Geschichte der jO: Teil 7. Spiel mit dem Feuer - Johanna Koltai - E-Book

Geschichte der jO: Teil 7. Spiel mit dem Feuer E-Book

Johanna Koltai

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Beschreibung

Geschichte der jO. Teil 7. Spiel mit dem Feuer. Meine abenteuerliche Reise durch die Welt des SM. Lady Inka stellt jO vor die Wahl: Entweder jO lässt sich als ihre persönliche O kennzeichnen und beringen – oder aber es ist alles vorbei. jO ringt mit sich selbst und ist unentschlossen. Da erfährt sie etwas über ihre Herrin, das sie schwer erschüttert. Hinzu kommt, dass jO nach den Atemreduktionsspielen von Herrn A. von Albträumen geplagt wird und schließlich in einer Selbsthilfegruppe nach Hilfe sucht. Mit Escort-Aufträgen läuft es weiterhin schlecht. Auch das Duo mit der dunkelhäutigen Lana und dem sadistischen Herrn W. erweist sich als alles andere als Zuckerschlecken. Die Nacht in einem Berliner Luxushotel bringt jO an den Rande des Abgrunds. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, bei dem jO ständig ein Outing droht. Ein schweres Date kommt selten allein: Der junge Herr Oliver, der jO im SM-Studio bucht, stellt sich als weitaus weniger liebenswert heraus, als jO zunächst annimmt. Noch bizarrer wird es, als jO vom reichen Herrn Trajan für die „Nacht der O“ gecastet wird.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Hintergangen

Auf Messers Schneide

Echte Albträume

Duo-Ablenkung

Wettkampf nach Mitternacht

Die Mutprobe

Nächtlicher Spaziergang

Böse Träume

Die Suche nach dem Ausweg

Ein neues Abenteuer ruft

Das Casting einer O

Vorschau auf Teil 8.

Kontakt & Feedback.

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Hurensprech

Glossar

Impressum

Geschichte der jO: Teil 7. Spiel mit dem Feuer

Meine abenteuerliche Reise durch die Welt des SM.

Johanna Koltai

Berlin im Juli 2017, überarbeitet 2025.

Hintergangen

„Du musst etwas erfahren“, steht mit krakeliger Schrift auf dem Zettel, den mir Herrin Alex zugesteckt hatte, nachdem wir im Piercingstudio einen Vorbesprechungstermin hatten. Sie hat es heimlich gemacht und „Psssst“ dazu gezischt. Lady Inka sollte also nichts davon erfahren, es geht bestimmt um sie. Meine Gedanken rasen hin und her. Was muss ich erfahren? Was hat Lady Inka mir verheimlicht? Und warum möchte Herrin Alex, dass ich das weiß?

Am liebsten würde ich sie sofort anrufen, aber Herrin Alex sitzt jetzt mit Lady Inka im Auto und kann sicher nicht frei sprechen. Ich reiße mich zusammen und laufe zur nächsten U-Bahn-Station. Dann fahre ich nach Hause. Unterwegs kribbelt es mich in den Fingern und einmal habe ich das Telefon schon in der Hand. Aber dann gelingt es mir doch, mich zu beruhigen und das Smartphone wieder einzustecken. Kaum habe ich jedoch die Wohnungstüre hinter mir geschlossen, gibt es kein Halten mehr: Schnell hole ich das Handy hervor und wähle die Nummer. Meine Hände zittern ein bisschen, so aufgeregt bin ich.

Schon nach dem zweiten Klingelton ist Herrin Alex dran.

„Alex, hallo?“

„Ja hi, hier ist jO.“

„Ah... jO! Na, das dachte ich mir schon, dass du mich gleich neugierig anrufst.“

Sie kichert leicht in den Hörer.

„Ja, danke für Ihre Nummer. Um was geht es denn?“

Obwohl Herrin Alex so jung ist, sieze ich sie. Schließlich ist sie ja eine Herrin.

