Gamemaker – Ein letztes Spiel - Kresley Cole - E-Book

Gamemaker – Ein letztes Spiel E-Book

Kresley Cole

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Beschreibung

Sie ist die Königin des Spiels - doch er bestimmt die Regeln

Um die Schulden ihrer Familie an ein skrupelloses Kartell zurückzubezahlen, würde Trickbetrügerin Victoria Valentine alles tun. Und als sie in Las Vegas Dmitri Sewastian begegnet, weiß sie augenblicklich, dass der unnahbare Selfmade-Milliardär ihr Jackpot ist. Denn wo wäre ein Heiratsschwindel einfacher als in der Stadt der Sünde? Doch aus Verführung wird bald ein gefährliches Spiel voll dunkler Leidenschaft, in dem Victoria längst nicht mehr die Regeln vorgibt ...


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Seitenzahl: 458

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Inhalt

TitelZu diesem BuchStufen für Trickbetrug im großen Stil (nur für Experten)Zitate12345678910111213141516171819202122232425262728293031323334353637EpilogDie AutorinDie Romane von Kresley Cole bei LYXImpressum

KRESLEY COLE

Gamemaker

Ein letztes Spiel

Roman

Ins Deutsche übertragenvon Bettina Oder

Zu diesem Buch

Trickbetrügerin Victoria Valentine scheint vom Glück verlassen zu sein. Was sie auch versucht: kein Job klappt, kein Opfer will ihr ins Netz gehen. Dabei läuft ihr allmählich die Zeit davon. Seit ihre Familie sich unwissentlich mit einem übermächtigen Kartell angelegt hat, hat sie nicht nur sechs Millionen Dollar Schulden, auf ihren Vater ist auch noch ein Kopfgeld ausgesetzt. Ihr bleiben nur noch wenige Tage, um das Spiel auf Leben und Tod zu gewinnen und das Geld zurückzuzahlen. Die Situation scheint aussichtslos. Doch als Vice auf einer Party in Las Vegas Dmitri Sewastian kennenlernt, weiß sie sofort, dass er ihr Jackpot ist. Der russische Selfmade-Milliardär gilt als eiskalt und unnahbar, doch Vice setzt alles auf eine Karte: Ein Heiratsschwindel könnte ihre Probleme von einem Tag auf den anderen lösen, und wo wäre das leichter als in der Stadt der Sünde? Sie kann ihr Glück kaum fassen, als Dmitri sich ihrem Spiel der Verführung hingibt und sie in eine Welt aus Reichtum und Sinnlichkeit entführt. Doch mit jedem Tag gerät Vice tiefer in einen gefährlichen Bann aus Leidenschaft und Verrat, bei dem sie längst nicht mehr die Regeln vorgibt …

Stufen für Trickbetrug im großen Stil (nur für Experten)

1. Identifikation der Zielperson. Kriterien: Gier, Unehrlichkeit, Kriminalität.

2. Grundlagenarbeit. Recherchen zum Hintergrund der Zielperson; eliminiere Hindernisse und stelle ein Team zusammen.

3. Die Begegnung. Inszeniere einen unvergesslichen ersten Eindruck.

4. Integration. Werde ein Teil des Lebens der Zielperson.

5. Der Wunschzettel. Lass die Zielperson nach und nach wissen, was du dir wünschst.

6. Das Opfer. Gib etwas von Wert auf, um das Vertrauen der Zielperson zu stärken.

7. Die Krise. Schaffe durch ein Ultimatum eine Atmosphäre der Dringlichkeit. Entweder die Zielperson handelt auf der Stelle, oder die Gelegenheit ist für immer vergangen.

8. Die Falle. Beeinflusse die Zielperson dahingehend, dass sie eine unwiderrufliche, bindende Verpflichtung eingeht.

»Verlangen ist wie Schach. Tu, was immer du tun musst, um das Endspiel zu gewinnen.«

Dmitri Sewastian, Computergenie, Self-made-Milliardär

»Grundregel für Trickbetrüger: Verliebe dich nie, nie, niemals in deine Zielperson.«

Victoria Valentine, alias Vice, stolze Fachfrau für vertrauensbildende Künste

2

Pete lachte – bis er begriff, dass es mir ernst war. »Karin hat ihm kein einziges Wort abringen können.«

Als Pete gestern Abend gehört hatte, dass die Sewastians auf dem Weg zur VIP-Lounge waren, hatte er mich nach Hause geschickt und die Spezialistin der Familie für den Milk-Cow con – den sogenannten Milchkuh-Betrug, einen der schwierigsten unter den langfristigen Schwindeleien – herbeigerufen.

Beim Milk-Cow trieb eine Verführerin die Zielperson in einen sexuellen Rausch, indem sie ihn nach allen Regeln der Kunst betörte, ihm aber den Akt selbst vorenthielt, während er ihr Schmuck, Autos und sogar Immobilien kaufte.

»Nicht ein Wort.« Pete schüttelte den Kopf. »Obwohl Dmitri ohne Begleitung und sie in Bestform war.«

Wenn nicht mal Karin imstande war, den Russen zu angeln, dann war er nicht angelbar. Da hatte ich wohl ziemlich große Töne gespuckt. »Dann werde ich also keine potenzielle Zielperson verbrennen.«

»Sei nicht sauer.«

Ich gab Pete meine Handtasche. »Sauer? Ich? Hast du’s etwa noch nicht gehört?« Ich machte mich auf den Weg zur Treppe, ehe ich über die Schulter sagte: »Ich bin eiskalt.«

In Wahrheit war ich so sauer, dass ich die Stufen am liebsten mit lautem Getöse hinaufgestapft wäre, aber ich beherrschte mich und gab darauf Acht, dass meine Absätze die Bodenfliesen nicht berührten. Vielleicht gelang es mir ja, mich an Dmitri ranzuschleichen und ihn unbemerkt zu beobachten.

Alles Wesentliche wusste ich schon aus Petes umfangreichen Notizen. Zweiunddreißig Jahre alt, in Russland beheimatet, aufgewachsen in Sibirien. Der Jüngste der drei Brüder. Ein Computer- und Mathe-Genie.

Er hatte in Oxford als Jahrgangsbester abgeschlossen und dann eine Firma gegründet, die gewisse Aspekte der kaufmännischen Datenverarbeitung revolutioniert hatte. Dann hatte er die Firma samt einiger Patente verkauft und sich als Milliardär zur Ruhe gesetzt. Trotzdem fand sich im Internet so gut wie nichts über ihn – und auch kein einziges Bild.

Als ich die Terrasse betrat, blickte ich mich mit hochgezogenen Brauen in der extravaganten Höhle des Ungeheuers um. Das Ganze wurde durch Feuerstellen erleuchtet. Unter einem mit Blauregen bewachsenen Spalier dampfte ein Whirlpool, und ein mit Mosaiken geschmückter Brunnen plätscherte vor der hinteren Wand. Seitlich befand sich eine bestens ausgestattete Bar ohne Bedienung.

