Fear Street 15 - Tödliche Lüge - R.L. Stine - E-Book

Fear Street 15 - Tödliche Lüge E-Book

R.L. Stine

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Beschreibung

Sie taucht wie aus dem Nichts auf. Und sie macht Becka das Leben zur Hölle. Honey verfolgt Becka auf Schritt und Tritt. Sie schleicht sich in ihr Haus, durchwühlt ihr Zimmer und bedroht sie mit einer Pistole. Und sie erzählt allen, sie sei Beckas beste Freundin. Da wird Becka plötzlich bewusst, was Honey wirklich will. Sie will nicht nur Freundschaft, sie will mehr. Sie will Beckas Leben ... Der Horror-Klassiker endlich auch als eBook! Mit dem Grauen in der Fear Street sorgt Bestsellerautor R. L. Stine für ordentlich Gänsehaut und bietet reichlich Grusel-Spaß für Leser ab 12 Jahren. Ab 2021 zeigt Neflix den Klassiker Fear Street als Horrorfilm-Reihe!

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Prolog

Die Zimmertür flog auf. Becka ließ ihr Strickzeug fallen. Lilah fuhr zusammen, und Trish sprang auf.

Allen dreien stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben, als ein Mädchen mit langen kastanienbraunen Haaren aufgeregt ins Zimmer stürzte.

„Becka!“, rief das Mädchen. Sie schlang ihre Arme um Beckas Hals und drückte sie an sich. „Becka! Becka! Ich bin so froh, dich zu sehen!“, quietschte sie.

„Ich kann es nicht glauben!“, rief das Mädchen. „Ich kann es einfach nicht glauben! Becka – du bist es! Du bist es wirklich!“

Becka schnappte nach Luft, ihr fehlten die Worte. „Wer ist dieses Mädchen?“, fragte sie sich.

„Ich habe sie noch nie gesehen!“

1

„Au – hör auf. Du tust mir weh!“

Eric Fraser lockerte seinen Griff um Becka Norwoods Schultern. „Tut mir leid. Das wollte ich nicht.“ Sein Gesicht rötete sich. Er starrte gegen die schneebedeckte Windschutzscheibe.

Becka rutschte von ihm weg, bis ihre Schulter gegen die Autotür stieß. Sie zog den Kragen ihres Mantels zurecht.

„Wieso sitze ich hier bloß und küsse ihn?“, fragte sie sich. „Ich werde mit ihm Schluss machen.“

Noch immer fielen große, feuchte Schneeflocken vom Himmel. Die Autoscheiben waren jetzt vollständig zugedeckt. „Fast wie in einem Iglu“, dachte Becka fröstelnd.

Eric sah sie mit seinen dunklen Augen an, während er sich vorbeugte und seine Hand nach ihr ausstreckte.

Sie hob ihren Arm, um ihn abzuwehren. „Wir müssen reden“, sagte sie mit etwas zu schriller Stimme.

„Reden?“ Aus irgendeinem Grund kicherte er. Becka wurde plötzlich klar, dass sie dieses Kichern hasste. Es platzte immer im falschen Moment aus ihm heraus.

Er legte ihr den Arm um die Schultern und versuchte, sie zu sich heranzuziehen.

„Nein. Im Ernst“, beharrte sie, während sie versuchte, sich unter seinem Arm herauszuwinden.

Eric ließ von ihr ab. „Worüber willst du reden?“

Becka kaute an ihrem Daumen. Das tat sie immer, wenn sie nervös war – eine dumme Angewohnheit.

„Nun mach schon“, befahl sie sich. Sie hatte ein flaues Gefühl im Magen, und ihre Kehle schnürte sich zusammen.

Ihr fiel auf, dass sie in Erics Gegenwart immer nervös war. Seit im September die Schule begonnen hatte, waren sie zusammen. Mehr als drei Monate. Aber irgendwie fühlte sie sich bei ihm nie richtig wohl.

Er war so … so unreif.

Sie hörte auf, an ihrem Daumen zu kauen, und faltete die Hände in ihrem Schoß. „Ich finde, wir müssen reden, über – alles.“ Es war kalt im Auto, sie parkten direkt am Waldrand, der Motor war aus und die Heizung ebenfalls. Sie fröstelte wieder.