„Es geht um Lady Inka, jO“, sagt Herrin Alex und hört sich nun auf einmal gar nicht mehr so heiter und unbekümmert an.

„Okay… was… was ist denn mit ihr?“, frage ich.

Meine Anspannung ist kaum mehr auszuhalten. Warum spannt mich Herrin Alex so auf die Folter? Warum sagt sie nicht einfach, was los ist?

„Also…“ Sie zögert einen Moment. „Ich glaube, du solltest da etwas wissen, jO. Du darfst ihr aber nicht sagen, dass du es von mir weißt, okay?“

„Natürlich nicht, versprochen!“, versichere ich schnell.

„Na ja… Ich weiß nicht… wie soll ich das sagen?“

Sie druckst ein bisschen herum und mein Hals ist auf einmal ganz trocken.

„Also gut, pass auf: Jetzt, wo du dich ja vielleicht sogar als ihre Sklavin markieren lässt… na… da solltest du vielleicht schon wissen, dass… also… ja, weißt du… Lady Inka hat einen Freund. Einen richtig festen Freund.“

„Ach was“, sage ich tonlos und muss mich erst mal setzen, um diese Nachricht zu verdauen. Ich schaffe es gerade noch, vom Gang ins Wohnzimmer zu wanken und mich aufs Sofa fallen zu lassen, bevor mir die Beine versagen.

Das haut mich jetzt wirklich um.

Inka hat einen festen Freund und ich weiß nichts davon.

„Seit wann denn?“, möchte ich wissen.

„Du… so genau weiß ich das auch nicht, aber bestimmt seit einigen Wochen. Sie hat es mir stolz erzählt und einen auf verliebt gemacht. Hach, Schatzi ist ja so süß. Denk dir nur, was Schatzi wieder für mich gemacht hat. Schatzi hier, Schatzi da. So halt.“ Ihre Stimme ist ganz hoch, als wollte sie Lady Inka nachahmen.

„Ja wirklich?“, sage ich, weil ich nicht weiß, was ich sonst sagen soll. Aber natürlich glaube ich Herrin Alex. Warum sollte sie mich auch anlügen?

„Ja, wirklich, jO. Tut mir sehr leid. Sie meinte noch, ich soll mich ja nicht verplappern und dir nichts davon verraten. Sie möchte es dir erst sagen, wenn du das Tattoo hast und beringt bist. Also wenn’s zu spät ist. Aber… na… ich kann das nicht. Ich fühle mich nicht gut dabei, das zu wissen und nichts zu sagen.“

„Danke sehr“, sage ich tonlos. Mein Kopf ist ganz heiß und schwer. Ich fühle mich ein bisschen benommen, als ob mir jemand eine Schlaftablette gegeben hätte. Oder so, als ob ich im schwülen und heißen Klima eines Dschungels gerade aus einem Albtraum aufgewacht wäre. Aber ich fürchte, der Albtraum fängt gerade erst an.

„Tut mir leid, meine Kleine“, sagt Herrin Alex. „Ich weiß ja nicht so genau, wie Eure Beziehung aussieht, so ganz blicke ich da ja nicht durch, aber es sagt schon einiges darüber aus, wenn sie ihren Freund vor dir geheim halten will.“

„Hat sie sonst noch etwas über ihn erzählt?“

„Na ja, nur, dass er total süß ist und sich ganz liebevoll um sie kümmert. Wenn ich das richtig raushöre, ist das eine Stino-Beziehung, die sie da hat. Da ist nix mit SM. Hörte sich jedenfalls so an. Die gehen zusammen ins Theater, Deutsche Oper, Restaurant, Ausstellung, sowas halt. Ich glaube, er arbeitet in einem Reisebüro, wenn ich das richtig verstanden habe.“

„Ich… tut mir leid… ich muss das erst mal verdauen“, sage ich.

