Gefährlich wie der Dschungel - Joanna Neil - E-Book

Gefährlich wie der Dschungel E-Book

Joanna Neil

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Beschreibung

Die Versuchung, mit diesem sinnlichen Mann allein im Dschungel zu sein, ist zu groß für Deanna. In Alejo de Rocas starken Armen erlebt sie zärtliche Stunden der Liebe. Am nächsten Morgen jedoch muss sich der reiche Manager erneut auf die Suche nach den Schmugglern machen und Deanna wartet tagelang vergebens auf eine Nachricht von Alejo...

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IMPRESSUM

Gefährlich wie der Dschungel erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1994 by Joanna Neil Originaltitel: „Devil’s Quest“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1038 - 1995 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Almut Grote

Umschlagsmotive: Sjale, VictorHuang / Thinkstock

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733778514

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Was ist los, Luis? Bitte sag es mir“, beschwor Deanna Sullivan ihren dunkelhaarigen Begleiter, der sich immer wieder wie gehetzt umsah und die Menschenmassen auf dem Platz wachsam beobachtete. „Ich merke doch, dass du in Schwierigkeiten bist, und ich will wissen, was los ist.“

„Ich kann noch nicht darüber sprechen“, wehrte Luis ab. „Es wäre nicht fair, dich mit meinen Problemen zu belasten.“

„Aber du willst die Stadt verlassen“, protestierte Deanna. „Wie kannst du das tun? Was ist mit deiner Arbeit? Du bist doch noch längst nicht fertig mit der Katalogisierung der Sammlung, oder?“

Er verzog das Gesicht. „Es läuft nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. In dieser Branche gibt es Leute, denen man nicht trauen kann, und ich – Dios!“, unterbrach er sich. „Was macht denn er hier?“

„Wer? Ist es einer der Männer, die hinter dir her sind?“ Ängstlich folgte sie Luis hinter einen üppig beladenen Blumenstand, wo er sich hinter den großen Blüten versteckte, mit denen das Vordach dekoriert war.

„Die habe ich nicht gesehen. Ich glaube, sie haben mich noch nicht eingeholt.“ Doch dabei krampfte er seine Hände so fest um einen der Stäbe an dem Wagen, dass seine Knöchel weiß hervortraten.

„Luis, wenn du in Gefahr bist, hole ich die Polizei.“

„Nein“, widersprach er scharf. „Die will ich nicht dabeihaben – zumindest jetzt noch nicht. Lass mich einen Moment nachdenken, Deanna.“

Deanna gehorchte und ließ den Blick über den überfüllten Platz wandern. Wer mochte ihren Freund so erschreckt haben? Luis’ Stimmung passte überhaupt nicht zu der festlichen, fröhlichen Atmosphäre, die hier herrschte. Die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein, um die Fiesta an diesem strahlend sonnigen Tag zu genießen.

Der Umzug bahnte sich seinen Weg über den Platz, bunt kostümierte Menschen tanzten zum pulsierenden Rhythmus der Gittarrenklänge und der lebhaften, energiegeladenen Chichamusik. Es wurde gelacht, gesungen, und die Luft war erfüllt vom Duft exotischer Blüten. Die Zweige der Palmen, die den gepflasterten Weg säumten, wiegten sich sanft im Wind.

„Jetzt habe ich aber lange genug gewartet“, sagte Deanna schließlich entschieden. „Wir kennen uns nun schon so lange. Du bist mein bester Freund, und wenn du in Schwierigkeiten bist, will ich alles tun, um dir zu helfen. Wer ist der Mann? Ist er gefährlich?“

„Er heißt Alejo de Rocas, und wie die Dinge liegen, kann seine Anwesenheit hier nichts Gutes für mich bedeuten.“

Verwirrt sah sie Luis an. „Ist das nicht dein Arbeitgeber? Ich dachte, er sei in den Staaten. Hast du mir nicht erzählt, er sei für einige Wochen dort? Und warum musst du ihm aus dem Weg gehen? Was hast du getan?“

