Führungscoaching to go - Maren Lehky - E-Book

Führungscoaching to go E-Book

Maren Lehky

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Beschreibung

Führungskräfte müssen viel leisten: Orientierung und Sinn vermitteln, Stärke zeigen, motivieren, kritische Gespräche führen, knappe Ressourcen managen, Feedback geben. Dies wurde durch die Digitalisierung der Arbeitswelt nach Corona noch verstärkt. Maren Lehky stellt mit ihrem neuesten Buch Führungskräften für all diese Herausforderungen einen Coach an die Seite. Ihr Buch strotzt vor direkt anwendbarem Praxiswissen und hilft auch bei schwierigen Themen konkret und kompakt weiter, zum Beispiel: • Die besten Soforthilfen bei akutem Stress • Zwölf Tools für mehr Präsenz im Video • In fünf Schritten erfolgreich durch ein Kritikgespräch führen • Zehn Strategien für effektive Meetings, um Lebenszeit zu sparen

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Seitenzahl: 324

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Maren Lehky

FÜHRUNGSCOACHING TO GO

Schnelle Antworten auf konkrete Fragen im Alltag

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Führungskräfte müssen viel leisten: Orientierung und Sinn vermitteln, Stärke zeigen, motivieren, kritische Gespräche führen, knappe Ressourcen managen, Feedback geben. Dies wurde durch die Digitalisierung der Arbeitswelt nach Corona noch verstärkt. Maren Lehky stellt mit ihrem neuesten Buch Führungskräften für all diese Herausforderungen einen Coach an die Seite. Ihr Buch strotzt vor direkt anwendbarem Praxiswissen und hilft auch bei schwierigen Themen konkret und kompakt weiter, zum Beispiel:• Die besten Soforthilfen bei akutem Stress• Zwölf Tools für mehr Präsenz im Video• In fünf Schritten erfolgreich durch ein Kritikgespräch führen• Zehn Strategien für effektive Meetings, um Lebenszeit zu sparen

Vita

Maren Lehky studierte Soziologie in Hamburg und war dann siebzehn Jahre erfolgreich im Management tätig, zuletzt als Geschäftsleitungsmitglied eines Unternehmens mit 4 000 Mitarbeitenden, bevor sie sich selbstständig machte. Menschen zu verstehen, zu führen, im Team zusammen zum Erfolg zu bringen, das ist eine Leidenschaft, die sich als roter Faden durch ihren Lebenslauf zieht.

Neben Liebe und Gesundheit steht das Thema Arbeit für Maren Lehky auf der Liste der Lebensthemen ganz oben. Seit 2002 ist die Hamburgerin im eigenen Unternehmen Lehky Consulting tätig und berät, coacht und trainiert Führungskräfte fast aller Branchen und Unternehmensgrößen zu Führungs- und Kommunikationsthemen. Pragmatismus und Lösungsorientierung sowie Humor sind das Fundament ihrer Arbeit, und diese spiegeln sich auch in ihren Büchern sowie dem seit 2020 von ihr betriebenen Podcast Leadership Coaching wider.

Ihr gesamtes Werk dreht sich um Themen mitten aus dem Leben.

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

Inhalt

Impressum

Inhalt

Vorwort

TEIL I: SELBSTREFLEXION UND SELBSTMANAGEMENT

Kapitel 1

Wer sind Sie und wenn ja, wie viele? Das Modell der inneren Antreiber

Der erste Antreiber: »Sei perfekt!«

Der zweite Antreiber: »Sei stark!«

Der dritte Antreiber: »Sei gefällig!«

Der vierte Antreiber: »Streng dich an!«

Der fünfte Antreiber: »Beeil dich!«

Kapitel 2

Sieben Strategien zur Steigerung der Lebensfreude

1.

Strategie: Dankbarkeit fühlen

2.

Strategie: Lächeln

3.

Strategie: Zauberwörter nutzen

4.

Strategie: Echten Kontakt herstellen

5.

Strategie: Interesse und Wertschätzung zeigen

6.

Strategie: Selbstverständliches hinterfragen

7.

Strategie: Naturwunder bestaunen

Kapitel 3

Die besten Soforthilfen bei akutem Stress

Kapitel 4

Drei Tricks, um sich in Erfolgsstimmung zu versetzen

Trick 1: Lächeln Sie!

Trick 2: Powerposing

Trick 3: Selbstaffirmationen nutzen

Kapitel 5

Fünf Strategien gegen Sorgen, Ängste und negative Gedankenspiralen

Erste Strategie: Das innere Kind beruhigen

Zweite Strategie: Änderungsmöglichkeiten identifizieren

Dritte Strategie: Das Gedankenkarussell stoppen

Vierte Strategie: Gedanken wegsperren

Fünfte Strategie: Gedanken ersetzen

Kapitel 6

Pausen – vier Strategien zur Nutzung einer unterschätzten Kraftquelle

Erste Strategie: Die Augen entspannen

Zweite Strategie: Bewegte Pausen

Dritte Strategie: Essen und Trinken in den Tag einbauen

Vierte Strategie: Bewusst Feierabend machen

TEIL II: KONKRETE STRATEGIEN FÜR BESTIMMTE FÜHRUNGSSITUATIONEN

Kapitel 7

Fünf Gründe, warum es sich für Sie lohnt, eine gute Führungskraft zu sein

Kapitel 8

Drei Strategien, um in Zeiten von Krisen oder Veränderungen präsent zu sein

Erste Strategie: Ruhe ausstrahlen

Zweite Strategie: Präsenz zeigen

Dritte Strategie: Wahrhaftigkeit leben

Kapitel 9

Zehn Punkte, die gesunde Führung ausmachen

1.

Punkt: Vernünftiger, unbefristeter Arbeitsvertrag

2.

Punkt: Reduktion übermäßiger Arbeitslast

3.

Punkt: Mitbestimmung bei der Arbeitsausübung

4.

Punkt: Klares Erwartungsmanagement

5.

Punkt: Sinnvolle Arbeit

6.

Punkt: Weiterbildung

7.

Punkt: Anerkennung

8.

Punkt: Arbeitsklima der gegenseitigen Unterstützung

9.

