Fürsten-Roman 2551 - Roma Lentz - E-Book

Fürsten-Roman 2551 E-Book

Roma Lentz

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Beschreibung

Die Perlen-Prinzessin - Erst als sie Stefan traf, wusste sie, was Liebe war


Sybille Prinzessin von Dorn schäumt vor Wut, völlig undamenhaft und ganz gegen ihre Art. Aber sie hat wirklich einen guten Grund für diese "Entgleisung". Da will ihre Tante, Fürstin Adele, doch tatsächlich so einen dahergelaufenen australischen Holzfäller adoptieren und ihn zum Fürsten machen! Kaufen will die alte Dame diesen schrecklichen Menschen, weil sie, Sybille, sich nicht zähmen lässt. Und was bietet Tante Adele dem Mann an? Ausgerechnet die "Perla splendida" - eine traumhaft schöne schwarze Perle, an der Sybille ganz besonders hängt.

Ja, Perlen liebt die schöne, scheinbar so oberflächliche Prinzessin mehr als Menschen, denn zu oft ist sie schon enttäuscht worden. Doch dann steht sie plötzlich vor dem australischen Holzfäller ...

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Seitenzahl: 128

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Perlen-Prinzessin

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: victoriaandreas / iStockphoto

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6591-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die Perlen-Prinzessin

Erst als sie Stefan traf, wusste sie, was Liebe war

Von Roma Lentz

Sybille Prinzessin von Dorn schäumt vor Wut, völlig undamenhaft und ganz gegen ihre Art. Aber sie hat wirklich einen guten Grund für diese »Entgleisung«. Da will ihre Tante, Fürstin Adele, doch tatsächlich so einen dahergelaufenen australischen Holzfäller adoptieren und ihn zum Fürsten machen! Kaufen will die alte Dame diesen schrecklichen Menschen, weil sie, Sybille, sich nicht zähmen lässt. Und was bietet Tante Adele dem Mann an? Ausgerechnet die »Perla splendida« – eine traumhaft schöne schwarze Perle, an der Sybille ganz besonders hängt.

Ja, Perlen liebt die schöne, scheinbar so oberflächliche Prinzessin mehr als Menschen, denn zu oft ist sie schon enttäuscht worden. Doch dann steht sie plötzlich vor dem australischen Holzfäller …

Fürstin Adele setzte die Spitze ihres eleganten Ebenholzstockes energisch auf den vereisten Bürgersteig auf. Das bisschen Kälte und Glätte konnte ihr doch nichts anhaben! Und wenn ganz Bad Homburg unter sibirischen Schneemassen versank, sie würde sich nicht davon abhalten lassen, heute den alten Munch zu besuchen. Sie tat immer, was sie sich vorgenommen hatte.

»Aber Durchlaucht«, hauchte Sebastian hinter ihr her. Hilflos stand er in seiner dunklen Livree vor dem Wagen und hielt einen Schirm hoch. »Darf ich Sie denn wirklich nicht begleiten?«

»Damit wir beide fallen?«, rief die alte Fürstin zurück und schritt aus. Sie war der Ansicht, dass nur ängstliche Menschen fielen – und ängstlich war sie nie gewesen. Warum sollte sie sich diese Eigenschaft noch im Alter zulegen?

Die Fürstin lächelte. Alter? Was war das eigentlich? Sie fühlte sich mit ihren achtundsiebzig Jahren reich an Erfahrungen, ja, aber doch nicht alt.

Sie hob den Kopf und sah Schneeflocken in einem dichten Tanz. Die enge Gasse, die nahe an der Schlossmauer entlanglief, war menschenleer. Obwohl es erst vier Uhr war, dunkelte es bereits. Den berühmten weißen Turm im Schlosspark konnte sie nur schleierhaft erkennen.

Adele von Dorn tastete nach dem Schmucketui, das sie in der Manteltasche hatte. Die schöne Amethystbrosche, die der Fürst ihr einst »verehrt« hatte, so nannte man das damals, war in der Fassung leider etwas locker geworden. Der alte Munch würde das Schmuckstück für sie reparieren. Er war zwar Goldschmied für sakrale Kunst, aber um ihren Schmuck und ihre Juwelensammlung hatte er sich immer gekümmert. Die Liebe zu den edlen Steinen hatte sie und diesen alten Mann seit Jahrzehnten verbunden.