„Ich habe nichts angestellt, Deanna, das musst du mir glauben. Aber von Señor de Rocas kann ich dieses Vertrauen nicht erwarten. Ich arbeite erst seit einigen Monaten für ihn, und ich bin ziemlich sicher, dass man mich ihm gegenüber verleumdet hat. Ich muss Zeit gewinnen, um ihm zu beweisen, dass ich unschuldig bin. Deshalb darf er mich hier nicht finden.“

„Aber du kannst nicht im Ernst vorhaben, dich einfach aus dem Staub zu machen. Denk doch einmal nach, damit erreichst du doch genau das Gegenteil von dem, was du willst“, wandte Deanna ein. „Lass die Polizei sich damit befassen.“

„Bildest du dir ein, sie würden mir glauben, wenn mein Wort gegen das von Señor de Rocas steht und alle Beweise gegen mich sprechen? So naiv bin ich nicht.“

Deanna schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre schimmernden honigblonden Locken ihr nachher zerzaust über die Schultern fielen. „Du könntest wenigstens so lange bleiben, bis du die Sache mit Señor de Rocas geklärt hast. Zumindest anhören muss er dich.“

Luis lachte bitter. „Du kennst Alejo de Rocas nicht. Er trägt nicht umsonst den Spitznamen Diablo. Er kann gnadenlos sein wie der Teufel persönlich. Jeder, der ihm jemals begegnet ist, wird dir das bestätigen.“

Deanna runzelte zweifelnd die Stirn. Sicher übertrieb Luis. Sein südliches Temperament ging wohl mit ihm durch, weil er unter Druck stand.

„Wo hast du ihn gesehen?“

Vage wies Luis mit der Hand in eine Richtung. „Dort drüben. Er stand neben seinem Range Rover – ist er immer noch da?“

Wegen des Festes war der Platz an diesem Tag für den Verkehr gesperrt, bis auf eine Straße, die um den Platz herumführte. Deren Zufahrt suchte Deanna nun mit dem Blick ab. Plötzlich erspähte sie einen großen Mann, der sich deutlich von den ockerfarbenen Gebäuden im Hintergrund abhob.

Er war nicht zu übersehen. Seine Größe allein war schon auffällig genug, doch auch seine breiten Schultern ließen Deanna einen Moment lang innehalten. Unter der eng anliegenden schwarzen Hose und dem gleichfarbigen Hemd zeichnete sich ein muskulöser Körper ab.

Sie nickte langsam. „O ja“, flüsterte sie. „Ich sehe ihn.“ Pechschwarzes Haar umrahmte das kantige Gesicht, das durch die entschlossene Miene fast schroff wirkte. Die Lippen hatte er zusammengepresst, so dass er hart und unnachgiebig wirkte.

Trotz der warmen Sonnenstrahlen, die ihre nackten Arme wärmten, erschauerte Deanna. „Diablo“, flüsterte sie und lauschte dem Klang dieses Wortes nach. Der Name passte zu ihm.

Finster ließ der Fremde den Blick über die Menge schweifen, und Deanna spürte, dass Luis Recht hatte: Diesem Mann sollte man lieber nicht in die Quere kommen.

Energisch wandte sie sich ab und sagte eindringlich: „Luis, lauf nicht davon. Das ist viel zu gefährlich. Wer weiß, in welche Schwierigkeiten du dich damit noch bringst.“

„Ich muss weg“, beharrte er. „Es wäre noch gefährlicher, hier zu bleiben, wo ich so leicht zu finden bin. Ich wage nicht einmal, meinen eigenen Wagen zu nehmen, der wiedererkannt werden könnte.“

„Aber sicher …“

„Nein“, unterbrach Luis sie. „Ich bin fest entschlossen. Das Taxi sollte in wenigen Minuten auf der anderen Seite des Platzes sein. Ich muss nur bis dahin Rocas aus dem Weg gehen. Ist die Luft rein? Ist er weg?“

„Noch nicht.“ Unglücklich schaute Deanna wieder zu der Seitenstraße hinüber. Alejo de Rocas würde wirklich kein leichter Gegner sein, das spürte sie. Entschlossen würde er sein Ziel verfolgen.

