Wahre Liebe für Dr. Benitez? - Joanna Neil - E-Book

Wahre Liebe für Dr. Benitez? E-Book

Joanna Neil

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Beschreibung

„Spielst du meine Freundin?“ Jessies sexy Boss Dr. José Benitez verzichtet darauf, ihren Bruder wegen Diebstahls in seiner Karibik-Villa anzuzeigen. Dafür muss sie so tun, als wäre sie in ihn verliebt! Ein Risiko, denn zwischen ihnen knistert es wirklich erregend …

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IMPRESSUM

Wahre Liebe für Dr. Benitez? erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Joanna Neil Originaltitel: „Temptation in Paradise“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN, Band 98 Übersetzung: Susanne Albrecht

Umschlagsmotive: Asya_mix/GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 7/2021

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751507929

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Ich bin wirklich froh, dass du dich entschieden hast, hierher in die Karibik zu kommen, Jessie.“ Ben hob die Stimme, um den Partylärm aus dem Haus hinter ihnen zu übertönen, und wurde ernst. „Eigentlich hatte ich gar nicht damit gerechnet, weil es dir sicher viele Umstände gemacht hat. Es tut mir leid, dass ich dir mein Herz ausgeschüttet und dich damit unter Druck gesetzt habe. Du hattest in London schon genug um die Ohren, aber ich musste einfach mit dir reden. Irgendwie schaffst du es immer, mich wieder aufzurichten, wenn ich an einem Tiefpunkt bin.“

Jessie nahm seine Hand. „Du bist mein Bruder“, sagte sie. „Ich werde immer für dich da sein. Darauf kannst du dich verlassen.“

Ben drückte ihre Hand. „Ich werde mich revanchieren. Wart’s nur ab.“

„Das weiß ich doch“, antwortete sie.

Sie saßen auf der Terrasse eines herrlichen Hauses mit Ausblick aufs Meer, die Dunkelheit erhellt vom goldenen Schein der auf dem Gelände verteilten Petroleumfackeln. Die Glastüren zur Terrasse waren geöffnet, um die tropische Luft ins große Wohnzimmer hineinzulassen. Im Hintergrund hörte man die mitreißenden Rhythmen einer Steelband, die eine schwungvolle Calypso-Melodie spielte.

Drinnen tanzten die Gäste, wie es auch Jessie vorhin noch mit einigen sehr interessierten Partnern getan hatte. Doch sie hatte alle Bitten nach weiteren Verabredungen abgelehnt. Da sie sich zu Hause in England gehörig die Finger verbrannt hatte, wollte sie gefühlsmäßig nicht schon wieder etwas riskieren. Die anderen Partygäste unterhielten sich derweil oder genossen das köstliche Essen, das auf der Kücheninsel bereitstand.

„Ich fühle mich, als wäre ich mitten im Paradies gelandet“, seufzte Jessie. „Die Insel ist unglaublich schön. Und dieses Haus ist großartig. Der Besitzer muss sehr viel Vertrauen zu euch haben, dass er deinen Freunden erlaubt, hier eine Party zu feiern, während er weg ist.“

„Ja, wahrscheinlich.“ Ben zog die Augenbrauen zusammen, als hätte er noch gar nicht darüber nachgedacht. „Jedenfalls haben Zach und Eric gesagt, er wäre damit einverstanden. Andererseits haben wir in den letzten zwei Wochen ja auch das Haus renoviert. Er hat uns die Schlüssel gegeben, damit wir jederzeit kommen und gehen konnten. Vermutlich weiß er inzwischen, dass er uns vertrauen kann.“

„Kann sein.“ Dennoch wunderte sich Jessie. „Ihr arbeitet erst seit zwei Wochen hier?“ Das erschien ihr recht kurz, um das eigene Haus irgendwelchen Fremden zu überlassen.

„Ja, ich musste mir schnell einen Job suchen, nachdem Dad mich rausgeschmissen hat“, sagte Ben. „Und sie brauchten noch einen zusätzlichen Mann im Team. Dr. Benitez, der Besitzer, kannte mich schon, weil ich in meiner Freizeit mit ihm im Taucherteam für die Korallenriff-Studie ausgeholfen habe. Er meinte, nach der Renovierung hier könnte ich auch noch in seinen anderen Häusern arbeiten. Er hat eine Baufirma und vermietet die Häuser, sobald sie modernisiert worden sind.“

„Es ist schön, dass du so schnell etwas gefunden hast“, erklärte Jessie. Bens neuer Arbeitgeber schien ein wohlhabender, einflussreicher Mann zu sein. Ein Meeresbiologe, der auch noch mehrere Häuser besaß.