Eric verdrehte die Augen. „Warum willst du immer reden?“ Er klang jetzt wütend.

„Warum willst du nie reden?“, fragte sie im Gegenzug. Ihre Stimme zitterte. Ihr Magen krampfte sich noch mehr zusammen.

„Fang bloß nicht an zu weinen“, befahl sie sich selbst und biss sich auf die Unterlippe.

Es war schließlich kein Weltuntergang. Sie machte bloß mit ihm Schluss. Sie waren ja nicht mal besonders lange zusammen gewesen.

Eric wandte sich von ihr ab und umklammerte das Lenkrad. „Was willst du eigentlich von mir?“, fragte er. „Du wolltest doch schließlich hierherkommen.“

„Ich weiß.“

„Also warum willst du jetzt streiten? Ich habe doch gesagt, dass es mir leid tut. Dass ich etwas zu grob war vorhin. Es war ein Versehen.“ Er strich sich mit der Hand sein kurzes braunes Haar glatt.

Beckas Herz hämmerte. Sie rutschte unbehaglich in ihrem Sitz hin und her. Draußen tobte der Wind und trieb immer mehr Schnee gegen die Windschutzscheibe.

„Nicht weinen“, ermahnte sie sich noch einmal. „Bleib cool. Nur dieses eine Mal, bleib cool.“ Becka holte tief Luft.

„Ich denke, wir sollten uns nicht mehr sehen.“ So, nun war es endlich heraus.

„Was?“

Sie wandte sich um und sah seinen erschrockenen Gesichtsausdruck.

„Du hast mich schon verstanden.“

Er kicherte. Wieder dieses scheußliche, unpassende Kichern. Seine Hände fuhren um das Lenkrad herum, immer und immer wieder im Kreis.

„Ich denke, wir sollten uns wieder mehr mit anderen Leuten treffen“, fügte Becka mit brüchiger Stimme hinzu.

Sie musste gegen ihre Tränen ankämpfen.

„Okay“, sagte er. Sein Gesicht erstarrte – er wirkte wie versteinert. „Kein Problem.“

Sie hatte plötzlich das Gefühl, dass sie es ihm erklären musste: „Also, ich finde dich wirklich total nett, Eric, aber …“

Er hob die Hand, um sie zu unterbrechen. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. „Ich habe doch gesagt, kein Problem. Ich fahr dich nach Hause, Becka.“

Er schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch. Dann drehte er den Schlüssel im Zündschloss. Nach kurzem Zögern sprang der Wagen an.

„Er nimmt das ja ziemlich gelassen auf“, dachte Becka, während sie wieder an ihrem Daumen kaute und einfach geradeaus starrte.

„Ich dagegen bin immer das reinste Nervenbündel.“

Wenn doch nur ihr Herz nicht mehr so hämmern würde. Sie fühlte den Puls in ihren Schläfen pochen.

Eric schaltete die Scheibenwischer ein. Sie befreiten die Scheibe von dem leichten Neuschnee, sodass die Schwärze der Nacht in das Innere des Wagens eindrang. Die Scheinwerfer schnitten einen Tunnel durch die Dunkelheit und beleuchteten die großen Flocken, die gleichmäßig vom Himmel fielen.

„Es tut mir leid …“, begann Becka.

„Kein Problem“, wiederholte Eric. Er trat aufs Gaspedal, und der Wagen glitt hinaus auf die schneebedeckte Straße.

„Muss er das immer wieder sagen? Es scheint ihm überhaupt nichts auszumachen“, dachte Becka etwas enttäuscht.

Sie hatte zwar gehofft, dass es einfach sein würde. Aber nicht so einfach.

Sie wollte keinen Streit.

Es schien, als hätten sie seit Wochen nichts anderes getan als zu streiten. Jede Diskussion entwickelte sich zu einer heftigen Auseinandersetzung.

Das war einer der Gründe, warum Becka sich entschlossen hatte, mit Eric Schluss zu machen.

Bill Planter war der andere Grund.

Sie würde Bill jedoch heute Abend nicht erwähnen.

Während sie in das Schneegestöber hinausstarrte, dachte Becka an Bill. Sie fragte sich, wo er war und was er gerade machte.

