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Halloween war noch nie so INSANE! Der Wert eines Menschen bemisst sich nach dem, was er hinterlässt - Eine fucking Weisheit meines elitären Elternhauses und seit Generationen Familienmotto. Geboren aus einer Schattengesellschaft, die die Geschicke der Welt lenkt, bin ich dazu bestimmt, zu herrschen. Mir zu nehmen, was immer ich will. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und gleichzeitig hält mich genau diese Welt, die mich erschaffen hat, gefangen. Ein Monster im Maßanzug. Aber Monster neigen dazu, an ihrer Gier zu ersticken. Lange schon will ich dem Blutschwur entkommen. Will die Fesseln zerreißen, die mich am Boden halten, um endlich das zu bekommen was ich will: ein eigenes Leben. Zu meinen Bedingungen. Doch so leicht entkommst du deiner Bestimmung nicht. Nicht, ohne dabei alles zu riskieren, was jemals zählt: dein Leben. Und in all dem Chaos treffe ich auf einen engelsgleichen Dämon, der die Sucht meines Monsters befeuert, sie nährt und bis an die Schmerzgrenze treibt. Aber wer ein Monster reizt, läuft Gefahr, gefressen zu werden. Band 3 der Vancouver Wild Boys. Vorkenntnisse aus der Bad Boys of Vancouver Reihe sind nicht erforderlich, aber empfehlenswert. Die Bücher müssen nicht in chronologischer Reihenfolge gelesen werden!
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Veröffentlichungsjahr: 2024
FCKNG Halloween
Grace C. Node
Buchbeschreibung:
Cedric Bertrand wandelt zwischen zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein können. Dabei hütet er ein gefährliches Geheimnis, welches ihn in Lebensgefahr bringen kann, sollte es jemals ans Licht kommen.
Denn die Schattengesellschaft, in die er hineingeboren wurde, akzeptiert keine Schwäche, keine Abweichungen vom vorherbestimmten Weg.
Wie aber soll er dem unstillbaren Durst nach einer verbotenen Droge unter Kontrolle halten, wenn er seinem schlimmsten Alptraum begegnet?
Einem Engel, der seine Dunkelheit auflöst und damit nicht nur Cedric, sondern sich selbst ins Visier der Bruderschaft katapultiert.
Über den Autor:
Neugierige Wortaktrobatin, mutiger lebenshungriger Schöngeist, Film-Junky und Book-Nerd.
Eine explosive Mischung aus Thriller, Crime und Action gewürzt mit Romantik und einer kräftigen Note Leidenschaft - willkommen in der Welt von Grace C. Node.
Gefühlsfeuerwerk, Kopfkino und dramatische Spannungswechsel garantiert.
Für Suchtgefahr nach mehr Lesestoff übernimmt sie keine Haftung!
Cedric Bertrand
Grace C. Node
1. Auflage, 2023
© Oktober Grace C. Node – alle Rechte vorbehalten.
Grace C. Node
c/o Autorenservice Gorischek
Am Rinnergrund 14/5
8101 Gratkorn
Österreich
Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung von Grace C. Node.
Coverdesign: Nessunomas
Bildquelle: (lizensiert)
Korrektorat/Lektorat: Marina Ocean, Grace C. Node, Vivian Valentine, Summer Alesilia
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek:
https://portal.dnb.de/opac.htm
Das Buch ist rein fiktiv. Ähnlichkeiten zu lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Liebes Leseherz,
bitte bedenke, dies ist ein fiktiver Roman!
Alles in der Geschichte ist der Fantasie der Autorin entsprungen und dient dazu, dich zu unterhalten.
Wenn du jemand bist, der durch folgende Themen in irgendeiner Form getriggert werden könnte, lies dieses Buch bitte keinesfalls!
Es kommen vor:
Missbrauch
Körperliche Gewalt & Mord
Demütigungen psychisch & physisch
Übergriffige sexuelle Handlungen
Derbe Sprache
Explizite Szenen
Misshandlung Schutzbefohlener
Nur du kannst entscheiden, ob du mit diesen Themen umgehen kannst.
Überlege dir also sorgfältig, ob du bereit für diese Geschichte bist.
Solltest du auch nur einen leisen Zweifel haben, nimm bitte Abstand von diesem Buch!
Allen anderen wünsche ich viel Vergnügen in Vancouver City ...
Es wird niemand kommen, um dich zu retten.
Also fang endlich an,
und rette dich verdammt nochmal selbst!
Der Kodex
Der Schutz der freien Welt ist unser Ziel.
Diesem Ziel verpflichten wir uns mit Leib und Seele.
Wir bekämpfen jedwede Bedrohung mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, mit aller Härte und Entschlossenheit.
Endet das Gesetz, treten wir in Kraft.
Wir sind Bewahrer, Vollstrecker und Vermittler im Kampf gegen das Böse.
Dazu ermächtigt, die freie Welt vor Schaden zu bewahren, egal was es kostet.
Loyalität, Treue und Gehorsam – bis in den Tod.
Geschworen mit dem eigenen Blut, bindet uns unser Schwur für alle Zeit.
Wir verschreiben uns unserem Ziel vollständig, hüten die Geheimnisse der Bruderschaft und richten die Waffen auf deren Feinde.
Wir sind der Anfang und das Ende.
Wir sind derKreis.
Ein anderes Leben
Erste Lektion
Zitternd kauert der Junge in der Ecke des Zimmers, dessen Eleganz in Widerspruch zu der brutalen Szene steht, die sich vor seinen Augen abspielt. Er will nicht hinsehen. Will es nicht sehen, was die Männer mit der jungen Frau machen. Was sie ihr antun.
Aber sein Blick klebt an ihr. An der milchweißen Haut, dem schmerzverzerrten Gesicht, den hellbraunen welligen Haaren, die auf dem schwarzen Seidenlaken unnatürlich grell leuchten und auf den weit gespreizten Beinen, zwischen denen einer der Männer steht, den entblößten Penis in der Hand.
»Pass auf, dass der Bengel zusieht. Fessel ihn notfalls«, bellt er seinen Freund an, der mit einem breiten wölfischen Grinsen auf den Jungen zukommt. Hastig springt dieser auf, will weglaufen, wird aber problemlos geschnappt und festgehalten.
»Du hast es gehört. Schön zugucken. Wie es sich für einen folgsamen Novizen gehört«, zischt der Mann ihm ins Ohr und dem Jungen wird kotzübel.
Der andere Mann zerrt die junge Frau unsanft hoch, wirft sie auf den Bauch, nur um sofort ihren Hintern hochzuzerren, der ihnen jetzt entblößt zugewandt ist.
»Lasst sie gehen. Hört auf!«, schreit der Junge und kämpft die wütenden Tränen zurück.
»Halt’s Maul!« Eine schallende Ohrfeige trifft ihn, die seinen Kopf herumreißt und in der nächsten Sekunde brennt seine linke Wange von dem Schlag.
»Sieh genau zu und präge es dir ein«, herrscht ihn der Mann an, der immer noch seinen Penis in der Hand hält, nun aber an ihm auf und ab streicht. Die mächtige Erektion ekelt den Jungen an. All das ekelt ihn an. »So, kleine Schlampe, du wirst schön mitzählen.« Ohne ihre Erwiderung abzuwarten, schlägt er kraftvoll auf die runde Arschbacke der Frau. Das Geräusch klingt unnatürlich laut und mischt sich sogleich mit dem Keuchen der Frau.
»Eins«, presst sie atemlos hervor, als auch schon der nächste Schlag auf ihrem Hintern landet.
»Bitte, hört auf«, ruft der Junge verzweifelt und zappelt im festen Griff seines Wächters.
»Zwei«, stöhnt die Frau atemlos. Mit dem dritten Schlag, der einen roten Abdruck auf ihrer Pobacke hinterlässt, murmelt sie »Drei« und als Schlag vier und fünf auf sie niedergehen, sind ihre Worte nichts weiter als gestöhnte Silben.
»Aufhören. AUFHÖREN. Bitte!« Krächzend fleht der Junge um Gnade, doch keiner der Männer reagiert darauf.
»Du wirst Frauen wie die hier unterwerfen. Sie demütigen. Mit ihnen spielen und sie dann ficken und wegwerfen. So wie ich«, knurrt der Mann, dessen Hand ein letztes Mal auf die Arschbacke der Frau niedergeht, sie dann packt und in seine Hand spuckt. Mit einem diabolischen Grinsen dreht er sich zu dem Jungen um, verreibt dabei seine Spucke auf seinem Penis, der zuckend vor ihm wippt. »Es ist dein angestammtes Recht, Frauen zu dominieren. Und Schmerz bietet so viele Möglichkeiten, Menschen zu unterwerfen. Du wirst lernen, Schmerzen zuzufügen. Es genießen, wenn das Wimmern deines Opfers erklingt, und du wirst es lieben lernen, wenn sie brechen.«
Das Herz rast in seiner Brust, das Blut rauscht in seinen Ohren und der Blick verschwimmt in den hasserfüllten Tränen, die die einzige Reaktion ist, die er zustande bringen kann.
Mit einem festen Ruck stößt der Mann seinen Penis in die Frau. Ein unmenschlicher Schrei entweicht ihr dabei. Ihre zarten Hände krallen sich haltsuchend in die Laken, während der Mann sein Becken rhythmisch vor und zurückbewegt.
