Fluss der Wunder - Ann Patchett - E-Book

Fluss der Wunder E-Book

Ann Patchett

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Beschreibung

Als der Biologe Anders Eckman auf der Suche nach Dr. Swenson im brasilianischen Regenwald verschwindet, soll Swensons ehemalige Studentin Marina Singh dem Fall nachgehen und die eigenwillige Forscherin aufspüren, die sich seit Jahren weigert, Berichte an ihr Institut zu liefern. Marina folgt Eckmans Spuren und wagt sich auf eine gefährliche Reise ins dunkle Herz des Amazonas, um zu klären, was es mit Swensons geheimnisvollen Studien über die Fruchtbarkeit der Ureinwohner auf sich hat. Doch je näher sie ihrem Ziel auf dem Rio Negro entgegenreist, desto klarer wird ihr, dass sie sich nicht nur den Gefahren des Urwalds, sondern auch ihren eigenen Ängsten stellen muss ... Fluss der Wunder ist ein intelligenter Abenteuerroman mit einer faszinierenden Heldin, ein packendes Stück Literatur über Wissenschaft und Moral, den Schrecken der Natur und das Grauen im Herzen eines jeden, der Grenzen überschreitet, an denen kein Mensch jemals rühren sollte.

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Ann Patchett

FLUSSDERWUNDER

Roman

Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence

Für meine Freundin Jo VanDevender

Eins

Die Nachricht von Anders Eckmans Tod kam mit einem Aerogramm, einem Stück hellblauem Luftpostpapier, das gleichzeitig als Briefpapier und Umschlag diente. Dazu wurde es zusammengefaltet und an den Seiten verschlossen. Wer hätte gewusst, dass es so etwas noch gab? Dieses eine Stück Papier war von Brasilien nach Minnesota gereist, um den Tod eines Mannes zu verkünden, und das Papier war so hauchdünn, so körperlos, dass es allein durch die Briefmarke in dieser Welt gehalten zu werden schien. Mr Fox hatte es in der Hand, als er ins Labor kam, um Marina die Nachricht zu überbringen. Sie sah ihn in der Tür stehen, lächelte ihm zu, und ihr Lächeln ließ ihn zögern.

»Was ist?«, fragte sie endlich.

Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Als er es noch einmal versuchte, brachte er zumindest ein »Es schneit« heraus.

»Ich hab’s im Radio gehört.« Das Laborfenster ging auf den Flur hinaus, und so sah sie immer erst mittags, wie das Wetter war. Sie wartete, dass Mr Fox sagte, weswegen er gekommen war. Sicher war er nicht aus seinem gute zehn Gebäude entfernten Büro durch den Schnee hergestapft, um mit ihr über das Wetter zu reden. Stumm stand er in der offenen Tür, unfähig, hereinzukommen oder wieder zu gehen. »Ist dir nicht gut?«

»Eckman ist tot«, sagte er endlich, bevor ihm die Stimme versagte, und dann gab er ihr ohne weitere Erklärung den Brief, damit sie sah, wie wenig er über diese schreckliche Sache wusste.