Punkt: Proaktives Konfliktmanagement

10.

Punkt: Emotionale Inanspruchnahme auffangen

Kapitel 10

Mein Team will nicht so, wie ich es will – mögliche Ursachen und Strategien für das Managen von Widerstand

Kapitel 11

Führen auf Distanz – zehn Erfolgsstrategien, die den Unterschied machen

1.

Strategie: Ihr Ziel-Image definieren

2.

Strategie: Vertrauen und loslassen

3.

Strategie: Konflikte aufgreifen

4.

Strategie: Alle Mitarbeitenden im Fokus behalten

5.

Strategie: Struktur und Arbeit im Home-Office gegenchecken

6.

Strategie: Die emotionale Seite beachten

7.

Strategie: Prioritäten setzen

8.

Strategie: Gruppendynamik im Blick behalten

9.

Strategie: Raum für Persönliches geben

10.

Strategie: Gefühle ausdrücken und besprechen

TEIL III: KOMMUNIKATIONSWERKZEUGE FÜR VERSCHIEDENE (FÜHRUNGS-)SITUATIONEN

Kapitel 12

So überzeugen Sie Ihr Gegenüber – adressatengerecht kommunizieren

Der Warum-Typ

Der Wie-Typ

Der Was-Typ

Der Wozu-Typ

Kapitel 13

Wer fragt, der führt

1.

Die offene Frage

2.

Die lösungsorientierte Frage

3.

Die geschlossene Frage

Kapitel 14

In fünf Schritten erfolgreich durch ein Kritikgespräch führen

Schritt 1: Konfrontieren

Schritt 2: Anhören

Schritt 3: Ziel und Erwartung formulieren

Schritt 4: Lösungen erarbeiten (lassen)

Schritt 5: Maßnahmen zusammenfassen

Kapitel 15

Zehn Strategien für effektive Meetings, um Lebenszeit zu sparen

1.

Strategie: Eine Agenda erstellen

2.

Strategie: Das Ziel des Meetings definieren

3.

Strategie: Die Themenmenge bestimmen

4.

Strategie: Pünktlich anfangen und enden

5.

Strategie: Alle sind vorbereitet

6.

Strategie: Die Rollen verteilen

7.

Strategie: Klare Verabredungen treffen

8.

Strategie: Ein schriftliches Protokoll

9.

Strategie: Alle Beteiligten fokussieren

10.

Strategie: Unpassende Themen sammeln

Kapitel 16

Zehn Aspekte, die Online-Meetings erfolgreich machen

1.

Aspekt: Alle schalten die Kamera an

2.

Aspekt: Das Gesicht ausleuchten

3.

Aspekt: Sichtbare Resonanz zeigen

4.

Aspekt: Mikro aus, wenn man nicht spricht

5.

Aspekt: Eine Frage zu Beginn

6.

Aspekt: Alle Teilnehmenden beteiligen

7.

Aspekt: Co-Moderator für komplexe Meetings

8.

Aspekt: Reihum moderieren lassen

9.

Aspekt: Pausen zwischen den Meetings

10.

Aspekt: Ruhe im Hintergrund

Kapitel 17

Wertschätzung und Anerkennung sind Ihre stärkste Währung

Wie viel Anerkennung bedarf es?

Je jünger, umso mehr Anerkennungsbedarf besteht

TEIL IV: DIE EIGENE PERFORMANCE UND DEN PERSÖNLICHEN ERFOLG STEIGERN

Kapitel 18

Mein Chef nervt mich – fünf Strategien, um sich weniger aufzuregen

Kapitel 19

Sie als neue Führungskraft – sieben Punkte entscheiden über Ihren Erfolg

Kapitel 20

Zwölf Tipps für mehr Präsenz im Video – Ihre Körpersprache prägt Ihr Image

Kapitel 21

Zwei Tools für die Priorisierung von Aufgaben, besonders im Home-Office

Kapitel 22

Selbststeuerung und Kompetenz im Home-Office – 13 Punkte, um gut für sich zu sorgen

Kapitel 23

Selbstmarketing – sieben Strategien, die Sie und Ihr Wirken sichtbar machen

Kapitel 24

Sind Sie Sklave Ihres Kalenders? – sieben Strategien im Zeitmanagement, die Ihrer Karriere nützen

Schlusswort

Dank

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie suchen schnelle Antworten auf konkrete Fragen im Führungsalltag? Dann sind Sie hier genau richtig. Die Idee des Buches ist es, allen Führungskräften eine schnelle Unterstützung mit auf den Weg zu geben. Wir leben in Zeiten, in denen alles eng getaktet ist, unser Kalender, unser Leben. So haben wir oft nicht die Zeit, uns einen Coach zu suchen, ihn kennen zu lernen und mit unseren Themen loszulegen. Meist stellen sich die Fragen ad hoc und dann braucht man zack, zack eine Antwort, jetzt und sofort.

Darüber hinaus hat uns das Internet umerzogen und den Charme kurzer Texte herausgestellt, wenn man es positiv darstellen möchte. Daher finden Sie in diesem Buch alles »to go«, in sehr kompakter Form und sehr reduziert auf das, was Sie genau jetzt schnell wissen wollen, weil die Situation, die Sie lösen müssen, vielleicht schon im Raum steht.

Die Themen sind angelehnt an meinen Podcast Leadership Coaching, den ich im Jahr 2020 zu Beginn der Pandemie startete, um mit meinen Klienten, die mich plötzlich nicht mehr besuchen konnten, im Kontakt zu bleiben und ihnen hilfreiche Werkzeuge und Antworten zur Verfügung zu stellen. Im Podcast sind meine Ironie und das Lächeln stimmlich zu hören, zwischen den Buchstaben müssen Sie das Augenzwinkern jetzt bitte herauslesen.

Die Inhalte drehen sich um alles, was Sie als Führungskraft herausfordert. In der Reihenfolge starten wir mit Ihnen selbst, denn nur wenn Sie stabil und gut sortiert sind und sich gut einschätzen können, haben Sie das Fundament, sich um andere zu kümmern. Wir schauen auf bestimmte, herausfordernde Führungssituationen, dann auf konkrete Kommunikationswerkzeuge und zum Schluss auf Ihre eigene Performance und wie Sie sie gut unterfüttern und sich darstellen können. Alle Kapitel sind unabhängig voneinander, insofern gibt es keine Reihenfolge für die Lektüre, sondern Sie sind völlig frei, einfach nur Ihre Antwort auf die im Moment drängende Frage zu suchen.

