Geschichten ohne Liebe - Camilo José Cela - E-Book

Geschichten ohne Liebe E-Book

Camilo José Cela

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Beschreibung

Heiter-phantastische Liebesgeschichten von Literaturnobelpreisträger Camilo José Cela »Wenn ein Mann weiß, dass er lügt, lügt er mit großer Freude« 22 Geschichten über Frauen und Männer, zwischen leichtfüßig-ironisch und melancholisch chargierend. Mythen, Legenden und Märchen werden auf höchstem sprachlichen Niveau erzählt.

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Übersetzung aus dem Spanischen von Rainer Specht

 

ISBN 978-3-492-98395-2© für diese Ausgabe: Piper Verlag GmbH, München 2018© Heirs of Camilo José Cela, 2002Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Gavilla de fábulas sin amor« bei Edición Alfaguara, Barcelona 1965Deutschsprachige Ausgabe:© Verlag Ullstein GmbH, Frankfurt/M-Berlin Wien 1969 Covergestaltung: Zero Media GmbHCovermotiv: FinePic, München

 

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Inhalt

Cover & Impressum

Erste Mahd:

Bericht über die Liebe

DIE VIER KÖNIGE AUS DEM SÜDEN

C.J.C.

zweite fassung

dritte fassung

EVA UND ADAM

DON BOB

einziger akt

epilog

DER HUND DAVIDS

halbe personenbeschreibung

die taten

DAS VERWITWETE TÄUBCHEN

i. goldrosa novelle

2. griechische tragödie

FLORAS UHR

die morgenstunden

die nachmittagsstunden

NELKE FÜR EINEN ZIGEUNER, DER VERBLUTET

Zweite Mahd:

Die trojanische Geschichte

DIES IST MEIN HERZ

DIE WÄSCHERIN

DER GROSSE REDNER

vorderseite und kehrseite

kern der geschichte

der müde krieger

coda

DIE PYTHIA

eins

zwei

drei

vier

ZWISCHEN ZORN UND TOD

DIE LIEBENDE

i

ii

iii

iv

v

vi

vii

DER WAHNSINNIGE KRIEGER

übersicht über die tragödie der kaltsinnigkeit

hippolyt

der angriff phaedras

die verleumdung

phaedras tod

verbannung und verfluchung hippolyts

hippolyts wahnsinn

offenbarung der artemis

vergebliches verzeihen theseus’ und tod des unschuldigen hippolyt

das kindermädchen

DER STARKE ACHÄER

DIE NONNE

FÜR DIE STADT, NICHT FÜR HELENA

DIE DAME

DIE MUSE UND DER FLUSS

1960 schuf Pablo Picasso die 32 farbenfrohen, meisterlich knappen Kreidezeichnungen zu den heiter-phantastischen Liebesgeschichten seines Landsmanns Camilo José Cela.

Erste Mahd:

Bericht über die Liebe

DIE VIER KÖNIGE AUS DEM SÜDEN

Verlassen von der Lieben, sattelten die vier Könige aus dem Süden – Kagpha, Badadilma, Badadakhárida und Especioso Zalamea y Ruiz-Cipolleta, der von allen der älteste ist – lhre Esel, sobald sie den zitternden Polarstern sahen, und ritten (Seide, Schweiß und Staub Verdruß und Pein und Schmerz geil wie die Böcke) in schmerzlicher Bedrängnis los – hinter den Geschenken her, die sie dem Täubchen darbringen sollten: Gold aus Transvaal, Benzoebalsam vom Mekong, den Dioskurides mit den Jahren wohl Weihrauch aus Indien nannte, Harz aus Mekka und Alcázarplätzchen, die mit Kandiszucker zubereitet waren.

Kagpha reitet – im Damensitz, nicht rittlings – auf dem Eselfüllen Lucero, das einer zwergwüchsigen afrikanischen Rasse angehört und zur Aufsässigkeit neigt; auf seine Schinken hat der treue Eselscherer mit Scherenschnitt in gotischer Schrift einen Wappenspruch gemalt, der zu den durchsichtigsten Prophetien gehört: Ein Esel sei, wer Esel schlägt.

Kagpha – das Wort bedeutet in seiner fernen Sprache Zinker – ist jung und rötlich, weichwangig und beinahe milchbärtig. Kagpha trägt die Locken des vollen Haares, das ihm Anastasii (der Barbiergott) gab, grasgrün gefärbt (genau so, wie Badadilma seinen fließenden Bart zur Schau trägt), und er hat runde und gelbe Augen wie ein Geizhals, er ist ja auch einer, und eine Krone, die mit blauen, zerbrechlichen und zarten Aquamarinen übersät ist. Kagpha ist Witwer, denn die drei Frauen, die er trotz seines jugendlichen Alters zuzeiten hatte (Milagro, Dolores und Georgina), starben ihm an Asthma, und diese Krankheit bekamen sie als ein verräterisches Corollar, weil sie so seufzen mußten, denn sie waren unbefriedigt. Kagpha muß über diese Begebenheit lachen und pflegt sie bei seinen zahlreichen, ausschweifenden und anstößigen Saufgelagen zu erzählen, sobald er jemanden findet, der ihm zuhört.