Sie sah ihren Bruder an. Er war erst knapp neunzehn Jahre alt, doch sein athletischer Körperbau täuschte leicht über sein jugendliches Alter hinweg.

Die Trennung ihrer Eltern hatte sie beide getroffen, aber Ben war damals erst elf gewesen, und für ihn war seine ganze Welt zusammengebrochen.

Durch die Scheidung am Boden zerstört, hatte sich ihre Mutter danach ganz in sich selbst zurückgezogen. Sie hatte es der damals siebzehnjährigen Jessie überlassen, sich so gut es ging um ihren Bruder zu kümmern und ihn emotional aufzufangen. Da Jessie während ihres Medizinstudiums zu Hause gewohnt hatte, konnte sie auch in dieser Zeit noch für ihn und ihre Mutter sorgen. Aber Ben hatte lange gebraucht, um über alles hinwegzukommen. Verzweifelt hatte er sich an ein Wunschbild von seinem Vater geklammert, doch vergeblich. Sein Versuch, hier in der Karibik eine Beziehung zu ihm aufzubauen, war wohl gescheitert.

Aber Jessies Ankunft hatte Ben aufgemuntert, sodass er seine Probleme für eine Weile hinter sich lassen konnte.

„Du solltest diesen Rum-Punsch mal probieren“, meinte er gut gelaunt. Auf dem weiß gestrichenen, verschnörkelten Gartentisch stand ein gefüllter Eiskühler. Ben holte mit der Zange einige Eiswürfel heraus, die er in ein hohes Glas fallen ließ. Dann füllte er es mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit aus dem Krug daneben auf. „Der schmeckt dir bestimmt.“ Er reichte ihr das Glas. „Der Punsch ist hier in der Gegend sehr beliebt.“ Erwartungsvoll sah er sie an.

„Danke.“ Sie lächelte. „Obwohl ich glaube, dass ich allmählich schon mein Limit erreicht habe. Vorhin erst der Wein und dann die leckeren Mojitos.“ Genüsslich verdrehte sie die Augen, dann nippte sie an ihrem Glas, wobei sie den Geschmack voll auskostete und dabei versuchte, die verschiedenen Zutaten herauszufinden. Rum natürlich, ein Schuss Limette, Zuckersirup und Orange. Und vielleicht noch ein Hauch von bitterem Angostura.

„Oh, du hast recht“, sagte sie. „Genau das habe ich gebraucht.“ Ein Gefühl von Wärme breitete sich in ihr aus. „Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich mich wirklich entspannen kann, seitdem ich gestern aus dem Flugzeug gestiegen bin.“

Ben nickte erfreut und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Es wird dir hier gefallen. Die Abwechslung tut dir sicher gut.“

„Ja, das hoffe ich.“

Jessie ließ sich ihren Drink schmecken, während sie den Blick über das perfekt gestaltete Gelände schweifen ließ. Der schwere, süße Duft von Frangipani erfüllte die nächtliche Luft, und im Licht der Fackeln konnte sie exotische Bougainvilleen sehen, deren lilafarbene Blütenblätter winzige weiße Blüten umschlossen. Gleich daneben entdeckte sie einen herrlichen Strauch mit rosa Hibiskusblüten.

Ben lachte. „Es ist eine tolle Party, oder? Erstaunlich, was man so spontan organisieren kann. Und das Essen ist fantastisch. Soll ich dir noch welche von diesen Hähnchen-Wraps holen, die du vorhin so gerne mochtest? Und vielleicht noch ein bisschen Reis dazu?“

„Klingt super, aber das kann ich mir auch selbst holen.“ Jessie wollte aufstehen.