Ich wünsche Ihnen beim Lesen gute Erkenntnisse, Aha-Momente und Werkzeuge, die Ihnen helfen, sich selbst zu helfen. Viel Erfolg bei der Umsetzung und für Ihren weiteren Weg als Führungskraft. Sollten Sie über das Buch hinaus noch einen Coach für Ihre persönliche Gemengelage benötigen, dann wissen Sie ja jetzt, wo Sie mich finden.

Maren Lehky

PS: Der obligatorische Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit wird auf Gender-Sternchen verzichtet. Wo immer es noch geschmeidig abzubilden ging, sind Frauen und Männer getrennt erwähnt, ansonsten gilt: Natürlich sind jeweils Frauen und Männer gemeint, in allen Rollen.

TEIL I: SELBSTREFLEXION UND SELBSTMANAGEMENT

Kapitel 1Wer sind Sie und wenn ja, wie viele? Das Modell der inneren Antreiber

So oft im Leben sind wir an einem Punkt, wo wir merken, dass wir nicht weiterkommen, wenn wir einfach weitermachen wie bisher. Oder wir fragen uns, warum wir eigentlich so agieren, wo wir doch genau wissen, dass es nicht gut für uns ist. Oder wir befinden uns in einer Transformationsphase von einem Lebensabschnitt in den nächsten und werden von unseren inneren Stimmen regiert – nur sinnbildlich, hoffentlich. Transformation und Veränderung sind in unserem eigenen Leben leider nicht immer so schmerzlos und einfach wie das Abstreifen einer alten Schlangenhaut. Aber im Grunde passiert dabei etwas Ähnliches: Wie die Schlange wollen wir etwas loswerden, was nicht mehr zu uns passt. Wir stellen fest, dass das Verhalten, das uns bis hierher gebracht hat, sehr gut und sinnvoll war, nun aber einfach nicht mehr passt. Oder wir wollen unser Verhalten ändern, weil wir merken, dass wir uns damit nur selbst schaden, aber es gelingt uns nicht. Beides können wir sehr oft im Coaching beobachten.

Was uns dabei behindert und manchmal stärker ist, sind die sogenannten »inneren Antreiber«. Sie beruhen auf dem Modell der Transaktionsanalyse, die klassischerweise fünf verschiedene innere Antreiber unterscheidet. Ich werde sie gleich im Überblick erklären und ausführlich darauf eingehen, was sie für Sie bedeuten – welche Stärken sich damit verbinden, aber eben auch welche Nebenwirkungen. Ganz allgemein kann man sich vorstellen, dass innere Antreiber so etwas sind wie Glaubenssätze, mit denen wir aufgewachsen sind. Es sind biografische Prägungen durch das Elternhaus, durch Lehrer, Trainer und Großeltern, die uns gesagt haben: »Wenn du das und das tust und so und so bist, dann bist du gut und okay für uns.« Als Kind tun wir viel dafür, möglichst im sicheren Bereich zu sein und geschätzt und geliebt zu werden. Wir verhalten uns daher genauso, wie es – mehr oder weniger ausgesprochen – von uns erwartet wird.

Das Modell ist sehr spannend, weil wir in dem Moment, wo wir es verstanden haben, auch eine realistische Chance bekommen, ein bisschen davon aufzulösen. Wir können dann noch mal anders auf uns selbst schauen und zumindest erkennen, wo unsere Thematik herkommt, um dann gezielt daran zu arbeiten. Die fünf Antreiber lauten wie folgt:

»Sei perfekt!«,

»Sei stark!«,

»Sei gefällig!«,

»Streng dich an!«,

»Beeil dich!«.

Alle sind auf ihre Art fordernd und anstrengend.

Jeder von uns hat mehrere Antreiber, die eine Rolle spielen und uns prägen, aber meistens gibt ein Antreiber die Richtung vor und ist sozusagen der innere Anführer. Je stärker dieser Glaubenssatz, dieser innere Antreiber, ausgeprägt ist, umso schwerer ist er natürlich abzustellen und umso deutlicher ist er auch von außen zu erkennen.

Diese Glaubenssätze kommen, wie gesagt, aus der Kindheit. Da war es schlau, sie zu verinnerlichen und danach zu handeln. Wenn man beispielsweise festgestellt hat, dass es Pluspunkte für eine Gefälligkeit gibt, dann ist man möglichst immer gefällig und artig. Doch alles hat seinen Preis, auch jeder dieser fünf Antreiber. Gleichzeitig liegt in jedem Antreiber eine Stärke, die wir dann gut trainiert haben, sozusagen aus der Not heraus. Und diese Stärken begleiten uns in unserem »Stärken-Koffer« natürlich auch das ganze Leben.

Schauen wir uns die einzelnen Antreiber genauer an und Sie können einmal für sich prüfen: Wo verorten Sie sich? Vielleicht erkennen Sie bereits Hinweise auf die Prägung Ihres Antreibers. Vielleicht kommen Ihnen bei den einzelnen Antreibern auch andere Personen in den Sinn, Mitarbeitende im Team oder auch Ihre Partner, Freunde oder Familienangehörige.

Der erste Antreiber: »Sei perfekt!«

Menschen, die diesen Glaubenssatz verfolgen, sind sehr genau. Sie sind häufig fehlerfrei in dem, was sie tun. Und sie machen sich diesen Perfektionismus in jeder Lebenslage zu eigen. Ob sie also die beste Gastgeberin sind oder der beste Vater oder der beste Vorsitzende im Verein. Perfekt ist der Vorsitzende eines Tennisvereins oder die perfekte Managerin, die alles richtig macht, immer sehr detailliert vorbereitet ist, an alles gedacht hat und dabei auch noch aussieht, wie aus dem Ei gepellt. Die Frisur sitzt, die Präsentation ist super und im Kontext einer Situation wird alles in Richtung Perfektion weiter geschliffen. Meistens sind diese Menschen sehr erfolgreich, auch beruflich natürlich, aber es ist anstrengend, weil sich dieser Glaubenssatz tatsächlich durch alle Lebensbereiche zieht. Menschen, die diesen Antreiber haben, fällt es sehr schwer, sich davon mal zu lösen und zum Beispiel zu sagen: »Egal, wir bekommen heute Abend Besuch. Ich habe nichts vorbereitet und den Tisch auch nicht gedeckt. Wir schauen einfach mal, was der Kühlschrank hergibt.« Das ist nicht denkbar für einen Perfektionisten. Es wäre für ihn oder sie ein Krisenszenario. Insofern ist das eine sehr kraftzehrende Geschichte.