Abrupt blieb die Fürstin stehen. Die Juwelensammlung! Diese herrlichen Steine waren ihr immer eine Freude gewesen, aber in letzter Zeit bereitete ihr der Gedanke an die Sammlung Kummer. Die Idee, dass Prinzessin Sybille die Steine erben wurde, missfiel ihr.

Prinzessin Sybille war ihre Nichte und ihr Liebling gewesen, ein einst zauberhaftes Geschöpf mit tizianrotem Haar. Schon seit ihrem sechsten Lebensjahr hatte es zu Sybilles Lieblingsbeschäftigungen gehört, die Juwelen der Fürstin zu betrachten und sich Märchen darüber auszudenken.

Und jetzt hatte sich dieses elfische Wesen zu einem hypermodernen, emanzipierten Gräuel entwickelt! Das letzte Mal, als Sybille ihre Tante auf »Mon Bijou« besucht hatte – diesem kleinen Schlösschen von Bad Homburg, das der Fürst »Mein Schmuckstück« getauft hatte – ‘ wäre Adele von Dorn beim Anblick ihrer Nichte am liebsten in Ohnmacht gefallen.

Prinzessin Sybille hatte einen grauen Flanellanzug mit einer weit fallenden Jacke und übertrieben breiten Schultern getragen. Das Haar war streng nach oben frisiert und explodierte auf dem Kopf zu einem Gewuschel, das an ungekämmte Petersilie erinnerte. Sybilles Mund war grellrot geschminkt, und im linken Nasenflügel hatte ein Brillantsplitter gesteckt.

»Und woran merkt man, dass du eine Frau bist?«, hatte die Fürstin ärgerlich gefragt.

Sybille hatte gelacht. »Tantchen, das ist ›in‹.«

Nun gut, dachte Adele von Dorn auch jetzt noch zornig und bog in die tief verschneite Seitengasse ein, die zur Werkstatt des alten Munch führte. Es gab doch sicher auch andere Kleider, die »in« waren. Schließlich hatte Sybille Geld.

Als Besitzerin einer Perlenboutique in der Nähe der Frankfurter Zeil konnte sie sich eine geschmackvollere und damenhaftere Garderobe leisten. Was sie sich aber nicht leisten konnte, war, ihre Kundschaft zu verärgern. Perlen und Perlencolliers wurden nun mal von mittelalterlichen Damen gekauft – und die würden es sicher nicht schätzen, wenn ihre »Perlenprinzessin«, wie man Sybille nannte, so »affig« gekleidet war.

Seit wann war Sybille eigentlich so … störrisch? Ärgerlich schüttelte die Fürstin den Kopf, denn sie kannte die Antwort: seitdem ihre Nichte mit zwanzig Jahren in die Hände dieses Freddy Springs geraten war. Es war die übliche Geschichte gewesen. Ein charmanter Casanova, der bald flüchtete, als er merkte, wie ernst es Sybille war.

Um Sybille ihren Kummer vergessen zu lassen, hatte die Fürstin ihrer Nichte von da an haufenweise standesgemäße junge Herren vorgestellt. Aber keiner dieser Männer hatte Sybille interessiert. Es war, als hätte sie sich verhärtet. Das ging sogar so weit, dass sie ihrer Tante gestern am Telefon erklärt hatte, sie würde Weihnachten nicht auf »Mon Bijou« verbringen, sondern mit Freunden auf die Bahamas fahren.

Bahamas! Fürstin Adele warf einen Blick auf den fallenden Schnee. Wenn das nicht der Gipfel der Perversion war! In die Sonne zu fahren, wenn es in Deutschland schneite.

Aber was konnte sie tun? Früher hatte man schwarze Schafe enterbt.

Nun, Sybille war zwar kein schwarzes Schaf, aber ein kleiner Schreck konnte ihr nichts schaden. Sybille wusste, dass sie »Mon Bijou« und auch die Juwelensammlung bekommen würde. Und die Fürstin konnte sie nur enterben, wenn sie einen Nachkommen aus direkter Linie hatte. Und den hatte sie – leider – nicht.