„Melde dich, wenn ich was für dich tun kann. Aber verrate Inka nicht, dass du es von mir weißt.“

„Nein, nein, keine Sorge, ich sage das ganz bestimmt nicht. Danke, dass Sie mir’s gesagt haben.“

„Gerne. Pass auf dich auf, jO. Und melde dich, wenn ich was für dich tun kann oder so. Einfach quatschen. Keine Ahnung, einfach so halt. Na dann… Tschüss.“

„Tschüss.“

Ich lege auf.

Oh Mann!

Was für ein Schlamassel.

Ich fasse mir an den Kopf. Er fühlt sich heißt an. Ganz so, als hätte ich Fieber.

Warum passiert mir sowas immer?

Zum Glück ist der Schock nicht so tief wie bei der Trennung von Lady Svenja. Nein, damit kann man die Überraschung jetzt nicht ansatzweise vergleichen. In Lady Svenja war ich hoffnungslos verknallt. (Oder bin ich es immer noch?) Bei Lady Inka sieht’s anders aus. Das ist eine Hassliebe. Ich finde, sie kann es mir auf der psychischen Ebene unglaublich gut einschenken, das mit der Demütigung und mit dem Lustschmerz. Sie versteht einfach, wie ich ticke und weiß, dass mich Erniedrigungen spitz machen. Ja, Lady Inka bringt mich auf meinem Weg zur O richtig weiter. Das muss ich zugeben. Ich schimpfe manchmal heimlich über sie, sogar ziemlich oft, aber ich muss anerkennen, dass sie es versteht, mich zu formen und voranzubringen. Ohne Lady Inka wäre ich sicher nicht zu dem fähig, was ich jetzt tun kann. Aber es ist unfair von ihr, mir vorzuspielen, sie sei Single und mir zu verheimlichen, dass sie einen festen Freund hat. Schon klar: Als ihre O habe ich kein Anrecht auf Exklusivität. Trotzdem fühle ich mich übel hintergangen. Ist ja auch bezeichnend, dass sie Herrin Alex gebeten hat, mir nichts von ihrem Freund zu erzählen.

Ich habe einen schweren Kopf. Enttäuscht ziehe ich mich aus und krieche ins Bett. Eine Ewigkeit liege ich einfach nur so da und möchte einschlafen, aber ich kann nicht. Ich möchte schlafen, um nicht mehr an das Chaos in meinem Leben denken zu müssen. Fuck! Es läuft gerade nicht so gut, wenn ich ehrlich bin.

Katastrophe 1: Lady Inka besteht darauf, dass ich mich als ihre O beringen und kennzeichnen lasse. Und das nicht irgendwann, sondern ganz konkret am 24. September 2015. Das Vorgespräch dazu hatten wir ja gerade. Zudem spielt sie nicht mit offenen Karten, sondern hat heimlich einen festen Freud.

Katastrophe 2: Ich bin immer noch Single, trotz Parship-Account. Florentin ist ein Weichei. Er sieht zwar gut aus, aber er zeigt keine ernsten Absichten – nicht mal die auf einen One-Night-Stand. Ich habe keine Lust, ihn zu erobern, ich möchte selbst erobert werden.

Katastrophe 3: Ich habe meinen Job verloren und arbeite nun als freiberufliche Escort-Lady. Nein, „Escort-Lady“ klingt verharmlosend. Sagen wir es doch, wie es ist: Ich bin eine Hure. Eine Sklavin, die mit älteren Männern SM-Spiele spielt und Bizarrsex hat.

Lichtblick 1: Immerhin habe ich Sex! Und nicht mal schlechten. Bei diesem Gedanken muss ich lächeln. Ist doch nicht alles schlecht in meinem Leben. Zumindest ist es aufregend! Das notiere ich mir als Lichtblick 2 im Kopf.

Katastrophe 4: Die Escort- und Studio-Aufträge waren in letzter Zeit eher dünn gesät. Ich frage mich, ob ich das langfristig so weitermachen kann. Schließlich habe ich jeden Monat Ausgaben, muss Miete, Strom, Wasser, Versicherungen, Kleidung, Kosmetik, Friseur, Lebensmittel und so weiter zahlen.

