SHATTERED - Save my soul (Shattered - Reihe 3) - Grace C. Node - E-Book

SHATTERED - Save my soul (Shattered - Reihe 3) E-Book

Grace C. Node

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Beschreibung

Band 1, 2 und 3 können unabhängig voneinander gelesen werden! Verbotene Früchte schmecken am besten! Nie wieder einem Mann vertrauen. Das ist das unumstößliche Motto des gefallenen Londoner IT-Girls Erin Steel. Wäre da nicht die dunkle Sehnsucht nach Anerkennung und Bewunderung, nach der sie sich schmerzlich verzehrt. Aber ein gebranntes Kind scheut das Feuer und so beißt sie jeden Kerl in ihrer Umgebung konsequent weg. Und hinter der distanzierten Maske der Diva verbirgt sie ihre glühende Leidenschaft. Genau diese Art von Herausforderung stachelt den Jagdtrieb des renommierten Staranwalts und bekennenden Playboys Wade Lamar an. Aber auch er hat mit seinen eigenen finsteren Dämonen zu kämpfen. Eine bittere Schuld lastet lebenslang auf ihm, die er geschworen hat für immer zu sühnen. Trotz eisernen Willens kann er sich dem Zauber der unnahbaren Diva jedoch nicht entziehen und hey, er ist auch nur ein Kerl mit einem unstillbaren Verlangen nach dunklen Sünden. Nur ein Mal von der verbotenen Frucht kosten … nur ein Mal. Aber wenn die Leidenschaft erstmal lichterloh brennt, ist Widerstand zwecklos …

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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SHATTERED

SAVE MY SOUL

GRACE C. NODE

INHALT

Vorwort

Die Zeit davor…

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Die Zeit danach…

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Epilog

Danksagung

Leseprobe Band 1

Leseprobe Band 1

SHATTERED – Hold me tight

SHATTERED – Keep my heart

Über Grace C. Node

© 2022 Alle Rechte vorbehalten, Heartcraft-Verlag

Landwiese 21, 35085 Ebsdorfergrund

Text: Grace C. Node

Gestaltung: Heartcraft Verlag

Bildlizenzen:

Natalie Hof – stock.adobe.com

VORWORT

»Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er seinen Kopf verliert.«

[Friedrich Nietzsche]

PROLOG

»Unsere zivilisierte Welt ist nur eine große Maskerade.«

[Arthur Schopenhauer]

Grell blendeten die Scheinwerfer, barsch wurden Anweisungen gebellt und das alles in einem eiskalten, zugigen Atelier, in dem das Shooting stattfand. Zwei Stunden wurde ich in Pose gerückt, abgepudert, abgelichtet, ausgeleuchtet, aus- und neu angezogen und ließ mir die elendige Müdigkeit nicht anmerken, denn ich war bereits seit vier Uhr morgens auf den Beinen.

Den Job hatte mir mein Booker Jeff Holland besorgt, ein heißer Typ, der mit mir flirtete, wann immer wir uns über den Weg liefen, und ich genoss seine Aufmerksamkeit sehr. Typischer Bad Boy: groß, breitschultrig, tätowierte muskulöse Arme und ein wahnsinnig sexy Lächeln. Mit seiner Bad-Hair-Day-Frisur, bei der ihm einige Strähnen ungewollt ins Gesicht fielen, sah er zum Anbeißen aus, und wenn er mich wie zufällig berührte, durchzuckte mich jedes Mal ein sehnsüchtiges Kribbeln.

Meine Agentur sagte mir eine steile Karriere voraus und die ersten Jobs liefen vielversprechend. Dieser hier war für ein US-amerikanisches Unterwäschelabel, das mich unbedingt haben wollte. Die Fotos waren Teil einer großangelegten Werbekampagne – mein erster bedeutender Schritt in der Modewelt.

Als endlich gegen Mittag alle Bilder im Kasten waren und ich erleichtert, aber hundemüde in bequeme Klamotten schlüpfte, hörte ich im Nebenraum Jeffs Stimme und mein Herz machte einen Satz.

Ob er wegen mir hier ist?

Tatsächlich wartete er auf mich und mit einem verliebten Grinsen im Gesicht ließ ich mich von ihm zu einem Salat einladen. Es war der Tag, an dem er mich vor meiner Haustür das erste Mal küsste. Ich war verloren!

Die nächsten Monate zogen wie in einem schrägen Film an mir vorbei. Unzählige Shootings, Interviews und Werbedrehs reihten sich aneinander und die Unterwäschekampagne katapultierte mich praktisch über Nacht in den Model-Olymp. Jeder wollte mich. Alle waren begeistert.

Jeff umschwärmte mich, wir feierten den Beginn meiner Karriere auf verrückten Partys, mit Champagner und Leuten, die ich nicht kannte – es war berauschend. Aufgeheizt vom Adrenalin und dem Alkohol wurde ich mutig und wir landeten im Bett. O Mann, das war eine heiße und irre Nacht.

Aus einer wurden mehrere Nächte, in denen er mir das Hirn aus dem Leib vögelte, und ich schwebte auf Wolke sieben. Wir fingen eine Affäre an – eine wirklich sehr heiße Affäre. Wir vögelten bei jeder sich bietenden Gelegenheit, er ließ nie einen Zweifel daran, wie sehr er mich wollte und dass er mir verfallen war – genau wie ich ihm.

Ein paar Monate später zogen wir zusammen und er erzählte mir von seinen Kontakten nach Hollywood. Ich war begeistert. Ich war verliebt, nein, ich LIEBTE diesen Mann, der mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen schien und mich auf Händen trug.

Wie leicht ich mich habe blenden lassen.

Das Flirten mit den Kundinnen gehöre zum Geschäft, schließlich seien wir auf die Aufträge angewiesen, erklärte er mir, als ich wütend fragte, warum er so offensichtlich mit den Weibern schäkerte. Natürlich.

Wie naiv und wie blauäugig ich doch war.

Aber Liebe macht einen blind, und das verschlingende Gefühl, geliebt zu werden, beherrschte mich vollends. Ein Freibrief für einen bösen Jungen wie Jeff.

Jeder sagte mir, er sei ein Casanova, habe ein Drogenproblem, würde über seine Verhältnisse leben. Ich ignorierte es.

Denn ich wollte nicht sehen, was längst offensichtlich war. Termine wurden gemacht, um hinterher als Luftblase zu zerplatzen. Zwei Castings mit vielversprechenden Produzenten endeten in einer Absage, da sich mein Manager, zu dem ich Jeff schlussendlich auserkoren hatte, nicht mehr gemeldet habe und offenkundig kein Interesse unsererseits mehr bestünde.

Er besorgte mir Shootings, die auf Grund meiner Bekanntheit gutes Geld einbrachten. Meinen Fragen, warum es in Hollywood nicht weiterging, entgegnete er, es sei ein hart umkämpfter Markt und ich habe noch viel zu lernen, sollte seiner Erfahrung vertrauen – zu gerne tat ich das. Gab die Verantwortung ab. Auch wenn einiges schieflief, war ich im Gespräch, lächelte in TV-Spots und posierte auf Plakatwänden in Bademoden. Jeff kümmerte sich um alles und ich war zu gierig nach seiner Aufmerksamkeit, als dass ich irgendetwas in Frage stellte.

Ich war viel unterwegs und bemerkte nicht, wie wenig er eigentlich daheim war. Wenn ich eine Woche in London war, kam er erst mitten in der Nacht heim. Termine mit Fotografen, Werbeagenturen und TV-Leuten erklärte er. Die Lippenstiftflecken seien nur durch eine betrunkene Bookerin zustande gekommen – er war nur höflich und habe sie ins Taxi gesetzt. Zufall.

Wenn wir zusammen waren, wirkte er oft seltsam aufgekratzt oder starrte vor sich hin, ohne mich wahrzunehmen. Dann wieder reagierte er wie ein tollwütiger Hund, wenn ich ihn zu den abgesagten Terminen befragte. Er sei in seiner Ehre gekränkt. Ich fühlte mich schuldig. Schließlich tat er das alles für mich. Ich bat um Verzeihung.