Sie ließ den Blick über seine kraftvolle, männliche Gestalt gleiten bis hinauf zu seinem Gesicht mit den ungewöhnlichen Zügen – und fuhr zusammen.

Der Fremde sah jetzt zu ihr hinüber. Ein ahnungsvolles Prickeln lief ihr über den Rücken. Alle Geräusche um sie herum schienen jetzt merkwürdig gedämpft zu sein, und die Bewegungen der Menschen seltsam langsam. Der Blick seiner dunklen Augen war wie hypnotisierend, und Deanna konnte sich ihm nicht entziehen. Es war, als würde der Mann eine unheimliche Macht auf sie ausüben.

Undeutlich nahm sie ein störendes Geräusch wahr, das allmählich den Bann löste, der sie gefangen hielt. Endlich wurde ihr bewusst, dass es Luis’ angespannte Stimme war, die sie wie aus weiter Ferne hörte. „Ich muss gehen“, sagte er. „Ich werde in der Menge untertauchen und hoffen, dass er mich nicht entdeckt. Jetzt kannst du mir helfen. Versuche, ihn daran zu hindern, mir zu folgen.“

Nur mit Mühe gelang es Deanna, den Blick von dem unheimlichen Fremden abzuwenden. Sie versuchte, klar zu denken. Luis wollte also, dass sie den Teufel aufhielt. Hatte Luis ihn nicht selbst so genannt – und verlangte er damit dann nicht etwas Unmögliches? Sie riss sich zusammen.

„Was immer auch geschehen ist, kannst du nicht vernünftig mit ihm über die Sache reden? Wir leben schließlich nicht mehr im Mittelalter. Bleib doch wenigstens so lange, bis du dir angehört hast, was er zu sagen hat.“

„Das wäre ein verhängnisvoller Fehler“, erklärte Luis. „Er ist überzeugt, dass ich ihm ein Unrecht zugefügt habe und wird alle Hebel in Bewegung setzen, um mich ins Gefängnis zu bringen. Ich habe kein Verbrechen begangen, aber Rocas wird es mir nicht glauben. Er wird mich gnadenlos jagen. Solange ich meine Unschuld nicht beweisen kann, muss ich mich verstecken.“

„Was wirft er dir vor, Luis? Was sollst du angeblich getan haben? Luis, ich will …“

„Ich habe schon zu viel gesagt. Jetzt muss ich wirklich von hier verschwinden. Das Taxi wird gleich dort drüben zur Konzerthalle kommen.“ Hastig blickte er zwischen den hängenden Blüten hindurch auf die andere Seite des Platzes. „Gut. Er schaut gerade nicht in unsere Richtung.“ Rasch trat Luis hinter dem Stand hervor.

„Aber wie kann ich dich erreichen?“, fragte sie beklommen. „Wohin willst du?“

„Mach dir keine Sorgen. Ich rufe dich an. Zunächst fahre ich nach Osten. Auf Wiedersehen, Deanna.“

„Aber …“

„Schon gut. Ich weiß, was ich tue. Wenn du mir helfen willst, könntest du ihn die nächsten Minuten im Auge behalten. Solltest du den Eindruck bekommen, er hätte mich entdeckt, tu, was du kannst, um ihn aufzuhalten, damit er mich nicht einholt.“

Hilflos beobachtete Deanna, wie Luis durch die Lücken in der Menschenmenge schlüpfte, immer wieder von den Feiernden aufgehalten wurde und ausgelassene Peruaner mit Gesichtsmasken sich ihm in den Weg stellten. Auf der anderen Seite des Platzes war noch kein Taxi in Sicht, und Deanna hoffte, dass Alejo de Rocas Luis nicht erspähen würde.