»Meine drei Frauen waren so schön wie hinfällig. Im Augenblick gedenke ich mich nicht noch einmal zu verheiraten, denn meine Untertanen fingen schon an zu lästern. Einige knüpfte ich auf, damit sie alle gescheit werden sollten, aber weil in meinem Reich die Leute nicht gescheit werden, setzte ich den Hinrichtungen ein Ende und befahl, aus dem Galgen Brennholz zu machen, Brennholz für meine Küche.«

König Kagpha jagt gern Stare mit dem Netz und zerquetscht ihnen dann mit seinen Fingern den Schädel. Das Nationalgericht in Kagphas Reich sind Stare mit Weißkohl, und Kagpha hat seinen Ministern befohlen, bei vaterländischen Festen Stare mit Weißkohl an die Vagabunden, an die Aussätzigen und an die Lahmen auszuteilen. – »Und die anderen?«

»Nein«, pflegt Kagpha mit großer Heftigkeit zu erwidern, »die anderen sollen sich in die Hosen scheißen.«

König Kagpha spielt mit viel Eifer und Gefühl Gitarre, und wenn es ihm die Würde nicht verböte, hätte er gern öffentlich vor allen Leuten gespielt.

»Wie Manolo von Badajoz?« – »Genau; oder wie Perico del Lunar.«

Kagpha spricht nur Pehlvi, Keltisch (normales und kontinentales), Walisisch, Armorikanisch, Kornisch, Irisch und Gälisch, obgleich er flüchtig Französisch und Vulgärlatein kann und sich mit Leuten, die keine seiner Sprachen verstehen, mit Zeichen und mit großer Gewandtheit verständigt. Bevor Kagpha zum König gekrönt wurde, war er Foß beim Kerrigan der Grafschaft Kerry in Irland, der Herr über tausend und abertausend Feen war und alle seine Vasallen unterhalb der Brustwarze und oberhalb des Herzens mit einem chinesischen Brandmal zeichnete.

 

Badadilma hat einen großen Mund und kleine Augen. Badadilma steht im mittleren Alter. Badadilma ist sehr weise, und wegen seiner Weisheit ist er Päderast.

Alle Wege führen nach Rom. Badadilma beherrscht die Geheimwissenschaften (Zarathustra, Pappus und Madame Blavatsky waren seine Schüler) und die chinesische Grammatik; in diese Sprache hat er das Cyprianillum übersetzt, ein Zauberbuch, das der heilige Cyprian von Antiochien verfaßt hat, bevor er die schöne und züchtige Justina kennenlernte. Als die vier Könige aus dem Süden eines Nachts in den trüben Fluten des Euphrats badeten (indes ihre Kohorte von Konkubinen und Epheben, die wie Stuten vor dem Wolf mit dem Gesicht nach außen im Kreise standen, sie vor dem Glanz des Mondes schützte), schaute sich Badadilma lange die Brustwarze König Kagphas an.

»Wißt Ihr, was auf Eurem Brandmal steht, Herr Kollege?«, fragte er ihn in seinem sympathischsten und überzeugendsten Ton.

»Nein, Badadilma, ich habe Euch mehr als einmal gesagt, daß ich kein Chinesisch kann. Was lest Ihr denn unterhalb meiner königlichen Warze?«

Badadilma zeichnete schnell wie der Blitz ein fürchterliches, geheimnisvolles Zeichen ins Wasser, das flink wie eine Eidechse wieder zerfloß.

»Dies bedeutet Euer Mal, Herr Kollege: Lin. Wißt Ihr, daß das Lin ein Tier von gelber Farbe ist und einen Antilopenkörper, einen Kuhschwanz und Hufe wie ein unverschnittenes und wildes Pferd hat?«

»Nein«, erwiderte ihm König Kagpha und wusch sich die Seife von seiner dunkel leuchtenden Achselhöhle ab.

König Badadilma, der keine Grausamkeit kannte, tat, als hätte er nichts gehört.

»Das Lin hat nur ein Horn, Herr Kollege, und dieses – gelobt sei der Gott Chons-Pe-Iri-Skher! – endet in einem Klumpen Fleisch, auch lebt das Lin nie und niemals in Rudeln, stürzt nicht in Fallen und läßt sich ebenfalls nicht mit dem Stellnetz jagen.«

König Kagpha staunte über König Badadilmas Wissen und lauschte ihm mit angespannter Aufmerksamkeit.