Zweifel krochen mit den Stimmen meiner Freunde und Familie hoch, doch ein Blick in Jeffs markantes Gesicht und ein sexy Lächeln von ihm warfen all die Sorgen über Bord – er wolle heiraten. Ich wähnte mich im Himmel. Allen Warnungen zum Trotz zog ich es durch, hatte das schönste Kleid, war die hübscheste Braut aller Zeiten, die Presse war begeistert, alle waren da.

Nur Jeff nicht.

Eine Stunde wartete ich stur in dem kleinen, eiskalten Zimmer, das dem Priester als Büro diente, ignorierte den bitteren Schmerz der Erkenntnis, der sich säureartig durch mein Herz fraß und mir glühend die Kehle zuschnürte. Meine Mutter beendete die groteske Show, schickte alle nach Hause, gab ein kurzes Statement an die Presse, die sich auf die Story vom sitzengelassenen Engel des Modehimmels stürzten wie die Schmeißfliegen auf einen frischen Scheißhaufen.

Die Fotos von mir, als ich mit versteinerter Miene, umringt von meiner Familie, die Kirche verließ, gedemütigt, vorgeführt und bloßgestellt, waren wochenlang Thema Nummer eins in allen Klatschblättern rund um den Globus. Damit nicht genug, waren meine Konten leergeräumt, mein Schmuck weg und von Jeff hörte man gerüchteweise, er sei mit einem drittklassigen Pornosternchen in Goa gesichtet worden, tagelang stoned und nicht ansprechbar.

An diesem Punkt war das Einzige, das mich vor dem totalen Zusammenbruch bewahrte, meine eiserne Disziplin und mein grandioses schauspielerisches Talent. O ja, dafür hätte ich auf jeden Fall den Oscar bekommen, denn ich spielte die Rolle meines Lebens. So perfekt war sie, dass selbst meine Familie nach einem Jahr glaubte, ich sei über das Drama hinweg.

Wir alle tragen Masken und verstecken unser schäbiges Selbst hinter glitzernden Fassaden, um die Welt glauben zu lassen, wie großartig es uns allen geht.

Verlogene, trügerische Scheinwelt.

Niemand ist authentisch, denn keiner will die traurige, hässliche Wahrheit sehen, das Elend, das hinter den schillernden Masken zähneklappernd ein kümmerliches Bild abgibt, denn das ist wenig erstrebenswert.

Ich bin die Königin der Fassade, die Meisterin der Maskerade und ohne jeden Zweifel die größte Betrügerin im Haifischbecken aus Beautyqueens und Schaumschlägern. Verschanzt in meinen vier Wänden löschte ich alle Social-Media-Accounts, wurde unsichtbar für die Außenwelt und das ehemals gefeierte It-Girl verschwand spurlos von der Bildfläche. Die bitteren Presseheadlines rissen geifernd immer wieder die hässliche Wunde auf, ließen sie eitern und schwelen, damit ich nur ja nie vergaß, wie dumm und naiv ich doch war.

Aus Wut wurde Trauer, aus Trauer Hass und aus Hass Gleichgültigkeit. Ich wurde mir selbst gleichgültig, entzog mich allem und jedem, um nicht mehr wahrgenommen zu werden. Wochen, Monate, Jahre.

Einsamkeit formt einen zu etwas Scharfkantigem, etwas unausweichlich Schrägem. Eine weitere Schutzschicht um meine vernarbte Seele, die den kläglichen Rest meines zerbrochenen Herzens mit sich herumschleppt, anstatt ihn endlich zu entsorgen, wie es sich für Abfall gehört. Nun ja, sentimentale Erinnerungen an ein schillernd glühendes Herz wärmen einen in der eisigen Einsamkeit schon mal, also was soll’s.

Warum ich das erzähle?

Tja, genau diese Fähigkeit rettete meiner Schwester Elona und mir unsere Firma, als ein Trio aus – zugegeben äußerst attraktiven unanständig gutaussehenden – Sanierern dieses kaufen und zerschlagen wollten. Wir verhinderten es erfolgreich. Vorerst jedenfalls.

Im Vorspielen von falschen geheuchelten Tatsachen bin ich sogar so gut, dass ich mich selbst an der Nase herumführe, denn die damals erblühte Schwäche für böse Jungs ist bedauerlicherweise ungebrochen. Nur versuche ich mir seit Jahren einzureden, dass ich von diesem Typ Mann ein für alle Mal geheilt bin. Lüge!

Der Panzer aus Unnahbarkeit und Verachtung hat mich vor so mancher Dummheit bewahrt, denn niemand traut sich an mich heran. Kein Kerl wagt es, über die höflichen Floskeln hinaus mit mir ein Gespräch zu beginnen, geschweige denn mich anzusehen, es sei denn aus bewundernder Distanz.

Bis auf IHN.

Für ihn scheinen meine Schutzschilde und Abwehrmechanismen nicht zu existieren. Er ignoriert sie schlichtweg, als habe es sie nie gegeben. Er ist unverschämt, arrogant, ein widerlich gutaussehender Draufgänger, der meine bereinigte Sucht nach Bad Boys mit einem Fingerschnippen entzündete wie ein Streichholz den Kanister Benzin.

Aber das werde ich nicht zulassen, auf keinen Fall. Dazu bin ich zu weit gekommen, habe zu viel ertragen und mir geschworen, nie wieder einen Mann an mich heranzulassen, geschweige denn einem zu vertrauen.

Und doch verzehre ich mich hinter meiner perfekten Fassade aus hoheitsvoller Distanz danach, mit IHM in Flammen aufzugehen …

PROLOG

»Man kann die Wunden anderer nur heilen, wenn man selbst welche hat.«

[C. G. Jung]

Würde ich es anders machen, wenn ich könnte? Scheiße, ja.

Die zuckersüße Verführung hatte mich in ihren klebrigen Fängen und ich rannte blind auf das Unvermeidliche zu. Sie wickelte mich um den Finger, ihre Küsse so heiß, mit dem Versprechen auf einen unanständigen Höhenflug. Kopflos stürzte ich mich hinein, bin zu ihr geeilt, habe mich in ihr verloren – habe den Kopf verloren.

Zeit – was gäbe ich, um sie zurückzudrehen und alles ungeschehen zu machen?

Wenn dir deine eigene Lust zum Verhängnis wird, sie der Auslöser einer unumkehrbaren Katastrophe ist, wird sie nur noch als bittere Sünde empfunden. Und, bei Gott, ich habe gesündigt – mehr, als ich jemals büßen könnte.

Seit diesem tragischen Ereignis kasteie ich mich tagtäglich, nehme die Sühne hin, die mit scharfen Peitschenhieben mein kaputtes Herz ohne Unterlass aufbricht, mich fühlen lässt, wie unwürdig ich bin.

Meine Lektion war einfach: Du bist nicht gut genug!

Vater war in seiner Wortwahl präzise wie ein Skalpell und so bitter wie Galle, denn in seinen Augen war ich ein Fehltritt. Durch meine bloße Existenz war er an Mum gebunden, und als sie ein weiteres Mal schwanger war – mit April –, rastete er aus. Es war keine glückliche Ehe, doch Mum bescherte uns Kindern in jeder noch so düsteren Stunde ein Lächeln, wenn sie mit Zitronenkuchen in unserem Zimmer stand und uns den Kakao mit einer Prise Zimt servierte. Ihre Liebe war es, die mich all die Jahre davor bewahrte, mich gegen die Verbalattacken meines Vaters zur Wehr zu setzen. Sie war mein Anker – doch viel zu früh ging sie von uns und hinterließ einen klaffenden Riss in meiner Welt. April war nun die Einzige, die mit ihrer warmen Sanftmut ein halbwegs erträgliches Klima schaffte, wenn wir zu dritt am Tisch saßen, was glücklicherweise nicht häufig vorkam. In ihrer Gegenwart benahm er sich mir gegenüber nicht wie ein beschissenes Arschloch. Meistens jedenfalls.