Ich erspähte Dmitri am Geländer; er schien die Aussicht auf die Stadt zu genießen. Außer uns befand sich keine Menschenseele hier oben.

In aller Stille näherte ich mich ihm, wobei mir immer mehr Details ins Auge fielen. Er war von muskulösem Körperbau und weit über eins achtzig, sogar größer als mein Ex mit gut eins neunzig.

Meine Großmutter würde Dmitri Sewastian einen Berg von Mann nennen. Er würde weit über mir aufragen.

Seine teure Kleidung sah so gut aus, dass mir fast der Geifer aus dem Mund floss. Er trug eine maßgeschneiderte graue Hose, die seine schmalen Hüften und den knackigen Hintern betonte. Sein dunkelgraues Hemd schmiegte sich eng an Rücken und Armmuskeln.

Ich konnte deutlich sehen, wie sich seine Trizepsmuskeln unter dem dünnen Stoff wölbten, da seine Hände das Geländer mit solcher Kraft umklammerten, dass sich ihre Knöchel weiß färbten. Wie bei Bruce Banner, wenn er dagegen ankämpfte, sich in den Hulk zu verwandeln.

Pete hatte mir erzählt, dass er zeitweise ziemliche Spannungen zwischen Dmitri und Alex, dem ältesten Sewastian-Bruder, aufgefangen habe. Vielleicht hatten sie sich gestritten, und Dmitri reagierte nun seinen Frust an anderen ab?

Aber wenn Dmitri so wütend war, warum zog er sich nicht in sein Zimmer zurück? Warum flog er nicht einfach woandershin?

In der nächsten Sekunde wurden all meine Spekulationen auf den Kopf gestellt, denn Dmitri legte plötzlich den Kopf in den Nacken, und seine breiten Schultern hoben und senkten sich in einem tiefen Seufzen. Sogar aus meiner Perspektive konnte ich erkennen, dass er den Vollmond anstarrte.

So was machte man normalerweise nicht, wenn man vor Wut kochte. So was machte man, wenn man Kummer oder sogar Sehnsucht verspürte.

Mitleid stieg in mir auf. Seine Familie hielt sich gleich im Stockwerk unter ihm auf, aber er blieb ganz allein hier.

So erging es dem Ungeheuer aus dem Märchen: Es wollte kein Ungeheuer sein. Es wollte nicht allein sein.

Schließlich ließ Dmitri das Geländer los und rieb sich die Schläfen.

Die Neugier, sein Gesicht zu sehen, trug den Sieg davon, daher machte ich mich mit absichtlich laut klackenden Absätzen auf den Weg zum gegenüberliegenden Teil des Geländers.

Er ließ die Hände sinken, und seine Muskeln spannten sich noch mehr an. »Wie oft muss ich das denn noch sagen, verdammte Scheiße?«, stieß er mit deutlichem Akzent hervor. Während er sich zu mir umwandte, faucht er: »ICH – HABE – KEIN – INTERE…« Er verstummte mit verwirrter Miene.

Ich kannte das Gefühl. Dmitri Sewastian war … umwerfend.

Sein makelloses, männliches Gesicht verschlug einem glatt den Atem und ließ die Lunge leerlaufen.

Dichtes schwarzes Haar, gemeißelte Wangenknochen. Stolze, schmale Nase und kräftige Kinnpartie. Seine Augen leuchteten bernsteinfarben.

Wunderschönes Ungeheuer! Beinahe wäre ich ins Taumeln geraten. Und das passierte mir nie, es sei denn, als Finte beim Taschendiebstahl.

Sobald sich seine grimmige Miene etwas entspannte, wurde aus dem dünnen Strich seiner Lippen ein Mund, der zum Küssen förmlich einlud. Er ließ seinen lebhaften Blick von meinen Absätzen bis zu meinem Kopf über mich schweifen. »Du …«, flüsterte er.

Los, sag was, Vice. »Ich?« Ich wusste, dass wir einander noch nie begegnet waren, denn sein Gesicht hätte sich für alle Zeit in mein Gehirn eingebrannt.

»… bist umwerfend. Dein Anblick hat mir den Verstand geraubt.«

Hä? Männer fanden mich hübsch, aber im Land der langbeinigen Showgirls und durch OPs verschönerten Models war schon einiges nötig, um aufzufallen. (Ich hatte mir immer eingeredet, dass ich in Reno der absolute Hit sein würde.)

Und was war mit Karin? Aber vielleicht hatte er seine Begegnungen von gestern Abend ja schon wieder vergessen.

Anstatt mich wegzujagen, kam das Ungeheuer nun zu mir herüber. Ich musste den Hals recken, um ihm in die Augen zu sehen. Hallo, mein Großer.

Er stand so dicht vor mir, dass ich die Hitze spürte, die sein Körper verströmte. Als ich einen Hauch seines Aftershaves auffing – Nadelwald und irgendetwas Mysteriöses –, hätte ich am liebsten geschnurrt. Nein, es war nicht nur ein Hauch, es traf mich wie ein Schlag. Sein Duft war eine Droge, die die Luft tränkte.

»Ich bin Dmitri Sewastian«, sagte er mit tiefer Stimme. »Sie müssen mir Ihren Namen sagen.« Mit unangebrachter Vertraulichkeit hob er meine lose Haarsträhne an, deren Farbe in scharfem Kontrast zu seiner gebräunten Haut stand.

Er hatte Interesse! Was, wenn ich tatsächlich bei diesem Kerl landen könnte?

»Ich bin Victoria Valentine.« Mein ruhiger Tonfall war beeindruckend.

»Victoryaa.« Die Art, wie er das Ende meines Namens in die Länge zog, die letzte Silbe knurrte, ließ meine Wangen erglühen.

Ich hatte mich noch nie in der Gewalt gehabt, was mein Erröten betraf, ganz gleich, wie sehr mich meine Familie wegen dieses verräterischen Zeichens unter Druck setzte. »Nett, Sie kennenzulernen. Aber ich glaube, Sie waren gerade dabei, mir zu sagen, dass Sie verdammt noch mal kein Interesse haben.«

Jetzt verfärbte sich die Haut über seinen Wangenknochen, und er ließ meine Haarsträhne fallen. »Die Frauen hier waren ziemlich … hartnäckig.«

»Die meisten Männer würden das nicht als Problem ansehen.«

»Die Frauen waren nicht das einzige Problem. Ich hatte gehofft, dass der heutige Abend auf irgendeine Art anders sein würde. Ich wurde enttäuscht.«

»Habe ich mir schon gedacht.«

»Wieso?« Sein Blick tastete mein Gesicht ab, verweilte auf meinen Zügen, als ob er sie sich für immer einprägen wollte.

