Fear Street 18 - Teuflische Freundin - R.L. Stine - E-Book

Fear Street 18 - Teuflische Freundin E-Book

R.L. Stine

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Beschreibung

Becka scheint sich gut einzuleben an der Waynesbridge Highschool. Sie findet schnell eine Freundin und kommt auch wieder mit ihrem Ex-Freund Eric zusammen. Doch ihr Glück währt nicht lange: Beckas teuflische Freundin Honey ist aus der Psychiatrie entflohen – und schon auf dem Weg zu ihr … Der Horror-Klassiker endlich auch als eBook! Mit dem Grauen in der Fear Street sorgt Bestsellerautor R. L. Stine für ordentlich Gänsehaut und bietet reichlich Grusel-Spaß für Leser ab 12 Jahren. Ab 2021 zeigt Neflix den Klassiker Fear Street als Horrorfilm-Reihe!

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Beliebtheit




1

Ich blieb auf den steinernen Stufen des Schulgebäudes stehen und holte tief Luft. Zwei Mädchen, die laut und ziemlich falsch einen Song trällerten, drängten sich an mir vorbei und stürmten in die Schule.

Mein Blick fiel auf das gravierte Schild neben dem Eingang: Waynesbridge Highschool. Irgendwer hatte einen fetten Klumpen lila Kaugummi auf das W geklebt.

„Becka Norwood, du fängst jetzt ein völlig neues Leben an“, sagte ich zu mir.

Waynesbridge war der Nachbarort von Shadyside, wo ich bis zum Herbst gelebt hatte. Aber heute kam es mir so vor, als wäre es eine Ewigkeit her.

Eine neue Schule. Ein neuer Anfang.

Das sagte ich mir den ganzen Morgen, während ich mich anzog und die drei Blöcke von unserem neuen Haus zur Schule ging.

Wenn doch nur mein Herz aufhören würde, wie verrückt zu klopfen!

Ich bin nicht gerade die Ruhe in Person. Seien wir ehrlich: In neuen Situationen verwandle ich mich in ein zitterndes Nervenbündel. Mum behauptet, dass ich schon so nervös auf die Welt gekommen bin. Sie meint, ich hätte mir schon den Kopf zerbrochen, bevor ich laufen lernte!

Als ich im ersten Jahr an der Shadyside Highschool war, sollten wir als Hausaufgabe etwas über uns selbst schreiben. Ich schrieb damals, dass es mir so vorkäme, als wäre mein Leben ein Balanceakt auf einem wackligen Seil hoch über dem Boden. Ständig müsste ich kämpfen, um mein Gleichgewicht zu halten. Und gleichzeitig würde ich fürchten, das Seil könnte reißen und ich würde Hals über Kopf in die Tiefe stürzen.

Ich bekam eine Eins für meinen Aufsatz. Allerdings musste ich danach zu MrVincent, unserem Schulpsychologen mit dem nervtötenden Stottern und dem Mundgeruch.

„Warum fällt mir das jetzt wieder ein?“, fragte ich mich. „Das ist doch Schnee von gestern. Warum stehe ich hier vor meiner neuen Schule und denke an all diese alten Geschichten?“

Ich hatte mir selbst tausendmal geschworen, all das zu verdrängen. All die vielen schlechten Erinnerungen an Shadyside und unser Haus in der Fear Street. Diese Erinnerungen lagen wie ein tonnenschweres Gewicht auf meiner Brust und schnürten mir den Atem ab.

Ich schüttelte mein langes rotblondes Haar, als könnte ich dadurch die Gedanken vertreiben. Ja, ich hatte mein Haar wieder lang wachsen lassen. Und ein bisschen abgenommen. Nur ein paar Pfund. Ich war immer noch das, was man im Allgemeinen als „vollschlank“ bezeichnet.

Ich war vielleicht nicht wahnsinnig hübsch oder niedlich, aber ich fand mich ganz okay.

Und ich fing langsam an, mich in meiner Haut wohlzufühlen. Ja, das tat ich wirklich.

Ich warf mir den Rucksack über die Schulter und trat einen Schritt vor. Dann zögerte ich, atmete noch einmal tief durch und starrte den Kaugummiklumpen an.

Irgendetwas hielt mich zurück. Hielt mich hier an der Eingangstür fest. Und ich wusste auch, was es war. Es gab noch eine weitere Hürde, die ich überspringen musste.

Bevor ich in meine neue Klasse gehen konnte, musste ich mal wieder zur Schulpsychologin.