Die Frau brabbelt unverständliche Worte unter der Tortur, die dem Jungen durch Mark und Bein gehen. Der zweite Kerl hinter ihm, der ihn festhält, gibt ein seltsames Grollen von sich und der Junge spürt zwischen seinen Schulterblättern dessen Erektion. Er fühlt, wie der Mann seine Mitte ebenfalls in ruckartigen Bewegungen an seinem Rücken reibt. Stocksteif steht er da, die Hände zu Fäusten geballt.
Der Junge zieht sich in seinen Geist zurück, driftet aus der perversen Situation an einen anderen friedlichen Ort, wo ihn niemand findet.
Wo er nicht existiert.
Wo es still ist.
Hart packt der Mann hinter ihm in sein Haar und schüttelt den Kopf des Jungen, der umgehend zurück in die Szene katapultiert wird.
Die keuchenden Geräusche des Mannes und der Frau werden lauter, stockender, heftiger. Das Aufeinanderklatschen der nackten Körper brennt sich ins Gehör des Jungen ein.
Mit einem Grunzen stößt ihn der, der ihn festhält, von sich, sodass er zu dem Sessel taumelt, der neben dem Bett steht. Der Mann kriecht zu den beiden anderen auf das Bett, öffnet seine Hose und sieht zu seinem Freund.
»Schön weit aufmachen, Schlampe«, erteilt dieser grunzend den Befehl und als die Frau wimmert und nicht reagiert, erhält sie eine schallende Ohrfeige von dem Mann, der ihr seinen Penis vor das Tränen nasse Gesicht hält.
»Fuck, die ist scheiße nass. Mach schon. Sonst spritz ich noch vor dir ab«, kläfft der Mann, der kurz innehält, als die Frau die bebenden, mit Lippenstift verschmierten Lippen öffnet und den Penis in den Rachen geschoben bekommt.
Wie erstarrt sieht der Junge zu, unfähig sich wegzudrehen. Ein Schauer durchfährt ihn. Zitternd kauert er sich auf dem Sessel zusammen, kämpft mit seinem Mageninhalt, und ein eigenartiger Sog erfasst ihn. In all der Brutalität liegt eine sonderbare Anmut. Wie eine rohe Komposition eines Musikstücks, das zunächst unstimmig erscheint, mit jedem Akkord allerdings zu einem voluminösen volltönernen Ganzen anschwillt.
Die animalischen Laute der drei vor ihm, das Schmatzen und Klatschen zwischen ihnen, die herb-würzigen Gerüche, die in der Luft hängen – ein erstickter Laut entringt sich seiner Kehle. Der Junge krallt die Finger in die Lehne des Sessels, ein heftiges Ziehen und Pulsieren in seinem Unterbauch macht ihm Angst und ist gleichzeitig erschreckend angenehm.
Röchelnd und sabbernd verkrampft sich der Körper der Frau und der Kerl vor ihr flucht lästerlich, als er ihren Kopf rüde packt und sein gesamter verschwitzter Körper zuckt. »Jetzt! Ich ... spritz ab ... FUUUUCK!« Der andere Mann stößt einen dumpfen Schrei aus, erzittert ebenfalls, während die Frau zwischen ihnen das verheulte Gesicht zu dem Jungen dreht, ihn aus glasigen Augen anstarrt. Aus ihrem Mundwinkel läuft eine weiße Flüssigkeit. Ihr Gesichtsausdruck wirkt auf sonderbare Weise friedvoll und sie scheint von innen heraus zu strahlen, was verstörend in der brutalen Szene wirkt.
Der Mann hinter ihr zieht sich aus ihr zurück, steckt seinen noch zuckenden Penis in die Hose und wendet sich an den Jungen, dessen Schritt nass ist, und der seinen Körper nicht richtig unter Kontrolle zu haben scheint.
»Erste Lektion: Disziplin ist der Schlüssel zum Erfolg. Du wirst dich beherrschen lernen. Du wirst den Drang unter Kontrolle halten. Du wirst es lernen und wirst es lieben.« Mit einem schnalzenden Geräusch blickt er auf den nassen Schritt des Jungen. »Mach dich sauber. Beim nächsten Mal will ich so eine Sauerei nicht mehr sehen. Haben wir uns verstanden?«
Hart schluckt der Kleine und sieht zu dem Mann auf. »Ja.«
»Was hockst du noch hier herum? Raus mit dir«, scheucht dieser ihn aus dem Zimmer und mit vor Scham brennenden Wangen rennt der Junge ins nächste Badezimmer, schließt sich dort ein und heult all die Anspannung heraus.
Du wirst das überleben.
Du wirst das durchstehen.
Du wirst ...
Polternd hämmert jemand gegen die Badezimmertür.
»Wenn du in fünf Minuten nicht unten bist, setzt’s was.« Die herrische Stimme des Mannes klingt dumpf durch die Tür, doch verfehlt ihre Wirkung nicht.
»Fünf Minuten«, antwortet der Junge gepresst und atmet erleichtert aus, als er die sich entfernenden Schritte auf dem Flur hört.
Zweite Lektion
Menschen sehen das, was sie wollen. Sie sind so leicht manipulierbar, dass es erschreckend ist. Selten nehmen sie sich die Zeit, hinter die Maskerade zu schauen, den Schwindler zu entlarven oder die Fakten zu analysieren.
Nichts ist einfacher zu manipulieren als konsumgetriebene Menschen. Es ist beschämend, wozu man sie bewegen kann. Eine Disziplin, die der Junge – nun ein Teenager von siebzehn Jahren – in den vergangenen drei Jahren perfektioniert hat.
»Du bist dazu bestimmt, zu führen. Du dominierst dein Spielfeld, egal wann, egal wo. Abweichungen werden nicht toleriert. Hast du das verstanden?« In den hellbraunen Augen flackert Rebellion auf, die er sogleich erstickt.
»Keine Abweichungen.« Seine Zustimmung klingt fester, als sich der Teenager fühlt.
»Gut. Du hast heute eine Aufgabe zu erfüllen. Es geht um Loyalität. Um Pflichtbewusstsein. Um Treue und darum, ob du alles – wirklich alles – dafür tun wirst, diese zu erfüllen. Egal, was dazu nötig ist. Bist du bereit?« Die Stimme des Mannes ist hart, unnachgiebig und genauso kalt wie sein ganzes Wesen.
»Ich bin bereit.«
Unter dem forschenden Blick knickt der junge Mann nicht ein. Steht mit eiserner Miene vor dem Schreibtisch. Wartet auf den Startschuss zu der heutigen Prüfung.
»Geh.«
Ein knappes Nicken, dann ist er auch schon aus der Tür auf dem Weg, sich würdig zu erweisen. Hätte er geahnt, was ihn erwartet, er wäre nicht in das Auto gestiegen.
»Tu es. Jetzt!« Der Befehl ist unmissverständlich. Ein Zurück gibt es nicht. Die Pistole in seiner Hand wiegt schwer. Sein Atem brennt in seinen Lungen. Den Blick auf den von einem dunklen Sack verhüllten Kopf des knienden Mannes vor ihm gerichtet, versucht er krampfhaft nicht zu kotzen.
»Ich sagte ›Jetzt‹!«
Sein Blick schießt zu dem Mann, der ihm nun seinerseits eine Waffe an den Kopf hält. Das metallische Klicken, als die Waffe entsichert wird, wird er nie wieder vergessen. Beißende Galle kämpft sich seine Kehle hoch. Seine Hand mit der Waffe zittert so heftig, dass er den Finger vom Abzug nimmt.
Gedämpft winselt der Mann unter dem Sack, fleht erstickt um Gnade. Das Sichtfeld des Teenagers verengt sich, konzentriert auf den Mann vor ihm.
Loyalität.
Treue.
Gehorsam.
In der alten maroden Fabrik herrscht Totenstille, bis auf das von den Betonwänden zurückgeworfene klägliche Wimmern des Verräters, dessen Leben in seinen Händen liegt. Der auffrischende Wind fegt totes Laub raschelnd über den Boden und heult wie der Todesbote selbst in den düsteren Treppenaufgängen.
»Wusste ich’s doch. Du elender kleiner Versager. Du kannst es nicht«, zischt der Mann und drückt den Lauf der Waffe gegen die Schläfe des Siebzehnjährigen.
Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.
Ruckartig reißt er die Waffe hoch.
Einatmen, ausatmen.
Klick!
Bei dem metallischen Geräusch des Schlagbolzens sacken ihm die Beine unter dem Körper weg. Die Waffe fällt ihm aus der Hand, sein Magen krampft sich zusammen. Ein bitterer Schwall Galle würgt sich hoch.
Es stinkt nach Urin.
»Verflucht, jetzt hat er sich auch noch eingepisst.« Angewidert ertönt die Stimme des Mannes, der nun seine Waffe wegsteckt und ihn unsanft hochzieht. »Schafft das Stück Scheiße da weg und erledigt den Job. Ich kümmere mich um unseren Helden hier.« Er wird aus der Halle und zum Auto geschoben, fällt verstört und mit dem widerlichen Geschmack der eigenen Kotze im Mund auf die Rücksitze, als der Wagen auch schon losfährt.
»Ja. Er hat es getan. Nein, es war ... kläglich. Verstanden. In fünfzehn Minuten. Ja, Sir.« Das kurze Telefonat – ein Zeugnis seines Versagens.
Taub und stumpf starrt er auf seine immer noch zitternden Hände. Sie wollen einfach nicht aufhören zu zittern.
Er hat es getan.
Hat abgedrückt.
Ist zu einem Monster geworden.