Erstaunlicherweise war er vom ersten Tag an vernarrt in April. Sie sah seiner Mutter so ähnlich. Die aristokratische blasse Schönheit. Sie war seine Prinzessin. Mum war die nicht gewollte rassige Schwiegertochter, die aus niederen Kreisen stammte und nicht in die feine Gesellschaft der Lamars passte. Eine Affäre, eine schnelle Nummer. Mein Vater hatte sie nur geheiratet, weil sie unglücklicherweise schwanger geworden war und sein Ehrenkodex des biederen, englischen Gentlemans es gebot, für den zukünftigen Spross zu sorgen. Aber ich war weder gewollt, noch bemühte er sich um mich. Denn ich war lediglich der Fehltritt. Ein beschissener Makel.

Mit den Jahren ging es mir am Arsch vorbei, denn ich wusste sehr früh, was ich im Leben erreichen wollte, und das zielte darauf ab, in jeglicher Hinsicht besser zu sein als er. Denn für ihn war nie etwas gut genug. Ob es die Zeugnisse waren, die Sport-Medaillen, oder das Jurastudium mit Auszeichnung – alles, was ich erreichte, war mangelhaft.

Erstaunlich. Bis heute hat er dieses Bild von mir: unwürdig und zu guter Letzt derjenige, der seine Prinzessin zerstörte.

Letzteres wird mich bis ins Grab verfolgen, auch wenn April mir seit jeher versucht, genau das auszureden. Von allen hätte sie am ehesten das Recht, mich zu verurteilen, doch das genaue Gegenteil ist der Fall. Sie will mich vor meinem Selbstzerstörungstrip retten. Vergebene Liebesmühe.

Ich bin schuld an ihrem Zustand, habe ihn verursacht, weil ich einer Frau verfallen war, mit wehenden Fahnen zu ihr fuhr und die Zeit vergaß – meine Schwester vergaß.

Der Anruf erwischte mich eiskalt und ich kann bis heute den ekligen Geschmack von Galle im Mund schmecken, wenn ich dran zurückdenke, wie mein Vater mich anrief und mir mit todeskalter Stimme den Boden unter den Füßen wegriss. Ich habe sie im Stich gelassen, weil ich mit einem Mädchen im Bett war. Weil ich gevögelt habe, anstatt meine kleine Schwester wie versprochen abzuholen.

Ein Unfall.

Der Fahrer hatte sie im strömenden Regen übersehen, als sie zu Fuß nach Hause ging. Unwiederbringlich zerstört – gebrochener Rückenwirbel, Schädigung der Nerven, keine Chance auf Heilung.

Noch nie im Leben hatte ich mich derart mies gefühlt. Ein Gefühl, als würde ich ersticken, erdrückt von der Last der Schuld, und ich würde alles dafür tun, um es ungeschehen zu machen. Ich würde sofort mit ihrem Schicksal tauschen, damit sie wieder laufen, ein unbeschwertes Leben führen und wieder reiten gehen könnte – sie hat es so geliebt.

Im Krankenhaus entbrannte ein fürchterlicher Streit mit meinem Erzeuger, der mich hinauswarf, mir den Kontakt zu April untersagte und mir sogar damit drohte, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, sollte ich es wagen, ihr jemals wieder zu nahe zu kommen. Die Presse liebt die Story und ich – ich zerbrach innerlich an meinem eigenen schäbigen Versagen. Bis heute reden er und ich kein Wort miteinander.

Damals war ich siebzehn und April erst fünfzehn. Ein blonder Engel mit einem strahlenden Lächeln und den hübschesten Grübchen, die ich je gesehen habe.

Ich habe ihr die Flügel herausgerissen.

Sie versucht, mir den Schmerz zu nehmen, wenn wir uns sehen, und ist eine so lebensbejahende und strahlende junge Frau, dass es mich beschämt. Denn ich habe mit damals nie abschließen können. Bin in eine Welt abgetaucht, die außer Geld, Macht, Erfolg und Sex nichts zulässt. Keine Verantwortung für einen anderen Menschen, nur den Moment, der geplant und fixiert ist. Meine einzige und volle Fürsorge gilt April. Ihr gilt meine ganze Aufmerksamkeit und für sie würde ich die Welt aus den Angeln heben. Nur für sie.

Meine erste Liebschaft und das Bedürfnis nach der glühenden Leidenschaft einer Frau rissen April ins Verderben. Das wird nie wieder passieren.

Seitdem gönne ich mir nur unverbindlichen Spaß, suche das schnelle Vergnügen zwischen den Schenkeln gesichtsloser Frauen. Hole mir die kurze Befriedigung des Urtriebes, der in mir wütet, an seinen Käfigtüren rüttelt, aber ich lasse nicht zu, mir die Freiheit zu gönnen, mich auf etwas Emotionales einzulassen. Daraus entsteht nur Schmerz, Leid und Schuld. Lebenslange Schuld!

Mit der perfekten Maske des charmanten Draufgängers und Muschiflüsterers bin ich bisher gut durch den gesellschaftlichen Dschungel aus Neid, Missgunst, Überheblichkeit und Fassade gekommen. All die stumpfsinnigen Geister, die nichts als ihr trübsinniges Dasein fristen, habe ich durchschaut, führe sie vor mir her und lasse sie Männchen machen. Ich bin ein Arschloch, wenn es um meine Ziele und die unserer Firma geht. Ich gewinne jede Schlacht und bin gewiefter im Taktieren als alle anderen – denn ich habe Erfolg im Blut und zu meiner ureigenen Lebensaufgabe erkoren.

Meinen Erzeuger habe ich bereits überholt, was den steilen Karriereaufstieg und den jährlichen Verdienst betrifft. Eine Genugtuung, denn als ich ihm das schwarz auf weiß gezeigt habe, wurde sein Gesicht aschfahl und sein verkniffener Gesichtsausdruck grub tiefe Furchen in seine eisige Miene. Es ist nie genug. Das hat er mir zeitlebens eingetrichtert und ich bin daran gewachsen, mutierte zu einem unersättlichen Monster, das vor nichts Halt macht, um zu bekommen, was es will.

Und ich will ALLES!

Es betäubt meinen Schmerz und lenkt mich von meiner Schuld ab. Für den Augenblick des Triumphes zumindest. Bis der nagende Seelenwächter sein schartiges, rostiges Messer mahnend zwischen meine Rippen stößt und ich ins Dunkel falle.

Mein Ruf eilt mir voraus, ich reiße Frauen auf, ficke mit ihnen und bin danach schneller weg, als sie mir für die Nacht danken können. Den Dämonen der Vergangenheit begegne ich lieber allein. Die Maskerade des charmanten, unbedarften Sunnyboys muss aufrechterhalten werden – um jeden Preis. Eine schillernde Fassade, die gleißend im Sonnenlicht von Ruhm und Macht zeugt.

Hätte ich geahnt, dass SIE all das niederreißt, wäre ich in Deckung gegangen. Aber ich lief beherzt in mein Verderben, wollte ihren Schutzschild aufbrechen, den sie so sorgsam um sich aufgebaut hat. Denn darin bin ich richtig gut.

Ich werde sie einnehmen und dann hinter die hübsche Maske auf die bemitleidenswerte Kreatur dahinter blicken, um befriedigt festzustellen, wie wenig von der glitzernden Show übrigbleibt, damit ich mich ein wenig besser fühlen kann.

Allerdings weckt SIE irritierenderweise den betäubten Teil meiner Seele, unterzieht mein erstarrtes Herz einem Elektroschock und ich kann nur sprachlos zusehen, wie sich alles verändert.

