Fessele mich, führe mich, liebe mich - Sara-Maria Lukas - E-Book

Fessele mich, führe mich, liebe mich E-Book

Sara-Maria Lukas

4,0

Beschreibung

Karina ist Abteilungsleiterin in einem großen Konzern. Sie hat es aufgrund ihrer Position schwer, sich gegen ihre missgünstigen Kollegen durchzusetzen und ist sehr misstrauisch. Als der charmante und attraktive Thomas ihre Nähe sucht, kann sie sich nicht vorstellen, dass sich ein Traummann wie er in eine gewöhnliche Frau wie sie verlieben könnte. Aber das tut er, und er führt Karina in die für sie neue und faszinierende Welt des BDSM ein. Thomas ist dominant und sadistisch veranlagt. Er erkennt in Karina den passenden Gegenpol zu seinen Neigungen und verliebt sich in sie. Mit viel Fingerspitzengefühl und Sensibilität begleitet er sie auf ihrem ganz persönlichen Weg zur Erfüllung ihrer devoten Fantasien. Hinweis: Dieser Roman ist eine umfangreich überarbeitete und auf Romanlänge erweiterte Neufassung der Novella "Führungspositionen" aus dem Jahr 2014.

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Fessele mich, führe mich, liebe mich

Sara-Maria Lukas

2019 Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Mia Schulte

© Coverfoto: romancenovelcovers.com

ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-395-8

ISBN eBook: 978-3-86495-396-5

Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Dieses Buch darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches anderes Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlages oder der Autorin weitergegeben werden.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Autorin

Ein romantischer Ausflug

Kapitel 1

Karina

Meine Kiefergelenke schmerzen. Meine Augen brennen. Meine Hände sind schweißnass.

Alle starren mich an.

Wir haben eine Konferenz. Die Abteilungsleiter sitzen an diesem riesigen ovalen Tisch aus Eiche, der uns alle überleben wird. Wir Mitarbeiter sollten zusammenhalten, uns gegenseitig unterstützen, aber das tun wir nicht. Jeder versucht, den anderen die Schuld für die schlechte Bilanz in die Schuhe zu schieben, woran wir alle irgendwann scheitern werden. Ich hasse diesen Tisch und diesen Raum mit den weißen, schmucklosen Wänden. Es gibt keine Klimaanlage. Das ist bestimmt Absicht, damit wir alle ordentlich schwitzen, während wir uns vor dem Chef rechtfertigen müssen.

Am Kopfende thront er, hat die vor ihm liegenden Tabellen studiert und schaut mich nun fragend an. Sein Gesichtsausdruck bleibt gelassen, seine blasse Haut wirkt noch aufgequollener als sonst und sein Blick scheint die Temperatur im Raum um weitere Grade zu erhöhen. Schweißtropfen rinnen unter meiner Bluse auf meiner Haut hinab, als ich mich zu den niedrigen Verkaufszahlen des letzten Quartals äußern soll.

„Nun“, sage ich, „es ist Sommer und viele Familien sind im Urlaub. Bis zum Jahresende wird sich das Defizit wieder ausgeglichen haben.“

Aus den Augenwinkeln sehe ich das Gesicht von Margot. Sie grinst, die dumme Kuh.

Michael räuspert sich. „Müssten wir das dann nicht alle merken?“

Ich wende mich ihm zu. „Nein. Meine Abteilung verkauft Schreibwaren. Die Büros in der Nachbarschaft bestellen längst online, und Briefe per Hand schreibt auch niemand mehr. Meine Kunden sind also vor allem Schulkinder und jetzt sind Ferien. Deine Abteilung verkauft Herrenmode, die wird immer gebraucht, und auch Touristen kommen während ihres Urlaubs in deine Etage.“

Michael zieht zweifelnd die Augenbrauen zusammen und sieht schmunzelnd zu unserem Chef hinüber. Links neben dem Boss sitzt der hübsche, blonde Alex. Der atmet jetzt hörbar genervt aus, trommelt mit dem Kugelschreiber auf seine Notizen und sieht demonstrativ auf die Uhr. Vermutlich hat er noch ein Date zum Eisessen. Ja, Arschloch, ich weiß, dass ich deiner Meinung nach hier am Tisch überhaupt nichts zu suchen habe. Nur Männer sollten deiner Ansicht nach Abteilungen leiten, während wir Frauen in High Heels und engen Röcken als verkaufsfördernder Raumschmuck dienen. Grrrr.

„Frau Meester, was unternehmen Sie in den nächsten Wochen zur Förderung Ihres Umsatzes?“

Ich sehe meinen Chef an, senke nicht den Kopf, sondern zwinge mich, seinen Blick auszuhalten. „Wir haben neu dekoriert, zum Schulanfang nach den Ferien einige wirklich gute Lockangebote, neue Prospek…“

„Ich will die aktuellen Umsatzzahlen am Ende der Woche sehen“, unterbricht er mich, und mein Gesicht fühlt sich an, als würde es gleich in glühender Hitze explodieren. Wenn der Boss die Umsätze jeder einzelnen Woche prüfen will, steht man auf der Abschussliste. Deutlicher konnte er nicht sagen, dass er mich für unfähig hält.