„Nein, du bleibst hier und entspannst dich“, widersprach Ben. „Wahrscheinlich hast du immer noch ein bisschen Jetlag. Genieß einfach die Aussicht.“

Er ging auf die offenen Terrassentüren zu, und Jessie setzte sich wieder, um die mondbeschienenen Wellen der karibischen See zu beobachten, die an den feinen weißen Sandstrand schlugen. Palmzweige, die sich dunkel vom klaren Nachthimmel abhoben, bewegten sich in der leichten Brise.

Jessie reckte sich träge und streckte die leicht gebräunten Beine aus. Die warme tropische Luft umschmeichelte ihre bloßen Schultern. Befriedigt seufzte sie. Das hier war der reinste Genuss. Vielleicht hätte ich das schon längst mal machen sollen, dachte sie. Das Haus vermieten und alle Sorgen hinter mir lassen.

„Kann ich Ihnen vielleicht noch einen Drink holen?“, hörte sie plötzlich eine Männerstimme mit einem leichten spanischen Akzent ganz in ihrer Nähe. Tief und rau, ließ diese Stimme Jessie einen erregenden Schauer über den Rücken rieseln. Alarmiert richtete sie sich auf. Ihre Haut schien plötzlich zu prickeln.

„Ich … ähm …“ Sie schaute zu dem Mann auf, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war und nun neben ihr stand. Ihr Herzschlag beschleunigte sich unwillkürlich. Der Unbekannte wirkte dunkel und geheimnisvoll in dem dämmrigen Licht. Er war hochgewachsen und tadellos gekleidet mit einer maßgeschneiderten Hose und einem dunkelblauen Leinenhemd. „Danke, aber ich bin nicht sicher, ob das gut wäre. Wahrscheinlich hatte ich schon mehr als genug.“ Ihr Kopf fühlte sich warm und ein wenig benommen an. Ein Zeichen, dass der Alkohol seine Wirkung tat.

Der Mann lachte. „Vielleicht ist ein weiterer Drink kein Problem, wenn Sie etwas essen. Ihr Freund holt Ihnen gerade etwas, richtig?“

Jessie überlegte einen Moment, was er offenbar als Zustimmung interpretierte, denn er begann, ihr Glas wieder aufzufüllen.

„Ich habe Sie gar nicht auf die Terrasse herauskommen sehen“, meinte sie. „Und auch nicht gehört.“

Er lächelte belustigt. „Kein Wunder, so laut, wie die Musik da drinnen ist.“ Mit einem Nicken wies er auf das Haus. „Aber ich bin von der anderen Seite gekommen.“

„Ach so.“ Das erklärte, warum sie ihn vorher nicht gesehen hatte. Auf der Party war er zumindest nicht gewesen. „Sind Sie hier, um sich über den Lärm zu beschweren?“ Die Strandhäuser standen zwar in einem gewissen Abstand voneinander, aber vermutlich konnte man die Musik weithin hören. „Es tut mir leid, wenn Sie dadurch belästigt wurden.“

„Der Krach hat jedenfalls meine Aufmerksamkeit geweckt“, erwiderte er leicht ironisch.

„Oh. Ja, natürlich. Aber wir können sicher dafür sorgen, dass die Musik etwas leiser gedreht wird. Obwohl die Party vermutlich sowieso bald zu Ende ist.“ Jessie verzog das Gesicht. „Es ist schon spät, und einige von uns müssen morgen früh arbeiten.“

„Das stimmt.“ Nachdenklich musterte der Mann sie, wobei seine blauen Augen anerkennend glitzerten. „Dennoch gibt es Dinge, für die sich das Aufbleiben lohnt.“ Er ließ seinen Blick über sie gleiten.

Hitze stieg in ihr auf, während sie sich bewusst wurde, was sie gerade anhatte. Ein Party-Outfit. Etwas ganz anderes als das, was sie normalerweise in London trug. Das trägerlose Top war hauteng, der kurze Rock im Sarongstil betonte ihre schlanken Hüften und zeigte ihre bloßen Beine.