Dritte Lektion
Manche Augenblicke brennen sich in deine Seele. Werden zu einer immer schwelenden Entzündung unter deiner Haut, die dich nie vergessen lässt, was für eine Bestie in dir haust. Doch das ist nicht das Schlimmste daran.
Das Schlimmste ist die Gewissheit, dass du es wieder tun würdest.
Die Inbesitznahme der Frau war auf bizarre Weise aufregend, obwohl sich der gütige Teil seiner Seele dagegen wehrte. Doch als sie zu ihm gebracht, für ihn vorbereitet wurde und sich seine innere Bestie zähnefletschend auf sie stürzte, verlosch der Funke der Warnung augenblicklich. Er genoss es, sie zu ficken, ihre Gegenwehr zu brechen und das übermächtige Gefühl von Dominanz, das ihn dabei durchflutete. In dem Moment, in dem er spürte, wie ihr Körper unter seiner Behandlung nachgab, erzitterte und sich nicht gegen die körperliche Lust wehren konnte, wurde er zu dem Monster, zu dem man ihn gemacht hatte.
Aber als er in ihre weit aufgerissenen Augen blickte, prallte er zurück.
Sie sah ihn direkt an.
In ihrem Blick las er ihre Stärke.
Es schien, als wäre die Barriere zwischen ihnen aufgehoben und verband sie beide auf sonderbare Weise miteinander. Etwas in ihm erwachte daraufhin zum Leben, schlängelte sich in seinem Innersten hinauf ans Licht und brach durch die verkrustete Schale seiner Maske.
Sie genoss es, von ihm dominiert zu werden. Genoss es, keine Kontrolle zu haben, gelenkt und geführt zu werden. Ergab sich ihm freiwillig und kehrte die Machtverhältnisse in genau diesem Moment um.
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht.
Nicht er hatte die Kontrolle, sondern sie.
Denn sie ließ es zu, ließ sich fallen und gab sich ihm hin. Staunend über diesen Impuls beugte er sich zu ihr und flüsterte mit rauer Stimme: »Danke!«
Ihr wissendes Lächeln war das größte Geschenk, welches er jemals bekommen würde.
In einem Monat wird er achtzehn und damit volljährig. Ein Tag, auf den er seit Jahren wartet. Ein Tag, der ihm seine Freiheit schenken wird. In so vieler Hinsicht.
Das Ritual wird bereits vorbereitet.
Die Einführung in denKreis.
Ein Privileg, das nur wenigen zuteil wird.
Es ist sein Geburtsrecht.
Und er hasst es seit dem Tag, an dem er abberufen wurde.
Das Ritual.
Man sagt, ein Blutschwur gilt ewig. Bis zum Tod. Der Schwur, jemandem verpflichtet zu sein. Ihm zu dienen, solange man lebt. Verdammt lange, wenn man es recht bedenkt. Aber was für eine Wahl hat man schon, wenn man sein Leben lang auf eben diesen Moment vorbereitet wird?
Genau, gar keine.
Man zieht es durch.
Er wird von zwei jungen Frauen entkleidet. Das antike Bad wird nur durch die von der Decke hängenden Feuerschalen und dem Kamin an der Stirnseite des Raumes beleuchtet. Schatten tanzen wie unheilvolle Geister über die rauen Steinwände – als würden sie der Waschung beiwohnen. Im Hintergrund ertönt ein monotoner Choral aus dunklen Männerstimmen. Nackt steigt er in das dampfend heiße Wasser der Kupferwanne, unterdrückt den schmerzlichen Laut, der ihm entweichen will, und taucht unter. Nur seinen Herzschlag vernimmt er, lauscht ihm, wie er ruhiger wird.
Als er auftaucht, wird er von den beiden Frauen abgeschrubbt, bis seine Haut glüht. Der nach Weihrauch duftende Seifenschaum klärt seine Sinne, verscheucht die letzten Zweifel und fokussiert seinen Geist. Sie rasieren seinen gesamten Körper, bis auf das Kopfhaar. Gereinigt und glatt wird er vor die Ersten treten, um den Schwur abzulegen. In seiner neugeborenen Gestalt.
Mit Öl wird sein Körper gesalbt, jeder Zentimeter von den zarten Händen der Frauen vorbereitet, um anschließend in das weiße, knöchellange Baumwollhemd eingehüllt zu werden.
Eine zarte Hülle für ein Monster.
Barfuß tritt er den Marsch den Gang hinunter an, flankiert von zwei in schwarz gekleideten Zeugen, deren Gesichter hinter schwarzen Masken verborgen sind. Der Gesang schwillt an, wird zu einem Rauschen in seinen Ohren und als er den Saal betritt, empfängt ihn das Grollen wilder Trommeln.
In der Mitte befindet sich, umringt von den Mitgliedern der Bruderschaft, ein steinernes Becken, ähnlich einem Taufbecken, auf das er zugeht. Alle tragen die gleichen schwarzen Masken, identitätslose Figuren im Spiel um Macht, die alle dem großen Spektakel der Aufnahme beiwohnen.
Der Erste der Ersten steht reglos in einem weißen Anzug, das Gesicht hinter einer weißen Maske verborgen vor dem Becken, während er davor auf die Knie fällt, die Handflächen nach oben gewandt, den Kopf demütig gesenkt.
»Vor uns kniet Jemand. Jemand, der uns dienen will. Jemand, der sich verpflichten will. Ist Jemand bereit, den Preis dafür zu bezahlen?«
»Ja, ich bin bereit«, antwortet er mit fester Stimme.
»So tritt vor, und leiste ihn.« Eine heroische Melodie setzt ein, die Mitglieder wiederholen die Worte des Ersten der Ersten, sodass es sich anhört, als würde der Saal überkochen.
Er erhebt sich, empfängt von einem der Zeugen ein kunstvoll verziertes Messer und tritt an das Becken.
»So schwöre nun den Eid, der niemals gebrochen werden kann. Schwöre bei deinem Leben die Treue zu der Bruderschaft. Und besiegele ihn mit deinem Blut.«
Sein Herz pocht heftig, ein Kribbeln in der Wirbelsäule setzt ein, als er das Messer für alle sichtbar erhebt und die Worte des Ersten der Ersten wiederholt.
Mit einem beherzten Schnitt schneidet er sich in die Handfläche, spürt das beißende Gefühl der offenen Wunde und dann das warme Blut, welches hervorquillt. Die Tropfen fallen träge ins Wasser des Beckens. Zwanzig Tropfen schenkt er ihnen.
Dann wendet er sich zu dem Ersten der Ersten, legt die blutige Hand auf dessen Brust, direkt über dem Herzen.
»So nehmt den Preis unseres neuesten Mitgliedes an«, ruft der Erste der Ersten feierlichaus. Der zweite Zeuge füllt eine kleine, handtellergroße Schale mit dem Wasser-Blutgemisch und reicht sie dem ersten Mitglied, das einen Schluck nimmt.
Vereinigung.
Besiegelung.
Verbindung.
Er ist einer von ihnen.
Ein Bewahrer.
Ein Monster in Maßanzug.
Nebulös rauscht das Fest an ihm vorüber, dessen Mittelpunkt er ist. Ein Zurück gibt es nicht. Betäubt vom Wein, der Kräutermischung aus den im Raum verteilten Räucherschälchen und der aufgeheizten Atmosphäre gleitet er durch den Abend, lässt sich begaffen wie eine Zirkusattraktion und versucht, nicht unter dem dumpfen Gefühl im Magen zusammenzusacken.
»Du wirst tun, was getan werden muss!« – eine Parole, die ihn zeitlebens begleitet hat. Jetzt ist sie durch den Schwur besiegelt und er wird dem Ruf des Erstender Ersten folgen, egal, was von ihm verlangt wird.
Sollte er so wahnsinnig sein, sich ihm zu verweigern, werden die Konsequenzen apokalyptisch sein.
Das war eines der Dinge, die er sehr schnell gelernt hat.
In seiner Ausbildung wurde er an seine Grenzen und darüber hinaus getrieben, mal mit Drohungen, mal mit Schmerzen, mal mit Schlafentzug und manches Mal sogar mit Folter. Das Ergebnis: seine eiserne Disziplin, sein Ehrgeiz und die Unerbittlichkeit, seine Ziele zu erreichen – immer.
Die Offenbarung | 1 Jahr danach
Mit den anderen betritt er den privaten Bereich des Clubs, der nur den Mitgliedern des Kreises vorbehalten ist. Ein dekadenter Sündenpfuhl, in dem es alles für Geld zu kaufen gibt, was man sich nur vorstellen kann. Ein Spielplatz unendlicher Möglichkeiten perverser Gelüste, die einem elitären Kreis vorbehalten sind, zu dem auch er gehört.
Jeder von ihnen hat ein Zimmer gemietet, jeder von ihnen hat zwei Stunden gebucht. Hier sind sie unter sich, bleiben ihre Geheimnisse vor der Welt verschlossen und hier können sie sich ausleben – egal, wonach ihnen der Sinn steht.
Als er die Tür hinter sich abschließt, kribbelt sein Körper erwartungsvoll.
Heute wird es anders.
Er strafft die Schultern und dreht sich um.
Das Zimmer ist in schummriges Licht getaucht. Sie sitzt in einem opulenten Sessel, die schlanken Beine, die in schwarzen Seidenstrümpfen elegant übereinandergeschlagen sind, verschwinden unter einem eng anliegenden schwarzen Rock. Aus der weißen Bluse lugt ein volles Dekolleté hervor. Ihr Gesicht liegt im Schatten, doch er kann die Silhouette ihres streng zusammengebundenen Haares ausmachen.