„Vielleicht fahre ich nachher noch bei ihm im Old Village vorbei“, dachte sie. „Nur mal eben Hallo sagen. Erwähnen, dass ich mit Eric Schluss gemacht habe.“

Nein. Auf keinen Fall.

Ihre Eltern würden sie umbringen, wenn sie auch nur den leisesten Verdacht hegten, dass sie wieder mit Bill ausgehen wollte. Sie waren so erleichtert, so dankbar gewesen, als Becka Bill abserviert hatte und mit Eric zusammengekommen war.

Aber Eric war so unreif. Ständig fing er Streit an. Ständig dieses Kichern. Und ständig fummelte er an ihr herum, ständig begrapschte er sie.

Sie hatte es einfach nicht geschafft, Bill zu vergessen. Sie wandte sich Eric zu. Sein Blick war starr auf die Straße vor ihnen gerichtet. Im Lichtkegel der Scheinwerfer schienen die Schneeflocken jetzt in alle Richtungen zu wirbeln.

„Sei mir nicht böse“, sagte Becka sanft.

„Bin ich nicht“, antwortete Eric und zuckte mit den Schultern.

Dieses Schulterzucken, so lässig, so cool, machte sie wütend.

„Wahrscheinlich wollte er auch Schluss machen“, dachte sie. „Wahrscheinlich ist er sogar froh.“

Das hatte sie nicht erwartet.

Sie hatte dieses Schulterzucken nicht erwartet. Als ob all die Wochen, die sie zusammen gewesen waren, überhaupt nichts bedeuteten.

Etwas, das man in einer Sekunde mit einem Schulterzucken abtun konnte.

Jetzt war sie wütend. Und verärgert.

„Warum muss ich immer alles ernster nehmen als alle anderen?“, fragte sie sich.

Als er endlich in die Fear Street einbog und ihre Einfahrt hinauffuhr, zitterte sie. Sie öffnete die Beifahrertür. Sofort drang ein Schwall kalter Luft in den Wagen hinein.

„Wir sehen uns dann in der Schule“, sagte Eric fröhlich. „Es war echt nett.“

„Das ist so gemein“, dachte Becka missmutig.

„Ich bin ihm völlig gleichgültig.“

Sie schlug die Autotür hinter sich zu. Er wartete nicht, bis sie im Haus war. Er fuhr rückwärts aus der Einfahrt und war verschwunden, während sie noch in den Taschen ihrer Jeans nach den Schlüsseln suchte.

Ihre Gedanken wirbelten wild in ihrem Kopf durcheinander, genau wie die Schneeflocken.

„Ich kann noch nicht hineingehen, ich bin zu aufgebracht.“

An ihrem Schlüsselbund befanden sich auch die Autoschlüssel ihrer Eltern.

„Ich fahre zu Bill“, dachte sie.

„Nein, ich werde nur ein bisschen durch die Gegend fahren. Ich muss mich beruhigen.“

Sie lief hinüber zur Garage, und unter ihren Stiefeln knirschte der frische Schnee. Sie zog langsam das Garagentor auf und war dabei so leise wie möglich, damit ihre Eltern sie nicht hörten.

Wenige Sekunden später setzte sie mit ausgeschalteten Scheinwerfern rückwärts aus der Einfahrt und fuhr los.

„Wie schön der Schnee ist“, dachte sie, als sie die Scheinwerfer einschaltete, und beugte sich vor, um besser durch die Scheibe sehen zu können. „Ich fahre einfach ein bisschen durch die Gegend und dann zurück nach Hause.“

Ihr Herz schlug immer noch wie wild. Ihr Magen fühlte sich an, als hätte jemand einen Knoten hineingemacht.

„Ich war so nervös wegen der ganzen Sache mit Eric“, dachte sie und bog in die Mill Street ein. „Und jetzt, wo ich mit ihm Schluss gemacht habe, bin ich sogar noch nervöser, obwohl ich eigentlich erleichtert sein müsste. Das macht doch alles keinen Sinn. Aber so bin ich nun mal“, sagte Becka zu sich selbst.

„Akzeptier es einfach, Kleine, du bist eben ein Nervenbündel. Punkt.“ Sie starrte auf die Straße.

„Ich muss Bill anrufen“, dachte sie. „Und Trish und Lilah auch. Die werden staunen, wenn sie hören, dass ich mit Eric Schluss gemacht habe.“

Ihr fiel wieder Erics Schulterzucken ein. Der nichtssagende, gleichgültige Ausdruck in seinem Gesicht.

