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Vor zehn Jahren war Nella Helbach nichts weiter als die Tochter des Chauffeurs - und doch wagte sie das Unmögliche: Sie verliebte sich in Prinz Yorck. Sie träumten heimlich von einer gemeinsamen Zukunft, bis eine Intrige alles zerstörte. Nellas Vater wurde des Diebstahls an der herzoglichen Familie beschuldigt, fristlos entlassen - und Yorck schwieg. Sein Schweigen brach Nellas Herz und stürzte ihre Familie ins Unglück. Nun kehrt Nella zurück nach Luisenruh, wo jede Ecke von Erinnerungen durchdrungen ist. Eigentlich wollte sie nur die alte Herzoginmutter ein letztes Mal sehen, bevor Nella nach Kanada auswandert, - doch plötzlich steht Yorck vor ihr. Während alte Gefühle erwachen, holt sie ausgerechnet die alte Intrige wieder ein. Jetzt droht die Wahrheit ans Licht zu kommen - und mit ihr eine Entscheidung über Liebe, Vertrauen und Schicksal ...
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Seitenzahl: 123
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Die Tochter des Chauffeurs
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Eine Jugendliebe, die nie sein durfte, flammt Jahre später wieder auf
Von Marion Alexi
Vor zehn Jahren war Nella Helbach nichts weiter als die Tochter des Chauffeurs – und doch wagte sie das Unmögliche: Sie verliebte sich in Prinz Yorck. Sie träumten heimlich von einer gemeinsamen Zukunft, bis eine Intrige alles zerstörte. Nellas Vater wurde des Diebstahls an der herzoglichen Familie beschuldigt, fristlos entlassen – und Yorck schwieg. Sein Schweigen brach Nellas Herz und stürzte ihre Familie ins Unglück.
Nun kehrt Nella zurück nach Luisenruh, wo jede Ecke von Erinnerungen durchdrungen ist. Eigentlich wollte sie nur die alte Herzoginmutter ein letztes Mal sehen, bevor Nella nach Kanada auswandert, – doch plötzlich steht Yorck vor ihr. Während alte Gefühle erwachen, holt sie ausgerechnet die alte Intrige wieder ein. Jetzt droht die Wahrheit ans Licht zu kommen – und mit ihr eine Entscheidung über Liebe, Vertrauen und Schicksal ...
Sie war nicht durch die Lindenallee gekommen. Auch den planvoll angelegten und staunenswert gepflegten Schlosspark mit den samtgrünen Rasenflächen, den malerisch gepflanzten Baumgruppen und den Blumenterrassen hatte sie gemieden, durchaus bewusst, und es stattdessen vorgezogen, sich dem Witwenpalais auf verschlungenen, auch geheimen, doch noch immer verblüffend vertrauten Wegen zu nähern.
Altcrelow, den traditionsreichen und prächtigen Stammsitz der fürstlichen Familie Crelow nunmehr im Rücken, stand die hoch gewachsene junge Frau regungslos vor einem deutlich kleineren Gebäude, dem sogenannten Witwenpalais, einem mit künstlerischem Sinn gestalteten Haus. Und wie damals stellte Nella Helbach fest, dass ihr die vornehme Zurückhaltung von Luisenruh besser gefiel als Altcrelow mit seinen imposanten Fassaden im ockerfarbenen Rohputz, im Innern ein vor Schätzen überquellender Kunsttempel.
Nella fand das stille Luisenruh ganz unverändert. In diesem Teil des Adelssitzes wirkte die Natur ungezähmt: Im Rosengarten plätscherte der Springbrunnen wie früher, und der kleine Delphin sprühte noch immer Wassertropfen in die Luft. Als wäre die Zeit stehen geblieben.
War sie aber nicht, wie Nellas trotzigdunkler Blick verriet. Und als von irgendwoher ein Glockenschlag ertönte, gefolgt von einem zweiten und dritten, löste sich die junge, sehr schlanke Frau aus ihrer angespannten Regungslosigkeit, straffte sich und ging auf das Eingangsportal zu.
Es öffnete sich wie von selbst.
»Tante Paula!«, rief Nella überrascht.