1

Mein Ego ist angefixt. Der Deal mit Steel Leather Manufacture ist wirklich das Sahnestück, wie Tash es gerne betitelt, und beim Gedanken an die Kohle, die wir damit einfahren werden, hebt sich augenblicklich meine Stimmung. Davon könnte ich fast einen Ständer kriegen, aber das wäre zu obszön für zehn Uhr vormittags im Büro.

Unser Kerngeschäft ist das Aufkaufen maroder Firmen, um sie danach entweder häppchenweise zu Geld zu machen und mit den Grundstücken wie den Immobilien nach ein wenig kosmetischer Aufhübschung eine ordentliche Stange Kohle zu verdienen, oder aber sie zu behalten und darauf etwas gänzlich Neues aufzubauen, um es gewinnbringend zu verhökern. Damit haben meine beiden besten Freunde und ich in den vergangenen Jahren jeder ein stattliches Vermögen angehäuft.

Ein Grundstück mitten in London City zu ergattern, ist praktisch unmöglich, doch als uns vor einiger Zeit ein anonymer Tipp ins Haus geflattert war, dass die Firma Steel zum Verkauf stünde, waren wir alle sofort Feuer und Flamme gewesen.

Allerdings erfuhr die Euphorie einen herben Dämpfer, wenn ich an die höchst eindrückliche Begegnung beim ersten Treffen mit dem Schwesternduo zurückdenke – insbesondere an die langbeinige und atemberaubende Schönheit namens Erin, die mit Brillanz den unverrückbaren Standpunkt der beiden verdeutlicht hat: Sie verkaufen nicht.

Was zum Henker war da los?

Die Informationen waren so eindeutig, die Zahlen standen auf Dunkelrot und trotzdem bekamen wir diese Klatsche verpasst. Ich bin nicht gut im Umgang mit Niederlagen, da ich für gewöhnlich auf der Gewinnerseite stehe. Als sie jedoch anmutig das Kinn reckte, uns aus großen, tiefgründig dreinblickenden, brauen Rehaugen musterte und dann mit sinnlicher Stimme mitteilte, das Unternehmen sei nicht zu verkaufen, war ich so perplex, dass ich keinerlei Erwiderungen parat hatte. Erst, nachdem uns ihr Rechtsbeistand, Sir Malcom Cliffort, ein höchst ernstzunehmender Gegner und juristische Koryphäe, dezent darauf hingewiesen hatte, er werde unsere Spielchen mit allen Mitteln bekämpfen, packte mich das anwaltliche Ehrgefühl. Auch ihm würde ich, ohne mit der Wimper zu zucken, die Stirn bieten. Wir sind die Platzhirsche in unserem Geschäft und das letzte Wort ist noch lange nicht gesprochen. Da alle im Raum über die prekäre Lage des Unternehmens wussten, konnte ich mich auf den einzig wunden Punkt fokussieren: die Reputation der Steels.

Eine miese Nummer, aber so läuft das nun mal bei uns.

Die darauffolgende kurze, aber autoritäre Ansprache von Erin Steel löste den Jagdinstinkt in mir aus. Sie hatte etwas von der undurchdringlichen Aura einer Diva, an der jegliche Argumente abperlen wie Wasser an einer Teflon Beschichtung und die mit einem gezielten Blick ganze Nationen zum Einsturz bringen könnte. Ja, diese Frau ist außergewöhnlich und schwebt in einer völlig anderen Atmosphäre als der kümmerliche Rest der weiblichen Bevölkerung.

Schlagartig meldet sich mein Schwanz zu Wort und giert danach, herauszufinden, ob alles an ihr so delikat ist wie das unwirklich schöne ebenmäßige Gesicht, dessen perfekte Proportionen einem den Atem rauben. Und den Verstand. Und …

»Hey, Mann, gibt’s was Neues von der Steel-Front?« Erschrocken zucke ich zusammen, als hätte Tash mich aus einem Traum aufgeschreckt.

Nicht gut!

»Äh, ja. Sie treffen sich mit einer Reihe von Bankern in den kommenden Tagen. Ich weiß zwar noch nicht genau, welche davon wir kennen, aber das finde ich schon noch raus.«

»Geht es dir gut?«, hakt er nach und mustert mich argwöhnisch.

»Ja, klar … ich hatte nur viel um die Ohren«, wiegele ich seine Frage ab, fahre mir mit der Hand durchs Haar und setze mein typisches Aufschneidergrinsen auf.

»Ist dieser Anwalt wirklich so gut?«, fragt Tash vorsichtig, denn er kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich mich eher vor einen Zug schmeißen würde, als zuzugeben, dass ich Schiss vor einem Gegner habe. Erbost funkele ich ihn angriffslustig an.

»Den alten Sack stecke ich locker in die Tasche. Kümmere du dich lieber um den nächsten Termin«, schieße ich zurück und er grinst mich schief an, um dann aus dem Büro zu rauschen.

Missmutig darüber, mein Visier geöffnet zu haben, trommele ich mit den Fingern auf der Schreibtischunterlage herum, unschlüssig, wie ich am besten herausfinde, was bei den Steels abgeht.

Gedankenverloren flippe ich durch das Telefonverzeichnis und stolpere über unseren höchst effizienten und äußerst diskreten Privatermittler, Rupert Hastings, dessen Arbeit ich in meinen Studienzeiten bereits schätzen gelernt habe. Er hat uns viele wertvolle Details und Hintergrundinformationen besorgt, die uns so manches Mal den Allerwertesten gerettet haben – woher er die Informationen hat, will ich gar nicht wissen.

»Rupert, hast du Zeit?«

»Klar, was hast du für mich?« Kommt sofort auf den Punkt, ohne lange herumzuschwafeln. Wie immer.

»Besorg mir die Privatadresse einer gewissen Erin Steel und alles, was du zu ihr finden kannst. Jedes Detail kann wichtig sein.«

»Geht klar. Suche ich nach etwas Bestimmtem?«

»Nein, sie ist die Inhaberin eines Unternehmens, das wir aufkaufen werden. Ich will auf alles vorbereitet sein, da das erste Treffen nicht ganz optimal lief.«

»Verstehe. Bis wann brauchst du die Informationen?«

»Freitag diese Woche.«

»Gut, sonst noch was?«

Einen Moment lang zögere ich. Aber als egoistisches Arschloch, das ich nun mal bin, muss ich es einfach wissen. »Finde raus, ob sie liiert ist und wenn ja, mit wem«, erteile ich den viel zu intimen Auftrag, denn es ist unerheblich, wen sie vögelt. Na ja, zumindest für das Geschäft.

»Hmmhm.« Ich kann ihn förmlich grinsen sehen.

Idiot!

»Dann halt dich ran, und danke, Mann.«

»Die Rechnung folgt, Kumpel. So wie immer«, lacht er und legt auf.

Um die Jungs zu informieren, stapfe ich zu Ryan ins Büro.

»Das hatte ich schon verdrängt«, mault dieser genervt, als ich den Kopf zur Tür hereinstecke.

»Was verdrängt?«

»Die Charity-Gala, bei der meine Mutter ihre Fähigkeiten als Londons Kupplerin Nummer 1 demonstrieren will und wir die möglichen Unterstützer der Steel-Mädchen ausfindig machen werden«, erklärt Tash und Ryan verdreht die Augen. Genau wie Tash hasst er diese Muppetshow.

»Oh, also wenn du keinen Bock hast, gehe ich mit Tash«, schlage ich vor. Ryan reißt irritiert die Augen auf und Tash hebt fragend die Augenbrauen.

»Seit wann bist du scharf auf dieses Gruselkabinett?«, hakt er misstrauisch nach, doch meine aalglatte Fassade lässt nichts erahnen.

»Ich wollte mich eh mit den Jungs vom Wirtschaftscampus treffen, dann kann ich das gleich dort erledigen«, zucke ich mit den Schultern und sehe fragend zu Ryan.