Der Neue, Thomas Graf, sitzt mir gegenüber. Seine Kieferknochen arbeiten und er sieht mich aus seinen fast schwarzen Augen durchdringend an.

Arschloch,bilde dir bloß nicht ein, dass du das besser könntest.

Er verzieht keine Miene, ist die Ruhe selbst. So betrachtet ein Sadist ein Mäuschen, das zu einer Schlange in ein Terrarium gesteckt wird. Am liebsten würde ich diesem arroganten Sack meinen Ordner an den Kopf werfen. Stattdessen schlage ich ihn zu und stehe auf, denn der Chef beendet in diesem Moment die Konferenz. Ich trete so schnell vom Tisch zurück, dass mein Stuhl umkippt. Auch das noch.

„Hoppla.“ Manuela, Abteilungsleitung Damenmode, schüttelt leicht genervt den Kopf, lächelt jovial zu Thomas Graf hinüber und macht demonstrativ einen weiten Bogen um mich.

Ich bücke mich und hebe den Stuhl auf. Wenigstens ist diese verkackte Sitzung jetzt zu Ende und ich kann nach Hause. Die nächsten Wochen werden Stress pur. Haben sich die Verkaufszahlen bis zum Monatsende nicht deutlich erhöht, verliere ich meinen Job. Die Drohung steht unausgesprochen im Raum. Ich muss meine Mitarbeiter unter Druck setzen. Jetzt kommt es auf jeden einzelnen Kunden an. Jeden Kunden anlächeln, egal, wie unhöflich oder bescheuert er ist, damit er etwas kauft und mir so mein Leben rettet. Wie ich das hasse.

Die Luft im Flur der Chefetage ist angenehmer als im Konferenzraum, aber das nützt mir nichts, denn längst breitet sich Migräne in meiner linken Kopfhälfte aus. Das war zu erwarten, ich bekomme immer Migräne, wenn ich unter psychischem Druck stehe. Hoffentlich wird mir nicht übel, bevor ich das Kaufhaus verlassen habe. Nachher kriegt noch einer meiner tollen Kollegen mit, wie ich mich auf dem Personalklo auskotze. Nein danke. Darauf kann ich gern verzichten. Ich starre geradeaus auf den Teppich und haste Richtung Treppenhaus.

Ich fahre nie Fahrstuhl, weil ich in diesen engen Dingern Platzangst bekomme. Deshalb dauert es ewig, das Gebäude zu verlassen. Auf der dritten Treppe stolpere ich fast, umklammere das Geländer, aber Minuten später habe ich es geschafft. Endlich, die Tür in die Freiheit.

Draußen muss ich die Augen zusammenkneifen, denn obwohl es schon siebzehn Uhr ist, blenden mich helle Sonnenstrahlen. In der Prager Straße, der Dresdener Fußgängerzone, ist viel los. Touristen schlendern in Richtung Zwinger und Semperoper. Der Kontrast zur angespannten Situation, aus der ich gerade komme, ist riesig. Die Leute müssen mich für total bescheuert halten, bei diesem herrlichen Wetter so ein mürrisches Gesicht zu ziehen. Aber die haben ja auch keine Ahnung. Ich wende mich in Richtung der Bushaltestelle. Die ist nicht weit von hier entfernt und ich gehe mit großen Schritten vorwärts. Bloß weg hier.

Plötzlich umfasst jemand mit festem Griff meinen Oberarm. Ich zucke zusammen, bleibe ruckartig stehen und sehe nach links. Es ist der Neue, Thomas Graf.

„Ich nehme dich mit“, sagt er so gelassen, als wäre es völlig selbstverständlich, mir Anweisungen zu erteilen.

Spinnt der? Wir kennen uns doch gar nicht. Ich habe noch nie ein privates Wort mit ihm gewechselt.

„Nicht nötig.“

Ich will mich aus seinem Griff lösen, doch er hält mich weiterhin fest und zieht mich völlig unbeeindruckt weiter. Was bildet der sich denn ein?

„Mein Auto steht gleich um die Ecke.“

Der Überfall kommt zu plötzlich für mich, um souverän reagieren zu können. Stattdessen starre ich ihn an und stottere wie ein Kind. „Ich will nicht!“

Er lächelt. „Ich aber.“

Ich hasse es, überrumpelt zu werden, und ich hasse Männer, die mich nicht ernst nehmen. Besonders, wenn sie so aussehen wie dieser Typ. Er ist mindestens einen Kopf größer als ich, hat beeindruckend breite Schultern, dunkelbraune, fast schwarze, kurze Haare und dunkle Augen, die mich nervös machen, sobald er sie auf mich richtet. Ich hasse das. Wenn er mich ansieht, fühle ich mich wie von Röntgenstrahlen durchleuchtet. Seine Haut hat diesen leichten Bronzeton, als läge er den ganzen Tag nur an einem Pool.