Und wurde schon im nächsten Moment von zwei kräftigen Armen weitergezogen, in die kleine Halle, und dabei kurz, doch liebevoll gedrückt.
Keine der überschwänglichen, wolkenweichen Umarmungen hatte Nella vergessen, auch nicht den unverwechselbaren Duft von Vanille und Zimt, der die langjährige Haushälterin der Herzoginmutter Bettine stets umwehte. Nella musste gar nicht schnuppern, sie hatte ihn wieder in der Nase. Ganz so, als wäre kein Tag seit ihrem letzten Besuch vergangen.
»Fast zehn Jahre!«, rief eine Frauenstimme aus dem Hintergrund. »Wie haben wir dich vermisst, Nella, meine gute Paula und ich. Nun lass sie schon los, ich will sie auch endlich begrüßen, meine kleine Nella, mein Patenkind!«
»Groß ist die kleine Nella geworden! Eine junge Frau!«, protestierte Paula mit tränenerstickter Stimme. Und räusperte sich vernehmlich, dabei die Hände in die Seiten stemmend. »Und hübsch ist sie geworden. Und elegant. Nur viel zu dünn.«
Die Herzoginmutter betrachtete Nella mit zärtlichem Lächeln und küsste sie auf beide Wangen.
»Darf ich?« Und schon zog sie Nella aufschluchzend an sich.
»Ich habe Sie auch vermisst«, sagte Nella leise. »Wie oft ich an Sie und Paula gedacht habe, das kann man gar nicht zählen. Wie froh bin ich, Sie beide gesund zu sehen.«
Nach der stürmischen Begrüßung wurde Nella in den Salon gebeten. Was hatte sich hier verändert? Die karminroten Wandbespannungen verschwanden noch immer fast ganz hinter den vielen Gemälden, Landschaftsdarstellungen und Familienporträts. Es gab wenige, doch exquisite französische Möbel. Und über dem schwanweißen Marmorkamin, ein Prunkstück, hing noch immer der beeindruckend großformatige Louis-XIV-Spiegel, gefertigt aus Ebenholz, Schildpatt und Goldbronze.
Nella in ihrem smarten Hosenanzug sah das fünfzehnjährige Mädchen von damals vor diesem Spiegel stehen, sich forschend betrachtend. Viel hatte es gehofft und geträumt und nicht daran gedacht, dass in jedem Paradies eine Schlange lebte.
Die alte Dame schien für ihren Gast den Rosengarten geplündert zu haben, denn überall leuchteten und flammten Rosen in kostbaren Sèvres-Schalen oder Kristallvasen.
Nella erinnerte sich noch daran, wie sie sich als Kind entsetzlich gefürchtet hatte, irgendetwas zu berühren. Vor lauter Angst, irgendeine der vielen Kostbarkeiten, natürlich einzigartig und sowieso unersetzlich, zu ruinieren.
Paula hatte für Tee und Gebäck gesorgt, alles vom Feinsten, versteht sich.
»Ich habe noch in der Küche zu tun«, bemerkte sie und zog sich taktvoll zurück. »Einfach laut rufen, wenn etwas fehlt. Ich bin sofort zur Stelle.«
Herzoginmutter Bettine schenkte selbst Tee ein. Und umsorgte aufmerksam die junge Frau, die neben ihr auf dem Sofa mit den schwellenden Kissen in Rosenfarben saß.
»Sitzen Sie auch bequem?«, wollte sie besorgt wissen.
»Sie haben mich früher geduzt«, erinnerte Nella.
»Früher. Es ist leider lange her. Und doch, wo Sie, ach nein, wo du jetzt wieder da bist, mir zauberhaft nahe, ist alles wieder gut. Ich möchte es mir jedenfalls einbilden.«
Nella lächelte ihr zu und erfasste die gegen sie ausgestreckte Hand der alten Dame.
»Sie waren immer so freundlich zu mir. Freundlich und außerordentlich großzügig.«
Bettine von Crelows zartes Lächeln erlosch.
»Es war eine schlimme Zeit damals. Und ich wünschte, ich könnte alles rückgängig machen. Oder vergessen. Aber so leicht ist es nicht mit dem Vergessen. Dein lieber Vater ...«
»Hat nicht vergessen können.«
Zaghafte Frage: »Und auch nicht vergeben?«
Nella schüttelte den Kopf. Und seufzte tief auf. Für einen Moment schloss sie die Augen, um die freudlosen Bilder auszuschließen.