Der zweite Antreiber: »Sei stark!«

Dieser Antreiber ist nicht minder anstrengend, aber ganz anders als der erste. Er lautet »Sei stark!« und bringt häufig Menschen hervor, die sehr unabhängig sind, weil sie Folgendes gelernt haben: »Ich muss mich selbst drum kümmern, es kümmert sich kein anderer, es rettet mich auch keiner. Ich muss belastbar sein.« Darin liegt natürlich auch eine Stärke, die als Eigenschaft hilfreich sein kann. Häufig ist sie gepaart mit einer großen Belastbarkeit bis zur Grenze oder manchmal darüber hinaus. Einen Menschen, der »Sei stark!« als Antreiber hat, wirft so schnell nichts um. Die Schattenseite ist jedoch, dass so jemand oft über seine eigenen Grenzen geht und sich nicht zugesteht, auch mal schwach zu sein. Ihm oder ihr erscheint es nahezu unmöglich, um Hilfe zu bitten und zu sagen: »Ich kann nicht mehr«, »Ich kann das nicht« oder »Ich ertrage das nicht mehr allein, ich muss es teilen und brauche Hilfe von anderen«. Menschen mit dem Antreiber »Sei stark« suchen sich, wenn überhaupt, erst sehr spät Hilfe und kämpfen eher ihren einsamen Kampf. Auch das ist sehr kräftezehrend.

Der dritte Antreiber: »Sei gefällig!«

Gefällig bedeutet hier so etwas wie nett, freundlich, artig, weiße Kniestrümpfe und Lackschühchen, ein Gedicht aufsagen vor Verwandten und immer hilfsbereit für andere zurückstehen. Und all das sind diese Menschen meistens auch als Erwachsene noch. Auch im Berufsleben sehen wir das sehr deutlich: freundlich, immer lachend oder lächelnd, sehr sozial, sehr zugewandt, sehr hilfsbereit und als positive Nebenwirkung auch sehr kompatibel mit vielen Menschen. Menschen, die diesen Antreiber als stärksten ausgeprägt haben, sind sehr gut darin, sich in verschiedenen Teams einzufinden, sich mit anderen Menschen, auch mit Kollegen, die vielleicht schwierig sind, irgendwie zu arrangieren und immer gefällig zu sein. Die Schattenseite bei diesem Antreiber ist, dass es den Menschen mit dem Antreiber sehr schwerfällt, Nein zu sagen, Grenzen zu setzen oder auch ernst genommen zu werden. Denn wer immer lächelt, eine sanfte Tonlage hat, den Kopf schräg legt und sagt: »Ja, ich will mal schauen, ich … ja, ich kümmere mich.«, dem wird kaum abgenommen, dass er irgendwann mal sagt: »Nein, stopp, hier ist meine Grenze, ich will das nicht. Es ist nicht meine Baustelle, darum muss sich jemand anderes kümmern.« In dem Moment, wo jemand mit dem Antreiber »Sei gefällig« abweisend wäre, würde er sofort sein Umfeld irritieren, weil man das gar nicht von ihm gewohnt ist. Das ist hier das klassische Lernfeld. Und da fällt mir gerade ein, kennen Sie das Buch Nett ist die kleine Schwester von Scheiße? Wer diesen Antreiber hat, sollte es mal lesen. Es ist ganz lustig gemacht, und es wird darin durchdekliniert, wo man überall nett und freundlich ist und wie viele Nachteile das manchmal mit sich bringen kann.

Der vierte Antreiber: »Streng dich an!«

Auch der »Streng dich an«-Antreiber bringt natürlich nach langem Training im Leben als positive Nebenwirkungen Stärken hervor, beispielsweise die sogenannte Selbstwirksamkeit. Ich weiß mit diesem Antreiber: »Wenn ich mich anstrenge, kann ich ganz viel schaffen. Ich kann noch mehr, wenn ich mich nur noch mehr anstrenge.« Ebenfalls nährt dieser Antreiber das Durchhaltevermögen. Bei Leistungssportlern findet sich dieser Antreiber daher oft. Und natürlich sehen wir ihn häufig bei erfolgreichen Personen. Denn wenn ich mich ganz doll anstrenge in allem, was ich mache, und den Ehrgeiz habe, immer besser zu werden, dann werde ich am Ende auch Erfolg ernten. Die Schattenseite ist aber auch hier die hohe Belastung. Man merkt selbst gar nicht, wann die Grenze erreicht ist, und trainiert noch eine Runde oder lernt weiter, obwohl Kopf oder Körper eigentlich Ruhe wollen. Über die eigenen Grenzen zu gehen und einfach weiterzumachen, auch wenn es wehtut – das kann eine ganze Weile gut gehen, vielleicht auch immer, aber es kann auch irgendwann Schluss damit sein. Das heißt, Sie merken vielleicht irgendwann – in einem bestimmten Alter, an einer gewissen Belastungsgrenze oder in einer bestimmten Situation in Ihrem Leben: »Nein, es geht jetzt so nicht mehr weiter.« Irgendwann wollen oder können Sie nicht mehr immer besser und schneller sein, sondern brauchen etwas Neues.

