Erwacht - Kerstin Scherer - E-Book

Erwacht E-Book

Kerstin Scherer

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Beschreibung

In "Erwacht" zeigt Kerstin Scherer über ihre persönliche Lebensgeschichte als erfolgreiche Unternehmerin, praktizierende Schamanin und als Mensch mit hellsichtigen Fähigkeiten, ihren Leser*innen die tiefgreifenden Möglichkeiten, Lebenskonflikte zu lösen, Erfolge zu erzielen und das eigene Glück zu finden.Wir sind nicht allein. Um uns herum gibt es die Familie und unsere Vorfahren. Deshalb prägen uns Glaubensätze, Schuldgefühle und toxische Verbindungen zurückliegender Generationen, ohne dass wir uns darüber bewusst sind. So entstehen Konflikte und unglückliche Beziehungen, aus denen wir keinen Ausweg sehen.Kerstin Scherer berichtet in ihrem Buch von ihrem persönlichen Erfolgsansatz, auch generationenübergreifende Kontroversen aufzulösen. Durch die Beantwortung wichtiger Fragestellungen und dem Moment des "Erwachens" aus der Starre, kann etwas wunderbares Neues bei jedem von uns beginnen.

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Seitenzahl: 353

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Kerstin Scherer

Erwacht

Unter Mitarbeit von Daniel Bachmann

Lektorat:

Susanne Klein, Hamburg

Umschlaggestaltung:

99designs, Katarina Prenda

Autorenfoto:

© Scherer GmbH & Co. KG

Fotografien im Farbteil:

© privat

Innenteil, Layout/Satz:

KleiDesign, Bielefeld

Druck & Verarbeitung:

Westermann Druck Zwickau

© Verlag J. Kamphausen in Kamphausen Media GmbH, Bielefeld 2023

[email protected] | www.kamphausen.media

ISBN Printausgabe: 978-3-95883-623-5

ISBN E-Book: 978-3-95883-624-2

1. Auflage 2023

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen undsonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabesowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

Kerstin Scherer

E R W A C H T

Von der unbedingtenErreichbarkeit des Glücks

Dieses Buch widme ich in tiefer Dankbarkeit:

Meinen Kindern Ben und Maya, die mir eine immerwährende Inspiration für Leben und Liebe sind.

Meinen Eltern, die auf natürliche Weise stets ihr Bestes gegeben haben, um mir ein großartiges Leben zu ermöglichen, und die zu tiefer Liebe zu ihren Kindern und Enkelkindern in der Lage sind.

Meinem Mann Hermann Scherer für seine Partnerschaft und seinen unermüdlichen Willen, jederzeit Dinge voranzubringen.

Meinem Bruder Marco, der mich am längsten kennt und meinen Weg immer unterstützt hat, auch, als sich viele von mir distanzierten.

Daniel Bachmann für die Kraft seines Geistes – was für eine Zusammenarbeit!

Annika Huck-Kamphausen und dem Kamphausen Verlag, die diesem Buch ein gutes Zuhause ermöglicht haben.

Meiner Patentante Rosemarie, die mich gelehrt hat, immer gut für andere zu sorgen, auch wenn die Sonne mal nicht für einen Menschen scheint.

Meinen Freund*innen Hans-Joachim, Michael D., Juliane, Ute, Michael M., Kristina, Uschi, Helmut, Burkhard, Ursula, Chris, Boris, Kerstin, Harald, Pasja, Holger, Simone, Silvia, Martin, Peter, Kerstin, Elisabeth, Waldi, Cordula, Georg, Michaela, Robert, die in der Lage sind, Menschen so zu sehen, wie sie wirklich sind, und auch dafür, dass wir uns nach Jahrzehnten immer noch etwas zu erzählen haben.

Meinem gesamten unfassbar großartigen Kerstin-Scherer-Team! Die Besten dieser Erde!

PROLOG

DAS LEBEN KÖNNTE EIN TRAUM SEIN

Die ganze Welt ist beseelt

Begegnung mit dem Adler

Innerer und äußerer Kosmos

Ein Kind mit Fantasie

Die Kraft des Wortes

DEINEN EIGENEN WEG FINDEN

Die Welt gehört dir

Das Staunen nicht verlernen

Was würde Jesus tun?

Ordnung als Unterstützung

In der Ausbildung

DAS LEBEN ALS SPIEL SEHEN

Umgang mit dem Ego

Die verborgenen Antworten finden

Wir haben die Wahl

Von Fußball und Ballett

IN DIE BERGE

Der Trickster

Hinfallen und wieder aufstehen

Die Aufstellungsarbeit

RINGTRÄGERIN

Ordnungen eines Unternehmens

Hierarchien eines Unternehmens

Heldinnenreise

In die Selbstständigkeit

Das Wissen aus der Natur

Urkraft

Mein Engel

KLOSTER – EIN KRAFTORT

Der Schritt über die Schwelle

Mitten im Zweifel

DEMUT UND ERLEUCHTUNG

Ein Moment des Einswerdens

Kloster auf Zeit

HEILUNG

Ein ganz normaler Mensch

Reinigungsprozess

Heilsteine

Redlich arbeiten

WUNDER GESCHEHEN

Felder der Männer und der Frauen

Wendepunkt

SCHLÜSSELERKENNTNISSE

SIEBEN STADIEN ZUR MEISTERSCHAFT

EPILOG:IHR WEG IN EIN ERFOLGREICHES LEBEN

Spielregeln des eigenen Erfolgs

Zur Anwendung

Übung zur Manifestation von Wünschen

Herzlich willkommen zu meinem Buch ERWACHTZur Einstimmung habe ich ein Geschenk für Sie.Laden Sie sich gerne meine kostenlose Meditation herunter.Viel Freude mit der Meditation und meinem Buch.Link:www.kerstinscherer.com/meditation

PROLOG

Es war einmal … so beginnen Märchen und Mythen, über die wir so oft denken: Gute Geschichte, auch gut ausgedacht, aber eben doch Märchen und damit nicht wahr. Was aber taten die Gebrüder Grimm? Sie erfanden nichts, sie sammelten nur. Sie zogen von Ort zu Ort, um alte Volkssagen aufzuschreiben, die ansonsten unweigerlich verloren gegangen wären. Im Hunsrück, wo ich aufgewachsen bin, wurden sie ebenfalls fündig, was weder Zufall noch Wunder ist. Doch was sind Volkssagen? Nichts anderes als die tiefen Wahrheiten des Lebens, vom Volk in Geschichten verwandelt, damit wir sie erzählen und weitergeben können. Denn wir Menschen können uns Geschichten merken, haben aber mit schnöden Fakten so unsere Schwierigkeiten. Das bemerken wir meist zuerst in der Schule, wovon ich selbst ein Liedchen singen kann.