Es gab mehr als dreißig unterschiedlich große Labor- und Bürogebäude auf dem Gelände von Vogel. Einige der Labors boten zwanzig Arbeitsplätze für Laboranten und Wissenschaftler, andere waren voller Käfige mit Mäusen, Affen und Hunden. Marina hatte sich ihr Labor die letzten sieben Jahre über mit Dr. Eckman geteilt. Es war so klein, dass Mr Fox nur den Arm ausstrecken musste, um ihr den Brief zu geben, mit dem sie sich langsam auf den grauen Plastikstuhl neben der Zentrifuge sinken ließ. Plötzlich verstand sie, warum die Leute sagten: Vielleicht setzt du dich besser. Es war eine Art sanfter Kollaps. Nicht, dass ihr schwindlig wurde, aber etwas in ihr fiel in sich zusammen. Wie die Teile eines übergroßen Zollstocks bewegten sich Füße, Knie und Hüften aufeinander zu. Anders Eckman, sie sah ihn in seinem weißen Laborkittel vor sich, das dichte blonde Haar durchzogen von ersten grauen Strähnen, Anders, der ihr eine Tasse Kaffee brachte, weil er sich selbst auch eine geholt hatte, Anders, der ihr die Unterlagen gab, nach denen sie ihn gefragt hatte, der halb auf ihrem Schreibtisch saß, während er ihre Proteindaten durchsah, Anders, der dreifache Vater, Anders, der noch keine fünfzig war. Ihr Blick fiel auf das Datum des Briefes, den fünfzehnten März. Abgestempelt worden war er am achtzehnten März. Heute hatten sie den ersten April. Nicht nur, dass er tot war, er war es schon seit zwei Wochen. Sie hatten sich damit abgefunden, nicht oft von ihm zu hören, und ihr wurde bewusst, dass er schon so lange weg war, dass sie manchmal fast den ganzen Tag nicht an ihn gedacht hatte. Die Abgeschiedenheit des Amazonas-Nebenflusses, an dem Dr. Swenson ihre Forschungen anstellte, war den Leuten in Minnesota seit langem bewusst. (Morgen übergebe ich diesen Brief einem Kind, das in einem ausgehöhlten Baumstamm flussabwärts treibt, hatte Anders ihr geschrieben. Ein Kanu kann ich es nicht nennen. Angaben über die Wahrscheinlichkeit, dass der Brief sein Ziel erreicht, sind nirgends zu erhalten.) Trotzdem, das Amazonasbecken war Teil dieser Welt. Da musste es doch eine Internetverbindung geben? Hatten sie sich nie die Mühe gemacht, danach zu suchen? »Dass sie in so einem Fall nicht anruft? Gibt es denn keinen globalen Satelliten …?«

»Sie will kein Telefon, und es soll da auch nicht funktionieren.« So nahe sie sich in diesem ruhigen Raum auch waren, konnte sie seine Stimme doch kaum verstehen.

»Aber wo er doch …« Sie hielt inne. Er wusste es auch nicht. »Wo ist er jetzt?«, fragte Marina. Sie konnte sich nicht dazu bringen, seine Leiche zu sagen. Anders war keine Leiche. Vogel beschäftigte zahllose Wissenschaftler und Ärzte. Leute, die in Labors und Büros arbeiteten und zwischendurch Kaffee tranken. Schränke, Vorratsräume und Schreibtische lagen voller Pillen und Tabletten jeder nur erdenklichen Art. Vogel war ein Pharmaunternehmen, und wenn es etwas nicht gab, wurde es entwickelt. Wenn sie nur wüssten, wo Anders war, könnten sie sicher etwas für ihn tun – der Wunsch nach dem Unmöglichen vertrieb alle Wissenschaftlichkeit aus Marinas Denken. Die Toten waren tot waren tot waren tot, und doch musste Marina Singh nicht die Augen schließen, um Anders Eckman in der Cafeteria das Eiersandwich essen zu sehen, das er, seit sie ihn kannte, jeden Tag mit großem Genuss dort verspeist hatte.

»Liest du die Artikel über Cholesterin nicht?«, hatte sie ihn gefragt, immer bereit, den Stichwortgeber zu spielen.

»Ich schreibe die Artikel über Cholesterin«, sagte Anders darauf und fuhr mit dem Finger über den Rand seines Tellers.

Mr Fox hob die Brille und drückte sich sein zusammengefaltetes Taschentuch auf die Augenwinkel. »Lies den Brief«, sagte er.

Sie las ihn, stumm für sich.

Jim Fox,

die Regenfälle hier sind sintflutartig, der Jahreszeit entsprechend, und doch überraschen sie mich Jahr um Jahr. An unserer Arbeit ändern sie nichts, sie kosten uns nur Zeit, aber wenn sie uns auch behindern, von unserem Ziel abbringen lassen wir uns nicht. Wir bewegen uns stetig auf die erwarteten ausgezeichneten Ergebnisse zu.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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