Katastrophe 5: Mein bester Stammfreier, Herr A., bedrängt mich, ihn zu heiraten und hat mich das letzte Mal zu Tode erschreckt, als er mir die Atemluft genommen hat. „Atemreduktion“ nennt man diese SM-Praktik. Klingt harmlos, aber das ist es leider nicht.

Ja, liebe jO, denke ich mir, sieht leider nicht so prickelnd aus. 5 Katastrophen stehen 2 Lichtblicken gegenüber. Ich weiß: Man soll versuchen, alles positiv zu sehen. Aber gerade fällt mir das wirklich schwer. Ich habe Angst, mein Leben könnte in einer einzigen großen Katastrophe enden. Fehlte nur noch, dass mich ein ehemaliger Lehrer vom Gymnasium bucht. Bei diesem Gedanken stöhne ich gequält auf.

Ich habe Angst, völlig zu scheitern und am Ende wieder in mein altes Kinderzimmer bei meinen Eltern einziehen zu müssen.

Wie stelle ich es nur an, Lady Inka auf ihren Freund anzusprechen? Ich würde zu gerne wissen, wie er aussieht. Ob ich sie einmal heimlich verfolge, wenn sie sich mit ihm trifft. Dazu müsste ich aber ihre Wohnung beobachten. Nein, ich bin ja kein Detektiv, das geht bestimmt schief. Oder vielleicht doch nicht?

Ich rapple mich hoch und torkele halb benommen ins Bad. Jetzt erst mal duschen, denke ich mir und stelle das Radio ein. Musik und eine feine heiße Dusche bringt mich bestimmt auf andere Gedanken.

Als ich in meinem flauschigen weißen Bademantel auf dem Sofa sitze, ertappe ich mich dabei, wie meine Gedanken sich ausmalen, wie es wohl wäre, tatsächlich als O beringt und gekennzeichnet zu sein. Meine Finger gleiten hinab zu meiner Möse und ich stelle mir vor, so präpariert Lady Svenja vorgeführt zu werden. Himmel, das wäre wirklich geil! Das würde sie sicher umhauen. jO beringt und tätowiert als totale O von Lady Inka. Ihr völlig hörig und ergeben. Als „Property of Lady Inka“ für immer und ewig gezeichnet. Das wäre sicher ein Schock für Lady Svenja. Auf jeden Fall wäre es eine Mega-Überraschung. Vielleicht würde sie dann bedauern, dass sie sich von mir getrennt hat. Lady Inka hatte ja gemeint, sie könnte meine Leine dann an den Pussy-Ringen festmachen. Eine unfassbar geile Vorstellung, so an der Leine Lady Svenja vorgeführt zu werden… Meine Möse wird feucht, als ich so davon phantasiere. Gierig spreize ich die Beine und reibe meinen Kitzler. Notgeil reckt sich mein Becken den Fingern entgegen. Ich knete meine Titten und stöhne, wobei ich mir mit der Zunge lüstern über die Zähne fahre. Ja, ich möchte gern eine absolute O sein, ein perfektes Eigentum, absolut gehorsam, beringt, gekennzeichnet und hörig. Was wohl Lady Svenja dazu sagen würde? Was würde Lady Svenja wohl… Lady Svenjaaaaaaaaahhhhh!

Ein heftiger Orgasmus fegt von meiner Pussy aus mit der Kraft eines Vulkans durch meinen Körper und lässt mich einen hohen, spitzen Schrei ausstoßen.

Oh jaaaaaaaaah, so geil! Meine Finger rasen hin und her, um den Höhepunkt noch stärker zu machen, um alles aus diesem Gefühl herauszuholen. Verdammt! Diese böse Möse hat mich voll im Griff. Ich bin eine Sklavin meiner Lust.