Beunruhigt über den eindringlichen Blick des Fremden, stand Jessie auf. „Vielleicht sollte ich mal reingehen und zusehen, dass die Party ein bisschen leiser wird.“

Abwehrend schüttelte er den Kopf. „Überlassen Sie das ruhig mir. Ich kümmere mich darum.“ Eine gewisse Schärfe schwang in seiner Stimme mit, als er hinzufügte: „Ich muss hier mit ein paar Leuten reden.“ Doch dann entspannte er sich wieder und meinte: „Im Augenblick möchte ich mich jedoch lieber mit Ihnen unterhalten.“

Erneut betrachtete er sie, als könnte er die Augen nicht von ihr losreißen. Sekundenlang blieb sein Blick an ihrem rotbraunen Haar hängen, das ihr in seidigen Wellen über die Schultern fiel. Dann ließ er ihn über ihre schlanke Gestalt weiterwandern, wodurch Jessie plötzlich wieder ganz heiß wurde.

Röte schoss ihr in die Wangen. „Na gut, ich denke, das ist schon okay.“

„Freut mich.“ Er kam etwas näher, woraufhin sofort all ihre Sinne aufs Äußerste angespannt waren. Die Alarmglocken, die irgendwo in ihrem Kopf schrillten, ignorierte sie.

„Ich wollte nicht lauschen“, fuhr der Mann fort. „Aber ich habe mitbekommen, dass Sie noch unter Jetlag leiden. Sind Sie von weit hergekommen? Machen Sie hier Urlaub?“

„Nein, obwohl ich nichts dagegen hätte, ein paar Tage lang die Sonne zu genießen und die Insel zu erkunden. Normalerweise arbeite ich sehr viel und bin immer beschäftigt. Aber sobald ich hier ankam, hatte ich überhaupt keine Lust mehr, irgendetwas Anstrengendes zu tun. Alles ist so gelassen und entspannt.“ Jessie lächelte. „Auch wenn ich erst wenig gesehen habe, finde ich es wunderschön. Ganz anders als in London, wo ich bisher gelebt habe.“

„Das stimmt.“ Fragend sah er sie an. „Aber wenn Sie nicht zum Urlaubmachen hier sind …“

„Es ist mir gelungen, hier vorübergehend einen Job zu bekommen. Ich werde drei Monate als Ärztin in der Kinder-Notaufnahme im Krankenhaus arbeiten. Es ist keine Vollzeitstelle, deshalb muss ich mich vielleicht noch nach einer zusätzlichen Möglichkeit zum Geldverdienen umsehen. Aber diese Gelegenheit konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen.“ So wie sie es verstanden hatte, würden auch noch einige Hausbesuche außerhalb des Krankenhauses anfallen, was ihr durchaus entgegenkam.

Als sie leicht die Achseln zuckte, glitt sein Blick über ihr Gesicht.

„Es passt mir momentan ganz gut, England mal eine Weile zu verlassen“, fuhr Jessie fort. „Ich möchte gerne noch ein bisschen Erfahrung sammeln, bevor ich mich für eine Facharzt-Ausbildung entscheide.“

Der Unbekannte hob die dunklen Brauen. „Dafür sind Sie ziemlich weit gereist.“

„Ja, das stimmt“, gab sie zu. „Aber ich habe auch Familie hier. Mein Vater ist an einer Rum-Destillerie auf der Insel beteiligt. Wir haben uns in den letzten Jahren nur selten gesehen, und ich dachte, so könnte ich etwas Zeit mit ihm verbringen.“

„Und Ihre Mutter?“, fragte er. „Lebt sie nicht hier?“

Jessie zögerte. „Nein. Meine Eltern waren schon seit einer ganzen Weile getrennt. Meine Mutter starb vor zwei Jahren in England.“

„Das tut mir leid.“ Wieder hörte man deutlich den spanischen Akzent, und Mitgefühl verdunkelte seine Augen. „Das muss hart für Sie gewesen sein.“

Sie nickte nur und suchte nach einer Möglichkeit, das Thema zu wechseln, ehe die Gefühle sie übermannten. Der Tod ihrer Mutter schmerzte sie noch immer, und die Beziehung zu ihrem Vater war schwierig.

„Und Sie?“, erkundigte sich Jessie daher. „Leben Sie hier auf St. Helena, oder sind Sie nur zu Besuch?“ Sie trank von dem Rum-Punsch, den er ihr nachgeschenkt hatte. Der Alkohol schien ihr mehr Selbstvertrauen zu geben.