Ich kenne den Typen erst seit vier Wochen. Er war vorher im Berliner Hauptsitz des Konzerns. Eigentlich ist die Versetzung nach Dresden nicht gerade eine Beförderung, aber ihn scheint das nicht zu stören. Er ist immer gelassen und verdammt selbstsicher, so offensichtlich den Erfolg gewohnt, dass ich ihn dafür hasse, obwohl ich ihn gar nicht kenne. Den quälen garantiert nie Selbstzweifel. Warum auch, so wie er aussieht? Alle Frauen unserer Filiale fangen an, albern zu kichern, wenn er sie ansieht. Wirklich widerlich.

Energisch stemme ich die Füße in den Boden. „Lass mich los. Spinnst du?“

Er bleibt dicht vor mir stehen, sein fester Griff wird zu einem sanften Streicheln meines Armes bis hinunter zum Ellenbogen, und ich bin zu perplex, um ihn abzuwehren. „Es geht dir schlecht, und ich fahre dich nach Hause. Warum ist das ein Problem für dich?“

„Ich will alleine sein.“ Der Satz rutscht mir über die Lippen, bevor ich darüber nachdenken kann. Ich höre mich an wie ein trotziges Kind. Oh Mann! Souverän ist anders.

„Du brauchst kein Wort mit mir zu reden und mich nicht anzusehen. Ich fahre dich und setze dich zu Hause ab. Okay?“

Seine Stimme klingt ruhig, der ganze Mensch ist die Ruhe selbst. Bevor ich wieder irgendwelchen kindischen Blödsinn von mir gebe und die Leute um uns herum anfangen, zu lachen, kapituliere ich. Was soll’s. Ich komme nicht gegen ihn an, atme aus und nicke resigniert.

„Dann komm.“

Wieder umfasst er meinen Oberarm, sanft, aber deutlich, als wollte er verhindern, dass ich nicht doch noch abhaue. Ich versuche, ihn mit meinem Blick zu töten, doch er ignoriert das.

Wir schweigen, während wir zu seinem Auto gehen, denn sämtliche Ideen für Small Talk sind in den Weiten meines Unterbewusstseins verloren gegangen, und er sagt auch nichts.

Es klackt, als er per Fernbedienung den großen dunklen BMW aufschließt, der in der nächsten Seitenstraße parkt. Er öffnet die Beifahrertür, schiebt mich mit sanftem Druck zwischen meinen Schulterblättern Richtung Sitz und schließt sie hinter mir, nachdem ich eingestiegen bin.

Ich kann mich nicht daran erinnern, wann zum letzten Mal jemand eine Tür für mich geöffnet hat, und habe auch noch nie in einem so edlen Auto gesessen. Mein innerer Widerstand löst sich in Wohlgefallen auf. Vielleicht bin ich auch einfach zu erschöpft, um an meinen Lebensgrundsätzen, die mir den Umgang mit reichen arroganten Arschlöchern verbieten, festzuhalten. Ich lehne mich im wuchtigen Sitz des noblen Wagens zurück und erlaube mir, das Gefühl unglaublicher Bequemlichkeit zu genießen. Thomas Graf ist auch eingestiegen und startet den Motor, der keinen richtigen Lärm verursacht, sondern nur unauffällig summt, als das Auto beschleunigt. Aus unsichtbaren Lautsprechern ertönt leise klassische Musik. Geige. Angenehm.

Souverän steuert er den Wagen durch den Verkehr. Als wir vor einer Ampel stoppen müssen, blickt er zu mir herüber. „Bist du allein?“

„Wie bitte?“

„Es geht dir nicht gut. Hast du jemanden, einen Partner, Mann, Freund, der für dich da ist?“

Wieso stellt mir ein vollkommen Fremder so eine Frage? Ich will nicht über Persönliches reden. Mit ihm schon gar nicht. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“

„Also nicht.“ Er legt seine Hand auf meinen Arm.

Mitleid? Hat der Typ etwa Mitleid mit der zukünftigen Ex-Abteilungsleiterin? Ärgerlich schüttele ich seine Hand ab, presse die Lippen aufeinander und starre nach vorn auf die Straße. Der soll mich doch einfach in Ruhe lassen.

Plötzlich blinkt er, bremst und biegt in die Einfahrt einer Tiefgarage ein.

„Wo willst du hin?“

„Ich wohne hier.“

„Du wolltest mich nach Hause bringen!“

Er parkt das Auto. Der Motor geht aus. Wieder legt er seine Hand auf meinen Arm. Dieses Mal sehr sanft und viel zu zärtlich – dafür, dass wir uns gar nicht kennen. Es fühlt sich verführerisch gut an, ich bin es nicht mehr gewohnt, so beiläufig zärtlich berührt zu werden. Ich hasse, dass es sich gut anfühlt, denn der Typ ist garantiert einer dieser arroganten Ärsche, die Frauen nur für ein kurzfristiges unkompliziertes Vergnügen mit nach Hause nehmen. Da bin ich ganz sicher. Wie armselig, die Berührung von einem Typen wie ihm zu genießen.