Und siehe da, auf einmal sind diese Märchen nicht mehr bloß Märchen, sondern der Kern dessen, was uns Menschen im Laufe des Lebens widerfährt. Daher beginnen gute Geschichten damals wie heute mit „Es war einmal“. Auch meine Geschichte beginnt so: „Es war einmal ein kleines Mädchen …“ Manches darin mag wie ein Märchen anmuten. Gut so. Denn es ist der Kern dessen, was mir im Laufe meines Lebens widerfahren ist. Gäbe es die Gebrüder Grimm noch, hätten sie dieser Geschichte gelauscht, um sie aufzuschreiben, damit sie nicht verloren geht.

DAS LEBEN KÖNNTE EIN TRAUM SEIN

Der beste Lehrer für Freiheit, Tod und Leben ist die Natur.

Niemand denkt zeitgleich über die eigene Kindheit, den persönlichen Erfolg sowie das Ende des eigenen Lebens nach. Oder denkt daran, dass sich zwischen der gegebenen alltäglichen Normalität und glücklichen Sternstunden mehr befinden kann als harte Arbeit oder pure Langeweile und dass das Leben gepflastert ist mit schwierigen Erlebnissen in unpassenden Augenblicken oder kleinen bis großen unerwarteten Wundern. Oft werden unangenehme Tatsachen oder Umstände geheim gehalten, und es ergeben sich Vorstellungen, als sei die Welt bei allen anderen großartig, nur nicht bei einem selbst. Kaum jemand denkt darüber nach, dass der Schlüssel darin liegen kann, das sogenannte Vergessen aufzugeben und bewusst im Hier und Jetzt zu leben. Häufig verdrängen Menschen den Wunsch nach einem erfüllten Leben, gerade so, als bestünde die Möglichkeit, immer neue Leben zu leben. Doch was wäre, wenn die geheimsten Wünsche der frühen Kinderjahre im Laufe des Lebens Erfüllung fänden und beim letzten Atemzug Friede herrschte?

Mein Leben hat mich immer wieder liebevoll oder brachial daran erinnert, einen erfüllten Weg zu gehen. Bevor wir tiefer in die unbedingte Erreichbarkeit des Glücks einsteigen, möchte ich Sie gerne auf die Reise eines schlichten Lebens mitnehmen, das eine gesunde Lebendigkeit gefunden hat:

Als mich mein Mann an diesem Donnerstagabend anrief, saß ich mit meinem Jungen auf dem Schoß im Schlafanzug auf dem Sofa und freute mich auf den ruhigen Abschluss eines anstrengenden Tages. Er wollte wissen, wann ich zur großen Eventhalle komme, der Technikcheck sei überfällig. Tatsächlich hatte ich meinen geplanten Vortrag vergessen und ehrlich gesagt auch verdrängt, denn immer, wenn ich im Programm meines Mannes auftrat, gab es Menschen, die mich dort nicht sehen wollten. Doch wie immer schaffte er es auch dieses Mal auf seine charmante Art, mich umzustimmen, zumal sich die Eventhalle gegenüber unserem Haus direkt auf der anderen Straßenseite befindet und zu unserem eigenen Unternehmen gehört. Dennoch hatte ich nur noch 16 Minuten Zeit für Make-up, Umziehen, Haarekämmen und raus auf die Bühne: „Sie freuen sich auf dich“, rief mein Mann mir zu. Und ich antwortete aus Gewohnheit: „Ja, es werden wohl eine Handvoll Leute dabei sein, auf die das zutrifft.“

Wer errötet, erkennt dahinter seine versteckten Sehnsüchte.

Doch als ich an diesem Abend auf die Bühne kam, sprang das Publikum auf, rief meinen Namen und begrüßte mich mit Standing Ovations. Für einen Moment war ich so gerührt wie als kleines Mädchen, als ich die Rolle der Maria mit neun Jahren beim Krippenspiel gemeistert hatte und den Applaus im Dorf, in dem ich aufwuchs, als größtes Weihnachtsgeschenk erlebte. Schon als junges Mädchen suchte ich die Bühne, das Schauspiel, und redete gerne. Allerdings wurde ich damals rot vor Scham. Auch an diesem Abend rötete sich mein Gesicht, da zum ersten Mal der tiefe Wunsch in mir wahr wurde, mich ganz zu zeigen und mit dem Publikum eins zu werden. Und das wurden wir: Wir lachten, tanzten, weinte und fanden großartige Lösungen und Visionen. Dieser Abend war der innere Durchbruch in meinem beruflichen Leben auf der offenen Bühne. Denn bislang hatte ich vorwiegend hinter verschlossenen Türen oder vor ausgewähltem Publikum gearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir bewusst, dass ich schon mein ganzes Leben lang den tiefen Wunsch in mir trug, gemeinsam mit anderen Menschen wahrhaften Erfolg zu haben.

Natürlich hatte ich an jenem Abend nicht die geringste Idee, was danach auf mich zukommen sollte an öffentlicher Zuwendung. Mir kam es jedoch vor, als erinnerte ich mich an ein früheres Leben.

Während ich mir die Frage stellte, ob Business und Spiritualität wirklich so einfach zu vereinbaren sind, wie ich es an diesem Abend erlebte, war ich schon mittendrin in meiner eigenen Geschichte und in der Zeit, als mein Leben begann. So als würde ich wie die Gebrüder Grimm einige Geschichten weitererzählen, die wie Märchen klingen.

Denn es war einmal ein Mädchen, das lebte am liebsten im Wald. Und ja, Sie ahnen es, dieses Mädchen bin ich. In dem kleinen Ort im Hunsrück, in dem ich aufwachse, ist der Wald ganz nah. Er ist Teil des Alltags der Menschen hier, aber für mich ist er viel mehr: Er ist mein Leben. Er ist meine Zuflucht. Er ist mein Unterschlupf. Wann immer ich nicht weiß, wo mir der Kopf steht – und das ist oft der Fall –, gehe ich in den Wald. Wann immer die Menschen mich schief von der Seite anschauen, weil ich in ihren Augen seltsam bin, flüchte ich mich in den Wald. Würde ich diesen Menschen erzählen, dass ich dort mit Tieren spreche und die Tiere mit mir, hielten sie mich für verrückt. Dieser Wald war für mich der sicherste Ort nach meinem Elternhaus. Obwohl der Hunsrück eine uralte Kulturgegend ist, voller Märchen und Mythen und damit voller Lebensgeschichten von Menschen vor unserer Zeit, scheinen die Menschen der heutigen Zeit das meiste davon vergessen zu haben. Sie denken nicht mehr daran, dass es schon immer Mädchen, Frauen, Jungen und Männer gab, die anders waren als die anderen. Sie haben es deshalb vergessen, weil man diesen Mädchen, Frauen, Jungen und Männern viel Böses angetan hat. Es gibt viele Orte, die ich in meinem Leben aufgesucht habe, an denen sich Beispiele dafür zeigen. Da, wo ich heute lebe, in Mastershausen, gibt es außerhalb des Ortes einen Hügel, der in diesen Zeiten, von denen ich gerade spreche, als Richtstätte diente. Auch wenn dort heute ein Türmchen steht, von dem aus man einen schönen Blick übers Land hat, meide ich den ehemaligen Galgen. Ich spüre das Leid, das dort geschehen ist; die Qual vieler Unschuldiger, denen man nach dem Leben trachtete. Damals genügte es, Mädchen wie mich des „bösen Blicks“ zu bezichtigen … – doch warum rede ich von damals? Das ist mir in unserer scheinbar so modernen Zeit häufig passiert, wovon ich Ihnen erzählen werde.