»Das Lin wählt sich immer nur das schönste und mildeste Land zum Wohnen aus; es ist symmetrisch gebaut und überaus schön proportioniert; sein Schritt entspricht den Vorschriften der höchsten Eleganz, und seine Stimme erfüllt durchaus die strengen und harmonischen Regeln des Belcanto. Das Lin, mein lieber Kollege, tritt niemals auf ein lebendes Insekt oder auf das Zweiglein eines wachsenden Krautes und zeigt sich nur, wenn die wohlwollendsten Könige auf dem Throne sitzen. Dies steht auf Eurer Haut, Herr Kollege: unter allen Malen ein glückliches Mal.«

König Kagpha ließ glückstrahlend seine Späher ins Gelände schwärmen, damit sie ihm im Licht von tausend unverheirateten Johanniswürmern die Blume Mandragora suchten; ihr wollte er untertänig ein liebevolles, unaufschiebbares und leidenschaftliches Opfer bringen: Denn allein ist niemand glücklich.

Badadilma steigt auf den Esel Garibaldi, der von einer wilden sardinischen Rasse stammt; wenn der Wind weht, erstrahlt über seinem Fell ein rosa Band, auf dem in goldenen Lettern geschrieben steht: Der Esel sprach zu den Kohlköpfen: Pax vobis.

Badadilma (das heißt, in seiner schwierigen Sprache: Heinrich IV., der Impotente) ist ein König, den seine Untertanen sehr gern mögen, weil er (verlassen von der Lieben der Lieben, nicht der Lieb scheid ich, betrübter Lieber) die Polizeitruppe aufgelöst, die Wehrpflicht abgeschafft, die Einkommensteuer herabgesetzt, Musik und Dichtung gefördert und die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Personen gestattet hat, und zwar mit einer einzigen Auflage, nämlich, daß die Form gewahrt bleibt (nur eine der beiden Personen, allerdings nach freier Wahl, darf lange Hosen tragen). Badadilma bleibt bei Tisch sehr nüchtern. Badadilma verachtet den Wein. Badadilma geht im Bett (im Gegensatz zu der üblichen Meinung) nicht über Spiele hinaus.

 

König Badadakhárida hat einen paprikaroten Bart und blaue Augen, und seine Krone ist im Viereck mit Rubinen besetzt. König Badadakhárida ist sehr geil und lustig und ungestüm, und wenn er sich betrinkt, stößt er angeblich Hochrufe auf die Republik aus. König Badadakhárida ist ein notorischer Liebhaber von John Jameson, und als ein guter Ire von Geburt steckt er seine Augenbrauen und seine diskret artillerierote Nase in alles hinein. Der edle Saufkönig reitet nach Zigeunerart auf dem Hengste Faul II. von Vic und besitzt eine sonderbare Ähnlichkeit mit dem Trescaleser Stierkämpfer Gervasio Ruipérez, der seinerzeit im Auftrag von Guerrita und Mazzantini tätig war; er ist so groß und Gervasio so ähnlich, daß Fürst Malekot von Gudda-Guddi, ein Neffe des Priesters Johannes, beim Karneval in Addis-Abeba vor ungefähr acht bis zehn Jahren sein Frühstück verlor, denn er hatte es an seinen Vetter Ras Menelik von Xoa verwettet; dieser vermutete zu Recht, daß Badadakhárida, obgleich sein Äußeres den Anschein erweckte, keineswegs der Stierkämpfer, sondern der andere war.

Badadakhárida ist ein stotternder und skeptischer König, und weil die Nigromantik ihm Schwierigkeiten macht, beschäftigt er sich – freilich ohne allzu viel Begeisterung – mit der Taschenspielerkunst. Badadakhárida ist von sehr zweifelhafter Abstammung, angeblich stammt er von den Schneekönigen ab, und obgleich seine Züge sympathisch sind, entbehren sie doch der geheimnisvollen Hoheit von Königen. Trotz allem ist Badadakhárida der reichste und mächtigste unter allen Königen auf Erden, und wenn Kagpha, Badadilma und Especioso Zalamea ihn nicht lächeln sehen, schlottern ihnen vor Furcht die Backen.

Badadakhárida ist den Aufregungen des Karten- und Hazardspieles sehr geneigt, die er alien anderen vorzieht, und in seinem Troß hat er ein altes silbergraues Kamel, das Gerfalk heißt und ganz mit Würfeln und Kartenspielen beladen ist, damit sein Herr bei dem ersten Besten, der ihm in die Quere kommt, das Hemd vom Leib verspielen kann.