»Also ich bin wirklich nicht scharf auf den Zirkus.«

»Gut, dann treffen wir uns Samstag dort«, nicke ich Tash zu, nehme die hochwertige Einladungskarte von Ryan entgegen und bin auch schon wieder verschwunden. Sicher nicht meine beste Idee, aber wo könnte ich schneller mit Erin Steel ins Gespräch kommen als auf einem Ball.

Ich teile Terry, unserer guten Seele und Assistentin, die Beauftragung von Rupert Hastings mit, damit sie eine Akte dazu anlegen kann, und rausche aus dem Büro.

Unvermittelt fahre ich zur Steel Leather Manufacture und halte auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Vollkommen idiotisch, da ich weder weiß, ob Erin Steel im Büro ist, noch, wann sie dort Feierabend macht. Aber ich will wissen, mit wem sie sich von den hiesigen Bankern trifft, wem sie mit ihren betörenden Rehaugen Geld aus der Tasche leiern wird, um ihre Firma zu retten, und ich will verdammt nochmal wissen, ob irgendein Kerl sie abholt. Dient alles unserer Absicherung. Wissen ist Macht und wenn ich weiß, welche Leichen die Leute im Keller haben, verschafft mir das den entscheidenden Vorteil, wenn es ums Ganze geht.

Als hätte es das Schicksal gut mit mir gemeint, taucht sie eine halbe Stunde später auf und geht beschwingt die Straße entlang. Da ich vom Wagen aus nicht hinter ihr herfahren kann, ohne einen peinlichen Auftritt hinzulegen, steige ich aus und folge ihr auf meiner Straßenseite.

Du stalkst eine potentielle Geldquelle – was für ein krankes Arschloch bist du eigentlich, Wade Lamar?

Dafür haben wir unsere Leute. Gute Leute.

Trotzdem rennst du wie ein Idiot hinter ihrem Rockzipfel her, nur um dich an ihrem sinnlichen Gang, ihrer aufrechten Haltung und …

Ach, verdammt noch mal.

Über den innerlichen Diskurs zu meinem irrationalen Verhalten hätte ich fast verpasst, wie sie in einem der Cafés verschwindet. Selten werde ich derart abgelenkt, wenn es um unser Business und damit um meine Kohle geht. Irgendwas an dieser Frau ist derart faszinierend, dass ich mich ihrer Anziehung nur schwer entziehen kann. Höchst merkwürdig, da ich für gewöhnlich meine Spielzeuge aussuche, benutze und entsorge, und nicht über sie nachdenke. Aber Erin Steel ist keins meiner Spielzeuge – noch nicht.

Mit einem Coffee-to-go läuft sie in Richtung der HSBC-Trinkhaus-Filiale und ich mache mir gedanklich eine Notiz, den Vorstand, den wir gut kennen, auf das Treffen anzusprechen. Zwar haben wir keine Gelder dort angelegt, aber wir konnten über dieses Bankhaus schon einige gute Deals ergattern, gegen eine stattliche Provision selbstverständlich, was uns die Augen und Ohren der Bank sichert. Tash findet das höchst alarmierend und hat Ryan unter Androhung der Todesstrafe untersagt, auch nur einen Cent bei HSBC anzulegen. Ich hingegen sehe hier nur die Vorteile für uns. Zeit, einige Gefallen einzufordern. Auf der Gala am Samstag werden die Herren ebenfalls auftauchen, was mir die Gelegenheit gibt, mit ihnen über das Steel-Meeting zu plaudern.

Diese Geldquelle wird versiegen, Miss Steel!

In der Zeit, in der sie in ihrem Termin hockt, gönne ich mir eine gute Tasse Tee in einem Café gegenüber der Bank und erledige meine Korrespondenz sowie einige dringende Telefonate, die im Rahmen der bevorstehenden Übernahme von Steel Leather Manufacture anfallen und beobachte eine Stunde später, wie Erin Steel hoheitsvoll die Treppe des alten Gebäudes herunterschwebt.

Dass mir auffällt, wie elegant sie auf den High Heels mit einem weichen Hüftschwung alle Blicke auf sich zieht, alarmiert mich. Sie ist nur ein Goldfisch, den wir ausnehmen werden. Nichts weiter.

Ihr Weg führt sie zurück in die Firma und ich beschließe, es für heute gut sein zu lassen. Soll sich Rupert um sie kümmern.

Innerlich gärt eine Unruhe in mir, die ich lange nicht mehr verspürt habe. Um den Druck abzubauen, gehe ich trainieren, reiße mein Programm ab und stehe zwei Stunden später mit schmerzenden Muskeln unter der Dusche. Im Kopf bei Erin Steel. Gedankenverloren fasse ich meinen semiharten Schwanz an und stelle mir vor, wie sie mit diesem unschuldig und gleichzeitig verruchten Blick vor mir kniend zu mir aufsieht und ihren Mund öffnet.

Verdammt, sie ist wirklich eine sündhafte Verführung!

Schon bin ich hart und wichse meinen Schwanz wie ein aufgegeilter Teenager mit dem Bild von Erin Steel vor mir. Ich muss dringend ficken. Muss diese Frau aus meinen Gedanken vertreiben. Sie stört meine Konzentration – der Himmel weiß, warum – und ich habe nicht vor, uns wegen einer Pussycatdoll um den Jahrhundertdeal zu bringen.

Keuchend spritze ich ab, im Geist Erin Steels hinreißende Gestalt vor Augen, die zu mir aufsieht, und fluche über meine eigene erbärmliche Schwäche.

Einige Stunden später rufe ich aus dem Auto heraus Eliza an, die Tash und mir bei Bedarf die heißesten Girls der Stadt vermittelt – Escorts, Stripperinnen und willige Ladys, die auf ein schnelles Abenteuer aus sind. Unkompliziert. Sie gibt mir einen Namen und es verspricht, eine heiße Nacht zu werden. Sie kennt meine Vorlieben nur zu gut, und ich atme erleichtert aus, als ich in der Tiefgarage des schicken Lofts parke, in dem sich Elizas Etablissement befindet.

Es wird hart und derb. Aber Crystal, meine heutige Spielgefährtin, weiß, wie sie Männern wie mir den Verstand rauben kann.

Dieser Club dient allen verlorenen, kranken Seelen als Zuflucht, um ihre dunklen Gelüste zu befriedigen und die Dekadenz des Verbotenen zu kosten. Jeder, der hierherkommt, bleibt anonym und es gibt keine lästigen Datingphasen – nur reine Triebbefriedigung. Allerdings in luxuriöser Atmosphäre.

Umgezogen und mit der blutroten Gesichtsmaske, die lediglich die Augen und meine Mundpartie freigibt, stehe ich an der Bar und warte auf Crystal. Wir hatten schon einmal das Vergnügen und ich weiß, dass sie mir die nötige Ablenkung verschaffen wird, die ich so dringend brauche.

Sie kommt langsam in einem hauchdünnen Glitzerkleidchen, das nichts der Phantasie überlässt, auf mich zu. Ihre blondierte Mähne ist zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden und ihre Lippen leuchten knallrot bei ihrem Lächeln.

»Hallo, Ganymed«, begrüßt sie mich mit meinem Decknamen. Ihre leise, verführerische Stimme genieße ich, genauso die Art, wie sie ihre Hände über meine nackte Brust unter dem aufgeknöpften Hemd wandern lässt.

»Wollen wir?« Die innere Anspannung treibt mich zum Handeln und ich ziehe sie mit mir in einen der privaten Räume.

»Du scheinst es eilig zu haben, Ganymed?«, grinst sie mich frech an.

»Hast du damit ein Problem?«, grinse ich zurück, denn für gewöhnlich bin ich für mein Stehvermögen, das ich mir hart antrainiert habe, bekannt und die Ladys fahren voll drauf ab. Auch in diesem Etablissement hat es sich rumgesprochen.

Sie steht so dicht vor mir, dass ich ihre Körperwärme deutlich wahrnehme und sich ihre harten Nippel durch den dünnen Stoff gegen meine nackte Brust drücken.

»Wie hättest du mich denn gerne?«, säuselt sie, ihre Lippen nur eine Handbreite von meinen entfernt.