Wie hieß sie doch gleich?

Ich hatte ihren Namen auf einen Zettel gekritzelt. Doch wo war er?

Zwei Cheerleader im schwarz-gelben Dress kamen an mir vorbei. Eine von ihnen blieb vor der Tür stehen, um ihren kurzen Faltenrock zurechtzuzupfen. Sie lächelte mir zu und lief dann ihrer Freundin hinterher.

Sie sah ein bisschen aus wie Trish, meine Freundin aus Shadyside. Trish war aber niemals Cheerleader gewesen.

„Go Hornets!“, murmelte ich den Schlachtruf meiner alten Schule. Schließlich fand ich den Zettel zusammengeknüllt in meiner Jackentasche. Miss Englund. Hoffentlich war sie nicht total uncool.

Im letzten Jahr hatte ich mit einer Unmenge von Psychologen, Ärzten und Seelenklempnern gesprochen. Die meisten waren ziemliche Nieten gewesen.

Seufzend stopfte ich den Zettel wieder in meine Tasche. „Ich schaffe es, die Geschichte noch einmal zu erzählen“, redete ich mir ein. „Dann ist es wirklich ein kompletter Neuanfang für mich. Für eine ganz neue Becka …“

Miss Englund war jung und ziemlich hübsch. Sie hatte warme braune Augen und ein offenes, freundliches Lächeln.

Die meisten Psychologen, bei denen ich letztes Jahr gewesen war, hatten ein freundliches Lächeln gehabt. Wahrscheinlich übten sie es im Spiegel, bevor man eintrat. Und wer weiß, vielleicht konnte man an der Uni auch Seminare in „Freundliches Lächeln“ belegen.

Miss Englund hatte ein kleines Büro hinter dem Sekretariat. Mein Blick fiel auf einen mit Büchern und Akten übersäten Schreibtisch, zwei kleine grüne Sessel und ein Tischchen, auf dem eine Flasche Wasser stand. An der Wand gegenüber dem Fenster hing ein altes Filmplakat von den Marx Brothers.

Sie winkte mich zu einem der beiden grünen Sessel und bot mir an, sie Barbara zu nennen. Dann blätterte sie meine Akte durch und runzelte dabei ein paarmal die Stirn.

Nach ungefähr einer Minute blickte sie auf, sah mich mit ihren dunklen Augen eindringlich an und kam gleich zur Sache: „Becka, erzähl mir von Honey Perkins.“

Ich schnappte erst mal nach Luft. Als Einstieg hatte ich ein paar harmlose Fragen erwartet. Ich riss mich aber ziemlich schnell zusammen.

Schließlich bin ich es gewöhnt, über Honey zu sprechen.

Ich hatte monatelang über sie gesprochen. Über Honey Perkins – das Mädchen, das mein Leben zerstört hat.

Ich ließ meinen Kopf gegen die Rückenlehne des Sessels sinken und strich mir eine Strähne meines rotblonden Haars aus der Stirn. „Was wollen Sie denn wissen?“, fragte ich.

Miss Englund beugte sich ein wenig über ihren Schreibtisch und musterte mich eingehend: „Fang am besten ganz von vorne an.“

Und das tat ich. Ich erzählte ihr, wie Honey eines Tages in mein Zimmer geplatzt war, während ich mich gerade mit Trish und Lilah unterhielt. Honey war ganz aus dem Häuschen gewesen. Sie hatte mich umarmt und gedrückt und immer wieder gesagt, wie froh sie wäre, ihre alte beste Freundin wiederzusehen. Und dass sie wüsste, dass wir von nun an wieder die allerbesten Freundinnen sein würden.

Dabei konnte ich mich an dieses Mädchen überhaupt nicht erinnern. Ich hatte das Gefühl, sie noch nie gesehen zu haben. Auch Trish und Lilah kam sie völlig unbekannt vor.

Doch da war sie nun, riss das Gespräch an sich, ignorierte meine Freundinnen und starrte mich mit leuchtenden Augen an, als ob ich ein Riesenstück Schokoladentorte wäre.

Total schräg.

Aber es kam noch dicker.

Von diesem Tag an wurde ich Honey nämlich nicht mehr los. Ständig tauchte sie in meiner Nähe auf.

Ich überraschte sie in meinem Zimmer, wo sie meine Sachen anprobierte. Sie lieh sich Klamotten von mir und gab sie nie zurück. Und wenn ich sie darauf ansprach, behauptete sie, ich hätte sie ihr geschenkt.