Man könnte doch aber jemanden adoptieren, dachte die Fürstin jetzt. Ihre Freundin, Gräfin von und zu Weidenbroich, hatte ihren Titel gerade neulich verkauft.

Und wenn sie, Adele von Dorn, sich nun einen Mann kaufte, der Sybille endlich Kontra gab? Einen, vor dem die Nichte ein bisschen Respekt haben würde, weil er den Titel, das Schlösschen und die Juwelen bekommen würde?

Die Fürstin kicherte. Sie hasste es, in der Defensive zu sein, und liebte den Angriff. Sie fand ihre Idee großartig. Es erinnerte sie an das Märchen vom »König Drosselbart«. Auch dort war eine allzu hochnäsige Prinzessin zur Vernunft gebracht worden, indem man ihr erst einmal alles wegnahm …

Aber woher sollte sie so einen Mann nehmen? Sie konnte schlecht eine Anzeige in die »Frankfurter Allgemeine« setzen.

In ihrem Bekanntenkreis war keiner, das hatte Sybille ihr deutlich genug zu verstehen gegeben. Und in Sybilles Bekanntenkreis erst recht nicht, dachte die Fürstin zornig. Das waren doch lauter Softies, so nannte man das wohl heute.

Die Fürstin ging jetzt entschlossen weiter und sah schon von Weitem das Schaufenster zur Werkstatt des alten Munch. Der alte Munch hatte das große Schaufenster zugemalt und nur einen hohen, bogenförmigen Ausschnitt freigelassen, der einen Einblick in die tiefer gelegene Werkstatt gewährte. Jeder, der an dem Geschäft vorbeikam, warf fast automatisch einen Blick in den Werkstattladen, um den alten Munch zu beobachten, wie er schmiedete und hämmerte und ab und zu einen blitzenden Edelstein hochhielt.

Auch Adele von Dorn trat erst ans Fenster. Aber dann wäre die Fürstin vor Erstaunen fast doch ausgeglitten. Nicht der alte Munch war durch das Fenster zu sehen – da stand ein junger Mann, groß, stark und breit.

Der Mann trug eine Lederschürze und schwang in gleichmäßig kraftvollen Schlägen einen Hammer auf ein glänzendes Metall. Adele von Dorn wusste, dass man das »treiben« nannte. Wahrscheinlich arbeitete er am Strahlenkranz einer Monstranz.

Der junge Mann hob den Gasbrenner und fuhr damit über das Metall, um es zu erweichen. Das flackernde Licht ließ sein Haar aufleuchten. Adele von Dorn sah das Gesicht: eine klare Stirn, ein gutes Profil, ein schöner Mund, eine energische Kinnpartie.

Wahrhaftig, das war er – ihr Mann für und gegen Sybille! Mit einem Smoking und einem Fürstentitel würde er sich ganz prächtig machen.

Jetzt fragte sich nur, ob er käuflich war. Aber da er wahrscheinlich der Geselle des alten Munch war, sah Adele von Dorn in dieser Frage kein Problem.

Eine kleine Glocke läutete, als die Fürstin entschlossen die Werkstatt betrat.

***

Der Mann, den Adele von Dorn für einen Gesellen hielt, hatte vor fünf Minuten genau wie die Fürstin auf den Schnee gestarrt. In Australien war es jetzt unerträglich heiß und trocken.

Stefan Munch hatte dann seine Lederschürze angezogen und die Arbeit an der Monstranz wieder aufgenommen. Wie sentimental man werden kann, wenn in Deutschland kurz vor Weihnachten der Schnee fällt! Und dieses Land hatte er verlassen, weil ihm hier damals alles zu eng erschien. Nun, jetzt befand er sich wieder dort, wo er angefangen hatte. In der Werkstatt seines Vaters.

Während Stefan Munch mit gleichmäßigen Schlägen das Metall trieb, machte er Bilanz.

Er war jetzt dreiunddreißig Jahre alt, ein gelernter Goldschmied für sakrale Kunst, der sich aus purer Abenteuerlust neun Jahre in Australien herumgetrieben hatte. Er hatte als Kellner gearbeitet, war in Diamantenminen eingefahren, hatte Zuckerrohr geschnitten, Bäume gefällt, Kängurus gejagt, um schließlich auf einer großen Schafsfarm in Queensland zu bleiben. Dort hatte er sich zum Aufseher hochgearbeitet, das Vertrauen und die Achtung des alten Tim Thorne erworben und sich in dessen Tochter Alice verliebt.

