5,99 €
Das vorliegende Taschenbuch beschreibt die Aufarbeitung der Zwangsstörung durch einen Betroffenen, der mit seinen Erfahrungen aus der Selbstanalyse anderen Erkrankten, Angehörigen, Fachpersonen und Interessenten Einblick darüber geben will, welche Funktionalität das Krankheitsbild haben kann. Er möchte durch seine eigene Geschichte auf die möglich gewordene Linderung der intensiven Symptomatik zurückblicken und hofft, auch anderen Patienten mit seinem durch das Erleben aller Krankheitsstadien erworbenen Wissen um die Linderung dieser belastenden Erkrankung eine Anregung zu geben, sich mit der Störung und ihren Botschaften zu befassen, anstatt sich ausschließlich gegen sie zu wehren. In seinem persönlich geschriebenen Werk trägt der Autor Ratschläge und Tipps humorvoll, kurzweilig und praxisnah vor - und versucht, die Zwangskrankheit besser zu verstehen, ohne ihr Dasein hilflos und verzweifelt annehmen zu müssen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2023
Das vorliegende Taschenbuch versteht sich als eine Ausarbeitung eines Laien, eines Betroffenen einer Krankheit, der nicht im Namen von Fachpersonen, von Ärzten und Therapeuten sprechen kann.
Daher sind alle Ratschläge und Tipps, alle Aussagen und Feststellungen in diesem Werk individuell und persönlich ohne jegliche Verbindlichkeit für Andere zu verstehen.
Sie ersetzen weder den Gang zu einem Mediziner, noch die langwierige Psychotherapie bei einem fachkundigen Personal.
Bitte beachten Sie dies bei der Lektüre, die eine ergänzende Handreichung aus der Perspektive des Patienten sein soll.
Vorwort
Rückblick
Therapie
Überleitung
Funktionalität des Zwangs
Und heute?
Nachwort
Liebe Leser,
Sie halten ein kleines Sachbuch in Ihren Händen, das Sie sicherlich nicht zufällig ausgewählt haben, sondern aufgrund des Titels oder seiner Beschreibung für Ihre Situation als passend angesehen haben.
Entweder sehen Sie sich mit der Thematik als Betroffener verbunden, als Angehöriger oder auch als Fachperson, vielleicht auch als Interessent, der mehr über das Krankheitsbild der Zwangsstörung erfahren will.
Ich bin aber überzeugt, dass Ihnen meine Gedanken vielleicht auch in anderen Lebenslagen eine Hilfestellung sein können, wenn Sie überlegen, welche Bedeutung eine bestimmte Situation hat und warum manche Verhaltensweise gerade dann auftaucht, wenn Sie es vielleicht nicht erwartet hätten.
Lassen Sie sich einerseits nochmals kurz in meine „Zwangsgeschichte“ mitnehmen, damit Sie andererseits den Kontext anschließend noch besser nachvollziehen können.
Ich habe sie zusammengefasst, um eine gemeinsame Ausgangsbasis für die spätere Analyse der Funktionalität meiner Zwänge herstellen zu können.
Viele meiner Zwänge sind bereits medial bekannt geworden, auch in einem meiner ersten Bücher, weshalb ich in dieser vorliegenden Ausgabe nur eine geraffte Version aufgeschrieben habe.
Wichtig zu wissen sollte immer sein, dass es eine Abarbeitung anhand meiner persönlichen Zwangserfahrung ist, die keinesfalls allgemein sprechen kann, aber eine Anregung darstellt, dass auch Sie für sich überprüfen können, ob meine Überlegungen möglicherweise auch in Ihrer Situation hilfreich sind.
Ein Angebot der Selbsthilfe also, im besten Sinne, bei dem Sie sich unterhalten und informiert fühlen sollen – und vielleicht nehme ich Sie ja auch mit in eine auch für mich noch immer aufregende Reise in die Tiefen meiner Psyche, die eventuell gar Parallelitäten mit der Ihrigen haben könnte!
Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
Ihr
Dennis Riehle
Es war kurz vor sieben, etwas früher als sonst, aber ich war an diesem Morgen aus unerfindlichem Grund doch etwas eher unterwegs und machte mich auf den Weg zum Schulbus. In der Hand hatte ich unüberlicherweise die Zeitung, die ich nur selten mitnahm, um sie in der Mittagspause zu lesen. Ohnehin war an diesem Vormittag alles etwas anders als sonst. Es war der erste Herbstmorgen in diesem Jahr, der wirklich dichte Nebel des Bodensees führte zu einer lausigen Temperatur und ich war nach den sonnigen Tagen doch ziemlich warm angezogen, aber es hatte sich gelohnt.
Denn über zehn Minuten hatte ich zu warten, aber es störte mich nicht. Ich blickte um mich und sah noch wenige Mitschüler. Ein kleiner Knirps in seinem roten Pullover auf der rechten Seite, auf der linken war es ein Oberstufenschüler mit einer orangefarbenen Kapuzenjacke.
Ich erinnere mich auch nach rund zwanzig Jahren noch gut an die Situation, veränderte sie doch Einiges in meinem Leben, wenngleich ich das erst später einsehen würde. Ich starrte ein wenig das gegenüberliegende Haus an, das im Grau verschwand. Um mich herum waren die ersten Laubblätter auf den Boden gefallen. Wie viele mögen es wohl gewesen sein?
Heute kann ich es genau sagen – denn nach dem ersten Zählen war ich auf 78 gekommen. Zur Sicherheit hatte ich es kontrolliert und war auch im zweiten Durchgang auf dasselbe Ergebnis gekommen.
Warum hatte ich eigentlich gezählt? Das bleibt bis heute die entscheidende Frage.
Aus dem Nichts heraus, aus einer Langeweile interessierte ich mich dafür, wie viele Laubblätter da in meinem Umfeld lagen.
Und ich kann bis jetzt nicht sagen, warum ausgerechnet an diesem Vormittag die Zahl so wichtig sein sollte.
Denn ich hatte noch nie gezählt.
Vielleicht tatsächlich nur, weil ich einfach früher dran gewesen war als sonst?
Normalerweise unterhielt ich mich, blickte in den blauen Himmel. Doch all das war heute nicht. Heute ging es um das Zählen. Und der Anfang für eine Zwangskarriere schien gesetzt.
Denn auch am nächsten Tag kam ich wieder an die Bushaltestelle. Und, man mag es kaum glauben, ich war wieder zu früh. Im Unterbewusstsein schien ich automatisch einige Minuten zuvor als sonst losgegangen zu sein, auch dieses Mal war es kalt und herbstlich. Und wiederum war kaum jemand vor Ort, mit dem ich hätte ein Gespräch führen können. War das Wetter nicht so, um die Natur zu genießen. Als wäre mir gar nichts Anderes übriggeblieben, als auch am heutigen Tag zu zählen.