Gespenster - Henrik Ibsen - E-Book

Gespenster E-Book

Henrik Ibsen

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Beschreibung

Dieses eBook: "Gespenster" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Ibsen, der in "Gespenster" die Selbstzerstörung einer Familie darstellt, bezeichnete das Stück im Untertitel als "Familiendrama". Indem Ibsen der Gesellschaft gleichsam einen Spiegel vorsetzte, kritisierte er überholte Konventionen und stellt die tragischen Folgen dieses Zurückbleibens am Beispiel einer Familie und ihren Mitgliedern dar. Zur Handlung: Jakob Engstrand und seine Tochter Regine sprechen miteinander. Sie solle mit ihm in die Stadt ziehen. Nach Fertigstellung des Kinderasyls, das Frau Alving gerade in Erinnerung an ihren verstorbenen Mann errichten läßt, wolle er dort ein Asyl für Seefahrende aufbauen. Regine könne ihm dort helfen und vielleicht auch eine gute Partie machen. Sie lehnt höhnisch ab. Sie will bei den Alvings bleiben, bei denen sie Haushälterin ist, Bildung erhält, wie eine Tochter angenommen wird, und wo Osvald lebt. Regine macht Engstrand Vorwürfe: Er habe ihr oft in Trunkenheit gesagt, sie ginge ihn nichts an, sie sei eine Fi donc, er habe die Mutter zu Tode gequält... Henrik Ibsen (1828-1906) war ein norwegischer Dramatiker und Lyriker, der gegen die Moral und "Lebenslüge" seiner Zeit zu Felde zog und im "Kampf der Geschlechter" im Gegensatz zu August Strindberg den Standpunkt der Frau vertrat. Seine bürgerlichen Dramen zeigten ethischen Ernst und großes psychologisches Einfühlungsvermögen.

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Henrik Ibsen

Gespenster

Ein Familiendrama in drei Akten - Selbstzerstörung einer Familie
Übersetzer: Marie von Borch
e-artnow, 2015 Kontakt: [email protected]
ISBN 978-80-268-5025-0

Inhaltsverzeichnis

Gespenster
Biografie

Gespenster

Inhaltsverzeichnis
Personen
Erster Aufzug
Zweiter Aufzug
Dritter Aufzug

Personen:

Inhaltsverzeichnis

Frau Helene Alving, Witwe des Hauptmanns und Kammerherrn Alving. Oswald Alving, Maler, ihr Sohn. Pastor Manders. Tischler Engstrand. Regine Engstrand, im Hause bei Frau Alving.

Erster Aufzug.

Inhaltsverzeichnis

Ein geräumiges Gartenzimmer mit einer Thür auf der linken Seitenwand und zwei Thüren auf der rechten Wand. In der Mitte des Zimmers ein runder Tisch, um diesen Stühle; auf dem Tische liegen Bücher, Zeitschriften und Zeitungen. Im Vordergrunde links ein Fenster, an diesem ein kleines Sopha, vor dem ein Nähtisch steht. Den Hintergrund bildet ein offenes, schmäleres Blumenzimmer, das nach außen durch Glaswände mit großen Scheiben abgeschlossen wird. Auf der rechten Seitenwand des Blumenzimmers befindet sich eine Thür, die zum Garten hinunter führt. Durch die Glaswände unterscheidet man eine düstere Fjordlandschaft, welche durch einen gleichmäßigen Regen verschleiert wird.

Tischler Engstrand steht oben an der Gartenthür. Sein linkes Bein ist etwas krumm; unter der Stiefelsohle hat er einen Holzklotz. Regine mit einer leeren Blumenspritze in der Hand hindert ihn am Näherkommen.

Regine (mit gedämpfter Stimme). Was willst du? Rühr' dich nicht von der Stelle. Du triefst ja von Regen.

Engstrand. Das ist ja der Regen unseres Herrgotts, mein Kind.

Regine. Des Teufels Regen ist es.

Engstrand. Wie du doch sprichst, Regine. (Hinkt ein paar Schritte weiter ins Zimmer hinein.) Ja, das war es, was ich sagen wollte — —

Regine. Stoß nicht so mit dem Fuße auf, Mensch! Der junge Herr liegt oben und schläft.