Ihre Hände ruhen auf der Sessellehne, die Haltung hoheitsvoll. Genau das, was er wollte.
Eine erregende Spannung liegt in der Luft, sodass er kaum zu atmen wagt. Sie verströmt eine natürliche Dominanz, die sich im Raum verteilt, ihn umschmeichelt und zu sich lockt.
»Deine erste Lektion: Du wirst mich nicht berühren. Du wirst nicht kommen und du wirst mich nicht ansprechen.«
Plötzlich ist sein Mund staubtrocken, er schluckt schwer und nickt.
»Wiederhole es!« Ihre Stimme ist nicht laut, dafür liegt eine ungeheure Sogkraft in ihr, der er verfällt.
»Ich werde dich nicht ansprechen, nicht berühren und erst kommen, wenn du es erlaubst.«
»Du nennst mich Mistress. Noch einmal von vorne«, weist sie ihn tadelnd an.
Er wiederholt ihre Forderungen und fügt am Ende ein »Mistress« hinzu.
Sie beugt sich etwas vor, sodass er ihr Gesicht endlich sehen kann. Ein engelsgleiches Antlitz, blutrot geschminkte Lippen und lange seidige Wimpern, unter denen Augen, so dunkel wie die Nacht, in seine starren. Er ist fasziniert.
»Gut. Dann fangen wir an.«
Heute – 16 Jahre später
Mit einem knappen Nicken lasse ich Jeff, meinen Fahrer – einen jungen Kerl, der für meine Firma seit einiger Zeit tätig ist – wissen, dass wir losfahren können, als er mir die hintere Tür der schwarzen Limousine aufhält. Sobald ich sitze, fährt die Trennwand hoch, verschafft mir die dringend benötigte Privatsphäre und ich lehne mich mit einem tiefen Atemzug in die weichen Polster.
Dieser Abend war notwendig.
Beim Gedanken an den süßen Lustschmerz schmunzle ich versonnen, denn Madame Rouge verstand ihr Handwerk auf das Vorzüglichste. Schon überlege ich, ob ich ihre Dienste kurzfristig erneut in Anspruch nehmen soll, doch im Hinblick auf meinen vollgepackten Terminkalender muss ich davon absehen.
In einigen Monaten steht die Ernennung des neuen Vorstandsvorsitzenden an – der Posten, auf den ich seit Jahren hinarbeite und der mir inoffiziell von meinem Mentor, Arthur Whitmore, und derzeitigen Vorsitzenden bereits zugesagt wurde. So läuft das in allen Chefetagen: Stehst du auf der Seite der richtigen Leute, bekommst du ihren uneingeschränkten Support und bist praktisch unantastbar.
Es wäre kontraproduktiv, sollte ich in dieser Phase einen Fehler begehen. Und wenn auch nur der Hauch eines Verdachts auf mich fiele, welche Art der Dienstleistung ich gelegentlich in Etablissements wie dem Illusion beanspruche, tja, dann wäre meine Karriere im selben Atemzug beendet. Ein Umstand, den ich seit meinem neunzehnten Lebensjahr vor aller Welt geheim halte.
Denn als Stammhalter der Bertrand-Dynastie, die als Teil der Bruderschaft desKreises mit ihrem Einfluss und Vermögen die Geschicke der Welt kontrolliert, habe ich nur eine Aufgabe zu erfüllen: den Fortbestand der Familie zu sichern. Neben den Pflichten, ein einflussreiches Mitglied der gehobenen Gesellschaft zu sein und durch geschickte Deals andere mächtige Leute dazu zu verdonnern, mir etwas zu schulden. Diesen Teil der Liste habe ich mit Bravour erfüllt.
Ich gelte als ein eiskalt berechnender Mistkerl, der seine Finger überall im Spiel hat und dem niemals ein Geschäft platzt. Meine Superkraft ist das Gewinnen. Immer. Zu jeder Zeit.
Eben dieses Spiel beherrsche ich perfekt. Bin das glänzende Aushängeschild meiner Familie sowie meines Unternehmens und genieße zugegebenermaßen die sich daraus ergebenden Vorteile.
Meine dunkle Seite, die unter der schillernden Oberfläche aus Distinguiertheit, Machtgehabe und Souveränität lauert, hüte ich streng nach den Regeln der Bruderschaft. So wie es seit jeher war und sein wird. Denn sie reißt einen tiefen Abgrund zwischen dem gesitteten Parkett der feinen Vancouver Gesellschaft und dem aus perversen Gelüsten bestehendem Spiel, das ich spiele.
Ich bewege mich im Zwielicht. Lebe in ihrer Welt und der meinen, die vollkommen konträr zu meiner Ausbildung der Bruderschaft verläuft. Ein Damoklesschwert, welches ich ständig mit mir herumschleppe. Etwas, das die Grundfeste meiner Familie und meines gesellschaftlichen Standes sprengen würde. Nichts, was ich den elitären Pinkel und schon gar nicht meinen streng gesitteten Eltern auf die Nase binden würde.
Todesstoß und so.
Genau darin besteht allerdings mein lebenslanges Problem: Die passende Frau zu finden, die den Erwartungen meiner Familie und gleichzeitig meinen besonderen Vorlieben gerecht wird.
Denn ich stehe auf Sex. Dreckig, versaut und kinky!
Jetzt werden viele sagen: Was machst du so einen Aufstand? Handschellen und ein wenig Arschversohlen gehören doch heutzutage zum Standardrepertoire. Mag sein. Meine kinky Bedürfnisse sind jedoch ganz anderer Natur.
Um mich und meinen Ruf zu schützen, fesseln die Damen, mit denen ich mich vergnüge, nie länger als für wenige Wochen meine Aufmerksamkeit. Denn sobald ich merke, wie die ausgehungerte Bestie in mir an ihren Ketten zerrt, beende ich die Affären – natürlich auf elegante Weise. Sehr zum Verdruss meiner Eltern.
Die Firma bucht oft bei einer noblen Escort-Agentur für unsere Veranstaltungen und die Damen sind äußerst diskret sowie ein Augenschmaus – zugegeben. Einige meiner Kollegen nehmen die Ladys der Agentur Highlights auch privat in Anspruch, denn nicht selten wollen sie sich einfach das Hirn rausvögeln und wenn das mit der eigenen Partnerin nicht möglich ist, dann greifen sie auf die bezahlten Dienste der Highlight-Ladys zurück.
Ich selbst habe auch das ein oder andere Date mit den Damen gehabt, wobei diese dazu dienten, den nie abreißenden Fragenstrom bezüglich einer festen Freundin Einhalt zu gebieten.
Zu Hause angekommen wasche ich mir die Spuren der Session vom Leib, betrachte die roten Kratzspuren der Nägel meiner heutigen Spielgefährtin auf meinen Unterarmen und genieße das leichte Brennen, als die Seife auf die wunden Stellen trifft. Sie war wild, ungezügelt und doch so diszipliniert. Die richtige Mischung, die mich kickte.
Nur mit dem Handtuch um die Hüften und noch feuchten Haaren schlendere ich nach der erfrischenden Dusche zum ersten Mal seit Wochen entspannt in meine offene Küche, schnappe mir einen grünen Apfel und beiße genüsslich hinein.
In Gedanken gehe ich das bevorstehende Planungsgespräch mit Arthur Whitmore, meinem Mentor, durch und kann das zufriedene Grinsen nicht aufhalten, dass mir dabei ins Gesicht geschrieben ist. Es sind nur noch Formalien, die ich erfüllen muss, damit ich für die restlichen Vorstandsmitglieder auf deren Kandidatenliste weiter in den Fokus rutsche. Das wird ein Kinderspiel.
Mit Mitte dreißig Vorstandsvorsitzender – keine schlechte Bilanz, wie ich finde.
Mein Blick schweift zu der riesigen Fensterfront meines Bauhaus-Bungalows, der auf einer Anhöhe gelegen, den Blick über die Bucht von Vancouver freigibt.
Das ist meine Stadt.
Ich werde ihr König sein.
Denn das ist mein fucking Geburtsrecht.
Im flackernden Licht der rostigen Deckenlampen zuckt ein geisterhaftes Schattenspiel über die Wände, von denen der Putz abblättert. Ich beobachte mit unbeteiligter Miene, wie die beiden gefesselten Männer keuchend nach Luft schnappen, als ihnen die Plastiktüten von den Köpfen gerissen werden.
»Zum letzten Mal, wo wird der Deal laufen?«
Einer der beiden Kerle, das linke Augen vollständig zugeschwollen und die Lippe aufgeplatzt, sabbert blutigen Speichel auf sein verdrecktes blaues Hemd. »Ehrlich, wir ... wir sollten nur ... den Wagen fahren.« Mit einem schmatzenden Klatscher trifft ihn die Hinterhand und reißt seinen Kopf zur Seite.
Dem anderen Mann wird die Plastiktüte erneut über den verschwitzten Kopf gestülpt. Wild zappelnd atmet er hektisch ein, sodass sich das Plastik gnadenlos um sein Gesicht zusammenzieht – eine groteske blutverschmierte Fratze – während sein Kumpel angsterfüllt seine Unschuld herausbrüllt.
Seit zwanzig Minuten wohne ich der Prozedur bei, versuche, den Pfützen aus Pisse, Blut und Speichel auszuweichen, damit meine fünfhundert Dollar teuren Schuhe keinen irreparablen Schaden nehmen und blende die beißenden Gerüche sowie die zermürbende Geräuschkulisse so gut es geht aus. Wir brauchen die Informationen, die diese beiden widerlichen Subjekte an ihren Boss weitergegeben haben, um in letzter Sekunde einen Krieg im Osten Afrikas zu verhindern.