Wodurch war Luis nur in diese schreckliche Klemme geraten? Sie kannte ihn schon so lange und konnte sich nicht die geringste Unehrlichkeit von ihm vorstellen. Am Anfang ihrer Beziehung mochte ihr Urteil über ihn vielleicht von Verliebtheit geblendet gewesen sein, das räumte sie ein.

Als sie vor vielen Jahren hierher gezogen war, weil ihr Vater als Diplomat hierher versetzt worden war, war sie oft mit Luis zusammen gewesen. Damals war sie völlig in ihn vernarrt gewesen. Doch diese Schwärmerei hatte sich bald gelegt. Sie hatten beide sehr bald gemerkt, dass sie nicht füreinander geschaffen waren. Ihre Freundschaft jedoch hatte sich immer mehr gefestigt.

Selbst nach Deannas Rückkehr nach England war der Kontakt nicht abgebrochen. Von Zeit zu Zeit hatte Luis ihr geschrieben, sie über sein Leben auf dem Laufenden gehalten und auch gelegentlich von seinen Affären erzählt. Nie versäumte er es, sie zu besuchen, wenn er nach London kam. Deanna war überzeugt, dass er nichts Böses getan hatte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass ein Missverständnis vorliegen musste.

Rasch schaute sie sich nach dem Fremden um. Ja, er stand immer noch neben seinem Range Rover. Plötzlich bemerkte sie, wie seine geschmeidige Gestalt sich spannte. Um Himmels willen, er hatte Luis entdeckt. Was sollte sie bloß tun? Jetzt bemerkte sie, wie der Fremde jede von Luis Bewegungen mit den Blicken verfolgte, während dieser sich auf den Platz zubewegte, wo er auf das Taxi warten wollte.

Suchend sah Deanna sich um. Der Blumenwagen – das könnte die Lösung sein. Wenn sie ihn hinüberrollte …

Die Blumenhändlerin klopfte mit dem Fuß im Takt zur Musik. „Würden Sie gern tanzen gehen?“, fragte Deanna sie in fließendem Spanisch. „Ich kann solange auf den Wagen aufpassen, wenn Sie möchten. Hier …“ Sie steckte dem Mädchen einen Geldschein zu. „Nehmen Sie das als Sicherheit, dass Sie den Wagen heil zurückbekommen. Gehen Sie ruhig und amüsieren Sie sich.“

Zu ihrer Erleichterung zögerte das Mädchen nicht lange. „Gracias, Señorita, das tue ich gern.“

Sobald das Mädchen im Getümmel verschwunden war, hob Deanna den bunt bemalten hölzernen Griff an und zog den schweren Wagen durch das Gedränge auf die Straße, wo Señor de Rocas gestanden hatte. Mittlerweile hatte er die Tür seines Fahrzeugs geöffnet. Nun musste er nur noch einmal links abbiegen und die Seitenstraße entlangfahren, um den Taxistand zu erreichen.

Dort war Luis inzwischen angekommen. Doch das Taxi, auf das er wartete, war noch unterwegs. Immerhin konnte Deanna es jetzt erkennen. Es fuhr gerade die engen Windungen der Bergstraße hinunter auf den Platz zu. Hinter dem Hügel waren in der Ferne die zerklüfteten Gipfel der Anden am Horizont zu erkennen, die einen reizvollen Kontrast zu den grünen Hügeln abgaben, von denen die kleine Stadt umgeben war.

Doch im Moment hatte Deanna keinen Sinn für die Schönheit der Landschaft. Sie überlegte, wie sie Alejo de Rocas den Weg abschneiden könnte. Zu Fuß würde er Luis nicht mehr einholen. De Rocas’ einzige Chance war die Seitenstraße. Wenn sie den Blumenwagen auf die Einmündung stellte und ihm damit die Zufahrt versperrte, war Luis in Sicherheit.