»Mein armes, mein liebes Mädchen«, flüsterte Bettine. »Du hast Schlimmes durchmachen müssen.«
Nellas dunkle Augen schienen noch dunkler zu werden.
»Es tut mir so leid«, setzte die alte Dame hinzu. »Alles tut mir leid. Wenn man doch nur durchstreichen könnte, was unschön war ... Nach so viel Glück das große Unglück.«
Sie betrachtete die neben ihr sitzende junge Frau.
»Du bist eine Schönheit geworden, meine liebe Nella. Eine aparte Schönheit mit deinem herrlichen Haar von der Farbe edlen Mahagonis und den großen ausdrucksvollen Augen.«
Die junge Frau dankte ihr mit einem zaghaften Lächeln.
»Du hast dein Haar früher offen getragen, Nella. Es floss dir über die Schultern. Oder wehte hinter dir her wie eine seidene Fahne, wenn ihr beide ...« Hastig fuhr sie fort: »Nichts gegen den Knoten, obzwar er auf den ersten Blick ein wenig streng wirkt. Doch er betont vorteilhaft dein klares Profil.«
Als Nella darauf eingehen wollte, fiel ihr Blick zufällig auf die Sammlung gerahmter Fotografien auf dem runden Tisch neben dem Sofa. Der warme Schein der Lampe rückte all die lächelnden Familienmitglieder und Freunde ins rechte Licht. Manche Fotos waren sogar signiert, schräg über die Fläche, darunter gab es prominente Namen und Daten, die an bedeutsame Ereignisse in der Vergangenheit erinnerten.
Plötzlich stutzte Nella. Mitten unter den Silberrahmen hatte sie einen entdeckt, der ihr Herz spontan stolpern ließ. Das Foto zeigte einen unbekümmert strahlenden Jungen von etwa zwölf, vielleicht schon dreizehn Jahren. Das feste dunkle Haar wies einen korrekten Scheitel auf, doch da gab es einen frechen Wirbel an der linken Schläfe, der dafür sorgte, dass ein Haarbüschel hochstand, eine winzige Rebellion.
Ein feiner, scharfer Schmerz durchzuckte Nella, alles in ihr zog sich zusammen, als die Erinnerungen wie eine meterhohe Welle machtvoll über sie hinweg rollten.
Diese dunklen Augen mit den tanzenden Fünkchen, hatten sie Nella nicht von Anfang an fasziniert? Schon ein Seitenblick hatte damals vermocht, in ihr ein Gefühl zu erzeugen wie von tausend Ameisen, die über ihre Haut krabbelten.
Vorbei war es mit der vorbildlichen Haltung, die in den Kreisen, in denen die noblen Crelows tonangebend waren, Contenance genannt wurde und zu den Basistugenden gehörte.
Nella fühlte sich mies. Kein höfliches Lächeln mehr.
Oh, es war ein Fehler gewesen, die Einladung nach Luisenruh anzunehmen. Sie hätte es wissen müssen, dass die Begegnung mit der Vergangenheit ihr nur schaden konnte.
»Ist Ihnen nicht wohl, liebes Kind?« Die erschrockene Stimme der alten Dame schien aus weiter Ferne zu kommen.
Der Salon drehte sich um Nella, immer schneller, als säße sie auf einem Karussellpferd.
»Trink einen Schluck Tee, Nellachen«, schlug die hohe Stimme vor. »Wenn mir schwindlig wird, hilft Tee am besten. Und vielleicht eine von Paulas köstlichen Makronen?«
»Es tut mir leid«, brachte die junge Frau hervor. »Keine Ahnung, wie das passieren konnte. War ich irgendwie weg?«
»Nur für zwei Sekunden.« Bettines Stimme klang tröstend. »Und ich würde mir keine Gedanken machen, Nella. Schließlich war es keine Kleinigkeit, nicht wahr, hierher zu kommen.«
Die junge Frau nickte.
