der Verleumdung. Einträge aus fernen Ländern, die keine Pflicht zum Impressum kennen, und unidentifizierbarer Autoren machen das WWW zum rufmordenden Pranger.

Der Rechtsschutz der Persönlichkeit im WWW ist unterentwickelt, obwohl die Persönlichkeit des Menschen höchsten Rang in der Werteordnung des Rechts hat. Sie ist durch das Grundrecht des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde geschützt. Dieses Fundamentalprinzip der Verfassung begründet nach Satz 2 des Art. 1 Abs. 1 GG die »Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, es zu achten und zu schützen«. Die Menschenwürde darf nicht um irgendeiner Politik willen gegen andere Verfassungsprinzipien abgewogen werden. Dennoch ist der Rechtsschutz der Persönlichkeit unzulänglich, jedenfalls im WWW, im Übrigen auch, wenn auch nicht im gleichen Maße, gegenüber den sonstigen Medien. Die gesetzliche Ausgestaltung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, welches das Bundesverfassungsgericht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet hat, leistet den effektiven Schutz der Persönlichkeit nicht.