„Wenn es dir schlecht geht, solltest du nicht allein sein“, sagt er. „Wir trinken Kaffee, lästern über die Arschlöcher in der Firma, und wenn du wieder lachen kannst, fahre ich dich nach Hause.“

Irritiert sehe ich ihn an. Er hat den Kopf schräg gelegt und zwinkert mich an. Plötzlich ist die Arroganz aus seinem Gesicht verschwunden, stattdessen sehe ich das verschmitzte Grinsen eines frechen, netten Jungen.

Damit entlockt er mir ein Schmunzeln. „Die Arschlöcher in der Firma … soso. Eine derartige Ausdrucksweise hätte ich dir gar nicht zugetraut.“

Er lacht, steigt aus, geht um das Auto herum und öffnet die Beifahrertür. „Na los. Komm schon.“

Ich steige aus.

„Hier lang.“ Wieder legt er die rechte Hand warm zwischen meine Schulterblätter, was sich leider auch extrem gut anfühlt, und deutet mit der linken nach vorn.

Ich gehe neben ihm und stocke erst, als ich erkenne, dass wir direkt auf den Fahrstuhl zusteuern. Panisch sehe ich mich um. „Wo ist das Treppenhaus?“

Er zieht die Augenbrauen hoch. „Ich wohne ganz oben. Das sind vierzehn Stockwerke.“

Scheiße. Mein Magen verknotet sich und alle Muskeln meines Körpers verkrampfen. Mal wieder so eine peinliche Situation. Wie ich das hasse! Wir haben den Fahrstuhl erreicht und er drückt auf den Knopf. Mein Herz klopft schneller. Als das dunkle Summen ankündigt, dass das Teufelsding angekommen ist, donnert mein Herzschlag in meiner Brust wie ein Schmiedehammer auf glühendem Stahl.

„Ich laufe“, stoße ich keuchend aus. „Ich kann da nicht rein. Platzangst.“

Die Türen öffnen sich. Ehe ich es verhindern kann, schiebt Thomas mich hinein und ich reiße die Arme hoch. „Nein, verdammt, lass mich!“

Er bleibt in der Tür stehen, sodass die nicht zugehen kann. „Wenn du laufen willst, musst du aus dem Gebäude hinaus, durch den Hintereingang wieder rein und dann brauchst du eine halbe Stunde bis ganz nach oben, falls deine Kondition gut ist, andernfalls deutlich länger. Vertrau mir. Ich helfe dir und du kannst es aushalten. Ich verspreche es.“

Bevor ich wirklich denken kann, finde ich mich in seiner Umarmung wieder, und ich bin nicht sicher, ob er mich überwältigt hat oder ich mich an ihn klammere. Er hat mich in eine Ecke gedrängt, versperrt mir mit seinem Körper den Weg zur Tür und umarmt mich fest. Seine linke Hand drückt meinen Kopf gegen seine Brust. „Mach die Augen zu und atme ganz ruhig weiter.“

Das ist kein gut gemeinter Rat, sondern ein Befehl, und definitiv ist er es gewohnt, dass man ihm gehorcht. Ein Teil von mir versucht, ihn wegzudrücken, doch er ist so stark, dass ich mich keinen Millimeter von ihm entfernen kann. Die Türen schließen sich und der Fahrstuhl setzt sich mit einem Ruck in Bewegung. Ich kann nicht verhindern, dass mir ein wimmerndes Geräusch entschlüpft, denn es gibt plötzlich keinen Sauerstoff mehr, den ich einatmen könnte.

„Augen zu und ausatmen. Vertrau mir“, befiehlt er wieder, diesmal allerdings ruhig und sanft, und nun gehorche ich, presse meine Stirn gegen seine Brust, denn einen Ausweg gibt es ohnehin nicht mehr. Ich bin in dem Scheißding gefangen. War Thomas eben noch mein Feind, so ist er jetzt mein einziger Halt. Sein Duft umfängt mich und scheint mein Denken zu beeinflussen. Es ist dunkel, denn ich kneife die Augen zu. Seine Hand streichelt beruhigend meinen Nacken. „Ausatmen,“ murmelt er in mein Ohr, „Ganz ruhig. Alles ist gut. Dir passiert nichts. Ich bin da und passe auf. Konzentrier dich nur aufs gleichmäßige Atmen.“

Seine Stimme hypnotisiert mich auf eigenartige Weise. Plötzlich ruckelt es noch einmal, dann gehen die Türen auf. „Schon überstanden“, sagt er und küsst mich hauchzart und sanft auf die Stirn, bevor er mich loslässt.

Ich öffne die Augen, und erst jetzt merke ich, dass meine Finger sich in seinen Jackenaufschlägen verkrampft haben.

Ich öffne sie augenblicklich. Meine Hände zittern und mit einem großen Schritt flüchte ich aus dem Fahrstuhl.

Er sagt keinen Ton, macht sich nicht über mich lustig. Kein dämliches Na-siehst-du-war-doch-gar-nicht-schlimm, wie Erwachsene es einem Kind sagen, nachdem sie es zu etwas Gemeinem gezwungen haben. Misstrauisch sehe ich zu ihm hinüber, doch er tut so, als ob nichts gewesen wäre, überquert den Flur und öffnet seine Wohnungstür schräg gegenüber dem Fahrstuhl.