Als der Orgasmus abgeklungen ist, streichle ich mich sanft und zärtlich. Schade, dass ich keinen Freund habe, der das für mich übernehmen könnte. Mein Kopf weiß natürlich, dass es ganz und gar dämlich wäre, mich tatsächlich beringen und als Lady Inkas Sklavin tätowieren zu lassen. Ich bin blond, aber nicht ganz blöd. Lady Inka verheimlicht mir ihren Freund. Das ist alles andere als fair und kein gutes Zeichen. Zudem wäre ich für alle Zeiten als Sklavin an sie gebunden. Auch kein Gedanke, der mich vor Vorfreude jubeln lässt. Ich liebe sie ja nicht, ich respektiere sie und schätze ihre Führung, mehr aber auch nicht. Sicher, sie wirkt auf ihre Weise und durch ihre Dominanz attraktiv auf mich. Aber ich liebe sie nicht, das ist klar.

Zwar habe ich gehört, dass man Tattoos wieder entfernen kann, aber womöglich nicht ganz hundertprozentig. Mit „Property of Lady Inka“ auf dem Schlüsselbein macht der Sommer auch nicht so richtig Spaß. Bikini? Sommerkleid mit Dekolletee? Kann ich dann vergessen, wenn es nicht peinlich werden soll. Nein, nein, also wirklich: Das geht einfach nicht. Von den Ringen ganz zu schweigen. Es dauert an den äußeren Schamlippen 3 bis 4 Monate, bis die Wunde wieder verheilt ist. 3 bis 4 Monate keinen Sex. Nein, das muss nicht sein. Diese Zeiten sind vorbei. Ich beschließe, es nicht zu tun. Als Phantasie ist es schon sehr geil, beringt und gekennzeichnet zu sein, aber in der Realität kann ich mir das nicht vorstellen. Vielleicht liegt es auch an Lady Inka und daran, dass sie mir ihren Freund verheimlicht. Vielleicht wäre ich für Lady Svenja zu mehr bereit. Vielleicht… aber das ist Unsinn. Sie hat mir klar zu verstehen gegeben, dass es aus ist. Damit muss ich mich wohl endlich abfinden.

Ich falle müde ins Bett und überraschend schnell in den Schlaf. Ein Traum nimmt Gestalt an:

Ich gehe den Kurfürstendamm in Berlin entlang. Wer ist das denn? Das sind doch Dani und Anette aus der Schule. Wir sind zusammen aufs Gymnasium gegangen. Die beiden waren die beliebtesten Schülerinnen in unserer Klasse, auf die die Jungs voll abgefahren sind. Was haben die in meinem Traum zu suchen? Ich habe schon seit Jahren nicht mehr an sie gedacht, der Kontakt ist nach dem Abi abgerissen. Ich gehe auf sie zu. Als sie mich sehen, fangen sie an zu lachen. Was soll das? Sie machen sich über mich lustig! Aber warum? Plötzlich fahre ich erschrocken zusammen: Jemand hat mich von hinten gepackt und hält mir seine Hand auf Mund und Nase! Hilfe! Luft! Luft! Ich brauche Luft! Dani und Anette lachen noch lauter. Ihr dummes Gegacker hallt durch meinen Kopf. Mein Körper zieht sich im verzweifelten Versuch zusammen, einzuatmen. Aber die Hand ist eisern. Meine Luftzufuhr ist völlig abgeschnitten. Himmel! Ich ersticke! Warum hilft mir denn keiner? Hilfe! Hilfe!

Dani und Anette lachen einfach nur weiter und rühren keinen Finger, um mich zu retten. Luft! Ich brauche Luft! Ich… schrecke schweißgebadet aus dem Schlaf hoch.

Atmen! Atmen! Atmen!

Erleichtert stelle ich fest, dass ich jetzt ohne Probleme Luft holen kann.

Himmel!

Was für ein krasser Albtraum!