Leider haben die Menschen auch etwas anderes vergessen: Diese Mädchen, diese Frauen, diese Jungen und diese Männer, die anders waren, leisteten der Gesellschaft wichtige Dienste. Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel nennen aus einer Gegend, in der ich immer wieder gerne Urlaub mache: Zwar hat der Hunsrück so manche Ähnlichkeiten mit dem Allgäu, aber im südlichen Teil Bayerns liebe ich die hohen Berge, den weiten Blick auf ganze Gebirgsketten und tief eingeschnittene Täler mit diesen endlosen Wäldern, in die ich so richtig eintauchen kann. Oft besuche ich den Ort Ofterschwang im Allgäu. Hier sitze ich auch gerade, während ich dieses Buch schreibe, und schaue von meinem Chalet aus auf die Oberstdorfer Bergkette. Dieser Ort ist sehr bekannt für ein wunderschönes Hotel, die Sonnenalp. In diesem schönen Hotel verbringe ich häufig ein paar Ferientage, und oft erinnere ich mich an all die Geschichten, die über Heiler, vor allem über die sogenannten Sympathieheiler, hier erzählt wurden. Leider geraten die langsam in Vergessenheit. Es waren Frauen und Männer, die anders waren und die ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft stellten. Die Menschen hier im Allgäu beschrieben es mir einmal mit diesen Worten: „Stell dir das Allgäu vor 200 Jahren vor. Damals gingen die Winter von Oktober bis April. Die Berge waren tief verschneit. Meist lag der Schnee über 1,50 Meter hoch. Überall dort oben lagen Bauernhöfe, die über ein halbes Jahr lang von der Außenwelt abgeschnitten waren. Wurde dort jemand krank, brauchte man einen Heilkundigen – und das waren die Sympathieheiler, Christbeter, Feuerlöscher, Warzenwegbeter, Kräuterheilkundler.“ Meist waren es Bauern und Bäuerinnen, die ein großes Wissen hatten über Heilkräuter, Gebet, Heilsteine, Weihrauch etc. Doch vor allem heilten sie durch Handauflegen, woraus das Wort „Sympathie“ entsprang, oder durch überlieferte Gebete, christliche Gebete, hellseherische Fähigkeiten, gepaart mit Visionen der Voraussagen und vielem mehr. Die über Generationen hinweg übertragenen Gebete wurden an die nächste Generation meist mit einer kleinen Initiation weitergegeben, damit nicht nur der Text, das Wort, sondern auch die Heilkraft übertragen wurde. Heute vereinfachen wir das in der Sprache gerne und nennen es eher „kraftvolle Empathie“ oder besser noch „kraftvolles, wissendes Mitgefühl“. Ihre Heilerfolge würden so manchem gestandenen Arzt den Mund vor Staunen offen stehen lassen, so viel ist sicher. Mit dem Aufkommen der Schulmedizin wurden diese Heiler ins Abseits gedrängt und immer wieder bekämpft. Sicher gab es auch hier Menschen, die eine Art Machtmissbrauch begangen haben, das steht außer Frage. Doch es gibt zahlreiche Erinnerungen vieler Menschen, die große Erfolge überlieferten.

Heute möchte ich einer dieser Menschen sein, die einige dieser Geschichten überliefern. Denn ich habe sie selbst erlebt – wie etwa die Sache mit den Warzen: Es war 2001, als ich unschöne Warzen an meinem rechten Daumen entdeckte. Was ich auch tat – und das war einiges, schließlich bin ich in vielen Therapiegebieten ausgebildet –, ich bekam sie nicht weg. Ich weiß nicht mehr, wer es war, doch jemand empfahl mir, zum Warzenwegbeter ins Oberallgäu zu gehen. Ich rief an und der Mann sagte, dass diese Behandlung nur bei einem speziellen Mond möglich sei und ich dazu drei- bis maximal fünfmal kommen müsse. Ich ließ mich darauf ein. Bei meinem ersten Termin war ich ein wenig überrascht, einem freundlichen Mann in seiner Küche am Tisch gegenüberzusitzen.

Offenbar hatte ich mir einen Warzenwegbeter anders vorgestellt. Ein Jesuskreuz hing an der Wand, und ich dachte, es wird wohl ein christliches Gebet werden. Tatsächlich sprach er solche Gebete, legte den Finger knapp über die Warze und meinte dann, ich bräuchte nicht mehr zu kommen. Ich war überrascht. Auch weiter sprach er kaum mehr ein Wort, und ich fühlte eine gewisse Enttäuschung. So fuhr ich mit meinen Warzen auf dem Daumen wieder nach Hause und dachte, dass ich mir den Weg wohl hätte sparen können. Doch 14 Tage später fielen die Warzen einfach ab und kamen nie mehr wieder.

Mein damaliger Hausarzt meinte, dass Warzen ohnehin irgendwann abfallen und das alles Zufall gewesen sei. Doch ich hörte damals schon auf, an Zufälle zu glauben. Stattdessen schickte ich meine Patient*innen, die mit Warzen in die Praxis kamen, zu dem Heiler. Und es hat immer funktioniert. Als der Warzenwegbeter zwei Jahrzehnte später starb, wurde mir sein Gebet gegeben: Trotzdem habe ich es nie geschafft, Warzen wegzubeten, weil es nicht nur am Gebet liegt, sondern an der weitergegebenen Kraft. Es benötigt eine sogenannte Initiation. Eine Initiation ist wie eine Art Einweihung. Es ist so, als würde sich bei dieser Übergabe einer Kraft, die man von einem Menschen erhält, der die Technik, das Wissen und Können beherrscht, etwas in einem erinnern. Darüber kommt der Erwerb der Fähigkeit, gepaart mit der einhergehenden Kraft. Nun bekam ich nur den Text, nicht aber die Übergabe durch den Lehrer. So erklärt es sich, dass Fähigkeiten in uns angelegt sind, aber dennoch erst erweckt werden müssen. Durch Erfahrungen, Erkenntnisse, Einsichten, aber eben auch durch gute Lehrer oder Leitfiguren.