Der fünfte Antreiber: »Beeil dich!«

Dieser Antreiber treibt einen im wahrsten Sinne zur Eile. Man erkennt Menschen mit diesem Antreiber daran, dass sie schnell und zielstrebig sind – und zwar bei allem. Sie arbeiten schnell, gehen schnell, beeilen sich und haben immer eine effiziente Zeitplanung. »In diese Lücke kann ich noch das packen« ist ein Gedanke, der sie oft umtreibt. Sie machen gern eine optimierte Wegeplanung. »Wenn ich nachher noch das mache, dann kann ich auf dem Weg noch schnell …« Und so ist dann der ganze Tag durchgetaktet. Die Stärke, die dieser Antreiber hervorbringt, ist eine ausgeprägte Zielstrebigkeit. Chancen werden auf diese Weise schnell ergriffen und sogenannte »quick wins« erzielt, weil man am Wegesrand mal eben noch schnell etwas »gepflückt« und nebenbei erledigt hat.

Die Schattenseite dieses Antreibers ist, dass es sehr schnell hektisch wird und man sich selbst unter Druck setzt. Wenn sich die ewige Wegeoptimierung und Effizienz durchs ganze Leben ziehen und auch die Freizeit bestimmen, dann kommen Genuss, Muße oder auch faule Entspannung zu kurz. Doch das brauchen wir als Ausgleich. Einfach mal irgendwo sitzen und etwas ganz Langsames tun oder überhaupt Dinge langsam erledigen und sich Zeit lassen, das ist bei diesem Antreiber nicht vorgesehen. Das heißt, genau das wäre hier das Lernfeld.

Für unser Heranwachsen und unser Überleben in der Familie waren diese Antreiber absolut wichtig und richtig. Sie haben uns geprägt und zu dem gemacht, was wir sind. Doch nun ist es gut, sich zu verdeutlichen, dass sich die Situation geändert hat. Sie sind erwachsen, frei und unabhängig. Sie können entscheiden, ob Sie sich weiter von diesen Prägungen leiten lassen und weiter antreiben lassen wollen. Oder ob Sie sich vielleicht einfach sagen: »Ja, das gehört in mein Stärkenprofil, eindeutig. Aber ich gönne mir jetzt auch mal die Gegenseite davon – ich bitte auch mal um Hilfe, tue mal etwas Langsames oder lasse mal fünfe gerade sein – und ich übe das bewusst. Ich mache mir klar, dass ich schon weit gekommen bin und dafür mein Antreiber gut war, aber jetzt brauche ich ihn gar nicht mehr.« In dem Moment, in dem wir das beschließen können, sind wir frei, um unser Verhalten zu ändern.

Der erste Schritt einer Verhaltensänderung ist, sich selbst zu beobachten, ganz ohne Änderungsabsicht. Es geht also einfach nur darum, zu beobachten und zum Beispiel festzustellen: »Ach guck mal, da war es wieder. Ich habe hier wieder Wege optimiert, den ganzen Tag im Stress und hektisch laufend verbracht. Interessant, da war wieder mein Muster.« Im zweiten Schritt fragen Sie sich dann: »Hätte ich da irgendwas anders machen können?« Und das können Sie dann trainieren. Meistens ist es so, dass die Veränderung schon einsetzt, wenn man sich ohne Änderungsabsicht beobachtet, und dann kommt die Lust zum Ausprobieren. Prüfen Sie, wie es Ihnen jetzt mit einem anderen Muster oder mit einer bewussten Regelverletzung im Sinne Ihres Antreibers geht. Auf diese Weise wachsen Sie in Ihre nächste »Haut« hinein.

Kapitel 2Sieben Strategien zur Steigerung der Lebensfreude

In schwierigen Zeiten können wir alles gebrauchen, was die Laune verbessert und uns ein Gegengewicht zu schlimmen Nachrichten aus der ganzen Welt bietet. Alles, was im Großen um uns herum passiert, entzieht sich leider unserem Einfluss. Wir sind den Umständen ausgeliefert und das triggert bei vielen Menschen Ohnmachtsgefühle, die fast niemand gut aushält. Halt gibt es nur in uns und nicht im Außen. Daher möchte ich gerne über ein bisschen mehr Lebensfreude schreiben, also Dinge, die uns von innen wärmen können. Ich habe sieben Strategien zusammengestellt, die jeder oder jede für sich selbst tun kann – zwischendurch, auch wenn der Tag noch so voll, ätzend, angespannt und stressig ist, oder am Tagesanfang, bevor Sie sich in die Welt begeben, Ihre Mails checken und all das lesen, was andere von Ihnen wollen. Oder Sie tun sich zum Tagesende etwas Gutes, wenn Sie hoffentlich irgendwann zur Ruhe kommen, spätestens kurz vor dem Einschlafen, eingekuschelt auf die Seite gerollt, und dann noch mal kurz nachdenken.

Was können Sie also für sich tun, um sich von innen zu wärmen und damit auch von innen zu trösten oder auch zu stützen – je nachdem, was Sie gerade brauchen? Vielleicht fallen Ihnen beim Lesen meiner Strategien noch viel mehr Dinge ein, die Sie tun können. Dann haben Sie nämlich kurz den Kanal dafür geöffnet.

1. Strategie: Dankbarkeit fühlen

Die erste Idee ist, jeden Abend dankbar zu sein, sich einmal kurz vor dem Einschlafen oder wann immer Sie zur Ruhe kommen, zu fragen: »Wofür kann ich heute dankbar sein?« Dabei brauchen Sie gar nicht die Welt neu zu erfinden oder richtig groß zu denken, sondern es sind kleine Dinge, die sich summieren und die uns zeigen, dass trotz des vielleicht empfundenen Elends oder der als schrecklich oder bedrohlich empfundenen Zeiten irgendetwas immer dabei ist, wofür man dankbar sein kann. Dass man gesund ist, dass die Kinder gesund sind, dass sich die Angehörigen immer noch nicht mit Corona angesteckt haben. Dass Sie vielleicht noch Arbeit haben oder Ihre Arbeit Ihnen sogar Spaß bringt. Dass Sie irgendeinen Erfolg am Tag hatten. Oder auch nur, dass der Busfahrer auf Sie gewartet hat und Sie den Bus gerade noch so bekommen haben. Oder auch, dass Sie heute frische Croissants gekauft haben und die besonders frisch und buttrig waren. Dass die Schlange beim Bäcker kurz war. Also selbst wenn nichts großes Tolles passiert, so passiert im Leben immer irgendwas tolles Kleines, wofür man am Ende dankbar sein kann. Jeden Abend einmal den Schutzengeln danken, die wieder die Hände über uns gehalten haben. Die sind im Moment alle sicherlich sehr beschäftigt. Ob Sie das in Form eines Gebets tun? Ich denke, das ist für alle, die einer Religion angehören, sicherlich etwas sehr Stärkendes. Aber auch ohne Gebet stärkt es.