Ein Krieg, der nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Weltwirtschaft bedroht. Ein Krieg, in dem es um blutige Diamanten und Öl geht. Ein Krieg, der einer kriminellen Organisation Unmengen an Geld und Einfluss verschaffen würde.
Das werden wir verhindern.
Ich habe die beiden aufgespürt, da sie mir bei einem internationalen Kongress aufgefallen waren, und nach Informationen desKreises zufolge tief in einer von Drogengeldern finanzierten Waffenhandelsorganisation jeden versorgen, der ihnen von Nutzen ist. Sie fielen auf mein Interesse herein, mit ihnen kooperieren zu wollen. Und als ich dem Ersten der Ersten davon berichtete, veranlasste er die Jagd.
Sobald die Tüte vom Kopf gerissen wird, japst der Mann nach Luft, röchelt und fällt zur Seite.
»Letzte Chance, Arschloch!«
»Tripolis.« Fast ist es nicht zu verstehen, denn das Gesicht des Mannes ist eine zerklumpte, aufgerissene Masse.
»Wie war das?«
»Sie ... sind in Tripolis. In ... zwei Tagen ...«, röchelnd spuckt er Blut aus, »wird alles verladen.«
Ich werfe meinen Kollegen einen Blick zu, den sie nickend bestätigen. Dann wende ich mich ab und zücke das Telefon. »Tripolis. Ihr müsst sofort los.« Als ich aufgelegt habe, zerreißen zwei Schüsse die Stille.
Ende des 3. Quartals in diesem Geschäftsjahr
Es herrscht eine angespannte Stille in dem großen Konferenzraum, als wir auf den Beginn der Sitzung warten. Neben mir schlägt Phil Nash, mein ärgster Konkurrent in der Anwartschaft auf den Vorstandsvorsitzenden-Posten die Beine übereinander und trägt eine unbeteiligte Miene zur Schau. Doch ich kann an der Art, wie er betont lässig einen imaginären Fussel auf seinem Jackettärmel wegzupft erkennen, dass er genauso mit den Nerven runter ist, wie ich selbst. Wie wir alle.
Insgesamt fünf Kandidaten stehen in den Startlöchern, das neue Aushängeschild der Brightbirn Corporation Ltd. und damit mächtigster Mann in Vancouver zu werden.
»Wer es auch wird: Wir werden uns zivilisiert benehmen und ihn unterstützen«, durchbricht Marc Hatcher die Stille, ein Außenseiter, dem nie jemand wirklich eine echte Chance auf den Posten zugetraut hat. Er ist ein Opportunist, was er in Situationen wie diesen jedes verdammte Mal eindrücklich unter Beweis stellt.
»Klar, und hinterher fassen wir uns alle an den Händen und singen ›Kumbaya‹ oder was?!«, schnaubt Phil verächtlich und erntet damit ein zustimmendes, aber verhaltenes Lachen der anderen beiden Mitstreiter.
»Seht ihr, genau das meine ich«, echauffiert sich Marc, wird allerdings unterbrochen, als die Herren des Vorstandes gesammelt in den Raum rauschen, gefolgt von einer der Assistentinnen, die die Sitzung protokollieren wird.
»Meine Herren, da wir nun vollzählig sind, fangen wir auch direkt an. Wir haben ein anspruchsvolles Quartal vor uns und wollen keine unnötige Zeit mit Organisatorischem vergeuden.« Whitmore eröffnet ohne Umschweife das Meeting. Er ist ein abgewichster Aasgeier, der nur ein Ziel hat: Profit um jeden Preis. Für die Aktionäre hat er acht Jahre lang Unmengen an Renditen herausgeschlagen und seine strenge Null-Toleranz-Linie hatte erschreckend viel Erfolg.
Ein Ruck geht durch die Männer, die sich mit ernsten Gesichtern und wachsamen Blicken gegenseitig mustern. Das Bild des Beamers an der Wand flammt auf und alle richten ihre Aufmerksamkeit auf die Präsentation.
Mein Gespräch mit Whitmore vor einigen Tagen war höchst zufriedenstellend, denn er versicherte mir, dass seine Kollegen von mir überzeugt seien. Damit sei entschieden, dass ich den Job bekomme. Es sei nur eine Formalität, es offiziell protokollieren zu lassen.
Entsprechend gelassen lehne ich mich im Sessel zurück und bin gedanklich bei der Ansprache, die ich vorbereitet habe, stelle mir vor, wie ich gemessenen Schrittes nach vorne gehe, den Neid der anderen genießen und mich in meinem Erfolg sonnen werde. Wie ich den Verlierern zusichern werde, dass ich auf ihre Kompetenz bauen und mich als würdig erweisen ...
»... gratulieren wir Phil Nash, der fortan die Brightbirn Corporation als Vorsitzender in allen Belangen vertreten wird. Phil, herzlichen Glückwunsch.«
Konsterniert stiere ich den freudestrahlenden Phil fucking Nash an, der mit einem fetten Siegerlächeln Hände schüttelt und den Applaus der Mannschaft empfängt, während ich wie ein Vollidiot auf meinem Sessel hocke und keinen Plan habe, was zum Henker gerade passiert ist.
Erst als Phil eine kurze Ansprache hält, erwache ich aus der Schockstarre und blinzele die sich ständig wiederholende Schleife des Szenarios weg. Mit dem jahrelang antrainierten unbeteiligten Gesichtsausdruck, der Distanz und Neutralität aussagt, nehme ich meine nagelneue Tom-Ford-Brille ab, putze sie und erhebe mich schlussendlich, nachdem das Meeting als beendet erklärt wird, um auf Nash zuzugehen.
»Glückwunsch«, kommt es mir spröde über die Lippen, als wir die Hände schütteln und mich sein erstaunter Blick trifft.
»Danke. Ich werde mein Bestes geben.« In seinen Augen liegt ein lauernder Ausdruck, darauf gefasst, meine Verbalattacke auszuhebeln, falls nötig, doch mir ist nicht nach einem gepflegten dialektischen Schlagabtausch zu Mute.
»Davon gehe ich aus. Also dann.« Rasch verabschiede ich mich und zwinge mich, gemessenen Schrittes den Raum zu verlassen, um ihm nicht die Genugtuung zu geben, ich würde aus der Situation flüchten.
Kaum bin ich in meinem Büro, trete ich an das große Fenster, die Hände in den Hosentaschen vergraben und starre mit mahlenden Kiefern auf das bunte Treiben in der belebten Geschäftsmeile unter mir.
Ich wurde ausgebootet.
Der Deal mit Whitmore ist geplatzt.
Aber warum, um alles in der Welt?
Wieder und wieder gehe ich sämtliche vertraulichen Gespräche mit meinem Mentor durch. Seziere jedes Detail, das er mir verraten hat, überschlage meine Erfolge aus den letzten Monaten, doch es gibt nichts, was auf irgendeinen Fehler hindeutet, der diese katastrophale Wendung in der Wahl erzwungen haben könnte.
Ein herber Schlag und ein krasser Knick in meiner bislang tadellosen Karriere.
Diesen Makel vor meinem Vater zu bekennen, wird ein Desaster sondergleichen, denn damit bin ich der erste Bertrand, dem so etwas widerfahren ist.
SCHEISSE!
Alles, wofür ich die letzten beiden Jahre geschuftet habe, ist für die Katz und mein Fucked-up-Level katapultiert sich mit jedem Atemzug in schwindelerregende Höhen. Irgendetwas ist passiert, nur was?
Whitmore hätte mir mit Sicherheit eine Warnung zugerufen, wenn es Unstimmigkeiten gegeben hätte. Davon bin ich überzeugt. Die Tatsache, dass er es nicht getan hat, lässt darauf schließen, dass es etwas Kurzfristiges gewesen sein muss. Etwas so Gravierendes, dass selbst sein Einfluss auf die anderen Vorstandsmitglieder nicht ausgereicht hat, es auszuhebeln.
Mit einem Ruck straffe ich meine Haltung und marschiere zu Whitmores Büro am Ende des langen hellen Ganges, der von eleganten, auf modernen Beistelltischen deponierten Blumenarrangements zwischen Fotografien Vancouver Citys akzentuiert wird.
»Ist er da?«, frage ich mehr aus Höflichkeit, denn aus tatsächlichem Anliegen seine Sekretärin, Mrs. Hawthorne, die mich erschrocken ansieht, als ich auf die schwere, dunkle Holztür zusteuere.
»Er hat einen Termin und ist nicht zu sprechen«, hält sie mich auf.
»Es ist dringend und er erwartet mich«, wiegele ich ihren Einwand ab, doch sie steht rasch auf und stellt sich mir in den Weg – ein Novum.
»Tut mir leid, Mr. Bertrand, aber seine Anweisung war eindeutig: Keine Störung heute.«
Ihre Miene verrät keinerlei Nervosität, als sie mich derart abweist, denn sie ist ein echter Profi und hat so manchen ungestümen Störenfried erfolgreich in die Flucht geschlagen. Dass sie mich jetzt behandelt, als sei ich ein eben solcher, macht mir schlagartig bewusst, dass sich meine Beziehung zu Whitmore in den letzten 48 Stunden dramatisch gewandelt zu haben scheint. Wir hatten ein inniges Verhältnis, seine Tür war stets offen und es herrschte eine rückhaltlose Kommunikation. Dass er mich nun ausschließt, bedeutet, er wendet sich klar gegen mich.