»Menschen, die seufzend den Mond anschmachten, sind für gewöhnlich von Kummer oder Sehnsucht erfüllt.« Nachdem ich mir jetzt seine Aufmerksamkeit gesichert hatte, war es an der Zeit, mich zurückzuziehen. »Dann lasse ich Sie lieber mal wieder allein, mein Großer.« Ich machte mich in Richtung Treppe auf. Folg mir, folg mir …

Dmitri eilte herbei, um mir den Weg abzuschneiden. »Aber ich bin gar nicht mehr enttäuscht, seit diese kurvige kleine Blondine aufgetaucht ist, weil sie im Mondlicht wie ein Engel aussieht. Und zufällig brauche ich gerade dringend einen.«

Einen Engel? Um meine Familie zu retten, würde ich ihm die Eier mit einem Nietnagel abschneiden, wenn’s sein musste. »Und was, wenn ich gar kein Engel bin? Was, wenn ich eine Teufelin bin? Würden Sie mir in die Hölle folgen?«

Er nickte feierlich. »Für Sie würde ich durch die Hölle gehen.«

Er meinte es ernst, aber ich merkte, dass ich ein Grinsen unterdrücken musste. »Das könnte man durchaus falsch verstehen, Mr Sewastian, und dabei haben wir uns doch gerade erst kennengelernt.«

Einer seiner Mundwinkel verzog sich zu einem Lächeln. »Nennen Sie mich Dmitri. Oder Dima.« Er stand genau zwischen mir und der Treppe.

»Den ganzen Abend haben Sie all diese armen Frauen angebrüllt, und mich wollen Sie nicht gehen lassen? Ich weiß wirklich nicht, ob ich geschmeichelt oder beunruhigt sein soll.«

»Das hast du gehört?« Wieder überzog eine zarte Röte seine Wangenknochen.

»Ich war draußen auf der Terrasse, und Sie kamen mir vor wie das Biest aus dem Märchen, das ganz allein in seinem Schlupfwinkel vor sich hinbrütet.«

Er sah mir fest in die Augen. »Ich habe die Schöne gefunden.«

Mir stockte der Atem. Ich war auf Wut und Gebrüll vorbereitet gewesen, nicht auf Charme. Mein Blick sank auf seine volle Unterlippe hinab. Sogleich verspürte ich den Drang, an ihr zu saugen.

Auch wenn ich mir seit der Trennung von meinem Ex fest vorgenommen hatte, keine Gelegenheit auszulassen, hatte mich bisher noch kein Kerl wirklich in Versuchung geführt. Wie es wohl wäre, diesen Russen zu küssen? Mit ihm zu schlafen?

»Ich werde Sie nicht davon abhalten zu gehen«, sagte er, »aber ich lade Sie ein, hierzubleiben.« Sein Haar war an den Seiten ganz kurz geschnitten, aber oben war es länger. Eine Brise zerzauste seine dichten Locken.

»Woher soll ich wissen, ob Sie nicht gleich wieder die Beherrschung verlieren, Dmitri?«

Seine Lider wurden schwer, so als gefiele es ihm, wie ich seinen Namen aussprach. »Ich glaube, ich bin imstande, mich zu benehmen, wenn ich nur durch eine ausreichend süße Leckerei motiviert werde.«

»Sie glauben es? Wissen Sie es denn nicht?«

»Das ist alles Neuland für mich. Aber meine neue Führerin gefällt mir jedenfalls sehr.«

Ach wirklich? Dann machte sich meine Verkleidung als braves Mädchen also bezahlt! Was wäre, wenn es mir gelänge, meinen ersten Milk-Cow durchzuziehen – mit einem Milliardär? Das würde es ihnen allen zeigen! Und was noch wichtiger war … Das würde alle retten.

Das Spiel war eröffnet. »Vielleicht benutzen Sie mich ja nur, um andere Frauen fernzuhalten.«

»Vielleicht habe ich die anderen nur verschreckt, damit Sie vor mir erscheinen.«

Ich sah ihn mit schräg gelegtem Kopf an. »Sie könnten mich dazu benutzen, jemand anderen eifersüchtig zu machen.« Was diese unerwartete Aufmerksamkeit zum größten Teil erklären würde.

»Jetzt haben Sie mich schon zwei Mal beschuldigt, Sie zu benutzen. Benutzen Sie vielleicht mich?«

Schlauer Kerl. Bei dem musste ich vorsichtig sein. »Ich bin hochgekommen, um die Aussicht zu genießen. Sie sind der Tourist, der das einheimische Mädchen anmacht.« Auf der Zeitleiste eines Trickbetrugs befanden wir uns gerade bei »Begegnung«.

Ich blickte über die Schulter nach hinten und wünschte, Pete könnte mich jetzt sehen. Dmitri’s got a little change in his pocket goin’ jingle lingle ling! Ich würde diesen Russen so was von scheinanflirten, um ihn in Situationen zu bringen, in denen es scheinbar beinahe zum Sex kommt.

Ich würde für diesen Betrug perfekt sein – schließlich verlor ich die Kontrolle, zumindest was Sex betraf, ja nicht mal dann, wenn ich sie verlieren sollte.

»Wartet hier jemand auf Sie?«, fragte Dmitri. »Sind Sie mit einem anderen Mann hier?«

Wenn ich Eifersucht in seiner Stimme hörte, täuschte ich mich sicher. »Ihr VIP-Gastgeber hat mich eingeladen. Peter Valentine ist mein Cousin.«

»Ah, ja. Er hat uns geholfen, die Dinge zu klären, als die Freundin meiner Schwägerin beinahe verhaftet worden wäre.«

Jessica, die Begleiterin, war die beste Freundin von Natalie Sewastian, dem promovierten Rotschopf.

Als wir von Jessicas Ärger mit dem Gesetz gehört hatten, waren wir alle ganz aufgeregt gewesen, hatten Schmutz und ungeahnte Chancen gewittert. Aber Pete hatte gehört, wie die Frau gebettelt hatte, ein »Bild mit dem Bullen« machen zu dürfen. Für ihren Blog. »Ihr müsst euch ja prächtig amüsiert haben, dass sich das LVPD bemüßigt fühlte, einzugreifen.« Was meine Familie und unsere Komplizen anging, schienen die Cops aufgegeben zu haben.

»Jessica stiftet Unruhe, wo sie auftaucht. Und trotzdem ist sie eingeladen, wo auch immer die Familie hingeht.« Dmitri klang verblüfft.