„Wer braucht den schon?“, schnaubte sie.

Tief in Gedanken versunken, sah sie das Stoppschild zu spät.

Die Seite des roten Chevrolet füllte plötzlich die gesamte Windschutzscheibe aus.

Becka schnappte nach Luft und trat auf die Bremse. Ihr Auto rutschte mit voller Wucht in den anderen Wagen hinein.

Sie schloss die Augen, und dann hörte sie nur noch knirschendes Metall und splitterndes Glas.

2

„Ich kann nicht glauben, dass du nicht mal einen Kratzer abbekommen hast!“, rief Trish.

„Ich bin nicht so schnell gefahren“, antwortete Becka. „Wegen des Schnees. Unser Auto hat es auch nicht so schlimm erwischt. Es ist nur ein Scheinwerfer kaputt.“

„Du hattest wirklich Glück“, sagte Lilah.

„Na ja … so würde ich das nicht unbedingt sagen“, meinte Becka. „Mein Dad war ganz schön wütend auf mich, weil ich das Auto ohne Erlaubnis genommen habe.“

Trish und Lilah schüttelten nur die Köpfe.

Es war am Nachmittag des nächsten Tages, ein strahlender Samstag, der weiße Schnee glitzerte in der Sonne. Becka und ihre beiden Freundinnen waren oben in Beckas Zimmer, wo es warm und gemütlich war. Die alte Heizung an der Wand gab ab und zu ein paar gurgelnde Geräusche von sich.

Becka trug schwarze Leggings und einen viel zu großen blauen Wollpulli. Sie saß mit gekreuzten Beinen auf ihrem Bett und hatte den Rücken gegen die Wand gelehnt. Im Schoß hatte sie ein dickes Knäuel olivgrüner Wolle, und sie strickte wie wild. „Ich werde diesen Pullover nie bis Weihnachten fertig bekommen“, murmelte sie.

„Für wen ist der denn, Becka?“, wollte Lilah wissen, die bäuchlings auf dem zotteligen weißen Teppich lag und in einem alten Modemagazin blätterte.

„Für meine Cousine. Au!“, quiekte Becka, „ich habe mich gestochen.“ Sie hielt ihren Finger in die Höhe und betrachtete den kleinen hellroten Blutfleck, der sich dort ausbreitete. „Mist, jetzt tropfe ich auch noch den ganzen Pullover voll“, schimpfte sie.

Sie ließ das Strickzeug fallen und krabbelte hinüber zu ihrer Kommode, um ein Taschentuch hervorzukramen.

„Normalerweise beruhigt es mich immer, wenn ich stricke, aber irgendwie scheint das heute nicht zu funktionieren“, murmelte Becka, während sie das Taschentuch auf die kleine Wunde presste. „Jedes Jahr zu Weihnachten stricken meine Cousine Rachel und ich uns gegenseitig einen Pullover. Ihre sind immer perfekt, mit diesen perfekten kleinen Maschen und perfekten kleinen Mustern, und meine …“ Becka seufzte und blickte frustriert auf ihr Strickzeug.

„Nimm’s nicht so schwer“, tröstete Lilah sie, schlug das Magazin zu und rollte sich auf den Rücken, die Hände hinter dem Kopf. Lilah trug ein braun-weißes Sweatshirt und verblichene Jeans, die an beiden Knien zerrissen waren.

„Du brauchst ein Pflaster“, schaltete sich nun Trish ein. Sie saß auf dem Fensterbrett auf der anderen Seite des Zimmers und hatte in den schneebedeckten Vorgarten hinausgestarrt. Nun drehte sie sich aber um, um Beckas Verletzung unter die Lupe zu nehmen.

„Wie soll ich denn bitte mit einem Pflaster um den Finger stricken?“, sagte Becka gereizt.

„Wenigstens hast du dann eine gute Ausrede dafür, warum dein Pulli nicht so perfekt ist wie Rachels“, witzelte Trish. Ihre blauen Augen blitzten schelmisch. Sie grinste, wobei sie ihre Zahnspange entblößte. Die Zahnspange, die sie schon seit einem Jahr trug und für die sie sich immer noch ein wenig schämte. Trish trug einen grauen Pulli. Sie war klein und etwas mollig, mit kastanienbraunen Haaren, die ihr aufgewecktes, liebenswertes Gesicht umrahmten.