Mrs. Hawthorne wird nicht klein beigeben, so viel steht fest und da ich kein unnötiges Aufsehen erregen will, ziehe ich mich zerknirscht zurück.
»Wann kann ich ihn sprechen?«, frage ich daher.
Mit der hoheitsvollen Miene der mächtigsten Frau im Unternehmen sieht sie mir fest in die Augen. »Kommenden Dienstag hätte er etwas zwischen 9 und 9:15 Uhr frei.« Eine weitere schallende Ohrfeige für mich.
»Wie bitte?«, presse ich mühsam hervor.
»Dienstag zwischen 9 und 9:15 Uhr.« Sie hält meinem wütenden Blick stand. »Soll ich Sie eintragen?«
Kurz überlege ich, ob ich sie anbrüllen oder einfach durch die Tür stürmen soll, aber mein anerzogener, moralischer Kompass schlägt aus und ich verkneife mir den Ausbruch.
»Ich bitte darum.«
»Gut.« Mit einem knappen Nicken in meine Richtung stolziert sie an mir vorbei zu ihrem Schreibtisch, setzt sich und trägt den Termin ein. Als sie fertig ist, sieht sie mich erwartungsvoll an. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mr. Bertrand?«
»Nein, haben Sie vielen Dank«, entgegne ich kühl und mache auf dem Absatz kehrt, stürme in mein Büro und verbarrikadiere mich dort den restlichen Tag, um alle Optionen in düsterer Stimmung durchzugehen.
Wäre ich nicht mit dem verfluchten Namen ›Bertrand‹ geschlagen, würde ich kalt lächelnd diesen Tiefschlag wegstecken. Im Grunde ist es nur ein Job. Jeder andere würde die Firma wechseln, dadurch eine satte Gehaltssteigerung verhandeln und den Vorfall einfach vergessen.
Tja, nicht in meiner Welt.
Mein Vater zeigte sich höchst verärgert über diese deutliche Kerbe in meinem bislang tadellosen Karriereweg und das Verhör, dem ich mich stellen musste, fiel frostig bis explosiv aus. Dinge wie ›Schande der Familie‹, ›Betrug‹, ›disziplinlos‹ und weitere Anschuldigungen trafen mich wie ein Kugelhagel, doch sowas stecken wir weg. Damit sind mein älterer Bruder und ich gemeint, da bis auf Margerite, unser Nesthäkchen und Vaters Liebling, keiner von uns auch nur ansatzweise an die hohen Erwartungen unserer Eltern herankommt.
Die Laune des Schicksals hat es so eingerichtet, dass Philippe die letzte Lektion desKreises nicht geschafft hat. Damit gingen all seine Verpflichtungen als Ältester auf mich über. Unser Vater tobte, da die Schande, nun einen Sohn, der zu schwach war, den Anforderungen desKreises zu genügen, an unserem Namen klebte. Und damit traf mich sein Zorn umso heftiger.
Ich musste härter werden, erfolgreicher und skrupelloser als alle anderen.
Gehört praktisch zur Lebensgrundeinstellung der Familie, um den Hunger nach Macht und Erfolg niemals verlöschen zu lassen. Um zu gewährleisten, dass die Liebe zu den eigenen Kindern die brutale Ausbildung der Bruderschaft nicht verwässert, sind es ausschließlich Mitglieder des Kreises, die die Novizen ausbilden. Eine weitere unumstößliche Regel.
All das sowie die gesellschaftlichen Verpflichtungen, einen standesgemäßen Partner zu finden, zu heiraten und Kinder zu zeugen, denen wir dann dieselben Parolen eintrichtern, machen es mir unmöglich auch nur darüber nachzudenken, von dem vorgezeichneten Weg abzuweichen.
Wäre da nicht die verführerisch zarte Stimme des Herzens, die mir liebevoll zuwispert, dass ich längst nicht mehr abhängig von dem ganzen Familien-Theater bin, und mir bereits einen eigenen, höchst einflussreichen Kreis an Geschäftskontakten aufgebaut habe, mit dem ich praktisch alles regeln könnte.
Eine Verlockung, der ich mich in den vergangenen Jahren öfter in meinen Gedankenspielen hingegeben habe. Doch es sind nur Träume und wenn ich aufwache, finde ich mich in derselben fest verankerten Realität wieder, in der ich keinerlei nennenswerte Einflüsse auf mein Leben habe. Nie war ich wirklich ich selbst, denn es galt das hochglanzpolierte Bild der heilen Familie Bertrand und desKreises aufrechtzuerhalten.
Aber ein Ausbruch kommt nicht infrage. Sie würden mich jagen und zurückschleifen. Mich brechen und so lange formen, bis ich mich selbst verloren hätte. Das hat noch keiner unbeschadet überstanden. Und ich bin nicht willens, den Versuch zu starten.
Am heutigen Abend hocke ich mürrisch mit ein paar Freunden in einem der noblen Restaurants der Stadt beim Essen. Nur sporadisch beteilige ich mich an den belanglosen Gesprächen über die letzte Frau, die man flachgelegt hat, die bevorstehende Investition oder das neueste Spielzeug in Form eines teuren Sportwagens sowie der besten Golfrunde am vergangenen Wochenende.
In vier Tagen werde ich Whitmore ausquetschen, was zur Hölle schiefgelaufen ist und warum er mir seitdem konsequent aus dem Weg geht. Ich will Antworten und werde erst locker lassen, bis ich sie bekomme. In unserem Umfeld pinkelt keiner dem anderen ans Bein. Im Gegenteil. Man beschützt sich.
Mein vorbestimmter Weg wurde gestoppt, denn ich hatte eine Aufgabe für die Bruderschaft zu erfüllen. Meiner Rolle gerecht zu werden als ihr Financier.
Durch die weitreichenden Verbindungen des Kreises genießt jedes Mitglied einen eigenen Schutzschild, der es praktisch unmöglich macht, angegriffen zu werden. Und trotzdem bin ich gescheitert. Eine Blasphemie, die ich rächen werde.
»Wir wollen gleich noch in den Club, kommst du mit?«, fragt mich Parker, einer meiner ältesten Begleiter innerhalb der Bruderschaft – wir sind zusammen aufgewachsen, doch das ist nicht gleichbedeutend, dass wir befreundet sind. Er ist der klassische Streber, mit einer Verlobten aus der einflussreichsten Familie desKreises und wird im kommenden Jahr das Familienunternehmen übernehmen. Einen Technologiekonzern, der weltweit für die Luft- und Raumfahrt sowie die Automobilindustrie Komponenten herstellt und entwickelt.
»Ich denke nicht«, antworte ich gedehnt, denn mir steht nicht der Sinn nach weiteren aufgeplusterten Gesprächen mit den Jungs. »Ich glaube, ich fahre heim und ...«
»Also ehrlich, es ist Samstagabend und du willst auf der Couch versauern? Was ist los, Mann?«, fällt mir Michael ins Wort, Sohn des berühmt-berüchtigten Self-Made-Millionärs Charles Bateman, dem der Hafen von Vancouver und die Hälfte aller Immobilien der Stadt gehören. Ganz zu schweigen von denen im Ausland. »Keine Ambitionen, heute eine heiße Lady aufzureißen?« Sein Bett ist nie kalt und die Liste der bei ihm ein- und ausgehenden Schönheiten lang, doch er hatte nie etwas, das einer Beziehung nahekommen könnte.
»Nein, ich wäre heute keine gute Gesellschaft«, brumme ich und genehmige mir einen Schluck des vorzüglichen Rotweins, den wir bestellt haben.
»Ach komm, das ist bloß eine lahme Ausrede. Ohne dich wird es nur halb so lustig«, quengelt Nathan. Er ist der wohl durchgeknallteste, kaltblütigste Irre, den ich kenne, aber ein brillanter Stratege, der mit den geerbten Milliarden seiner Familie an den Börsen der Welt jongliert wie kein anderer. »Wir sollten mal wieder richtig einen drauf machen. So wie vor zwei Monaten. Weißt du noch. Wir hatten jeder unseren Spaß mit ihr und ...«
»Lass gut sein. Ich bin nicht in Stimmung für deine perversen Spielchen«, winke ich ab und beleidigt lässt er sich in seinem Stuhl zurückfallen.
»Seit wann bist du so ein Spießer?«, mault er, doch ich ignoriere den Seitenhieb.
»Seit ihm der geleckte Phil Nash den Vorstandsposten geklaut hat.« Parker wirft mir ein kaltes Lächeln zu und sofort schießen Michaels und Nathans Blicke zu mir.
»Du hast dich von dem Idioten ausbooten lassen? Ehrlich, das ist ...« Nathan fehlen die Worte.
»Bist ein echtes Weichei geworden, seit du dich auf den Aussagen des alten Whitmore ausgeruht hast«, brummt Michael und schüttelt missbilligend den Kopf.
Ärgerlich über Parkers Respektlosigkeit und der Tatsache, dass sich die Schmach derart schnell herumgesprochen hat, hole ich scharf Luft.
»Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.« Total lächerlich, aber vor den drei kläffenden Jagdhunden habe ich keine Lust, meine Niederlage ohne Gegenwehr hinzunehmen.
»Deine Eltern müssen die Tapete von der Wand gekratzt haben, als sie das erfahren haben.« Nathan schmunzelt mich vielsagend an. »Wird eine ganz schöne Standpauke gewesen sein, was?!«
»Was geht es dich an?«, schieße ich wütend zurück und muss mich zwingen, die Stimme gedämpft zu halten, da ich keine Szene riskieren will.