»Ich finde sie lustig. Als ich ihr unten begegnet bin, hat sie gerade mit lauter Stimme spekuliert, ob ein einheimischer Pflanzenfresser wohl ein ›veganer Las Veganer‹ wäre. Und gleich darauf hat sie eine geniale Lady-Gaga-Imitation hingelegt.«

»Lustig?« Dmitri schien diese Information noch immer nicht ganz verdaut zu haben.

»Jepp.« Pete hatte mir erzählt, dass er Jessica mal auf dem Männerklo dabei überrascht hatte, wie sie gerade Vogue tanzte, während sie sich die Haare machte. Als sie ihn sah, hob sie ein Bein, rammte den Absatz auf den Waschtisch und präsentierte ihm ihre Intimrasur. »Mein Busch-Stylist hat mir diesen natürlichen Look aufgeschwatzt«, hatte sie ihn informiert, »aber ich bin nicht wirklich überzeugt. Was meinst du denn, Peter Pumpkin Eater?« Und sie dachte, er wäre hetero.

Dmitri nickte schroff. »Jessica dürfte in Ihrem Alter sein. Sie haben bestimmt Lust, sich mit ihr zu unterhalten. Ich werde Sie mit hineinnehmen.«

»Moment mal, ich will aber nicht stören.« Es klang, als wollte er mich richtig formell vorstellen. »Pete sagte, Sie wären hier, um etwas zu feiern.« Ich biss auf meiner Unterlippe herum.

Was ihm nicht entging. »Da. Natalie, die Frau meines ältesten Bruders, hat ihre Promotion abgeschlossen. Und mein mittlerer Bruder und seine Frau haben gerade ihren vierten Hochzeitstag gefeiert.« Maximilian, der ehemalige Politiker, und seine heiße Latina-Erbin Lucía.

Wie Pete erfahren hatte, besaß das Paar halb Miami und war dabei, es aufzumöbeln, während es die andere Hälfte aufkaufte. »Das sind ein paar tolle Leistungen. Die meisten Leute kommen her, um zu feiern, dass sie am Freitag ihren Gehaltsscheck bekommen haben.«

Er hob den Blick von meinem Mund. »Sie klingen in der Tat wie eine Einheimische.«

»In der dritten Generation.« Meine Mom entstammte einer langen Reihe von Serienbräuten, und mein Dad kam aus einer Schaustellerfamilie. Sie würden diese Stadt niemals verlassen.

»Was machen Sie hier?«

»Ich mixe Drinks, genau wie meine Schwester.« Ich musste unbedingt herausfinden, warum er mit mir redete, nachdem er sie hatte abblitzen lassen. Die einheimische Unterwelt hatte ihr den Spitznamen »die Frau« verpasst, weil sie alles war, was sich ein Mann jemals von einer Frau wünschen konnte. Selbst meine Mom, die berühmt-berüchtigte Diamond Jill, hatte in ihrer aktiven Zeit nicht annähernd so viele Treffer erzielt wie sie. »Karin hat euch gestern Abend am Tisch bedient.«

»Wären Sie dort gewesen, hätten wir uns einen Tag früher kennengelernt«, sagte er, als ob er den Aufschub aufrichtig bedauerte.

Aber Coach Obergauner hatte mich ausgewechselt.

Dmitri runzelte die Stirn. »Ich hoffe, wir haben Ihrer Schwester genug Trinkgeld gegeben.«

»Mehr als genug.« Genau genommen war es der Familienrekord gewesen. Und das ganze schöne Geld wurde zur Tilgung der Schulden benötigt. Immer wieder diese verdammten Schulden. Was mich zurück zu meinem Job brachte. Es war an der Zeit, mich mal wieder ein bisschen rar zu machen. »Ich sollte lieber gehen. Vielleicht sehen wir uns ja noch mal.«

Seine warme, starke Hand ergriff meinen Ellbogen.

Sofort stand ich kerzengerade da, als ob mich ein Schlag getroffen hätte. Mein Körper wurde von fremdartigen Gefühlen überschwemmt. Hitzewallungen mit Schüttelfrost vereint? Ehe ich mich wieder ihm zuwandte, verbarg ich meine verwirrte Miene hinter einer Maske.

Im Gegensatz zu ihm. Seine Augen waren schmal, die Lippen geöffnet. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass Haut so weich sein kann.« Er ließ mich los, um gleich darauf mit den Fingern über meinen bloßen Arm zu streichen.

Bestürzt sah ich zu, wie seine zärtliche Geste eine Gänsehaut auf meinem Arm hinterließ. Vice – sonst kalt wie Eis – war auf einmal sehr, sehr heiß. Ich spähte zu ihm hoch, als könnte ich die Antwort in seinem Gesicht finden.

Seine Augen waren wirklich wunderschön. Aus der Nähe konnte ich sehen, dass seine bernsteinfarbenen Pupillen mit helleren Flecken übersät waren, die seine Augen golden leuchten ließen.

Ich könnte mich glatt in ihnen verlieren. Wenn er ein Gauner wäre, wäre er ein thrall – die Art von Schwindler, dessen Sexappeal so stark ist, dass er sein Opfer mit einem einzigen Blick manipulieren kann.

Er näherte sich mir noch weiter und fuhr mit den Knöcheln einer Hand über meinen Kieferknochen, dann über meine Wange. »So unglaublich schön, moy ángel.«

Wollte dieser Milliardär mich etwa küssen? »Du bist ein Playboy, stimmt’s?«, murmelte ich.

»Wie definierst du ›Playboy‹?«, fragte er, während er fortfuhr, mein Gesicht zu liebkosen.

»Ein Kerl, der jede Menge Frauen aufreißt, weil sie für ihn beliebig austauschbar sind. Er spielt mit ihnen.« Das Einzige, was noch schlimmer war als ein Playboy, war ein Playboy, der es auf Touristinnen abgesehen hatte.

Dmitri senkte die Hand und legte den gekrümmten Zeigefinger unter mein Kinn. »Es gibt zwei Dinge, die du über mich wissen solltest, Victoria. Erstens: Ich werde mit dir spielen.«

Mein ganzer Körper wurde von einer Hitzewelle überflutet, die ihr Zentrum zwischen meinen Oberschenkeln hatte. Ich schluckte. »Und was ist das zweite, mein Großer?«

Er legte eine Hand auf meinen Hinterkopf und zog mich an sich. Doch dann zögerte er, als ob er den Moment auskosten wollte, in dem er kurz davorstand, mich zu küssen. »Meine Spielchen werden dir gefallen.« Er beugte sich hinab, bis seine warmen, festen Lippen meinen Hals seitlich streiften.

Unwillkürlich schloss ich die Augen, während sich all meine Sinne schärften. Sein Duft war verlockend gewesen – jetzt war er unwiderstehlich. Seine Körperwärme war magnetisch gewesen – jetzt fühlte er sich so heiß an, als ob er in Flammen stünde.