„Ich lebe hier“, antwortete der Mann lächelnd. „Meine Familie ist vor mehreren Generationen hierher gezogen. Ursprünglich kam sie aus Spanien, aber im Laufe der Jahrzehnte sind wir eher spanisch-amerikanisch geworden.“

„Aha, das erklärt Ihren Akzent. Ich konnte ihn zuerst nicht richtig zuordnen. Er ist zwar nur schwach, aber dennoch erkennbar.“ Egal, wie sehr sich Jessie einzureden versuchte, dass sie gegenüber jeder Art von männlichem Charme immun war, wirkte seine Stimme so intensiv und sexy, dass sie in ihr ein erotisches Kribbeln auslöste. Es war beunruhigend, wie stark sie auf ihn reagierte.

Er nickte flüchtig, wobei er jedoch ihren Blick festhielt. Jessie war wie gebannt von diesen dunklen, blauen Augen und konnte sich kaum der berauschenden Wirkung dieses faszinierenden Blicks entziehen. Bis schließlich der Zauber brach, weil Ben zurückkam.

„Entschuldige, dass ich so lange gebraucht habe.“ Er stellte ein voll beladenes Tablett auf dem Tisch ab. „Ich wurde von einem Freund aus der Destillerie aufgehalten.“

„Macht nichts.“ Jessie ließ ihr Glas sinken. „Mir hat jemand Gesellschaft geleistet.“

Als Ben sich aufrichtete, sah er den Mann neben ihr zum ersten Mal richtig an. „Dr. Benitez …“ Ben wirkte bestürzt. „Ich … Wir haben Sie noch gar nicht zurückerwartet. Ich dachte, Sie hätten bis zum Ende der Woche geschäftlich in Florida zu tun.“

„Ich konnte mein Vorhaben schon früher als geplant abschließen.“ Der Gesichtsausdruck des Fremden wirkte plötzlich schroff.

Da erst merkte Jessie, dass hier irgendetwas nicht stimmte. War das der neue Arbeitgeber ihres Bruders? Sie schaute vom einen zum anderen. „Ihr kennt euch also?“

Ben war wie erstarrt unter dem unnachgiebigen Blick seines Gegenübers. „Ja.“ Entschlossen riss er sich zusammen. „Jessie, darf ich vorstellen? Dies ist Dr. Benitez. In den letzten beiden Wochen habe ich für ihn gearbeitet, wie ich dir ja schon erzählt habe.“

Jessie nickte, ehe sie sich Dr. Benitez zuwandte. „Ben hat mir von den Renovierungsarbeiten erzählt.“ Sie runzelte die Stirn. „Dann ist dies also Ihr Haus?“

„Allerdings“, bestätigte er.

„Oh.“ Sie stockte. „Ben sagte, dass er mit seinen Freunden hier gearbeitet hat. Es ist ein wunderschönes Haus. Jedenfalls, was ich bisher gesehen habe. Was nicht viel ist“, setzte sie hastig hinzu. „Bloß das Wohnzimmer, die Küche und die Terrasse.“

„Ich würde Ihnen gerne den Rest zeigen“, erwiderte er.

Da er sie erneut mit diesem intensiven Blick ansah, spürte sie, wie ihr Herzschlag einen Moment lang aussetzte. „Danke, Dr. Benitez. Das wäre sehr freundlich.“

Sein Ausdruck wurde sanfter. „José. Bitte nennen Sie mich José, chica.“

„José.“ Sie senkte den Blick, weil seine direkte Art sie verlegen machte.

„Gut.“ Dann wandte er sich an Ben, wobei sich sein Ausdruck sichtlich veränderte. Er schien auf einmal beinahe feindselig.

Jessies Alarmsystem schlug an. Sie musste wissen, was los war. „Haben Sie ein Problem mit Ben?“

„Ich fürchte ja.“ José berührte sie leicht am Ellbogen, wodurch ein erregendes Prickeln über ihren ganzen Arm lief. „Vielleicht wollen Sie auf die Party zurückgehen?“, schlug er vor. „Ich muss ein paar Minuten allein mit Ben sprechen.“

Kopfschüttelnd entgegnete sie: „Das glaube ich kaum. Sie können alles, was Sie mit ihm zu besprechen haben, auch in meiner Gegenwart sagen. Ich möchte wissen, was hier los ist.“ Als sie zu ihrem Bruder hinüberschaute, nickte er unbehaglich.