2. Strategie: Lächeln

Gehen Sie mit einem Lächeln durch die Welt, und zwar auch, wenn Sie jetzt sagen: »Ja, aber die anderen sind alle so missmutig. Ich bin der Einzige, der lächelt, und keiner lächelt zurück. Und überhaupt mit der Maske und so.« Doch, doch, doch. Ein Lächeln sieht man auch trotz Maske. Und wenn Sie zuerst lächeln und freundlich sind oder Menschen grüßen, ob das beim Einkaufen ist oder beim Busfahrer, dann lächelt die Welt irgendwann zurück.

Interessant ist zum Thema Lächeln übrigens, dass es ein absolutes Friedenssymbol und eine Entspannungsgeste im Kontakt zwischen Menschen ist und für uns selbst. Es lohnt sich also. Was Sie dabei gleichzeitig tun, ist, sich physiologisch selbst zu überlisten. Sich physiologisch selbst überlisten heißt, Sie müssen nur lange genug, zur Not auch grundlos, lächeln, bis Ihr Gehirn denkt: »Ups, wir lächeln! Also dann haben wir ja gute Laune. Oh, wenn wir lächeln, dann freuen wir uns. Ja, okay, wir freuen uns und haben gute Laune. Dann schütte ich jetzt den passenden Hormoncocktail aus.« Und dann fühlen Sie sich tatsächlich so, als hätten Sie Grund zum Lächeln. Das funktioniert sehr, sehr gut. Wir können unseren Körper und unser Gehirn sowieso richtig gut manipulieren, in Richtung gute Laune oder Power. Wenn Sie sich also kraftlos oder elend fühlen und gleich vielleicht eine Präsentation, eine Videokonferenz, ein wichtiges Gespräch oder irgendeine Runde haben, in der Sie besonders gut rüberkommen wollen, dann lächeln Sie vorher in einen Spiegel. Das macht es noch leichter. Aber es geht zur Not auch ohne Spiegel, einfach vor sich hin grinsen, auch ohne Grund. Irgendwann müssen Sie wirklich lächeln, weil sich alles innerlich umbaut und gute Laune simuliert. Ganz kostenlos und drogenfrei.

3. Strategie: Zauberwörter nutzen

Besonders schön wäre es, wenn alle Menschen im ganzen täglichen Miteinander diese Strategie nutzen würden – das Benutzen der Zauberwörter Bitte und Danke. Also, Sie kennen das Zauberwort mit zwei T? Flott. Das ist hiermit nicht gemeint, sondern es geht um Bitte und Danke. Hören Sie mal hin, wenn Sie beim Einkaufen sind, beim Tanken bezahlen, beim Busfahrer einsteigen oder wo immer Sie Menschen begegnen. Achten Sie in Restaurants darauf. Wie selten wird Bitte und Danke gesagt? Sie merken den Unterschied, wenn Sie sich bedanken – egal wofür. Was auch immer Ihnen jemand gibt, rüberreicht, schickt, zur Verfügung stellt oder per E-Mail sendet, was auch immer jemand für Sie tut, auch wenn es ein noch so kleiner Gefallen ist, es lohnt sich, sich zu bedanken. Und es lohnt sich auch, bitte zu sagen. Das Bitte- und Dankesagen hat sich ein bisschen weggeschlichen, finde ich. Es passiert nicht mehr so häufig, und wir sehen den Unterschied sofort, dieses klitzekleine Leuchten in unserem Gegenüber. Gerade wenn dieses Gegenüber in einem Dienstleistungsberuf arbeitet und es nicht mehr gewohnt ist, dann löst es Freude bei ihm aus. Und diese Freude wiederum kommt zu Ihnen zurück und wärmt auch Ihr Herz. Wenn davon noch mehr Menschen Gebrauch machten, dann hätten wir wahrscheinlich eine ziemlich freundliche Welt. Auch die können wir uns nur selbst bauen. Sie fällt leider nicht vom Himmel.

4. Strategie: Echten Kontakt herstellen

In eine ähnliche Richtung geht es, wenn Sie in echten Kontakt mit anderen gehen. Es ist schwierig zu beschreiben, was ich damit meine. In echten Kontakt gehen heißt, ein Gefühl für das Gegenüber zu haben, ganz beim Gegenüber zu sein, in der Situation mit allen Sinnen präsent zu sein, wirklich da zu sein, hinzuschauen und hinzufühlen. Es geht also darum, seine Empathie anzuschalten oder bewusst wahrzunehmen und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie mein Gegenüber drauf ist. Wie geht es ihm? Was möchte es mir vielleicht wirklich sagen? Geht es ihm gut oder nicht so gut? Hat es eine neue Frisur, eine neue Brille oder was auch immer? Und was erzählt es mir? Bin ich wirklich dabei und höre wirklich zu?

Das bedeutet, sich in der Zeit des Kontakts auf das Gegenüber zu fokussieren. Mir ist bewusst, wie schwer das ist. Je mehr wir unter Strom stehen, je angestrengter wir selbst sind, je mehr wir unter Zeitdruck stehen oder Gedankenspiralen uns umtreiben, umso schwerer fällt es uns, sich jemandem wirklich ganz zuzuwenden. Uns mal zwei, drei Sätze anzuhören und wirklich da zu sein und nichts anderes nebenbei zu tun. Dieser echte Kontakt ist etwas, was wir nach so langer Isolierung durch die Corona-Pandemie brauchen. Wenn uns so viele Freizeitaktivitäten nicht mehr gewährt wurden, hilft es, dass wir dann tatsächlich mit denjenigen, die wir sehen, die wir treffen oder die wir persönlich oder wenigstens im Video sprechen, auch verbunden sind.