Meine Gedanken drohten sich zu verflüchtigen, aber ich kämpfte darum, die Selbstbeherrschung nicht zu verlieren. Mögliches Opfer. Behalte einen kühlen Kopf. Was tust du?

Ich spürte seine sanften Atemzüge an meinem Mund. Seine Lippen streiften meine mit solcher Zärtlichkeit. Beinahe … Ehrfurcht. Er war dabei, mich zu verführen.

Und es war wunderschön.

Seit ich sexuell aktiv war, sehnte ich mich nach der wilden Leidenschaft, von der andere Leute immer sprachen, schrieben, sangen. Ja, ich genoss den Sex, aber es war mir keineswegs schwergefallen, auch mal ein Jahr ohne auszukommen. Manchmal fürchtete ich schon, ich würde nie den Schlüssel finden, der die Tür zu meiner Leidenschaft öffnen konnte.

Als ich meinen Mund für ihn öffnete, neigte er den Kopf, und unsere Zungen berührten einander. Mir stockte der Atem, und meine schändlich vernachlässigte Libido kehrte mit einem Zischen wieder ins Leben zurück. Könnte ein alleinstehender, einsamer Mann mein Schlüssel sein?

Stöhnend umfasste er mein Gesicht mit beiden Händen und schlang seine Zunge langsam um meine.

Ich erschauerte vor Staunen und klammerte mich an seine breiten Schultern, genoss das Gefühl seiner Muskeln. Meine Nippel verhärteten sich und rieben sich an den Schalen meines trägerlosen BHs, und mein Stringtanga wurde ganz feucht.

Obwohl sich sein Körper immer weiter anspannte, behielt er das gemächliche Tempo seiner Verführung bei.

Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er sich nach Kräften abmühte, behutsam mit mir umzugehen. Aber das wollte ich gar nicht. Innerlich flehte ich: Mehr …

Aber er hielt seine bedächtige, verträumte Gangart bei.

Mehr!

Meine Fingernägel gruben sich in seine Schultern; und als ob ich einen Schalter in ihm umgelegt hätte, überwältigte wilde Leidenschaft seine Zärtlichkeit. Ich spürte sein Knurren an meinen Lippen, als seine Hände auf meinem Hintern landeten und mich jäh an sich rissen.

Ich keuchte auf – sein Schwanz war riesig! Bewegte er sich etwa mit mir? Mein Rücken traf auf eine Mauer.

Er presste seinen Körper gegen meinen, bewegte die Hüften, rieb seine Erektion an mir.

Ich erschauerte vor Lust und stöhnte vor Verlangen nach dem Prachtstück, das zwischen uns festsaß. Ich wurde sogar noch nasser, während sich alles in mir vor Sehnsucht verzehrte. In meinem Kopf drehte sich alles. Ich konnte ihm gar nicht nah genug kommen, ließ meine Hüften gegen seine kreisen, saugte an seiner Zunge –

»Vice?«

3

Ich unterbrach diesen traumhaften Kuss. Als ich gegen Dmitris Brust drückte, regten sich seine Muskeln unter meinen Handflächen. Meine gierigen Finger beschlossen, sich an seinen muskulösen Brustkorb zu klammern, und schon stand ich kurz davor, in diesen wundervollen Traum zurückzukehren –

Pete räusperte sich.

Meine Hände sanken hinab, und ich schob mich hastig vor Dmitri, während ich mich bemühte, wieder zu Atem zu kommen.

Der Russe weigerte sich aufzuhören; er drehte sich um und zog meinen Rücken an sich, sodass wir nun beide Pete ins Gesicht blickten. Wieder errötete ich, als ich Dmitris Schwanz an mir spürte.

Besitzergreifend schlang er die Arme um mich. »Peter, wie konnten Sie nur eine Cousine vor mir verstecken, die so schön ist?«

Pete – der meine kleine Handtasche in den Händen hielt, die ihm übrigens kein bisschen stand – dachte bestimmte gerade: Aber ich habe dir doch unsere Beste und Strahlendste präsentiert. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie … an ihr Gefallen finden würden.«

Offensichtlich. Als er uns beim Küssen überrascht hatte, war er so entsetzt gewesen, dass er meinen Spitznamen, der nur innerhalb der Familie bekannt war, vor einem Opfer verwendet hatte.

Dmitri gab ein ungläubiges Schnauben von sich. »Wie könnte es anders sein?«

Ich nahm mir vor, meinen Cousin später zu fragen, wie selbstgefällig ich in diesem Moment ausgesehen hatte.

»Maximilian sucht nach Ihnen«, erklärte Pete. »Sie wollen mit den Tischreden anfangen.«

Dmitri zog mich noch enger an sich. »Wir kommen gleich runter.«

»Ähm …» – ich drehte mich in seinen Armen um, um zu ihm aufsehen zu können – »kann ich dich gleich unten treffen? Ich müsste noch was mit Pete besprechen.«

Dmitri musterte meinen Cousin. Er bemühte sich, seine Reaktion zu verbergen, aber ich kann in Gesichtern lesen wie ein Profi, sogar Mikro-Regungen. Und in diesem Augenblick war Dmitri mikro-irritiert. »Ehe ich gehe …« Er griff in seine Hemdtasche und reichte mir sein winziges Handy. »Kannst du dich bitte selbst anrufen?«

Ich nahm das High-Tech-Spielzeug, sagte jedoch scherzhaft: »Hm. Vielleicht sollte ich dir meine Nummer lieber nicht geben.« Ich will dir meine Nummer unbedingt geben, bitte, bitte!

»Dann werde ich eben Peter so lange auf die Nerven gehen, bis er sie mir gibt. Maxim hat zehntausend Dollar für Lucías Nummer bezahlt – glaubst du etwa, ich würde dahinter zurückbleiben?«

Er spähte auf mich herab. Mit diesem speziellen Blick, der mich zu seiner hilflosen Sklavin machte.

Aber schließlich wollte ich ihm den Gefallen ja nur zu gern tun. In gewisser Weise half er uns dabei, sich selbst hereinzulegen. Während ich meine Nummer wählte, trat er an einen Tisch und nahm sein Jackett. Den Rücken zu uns gewandt, zog er es an und schloss einen Knopf.

Weil er immer noch hart war?

Als aus meiner Tasche eine Melodie erklang, kehrte Dmitri zurück und hob angesichts meines ungewöhnlichen Klingeltons eine Augenbraue.

»Das ist ›Let’s Go Crazy‹ von Prince and the Revolution.« Bei ihm schien rein gar nichts aufzublitzen. Offensichtlich teilte er meine Liebe zu den Achtzigern nicht. Ich gab ihm sein Telefon zurück.

Er nahm meine Hand und drückte mir einen Kuss auf die Handfläche. »Lass mich nicht zu lange warten, Victoria.« Dann stieg er die Treppe hinunter.