Alice … Stefan Munch spürte, wie sich feine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Trotzdem hämmerte er weiter. Er konnte nicht jedes Mal mit der Arbeit aufhören, wenn seine Gedanken an jene Erinnerungen stießen, die er eisern unter Verschluss hielt …

Er warf einen Blick auf die Skizze, die sein Vater für die Monstranz gemacht hatte. Ein schöner Entwurf.

Aber auch hier sah man bereits das verräterische Zittern der unsicheren Hand. Sein Vater hätte schon damals mit der Arbeit aufhören sollen, dann wäre ihm das Unglück mit der Einfassung des kostbaren Birma-Rubin nicht passiert.

Zugegeben, jeder Rubin war heikel, der Stein neigte zum Bröckeln. Unsichtbare feine Risse konnten bei falsch auftretendem Druck den Edelstein spalten. Und genau das war seinem Vater beim »Einkrabben« geschehen, als er das Juwel in die Fassungsmontage des Pokals einspannte.

Stefan Munch warf einen Blick auf den wunderbar gearbeiteten Goldpokal auf dem Regal. Zweifellos ein schönes Stück, das die Laufbahn seines Vaters hätte krönen sollen. Der Pokal war ein Geschenk der reichen Bad Homburger Gemeinde an einen einheimischen jungen Priester, der als Missionar nach Haiti ging. Der Rubin, der in die leere Fassung gehörte, war 45.000 Euro wert gewesen. Die übrig gebliebenen Einzelteile würden neu geschliffen keine fünftausend Euro einbringen. Unglückseligerweise waren Goldschmiede nicht gegen Schäden dieser Art versichert.

Sein Vater hatte sich daraufhin einfach in sich selbst zurückgezogen. Nun ja, Mutter war immer die Starke, die Tatkräftige gewesen. Von ihr hatte er, Stefan, wohl auch den Drang zum Zupacken geerbt … Vater war ein stiller Träumer, ein Künstler, einer, der Rückschlägen nicht gewachsen war.

Und nun waren ihnen beiden, Vater und Sohn, die Flügel gestutzt. Eduard Munch saß nur noch oben in der Wohnung, starrte aus dem Fenster und beobachtete das Zittern seiner Hände und sein »starker« Sohn war mit leeren Händen und mit leerem Herzen aus Australien zurückgekehrt.

Und als Draufgabe hatten sie 45.000 Euro Schulden.

Stefan Munch nahm den Gasbrenner in die Hand und fuhr damit über das Material. Er war erstaunt, dass er den Anblick einer Flamme so ruhig ertrug. Er wusste jetzt, wie heiß Feuer sein konnte. Er hörte heute noch das Heulen und Knattern der Flammen.

Er warf einen Blick auf die hässliche Narbe, die von seinem linken Handrücken zum Unterarm lief …

Alice!, dachte er wieder.

Und jetzt war er in diesem sauberen kleinen Städtchen, in dem weder Wassermangel noch Dürre, noch eine Kaninchenplage, noch Kängurus, noch Feuer die Existenz eines Mannes bedrohen konnte. In dem sogar Schnee fiel, weil Advent war.

Weihnachten! Früher, als Junge, hatte er so unendlich viele Wünsche gehabt. Damals hatte er sogar an den Weihnachtsmann geglaubt, bis der ihn enttäuscht hatte, als er auf jedes Geschenk verzichten wollte, wenn nur seine Mutter gesund geworden wäre.

Heute wusste Stefan Munch, dass er mit diesem einen sehnlichsten Wunsch die Kompetenz des alten Herren mit dem dekorativen roten Kapuzenmantel überschritten hatte.

Er warf einen Blick nach oben durch das Schaufenster und erschrak.

Eine zierliche schwarze Gestalt stand am Fenster. Und da läutete auch schon die Türglocke.

Nun, der Weihnachtsmann ist das jedenfalls nicht und auch keine gute Fee, dachte Stefan Munch. Aber doch eine erstaunliche Erscheinung.