Damals lebte ich selbst in dieser Region, wovon ich Ihnen noch näher erzählen werde. Eines Tages, als ich beim Mittagessen mit einer Freundin saß, hörte ich einen Schrei der Nachbarin, den ich nie vergessen werde. Auf dem Weg kam uns schon ihr Mann entgegen. Er habe bereits den Krankenwagen gerufen, aber wir sollten schnell zur Feuerlöscherin fahren und sie holen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wen er meinte, meine Freundin zum Glück schon. Sie erklärte mir unterwegs, dass im Allgäu solche Frauen oder Männer zum Reduzieren von Brandwunden herbeigerufen werden. Es seien Geistheiler, die noch am Ort des Unfalls die Schmerzen und Ausbreitungen von Brandwunden deutlich reduzierten. Denn die Nachbarin hatte sich einen Topf mit kochender Suppe über die Synthetikkleidung gekippt und sie litt fruchtbare Schmerzen. Ich staunte, dass der Notarzt die Feuerlöscherin gewähren ließ, bevor er in Aktion trat. Und es wirkte: Deutlich schmerzfreier wurde unsere Nachbarin in die Klinik gebracht. Später war von den Brandwunden kaum mehr etwas zu sehen.

Ich war beeindruckt, wie Geistheilung und Schulmedizin ohne Einwände miteinander umgingen. Übrigens wurde die Feuerlöscherin selten mit Geld, sondern eher mit Lebensmitteln für ihre Dienste bezahlt. Wir hätten diese und andere großartigen Taten völlig vergessen, hätten nicht einige Menschen darüber berichtet. Als Beispiel dient hier ein katholischer Pfarrer – und nicht irgendeiner, sondern der Stadtpfarrer von Freiburg, der damals wichtigsten Stadt im Südwesten. Seine Vorgesetzten waren, gelinde gesagt, darüber nicht gerade begeistert. Doch diesem Heinrich Hans Jakob war das egal. Er war ein Sturkopf, der erfolgreichste Volksschriftsteller seiner Zeit, dazu ein Revolutionär und ein Verfechter demokratischer Ideen. Gut vierzig Jahre lang, zwischen 1860 und 1900 tat er, was heute Reporter oder Dokumentarfilmer tun: Er drang in die verstecktesten Täler des Schwarzwalds vor und kletterte auf die höchsten Berge, um Menschen zu befragen und zu porträtieren. Er hat uns die Sympathieheiler als Zeitzeugen erhalten. In seinen Schriften können wir heute noch lesen, auf welche Weise Leute wie der „Hättichsbur vom Harmersbachtal“ oder Andreas Huber, ein wahrer Star seiner Zeit, gearbeitet haben. Nehmen sich Volkskundler diese Berichte vor, stellen sie überrascht fest, dass diese Sympathieheiler so heilten, wie wir es von Schaman*innen indigener Volksstämme auf der ganzen Welt kennen. Das heißt, auch bei uns wurden einmal Menschen auf dieselbe Weise gesund gemacht, wie es noch einige traditionelle Heiler*innen in Afrika, Asien und Südamerika tun.

Ich war sehr dankbar, als ich das erfahren habe, denn noch immer belächeln mich viele Menschen oder greifen mich gar verbal oder körperlich an. Das erinnert mich immer wieder an meine Kindertage. Eine meiner größten Ängste als kleines Mädchen war es, ausgeschlossen zu sein, nicht dazuzugehören, anders zu sein. Ab einem gewissen Alter wollen Kinder nicht einzigartig sein, sondern so wie ihre Freunde. Kein Wunder, hatte ich doch kaum Gleichgesinnte unter den Kindern meines Alters. Und kein Wunder, dass meine Eltern manchmal nicht mehr ein noch aus wussten mit mir. Auch wenn ich ein fröhliches, lebendiges und redegewandtes Kind gewesen bin und meine Eltern wahrlich liebend, kam ich nicht gut in der Welt zurecht. Ich habe Dinge vorhergesehen, die häufig wenig glücklich waren. Sehr früh hatte ich den Eindruck, eine Art Kinofilm bei vielen Menschen wahrzunehmen. So schaute ich bei Spaziergängen durch das Dorf auf die Häuser und nahm Dinge wahr, die mich erschreckten. Es waren meist schlimme Geschichten über Missbrauch, Gewalt oder Untreue. Die Menschen fragten meine Eltern: „Wie kann ein Kind sich so eine Unverschämtheit ausdenken und diese auch noch erzählen?“ Und was fängt ein Vater mit seiner Tochter an, die plötzlich innehält, in eine Ecke starrt und sagt: „Ein enger Vertrauter hat einen Herzinfarkt“, obgleich wir zu dem engen Vertrauten meines Vaters nur losen Kontakt pflegten? Keiner bei uns in der Familie hatte diese Gabe, oder sollte ich besser sagen, diese Last? Damals wusste ich noch nicht, dass es Heilerdynastien gibt, in denen die Gabe der Hellsichtigkeit sogar von einer Generation zur anderen weitergegeben wird, was aber nicht sehr häufig vorkommt.

Kein Wunder also, dass in meinem Zusammenhang das Wort „Hexe“ fiel und sehr viel seltener das Wort „Schamanin“. Viele Menschen haben heute bei „Schamane“ das Bild eines Verrückten vor Augen, der mit Hörnern auf dem Kopf das Kapitol stürmt, oder jemanden, der im Regenwald sitzt, um mit Drogen zur Bewusstseinserweiterung zu gelangen. Das ist eine völlig falsche Vorstellung: Schaman*innen sind Menschen, die Naturkräfte erspüren und in langen intensiven Lehrjahren gelernt haben, mit ihnen zum Wohle der Gemeinschaft umzugehen.

Vieleicht staunen Sie, wenn ich Ihnen jetzt drei Namen von Schamanen nenne, weil Sie von ihnen anderweitig vernommen haben: Da ist der heilige Franziskus, ein relativ bekannter christlicher Heiliger, der sich allen Geschöpfen verbunden fühlte. Er sprach mit Tieren, Pflanzen, Steinen. Ein Kerl mit Ecken und Kanten und überraschenden Ansichten, mit denen er die Menschen in seinen Bann zog. Er lebte ums Jahr 1200, als in Italien ein gesellschaftlicher Umbruch stattfand. Franziskus hatte eine fröhliche Jugend, idealisierte die Würde des Rittertums, zog in den Krieg zwischen den Städten Assisi und Perugia. Dabei geriet er in Gefangenschaft und erkrankte schwer. Es wuchsen Zweifel in ihm, ob er dem wahren Sinn des Lebens folgte. So zog er sich zum Gebet zurück, um den Willen Gottes zu erfragen. Und er erhielt eine Antwort in der kleinen Kirche San Damiano. Dort vernahm er eine Stimme, die sagte: „Franziskus, geh und stell mein Haus wieder her, das – wie du siehst – ganz verfallen ist!“ Weil er zunächst nicht wusste, was damit gemeint ist, nahm er den Auftrag einfach wörtlich und begann mit der Sanierung der halb zerfallenen Kirche. Sein Vater, ein reicher Tuchhändler, fand das gar nicht lustig und schleppte ihn zum Bischof. Und was tat Franziskus? Riss sich dort die Kleider vom Leib, um bis zu seinem Lebensende nur noch das Habit des Einsiedlers zu tragen. Damals hatten reiche Bürger geschmückte Ledergürtel, in denen sie ihr Geld aufbewahrten. Franziskus band sich einen Strick um den Leib, was besagte: „Ich brauche kein Geld mehr.“ Seine Lebensweise der Hinwendung zu allen Geschöpfen war derart vorbildlich, dass ihm viele Menschen folgten. Franziskus nannte jede Kreatur „Schwester“ und „Bruder“. In seinem „Sonnengesang“ verband er das Wunder der Schöpfung mit dem Lob Gottes.