Wir gehen hinein und ich sehe mich um. Ja, so habe ich mir seine Wohnung vorgestellt, nobel bis ins Detail. Ein großes Wohnzimmer mit breiter Fensterfront und einer fantastischen Aussicht über die ganze Stadt, eine Terrasse, eine riesige Wohnlandschaft aus schwarzen klobigen Ledermöbeln, der Fußboden aus edlen, dunklen Holzdielen, ein teurer hypermoderner Fernseher. Alles wirkt sehr aufgeräumt und sehr teuer.

Kapitel 2

Thomas

Ich arbeite erst seit wenigen Wochen in der Dresdener Filiale unseres Konzerns, doch diese Frau ist mir bereits am ersten Tag aufgefallen, und seitdem beobachte ich sie. Nicht wie ein krankhafter Spinner, aber doch mit großem Interesse. Sie heißt Karina. Was für ein schöner Name. Man kann ihn sich im wahrsten Sinne des Wortes auf der Zunge zergehen lassen. Sie ist sehr schlank, fast zu schmal, und gut einen Kopf kleiner als ich. Sie ist intelligent und hat Ziele, aber sie ist auch schüchtern. Ihre Gesichtszüge sind hart, als ob sie Angst hätte, nicht selbstbewusst zu wirken, wenn sie Weichheit zulässt. Ich glaube, sie ist ihren Mitmenschen gegenüber misstrauisch, denn sie zieht oft die Schultern hoch, als ob sie sich bedroht fühlt. Dann möchte ich sie am liebsten in den Arm nehmen und beschützen.

Sie hat wunderschöne lange, kastanienbraun glänzende, glatte Haare. In meiner Fantasie greife ich mit meiner Hand in diese Haare, um so ihren Kopf zu fixieren und mit der Zunge in ihren Mund einzudringen, ohne dass sie mir ausweichen kann.

Sie trägt stets hochgeschlossene und eher weite Blusen, als wollte sie verbergen, dass sie eine Frau ist. Seit ich Karina das erste Mal gesehen habe, möchte ich meinen Daumen auf ihre Stirn legen und die tiefe Falte glätten, die sich dort immer eingräbt, wenn sie anderen gegenüber auf Abstand geht. Und seit sie das erste Mal meinem Blick ausgewichen ist, weiß ich, dass sie unter ihrer harten Maske schüchtern ist. Und seit ich einmal einen Blick auf einen erotischen BDSM-Roman in ihrer offenen Handtasche werfen konnte, glaube ich, dass sie devot ist. Es könnte natürlich sein, dass sie nur mal aus Neugierde so ein Buch gelesen hat, aber das glaube ich nicht. Ich fühle, dass unsere sexuellen Vorlieben kompatibel sind, und in den allermeisten Fällen täuscht mich mein Gespür Frauen gegenüber nicht. Allerdings bin ich auch überzeugt davon, dass sie noch nie ihre BDSM-Fantasien ausgelebt hat. Auch so ein Gefühl, das ich nicht wirklich begründen kann.

Heute während der Konferenz haben sie sie richtig fertiggemacht. Hartmann, der Boss hier in Dresden, hat sie vor allen Kollegen bloßgestellt, und die haben es genossen, böse lächelnde Zeugen zu sein. Karinas Verkaufszahlen sind nicht gut. Okay, das ist ein Problem, welches er aber auch unter vier Augen mit ihr hätte besprechen können.

Stattdessen haben alle ihre wachsende Nervosität beobachtet. Keiner hat ihr beigestanden. Alles Arschlöcher. Ich habe sie angesehen, wollte ihr Mut machen, ihr zeigen, dass sie nicht allein ist, doch sie hat die Lippen fest zusammengekniffen und ist meinem Blick ausgewichen. Anscheinend hat sie meinen Gesichtsausdruck gegensätzlich interpretiert. Sie ist eben sehr misstrauisch – oder ich bin zu blöd, um ein nettes Gesicht zu machen.

In meiner Position habe ich Einsicht in alle betrieblichen Belange, auch in die Personalakten. Aus ihrer weiß ich, dass sie ledig ist und seit fast zehn Jahren für den Konzern arbeitet. Nach der Schule hat sie die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau in der Hamburger Filiale des Kaufhauses absolviert, danach ist sie übernommen worden, und vor einem Jahr hat man ihr, verbunden mit einem Wechsel nach Dresden, die Position einer Abteilungsleiterin angeboten, um ihre Karriere anzukurbeln. Aber Dresden ist nicht gerade eine Goldgrube, die Umsätze betragen maximal siebzig Prozent von denen in Hamburg. Es hier zu etwas zu bringen, würde beweisen, wie gut sie in ihrem Job ist. Sie hat die Herausforderung angenommen. Hätte sie jedoch gewusst, dass sie hier nur Neid und Feindschaft statt Unterstützung erfährt, wäre sie sicher lieber eine einfache Verkäuferin in Hamburg geblieben. Hier ist sie Abteilungsleiterin, und sie macht ihren Job dafür, dass sie noch so jung ist, wirklich sehr, sehr gut.