Es geht also darum, unsere Kontakte bewusst wahrzunehmen. Das können ebenso kleine Begegnungen sein – beispielsweise beim Bäcker, wenn Sie morgens die Brötchen holen. Sagen Sie einfach mal irgendetwas oder reagieren Sie bewusst auf das, was gesagt wird, ohne parallel die Augen schon woanders zu haben und innerlich schon weg zu sein. Im Moment zu sein, während wir jemandem begegnen, das ist es wahrscheinlich, was Kontakte echter macht. Das Gleiche gilt natürlich, wenn Sie Freunde treffen oder mit Ihrer Familie zusammen sind. Versuchen Sie, Mahlzeiten zu genießen, wo Sie einfach nur zusammen sind und einander zuhören, ohne dass technische Geräte eingeschaltet sind. Das kann vielleicht auch helfen und das Herz wärmen.

5. Strategie: Interesse und Wertschätzung zeigen

Auch hier geht es um die Kontakte zu anderen. Wenn wir in der Strategie vier gesagt haben, wir sind im echten Kontakt und ganz fokussiert auf unser Gegenüber, dann ist die Strategie fünf im Grunde die Ergänzung beziehungsweise Vertiefung und betrifft das Thema Wertschätzung und Interesse. Also, wenn Sie schon ganz da sind, dann ist es auch sinnvoll, sich für das Gegenüber zu interessieren. Wie geht es dir? Was treibt dich um? Wie gestaltest du deine Tage? Was machst du ohne Sport? Oder welchen Sport machst du jetzt, wenn du nicht ins Fitnesscenter gehen kannst? Und dann warten Sie wirklich auf die Antwort. Das ist echtes Interesse oder auch Wertschätzung. Ich möchte es jetzt nicht loben nennen, denn Lob hat immer so einen hierarchischen Beigeschmack. Eine Form von Wertschätzung im Sinne von Dank wären die oben genannten Zauberworte Bitte und Danke. Die zweite Form wäre die Anerkennung dessen, was Sie sehen. Nehmen wir mal an, Sie haben einen Handwerker bei sich, der etwas für Sie erledigt. Wertschätzung wäre dann, dass Sie sich freuen können und sagen: »Hey, das ist ja super geworden. Meine Güte, das hat ja noch keiner so großartig gemacht wie Sie.« Lassen Sie also ein bisschen Ihre Freude heraus, die Sie vielleicht irgendwo in sich vergraben haben. Aber die Handwerker bekommen doch Geld für ihre Leistung, werden Sie vielleicht sagen. Ja, das stimmt, aber die schlechten und Dreck hinterlassenden bekommen nicht weniger. Drücken Sie gern Ihre Begeisterung dafür aus, dass etwas fertig geworden oder im Zeitplan fertig oder großartig geworden ist oder richtig schön bunt oder dass jemand die Präsentation ganz originell aufbereitet hat. Was immer er oder sie für andere getan hat, schauen Sie einfach hin und sprechen Sie es aus. Wertschätzung untereinander ist im Moment ein sehr wichtiges Thema, nicht nur für Mitarbeitende, sondern im Grunde für uns alle. Je mehr wir im Home-Office sind, je mehr wir dadurch aus dem Kontakt herausgehen, umso hungriger sind viele nach Wertschätzung. »Sieh mich bitte!« Gesehen werden wollen ist im Moment ein sehr großes Bedürfnis. Und das Hinschauen ist genau die Währung für Wertschätzung.

6. Strategie: Selbstverständliches hinterfragen

Es ist hilfreich, das vermeintlich Selbstverständliche zu hinterfragen und sich bewusst zu machen, was alles eben nicht selbstverständlich ist. Und auch damit können Sie viel Freude und innere Lebensfreude erzeugen. Alles, was in unserem Land oder in unserem Leben vermeintlich selbstverständlich ist, ist nicht selbstverständlich. Das können wir ganz schnell erkennen, wenn wir es einfach mal mit anderen Ländern vergleichen. Wir können uns darüber freuen, dass die Mülltonnen regelmäßig geleert werden. Manche Länder, auch in Europa, träumen von einer regelmäßigen Müllabfuhr. Sie träumen davon, dass Dinge funktionieren, dass es eine DIN-Norm gibt und sie davon ausgehen können, dass, wenn sie sich ein Stativ kaufen, dieses kleine Schraubgewinde auf jedes Gerät passt. Wie cool ist das denn? Also all diese vermeintlich kleinen Dinge, wo man sagen kann: »Hey, das ist echt großartig, wie das alles funktioniert und läuft.« Und wir haben so viel: eine Krankenversicherung, Ärzte, Krankenhäuser, ein großartiges Gesundheitssystem, Sozialsysteme, die funktionieren und jetzt auch wieder gerade richtig anspringen und helfen, wie zum Beispiel mit Kurzarbeitergeld. Es gibt Fahrpläne, die von öffentlichen Verkehrsmitteln eingehalten werden. Ach, es gibt so viel. Vielleicht gehen Sie mal einen Tag durchs Leben, auf dem Weg zur Arbeit oder im Alltag, und fragen sich: »Was sehe ich eigentlich alles? Und oh, das ist ja eigentlich selbstverständlich. Aber nein, tatsächlich nicht. Alles ist großartig, so wie es läuft.« Statt zu sagen: »Ja, aber da zahle ich ja auch Steuern dafür« oder »Naja, wäre ja noch schöner. Ich zahle in einem Abo 100 Euro für den Verkehrsverbund, und dann kommt der Bus nicht pünktlich. Geht ja gar nicht«, denken Sie lieber positiv. Ja, das ist die Sache mit dem halb leeren und dem halb vollen Glas. Ich habe die Wahl. Nur, wenn ich das halb leere wähle, dann habe ich immer zwei kleine krause Falten auf der Stirn, und das macht doch auch nur alt und hässlich. Also insofern, sehen Sie es lieber positiv: »Check, der Bus war wieder pünktlich«, oder »Hey, die Deutsche Bahn hatte trotz dieser ganzen Fahrplanänderung nur zwei Minuten Verspätung auf ihrer Strecke von Tschechien bis nach Hamburg. Ich finde, das ist eine Leistung.« Klar könnte man auch kritisch sein und sich darüber aufregen, dass die Bahn nie pünktlich ist. Das kann man aber auch lassen und lieber mal sagen: »Wie toll ist das denn, dass unsere Fahrpläne im Großen und Ganzen stehen?« All das, was im Grunde gar nicht selbstverständlich ist, einen Tag lang einzusammeln, wäre eine schöne Aufgabe für zwischendurch, mit positiven, stärkenden Nebenwirkungen.