Honey und ihr Vater waren vor Kurzem ins Nachbarhaus gezogen, sodass sie nun ständig bei uns hereinschneite. Sie brachte mich sogar dazu, jeden Morgen mit ihr zur Schule zu gehen. „Ganz genauso wie früher“, sagte Honey immer.

Aber ich konnte mich nicht an dieses Früher erinnern!

Und dann begann die Sache allmählich unheimlich zu werden. Erst ließ sich Honey die Haare genau wie ich schneiden, dann fing sie an, die gleichen Klamotten zu tragen. Und sie ging mit meinem Exfreund aus.

Sie ahmte mich nach, ahmte mein Leben nach.

Und als ich versuchte, sie davon abzuhalten, begann sie, mein Leben zu zerstören. Erst hatte sie es auf meine echten besten Freundinnen abgesehen.

Lilah erlitt einen schweren Fahrradunfall, weil jemand an ihren Bremsen herumgespielt hatte. Sie lag tagelang im Koma und wir wussten nicht, ob sie überleben würde.

Dann wurde Trish von Honey die Treppe hinuntergestoßen, sodass sie sich das Genick brach. Ich dachte im ersten Moment, Trish wäre tot.

Honey schwor, dass es ein Unfall war.

Doch ich kannte die Wahrheit.

Sie versuchte meine Freundinnen umzubringen, damit sie meine einzige beste Freundin sein konnte.

Nachdem Trish ins Krankenhaus gebracht worden war, klappte ich zusammen. Es war einfach alles zu schrecklich gewesen. Ich hatte eine Art Nervenzusammenbruch.

Unser Hausarzt steckte mich ins Bett. Er meinte, ich bräuchte absolute Ruhe, um mich zu erholen.

Die bekam ich aber nicht. Das Schlimmste stand mir noch bevor. Honey war nämlich noch längst nicht fertig.

Sie hat meinen Freund getötet. Bill Planter. So hieß er.

Bill. Bill …

Den einzigen Jungen, den ich jemals geliebt habe.

Honey hat ihn umgebracht. Sie hat ihn in ihrer Küche erstochen. Und als ich in Ohnmacht fiel, hat sie mir das Messer in die Hand gedrückt.

Ich erinnere mich nur noch verschwommen an den Tag. Könnten Sie etwas so Grauenhaftes genau im Gedächtnis behalten?

Honey hat Bill erstochen und dann behauptet, ich hätte es getan.

Ich starrte das Messer an. Ich starrte all das Blut an. Und ich glaubte ihr. Glaubte, dass ich eine Mörderin sei.

„Ich bin deine beste Freundin“, sagte sie mit einschmeichelnder Stimme, als ich fassungslos die riesige Blutlache auf ihrem Küchenfußboden anstarrte. Das blutige Messer … meine blutigen Hände …

„Ich bin deine beste Freundin“, wiederholte sie immer wieder. „Ich werde dich beschützen, Becka, weil ich von jetzt an deine beste Freundin bin. Deine allerbeste Freundin.“

Ich sah zu Miss Englund. Sie kritzelte etwas in ihren Notizblock. Meine Hände schmerzten. Als ich nach unten blickte, stellte ich fest, dass ich die Armlehnen des Sessels mit aller Kraft umklammert hielt. Meine Hände waren kalt und schweißnass.

„Das ist die ganze Geschichte“, sagte ich mit schwacher Stimme. Ich hatte sie schon so oft erzählt, aber es regte mich jedes Mal wieder auf. Mein Magen zog sich dabei immer zu einem einzigen harten Knoten zusammen.

Die Schulpsychologin schrieb noch ein paar Sekunden weiter und knabberte dabei auf ihrer Unterlippe herum. Schließlich wandte sie sich wieder an mich. „Das war letzten Winter?“, erkundigte sie sich vorsichtig.

Ich nickte.

„Und jetzt bist du bereit für einen Neuanfang?“

Ich nickte wieder. „Ich werde nicht zulassen, dass Honey mein Leben ruiniert“, stieß ich hervor. „Das habe ich mir geschworen.“

„Das ist gut.“ Miss Englund erhob sich mit einem gezwungenen Lächeln. „Ich bin sicher, dass alles wieder in Ordnung kommt, Becka“, versicherte sie mir, während sie an ihrem grauen Pullover nestelte. „Außerdem bin ich ja da, um dir zu helfen. Du und ich, wir werden uns oft unterhalten. Immer, wenn du das Gefühl hast, dass du mich brauchst. Ich möchte, dass du mich als deine Freundin betrachtest.“

Ich lachte. „Als meine beste Freundin?“

Ihr Lächeln verblasste.