Mein Cousin und ich starrten ihm hinterher, bis wir allein waren. »Was zur Hölle hast du denn mit dem angestellt?«

Ich musterte angelegentlich meine Fingernägel. »Ich habe nur ein paar gute, altmodische sexuelle Manipulationsfähigkeiten benutzt«, erwiderte ich, als ob ich irgendetwas anderes getan hätte, als zu versuchen, die Begegnung irgendwie zu überstehen.

Dmitris Kuss konnten nicht mal vier Asse schlagen.

Pete reichte mir meine Handtasche. »Du denkst an einen Milk-Cow, stimmt’s? Obwohl du den noch nie durchgezogen hast? Aber das ist was ganz anderes als ein Aktienschwindel, hier geht’s um Emotionen und hundertprozentiges Engagement. Dabei hast du doch bisher noch nicht mal einen Badger gemacht!« Mehr an sich selbst gerichtet fuhr er fort: »Wir könnten immer noch Karin ins Spiel bringen, um zum Abschluss zu kommen. Vielleicht hatte Dmitri gestern seine Kontaktlinsen nicht drin.«

Obwohl mir schon genau derselbe Gedanke gekommen war, fauchte ich: »Oh, komm schon!« Du kannst mich mal! »Er mag mich.«

»Du hast ja recht, hast ja recht. Aber bist du bereit für einen Job mit Sex und allem Drum und Dran?«

Nach diesem Kuss? »Ich bin bereit.«

»Du hattest erst drei Männer«, erinnerte Pete mich. »Und einer von denen hat ganze fünf Sekunden durchgehalten!«

Ich hätte ihm niemals von Ein-Stoß-Ronny erzählen dürfen.

»Bist du wirklich in der Lage, Dmitri in einen sexuellen Rausch zu treiben und dich ihm dann zu verweigern? Ihn so verrückt zu machen, dass er dir alles verspricht?«

Als ob ich eine Wahl hätte. Ich hob das Kinn. »Ich gehe jetzt zu dieser Party hinunter – als Macherin.« Hauptakteurin bei einem Job. »Ich werde einfach meine Arbeit tun. Warum kümmerst du dich nicht um deine?« Ich würde nicht völlig blind in die Sache hineinschlittern – immerhin hatte ich Petes Notizen über die Sewastians gelesen –, aber ich würde dankbar jedes neue Fitzelchen Information annehmen, das er mir geben konnte. »Wie viele Bodyguards?« Der Fluch eines jeden Trickbetrügers.

»Mehrere. Dmitri und Alex haben jeweils zwei. Maxims Security-Chef ist der Kahle, Wasili. Der könnte Ärger machen, also behalt den Kerl im Auge, ja?«

»Können wir denn überhaupt einem Hintergrundcheck von der Art standhalten, wie ihn ein Milliardär durchführen lässt?« Auch wenn keiner aus meiner engeren Familie je verhaftet worden war, hatten wir doch mit diversen Leuten zusammengearbeitet, die schon im Knast gewesen waren.

»Vor drei Monaten wäre das noch nicht möglich, aber seitdem hat Benji einige Korrekturen vorgenommen. Also schaffen wir’s vielleicht.« Mein Adoptivbruder, Ben Valentine alias Benji the Eye, war bei uns für die Technik zuständig. »Wir müssen’s halt riskieren.«

»Hast du noch einen allerletzten Tipp für mich?«

»Diese Leute haben einen derben Humor, und damit meine ich so richtig dreckig. Die Mädels stehen auf Tequila, die Kerle trinken nicht besonders viel. Jessica wird dir garantiert harte Drinks aufdrängen. Verschwende keine Energie darauf, dich ihr zu widersetzen. Versuch einfach, mitzuhalten. Wenn sie dich mag, wird dir das deinen Job um einiges erleichtern. Vermutlich wird sie sich zu dir hingezogen fühlen.«

»Hoffentlich.« Ich hatte gelesen, dass sie auf Kerle und Frauen stand.

»Sollte sich die Möglichkeit ergeben, dann versuch, Lucía mit deinem Spanisch zu beeindrucken. Sie hat einigen Einfluss auf Dmitri. Oh, und halt dich ja mit Pokertipps zurück, wenn sich die Gruppe an die Spieltische setzt. Außerdem glaube ich, dass er vermutlich genauso gut wie du darin ist, sich seine Chancen auf den Pott auszurechnen.«

Ach, wirklich? Für ein Mädchen wie mich war das nämlich verdammt sexy. »Apropos Poker« – ich tippte mir gegen das Kinn – »was, wenn ich ihn dazu bringen könnte, mir Geld zum Spielen zu geben?«

»Vergiss es. Am Pokertisch bist du höchstens Mittelmaß. Und wir müssen einen richtig großen Fisch an Land ziehen.«

Er hatte recht. Ich hatte das Zeug dazu, mir meinen Lebensunterhalt mit Pokern zu verdienen, aber nicht dazu, richtig Reibach zu machen. Höchstens, wenn es mir gelang, vorher die Karten in die Hände zu kriegen. »Dann kommst du also nicht mit?« Nicht dass ich das von ihm erwartete. Keiner konnte sich wirklich entspannen, wenn dauernd ein Familienmitglied um einen herumwuselte.

»Ich werde mich zurückhalten und für die richtigen Bedingungen sorgen.« Alles tun, damit die Atmosphäre schön romantisch war.

Er hatte schon so ziemlich alles gemacht, war sich weder zu schade, einen DJ zu bestechen, noch dazu, eigenhändig wilde Hunde zu entfernen, wenn nötig.

»Vice, diese Leute mögen ja potenzielle Opfer sein, aber sie sind trotzdem brillant. Hör auf dein Gaunergespür.«

Gaunergespür war für Leute wie uns wie die Macht in Star Wars. Vielleicht gab es irgendeine mystische Grundlage; aber vielleicht war es auch nur das Unterbewusstsein eines Gauners, der dem Verhalten eines potenziellen Opfers alle möglichen Hinweise entnahm und sein Wissen intuitiv nutzte.

Doch eins wusste ich ganz genau: Meinem konnte ich vertrauen. Ich ließ die Knöchel knacken. »Ich habe alles im Griff. Mit klarem Blick und vollem Herzen kann man nicht verlieren, stimmt’s?«

Er stieß einen leidgeprüften Seufzer aus, und wir begaben uns zur Treppe. Auf dem Weg nach unten bemerkte er: »Ganz schön ruhig da drin.«

Der DJ hatte aufgehört zu spielen. »Wahrscheinlich haben sie mit den Reden angefangen.«

Pete und ich betraten gemeinsam den Salon. Keine Trinksprüche. Alle Blicke konzentrierten sich … auf mich. Niemand redete.