»Du hast immer ein mutiges Herz gehabt.« Wohlwollend lag Bettines Blick auf ihrem Gast. »Das habe ich schon früher bewundert.«
Als Nella einen schnellen Seitenblick auf den Lampentisch neben dem Sofa warf, stellte sie verblüfft fest, dass der Silberrahmen mit dem Kinderfoto verschwunden war. Oder hatte er nie dort gestanden? Ein Trugbild ihrer Fantasie? Wahrscheinlicher war, dass die alte Dame ihn versteckt hatte.
Nella stellte mit zurückhaltendem Lächeln ihre Teetasse auf den niedrigen Tisch. Noch hatte sie Paulas legendäres Gebäck nicht angerührt.
»Wie peinlich, ich hätte mich längst für Ihre Einladung bedanken müssen. Darf ich's nachholen?«
»Es war mir ein Bedürfnis, dich wiederzusehen.«
Weil die junge Frau sie aufmerksam ansah, fuhr die Herzogin fort: »Es geht mir gesundheitlich nicht besonders gut. In letzter Zeit ... Nun, mir fällt das Atmen schwer. Und ich schlafe so schlecht. Es sind die vielen Erinnerungen, die mich wach halten. Dann komme ich ins Grübeln. Und Grübeln ist anstrengend. Sagt der Professor«, schloss sie leise.
»Das tut mir sehr leid«, bemerkte Nella erschrocken.
»Mein Wunsch war, dich noch einmal zu sehen, mein Kind. Ein letztes Mal, bevor ich auf die große Reise gehe. Und ich war selig, als ich deine Zusage erhielt. Frag Paula.«
»Ich bin gern zu Ihnen gekommen. Mit diesem Ort verbinde ich nur glückliche Erinnerungen.« An das große Schloss zu denken, verbot sich Nella.
Kaum hörbar: »Mein Enkel Yorck ...«
Nella hob die Hand. »Bitte nicht«, sagte sie entschieden. »Die Vergangenheit ist vergangen. Zum Glück.«
Es wurde still, nur die feuervergoldete Konsoluhr tickte.
»Es gab eine Zeit ...«, versuchte es Bettine noch einmal.
»Ich kam zu Ihnen, um Sie wiederzusehen, Herzogin.« Nella holte tief Luft. »Es hat mich einiges an Überwindung gekostet, um ehrlich zu sein. Und das Wiedersehen mit Altcrelow war ... nicht einfach, ganz im Gegenteil. Ich musste mich zwingen, nicht schon am Parktor umzukehren.«
»Jaja, die Gespenster der Vergangenheit können grausam sein, wem sagst du das. Aber ich bin froh, dass du es geschafft hast, zu mir zu kommen. Trotz allem.«
Weil Nella schwieg, fuhr Bettine fort: »Du warst seit damals nie wieder hier? Nicht mal in der Nähe? Und kein Kontakt mehr zu ...«
»Funkstille. Absolutes Schweigen. Als hätte das, was zwischen uns war, nicht existiert«, flüsterte Nella.
»Die Familie spricht nicht darüber. Doch er, glaub mir, Nella, ich schwöre dir, er hat dich nicht vergessen.«
Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Es ist mir egal.«
Nun wirkte sie erschüttert, die alte Dame mit den feinen Zügen.
»Heute kann ich es dir ja sagen, Nella. Ich habe es mir immer gewünscht, dass du und Yorck, nun ja, dass mein Enkel einmal dich zum Altar drüben in der Kapelle führt. Ihr seid ein so feines junges Paar gewesen.« Sie seufzte bekümmert. »Mein Wunsch wird wohl nicht mehr in Erfüllung gehen, gehen können. Ich fühle mich so matt, obwohl meine liebe gute Paula natürlich dafür sorgt, dass ich mich nicht anstrenge. Rührend ist sie, meine Paula. Und ohne sie würde ich gar nicht mehr zurechtkommen. Es ist hier einsam geworden, seit du nicht mehr da bist.«
»Aber Prinzessin Dagmar, Ihre Enkelin ...«
»Seit Monaten habe ich nichts mehr gehört von ihr.« Die alte Dame klopfte ein Krümelchen von ihrem grauseidenen Rück. »Und, ich bin dir gegenüber ganz offen, Nellachen, ich leide nicht darunter, dass Dagmar sich kaum kümmert.«
»Die Prinzessin war früher schon recht – sagen wir – eigen.«
»Das ist hübsch neutral ausgedrückt. Du jedenfalls warst schon damals tausendmal vornehmer als sie. Manchmal kann das Mädchen fürchterlich direkt sein. Richtig grob!«
Nella nahm ein Zitronenherz aus dem Silberkorb. Doch sie aß es nicht, sondern betrachtete es nachdenklich.