Eigentlich schlafe ich immer gut. Albträume habe ich sonst nie. Seltsam ist auch, dass ich mich normalerweise kaum an meine Träume erinnern kann. Doch diesmal liegt die Szene auch nach dem Aufwachen noch klar vor mir. Ja, eindeutig, das war ein Albtraum. Ob das etwas mit der Atemreduktion von Herrn A. zu tun hat? Gut möglich, das war ein extrem negatives Erlebnis. Man sagt ja, dass das Gehirn nachts Dinge aufarbeitet.

Ich tappe in die Küche und trinke ein Glas Wasser, weil mein Hals trocken ist. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es halb vier ist. Ich überlege, wieder ins Bett zu gehen und weiterzuschlafen. Aber ich habe Angst, wieder in diesem schrecklichen Traum zu landen. Also setze ich mich vor den Fernseher und zappe durchs Programm.

Auf Messers Schneide

Am nächsten Morgen stelle ich fest, dass ich vor dem Fernseher eingeschlafen bin. Einen weiteren Albtraum hatte ich zum Glück nicht. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern.

Müde gehe ich in die Küche und mache mir einen Latte Macchiato. Ich grüble, wie ich mit Lady Inka über ihren Freund sprechen kann ohne Herrin Alex zu verraten. Doch mir fällt keine brauchbare Idee ein. Vielleicht wäre es doch nicht schlecht, vor dem Haus zu warten, bis sie mit ihrem Freund ausgeht und sie dann „zufällig“ zu treffen und scheinbar überrascht zur Rede zu stellen. Aber nein, das wäre für uns beide peinlich. Ich weiß ja auch nicht, ob sie ihm überhaupt etwas von mir erzählt hat.

„Entschuldige, Schatz, die liebe jO hatte ich dir ja noch gar nicht vorgestellt. Das ist jO, meine persönliche SM-Sklavin. Sie arbeitet als Hure und wird sich bald ein Tattoo stechen lassen, das sie als mein Eigentum kennzeichnet. Ich bilde sie nämlich weiter zur Sklavin aus.“

Nein, das wäre nicht sehr vorteilhaft, da in etwas hineinzuplatzen, das ich gar nicht abschätzen kann.

Was also tun?

Ich könnte behaupten, die beiden zufällig zusammen in der Stadt gesehen zu haben. Händchenhaltend. Ja, das könnte gehen.

Ich überlege eine ganze Weile, aber eine bessere Idee will sich einfach nicht einstellen.

Mein Handy klingelt. Die Nummer auf dem Display sagt mir nichts, es ist irgendein anderes Handy.

„Johanna hier.“

„Ah, hallo jO, ich bin’s! Dein Zukünftiger“, sagt Herr A. und lacht. „Ich bin wieder in Berlin.“

Ach herrje, das hat mir gerade noch gefehlt. Ich habe die Entscheidung, ob ich meinen besten Kunden in die Wüste schicke oder nicht immer wieder verschoben. Doch jetzt geht das nicht mehr. Jetzt muss ich mich wirklich entscheiden. Was soll ich tun? Heiraten werde ich Herrn A. nicht. Das steht fest.

„Hallo Herr A.“, sage ich wenig begeistert.

„Ist irgendwas?“, fragt er, weil er an meiner Tonlage erkennt, wie zurückhalten ich seiner Freude begegne.

„Ach nein, eigentlich ist nichts. Sie haben mir nur beim letzten Mal die Luft abgeschnürt und mir eine scheiß Todesangst eingejagt. Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Eine scheiß Todesangst!“

Ich bin laut geworden. Das ist eigentlich gar nicht meine Art und ich bin über mich selbst erstaunt. Vielleicht liegt es daran, dass sich so viel Frust in mir angestaut hat, der jetzt ein Ventil gefunden hat.