Seit mir Karina zum ersten Mal begegnet ist, interessiert sie mich, weil sie anders ist als die Frauen, mit denen ich vorher zu tun hatte. Vermutlich liegt das auch daran, dass ich mich wegen meiner eigenen Probleme in meiner Jugend so ausgiebig mit Psychologie beschäftigt habe und glaube, sie besser zu verstehen, als sie sich selbst.

Fuck, sie interessiert mich nicht nur, ich will sie. Vermutlich mache ich einen großen Fehler. BDSM und wahres Leben sollte man trennen, und Berufliches und Privates erst recht, aber bei ihr setzt mein Verstand aus und vermischt alles.

Ich möchte ihr zeigen, wie gut es sich anfühlt, unter meiner Obhut schwach zu sein, möchte sie zwingen, mir ihre Seele zu öffnen, und sie beschützen, wenn sie dann verletzlich vor mir liegt. Ich möchte ihren Blick vertrauensvoll auf mich gerichtet sehen und sie dafür lieben, und dann möchte ich sie wieder stolz und aufgerichtet in den Alltag schicken, nur, um sie abends erneut dazu zu bringen, in meinen Armen schwach zu sein. Mittlerweile bin ich in den Fantasien mit ihr so sehr gefangen, dass ich Angst habe, zu einem Psychopathen zu werden, aber ich kann mich nicht dagegen wehren.

Eigentlich wollte ich mich ihr langsam annähern, wollte, dass sie mich in Ruhe kennenlernt. Aber nach dieser ätzenden Konferenz im Kaufhaus habe ich spontan entschieden, sie mitzunehmen. Ich bringe es nicht übers Herz, sie nach dieser Sitzung in ihre leere, einsame Wohnung zu schicken. Sie weiß vielleicht selbst nicht, was sie braucht, oder sie will es nicht wahrhaben, doch ich bilde mir ein, es zu wissen. Ich werde ihr anbieten, sie als dominanter und sadistischer Partner in die Welt des BDSM einzuführen. Vielleicht ist es ein riesengroßer Fehler und ich ernte ein paar saftige Ohrfeigen oder sogar eine Anzeige bei der Polizei, aber meine Vernunft hat sich verabschiedet, mein Herz handelt. Ich möchte sie an die Hand nehmen, ihr helfen loszulassen, und sie trösten, wenn sie in meinen Armen weint, und ich hoffe, sie schenkt mir ihre Tränen.

Eben am Fahrstuhl hatte ich keine Zeit, wirklich nachzudenken. Dass sie Platzangst hat, wusste ich nicht. Mal wieder habe ich spontan entschieden, und es hätte die falsche Entscheidung sein können. Ich ärgere mich darüber, denn das war verantwortungslos, und ich möchte mir zur Strafe am liebsten selbst den Arsch versohlen. Zum Glück ist sie nicht ausgerastet, sondern hat auf meine Dominanz so reagiert, wie ich es mir gewünscht habe. Und nun will ich sie noch mehr als zuvor.

Sie steht am Fenster und schaut über die Stadt, hat die Schultern hochgezogen und wirkt verkrampft. Nicht mehr lange, hoffe ich, und muss innerlich lächeln. Sie wird sich wehren, und vielleicht muss ich ihr wehtun, damit sie ihre Gefühle herauslässt. Nein, vielleicht darf ich ihr wehtun, berichtige ich mich im Geiste, aber danach wird es ihr gut gehen, hoffe ich von ganzem Herzen.

Ihre harte Mimik macht ihr Gesicht hässlich. Das hört sich gemein an, aber so meine ich es nicht. Für mich ist sie immer schön, aber andere sehen sie nicht so, wie ich sie sehe. Wahre Schönheit kommt von innen. Das hat meine Mutter immer gesagt. Ich hoffe, dass Karina die ganze böse Welt mit ihrer Schönheit blendet, wenn wir ein Paar sind. Ich habe noch keine Frau getroffen, die nicht schön ist, wenn sie glücklich ist.

Während ich sie beobachte, erwacht schon wieder meine Fantasie. Die Vorstellung, Karinas Körper in Ekstase und Hingabe betrachten zu dürfen, erregt mich. Mein Schwanz wird hart, aber das sollte sie vorerst nicht mitbekommen. Panik und Angst vor erzwungener Nähe oder gar einer Vergewaltigung ist wirklich das Letzte, was ich bei ihr auslösen will. Sie kennt mich noch nicht. Ich bin für sie ein Fremder, von dem sie nicht weiß, warum er sie in seine Wohnung gebracht hat. Natürlich bin ich ihr nicht so fremd, dass sie Angst vor mir haben müsste, und das weiß sie auch, sonst hätte sie sich im Fahrstuhl nicht plötzlich an mich geklammert, sondern wäre wirklich die Treppen hinaufgelaufen oder gar nicht mit in meine Wohnung gekommen. Ich bin ziemlich sicher, dass sie sich zu mir hingezogen fühlt. Ab und zu habe ich in den vergangenen Wochen gemerkt, dass sie mich heimlich beobachtet hat, und wenn ich sie angesprochen und angelächelt oder ihr höflich eine Tür aufgehalten habe, überzogen sich ihre Wangen mit einer schönen Röte und sie wurde verlegen.