»Scheiß auf Brightbirn. Die sind eh auf dem absteigenden Ast«, schnaubt Michael und erstaunt starre ich ihn an. Für gewöhnlich stürzt er sich auf jede deiner Schwächen und hält sie dir mit einem Siegerlächeln unter die Nase. Heute stellt er sich allerdings schützend vor mich. Damit hätte ich nie gerechnet.
»Also falls du einen Job suchst, ich brauche jemanden für den Asiatischen Markt und ...«
»Parker, halt die Klappe«, würge ich seinen lahmen Vorschlag ab, da keiner von uns jemals bei dem anderen in dessen Firma arbeiten würde. Das gäbe Mord und Totschlag.
»Tja, da die Stimmung ruiniert ist, würde ich sagen, wir trinken noch einen.« Schon winkt Nathan dem Kellner und bestellt bei ihm eine Flasche des teuersten Brandys.
»Damit lässt sich arbeiten«, stimmt Michael ihm zu, wobei Parker etwas angefressen das Gesicht verzieht, da er seine Chance auf eine heiße Nacht schwinden sieht.
Als die bauchigen, hauchdünnen Kristallglasschwenker vor uns stehen und der Kellner uns nacheinander einschenkt, wandert mein Blick zwischen den dreien hin und her. Keine Ahnung, ob sie mich nun verachten oder mich zeitlebens ihr Hohn verfolgen wird. Fakt ist, ich kenne all ihre schmutzigen, dunklen Geheimnisse. Jede abartige Sünde, die sie kalt lächelnd begangen haben. Keiner von ihnen wird mich in die Scheiße reiten, denn wir haben uns gegenseitig geschworen, die der anderen für alle Zeit zu hüten.
»Auf die Chance eines Neuanfangs«, toastet Michael in die Runde und wir anderen erheben die Gläser.
»Auf die Chance«, stimmt Parker ein und nickt mir zu.
»Auf die Chance«, wiederholen Nathan und ich, dann genießen wir den ersten Schluck und ein anerkennendes Raunen ertönt. Mit diesem Tropfen wird es ein wirklich dekadentes Besäufnis.
Keine Ahnung, wie ich letzte Nacht ins Bett gekommen bin. Ich weiß nur noch, dass mir Jeff, mein Fahrer, die Treppe zu meinem Bungalow hochgeholfen hat und ich ihm einen hundert Dollarschein zusteckte. Immerhin habe ich ihm fast das Auto vollgekotzt.
Stöhnend wälze ich mich jetzt aus dem Bett und tappe groggy ins Bad. Den Blick in den Spiegel vermeide ich tunlichst, denn ich will dem Desaster nicht in die blutunterlaufenen Augen blicken.
Die Dusche und das Zähneputzen lösen die Anspannung in mir auf und als ich mich ein klein wenig wie ein Mensch fühle, lasse ich die düsteren Gedanken los, die erneut aufflackern.
Heute werde ich Sport machen, mich anschließend im Club eigenen Massagestudio ordentlich durchkneten lassen und mir hinterher eine der Wunder wirkenden Gesichtsbehandlungen gönnen. Alles, um nicht über die trübe Zukunft nachdenken zu müssen.
Ich brauche einen Plan. Einen, mit dem ich mein ramponiertes Image und den kläffenden Vorwürfen meiner Eltern entgegenwirken kann. Etwas, das mich abnabelt, raus aus der vermaledeiten Tretmühle, in der ich seit Langem feststecke. Dabei muss ich zwangsläufig an Margerite denken.
Sie hat nach ihrem vielversprechenden Studienabschluss eine Modeboutique eröffnet – einfach so. Dafür hat sie mich ins Boot geholt, ich habe ihr bei dem Finanziellen geholfen und verteidigte sie vor dem Wutausbruch unseres Vaters, der weit milder ausfiel, als bei mir und dem verpatzten Vorstandsposten.
Margerite ging unerschrocken auf Dad zu, zuckte mit keiner Wimper als er lospolterte, dass die Wände seines Arbeitszimmers wackelten. Sie blieb selbst unserer Mutter gegenüber standhaft, die ihr ins Gewissen redete, dass sie als eine Bertrand für niemanden den Fußabtreter spielen könne. Meine kleine Schwester hingegen erklärte lediglich, es sei ihr Leben und ihr Name, mit dem sie anfangen können, was immer sie wolle und es traurig fände, wie wenig Vertrauen Mom und Dad in ihre Talente hätten.
Für diesen Schneid bewundere ich sie sehr.
Vielleicht war es dieses Aha-Erlebnis, dass mich nun dazu verleitet, ebenfalls nach meinem Traum zu suchen.
Nach etwas, das nur mir gehört.
Für das ich kämpfen will.
Dienstag, 8:59 Uhr betrete ich das Vorzimmer von Whitmore, in dem Mrs. Hawthorne über ihren Bildschirm hinweg zu mir aufsieht, als ich vor ihrem Schreibtisch stehe.
»Guten Morgen, Monsieur Bertrand. Er ist noch in einem Telefonat«, teilt sie mir kühl mit und deutet mit einer Geste auf einen der Besuchersessel. »Nehmen Sie einen Moment Platz.«
»Guten Morgen, Mrs. Hawthorne«, antworte ich ebenso distanziert, bleibe jedoch demonstrativ stehen, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Ohne die Provokation zu würdigen, widmet sie sich ihrem Computer, wobei ich an das bodentiefe Fenster trete, den Blick auf die unter mir liegende Innenstadt Vancouvers geheftet.
Nur das leise Klappern der Tastatur ist zu hören, während ich auf meinen Termin warte. Mein Blick huscht zu meiner Armbanduhr: 9:01 Uhr. Natürlich.
Dieses Spiel geht mir auf die Nerven, denn ich kenne es nur zu gut. Ruckartig drehe ich mich um, marschiere auf die geschlossene Bürotür zu und ehe Mrs. Hawthorne einschreiten kann, stürme ich in Whitmores Büro.
»... können wir uns ... Was zum ...« Verärgert dreht sich Whitmore in seinem schweren Ledersessel hinter seinem monströsen Schreibtisch zur Tür und zieht warnend die Augenbrauen zusammen, als Mrs. Hawthorne neben mir erscheint und eine Entschuldigung murmelt.
»Ich rufe Sie zurück«, kläfft Whitmore ins Telefon und legt auf. »Cedric, was zum Teufel soll das hier werden?«
»Mit Verlaub, wir haben seit nun mehr zwei Minuten einen Termin und Sie gehen mir seit letzter Woche aus dem Weg. Ich denke, ich habe ein Anrecht darauf, endlich zu erfahren, was hier gespielt wird«, antworte ich scharf, wobei Whitmore seine Sekretärin mit einer mürrischen Grimasse aus dem Zimmer scheucht, die hinter sich leise die Tür schließt. Ich lasse mich ungebeten auf einen der Stühle vor dem Schreibtisch fallen, taxiere meinen Mentor aufmerksam, denn ich habe keine Ahnung, was jetzt auf mich zukommen wird.
In den wachsamen graublauen Augen blitzt es gefährlich auf, als er den Ellbogen auf den Tisch stützt und mit dem Finger in meine Richtung deutet.
»Du hast mich zum Narren gehalten, Junge!« Die Beleidigung und Unterstellung kratzen scharf an meinem Ego.
»Wie bitte?«
»Wir hatten einen Deal. Du spielst mit offenen Karten in jeglicher Hinsicht. Und das war im Wortsinn gemeint, Herrgott nochmal«, poltert er los.
»Das habe ich. Immer. Zu jeder Zeit. Also was ist hier los?«
Zischend stößt er den Atem aus. »Dass du dir den Arsch in einem SM-Studio versohlen lässt, ist nicht gerade das, was man von einem Kandidaten für den Vorstandsposten tolerieren kann. Damit bist du raus. Ende der Geschichte!«
Wie vom Donner gerührt starre ich Whitmore an, in dessen Gesicht all die Verachtung liegt, die in ihm brodelt. Gehetzt schießen meine Gedanken hin und her.
Woher zum Teufel hat er das gesteckt bekommen?
Und wer hat mich gesehen?
So eine verdammte Scheiße!
»Ich ... das ist eine infame Lüge. Eine Unterstellung und ...«
»Mir egal, was es ist. Fakt ist, dass es im Kollegenkreis rumgehen wird. Es wird größere Aufmerksamkeit ziehen und damit auf die Firma und mich zurückfallen. Wir können uns einen solchen Skandal nicht leisten.«
»Darf ich vielleicht dazu Stellung beziehen? Immerhin verdankt die Firma – und damit SIE – mir ihren Ruf, ihren Erfolg und ...«
»Scheiße, das mag sein. Aber das ist alles obsolet, denn jemand hat dich gesehen. In einer höchst unvorteilhaften Situation. Damit bist du ein gebranntes Kind. Wer weiß, wer es von unseren Kunden oder Partnerfirmen schon mitbekommen hat? Jeder wird sich das Maul über dich und über uns zerreißen. Diesen Makel wirst du nie wieder loswerden. Verflucht, was hast du dir nur dabei gedacht?« Seine Nasenflügel beben vor Zorn.
Schockiert runzle ich die Stirn, gehe im Kopf all die Male durch, in denen ich in einem der geheimen Clubs war, versuche, mich zu erinnern, ob ich ein bekanntes Gesicht dort entdeckt habe – vergeblich.