Engstrand. Jetzt liegt er und schläft? Am helllichten Tage?

Regine. Das kümmert dich nicht.

Engstrand. Ich war gestern Abend auf einem Gelage —

Regine. Das glaube ich gern.

Engstrand. Ja, denn wir Menschen sind schwach, mein Kind —

Regine. Ja, das sind wir wirklich.

Engstrand. — — und der Versuchungen sind gar viele auf dieser Welt, siehst du —; und doch stand ich — Gott weiß es — heute Morgen schon um halb sechs Uhr bei meiner Arbeit.

Regine. Schon gut, schon gut, mach' jetzt nur, daß du fort kommst. Ich mag hier nicht stehen und Rendezvous mit dir haben.

Engstrand. Was magst du nicht haben?

Regine. Ich mag nicht, daß irgend jemand dich hier trifft. Also, geh' deiner Wege.

Engstrand (kommt ein paar Schritte näher). Bei Gott, ich gehe nicht, bevor ich nicht mit dir gesprochen habe. — Heute Nachmittag werde ich mit meiner Arbeit da unten im Schulhause fertig, und dann fahre ich noch diese Nacht mit dem Dampfschiff in die Stadt und nach Hause.

Regine (murmelt). Glückliche Reise!

Engstrand. Dank dir, mein Kind. — Morgen soll ja das Asyl eingeweiht werden, und da wird es wahrscheinlich berauschende Getränke in Hülle und Fülle geben, siehst du. Und niemand soll Jacob Engstrand nachsagen, daß er nicht widerstehen kann, wenn die Versuchung kommt.

Regine. O ho!

Engstrand. Ja, denn morgen kommen hier eine Menge feiner Leute zusammen. Pastor Manders wird ja auch aus der Stadt erwartet.

Regine. Er kommt schon heute.

Engstrand. Da siehst du's also. Und nun wirst du auch wohl begreifen, daß ich ihm keine Ursache geben will, mir etwas nachzureden.

Regine. So liegen die Dinge also!

Engstrand. Was liegt?

Regine (sieht ihn fest an). Wozu willst du Pastor Manders jetzt schon wieder verleiten?

Engstrand. Stille! Stille! Bist du verrückt? Wozu ich Pastor Manders verleiten will? O nein, dazu ist Pastor Manders viel zu gütig gegen mich gewesen. — Aber siehst du, ich wollte mit dir darüber sprechen, daß ich nun diese Nacht wieder nach Hause reise.

Regine. Meinetwegen. Je früher, je besser.

Engstrand. Ja, aber ich will dich mit haben, Regine.

Regine (mit offenem Munde). Mich mit haben — —? Was sagst du?

Engstrand. Ich sage, daß ich dich mit nach Hause haben will.

Regine (höhnisch). Nie und nimmer bekommst du mich nach Hause!

Engstrand. O, das werden wir doch sehen!

Regine. Ja; du kannst sicher sein, daß wir das sehen werden. Ich, die ich bei der Kammerherrin Alving aufgewachsen bin? — Ich, die ich hier beinahe wie das Kind vom Hause gehalten worden bin? Ich sollte mit dir nach Hause gehen? In ein solches Heim? Pfui!

Engstrand. Was zum Teufel ist das? Widersetzest du dich deinem Vater, Mädchen?

Regine (murmelt, ohne ihn anzublicken). Du hast oft genug gesagt, daß ich dich nichts angehe.

Engstrand. Bah; was kümmert dich das?

Regine. Hast du mich nicht gar manches liebe Mal beschimpft und gesagt, ich sei ein —? Pfui!

Engstrand. Nein, nein, solch häßliches Wort habe ich niemals gebraucht.

Regine. O, ich weiß noch, welches Wort du gebraucht hast.

Engstrand. Ja, hm! Das war aber nur, wenn ich berauscht war. Und es giebt so viele Versuchungen auf dieser Welt, Regine.

Regine. Mir graut.