Der Kaffeeautomat surrt. Ich habe uns in der Küchenzeile per Knopfdruck einen Cappuccino gemacht und gehe nun zu ihr zurück. Als sie meine Nähe registriert, zieht sie die Schultern ruckartig noch mehr hoch. Ich reiche ihr eine der Tassen und stelle mich neben sie.

Sie rührt so nervös in ihrem Cappuccino herum, dass der Löffel immer wieder gegen das Porzellan stößt. Schließlich legt sie ihn auf die Untertasse und trinkt einen Schluck.

„Schmeckt er dir? Ich habe einen Löffel Zucker reingetan, so trinkst du deinen Kaffee in den Konferenzen immer.“

Sie nickt. „Ja, danke.“

Nervös dreht sie die Tasse am Henkel hin und her, denkt wohl, sie müsste Small Talk halten. „Du hast eine schöne Wohnung“, bringt sie schließlich heraus.

Sie sollte mir leidtun, so gefangen in ihrer Unsicherheit, aber ganz ehrlich muss ich zugeben, dass es mir gefällt. Ich bin dominant und ein Sadist. Es ist keine Schadenfreude, sondern eher vergleichbar mit Vorfreude.

Seit der Aktion im Fahrstuhl ist sie erst recht verunsichert, weiß anscheinend gar nicht mehr, wie sie mich einschätzen soll. Es ist rührend, zu sehen, wie sie verzweifelt versucht, ihre coole, beherrschte Fassade aufrecht zu erhalten. Ich gebe ihr noch etwas Zeit, sich zu beruhigen … okay, ich genieße noch eine Weile ihre Unsicherheit.

„Ja, mir gefällt die Wohnung auch“, antworte ich beiläufig. „An diese Stadt konnte ich mich allerdings noch nicht so richtig gewöhnen. Wie ist es bei dir? Aus Hamburg nach Dresden, wie fühlt man sich da?“

Ruckartig dreht sie den Kopf zu mir und zieht die Augenbrauen hoch. „Woher weißt du, dass ich aus Hamburg komme?“

Autsch. Erwischt. Ich zucke mit den Schultern. „Hat irgendjemand erzählt.“

Sie wird zum Glück nicht misstrauisch, sondern zuckt nur mit den Schultern. „Am Anfang war es schwierig, jetzt habe ich mich ganz gut eingewöhnt.“

Wir reden ein wenig, während wir unseren Kaffee trinken. Es ist nichtssagendes Gerede, aber sie wird allmählich ruhiger. Die Pause sei ihr gegönnt. Sie wird sich noch mehr als genug anstrengen müssen, falls sie auf meinen Vorschlag eingeht.

Endlich hat sie ausgetrunken. Ich nehme ihr die Tasse ab und stelle auch meine weg. Dann trete ich hinter sie und lege meine Hände auf ihre Schultern. Sie zuckt zusammen.

„Warum bist du so angespannt. Hast du Angst vor mir?“

Sie wird ganz steif, muss sich anscheinend zwingen, stehen zu bleiben.

Ich schmunzele. Glaubt sie tatsächlich, mir ihre Gefühle verheimlichen zu können? Sanft massiere ich ihre angespannten Nackenmuskeln und gönne mir den Spaß, sie zu provozieren. „Lass locker, kleines verklemmtes Mädchen. Du wünschst dir doch, dass ich dich anfasse.“

„Wie bitte?“, platzt es aus ihr heraus. Sie tritt energisch einen Schritt vor und dreht sich zu mir um.

Perfekt. Das ist besser als das angespannte Schweigen.

Kapitel 3

Karina

Er steht vor mir und grinst. Dieser arrogante Arsch.

Schnell trete ich zur Seite, weg aus seiner Nähe.

„Du hältst mich für ein arrogantes Arschloch, nicht wahr?“, fragt er lässig.

Kann der Typ Gedanken lesen? Ich spüre, dass ich knallrot anlaufe. „Du benimmst dich ja auch so“, erwidere ich und zwinge mich dazu, seinem durchdringenden Blick nicht auszuweichen.

Er macht einen Schritt auf mich zu. „Du bist unsicher, weil du mich noch nicht kennst. Du bist grundsätzlich Fremden gegenüber schüchtern, aber weil man dir in deiner Kindheit eingebläut hat, dass Schüchternheit nicht richtig ist, versteckst du sie hinter Härte und Arroganz. Stimmt’s? Woher ich das weiß? Ich habe mich ausgiebig mit Psychologie beschäftigt und deine Körpersprache ist eindeutig. Dieses Verhalten ist dir in Fleisch und Blut übergegangen, sodass du dein wahres Wesen nicht mehr zeigen kannst. Sag mir einfach, wenn ich mich täusche.“ Er lächelt.