„Hör mal jO, das… das war nicht so gemeint. Das wollte ich nicht, ehrlich nicht. Das… ja… das war ein Fehler, das habe ich einfach falsch eingeschätzt.“

„Okay“, sage ich. „Schwamm drüber. Aber bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass meine Einwilligung auf Ihren ‚romantischen‘ Heiratsantrag NICHT mein freier Wille war, sondern der Versuch zu überleben.“

Ich höre meine Worte und bin nun auf einmal tief betroffen davon, was ich sage. Es ist, also ob nicht ich sprechen würde, sondern eine bessere Version von mir, ein höheres Selbst, ich kann das gar nicht richtig beschreiben. Ich denke auch gar nicht nach, was ich sage, ich sage es einfach.

„Das… das tut mir alles wirklich sehr leid, jO, ehrlich. Wenn ich irgendetwas…“

„Bitte nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass ich nicht Ihre Ehesklavin sein will, keine Kinder mit Ihnen bekommen möchte und auch keine Stieftochter haben möchte, die meine ältere Schwester sein könnte. Sorry, aber mir reicht’s.“

Meine Hand, die das Handy hält zittert.

Ich habe mich in Rage geredet.

Die Worte kamen einfach so aus meinem Mund.

„Bitte rufen Sie mich nie wieder an. Ich möchte Sie nicht mehr treffen. Tut mir echt leid, aber das ist mir einfach zu krass.“

Ich höre ins Handy hinein, aber es kommt nichts. Also lege ich auf.

Fuck!

Ich habe gerade meinen besten Kunden abgeschossen.

Ich atme tief durch.

Ja, es war ein Fehler. Und: Ja, es war auch verdammt richtig, was ich getan habe. Ich bin stolz auf mich. Aber gleichzeitig auch verzweifelt und überfordert. Was passiert wohl, wenn sich Herr A. bei Herrn Ludger, dem Agenturchef, über mich beschwert. Was, wenn er Lady M. berichtet, was ich zu ihm gesagt habe? Und wie wird es wirtschaftlich für mich aussehen, wenn Herr A. als Gast wegfällt?

Das Handy klingelt. Es ist wieder die Nummer von Herrn A.

Ich lehne den Anruf ab.

Es klingelt erneut.

Ich lehne wieder ab.

Das Spielchen geht eine Weile so, dann ist Ruhe.

Ich rufe Herrn Ludger an und erzähle ihm alles.

„Es tut mir sehr leid, jO, dass Du das durchmachen musstest“, sagt Herr Ludger und sichert mir volle Unterstützung zu. „Das ist es nicht wert, jO, Du hast absolut richtig gehandelt. Eigentlich… na… eigentlich hätte ich mir gewünscht, dass du in so einer Situation den Termin abbrichst. Eigentlich hättest du sofort gehen müssen. Nach sowas kann man nicht mehr vertrauensvoll spielen. Der Gast ist eindeutig zu weit gegangen.“

Ich bin sehr erleichtert, dass Herr Ludger mir keine Vorwürfe macht und mich sogar noch darin bestärkt, den Kontakt abzubrechen.

„Sag’ Bescheid, wenn er weiter anruft. Dann spreche ich mit ihm. Von Mann zu Mann.“

Ich bedanke mich und lege auf.

Es ist gut, wenn man sich beschützt fühlt.

Ach, wie schön wäre es doch, wenn ich einen festen Partner in meinem Leben hätte, der sich um mich kümmert.

Schnell packe ich meine Sportsachen zusammen und haste zum Fitness, damit ich auf andere Gedanken komme. Als ich etwa eineinhalb Stunden später meine Sachen aus dem Spint hole, sehe ich, dass Herr A. mir unzählige SMS geschrieben hat. Angerufen hat er auch alle 5 Minuten.

Ich fluche leise.

Kaum habe ich das Fitness-Studio verlassen, rufe ich Herrn Ludger an und bitte ihn, die Sache nun doch in die Hand zu nehmen. Super: Mein bester Kunde ruft an, aber ich kann nicht rangehen, weil er mich heiraten und würgen will. Na super, läuft bei mir.