Engstrand. Und dann geschah es auch immer nur, wenn deine Mutter mürrisch war. Irgend etwas mußte ich doch auch haben, um sie zu ärgern, mein Kind. Sie wollte immer so fein thun. (Nachahmend.) »Laß mich, Engstrand! Laß mich in Frieden! Ich habe drei Jahre bei Kammerherr Alvings auf Rosenvold gedient, ich!« (Lacht.) Gott bewahre! Sie konnte niemals vergessen, daß der Hauptmann Kammerherr wurde während sie hier diente.

Regine. Arme Mutter! — Sie hast du früh genug zu Tode gepeinigt.

Engstrand (sich aufrichtend). Ja, das versteht sich! Ich bin ja immer an allem Schuld.

Regine (wendet sich ab, halblaut). Ah! — Und dann das Bein!

Engstrand. Was sagst du, mein Kind?

Regine. Pied de mouton.

Engstrand. Ist das englisch?

Regine. Ja.

Engstrand. Ja, ja; Unterricht hast du hier draußen genossen, und das kann uns jetzt gut zu Statten kommen, Regine.

Regine (nach kurzem Schweigen). Und was hast du denn für Absichten mit mir in der Stadt?

Engstrand. Kannst du noch fragen, was ein Vater mit seinem einzigen Kinde will? Bin ich nicht ein einsamer und verlassener Witwer?

Regine. O, mir komm' nur nicht mit solchem Gewäsch. Weshalb willst du mich durchaus hinein haben?

Engstrand. Ja; du mußt nämlich wissen, daß ich es mit etwas Neuem versuchen will.

Regine. Das hast du schon oft genug versucht; aber es ging immer schief.

Engstrand. Nun ja; aber dies Mal sollst du staunen, Regine! — Der Teufel soll mich holen — —

Regine (stampft mit dem Fuße). Laß das Fluchen!

Engstrand. Still, still! Darin hast du Recht, mein Kind! — Ich wollte dir also erzählen, daß ich bei der Arbeit an diesem neuen Asyl etwas Geld auf die Seite gelegt habe.

Regine. Wirklich? Nun, das ist ja ein Glück für dich.

Engstrand. Wofür kann man denn auch hier auf dem Lande sein Geld ausgeben?

Regine. Nun, und weiter?

Engstrand. Ja, siehst du, da habe ich mir nun so gedacht, das Geld in etwas Lohnendem anzulegen. So eine Art Wirthshaus für Seeleute — —

Regine. Ach, pfui!

Engstrand. Ein feines Wirthshaus, verstehst du; nicht solch eine Spelunke für Matrosen. Nein, Tod und Teufel, — das soll für Schiffskapitäne und Steuermänner und — — und andere feine Leute sein; begreifst du?

Regine. Und was sollte ich dabei — — — —?

Engstrand. Du solltest dabei helfen, ja. Nur so zum Schein, wie du wohl denken kannst. Du solltest es beim Teufel nicht schwer haben, mein Kind. Du solltest nur thun, was dir gefällt.

Regine. Ja wohl, ja!

Engstrand. Aber Frauenzimmer müssen wir im Hause haben, das ist doch klar wie der Tag. Denn des Abends soll es lustig hergehen mit Gesang und Tanz und dergleichen. Du mußt verstehen, es sind ja reisende Seeleute auf dem Weltenmeer. (Tritt näher.) Sei nun nicht dumm, Regine, und steh' deinem Glück nicht selbst im Wege. Was kann denn hier draußen aus dir werden? Kann es dir irgend etwas nützen, daß Frau Alving dich so viel hat lernen lassen? Ich höre, daß du auf die Kinder im neuen Asyl passen sollst. Ist das vielleicht etwas für dich? Hast du denn so große Lust, dich um der schmutzigen Rangen willen müde und krank zu arbeiten?

Regine. Nein; wenn es ginge, wie ich möchte, so — — —. Nun, das kann noch kommen! Das kann noch kommen!

Engstrand. Was kann kommen?

Regine. Das kümmert dich nicht. — Hast du dir hier draußen viel Geld erspart?

Engstrand. Alles in allem können es so gegen 7 bis 800 Kronen sein.