Das ist pure Provokation und macht mich viel wütender, als sie es sollte. Warum prallen seine Worte nicht wirkungslos an mir ab? Er ist doch bloß ein arroganter, in sich selbst verliebter Typ, der Blödsinn redet. Trotzdem kocht die Wut in mir, als hätte jemand ein Streichholz an trockenes Stroh gehalten. Der unbeherrschte Zorn bestimmt mein Denken und Handeln, ohne dass ich es kontrollieren kann.

„Du spinnst doch total!“ Ich will raus hier. Keine Sekunde länger bleibe ich bei diesem Widerling. Ich hetze zur Wohnungstür und reiße an der Klinke. Abgeschlossen.

Er schlendert etwas näher, lehnt sich an die Kante eines Sideboards und verschränkt die Arme vor der Brust. Sein Blick ist durchdringend. „Ich wette, du sitzt nachts vor dem Computer und suchst nach BDSM, Fesseln und Peitschen, betrachtest Bilder, liest Storys und befriedigst dich dabei mit den Fingern.“

„Es geht dich einen Scheißdreck an, was ich nachts mache. Schließ sofort auf. Ich will gehen.“

„Willst du wirklich gehen? Ich glaube, du bist nur zu feige, dich mit mir und deinen Gefühlen für mich auseinanderzusetzen.“

„Wie kann man nur so eingebildet sein? Ich wollte nicht in deine Wohnung und jetzt will ich definitiv nicht länger bleiben. Also schließ diese verdammte Tür auf.“

Ich zittere und balle die Fäuste vor Wut, um es vor ihm zu verbergen. Zum Glück kommt er nicht näher.

„Keine Angst, wenn du wirklich gehen willst, bringe ich dich gleich nach Hause. Aber hör mir vorher noch kurz zu.“

Er wartet.

„Was denn?“, frage ich schließlich gereizt, um das hier endlich hinter mich zu bringen.

„Ich habe sadistische Neigungen“, erzählt er so gelassen, als ginge es um das Wetter. „Ich mag es, wenn eine Frau erobert und besiegt werden will. Erschrick bitte nicht, normalerweise rede ich über meine Neigungen erst, wenn eine Frau mich bereits besser kennengelernt hat. Bei dir mache ich eine Ausnahme, weil ich glaube, dass du dich genau danach sehnst.“

Seine Worte treffen wie elektrische Schläge direkt in meinen Bauch. Schlagartig pulsiert es in meiner Klit und ich werde feucht. Alle meine heimlichen Fantasien erwachen wie ein Feuerwerk an Silvester zum Leben. Wie kann er so was von mir wissen? Wieso weiß dieser Mann, wovon ich träume? Mein Gesicht glüht. Bestimmt laufe ich gerade knallrot an. So eine Scheiße! Bloß raus hier!

„Schließ auf.“ Ich hoffe, meine Stimme klingt fest und selbstbewusst.

„Habe ich den Nagel auf den Kopf getroffen? Du musst keine Angst haben. Weder vor mir noch vor unseren zueinander passenden Neigungen.“

Ich sehe ihm entschlossen in die Augen. „Du irrst dich.“

Er lächelt. „Du bist in mein Auto gestiegen und hast dich mitnehmen lassen, ohne mir deine Adresse zu sagen. Du wolltest, dass ich dich bei mir behalte.“

„Nein. Ich habe nur vergessen, dir meine Adresse zu sagen.“

„Du hast dich im Fahrstuhl mir anvertraut.“

„Was hätte ich denn sonst tun sollen? Du hast mich überrumpelt!“

Er nickt. „Das stimmt und es war nicht richtig. Ich habe aus dem Gefühl heraus impulsiv gehandelt, ohne nachzudenken. Das mache ich leider manchmal. Aber sei trotzdem ehrlich zu dir selbst. Wie hat es sich angefühlt?“

Er grinst nicht. Er hat seinen Fehler zugegeben und sieht mich sehr ernst an.

Ich habe mich an ihm festgeklammert und … ich habe mich beschützt gefühlt. Ich schlucke. Meine Lippen sind trocken. Ich starre ihn an, kann den Blick nicht senken. Das ist seltsam, denn ich starre normalerweise immer Löcher in den Fußboden, wenn ich unsicher bin, aber jetzt ist irgendetwas anders, ganz anders. Es ist, als würden unsere Augen stumm miteinander kommunizieren, und das Pulsieren zwischen meinen Beinen wird immer aufdringlicher.

Jetzt kommt er auf mich zu. Mein Herz klopft bis zum Hals. Dicht vor mir bleibt er stehen. Seine Augen sind noch dunkler als sonst. Er legt eine Hand hauchzart an meinen Hals und streicht mit dem Daumen über meine Wange. Ich will zurückweichen. Ich muss zurückweichen, aber mein Körper weigert sich, meinem Verstand zu gehorchen. Meine Füße fühlen sich wie einzementiert an. Ich bleibe stocksteif stehen.