Die alte Dame, die jetzt eintrat, trug einen eleganten schwarzen Pelz und dazu kleine zierliche Stiefelchen. Ihr schneeweißes Haar lag in gepflegten Löckchen, auf denen die Winzigkeit eines schief aufgesetzten Nerzbaretts saß. Das Gesicht hätte man sanft nennen können, wenn nicht der energische Blick gewesen wäre und diese strenge Nase. Und die Art, wie sie den Ebenholzstock aufsetzte, um die drei Stufen zur Werkstatt herunterzuschreiten, hatte etwas recht Diktatorisches an sich.

Stefan Munch gefiel sie, ein freier, ungewöhnlicher Mensch.

»Adele von Dorn«, stellte sich die alte Dame kurz vor. »Ich möchte Eduard Munch sprechen.«

Stefan Munch, der sich bei ihrem Eintritt erhoben hatte, wunderte sich über den Blick der alten Dame.

»Mein Vater ist oben in der Wohnung. Er fühlt sich nicht wohl. Kann ich etwas für Sie tun?«

»Ihr Vater?« Überraschung und Freude klangen aus ihrer Stimme. »Dann sind Sie der verloren gegangene Sohn?«

»Sozusagen.« Stefan Munch sah erstaunt, wie Adele von Dorn sich wie ein lieber Besuch auf seinem Arbeitsstuhl niederließ. »Ich bin zu Ihrem Vater gekommen, um diese Amethystbrosche … Ach was, junger Mann«, unterbrach sie sich dann selbst. »Ich bin gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie gern ein Fürst sein möchten?«

»Wie bitte?«

Ohne zu zögern, sprach die alte Dame weiter.

»Ich bin auf der Suche nach jemandem, dem ich einen Fürstentitel anbieten kann. Und wenn Sie der Sohn des alten Munch sind, weiß ich wenigstens, dass Sie ehrlich sind. Alles andere kriege ich schon hin.«

»Alles andere?«

»Nun ja, die Manieren, die Tischsitten, den Schliff …«

Stefan Munch lehnte sich mit einem erleichterten Lachen gegen die Arbeitsfläche. Das war ja alles ganz absurd! Wie gut gekleidet und charmant die … Verrückten heutzutage in Deutschland waren. Auf keinen Fall wollte er diese liebenswerte alte Dame reizen.

»Sehr aufmerksam von Ihnen, gnädige Frau. Aber ich brauche eigentlich keinen Fürstentitel, was ich brauche, ist …«

»Ja?«

Der wache und aufmerksame Blick ihrer Augen machte ihn stutzig. Er hatte eigentlich sagen wollen, dass er einen Birma-Rubin brauchte, jetzt aber schwieg er.

»Haben Sie keine Wünsche?«, bohrte diese Adele von Dorn weiter.

Stefan Munch schwieg.

»Sind Sie etwa verheiratet?« Das klang geradezu alarmierend.

»Nein.«

Die Fürstin atmete erleichtert auf.

»Na also … Sie werden in meinem Schlösschen wohnen, tun und lassen können, was Sie wollen, von mir eine angemessene Summe monatlich bekommen, damit Sie standesgemäß auftreten können, und ich …«

Adele von Dorn verstummte. Irgendetwas in der Haltung dieses jungen Menschen warnte sie davor, jetzt von der Kaufsumme zu sprechen, mit der sie ihn ködern wollte.

Stefan Munch lächelte. »Und was verlangen Sie als Gegenleistung? Soll ich irgendjemanden das Fürchten lehren?«

Adele von Dorn stutzte. »Keine Gegenleistung«, erklärte sie. Jedenfalls vorläufig, fügte sie in Gedanken hinzu.

Stefan Munch setzte gerade dazu an, dieser alten Dame zu erklären, dass er die Idee nicht verlockend fand, als die Wendeltreppe zur oberen Wohnung knarrte.

Eduard Munch kam herunter.

»Durchlaucht!«, rief er. »Ich freue mich! Kommen Sie doch nach oben auf ein Glas Sherry. Wie geht es meinen Lieblingen? Hat die ›Perla splendida‹ noch ihren unvergleichbaren Glanz?«

Stefan Munch hatte seinen Vater seit Wochen nicht so lebhaft gesehen.