Regine. Das ist nicht übel.

Engstrand. Es ist genug, um etwas damit anzufangen, mein Kind.

Regine. Und denkst du gar nicht daran, mir etwas von dem Gelde zu geben?

Engstrand. Nein, Gott weiß, daß ich nicht daran denke, nein.

Regine. Nicht einmal so viel wie ein armseliges Kleid wirst du mir schicken?

Engstrand. Komm nur mit mir in die Stadt, und du kannst so viele Kleider haben wie du willst.

Regine. Bah! Wenn ich dazu Lust hätte, so könnte ich es auch auf eigene Hand thun.

Engstrand. Nein, an der führenden Hand eines Vaters geht das besser, Regine. Ich kann jetzt in der Kleinen Hafengasse ein hübsches Haus bekommen. Dazu gehört nicht viel baares Geld; und das könnte so eine Art von Seemannsheim werden; siehst du?

Regine. Aber ich will nicht zu dir gehen! Ich habe nichts mit dir zu schaffen. Geh' doch!

Engstrand. Zum Teufel! Du würdest auch nicht lange bei mir bleiben, mein Kind. So gut würde es nicht kommen! Wenn du nur verständest dich zu benehmen. So hübsch wie du in dem letzten Jahr geworden bist — —

Regine. Nun? — — —

Engstrand. Da käme dann bald ein Steuermann — — ja, vielleicht gar ein Kapitän — —

Regine. So einen heirathe ich nicht. Die Seeleute haben kein Savoir vivre.

Engstrand. Was haben sie nicht?

Regine. Ich sage, daß ich die Seeleute kenne. Das sind keine Menschen zum heirathen.

Engstrand. So laß das Heirathen. Es kann sich auch anderweitig lohnen. (Vertraulicher.) Er — — der Engländer — mit der Vergnügungsyacht — er gab 300 Speziesthaler; und sie war nicht hübscher als du.

Regine (ihm entgegen). Hinaus mit dir!

Engstrand (weicht zurück). Nun, nun; du willst doch nicht schlagen?

Regine. Ja! Wenn du über die Mutter sprichst, so schlage ich zu! Hinaus mit dir, sage ich! (Treibt ihn hinauf zur Gartenthür.) Und wirf die Thür nicht ins Schloß; der junge Herr Alving — — —

Engstrand. Schläft, ja, das weiß ich. Es ist doch sonderbar, wie du dich um den jungen Herrn Alving kümmerst! — — (Leise.) Hoho; es ist doch am Ende nicht gar er, der — — — —?

Regine. Hinaus! und das schnell! Du mußt verrückt sein, Mensch! Nein, nicht den Weg. Da kommt Pastor Manders. Ueber die Küchentreppe mit dir.

Engstrand (nach rechts). Ja, ja, ich gehe schon. Aber sprich du mit dem, der da kommt. Er ist der Mann um dir zu sagen, was ein Kind seinem Vater schuldig ist. Denn ich bin nun doch einmal dein Vater, siehst du. Das kann ich aus dem Kirchenbuch beweisen. (Er geht durch die zweite Thür ab, die Regine geöffnet hat und wieder hinter ihm schließt.)

Regine (sieht hastig in den Spiegel, fächelt sich mit dem Taschentuch und zupft an der Cravatte, dann beschäftigt sie sich wieder mit den Blumen).

Pastor Manders (im Ueberrock mit Regenschirm, eine kleine Reisetasche an einem Riemen über die Schulter gehängt, tritt durch die Gartenthür ins Blumenzimmer). Guten Tag, Jungfer Engstrand.

Regine (wendet sich freudig überrascht um). Nein, seht doch! Guten Tag, Herr Pastor! Ist das Dampfschiff denn schon angekommen?

Pastor Manders. Es ist gerade angekommen. (Geht ins Gartenzimmer.) Dies unaufhörliche Regenwetter ist doch recht ärgerlich.

Regine (geht ihm nach). Es ist aber ein gesegnetes Wetter für den Landmann, Herr Pastor.