Zuhause tue ich alles, um Lady Inka nicht anrufen zu müssen. Ich wasche Wäsche, räume auf, putze, gehe Einkaufen. Nur anrufen, um ein Gespräch zu vereinbaren, das tue ich nicht. Ich schiebe es schön vor mir her.

Gegen 21 Uhr bekomme ich Kopfschmerzen. Ich nehme eine Aspirin, aber es hilft nichts. Mein Kopf fühlt sich an wie ein großer, schwerer Medizinball. Vielleicht hören die Kopfschmerzen auf, wenn ich zumindest angerufen habe? Also greife ich zum Telefon und wähle Lady Inkas Nummer. Ich habe mir überhaupt keine Gedanken gemacht, was ich sage. Schließlich war ich genug damit beschäftigt, mich überhaupt zum Anrufen durchzuringen.

„Hallo, jO-Schätzchen. Was gibt es denn?“, begrüßt mich meine Herrin am Telefon.

„Hallo Lady Inka, ich hoffe, ich störe nicht“, sage ich vorsichtig.

„Nein, nein, gar nicht. Was gibt es denn?“

„Ich würde gerne noch einmal mit Ihnen sprechen…“, sage ich und lasse sie in dem Glauben, dass es um die Kennzeichnung geht.

„Aber jO, das haben wir doch alles schon besprochen.“

Lady Inka klingt leicht genervt.

„Du weißt doch: Entweder du bist eine O oder du bist eben keine. Eine richtige O muss auch so gekennzeichnet sein, nicht wahr?“

„Ja, Lady Inka.“

„Siehst du. Und du bist doch eine richtige O? Oder etwa doch nicht?“

„Ja, Lady Inka.“

„Na also, sehr schön, braves Mädchen. Und jetzt geh’ schön ins Bettchen und denk nicht zu viel darüber nach. Es wird schon alles passen und auch gar nicht so weh tun, wie du vielleicht meinst, da bin ich mir sicher.“

„Es geht um etwas anderes“, sage ich. „Bitte. Können wir uns treffen?“

„Um was geht es denn?“, fragt Lady Inka erstaunt.

„Ich möchte das lieber persönlich besprechen, bitte“, sage ich ausweichend.

„Na schön, klar, morgen um 20 Uhr bei mir.“

„Ok, vielen Dank, Lady Inka.“

„Gerne. Dann bis morgen, jO.“

„Tschüss“, sage ich und lege auf.

Ich zögere das Zubettgehen so lange wie möglich hinaus, weil ich mich fürchte, wieder so einen schlimmen Albtraum zu haben. Also lese ich bis nach Mitternacht. Dann sind meine Augen zum Zufallen müde und ich schlafe sofort ein.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, kann ich mich an keinen Traum erinnern. Ein Glück! Kein Albtraum, alles gut.

Den ganzen Tag über frage ich mich, warum ich zurzeit so eine Auftragsflaute habe. Vielleicht sind meine Fotos nicht gut? Vielleicht sollte ich provokantere und freizügigere Fotos machen? Oder den Text meines Escort Profils umschreiben? Vielleicht bin ich mit Mitte 20 auch schon zu alt und Kunden wollen blutjunge Mädchen, die gerade mal 18 oder 19 sind. Dieser Hang von reifen Männern zu jungen Frauen ist mir schon öfter aufgefallen. Je älter der Mann, desto jünger soll seine Gespielin sein. Dann fühlen sich die Männer noch mal jung. Zweiter Frühling und so. Sicher war es dumm von mir, meinen besten Kunden so frech in die Wüste zu schicken. Aber ich sah einfach keinen anderen Ausweg mehr. Erstens schien er mich wirklich heiraten zu wollen. Und das würde ich nur aus Liebe tun. Und zweitens war das mit der Atemreduktion ein wirklich schlimmes Erlebnis. Nein, solche Kunden möchte ich nicht. Auch, wenn ich das Geld gut gebrauchen kann.

---ENDE DER LESEPROBE---