Regel Nummer eins: Es wird nicht geküsst.

Regel Nummer zwei: Alles findet einvernehmlich statt.

Regel Nummer drei: Keine echten Namen.

Einen Moment betrachte ich ihre grellgrünen Augen – gefärbte Kontaktlinsen – die unter langen künstlichen Wimpern hervorblitzen. Die spitzenbesetzte Maske mehr Zierde, als dass sie ihr Gesicht tatsächlich versteckt. Sie ist recht hübsch, hat gemachte Titten und von Elizas weiß ich, dass sie ihre Muschi hat optimieren lassen. Die Spuren sind bei genauer Begutachtung zu erkennen, so ist es meistens, doch das ist unerheblich. Ich will sie nur ficken, und zwar in den nächsten zwei Stunden mehrmals.

»Auf die Knie, Baby!«, murmele ich und schnurrend wie eine rollige Katze sinkt sie grazil vor mir zu Boden, öffnet meine Hose, um meinen harten Schwanz endlich zu befreien.

Ihre Blowjob-Künste wurden von einigen Herren bereits gelobt und so gebe ich mich ganz der feuchten Wärme ihres Mundes hin.

Verdammt, sie ist wirklich exzellent.

Gekonnt umspielt ihre Zunge die Unterseite meiner Eichel und ich stöhne kehlig auf. Sie saugt ihn tief in ihren Rachen, wobei ich merke, wie der Druck in meinem Unterleib ansteigt.

»Gut so, Baby. Genau so!«

Das Schmatzen und ihr Röcheln, als ich mit einem ungestümen Stoß in ihre Kehle dringe, macht mich an, aber das reicht mir nicht. Grob packe ich ihren Zopf, ziehe sie hoch und dirigiere sie zu dem mit schwarzen Laken bezogenen Bett. Sie versteht instinktiv, was ich will, setzt sich auf die Bettkante, spreizt die Beine und gibt den Blick auf ihre blanke, rosige Pussy frei. Wie ein unschuldiger, zarter Pfirsich präsentiert sie sich mir. Sie glänzt bereits von ihrer Lust.

O ja, das brauche ich jetzt.

Ich stelle mich zwischen ihre Schenkel, während sie sich zurück auf das Bett sinken lässt, und greife mit einer Hand nach ihrer feuchten Mitte.

»Hmmm, du bist ja schon ganz nass«, schmunzele ich und lasse zwei Finger in ihrer Spalte verschwinden. Ihr Stöhnen klingt laut in der Stille des Raumes. Sie windet sich unter mir und ich genieße den Moment der Macht über ihre Lust.

Wie sich wohl Erin Steel anfühlen würde, wenn ich … FUCK, was zur Hölle …?!

Mit dem Bild einer sündig schönen Miss Steel im Kopf ziehe ich die Finger aus Crystal und versuche, dem Kopfkino Herr zu werden, das mit mir davongaloppiert. So war das hier nicht gedacht.

Verstimmt über die Unterbrechung greife ich zu einem Kondom, streife es über und versenke mich tief in Crystals feuchter Pussy. Sie keucht, sie zuckt und will sich selbst anfassen, doch ich schlage ihre Hände weg.

»Ich bin hier der Dompteur, vergiss das nicht!«, fauche ich sie an. Ergeben nickt sie, als ich sie mit langen tiefen Stößen ficke. Das Zucken ihrer Pussy um meinen Schwanz lenkt mich kurz ab und ich schließe zufrieden die Augen.

Dunkelbraune Rehaugen und volle elegant geschwungene Lippen.

Gottverdammt!

Wütend schnaube ich auf, packe Crystal, werfe sie auf den Bauch, und zerre ihren Arsch hoch. Dann bin ich mit einem Stoß wieder in ihr, ficke sie hart und sie schreit genüsslich auf, bevor sie mit einem spitzen Schrei kommt.

Ohne das Abklingen ihres Höhepunktes abzuwarten, ziehe ich mich zurück, packe sie im Nacken und dränge sie zu der Gebetsbank, die vor dem Bett steht. Ihre zarten Handgelenke schnalle ich in die Handschellen, die an der Bank befestigt sind, und zurre ihre Arme in Position. Sie kann sich so kaum bewegen. Ihr atemloses Keuchen ist Musik in meinen Ohren. Einen Moment gönne ich mir, sie so exponiert zu betrachten, den blanken Arsch mit den gespreizten Beinen, die den Blick auf ihre Pussy freigeben.

Wie gerne ich Erin Steel in dieser Position hätte, damit ich sie davon überzeugen kann, ihre verdammte Firma an uns zu verkaufen, während ich ihr den süßen Hintern versohle und ihr lustvolles Stöhnen …

FUCK!

Schon wieder dieses Kopfkino.

Erbost greife ich nach einer der bereitliegenden Gerten und fokussiere mich auf Crystal.

»Zehn, Baby. Heute werden es zehn!«, knurre ich angespannt, denn ich weiß, dass ich heute ein wenig mehr benötige als nur eine willige Muschi. Dazu ist mein Erin-Steel-Kopfkino viel zu präsent und das kotzt mich mächtig an.

Die roten Striemen auf der sonnengebräunten Haut, das gleichsam schmerzhaft wie lustvolle Stöhnen und das erregte Zucken ihrer Pussy sind diesmal nicht annähernd so aufregend wie sonst und ich reiße mich bei den letzten beiden Hieben zusammen, um meine Wut darüber nicht an Crystals Hinterteil auszulassen.

Ihre Pussy glänzt, sie ist maßlos erregt, doch ich … ich bin einfach nur angepisst. Sie kann natürlich nichts für meinen desolaten Gemütszustand und so lächele ich sie aufmunternd an, als ich ihr hochhelfe, während sie mich anstrahlt. Ihr hat es zumindest gefallen.

Da sie noch einen Bonus bekommen soll, deute ich aufs Bett. Mit gierigem Blick krabbelt sie vor mir in dessen Mitte und ich bin schon über ihr, bevor sie die Beine spreizen kann. Schnurrend lässt sie sich nochmal von mir vögeln, und als ich endlich in das Kondom abspritze, verpasse ich ihr damit einen weiteren Höhepunkt, der sie zufrieden seufzen lässt, als sie wieder im Hier und Jetzt angekommen ist.

Der Kick hält bei mir jedoch nicht lange an und ich habe das Bedürfnis, allein zu sein. Untypisch für mich, da ich sonst eher von den Damen gebeten werde, aufzuhören. Nur heute scheint alles verkehrt herum zu sein.

»Ganymed, das war umwerfend. Lust auf eine weitere Runde?«, säuselt sie und will nach mir greifen, doch ich schüttele lächelnd den Kopf.

»Heute nicht, Baby.« Enttäuscht sieht sie mich an. Ich kann ihre Nähe gerade nicht ertragen. Verdammt, ich kann mich selbst kaum ertragen.

»Was ist los mit dir? Es muss etwas ziemlich Bahnbrechendes sein, um dich derart aus der Fassung zu bringen«, überlegt sie laut und sieht mich nachdenklich an.

Ich streiche ihr mit einer unschuldigen Geste über die Wange.

»Zerbrich dir nicht dein hübsches Köpfchen. War nur ein langer Tag«, weiche ich ihrer Frage aus. Sie bleibt einen Moment vor mir stehen, dann verschwindet sie in der angrenzenden Dusche, während ich das Kondom entsorge, mich anziehe und auf sie warte. Dabei grübele ich über die völlig bescheuerte Situation.

Als sich Crystal auf dem Bauch aufs Bett fallen lässt, creme ich vorsichtig die roten Striemen mit einer kühlenden und wundheilenden Salbe ein. Caring nehme ich ernst. Tapfer verkneift sie sich die zischenden Schmerzlaute und gibt sich meiner Pflege hin.