Noch wenige Meter, und sie würde mitten auf der Straße stehen. Kein Mensch, der noch halbwegs bei Verstand war, würde so verrückt sein, an diesem Tag hier entlangzufahren. Der Tag war dem Vergnügen und der Entspannung gewidmet, heute sollte jeder die Belastungen des Alltags abschütteln. Davon durfte auch ein selbstherrlicher Peruaner spanischer Abstammung keine Ausnahme machen, wenn es nach Deanna ging.

Sie rückte den Wagen zurecht, ließ den Griff los und atmete tief durch, um ihr wie wild hämmerndes Herz zu beruhigen. Nervös strich sie ihren weiten blauen Rock glatt und wandte dem sich nähernden Range Rover bewusst den Rücken zu.

Hupen ertönte, bevor das Fahrzeug angehalten wurde. Deanna hörte, wie jemand die Wagentür zuschlug und dann rasch auf sie zukam.

„Señorita, Ihr Wagen steht mir im Weg. Fahren Sie ihn zur Seite, por favor.“

Er sprach spanisch. Deanna sah ihn mit großen Augen an, als würde sie kein Wort verstehen. Gespielt ratlos hob sie die Schultern, während sie entschuldigend lächelte. „Möchten Sie Blumen?“, fragte sie sanft. „Für ihre Liebste? Natürlich. Und welche Sorte hätten Sie denn gern?“

„Ah, Sie sind Engländerin“, bemerkte er nun.

Sie lächelte wieder und strich mit den Fingerspitzen über die hauchzarten Blüten. Gedankenverloren hielt sie einen Strauß einige Sekunden lang vor sich hin, zog dann eine üppige Blüte heraus und drehte den langen Stiel zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her. Träumerisch ließ sie die rosigen Blütenblätter über die von der Sonne sanft gebräunte Haut ihrer Wange gleiten.

Er zögerte einen Moment, ehe er sagte: „Nein. Ich möchte …“

„Oh, ich weiß“, unterbrach sie ihn. „Sie suchen etwas Exotisches, etwas, das mehr Leidenschaft ausdrückt. Warten Sie einen Moment.“

Diesmal ließ sie die Hand auf einer scharlachroten Blüte ruhen, doch bevor sie die Blume herausziehen konnte, hatte der Fremde seine kräftige Hand auf ihre gelegt. Deannas Puls begann zu rasen, und ihr wurde heiß. Ihre Haut brannte, wo der Mann sie berührte. Sie holte tief Luft und begegnete seinem spöttischen Blick.

Er beugte sich zu ihr hinunter. Jetzt nahm sie den kraftvollen Körper wahr und spürte seine beunruhigend männliche Ausstrahlung.

„Ich möchte keine Blumen von Ihnen kaufen, Señorita. Ich will nur, dass Sie diesen Wagen von der Straße wegschieben“, erklärte er in perfektem Englisch.

Deanna betrachtete die sonnengebräunte Hand, die immer noch ihre festhielt. „Sie tun mir weh“, sagte sie und blickte ihn herausfordernd an.

„Lo siento“, entschuldigte er sich und ließ sie los.

Nun beschäftigte sich Deanna eingehend damit, die Blüten sorgfältig neu zu ordnen. Das Taxi hatte noch nicht die Stelle erreicht, an der Luis es erwartete.

„Mir tut es auch Leid“, bemerkte sie. „Es ist schade, dass ich Ihnen nichts anbieten kann, was Ihnen zusagt, Señor. Aber das sind die schönsten Blumen von ganz Cacheni. Ich denke, Sie würden …“

„Verstehen Sie mich nicht falsch. Es gibt hier durchaus einiges, was meine Aufmerksamkeit fesselt.“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Der anerkennende Blick, mit dem er Deanna streifte, ließ keinen Zweifel daran, wie er das meinte, und Deanna errötete. „Im Gegenteil. Aber ich habe es eilig, Señorita. So gern ich hier bleiben würde – eine dringende Angelegenheit erfordert meine Anwesenheit woanders.“