Auf einer Couchgarnitur saßen Maxim neben Lucía und Alex neben Natalie. Dazu noch Jessica. Allen fünf starrten mich wortlos an, und die anderen Partygäste schienen ihrem Beispiel zu folgen.

Neben ihnen stand Dmitri, der stolz verkündete: »Darf ich euch Victoria Valentine vorstellen? Sie ist mein Date.«

4

»Sie gehören ganz dir, Macherin«, murmelte Pete, ehe er mich eiskalt dort stehen ließ. Der Mistkerl.

Lucía sprang so rasch von der Couch auf, dass sie beinahe gestolpert wäre. Die Brünette trug ein kurzes Kleid aus einem hauchzarten, bronzefarbenen Stoff, der zu ihren weit aufgerissenen Augen passte. Sie kam zu mir herübergeeilt und streckte eine Hand aus, über der eine mit Diamanten besetzte Uhr saß. »Encantada, Victoria. Ich kann gar nicht sagen, wie wunderbar es ist, Sie kennenzulernen«, sagte sie mit ausgeprägtem Akzent. »Wirklich, wirklich wunderbar.«

Was sollte denn diese total übertriebene Begrüßung? Man könnte meinen, Dmitri hätte noch nie zuvor eine Begleiterin vorgestellt. »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.« Ich schüttelte ihre Hand.

Natalie, eine kurvige Rothaarige in einem blaugrauen Wickelkleid, folgte gleich dahinter. »Ich bin Natalie. Willkommen auf der Party! Möchten Sie einen Drink? Sie brauchen unbedingt einen Drink. Ich werde Ihnen mal einen besorgen.« Ihre grünen Augen suchten den Raum nach einem Kellner ab.

»Ähm …« Die Blicke der meisten Partygäste klebten unverwandt an dieser peinlichen Szene.

Jetzt kam die schwarzhaarige, freche Jessica herbeigeschlendert, echt heiß in ihrem granatroten Catsuit – offensichtlich Designercouture. Sie drückte mir eine Champagnerflöte in die Hand. »Ich bin Jess. Nachdem wir uns jetzt kennengelernt haben, hat sich der Verlauf Ihres Lebens soeben dramatisch verändert. Heißer Body übrigens. Gefällt mir. Sind das farbige Kontaktlinsen?«

Mein Gesicht lief rot an. »Äh, nein.«

»Ich werde dich wohl zugunsten dieser eiskalten Füchsin sitzen lassen müssen, meine heiße mamí«, sagte sie an Lucía gewandt.

Füchsin? Wie passend. Und die Türen des Hühnerhauses öffneten sich gerade vor mir.

Lucía lachte leise. »Ich werde versuchen, mein Leben trotzdem weiterzuleben, Jessabel.«

Mir entschlüpfte ein nervöses Lachen, und ich warf einen raschen Blick in Dmitris Richtung.

Seine Brüder hatten ihm aufgelauert und sprachen in leisem Russisch mit ihm. Aber sie sahen nicht unglücklich aus – ganz im Gegenteil.

Und Dmitri? Seine Schultern waren durchgedrückt, und er starrte mich ganz offen mit glühenden Augen an.

Ich holte tief Luft und fragte dann unverblümt: »Was ist denn hier los?«

Natalie erholte sich als Erste. »Richtig. Sie wissen ja gar nichts über uns, und das alles kommt Ihnen sicher ziemlich seltsam und überwältigend vor, hm?«

»Ein wenig.«

»Im Laufe des letzten Jahres haben ich und so ziemlich jede andere verfügbare Frau versucht, diesen Mann zu verführen«, erklärte Jessica. »Aber er hatte das hier« – sie zeigte auf ihren spektakulären Körper – »glatt abgelehnt. Und das mehr als einmal. Das ist der wählerischste Kerl, den es gibt. Und jetzt kann er auf einmal die Augen nicht von seinem neuen ›Date‹ lassen. Sie haben Millionen andere geschlagen. Verraten Sie mir eins: War es so einfach wie Schlucken?«

Ich riss den Blick los und starrte sie an. »Ich habe ihn erst vor einer Viertelstunde kennengelernt.«

Jessica nickte. »Und haben Sie in dieser Viertelstunde zufällig geschluckt?«

Das sollte wohl ein Witz sein. Schmutziger Humor eben …

»Beachten Sie Jess gar nicht«, mischte sich Natalie ein. »Ich würde es ja gern auf den Alkohol schieben, aber sie ist immer so.«

Als Dmitri mit seinen Brüdern herübergeschlendert kam, murmelte Lucía mir zu: »Ay, das ist ein toller Anblick, no?« Sie seufzte. »Tan guapo.« So gut aussehend.

»Sí que lo son«, erwiderte ich. Das sind sie tatsächlich. Alle drei waren sie an die zwei Meter groß und muskulös, auch wenn Dmitri etwas schmaler war – und der attraktivste.

»Tu hablas español?«, fragte sie, offenbar überglücklich.

Alle in meiner Familie sprachen wenigstens zwei Sprachen, denn jede Sprache eröffnete einen neuen Kreis möglicher Opfer. »Sólo lo suficiente para ser peligroso.« Nur genug, um gefährlich zu sein.

Dmitri kam herüber und stellte sich neben mich, als er seine Brüder vorstellte. Alex, der älteste, hatte bernsteinfarbene Augen wie Dmitri, während Maxims Augen von einem eisigen Blau waren.

»Wir freuen uns alle sehr, Sie kennenzulernen, Victoria«, sagte Maxim. Er legte den Arm um Lucía und drückte sie an sich, als ob sie kurz davorstünden, vor lauter Glückseligkeit zu platzen.

Dmitri und ich hatten uns ein einziges Mal geküsst!

Wie durch Magie war Alex plötzlich an Natalies Seite gelangt und nahm ihre Hand in seine große. »Ja, Victoria, es ist uns wirklich ein Vergnügen.«

Ich rang mir ein Lächeln ab. »Gleichfalls.« Auch wenn ich keine akute Anspannung zwischen Alex und seinem jüngsten Bruder spürte, verriet mir ihre Körpersprache, dass Dmitri Maxim näherstand.

»Woher haben Sie denn dieses umwerfende Kleid?«, fragte mich Lucía.

»Das hab ich selbst gemacht.«

Jessica umkreiste mich abschätzend. »Erzähl doch keinen Scheiß. Ich kenn mich mit Klamotten aus. Und das ist ein Spitzenkleid.«

»Danke.«

Dmitri trat näher an mich heran und legte mir einen Arm über die Schultern. »Sie ist eben schön und talentiert.«

Natalie und Lucía wechselten einen Oooohhhh-Blick.

War das hier irgendeine Verarsche? Wo war die Kamera? Warum nur fühlte ich mich versucht, mich entspannt an Dmitri anzulehnen und das Ganze einfach zu genießen?