Dass ich heute nicht in Form bin, nagt an meinem Ego und das geht mir auf die Nerven. Mächtig auf die Nerven. Warum ich so auf eine Frau reagiere, die nichts weiter als ein zukünftiger Deal ist, geht mir gegen den Strich.

Crystal bedankt sich mit einem kessen Zwinkern und gemeinsam verlassen wir den Raum. Da ich heute wohl kaum mehr anständig ficken werde, fahre ich mit mieser Stimmung heim. An Schlaf ist eh nicht zu denken, also hocke ich mich mit dem Laptop auf dem Schoß ins Wohnzimmer meines Lofts, das in einer ehemaligen Tuchfabrik entstanden ist, die ich vor fünf Jahren gekauft habe. Ryan hat mich dazu angestiftet – als unser Finanzgenie hat er ein untrügliches Gespür für lohnenswerte Investitionen und mittlerweile ist der Komplex das Doppelte wert, Tendenz steigend. Typisch London. Hier entwickeln sich die Grundstücks- und Immobilienpreise rasant nach oben, denn die Reichen und Schönen wollen alle ein Stück vom Kuchen abhaben.

Die beiden unteren Etagen sind an ein Architektenbüro sowie an ein Modeatelier vermietet, sodass sich die Bude praktisch von selbst refinanziert. Danke, Ryan!

Mit Blick auf die Themse genieße ich die Ruhe und überlege, womit ich als Erstes starte. Der Kaufvertrag sowie die Übernahmeklauseln für Steel sind fertig, die beiden anderen Projektverträge sind in Arbeit bei meinen Mitarbeitern, also …

Miss Steel. Da sie mir gehörig den Tag versaut hat, will ich mehr über sie herausfinden, auch wenn Rupert noch einige Tage Zeit hat. Und so googele ich sie einfach.

Seltsamerweise finde ich nichts außer ein paar sehr alten Familienfotos, die sie mit ihren Eltern bei einer Benefizveranstaltung zeigen. Kein Social-Media-Account, keine aktuellen Fotos oder sonstigen banalen Informationen. Das ist höchst ungewöhnlich, da es praktisch unmöglich ist, nicht irgendwo im World Wide Web registriert und gespeichert zu werden.

Zum wiederholten Male reizt das meinen Jagdinstinkt und ich suche nach der Firma Steel Leather Manufacture. Vielleicht gibt es Querverbindungen.

Enttäuschender Weise bekomme ich auch hier lediglich von Elona Steel ein paar recht hübsche Fotos zu sehen. Ebenso von Mrs. und Mr. Steel senior und eine Menge zur Firma. Aber nichts zu Erin Steel.

Interessant. Was willst du verheimlichen, meine Schöne?

Ihr forsches Auftreten und die hoheitsvolle Aura, die sie bei unserem Treffen umgeben hat, haben etwas aufregend Unnahbares. Sonst liegen mir die Damen zu Füßen und ich bekomme jede in die Kiste. Ja, ich kann mich nicht über einen Mangel an Bettgefährtinnen beklagen, und auf freche, charmante Art komme ich in so ziemlich jedes Höschen.

Erin Steel hingegen scheint immun gegen meine Aufreißerqualitäten zu sein. Ob sie auf Frauen steht? Hm, wäre zumindest eine plausible Erklärung für ihre undurchdringliche Maske aus Ablehnung und Blasiertheit uns gegenüber. Der Gedanke versetzt meiner Libido einen Stich. Wäre zu schade drum. Auf der anderen Seite könnte ich damit die schwanzgesteuerten Fantasien zu ihr auf Eis legen. Obwohl – ein heißer Dreier mit ihr und …

Schluss, aus, ENDE. Das geht in die vollkommen verkehrte Richtung.

Schmunzelnd, mit einem erwachten Lamar-Junior in der Hose, lasse ich den Kopf in den Nacken fallen und schiebe den Laptop vom Schoß. Zumindest jetzt gebe ich mich den verruchten Bildern in meinem kranken Hirn hin, stelle mir vor, es wäre ihre Hand, die mich wichst, und sehe sie vor mir, wie sie mit diesem arroganten, doch lüsternen Blick zu mir aufschaut. So schnell, wie ich bei der Vorstellung abspritze, wie Erin Steel meinen Schwanz zwischen ihren Lippen hat … so schnell schwant mir, dass ich angefixt von ihr bin. Ihre kühle Fassade reizt mich zusehends und ich werde sie knacken – so wie ich jede Muschi knacke.

Egal wie sehr sie sich dagegen wehrt.

Kopfschüttelnd betrachte ich meine mit Sperma eingesaute Hand.

Die Jagdsaison ist eröffnet …

2

Seit einer halben Stunde starre ich Löcher in die Luft. Uns gehen die Optionen aus. Dad ist immer noch verschwunden und Elona völlig verzweifelt. In all dem Chaos der vernichtenden Informationen unserer Zahlungsunfähigkeit sehe ich erstaunlich klar.

Um zumindest die Mitarbeiter bei der Stange zu halten, haben Elona und ich eine Ansprache gehalten. Meine erste, und ich bin immer noch erstaunt, dass es so gut lief. Wir sind dabei, neue Kunden zu akquirieren, um wenigstens an kleine Aufträge zu kommen. Immerhin signalisieren wir den Mitarbeitern damit, dass wir nicht aufgeben. Wie lange wir das allerdings durchhalten, steht in den Sternen, aber ich weigere mich, überhaupt den Verkauf als Option in Betracht zu ziehen. Mums ganzes Herzblut steckt hier drin, und mit Dad zusammen waren sie ein unschlagbar effizientes Team. Bis zum Tag, an dem sie von uns ging. Jetzt müssen wir ihr Vermächtnis bewahren und darum kämpfen. Mum hätte nichts anderes von uns erwartet.

Elona und ich waren uns einig, die Typen von M & B Trading hinzuhalten, um ein wenig Luft holen zu können. Auf der Gala des Wirtschaftscampus wollten wir uns mit solventen Geldgebern treffen, um mit dem guten Ruf unserer Familie zu werben. Denn dass wir dringend Hilfe benötigen, wird jeden Tag deutlicher. Doch das ist ein Spiel auf Zeit. Und just in dem Moment erhielten wir die Zusage von einem ehemaligen Kunden, mit dem wir einen ersten großen Schritt in die richtige Richtung gehen. Henry Miller, Reedereierbe und Playboy, hat uns beauftragt und ich war völlig aus dem Häuschen, als Elona mir aufgeregt davon berichtete. Er ist ein großer Unterstützer und strategisch wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Aasgeier von M & B Trading.

Trotzdem müssen wir diese Kerle loswerden, und das schnell. Und wir sollten uns in die Produktionsthemen einarbeiten. Dad hat ein Gespür für Qualität und ich fand es früher großartig, ihm dabei zuzusehen, wie er die eingetroffenen Tierhäute begutachtete und mir erklärte, worauf es ankomme. Wie sehr ich mich von dem wissbegierigen Mädchen wegentwickelt habe. Neben Elona verblasse ich zu einer stumpfsinnigen Gans, die außer ihrem hübschen Aussehen nichts als schlechte Presse und ein paar sexy Fotos vorzuweisen hat. Meine Schwester hingegen ist blitzgescheit, hatte schon immer den Wunsch, in die Fußstapfen unserer Mutter zu treten, und hat sich aus dem Medienrummel komplett rausgezogen. Kluge Entscheidung.

Ich hingegen war geradezu süchtig nach dem Blitzlichtgewitter, dem Beifall und den bewundernden Blicken. Welch Ironie, dass genau diese Bewunderer mir nach der vernichtenden Niederlage als gefallenes It-Girl und Medienliebling in den Rücken fielen, um mir einen höllischen Spießrutenlauf zu bescheren. Jede Einzelheit wurde festgehalten, ein Bild schlimmer als das vorhergehende. Auf Schritt und Tritt verfolgten sie mich und dokumentierten all meine Fehltritte. Ein grausiges Spiegelbild meiner einstigen Vorzüge.