„Das war nur ein Scherz“, sagte ich hastig.

„Es … es ist in Ordnung, wenn du darüber Scherze machst“, erwiderte sie. „Das ist ein sehr gutes Zeichen.“ Sie stützte sich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch ab und lehnte sich vor. „Du schaffst das“, versicherte sie mir noch einmal. „Ich weiß, dass du hier in Waynesbridge einen guten Start haben wirst.“

Dann kam sie um den Schreibtisch herum und schüttelte mir die Hand. Das war mir irgendwie peinlich, besonders weil meine Hand so kalt und verschwitzt war.

Ich wusste, dass sie nur nett sein wollte. Doch ich hatte die Nase gestrichen voll von all den Psychologen und Ärzten mit ihrer professionellen Freundlichkeit. Ich wollte endlich wieder mein eigenes Leben leben.

Mit einem gemurmelten „Danke“ verdrückte ich mich und huschte durchs Sekretariat, wo ein Elternpaar sich gerade mit der Schulsekretärin stritt. „Wo ist das Protokoll?“, schrie der erboste Vater. „Wie konnten Sie bloß dieses verdammte Protokoll verlegen?“

Aufatmend trat ich hinaus in die Stille der Eingangshalle. Die erste Stunde hatte bereits begonnen. Bis auf einen hochgewachsenen, dürren Lehrer, der sich über einen Trinkwasserspender beugte, lag die Halle verlassen da.

Dann bogen drei Jungen um die Ecke, die mit schnellen Schritten nebeneinander herliefen und wild durcheinanderredeten.

Ich wollte mich gerade abwenden, als mein Blick auf den Jungen in der Mitte fiel. Er war groß und muskulös. Und sein Gesicht …

„Nein!“ Ich stieß einen hohen, schrillen Schrei aus, der durch den Gang hallte.

Mir stockte der Atem.

„Bill!“, rief ich. „Ich glaub’s einfach nicht! Bill! Du lebst!“

2

Bill! Bill!

Meine Absätze hämmerten über den Boden, als ich auf ihn zustürmte. Ich stürzte mich auf ihn und schlang meine Arme um ihn.

„Bill!“ Immer wieder stieß ich atemlos seinen Namen hervor. „Bill! Bill!“ Ich schmiegte mein Gesicht an seins. Es tat so gut, ihn zu fühlen. Die Wärme seiner Haut zu spüren.

Bill!

Er lebte!

Bill bewegte sich nicht und antwortete nicht. Er stand stumm und steif da wie eine Statue.

Schluchzend zog ich mich zurück. „Bill?“

Oh nein. Nein …

Es war gar nicht Bill.

Doch es war zu spät, die Freudentränen zurückzuhalten, die mir über die Wangen strömten. Zu spät merkte ich, dass ich in das Gesicht eines Fremden blickte.

Ich spürte, wie ich knallrot wurde. Meine Knie zitterten. Ich hatte das Gefühl, als würde ich jeden Moment zu Boden sinken.

„Nicht Bill. Nicht Bill“, hallte es durch meinen Kopf.

Wie oft war mir das letztes Jahr passiert? Wie oft hatte ich mir eingebildet, den armen toten Bill zu sehen?

Im letzten Sommer dachte ich mal, er würde mit ein paar Kumpels Basketball spielen. Ohne nachzudenken, rannte ich quer über das Feld, platzte in das Spiel und umarmte ihn.

Dem Jungen war das total peinlich. Er schubste mich regelrecht weg. Ich hörte noch, wie seine Freunde ihn aufzogen, als ich wegrannte: „Billy Boy. Hi, Billy Boy!“

Ich lief ein paar Straßen weiter. Lief, ohne anzuhalten. Aber ich wurde ihr grausames Gelächter nicht los. Es hallte noch tagelang in meinen Ohren nach.

Und jetzt, an meinem ersten Tag an der Highschool von Waynesbridge, lachten diese drei Jungen über mich.

„Sein Name ist Steve“, informierte mich einer von ihnen und prustete gleich wieder los.

Beschämt versuchte ich mir die Tränen vom Gesicht zu wischen. „Du siehst jemandem ziemlich ähnlich“, sagte ich mit zittriger Stimme.

„Tut er nicht!“, witzelte ein anderer Junge. „Er sieht niemandem auf diesem Planeten ähnlich!“

„Es tut mir leid. Ehrlich“, murmelte ich. Meine Knie fühlten sich zum Glück schon etwas weniger wacklig an. Ich drehte mich um und ging davon.