José straffte die Schultern und bedachte Ben mit einem eisigen Blick. „Ich möchte gerne wissen, wieso er gedacht hat, es wäre in Ordnung, während meiner Abwesenheit eine Party in meinem Haus zu veranstalten.“ Er warf Jessie einen eindringlichen Seitenblick zu. „Das Einzige, was für ihn spricht, ist, dass er die schönste Frau auf ganz St. Helena mitgebracht hat.“

„Oh.“ Sein negatives Urteil über Ben brachte Jessie so sehr aus der Fassung, dass sie seine Schmeichelei überhaupt nicht registrierte. „Da müssen Sie sich irren. Ich bin sicher, Ben war nicht derjenige, der …“

„Schon gut, Jessie. Ich kann für mich selbst sprechen.“ Ben richtete sich zu seiner vollen Größe auf, um José die Stirn zu bieten. „Es ist nicht so, wie Sie denken, Dr. Benitez. Ich habe das hier nicht organisiert.“

Jessie schwankte. Eigentlich konnte sie sich nicht vorstellen, dass ihr Bruder so unverantwortlich gehandelt hatte. Aber wenn doch?

„Ach nein?“ Zweifelnd zog José die Augenbrauen hoch. „Du hattest die Hausschlüssel. Ich habe dir vertraut. Aber das war offensichtlich falsch von mir.“

„Ich habe Zach die Schlüssel gegeben, damit wir am Haus arbeiten konnten“, protestierte Ben. „Er musste Elektromaterial und Kabel vom Großhandel herbringen, als ich nicht da war.“

„Und wieso warst du nicht da?“

Ben wurde rot und schaute schnell weg. „Ich … Na ja, Zach ist ein Frühaufsteher, aber das ist nicht mein Ding. Es schien mir einfach besser, ihn zum Großhandel fahren zu lassen. Außerdem hatten Sie ihm die Schlüssel ja auch schon vorher anvertraut, bevor Sie weggefahren sind. Deshalb dachte ich, es wäre okay.“

José presste kurz die Lippen aufeinander. „Damit willst du wohl sagen, dass du zu viel trinkst und nicht rechtzeitig zur Arbeit aufstehen kannst.“ Seine Augen wirkten stahlhart. „Dann hat Zach jetzt die Schlüssel?“

„Nein, er hat sie mir vorhin gerade zurückgegeben“, antwortete Ben. „Wir sind mit den Arbeiten hier fertig. Darum brauchte er sie nicht mehr.“

Jessie sank der Mut. Ihr Bruder hatte die Party nicht organisiert, davon war sie überzeugt. Aber er hatte seinem Freund vertraut, als dieser behauptet hatte, ihr Boss wäre einverstanden, dass sie sein Haus benutzen könnten. Ben war so naiv und gutgläubig. Doch nach der skeptischen Miene seines Arbeitgebers zu schließen, steckte ihr Bruder jetzt in ernsthaften Schwierigkeiten. José kannte Ben einfach nicht so gut wie sie.

„Ich will meine Schlüssel zurückhaben.“ José streckte die Hand aus. „Ich werde selbstverständlich die Schlösser austauschen und eine Alarmanlage installieren lassen.“

Ben gab ihm die Schlüssel. Er war blass geworden. „Es tut mir sehr leid, Dr. Benitez. Ehrlich. Bitte glauben Sie mir. Ich dachte wirklich, Sie hätten uns gestattet, das Haus heute Abend zu nutzen.“

„Glaubst du im Ernst, ich würde so etwas tun?“, entgegnete José frostig. „Du wirst dir einen anderen Job suchen müssen, Ben. Ich kann dich nicht länger gebrauchen.“

Ben schnappte nach Luft, als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen. „Aber ich habe die Party nicht organisiert. Wirklich nicht. Es war falsch von mir, Zach die Schlüssel zu überlassen, ich weiß. Aber es wird nicht noch mal passieren, das verspreche ich. Ich werde mich zusammenreißen und pünktlich sein, wenn Sie mir noch eine Chance geben. Ganz bestimmt.“

„Nein. Du hast mich enttäuscht, und ich möchte nicht, dass mein Vertrauen erneut missbraucht wird“, erklärte José.