Pastor Manders. Ja, darin haben Sie gewiß Recht. Wir Leute aus der Stadt denken so wenig daran. (Fängt an den Ueberrock abzulegen.)

Regine. Kann ich nicht helfen? — — So! — Nein, wie naß er ist! Ich will ihn nur im Vorzimmer aufhängen. Und dann der Regenschirm —; den werde ich zum trocknen aufspannen. (Geht mit den Sachen durch die zweite Thür rechts ab. Pastor Manders nimmt die Reisetasche ab und legt diese sammt seinem Hute auf einen Stuhl. Inzwischen kommt Regine wieder herein.)

Pastor Manders. Ah, es thut wohl, unter Dach und Fach zu kommen. Nun? Hier auf dem Hofe steht doch alles gut?

Regine. Ja, ich danke.

Pastor Manders. Aber viel zu thun für den morgenden Tag; wie?

Regine. O ja, wir haben viel Arbeit.

Pastor Manders. Und Frau Alving ist hoffentlich zu Hause?

Regine. Gewiß, gewiß; sie ist augenblicklich oben und bringt dem jungen Herrn die Chocolade.

Pastor Manders. Ja, sagen Sie mir — ich hörte unten an der Landungsbrücke, daß Oswald nach Hause gekommen sei.

Regine. Ja, er kam schon vorgestern. Wir erwarteten ihn erst heute.

Pastor Manders. Und hoffentlich frisch und gesund?

Regine. Gewiß; ich danke für die Nachfrage. Er ist nur sehr ermüdet von der Reise, denn er ist ohne Aufenthalt von Paris hierher gefahren —; ich glaube beinahe, er hat den Zug auf der ganzen Fahrt nicht einmal gewechselt. Jetzt schläft er wohl ein wenig, deshalb müssen wir leise sprechen.

Pastor Manders. Also leise, leise.

Regine (indem sie einen Lehnstuhl an den Tisch schiebt). Herr Pastor, wollen Sie sich nicht setzen und sich's bequem machen? (Er setzt sich, sie schiebt einen Schemel unter seine Füße.) So! Ist es so recht, Herr Pastor?

Pastor Manders. Danke! Danke; ich sitze hier vortrefflich. (Betrachtet sie.) Wissen Sie, Jungfer Engstrand, ich glaube fast, Sie sind gewachsen, seitdem ich Sie zuletzt gesehen habe.

Regine. Glauben Sie, Herr Pastor? Die gnädige Frau sagt, daß ich auch stärker geworden bin.

Pastor Manders. Stärker geworden? Nun ja, vielleicht ein wenig; — grade hinlänglich. (Kurze Pause.)

Regine. Soll ich Frau Alving vielleicht rufen?

Pastor Manders. Danke, danke, es eilt nicht, mein liebes Kind. — Nun, und sagen Sie mir jetzt, meine gute Regine, wie es Ihrem Vater hier draußen geht.

Regine. Besten Dank, Herr Pastor, es geht ihm ziemlich gut.

Pastor Manders. Als er das letzte Mal in der Stadt war, hat er mich besucht.

Regine. Wirklich? Er ist immer so froh, wenn er mit dem Herrn Pastor reden darf.

Pastor Manders. Und Sie gehen jetzt wohl fleißig zu ihm hinüber?

Regine. Ich? — Ja, gewiß, wenn ich Zeit dazu habe —

Pastor Manders. Ihr Vater ist kein starker Mensch, Jungfer Engstrand. Er braucht eine leitende Hand so nothwendig.

Regine. O ja, das muß ich zugeben!

Pastor Manders. Er braucht jemanden um sich, den er lieb hat, auf dessen Urtheil er Gewicht legen kann. Er selbst gestand das so treuherzig zu, als er das letzte Mal bei mir war.

Regine. Ja, mir hat er dergleichen auch vorgeredet. Aber ich weiß nicht, ob Frau Alving mich entbehren kann, besonders jetzt, wo wir all die Arbeit mit dem neuen Asyl haben werden. Und dann wird es mir auch so schwer, Frau Alving zu verlassen, denn sie war immer so gütig gegen mich.