Ich liebe es heute selbst, beim Leiten des Wortgottesdienstes in unserer Kirche oder im Kloster Himmerod die Predigt mit den Worten „Liebe Schwestern und Brüder im Herrn“ zu beginnen. In dieser Anrede empfinde ich die Verbundenheit der Menschen untereinander mit dem Fokus auf den Glauben. In diesen Worten findet sich Gott direkt in der Gemeinschaft. Denn so wie Franziskus wandeln auch wir gemeinsam auf den Spuren Jesu. Wenn wir einen gedanklichen Schritt weitergehen, war Jesu ebenfalls ein Schamane. Damit möchte ich die Bedeutung Jesu keineswegs reduzieren. Für mich ist Jesus Vorbild, Wegweiser, Gott, Himmel, Erde, Heilung und Wissen zugleich. Er stand ganz und gar und unmittelbar mit der Schöpfung in Verbindung. Wahrscheinlich würden wir Jesus heute auch einen „Guru“ nennen, was ebenfalls ein negativ besetzter Begriff ist. Nur eines ist sicher: Er und viele andere sind ein Tor zu Gott. Sie ermöglichen einen Blick auf die lichtvolle Seite des Seins, die wir im Trubel des Alltags zu vergessen scheinen.

In einem meiner letzten Seminare kam ein junger Mann zur Aufstellung, sehr erfolgreich im Aktien-Trading und in der Unternehmensberatung auf Führungsebene, dazu frisch geschieden. Im Grunde hegte er lediglich die Absicht, ein wenig zu sich zu finden, um verloren gegangene Kraft wiederzugewinnen.

Faulheit – Feigheit – Fixation die drei Fs der Unterbrechung des Glücks und des Erfolges.

Wenn Tränen kommen, sind wir der eigenen Wahrheit nahe.

Wunder können wir auch rückblickend erleben.

Ich möchte nun nicht auf die Aufstellungsarbeit eingehen, sondern auf deren Inhalt und Ergebnis: Dieser junge Mann hat sein Leben lang alles richtig gemacht. Absolvierte eine grandiose Schullaufbahn, promovierte in jungen Jahren, lernte eine wunderschöne, intelligente Frau kennen, die er später heiratete. Doch er schaffte sich auch einen engen Rahmen der Ordnung in seinem Leben, um so erfolgreich zu sein. Die beiden bekamen zwei Kinder, die ebenfalls eine reibungslose Schullaufbahn absolvierten, und alles schien zu sein, wie erhofft. Doch wo waren die Lebendigkeit, die Lebensfreude, die frühere Verrücktheit, die sie miteinander geteilt hatten, geblieben? Seine Frau versuchte viel, um ihn in dieses lebendige Dasein mitzunehmen, doch er war starr, mutlos, fühlte sich wie lebendig begraben. Als seine Frau ihn verließ, starb in ihm alles. Er wirkte gebrochen, und nichts von dem jungen Mann von früher war mehr erkennbar. So auf sich selbst zurückgeworfen, bemerkte er seine eigene Feigheit, Faulheit und Fixation. Doch gelang es ihm noch immer nicht, lebendig zu werden. Denn manchmal ist es so, dass wir über Generationen hinweg die gleiche Thematik des immer gleichen Schicksals mit uns tragen. Zwar hatte sich in seinem Fall weder Vater noch Großvater scheiden lassen, dennoch rangen auch sie um gesellschaftliche Anerkennung und finanzielles Wachstum. Als ihm in der Aufstellungsarbeit bewusst wurde, dass er noch nie wirklich in die Augen seines Vaters geschaut hatte, liefen ihm die Tränen über die Wangen. Ihm wurde ermüdend bewusst, dass er zeit seines Lebens um die Anerkennung des Vaters rang. Er sehnte sich nach einem lobenden Wort, nach einem anerkennenden Blick, was er jedoch nie erhielt. Wenn Tränen kommen, sind wir unserer eigenen Wahrheit nahe. Er stellte sich der Frage, warum er in diese Familie hineingeboren wurde. Als zweites Kind wollte er, wie viele andere seiner Generation auch, die Familie retten. Ich erinnerte ihn an diesen Tag an Franziskus. Denn Franziskus hatte diesen Mut zu bemerken, wann der eigene Lebensweg falsch und Veränderung nötig ist, wenn es das Leben fordert. Genau das tat der junge Mann auch. Wir können Wunder auch rückwirkend erleben. Er hatte den tiefen Wunsch, seine Familie zu retten, aber auch viele andere Menschen. Er ist noch heute in der Beratung tätig, kann aber jetzt dabei die Menschen immer in Respekt und Würde sehen, und vor allem ist er in der Lage, Anerkennung anzunehmen und sich darin frei zu fühlen.

Ich habe Ihnen noch einen weiteren Schamanen versprochen, den ich ganz bewusst ebenfalls aus der christlichen Glaubensrichtung wähle: Um das Jahr 360 wurde im ägyptischen Dorf Koma ein Kind geboren, das den Namen Antonius erhielt. Bestimmt hat schon die eine oder der andere ein Gebet an ihn gesendet, wenn es Probleme in der eigenen Familie gab. Seine Eltern starben, als er 17 Jahre alt war, mit der Folge, dass Antonius sich in sich zurückzog. Seine Freunde fanden das seltsam, und als er dann auch noch mit Askese anfing und sein Hab und Gut verschenkte, hatten sie gar kein Verständnis mehr. Das kann man alles bei seinem Biografen Athanasius nachlesen. Ja, Antonius hatte einen Biografen, weil er später sehr berühmt wurde: als Schamane und Hellsichtiger, der in der Wüste lebte und dem abertausende junge Männer dorthin folgten. Am Ende waren es so viele, dass um die Einsiedelei eine Wüstenstadt entstand. Das lag auch an seinem Ruf als Heiler, der ihn viel kostete, weil es anstrengend ist, so gefragt zu sein – und auch davon werde ich Ihnen noch erzählen. Antonius gestand: „Die Leute verlangten Dinge, die meine Kraft überstiegen.“ Seine Jünger nannten ihn „Abba“, also „Vater“. Eines Morgens im Jahr 313 war dieser Vater spurlos verschwunden; ganz so, wie es Schamanen immer wieder tun.