7. Strategie: Naturwunder bestaunen

Sie erzeugen auch mehr Lebensfreude, wenn es Ihnen gelingt, Naturwunder zu bestaunen. All diese kleinen Wunder, die uns ständig begegnen. Sie sind einfach da, und zwar immer, auch wenn wir sie nicht wahrnehmen, weil wir vielleicht mitten in unserem eigenen Film sind. Hier mal ein paar meiner persönlichen Favoriten. Die Liste ist eigentlich unendlich lang, und Sie werden Ihre eigene Liste haben.

Regentropfen, die sich in ganz wundervoller Weise in Form halten und dann auch noch glitzern und das Sonnenlicht in verschiedensten Farben einfangen. Natürlich hatte auch ich in der Schule Physik und weiß etwas von Oberflächenspannung. Aber je mehr Physikwissen man hat, glaube ich, umso weniger kann man die Wunder bestaunen. Ich möchte es manchmal nicht verstehen, sondern einfach bestaunen und mir an der Stelle etwas kindliche Naivität im positiven Sinne bewahren. So wie ich auch bestaune, dass Buchstaben irgendwie in den Computer kommen oder gesprochene Worte irgendwo anders wieder herauskommen. Das übersteigt mein Vorstellungsvermögen völlig, fällt aber nicht unter die Rubrik Naturwunder, sondern eher unter Technikwunder.

Regenbogen sind für mich ein nächstes Wunder. Manchmal gibt es ja sogar mehrstufige Bogen. Unglaublich. Und wenn man dann noch gerade irgendwo ist, wo diese Bogen auf beiden Seiten den Erdboden berühren, jedenfalls optisch, dann ist das ganz großes Kino, genauso wie Abendhimmelverfärbungen mit großem dramatischen Effekt. Sie halten manchmal nur ein paar Minuten, wenn überhaupt. Und plötzlich ist alles grau, vorher war es lila oder orange oder feuerrot oder knallgelb.

Ganz faszinierend oder im weitesten Sinne Naturwunder sind verlockende Küchendüfte, die lange in der Luft schweben. Sie können ein ganzes Haus ausfüllen. So viel zum Thema Aerosole, könnte man jetzt sagen. Selbstgebackener Kuchen, der einen schon an der Tür begrüßt, oder eine knusprige Gans aus dem Ofen. Toastbrot oder Kaffee verströmen auch sehr schöne Düfte.

Das Rascheln von Laub beim Spazierengehen ruft in mir das Gefühl von früher wach, wie das war, damals durch Laub zu toben, Berge aufzuschichten und sie dann wieder auseinanderzuwuseln, sich reinzuschmeißen und darin zu wälzen. Und dieser Duft von Laub, dieser Duft von Herbst ist sehr schön. Eines meiner Lieblingswunder ist auch das Biegen der Bäume im Sturm. Wie kann etwas gleichzeitig so wahnsinnig flexibel und so stabil sein? Großartig ist auch die Regelmäßigkeit von Ebbe und Flut, nach der man die Uhr stellen kann. Ich kann heute schon wissen, wann am 3. Mai in zwei Jahren Ebbe sein wird.

Erstellen Sie sich gerne mal Ihre Liste. Träumen Sie einfach mal darüber, was Sie alles so bestaunen können, und staunen Sie einfach mal so vor sich hin, wenn Sie unterwegs sind. Jeden Tag ein kleines Wunder zu bestaunen, trägt eindeutig dazu bei, dass wir uns gut erden in all diesen chaotischen Zeiten und immer wieder bemerken, was um uns herum eigentlich alles ist und uns irgendwie trägt.

Es zu bemerken und bewusst wahrzunehmen, ist Teil der so viel beschriebenen und gesunden Achtsamkeit. Rein physiologisch hat das auch noch etwas Gutes: Es entspannt unsere Muskulatur, senkt den Puls und dient damit auch noch unserer Gesundheit. Wie cool ist das denn? Und das Tröstliche ist, dass all das immer da ist, egal wie schlecht wir uns gerade fühlen oder wie krank oder voller Sorge wir gerade sind.

Wenn es uns nur gelingt, unsere Augen nach außen zu richten und kurz so eine Art innere Tür zu öffnen, durch das Sich-schlecht-Fühlen hindurch, dann kann auch etwas durch diese Tür in uns hineinschlüpfen und uns von innen wärmen, berühren, wie immer Sie es nennen wollen. Machen Sie für sich den Anfang, dann machen Sie auf jeden Fall für sich den Unterschied.

Kapitel 3Die besten Soforthilfen bei akutem Stress

In diesem Kapitel geht es um konkrete Strategien für den Umgang mit akutem Stress. Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Sie schwimmen und schwimmen und können nicht mehr. Die Kräfte schwinden und Sie haben überhaupt keine Idee, wie Sie das Ufer erreichen sollen. Es geht einfach nicht mehr. Die Knochen werden müde, die Muskeln werden lahm und die Luft reicht irgendwie auch nicht mehr. Sie fragen sich, wie sie bloß das Ziel erreichen sollen, und werden immer verzweifelter. Endlich sehen Sie einen dicken, runden Felsen über der Meeresoberfläche, er ist in greifbarer Nähe. Und dann schaffen Sie es irgendwie, auf diesen Felsen zu robben, und legen sich komplett drauf. Sie fühlen den Stein, den die Sonne erwärmt hat, und machen erst mal etwas. Überlegen Sie, was machen Sie als Erstes? Ganz genau. Atmen und entspannen. Dieses Bild passt exakt zu dem, was wir teilweise durchmachen. Innerlich. Im Außen sieht es erst mal anders aus. Wir gehen einfach zur Arbeit oder haben einen stressigen Alltag. Aber innerlich kämpft der eine oder die andere wie beim Schwimmen gegen den Strom.