„Hey!“, rief der Junge mir hinterher. Nicht Bill. Nicht Bill.

Ich drehte mich zu ihm um. Er sah Bill kein bisschen ähnlich. Er war blond und hatte ein pausbäckiges Babyface mit Sommersprossen auf der Nase.

Wie hatte ich ihn auch nur eine Sekunde für Bill halten können?

„Kann ich dir helfen?“, fragte er. „Du bist neu hier, stimmt’s?“

Normalerweise schminke ich mich nicht oft. Doch an meinem ersten Tag an der neuen Schule hatte ich mit Wimperntusche nicht gespart. Wahrscheinlich liefen mir dicke schwarze Streifen übers Gesicht.

„Weißt du, wo du hinmusst?“, fragte Steve.

Die anderen beiden Jungen grinsten, aber ich spürte, dass er nett zu mir sein wollte.

„In MrWrights Klasse“, antwortete ich. Das war mein erster Kurs heute. Ich glaube, er hieß Geschichte der Europäischen Völker.

Steve zeigte zur Treppe am Ende der Eingangshalle. „Du musst da rauf. Es ist die zweite Tür auf der linken Seite.“

Ich dankte ihm und eilte zur Treppe. Hinter mir hörte ich die Jungen lachen. „Wer zum Teufel ist Bill?“, fragte einer von ihnen.

„Steve ist wirklich ein netter Typ“, dachte ich, während ich die Treppe hinaufstieg. Ich hatte ihn regelrecht überfallen und mich komplett blamiert. Aber er tat so, als wäre alles völlig normal.

„Was da eben passiert ist, war völlig normal, Becka“, versuchte ich mich zu beruhigen. „Du hast gerade mit der Schulpsychologin über Bill gesprochen und warst deswegen in Gedanken bei ihm. Das ist alles. Nichts Besonderes.“

Ich blieb vor der zweiten Tür links stehen, warf die Haare zurück und trat ein. Der Unterricht hatte bereits begonnen. Die Schüler saßen mucksmäuschenstill über ihren aufgeschlagenen Heften.

„… was uns zum eigentlichen Grund für diesen Krieg bringt.“ MrWright lehnte mit gekreuzten Beinen an der vorderen Kante seines Schreibtischs. Er hatte schon den Mund geöffnet, um weiterzusprechen, als er mich bemerkte.

Langsam ging ich an der Seitentafel vorbei nach vorne. Ich sah, dass alle sich nach mir umdrehten und hoffte, dass sie die Tränenspuren auf meinen Wangen und mein verschmiertes Make-up nicht bemerken würden.

Als ich näher kam, richtete MrWright sich auf. Er war groß und breitschultrig. Seine schwarzen Haare lichteten sich bereits merklich. Er hatte eine Brille mit großen Gläsern und einem wuchtigen schwarzen Gestell auf. Zu seinen schwarzen Cordhosen trug er einen grauen Pullover, dessen Naht an einer Schulter zerrissen war. Als ich neben ihn trat, entdeckte ich ein Hörgerät in seinem rechten Ohr.

„Bist du Becka?“, fragte er und kratzte sich die hohe Stirn.

„Ja. Tut mir leid, dass ich zu spät komme.“

„Na ja, so gesehen bist du drei Wochen zu spät“, erwiderte er stirnrunzelnd.

„Wir sind gerade erst hierhergezogen“, verteidigte ich mich.

„Du wirst den Stoff schon aufholen.“ Seine Gesichtszüge entspannten sich. „Leih dir einfach die Mitschriften deiner Klassenkameraden aus.“ Er wandte sich an die Schüler. „Das ist Becka … Wie war doch gleich dein Nachname?“

„Norwood“, antwortete ich.

„Becka Norwood“, wiederholte der Lehrer.

Alle starrten mich an. Ein paar Schüler murmelten ein leises Hallo. Es war eine ziemlich peinliche Situation.

„Kennst du jemanden aus der Klasse?“, fragte mich MrWright.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich.“

„Ich bin sicher, ihr werdet Becka helfen, sich einzuleben.“ Er sprach sehr laut. Wahrscheinlich funktionierte sein Hörgerät nicht richtig.

Hastig ging ich zum hinteren Ende der Klasse, wo der einzige freie Tisch stand. Ich ließ meinen Rucksack auf den Boden fallen und sank auf den Stuhl.

Mr