Jessie konnte es nicht mehr ertragen, nur zu schweigen. „José, wollen Sie es sich nicht doch noch einmal überlegen?“, sagte sie leise. „Ben sagt, er hat es nicht getan, und ich glaube ihm. Wollen Sie ihm nicht die Chance geben, Ihnen zu zeigen, dass Ihr Vertrauen gerechtfertigt ist?“

Josés Züge waren hart wie Stein. „Er ist Ihr novio, ja? Ist er Ihnen so wichtig, dass Sie für ihn bitten? Ich fürchte, hier sind Ihre Gefühle fehl am Platz, mi chica bella.“

„Nein, nein, da irren Sie sich“, erwiderte sie schnell. „Er ist nicht mein Freund, sondern mein Bruder. Ich kenne ihn. Ich verstehe ihn, und ich bin sicher, dass er die Wahrheit sagt.“

Einen Moment lang musterte José sie, und sie hoffte, er würde einlenken. Stattdessen schüttelte er jedoch abwehrend den Kopf. „Es ist schön, dass Sie für Ihren Bruder eintreten, Jessie. Aber er hat mich enttäuscht, und ich glaube, Ihr Urteil wird von Ihren Gefühlen beeinflusst. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass Ben pünktlich zur Arbeit erscheint, und er hat meine Schlüssel an Dritte weitergegeben. Er hat Ihr Mitgefühl nicht verdient.“

„Diese Entscheidung sollten Sie schon mir überlassen.“ Entrüstet reckte sie das Kinn. „Verstehe ich das richtig, wenn Sie in meiner Lage wären, würden Sie sich von Ihrem Bruder oder Ihrer Schwester abwenden, die Ihre Hilfe benötigen?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

Verächtlich sah Jessie ihr Gegenüber an. Gerade eben war José noch der Charme in Person gewesen, doch jetzt wollte er Ben entlassen, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken. Wie sollte sie einen Mann respektieren, der ihren Bruder so behandelte? Ihr Beschützerinstinkt war geweckt, und innerlich kochte sie vor Wut.

So viel also zu guter, alter Ritterlichkeit oder auch einfach nur schlicht Gerechtigkeit.

„Sie haben sich ja noch nicht mal die Mühe gemacht, Bens Geschichte zu überprüfen“, gab sie scharf zurück. „Woher wollen Sie denn wissen, dass nicht Zach und sein Freund hierfür verantwortlich sind?“

„Vielleicht waren sie alle gemeinsam daran beteiligt. Das muss ich noch herausfinden“, antwortete José.

Das besänftigte sie jedoch nicht im Geringsten. Ihr reichte es. Sie nahm ihre Handtasche vom Tisch und wandte sich an ihren Bruder. „Komm mit, Ben. Wir sollten gehen. Hier haben wir nichts mehr verloren.“

José sah sie an. „Mit Ihnen habe ich keinen Streit, Jessie. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie noch bleiben.“

„Ich möchte lieber gehen.“

Mit besorgter Miene flüsterte Ben ihr zu: „Meinst du nicht, ich sollte noch bleiben und beim Aufräumen helfen? Wir können das Haus doch nicht einfach so hinterlassen, oder?“

„Darüber würde ich mir jetzt keine Gedanken mehr machen“, erklärte sie kurz angebunden, wobei ihr klar war, dass José ihnen zuhörte. Er wirkte nicht mehr so empört, eher nachdenklich, aber sie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht ganz deuten. „Das sollen Zach und Eric übernehmen.“

„Aber die sind schon vor einer halben Stunde gegangen“, murmelte Ben gedämpft.

„Ach ja?“ Sie lachte. „Wie praktisch. Ich nehme an, sie haben mitgekriegt, dass Dr. Benitez aufgetaucht ist, und wollten die Konsequenzen dafür nicht tragen.“

Sie wandte sich zum Gehen, und nach einem unschlüssigen Blick in Josés Richtung eilte Ben ihr hinterher.

„Bist du sicher, dass das richtig ist?“, fragte er zweifelnd.

„Natürlich.“ Sie würde Dr. Benitez nie wiedersehen, also was machte es schon?

Sie spürte förmlich, wie sein finsterer Blick sich ihr in den Rücken bohrte, was sie in ihrem Entschluss nur noch bestärkte.

2. KAPITEL