Mein Blick sprang zu Pete, der sich auf der anderen Seite des Raums aufhielt. Er sah so verdattert aus, wie ich mich fühlte.

»Peter ist mein Cousin«, erzählte ich der Gruppe – ein Wink mit dem Zaunpfahl: Ich bin mit den Angestellten verwandt. Ich hob mein Glas und nippte am Champagner.

»Ich sehe die Ähnlichkeit«, sagte Jessica. »Den will ich auch noch ficken. Also, jetzt ergibt das alles einen Sinn.«

Ich erstickte fast an meinem Getränk, um dann über die Absurdität der ganzen Situation zu lachen. Sie dachten, ich meinte Jessica, und alle entspannten sich. Na gut, das passiert also alles wirklich.

»Dann lauschen wir jetzt mal dem Toastmaster«, sagte Dmitri.

Maxim nickte. »Setzen Sie sich doch.«

Als die anderen zur Couch zurückkehrten, erklärte Lucía: »Wir können ja zusammenrücken.«

»Nicht nötig«, verkündete Dmitri. Er ließ sich auf dem verbleibenden Sessel nieder und zog mich auf seinen Schoß, so beiläufig wie besitzergreifend.

Pete stand an der Bar und tippte eine Nachricht an die Familie, schneller, als ich ihn je hatte tippen sehen.

Vielleicht war ich ja doch nicht verflucht! Ja, wenn Nigel nicht gekniffen hätte, wäre ich jetzt nicht auf dieser Party.

Und ein Mann wie Dmitri Sewastian würde jetzt nicht einem Kellner winken, mir ein weiteres Glas Champagner zu bringen.

Ich hasste es, bei der Arbeit zu trinken, aber zum Teufel noch mal … Ich tauschte mein leeres Glas gegen ein volles. »Danke.«

Dmitri nahm sich ebenfalls ein Glas. Unsere Blicke trafen sich. Seine faszinierenden Augen schienen tausend Geheimnisse zu verbergen.

Könnte ich wohl eine größere Idiotin sein? Ich wusste es doch wohl besser, als ein Opfer anzuschmachten. Ich kannte sämtliche Sprüche –

»Ich möchte, dass du dich wohlfühlst und Spaß hast«, sagte er.

Hm. Den Spruch hatte ich bisher allerdings noch nie gehört.

Er zog mich noch enger an seine Brust, bis ich das regelmäßige Pochen seines Herzens hören konnte. Als er den Duft meines Haars einatmete, beschleunigte sich sein Herzschlag.

»Unser erster Kuss hat mich in Brand gesetzt. Ich kann den zweiten kaum erwarten.«

Seine Stimme ließ mich dahinschmelzen, als ob ihr Klang einen direkten Draht zu meiner erogenen Zone hätte.

»Du solltest mich nicht viel länger warten lassen, moy ángel.«

Hieß das etwa mein Engel? Als ich erschauerte, regte sich sein Schwanz unter meinem Hintern, aber er beherrschte sich.

»Du gehst also davon aus, dass du einen zweiten bekommst?«, hauchte ich.

»Und wenn ich dafür Himmel und Erde in Bewegung setzen muss …«

Oh Mann. Herzklopfen. In meinem Job gab es einen eklatanten Schwachpunkt; wie zur Hölle könnte ihm irgendjemand etwas abschlagen?

Mit beneidenswerter Ungezwungenheit begann Maxim eine Rede, in der es um Erfolge und Ehe, Glück und Liebe ging. Alle hingen förmlich an seinen Lippen – glitzerten da etwa Tränen in Lucías Augen? –, aber Dmitri überfrachtete all meine Sinne, bis ich kaum noch ein Wort mitbekam.

Reg dich ab, Vice. Und kümmer dich endlich um dein Opfer.

Nach einigen Trinksprüchen hob Maxim sein Glas auf Dmitri … und mich. »Ein Toast auf neue Freunde. Mögen sie sich in unserer Familie immer willkommen fühlen.«

Ich hob mein Glas und trank, nur um mich gleich darauf beinahe zu verschlucken, als ich Wasili im Hintergrund erspähte. Er verschränkte die kräftigen Arme und starrte mich unverwandt an.

Es ist sein Job, sich wie ein Arsch aufzuführen, versicherte ich mir. Das liegt in der Natur der Sache.

Alle applaudierten dem charismatischen Maxim, dann setzte die Musik wieder ein. Kellner bahnten sich mit Tabletts und noch mehr Drinks ihren Weg durch die Menge. Einer brachte sämtliche Zutaten für Tequilas samt Gläsern und stellte sie auf dem Couchtisch ab.

Jessica rutschte von der Couch herunter, kniete sich auf den flauschigen Teppich und begann einzuschenken. »Dann lasst uns die Party mal in Gang bringen!« Lucía und Natalie ließen sich neben ihr nieder. »Komm und setz dich zu uns, Blondie.«

Und so fängt es an.

»Du kannst hierbleiben«, sagte Dmitri.

Wenn er etwas von mir wollte, dann war es meine Aufgabe, es ihm nicht ganz zu geben. »Nur ganz kurz.« Ich wand mich aus seinem Griff und gesellte mich zu den Mädels.

Sein finsterer Blick folgte mir.

»Wie sollen wir dich nennen?«, fragte Jessica, »Vicky oder Tori? Ich finde, wir sollten uns für Tori –«

»Vice«, beeilte ich mich zu antworten. Nur mein Ex hatte mich je Tori genannt. Außerdem hatte Pete meinen Spitzname ja sowieso schon ausgeplaudert. »Meine Freunde nennen mich Vice.«

»Ich wüsste zu gern, warum.« Dmitri beugte sich vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt. »Das ist ein Slangwort für Polizei.« Es klang, als ob er darüber schon ein Weilchen nachgedacht hätte und ziemlich frustriert war, weil er keine Antwort fand.

Wieder würde ich ihm nicht geben, was er wollte. »Hm. Vielleicht erzähl ich es dir später mal.«

Sein Blick wurde noch finsterer.

»Vielleicht hat Peter ja Lust, sich zu uns zu setzen und was mit uns zu trinken«, sagte Lucía.

Mein Cousin hielt sich am Rande auf, allzeit bereit, helfend einzuspringen. »Ich glaube, er muss noch ein Weilchen arbeiten.«

»Und was machst du so?«, fragte mich Natalie.

»Bis vor drei Monaten habe ich meinen Eltern ausgeholfen, die eine Firma für Finanzplanung hatten. Aber das ist ein knallhartes« – tödliches – »Geschäft.«

»Ich finde deinen Investmenthintergrund interessant«, bemerkte Dmitri. »Vielleicht kannst du mir ja dabei helfen, einige aussichtsreiche Wertpapiere einzuschätzen.«