Da ich sicher bin, dass niemand von meinen speziellen Neigungen weiß, kann es nur ein Bluff sein. Anders ist es nicht zu erklären. Ich muss meine Weste reinwaschen. Den Schandfleck beheben. Noch ist nicht klar, wer alles involviert ist. Eine Chance, die Katastrophe einzudämmen.
»Das alles ist ein abgekartetes Spiel. Ich wurde reingelegt – Sie wurden reingelegt. Woher kommt diese ungeheuerliche Unterstellung eigentlich?«
Forschend sieht er mich an, kräuselt die Lippen und zieht aus der Schreibtischschublade einen Briefumschlag heraus, den er mir hinlegt. Misstrauisch öffne ich ihn und muss hart schlucken: Fotos von mir und einer der Escort-Ladys, mit denen ich mich einige Male getroffen und einen netten Abend verbracht habe, tauchen auf. Daneben gibt es Bilder von ihr, wie sie mit einer Gerte in der Hand in Lack-Overknees vor einem nackten Mann steht, der einen Ballknebel im Mund und die Hände in Handschellen gefesselt über einer Bank hängt, den Arsch entblößt. Es ist in einem der Zimmer aufgenommen, in denen ich tatsächlich einige ausgewählte Male eine Session hatte. FUCK!
Aber das bin nicht ich. Die Lady habe ich nie angerührt. Kein einziges Mal.
Aus genau solchen Gründen habe ich tunlichst vermieden, eine Verbindung zu meinen sexuellen Neigungen und den Damen zu schaffen, mit denen ich offiziell zu sehen bin. Eine Sicherheitsmaßnahme, die in meiner Position unerlässlich ist – dachte ich zumindest bis vor einer Minute.
»Das bin nicht ich«, flüstere ich und kann den stechenden Blick Whitmores auf mir spüren.
»Die Dame hat zugegeben, dass sie mit dir dieses ... dieses perverse Spielchen gespielt hat.«
Sofort schießt mein Blick zu ihm. »Unmöglich!«
»Ach ja? Dann sieh dir das hier an.« Damit legt er mir einen Zettel hin, auf dem der Tag und die Uhrzeit unseres Dates stehen. Wo wir essen waren, worüber wir geplaudert haben und dass wir danach in einen der Clubs verschwunden sind, in dem ich sie angeblich gebeten habe, mir den Arsch zu versohlen und das Ganze aufzunehmen. Totaler Schwachsinn, denn warum sollte ich ausgerechnet Beweisfotos haben wollen, wenn ich bislang alles streng unter Verschluss gehalten habe?
Unweigerlich schüttele ich den Kopf.
»Das ist gefaked. Glauben Sie mir, ich wäre doch niemals derart dämlich, Beweise zu sammeln, sollte ich tatsächlich einen solchen Fetisch pflegen. Für so dumm können Sie mich nicht halten. Das«, ich deute auf die Bilder, »ist eine Fälschung. Jemand wollte mich aus dem Spiel nehmen. Sie sind darauf reingefallen. Und was ich noch viel schlimmer finde: Sie sind damit nicht sofort zu mir gekommen, sondern haben es stillschweigend akzeptiert.« Zitternd vor Wut springe ich auf. »Dann weiß ich ja jetzt, dass Sie mir nie ganz vertraut haben.« Den Zorn kann ich nicht zurückhalten, der mir im Leib wütet, daher klingt meine Stimme scharf und herrisch. »Von Ihnen, Arthur, hätte ich mehr erwartet«, schleudere ich ihm entgegen. Der alte Mann reckt das Kinn.
»DU erwartest mehr von mir? Undankbarer Bengel! All meine Hoffnung ruhte auf deinen Schultern. Du hättest Großes vollbringen können. Stattdessen gibst du dich einer Hure hin, die ... eine solche Schande hat keinen Platz in der Chefetage. Du bist zu weit gegangen und hast dich verkalkuliert. Jetzt akzeptiere, dass du verloren hast, und steh deinen Mann.« Eine klare Ohrfeige bezüglich meiner Neigung. Keine Ahnung, wer von diesem Skandal bereits weiß, doch ich muss vom Schlimmsten ausgehen.
»Wer hat diese Bilder außer Ihnen noch gesehen?«, frage ich frostig, darauf gefasst, gleich den Boden unter den Füßen zu verlieren.
»Niemand. Ich habe sie niemandem gezeigt.« Perplex starre ich Whitmore an.
»Ist das ein schlechter Scherz? Außer Ihnen weiß davon keiner und trotzdem haben Sie meine Kandidatur nicht unterstützt? Zur Hölle, was soll das?«
Ein energischer Blick schießt zu mir. »Natürlich habe ich es niemandem gezeigt. Aber woher sollte ich wissen, dass die gleichen Bilder nicht auch an meine Kollegen gegangen sind? Die Gefahr war viel zu groß, als dass ich es hätte darauf ankommen lassen können. Und das weißt du ganz genau.«
In dem Punkt hat er leider recht. Sollte es weitere Briefe mit Kopien der Fotos geben, die irgendwer gegen mich verwenden könnte, hätte Whitmore mit meiner Ernennung das gesamte Unternehmen gefährdet. Denn dann wäre die Hölle losgebrochen. So halten alle, die davon wissen, den Mund, vertuschen die Sache bestmöglich und machen weiter, als wäre nichts geschehen.
Seine Entscheidung war richtig. Strategisch gesehen.
Menschlich jedoch ein Desaster. Denn er hat klar Stellung gegen mich bezogen. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich es in seiner Position genauso gemacht hätte. Das Risiko ist um ein Vielfaches größer, als an einem verbrannten Kandidaten festzuhalten. So sind die Regeln. Diesmal bin ich dummerweise das Opfer und das ist ein verdammtes Novum.
Whitmore scheint in meinem Gesicht ablesen zu können, dass ich aufgegeben habe. Dass ich verstehe, warum er es getan hat. Mit einem resignierten Seufzer schneidet er eine Grimasse. »Junge, du weißt, dass ich dich schätze. Und scheiße, ich bin mir fast sicher, dass du die Wahrheit gesagt hast und das alles«, er deutet auf die Bilder, »ein geschickter Schachzug eines Widersachers ist.« Mit einem traurigen Lächeln schüttelt er den Kopf. »Aber du weißt auch, dass mir die Hände gebunden waren.«
Er hat recht. Ich weiß es. Und das macht die Sache noch viel erbärmlicher, als sie ohnehin ist.
Cedric Bertrand, leuchtendes Vorbild in der Firma und Vorzeigekandidat für den Vorstandsposten verglüht in einem Skandal, der alles infrage stellen würde, wofür er jahrelang geschuftet hat.
Schlagartig wird mir bewusst, dass ich mich wie ein idiotischer Anfänger von meiner Konkurrenz habe ausbooten lassen. Ich habe es nicht kommen sehen, weil ich zu selbstsicher und überheblich war und dachte, ich hätte bereits gewonnen. Scheiße, ich habe die eine goldene Regel missachtet: Du hast erst gewonnen, wenn du über die Ziellinie gekommen bist – und dafür bin ich gefickt worden.
Ich bin raus!
»Du solltest dir eine Auszeit nehmen. Mach Urlaub, fahr ein paar Wochen weg. Bis Gras über die Sache gewachsen ist und wir ... wir eine Lösung für dich gefunden haben«, schlägt Whitmore vor.
Es ist kein Vorschlag, sondern eine Aufforderung. Er will mich aus der Schusslinie haben, will womöglich der Sache auf den Grund gehen. Trotzdem fühlt es sich wie ein Tritt in die Eier an.
»Wie lange?«
Prüfend sieht er zu mir. »Drei Wochen. Vielleicht vier.«
Scheiße!
»Verstehe. Und dann?«
»Dann sehen wir, wie sich die Situation bis dahin entwickelt hat.«
Bedeutet im Klartext: Ich brauche schleunigst eine berufliche Alternative.
»Das war es also?« Ich klinge genauso angepisst, wie es sich anfühlt.
»Erstmal ja.«
Ich werfe ihm einen vernichtenden Blick zu, das Einzige, das ich im Köcher habe, nicke kurz und stapfe zur Tür.
»Cedric?« An der Tür verharre ich, ohne mich zu ihm umzudrehen. »Keine Eskapaden, keine Partys, nichts, was die Verleumdungen nähren könnten.«
»Natürlich nicht«, presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, reiße die Tür auf und rausche zurück in mein Büro. Meiner Assistentin übertrage ich sämtliche Befugnisse hinsichtlich meiner Aufgaben und der anstehenden Termine, und als sie mich fragend ansieht, teile ich ihr nur mit, dass ich erst im November wiederkommen werde.
Etwas verwirrt notiert sie sich all meine Anmerkungen und die offenen Punkte in einigen Projekten, die sie sicher lösen wird. Sie ist eine clevere junge Frau, die mit Ehrgeiz und Engagement bei der Sache ist und diese Chance nicht ausschlagen wird. Jetzt kann sie beweisen, wie gut sie wirklich ist. Eine beruhigende Gewissheit.
Um nicht länger als unbedingt nötig, den angebrochenen Vormittag verstreichen zu lassen, packe ich zusammen, verabschiede mich von meiner Sekretärin, die geschockt alle anstehenden Termine auf meine Assistentin umbucht und verlasse stolz erhobenen Hauptes die Firma.
Der Zweifel, ob ich nach den vier Wochen hier noch ein Büro habe oder gleich die Kündigung erhalte, schleicht sich mir in den Kopf, doch damit werde ich mich beschäftigen, wenn es so weit ist.