„Es überrascht mich, das zu hören“, beharrte Deanna. „Die Fiesta ist ein Anlass zum Feiern, ein Tag, an dem man den alltäglichen Ärger mit Geschäften und ähnlichen Dingen beiseite schieben sollte. Schauen Sie sich die Leute hier an.“ Mit einer weit ausholenden Handbewegung wies sie über den Platz. „Sie sind alle hier, um sich zu amüsieren. Vielleicht sollten Sie dasselbe tun. Morgen ist auch noch ein Tag.“

„Morgen kann es schon zu spät sein“, entgegnete er scharf. „Bitte schieben Sie den Wagen weg, damit ich vorbeikomme.“

„Dafür soll ich all diese zarten Blüten durchschütteln?“ Abwehrend schüttelte Deanna den Kopf. „Einige von ihnen haben schon Blätter verloren, sehen Sie? Es war schlimm genug, dass dort drüben auf dem Platz ständig Leute gegen den Wagen gestoßen sind. Nein, dieser Standort hier ist viel ruhiger, und außerdem steht der Wagen auch nicht in der prallen Sonne. Im Schatten bleiben die Blumen länger frisch.“

Er murmelte etwas Unverständliches auf Spanisch, griff daraufhin nach der Deichsel und zog den Wagen von der Straße. Deanna eilte dem Fremden hinterher.

„Nun sehen Sie, was Sie angerichtet haben“, schimpfte sie und stellte sich ihm in den Weg. „Überall liegen abgefallene Blüten herum. Sie haben ja keine Ahnung, was …“

Er brachte sie zum Schweigen, indem er Deanna unerwartet um die Taille fasste und hochhob. Überrascht hielt sie sich an seinen Schultern fest. Ihr Blick wurde gefesselt von den bronzefarbenen Händen, die in so auffälligem Kontrast zu ihrer weißen Bluse standen.

„Lassen Sie mich sofort runter“, verlangte sie hitzig. „Sie haben kein Recht …“

Langsam ließ er sie an sich hinabgleiten, und wider Willen genoss Deanna fasziniert, wie dabei ihre weichen Rundungen gegen seinen harten Körper gepresst wurden. Schamerfüllt spürte sie, wie ihr Puls sich beschleunigte, ihre Sinne in Aufruhr gerieten. Sie war ganz verwirrt, als er sie plötzlich auf Armeslänge von sich schob und ihr direkt in die blauen Augen blickte.

„Ich bedaure zutiefst, Sie jetzt verlassen zu müssen, Señorita“, bemerkte er leise, und seine heisere Stimme ließ Deanna erschauern. „Aber wer weiß, vielleicht sehen wir uns wieder. Wie Sie selbst sagten: Morgen ist auch noch ein Tag.“ Daraufhin ließ er sie los und ging rasch zurück zu seinem Wagen.

Deanna spürte eine seltsame Leere. Ihre Wangen glühten noch vor Scham. In wenigen Sekunden hatte er ihre Sinne erregt, und jeder vernünftige Gedanke war ausgelöscht gewesen.

Allmählich nahm sie ihr Umgebung wieder wahr: Eine Straße, gesäumt von hohen Gebäuden, Musik und fröhliches Lachen erklang im Hintergrund.

Luis. War er entkommen? Sie spähte über den Platz und sah das Taxi langsam davonfahren. Ein ganzes Stück davon entfernt, bog gerade ein glänzender Range Rover um die Ecke. Deanna atmete auf. Nun konnte sie nichts mehr tun, außer zu hoffen, dass es dem Taxifahrer irgendwie gelingen würde, den Verfolger abzuschütteln.

Auf dem Weg zurück zum Hotel überlegte sie sich, dass sie Luis auch nicht mehr hätte helfen können, wenn sie ihren Kleintransporter dabeigehabt hätte. Damit hätte sie Luis nur vorübergehend helfen können, denn sie musste den Transporter ja so bald wie möglich zu ihrem Arbeitsplatz im Sozialzentrum zurückbringen und hatte keine Zeit, im Land spazieren zu fahren.