Während ich das schreibe, sitze ich noch immer im Allgäu in meinem Chalet und blicke auf die Berge mit ihren Menschen, über die ich so viele Wunder berichtet bekommen habe. Ist das alles Schnee von gestern oder gar von vorgestern, zumindest bei uns in der westlichen Welt? Anderswo hören wir von Menschen wie João Teixeira da Faria, bekannt unter dem Namen „João de Deus“. Für viele Menschen ein wahrer Heiler. Oder Jun Labo von den Philippinen. Beide operierten mit bloßen Händen. Wer sich an sie gewandt hat, bekam Hilfe.

Mein Vater war selbst Betroffener und Zeuge, da er nach einer Prostatakrebsdiagnose absolute Heilung erlangte. Obgleich ich mich ein Leben lang mit den Phänomenen der Heilung und Wunder beschäftige, war ich dennoch überwältigt von diesem Erfolg.

Jun Labo, der Mann, der mit bloßen Händen operiert, stand täglich vor dem Jesus-Bild, um dann in Trance seine ungewöhnliche Arbeit zu vollziehen. Vielleicht ist er mir deshalb so vertraut, denn mir fiel Jahre später auf, dass wir das gleiche Bildnis und damit die gleiche Energie nutzen. Wie so vielen besonderen Heilern gelang es ihm nicht, neben der Anwendung seines großen Talents ein langfristiges stabiles Familienleben aufzubauen. Er heiratete mehrere Male viel jüngere Frauen und gründete immer wieder eine neue Familie.

Wer heilt, hat recht, so heißt es immer wieder. Doch wo Gesundheit mit Härte und Macht erkämpft wird, ist so manche Heilung dahin.

Tragen wir den Wunsch nach einer erfüllenden, gebenden, freien und liebenden Gemeinschaft des Zusammenlebens in uns?

Als João de Deus zu seiner Zeit im kleinen brasilianischen Dorf Abadiânia als Geistheiler arbeitete, strömten abertausende Menschen dorthin, trotz der schwierigen mehrtägigen Anreise im Omnibus. Tag für Tag saß João de Deus dort auf einer Bühne auf einem Stuhl, umgeben von zig Heiligenbildern – Jesus, Maria, die zwölf Apostel. Sein Blick war meist leer, wenn er sich in Trance befand. In diesem Zustand nahm er geistige Operationen an den Patient*innen vor, aber auch sichtbare Operationen, die er meist filmen ließ. Oft filmten die Teams aus aller Welt auch die Räume, in denen die Patient*innen Hunderte Rollstühle und Krücken zurückgelassen hatten, die sie nach einer Behandlung nicht mehr brauchten. Im Haus „Casa de Dom Inácio“ hingen Hunderte Urkunden, Orden, Auszeichnungen und Dankesbriefe aus aller Welt, darunter die Ehrenmedaille des peruanischen Präsidenten, da João seinen schwer erkrankten Sohn geheilt hat. Als ich ihm damals begegnete, war ich im ersten Moment zwar etwas irritiert, doch wie heißt es so schön: Wer heilt, hat recht. Doch das ist Vergangenheit: Vor einigen Jahren wurde der Geistheiler wegen sexueller Belästigung zu 19 Jahren Haft verurteilt. Unter seinen Anhängern kursiert die Meinung, damit habe ihn eine feindliche Ärzteschaft aus dem Weg geräumt, wie sie das schon oft getan habe. Ich allerdings kann sagen: Ich habe von João de Deus einiges gelernt – ich habe aber auch später einige seiner Opfer in meiner Praxis gehabt. Und ich war unfassbar enttäuscht darüber, wie sehr ein Mensch seine Spiritualität so missbrauchen kann, um andere zu manipulieren und ihnen einen solch großen Schaden zuzufügen. Auch Menschen, die keinen körperlichen Missbrauch bei ihm erlebt haben, beschrieben dennoch einen erheblichen emotionalen Missbrauch. Es gibt leider viele Geschichten über Heiler, die dem spirituellen Missbrauch und dem körperlichen Missbrauch verfallen. Auch Gurus, die ich persönlich kannte, waren der ausgeprägten Sexualität sehr zugewandt und hatten meist junge und häufig wechselnde Partnerinnen und Partner. Da gab es immer wieder eine erschreckende Abhängigkeit zu beobachten, wie sie ähnlich vielleicht auch bei Osho, seiner Sekretärin und „rechten Hand“ Sheela und der Bhagwan-Gemeinschaft zutage trat. Ich gehörte eigentlich auch zu jenen Menschen, die das Dunkle um diese Personen gerne beiseitegeschoben hätten. Wie schön wäre doch eine Verwirklichung des Traums, den wir alle in uns tragen: in einer erfüllenden, gebenden, freien und liebenden Gemeinschaft zusammenzuleben. Im Grunde ist das doch der Anspruch auf der Suche nach einer neuen Gemeinschaft und Lebensweise – auch für mich. Die gesellschaftlichen Normen, begleitet von Schuld, Unterdrückung und konservativen Vorgaben, erzeugen manchmal Angst. Machen wir uns dann auf die Suche nach der Angstursache, stolpern wir automatisch über die Sehnsucht nach Liebe, Vertrauen, Freiheit, Entfaltung. So wird in Kommunen freie Liebe und natürliche Kommunikation, Achtsamkeit und das Ausleben der eigenen Fähigkeiten ganz groß geschrieben. Eine wundervolle Idee, wie ich finde, doch bislang erlebte ich auch dort zwar ein anderes Konstrukt, aber dennoch enge Vorgaben, gepaart mit Hierarchien. Erst als ich diese Hierarchien und Ordnungen als natürliche Gruppengegebenheit angenommen habe, empfand ich innere Freiheit, wie und wo auch immer ich lebte.

Das innere Ego verleitet schnell dazu, ein wenig neben der Spur zu laufen.