Es hat uns eine Menge Geld gekostet, all meine Spuren im Netz weitestgehend zu löschen, aber wer genauer hinsieht, wird meine Schande finden – das Netz vergisst nichts. Glücklicherweise habe ich zumindest in der Hinsicht auf Mum gehört und mir als Model und angehende Schauspielerin einen Künstlernamen zugelegt. Unter ihm findet man noch einiges, auch wenn der damalige Hacker sein Bestes gegeben hatte, alle diffamierenden Berichte, Fotos und sonstige Einträge im Netz zu löschen oder zu maskieren. Aber dazu waren es einfach zu viele und irgendwann gab ich mich geschlagen. Zu Erin Steel hingegen gibt es nichts. Ein unbeschriebenes Blatt.

Diese Chance möchte ich nutzen, um mir einen neuen und kompetenten Namen aufzubauen. Egal wie, ich werde mich endlich in die Firma einbringen, die ich so lange ignoriert habe. Der erste Schritt ist, die Katastrophe abzuwenden und an liquide Mittel zu kommen.

Auf der Gala, die wir ursprünglich zu unserem Vorteil nutzen wollten, wurden wir jedoch von dem Trio aus Halsabschneidern vorgeführt und jeden kleinen Strohhalm, den wir auftaten, zündeten sie an.

Wade Lamar, der Anwalt der Truppe, hat sich kurz nach uns mit den Kumars unterhalten und von jetzt auf gleich war das Interesse des indischen Unternehmer-Ehepaares versiegt. Sir Malcom konnte trotz all seines weltgewandten Charmes nichts retten und alle Banken, die uns einen Vertrauensvorschuss zugesagt hatten, zogen ihr Engagement in den letzten Tagen zurück.

Aber auch das daraufhin im nächsten Termin erfolgte höchst attraktive Angebot der drei täuschte nicht über die Tatsache hinweg, dass sie Mums Vermächtnis zerschlagen wollen. Elona muss aufpassen, denn dieser geschniegelte Tash Montgomery versucht, sie um den Finger zu wickeln. Er hat sie mit der Einladung zum Abendessen ordentlich aus der Fassung gebracht, und ich mache mir Sorgen um sie. Auf einen wie ihn darf sie auf keinen Fall hereinfallen. Das kann ich nicht zulassen.

Wir hatten einen fiesen Streit darüber und ja, ich war streng zu ihr. Sie findet diesen Kerl toll, auch wenn sie Stein und Bein schwört, das dem nicht so ist. Mir kann sie nichts vormachen. Ich war so wütend, habe ihr untersagt, zu dem Essen zu gehen – bescheuert, aber im Affekt wusste ich mir nicht anders zu helfen. Dass sie mir erneut meine damalige Verfehlung mit Jeff unter die Nase rieb, hat mich zurück in das eisige Verlies meiner Schuld gestürzt. Nagend und beißend jagten mir der verletzte Stolz und die Schmach durch den Körper und ließen bei mir eine Sicherung durchbrennen – es wurde hässlich.

Verflixt, ich will sie doch nur beschützen.

Sie soll nicht die bitteren Erfahrungen machen, wie ich sie durchleiden musste. Ihr sollte niemals das Herz herausgerissen werden und das öffentlich. Das sollte niemandem passieren! Aber ganz besonders nicht meiner hübschen und unschuldigen Schwester.

Solche Typen, wie diesen Heartbreaker Tash Montgomery, kenne ich zu Genüge. Säuseln dir die schönsten Dinge ins Ohr und ehe du dich versiehst, haben sie dich ausgespuckt und in der nächsten Gosse entsorgt.

Einfach widerlich.

Und als wäre das nicht schon schlimm genug, reizt mich der Anwalt des Trios bis aufs Blut. Arrogant, unverschämt und überheblich stolziert er durchs Leben, darauf aus, alles niederzumähen, was ihm im Weg ist. Er hat den Ruf, niemals vor Gericht oder in einer Verhandlung zu verlieren. Einen Umstand, den ich gedenke zu brechen.

Zu meinem Verdruss sieht dieser Widerling Lamar auch noch verdammt gut aus – ach was, er ist die Ausgeburt der Hölle in einem abartig sexy Körper mit einem verruchten Killerblick und dem atemberaubendsten Lächeln, das ich je gesehen habe. Scheiße, und ich habe einige Elite-Model-Kerle kennengelernt, doch die kommen nicht an Mr. Lamar heran. Er hat wirklich eine außergewöhnliche Kombination aus charmantem Sunnyboy und düsterem Bad Boy an sich, die mich an meine dunkle Schwäche für derartige Typen erinnert.

Wie er mich mit seinen stechend türkisfarbenen, wachsamen Augen angestarrt hat … Puh, ich musste wirklich aufpassen, die Maskerade aus Distanz zu wahren. Jede seiner Bewegungen hatten etwas Elegantes, Fließendes an sich. Mit diesem Blick könnte er unter anderen Umständen mehr von mir bekommen, als ich bereit bin zu geben und das macht mir Angst. Nicht um sonst habe ich mich jahrelang von solchen Männern ferngehalten. Hier und da mal ein stilles, unverbindliches Abenteuer ohne Verpflichtung. Man hat schließlich Bedürfnisse.

Aber auf einen wie Wade Lamar kann ich getrost verzichten. Er bedeutet Ärger und nichts als bitteren Herzschmerz. Auch wenn sein sündiges Lächeln wahre Wonnen in den Laken verspricht, er ist tabu!

Als wir uns auf der Gala über die Füße liefen, blieb mir fast das Herz stehen, denn in dem maßgeschneiderten, dunkelblauen Smoking sah er enorm gut aus und strahlte durch seine außergewöhnliche Erscheinung eine unwirkliche Erhabenheit aus. Mit den hellblonden Haaren, die an den Seiten kurz und im Deckhaar etwas länger waren und ihm verwegen ins Gesicht fielen, sowie den grelltürkisfarbenen Augen, wirkte sein dunkler Teint fast bronzefarben und das strahlende Gewinnerlächeln stellte jede Zahnpasta Werbung in den Schatten. Er ist ein wenig größer als seine beiden Freunde und die meisten anderen Männer im Raum, sodass er nicht zu übersehen war. Viel zu dicht stand er vor mir und ich kam in den Genuss seines extravaganten Eau de Toilette: Gewürznoten, kombiniert mit einem Hauch Birke, hellem Holz und Leder sowie warmem Moschus. Eine durchgeknallt dramatische Kombination, die aber zu seinem speziellen Äußeren passt. Schon wollte ich mich wegdrehen, doch plötzlich lag seine warme Hand auf meinem Oberarm und ich erstarrte – vollkommen bekloppt.

»Erlauben Sie mir die Bemerkung: Sie sehen atemberaubend unanständig in diesem Kleid aus.« Geschockt über die unverfrorenen Worte wollte ich etwas erwidern, aber mein Sprachzentrum hatte sich verabschiedet. Mein Körper reagierte auf höchst alarmierende Weise auf den Sunnyboy und ich könnte mich ohrfeigen, ihm nichts Schlagfertiges an den Kopf geworfen zu haben.

»Auch wenn Sie mit aller Macht versuchen es zu vertuschen, genießen Sie die Aufmerksamkeit aller Männer hier im Saal, inklusive meiner. Ich begnüge mich allerdings nicht mit der Bewunderung aus der Ferne«, raunte er mir ins Ohr und atmete tief ein, jagte mir damit einen Schauer über den Rücken und ich unterdrückte den hingebungsvollen Seufzer, den er mir so entlocken wollte.

Miststück!

Einen Atemzug lang sammelte ich mich und funkelte ihn dann erbost an.

»Sie ungehobelter Widerling. Nehmen Sie sofort ihre dreckigen Finger von mir oder es wird Ihnen leidtun«, zischte ich ihn aufgebracht an, bekam jedoch nur ein anzügliches Grinsen.

---ENDE DER LESEPROBE---