Außerdem hätte Luis ihr gar nicht erlaubt, ihn umherzuchauffieren. Er war entschlossen gewesen, seinen Weg allein zu machen und Deanna so weit wie möglich aus allem herauszuhalten.

Es war zwar ärgerlich, dass ihr Kleintransporter gerade nicht fahrtüchtig war, aber wenn sie Glück hatte, würde sie ihn morgen nach dem Ende der Feierlichkeiten aus der Werkstatt abholen können. Danach würde sie auch die Medikamente für das Zentrum besorgen. Durch die Fiesta hatte sich einiges verzögert, dennoch war es Deanna gelungen, noch eine Hotelübernachtung zu buchen.

Sie wünschte, sie könnte erfahren, wie Luis zurechtkam. Vielleicht würde er sie morgen schon an ihrem Arbeitsplatz anrufen, wenn alles gut gegangen war. Dann würden die Stunden zuvor nur noch eine schlechte Erinnerung sein, und sie würde Alejo de Rocas und dessen Untaten bald vergessen.

2. KAPITEL

„Sie essen ja gar nichts, Señorita. Geht es Ihnen nicht gut? Oder schmeckt Ihnen das Essen nicht?“

„O nein, es ist alles in Ordnung. Danke.“ Deanna hörte auf, das Fleisch auf ihrem Teller herumzuschieben und lächelte die Kellnerin gezwungen an. „Ich habe einfach keinen Hunger, das ist alles.“

Deanna konnte sich ihre Appetitlosigkeit selbst nur mit den Ereignissen des Nachmittags erklären. Jetzt, im kühlen, abgedunkelten Speisesaal des Hotels, hatte sie genug Zeit, darüber nachzudenken. Sie hoffte sehr, dass Luis sich vor Alejo de Rocas in Sicherheit gebracht hatte.

Ihre eigene Begegnung mit diesem Mann war so aufwühlend gewesen, ihre Reaktionen auf ihn so verwirrend, dass sie das Erlebnis am liebsten verdrängen würde. Die Arroganz, mit der er sie herumkommandiert hatte, als gelte immer nur das, was er wollte, ärgerte sie immer noch.

Noch nie zuvor hatte sie sich in eine Situation gebracht, in der ein Mann die Führung übernommen hatte. Immer hatte sie darauf geachtet, dass sie die Grenzen zog.

Vielleicht war ihre Einstellung in dieser Beziehung ungewöhnlich, aber sie konnte diese Dinge nicht so einfach auf die leichte Schulter nehmen, wie viele ihrer Freundinnen es taten. Sie war jetzt vierundzwanzig Jahre alt, und selbst auf die Gefahr hin, für komisch gehalten zu werden, hielt sie an ihren Grundsätzen fest.

Es lag wohl hauptsächlich an ihrer Erziehung. Die solide Partnerschaft ihrer Eltern, die offensichtliche Liebe zwischen ihnen, hatten ihr von klein auf gezeigt, wie eine gute Beziehung aussah. Vermutlich hatte sie deshalb alles Oberflächliche von vornherein gemieden. Sie spürte das tiefe Gefühl, das ihre Eltern verband, und hegte tief in ihrem Innersten die Hoffnung, eines Tages etwas Ähnliches zu erleben.

Dieser Gedanke weckte eine bittere Erinnerung. Lange hatte sie geglaubt, Richard sei der richtige Mann für sie. Er hatte sie tief beeindruckt mit seiner zur Schau getragenen Rücksichtnahme und Sorge um ihr Wohlergehen, als sie gerade ihre Stelle bei dem Pharmabetrieb in Mittelengland angetreten hatte. Obwohl es sicher schmeichelhaft war, dass ein Direktor, ihr, einem Neuling, so viel Aufmerksamkeit schenkte, hatten seine Bemühungen sie zunächst kalt gelassen. Doch im Laufe der Zeit fand sie ihn immer sympathischer.