Natürlich fällt in diesem Zusammenhang auf, dass es sehr viel weniger berühmte Heilerinnen gibt als berühmte Heiler. Doch hatten diese Frauen „die Macht“, handelten sie ähnlich wie die Männer, zumindest jene, auf die ich traf. Ich glaube, über den Missbrauch durch Frauen war ich noch fassungsloser, da ich damals noch so das Bild der zarten, gebenden und beschützenden Frau im Sinn hatte, dass diese Geschichten unter meinem geistigen Radar liefen, bis ich sie bei anderen sah. Doch nur wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Und deshalb überprüfe ich mich ständig, um nicht auch in diesen Sog zu geraten. Das innere Ego verleitet schnell dazu, ein wenig neben der Spur zu laufen. Doch selbst wenn wir nur ein wenig entgleisen, fahren wir in die falsche Richtung. Wichtig ist, im Kampf mit dem Ego nicht zu verhärten und dennoch klar zu sein. Davon bekam ich eine Ahnung, als ich auf Hiah Park traf, die koreanische Mudang-Schamanin, welche die Welt mit ihren ekstatischen Tänzen begeistert, doch eine harte, geradezu furchteinflößende Frau sein kann. Dies könnte ein anderer Autor auch über mich schreiben, denn ich werde oft gefragt, ob diese Härte vonnöten sei. Ob ich immer so klare, direkte Worte finden muss? Und ich kann nur antworten: Ja.

Die 5 Phasen des Sterbens nach Kübler-Ross

Phase 1: Nicht-wahrhaben-Wollen

Phase 2: Wut

Phase 3: Verhandeln

Phase 4: Depression

Phase 5: Akzeptanz

Weshalb das so ist, möchte ich erzählen: Ein junger Mann aus der Nähe meines Heimatortes besuchte meine Seminare, da er immer wieder dunkle Gedanken und Frustrationen hatte. Dabei war er ein unglaublich lieber Mensch. Ganz ehrlich, Sie kennen vielleicht auch so einen Menschen, der nie ein böses Wort über andere verliert und immer gute Gründe für das Fehlverhalten anderer findet. Nie habe ich von ihm jemals böse Nachrede oder Niedertracht erlebt. Ebenso kein Urteil. Er selbst erlebte dies wiederum schon. Als Landwirt war es für ihn nicht leicht, eine Frau zu finden, und er verliebte sich ausgerechnet in eine Frau, bei der er keine Chance hatte. Sie lebten eine Beziehung, sie heiratete aber einen anderen. In der Schule wurde er gehänselt, getreten und gemobbt. Im Elternhaus herrschten stets ein rauer Ton und eine harte Hand. Vielleicht wurde er gerade deshalb eine Persönlichkeit, die sich zurücknahm, für andere da war und wahre Freundschaft lebte. Er war mir ein weitaus besserer Freund als ich ihm später eine Freundin. Eines Morgens klingelte in einem Hotel mein Telefon, doch ich konnte nicht sprechen, weil ich meine sechs Monate alte Tochter stillte. Wir waren häufig unterwegs, da mein Mann damals täglich in einer anderen Stadt einen Vortrag hielt. Das war anstrengend, doch mir war es wichtig, dass mein Mann und unser Kind sich häufiger sehen konnten. Ich hinterließ dem Anrufer eine kurze Nachricht, dass ich mich nach dem Frühstück melde. Dadurch kam meine Hellsicht leider zu spät. Ich saß mit meiner Kleinen am Frühstückstisch eines großen Restaurants. An meinem Nachbartisch saßen laut sprechende Personen, sodass jedes Wort zu verstehen war. Ich steckte mir gerade eine Cocktailtomate in den Mund, als ich das schreckliche Ereignis vor meinem inneren Auge sah. Meine Kleine weinte zeitgleich und die Menschen am Nebentisch lachten unmittelbar über meine Unfähigkeit, anständig zu essen, weil der Saft der Tomate über den Tisch spritzte. In mir entfachte das eine Vielzahl von Gefühlen, aber vor allen Dingen eines: Scham. Es war jedoch nicht meine Scham, sondern die des lieben Menschen, den ich so gut kannte. Ich versuchte, meinen Anrufer sofort zu erreichen, hatte nun aber seine schreiende Mutter am Telefon: Ich solle sofort kommen. Als ich nach vier Stunden Fahrt in der Klinik eintraf, lag er bereits hirntot auf der Intensivstation – genau so, wie ich ihn vor meinem geistigen Auge gesehen hatte. Solche Patienten sehen aus, als würden sie schlafen und gleich wieder aufwachen. Er lag alleine in einem Zimmer der Intensivstation und das Zucken seiner Hände erinnerte noch an ein ganz normales Leben in seinem Körper. Es gibt viele schwere Entscheidungen für die Angehörigen in solchen schicksalhaften Situationen, die fast unmöglich zu treffen sind. Ich klärte die Familie über alle fünf Stadien des Sterbens auf, und sie entschieden sich abschließend für eine Organtransplantation. Das ist ein großer Teil meines Lebens: Menschen durch harte Krisen zu begleiten.

Es gibt immer eine Lösung, wenn du nur auf das Gute ausgerichtet bist.

Ich ging in jenen Tagen hart mit mir ins Gericht, denn wenige Wochen vorher hatten wir ein Telefonat geführt. Er hatte mich in diesem Telefonat temperamentvoll, ja fast schon euphorisch nach einem Klinikaufenthalt in der Psychiatrie gefragt, ob es nicht eine tolle Idee sei, jetzt mit über vierzig Jahren noch einmal zu studieren und was aus dem Leben zu machen. Er wolle ein Maschinenbaustudium absolvieren. Ich wollte sagen, dass ich es für keine gute Idee hielt. Er hatte schließlich eine großen Landwirtschaftsbetrieb mit viel Land und vielen Tieren. Ich konnte nicht sehen, wie er das schaffen sollte. Doch ich traute mich nicht, ihm die Freude zu nehmen oder ihm das Gefühl zu geben, dass er nicht intelligent genug sei. Das hat ihm später leider das Leben gezeigt. Er war mit dem berufsbegleitenden Studium neben seiner Selbstständigkeit sehr überfordert. Für mich bedeutet heute wahre Freundschaft, auch unangenehme Dinge auszusprechen und Schwellenwärterin zu sein. Diese Erfahrung führte dazu, dass ich immer ehrlicher wurde. Ich halte es für wichtig, einem Menschen, der mich um Hilfe bittet, keine Pflästerchen aufzukleben, sondern die Wunde heilen zu lassen. Doch solche Geschichten erleben wir vor allen Dingen dann, wenn es auch etwas mit uns selbst zu tun hat. Mit ihm sind meine Angst, Schuld, Scham und Sorge, anderen Menschen nicht zu gefallen, gestorben und erwacht ist das freie Bedürfnis, Menschen zu dienen und den ganz eigenen Weg des Lebens zu beschreiten. Es war so, dass sein Tod irgendwann meine Akzeptanz fand, aber gleichzeitig sollte sein Schicksal auch ein wenig Sinn ergeben. Wenn das Schicksal die Endgültigkeit vor unsere Tür legt, können wir daran zerbrechen oder für dieses Schicksal einen besseren Weg einschlagen. So als würde eine unsichtbare Macht einen Menschen vorauslaufen lassen, um aus den Themen anderer zu lernen und einen besseren Weg zu finden. In diesen und in anderen extremen Situationen wurde mir der Satz meines Lehrers bewusst: „Kerstin, es gibt immer eine Lösung, wenn du nur auf das Gute ausgerichtet bist.“ Denn an den Tränen des eigenen Bedauerns geht das Glück vorbei. Und wem nützt schon Selbstmitleid?