»Nella, mein Liebes, meinst du nicht, dass Yorck ...«
»Nein, Herzogin. Lieber nicht.« Mit schiefem Lächeln: »Nur Kartoffelsuppe schmeckt aufgewärmt. Ich habe irgendwo gelesen, dass er sich verloben wird. Mit der Tochter von Fürst Richard. Das wäre dann eine standesgemäße Verbindung, richtig?«
»Viktoria? Das möchte ihre Mama. Und mit Sicherheit meine Schwiegertochter. Aber Yorck ...«
»Ich bin auch gekommen, Herzogin, um mich von Ihnen zu verabschieden. Ich werde schon im nächsten Monat nach Montreal fliegen. Und dort vermutlich bleiben.«
»Bitte?« Bettine von Crelow wirkte bestürzt. »Aber warum denn nur?! Nella, du verlässt Deutschland?«
»Für immer.« Ein Hauch von Bitterkeit schwang mit. »Mich hält nach Vaters Tod nichts mehr hier. Und Phil, also Philip ist ein wirklich toller Mann, ja, ich bin sicher, es ist richtig, wenn ich versuche, drüben ... Herzogin, irgendwann muss man loslassen und etwas Neues wagen. Habe ich recht?«
»Du liebst diesen Mann?«
»Ich mag ihn. Und vielleicht liebe ich ihn eines Tages.«
Bettine von Crelow fasste nach Nellas freier Hand.
»Deine große Liebe heißt Yorck. Ich spüre es. Ihr seid füreinander bestimmt worden von ... irgendwelchen Himmelsmächten.«
»Diese Himmelsmächte haben leider nicht verhindern können, dass meinem Vater fristlos gekündigt wurde. Meinetwegen. Weil es nicht sein durfte, dass sich der Sohn des Herzogs in die Tochter eines Chauffeurs verliebt.«
»Es war der grauenvollste Sommer meines Lebens.«
»Wir beide, Vater und ich, sind gefeuert worden. Und niemand hat zu uns gehalten. Wir hatten keinen Fürsprecher.« Nella erhob sich. »Ich bedaure, dass die alte Geschichte nun doch zur Sprache gekommen ist, Herzogin. Das hatte ich nicht vor, und ich bitte um Verzeihung, Sie beunruhigt zu haben.«
»Geh noch nicht, Nella.«
»Ich fürchte, es wird Zeit.« Nella eilte zur Tür und dankte für die gastfreundliche, warmherzige Aufnahme.
Ihr Herz schlug wie wild. O ja, es war ein Fehler, nach Luisenruh zu kommen. Hätte sie doch auf ihre Vernunft gehört, die ihr warnend von dem Besuch abriet. Wie naiv war sie, als sie meinte, die dramatischen Ereignisse der Vergangenheit beiseitezuschieben zu können, um unbefangen mit der Herzogin zu plaudern. Natürlich hatte es nicht funktioniert.
In der Küche klapperte Geschirr. Paula summte einen Schlager. Alles wie damals, als ihre Welt noch heil war. Nella zog die Haustür auf. Und erstarrte vor Schreck.
Denn direkt vor ihr stand, wie aus dem Erdboden gewachsen, ein außergewöhnlich attraktiver junger Mann mit einer eleganten Ausstrahlung, die ihr schon unter normalen Umständen den Atem geraubt hätte. Doch diese Situation war extra speziell, ein wüster Mix aus Traum und Albtraum, Himmel und Hölle, Seligkeit und Verzweiflung.
Und Nella war völlig verstört.
Yorck Prinz von Crelow öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton hervor. Nicht minder verblüfft als sie, konnte er sie nur anstarren, fixieren, mehr schien nicht möglich.