„Deine Frisur ist einfach toll, Becka!“, rief Lilah und wechselte somit das Thema.

„Ja, sie ist fantastisch“, stimmte Trish begeistert zu.

Becka blickte skeptisch in den Schminkspiegel.

„Ist es nicht zu kurz?“, fragte sie unsicher und zupfte an den vorderen Haarsträhnen herum.

„Auf keinen Fall“, versicherte Trish.

Becka hatte die ultrakurze Frisur an einem Model in einem Modemagazin gesehen. Das Model sah Becka sehr ähnlich. Hellblondes Haar, mandelförmige grüne Augen, hohe Wangenknochen, blasse Haut und die leichte Andeutung eines Grübchens im Kinn. Also hatte Becka es darauf ankommen lassen und sich ihre langen Haare abschneiden lassen, sodass sie ihr Gesicht nun in einem glatten, modischen Look umrahmten.

„Ich sehe aus wie ein Junge“, beharrte Becka.

„Du siehst toll aus“, versuchte ihr Trish klarzumachen.

„Hör auf, ständig an dir herumzumäkeln“, sagte Lilah und verdrehte die Augen. „Du siehst super aus, und das weißt du selbst.“

„Ich bin total neidisch“, sagte Trish vom Fensterbrett. „Mit meinem runden Gesicht könnte ich die Haare nie so kurz tragen. Ich würde aussehen wie eine Bowlingkugel mit Beinen!“

„Ich würde lieber einer Bowlingkugel ähneln als einem Storch“, grummelte Lilah. Obwohl sie ständig darüber klagte, gefiel es ihr doch insgeheim, so groß zu sein.

Becka nahm das Taschentuch von ihrem Finger. „So. Ich glaube, es hat aufgehört zu bluten.“ Sie krabbelte über Lilah hinweg zurück zum Bett und nahm ihr Strickzeug wieder in die Hand.

„Wie findest du die Farbe?“, fragte sie Lilah.

„Ich hoffe für deine Cousine, dass sie farbenblind ist“, sagte Lilah kichernd.

Trish lachte.

„Ihr seid wirklich tolle Freundinnen“, brummte Becka. „Wisst ihr, ich glaube, mein Nacken ist tatsächlich ein bisschen steif. Von dem Unfall wahrscheinlich.“

„Was war das für ein Abend für dich“, sagte Trish kopfschüttelnd. „Erst ist Eric völlig kaputt, und kurz darauf dann auch noch euer Auto.“

Lilah grinste. „Du solltest Schriftstellerin werden, Trish. Du hast so eine literarische Ader.“

„So kaputt war Eric gar nicht“, sagte Becka trocken und versuchte sich zu erinnern, wo sie mit ihrem Strickmuster stehen geblieben war.

„Erzähl uns mehr“, bat Trish und kam herüber, um sich neben Becka auf die Bettkante zu setzen. „Wir wollen alle Einzelheiten hören.“

„Ich habe euch doch schon alles erzählt“, erwiderte Becka. „Ich habe mit Eric Schluss gemacht und ihm gesagt, dass wir uns nicht mehr sehen sollten. Und er saß da wie ein nasser Sack. Er hat kaum ein Wort gesagt. Es hat ihn total kaltgelassen. Ich hätte nie gedacht, dass er so gefühllos sein könnte.“

„Er ist also nicht in Tränen ausgebrochen und hat unter herzerweichendem Schluchzen um eine letzte Chance gewinselt?“, erkundigte sich Trish.

Lilah lachte. „Ich kann es mir genau vorstellen. Der arme Eric.“

„Nein. Keine Tränen. Einfach nichts. Er hat nur mit den Schultern gezuckt“, sagte Becka. „Wirklich, es war richtig erschreckend.“

„Wahrscheinlich war er einfach nur sprachlos“, erwiderte Lilah. „Er stand unter Schock.“

„Ja, sicher“, schnaubte Becka. Dann hielt sie ihr Strickzeug hoch. „Findest du das lang genug?“

„Lang genug für was?“, fragte Trish. „Für einen Schal?“

„Es ist ein Ärmel“, gab Becka zurück.