Die ganze Welt ist beseelt

Wir Menschen sind es immer wert, der- oder diejenige zu sein, die wir sind.

Wir Menschen sind es immer wert, der- oder diejenige zu sein, die wir sind. Es bedarf keiner exorbitanten Leistungen, um etwas Gutes aus dem Leben zu machen. Wir sind bereits ein einzigartiges Geschenk für diese Welt. Daher stellt sich für mich vielmehr die Frage, aus welchem Teil in uns die eigenen Entscheidungen getroffen werden. Für mich gibt es stets den Körper, die Seele, den Geist, die Psyche und das eigene Ego. Darauf werde ich noch intensiv eingehen.

Denken wir noch einmal zurück an den Machtmissbrauch verschiedener Heiler – doch auch Frauen sind nicht gegen die Versuchung des Machtmissbrauchs gefeit. Das erzählt uns J. R. R. Tolkien in seinem Roman „Der Herr der Ringe“ sehr eindringlich: Die Elbin Galadriel zeigt dem Ringträger, was passieren würde, trüge sie den einen Ring, der über Gollum und Bilbo zu Frodo gekommen war: eine eisige Herrscherin, die beseelt davon, Gutes zu tun, ganz und gar ihr Mitgefühl verliert. Anders gesagt: Jeder Mensch hat die Wahl, den dunklen schwarzen Wolf in sich zu nähren oder aber den hellen weißen Wolf. Doch nur wenige gehen bewusst damit um, in der täglichen Praxis für die redliche Seite zu sorgen.

Sollen wir nicht mehr daran glauben, dass die ganze Welt beseelt ist?

Es stimmt, dass die Schulmedizin es nicht gerne sieht, wenn ein Geistheiler ihre Regeln aushebelt. Das war immer so. Es überwiegen Geschichten über Schamaninnen, Hellsichtige und Geistheiler aus fernen Ländern und vergangen Zeiten, in denen die Akteur*innen oft der Schwindelei beschuldigt werden oder eines noch schlimmeren Verbrechens. Es scheint fast so, als dürfte es den Schamanismus in unserer modernen Gesellschaft nicht geben. Nun gibt es zwar sicher keinen eigenen Studiengang für Schamanismus und sind die Vorgänge häufig für das bloße Auge nicht sichtbar. Doch sollen wir deshalb nicht daran glauben, dass die ganze Welt beseelt ist? Sollen wir nicht daran glauben, dass es Sinn ergibt, mit Tieren und Pflanzen zu sprechen? Wir haben schließlich eine große Sehnsucht danach, nicht wahr? Bücher und Filme boomen, in denen die Realität nicht so mausgrau daherkommt, wie das bei uns im realen Leben oft der Fall ist. Da gibt es Zauberlehrlinge, mutige Hobbits, Thor mit dem Hammer und andere Superhelden aus dem Marvel-Universum – und junge Mädchen, die dank ihrer enormen Kräfte diktatorische Herrscher zu Fall bringen. Wie oft lernt unser Sohn Texte aus diesen Universen in Windeseile auswendig, wobei andererseits beispielsweise die Deutschregeln häufig wiederholt werden müssen, bis er sich diese merkt. In den Religionen verbindet sich diese Anderswelt noch mit der unsrigen Welt. Was ist davon zu halten, wenn Millionen Pilger*innen voller Hoffnung nach Lourdes reisen, nach Santiago de Compostela, nach Fátima, Mekka oder Varanasi?

Wenn zwar die Austritte aus den beiden großen Kirchen in Deutschland wie ein reißender Strom sind, doch der weltweite Glaube nicht kleinzukriegen ist? Wenn ein Mann wie Toby Gad auf einmal vom „Baum der Weisheit“ schreibt? Toby Gad? Ein deutscher Musikproduzent, der es in den USA bis an die Spitze geschafft hat und Madonna, Beyoncé und John Legend die Songs auf den Leib schreibt. Der bei „Deutschland sucht den Superstar“ in der Jury saß und der in seiner gerade veröffentlichen Biografie vom „Wisdom Tree“ im Griffith Park in Los Angeles erzählt. Über diesen Baum sagt man, dass er Wünsche erfüllen könne. Toby Gad hatte einen Wunsch, nämlich ein Haus im Grünen. Immer wieder erklomm er den Berg zum „Wisdom Tree“. Dann erhielt er eines Morgens eine E-Mail: Es sei ein Haus zu verkaufen, das er auf diesem Weg bewundert hatte, ein Traumhaus, ganz in der Nähe des Baums. Plötzlich ging sein Wunsch in Erfüllung, und es war nicht die Traumfabrik von Hollywood, der er das Wunder zuschreibt, sondern dem „Wisdom Tree“.

Aber ich möchte gar nicht so weit weg gehen. Als ich zwölf Jahre alt war, kam das Babysitting bei uns auf. Die Amerikaner waren auf dem Flughafen Hahn stationiert und brauchten immer Hilfe bei der Betreuung der Kinder oder leichten Hausarbeiten – und ich brauchte das Geld. Eine amerikanische Familie wohnte mit ihren beiden süßen Kindern direkt neben uns. Und ich liebte es dort zu sein. Alles roch ganz anders, die Süßigkeiten und die Limonade aus den USA schmeckte viel besser, der Weihnachtsbaum stand schon einen ganzen Monat vor Heiligabend, ein Wasserbett hatte ich bis dahin noch nie gesehen und Halloween war mir völlig neu – oh, das musste Amerika sein! Ich blätterte deren Kataloge durch, wenn die Kinder schliefen, und gegen unsere schnöden Eiche-Rustikal-Möbel, dekoriert mit Häkeldeckchen, waren diese Möbel farbig und cool. Mir gefiel besonders eine mintfarbene Küche mit einer weißen Essgruppe. Diese Farbe habe ich später lange gar nicht mehr gesehen. Als ich mit meinem Mann zusammen später unser heutiges Anwesen besichtigte, kamen wir mit dem Makler in die Küche. Und da war sie! Meine Traumküche von damals – in Mint.

Es hatte viele Jahre gedauert, keine Frage. Doch ich äußerte meine Erfahrung, und die Frau, die uns damals das Haus verkaufte, antwortete lächelnd: „An so etwas glauben doch nur kleine Kinder.“ Ich meinte darauf entspannt: „Stimmt, denn irgendwann wird aus Glauben Wissen.“

Und wie oft habe ich es erlebt, dass Menschen sich etwas Spezielles wünschen und diese Wünsche tatsächlich in Erfüllung gehen, nur eben nicht immer direkt, sondern dann, wenn sie bereit waren für dieses Wunder.