„Ein Ärmel oder zwei?“, wollte Trish wissen.

„Blöde Frage, einer natürlich.“

„Dann ist er lang genug“, sagte Trish.

Die drei Mädchen lachten.

Becka fühlte, wie sie sich langsam entspannte und allmählich ruhiger wurde.

„Hast du Eric von Bill erzählt?“, wollte Lilah wissen, während sie, die Hände immer noch hinter dem Kopf verschränkt, langsam ein paar Bauchmuskelübungen auf dem Teppich ausführte.

„Nein. Natürlich nicht“, antwortete Becka.

„Das hätte aber mit Sicherheit eine Reaktion bei ihm hervorgelockt“, stellte Trish fest.

„Schsch!“ Becka hielt sich einen Finger vor die Lippen. „Das würde auch eine gewaltige Reaktion bei meiner Mutter hervorlocken. Nicht so laut. Ich glaube, sie ist hier oben und putzt das Gästezimmer.“

Trish und Lilah spähten in den Flur. Trish stand auf und schloss die Tür.

„Jetzt weiß sie, dass wir hier etwas aushecken“, sagte Becka, die Stirn in Falten, während sie Maschen zählte.

„Was hat deine Mutter eigentlich gegen Bill?“, fragte Lilah im Flüsterton, obwohl die Tür jetzt geschlossen war.

„Ach, ihr wisst schon“, antwortete Becka finster. „Der Ärger, den er letztes Jahr in der Schule hatte.“

„Aber das war nicht seine Schuld“, sagte Lilah zu Bills Verteidigung. „Das waren diese beiden widerlichen Typen, Mickey Wakely und Clay Parker. Sie haben doch zugegeben, dass sie es waren, die in die Schule eingebrochen sind und alles mit Graffiti vollgesprüht haben.“

„Aber Bill war dabei“, sagte Becka. „Er hat zwar nicht mitgemacht, aber er war dabei.“

„Zur falschen Zeit am falschen Ort“, sagte Trish kopfschüttelnd.

„Aber Mickey und Clay …“, begann Lilah.

„Bill hat auch einen Verweis bekommen, weißt du noch?“, unterbrach Becka sie. „Meine Eltern wissen es jedenfalls noch. Sogar nur zu gut. Nachdem Bill von der Schule verwiesen wurde, war es das. Ich durfte ihn nicht mehr sehen, nicht mehr anrufen, gar nichts mehr.“

„Ich erinnere mich“, sagte Trish mitfühlend. „Du bist beinah durchgedreht.“

„Wir dachten, du wärst krank oder so was“, fügte Lilah hinzu und setzte ihr Bauchmuskeltraining fort. „Du warst wirklich völlig durcheinander.“

„Stimmt“, erinnerte sich Becka. Bei der Erinnerung an damals zog sich ihr Magen zusammen. „Aber das war letztes Jahr. Dieses Jahr wird alles anders, denke ich. Hoffe ich. Ich meine, Bill hat sich doch wirklich positiv verändert. Er hängt nicht mehr mit Mickey und Clay rum. Er hat jetzt eine gute Einstellung und …“

Bevor Becka ihren Satz beenden konnte, flog die Zimmertür auf. Becka ließ ihr Strickzeug fallen. Lilah fuhr zusammen, und Trish sprang auf.

Allen dreien stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben, als ein Mädchen mit langen kastanienbraunen Haaren aufgeregt ins Zimmer stürzte. „Hi!“, rief sie, während ihre Augen von einem Mädchen zum anderen flitzten und schließlich an Becka hängen blieben.

„Becka!“, rief das Mädchen. Sie sprang über Lilah hinweg, schlang die Arme um Beckas Hals und drückte sie an sich. „Becka! Becka! Ich bin so froh, dich zu sehen!“, quietschte sie.

Den Mund vor Erstaunen weit offen, versuchte Becka erfolglos, sich aus der Umarmung des Mädchens zu befreien.

„Ich kann es nicht glauben!“, rief das Mädchen. „Ich kann es einfach nicht glauben! Becka – du bist es! Du bist es wirklich!“

Becka schnappte nach Luft, ihr fehlten die Worte. „Wer ist dieses Mädchen?“, fragte sie sich.

„Ich habe sie noch nie gesehen!“

3