Pastor Manders. Aber die Kindespflicht, mein gutes Mädchen —. Natürlich müßten wir zuerst die Einwilligung Ihrer Gebieterin haben.

Regine. Ich weiß nicht, ob es sich für mich paßt, — in meinem Alter — den Haushalt eines einzelnen Mannes zu führen.

Pastor Manders. Aber liebe Jungfer Engstrand, es ist ja Ihr eigener Vater, von dem hier die Rede ist!

Regine. Ja, das mag sein, — aber trotzdem! — Ja, wenn ich in ein gutes Haus und zu einem wirklich anständigen Herrn kommen könnte — — —

Pastor Manders. Aber, meine liebe Regine — —

Regine. — — zu einem, für den ich Hingebung hegen und wie zu einem Vater aufblicken könnte — —

Pastor Manders. Ja — aber mein liebes, gutes Kind — —

Regine. Denn ich möchte wohl gern hinein in die Stadt. Hier draußen ist es ja so schrecklich einsam, — und Herr Pastor, Sie wissen doch selbst, was es heißt, einsam in der Welt dazustehen. Ich darf wohl sagen, daß ich flink und fleißig bin und den besten Willen habe. Wissen Sie nicht eine solche Stelle für mich, Herr Pastor?

Pastor Manders. Ich?? Nein wahrhaftig nicht.

Regine. Aber lieber, lieber Herr Pastor, — denken Sie auf alle Fälle an mich, wenn, wenn — — —

Pastor Manders (erhebt sich). Gewiß, das werde ich thun, Jungfer Engstrand.

Regine. Ja, denn wenn ich — — —

Pastor Manders. Wollen Sie jetzt nicht Frau Alving holen?

Regine. Sie wird gleich kommen, Herr Pastor. (Nach links ab.)

Pastor Manders (geht ein paar Mal im Zimmer auf und ab; steht dann einige Augenblicke mit den Händen auf dem Rücken im Hintergrunde und sieht in den Garten hinaus. Darauf kommt er wieder an den Tisch, nimmt ein Buch und sieht das Titelblatt an, stutzt, sieht dann noch mehre an). Hm, — ja, ja!

(Frau Alving tritt durch die Thür links ein. Ihr folgt Regine, welche sofort wieder durch die vordere Thür rechts abgeht.)

Frau Alving (streckt ihm die Hand entgegen). Willkommen, Herr Pastor.

Pastor Manders. Guten Tag, Frau Alving. Hier bin ich, wie ich es versprochen habe.

Frau Alving. Stets mit dem Glockenschlag!

Pastor Manders. Aber Sie können mir glauben, daß es mir schwer geworden ist, fort zu kommen. All diese gesegneten Commissionen und Aemter, in denen ich sitze — —

Frau Alving. Desto liebenswürdiger ist es von Ihnen, daß Sie so früh gekommen sind. Jetzt können wir unsere Geschäfte noch vor dem Mittagessen erledigen. Aber wo ist Ihr Koffer?

Pastor Manders (schnell). Mein Gepäck ist unten beim Landkrämer. Ich werde bei ihm übernachten.

Frau Alving (unterdrückt ein Lächeln). Sind Sie wirklich auch dieses Mal nicht zu bewegen, in meinem Hause zu übernachten?

Pastor Manders. Nein, nein, Frau Alving; ich danke Ihnen bestens; ich bleibe wie gewöhnlich da unten. Es ist so bequem für mich, wenn ich wieder an Bord gehe.

Frau Alving. Nun, Sie sollen Ihren Willen haben. Aber mich sollte doch dünken, daß wir beiden alten Leute — —

Pastor Manders. Gott bewahre mich, wie Sie nur scherzen! Ja, Sie sind heute natürlich so unendlich froh. Einerseits der morgende Festtag — und dann ist ja auch Oswald heimgekehrt.

Frau Alving. Ja, denken Sie nur, wie glücklich ich bin! Vor zwei Jahren war er zum letzten Mal zu Hause. Und jetzt hat er versprochen, den ganzen Winter bei mir zu bleiben.

Pastor Manders. In der That? Das ist schön und kindlich von ihm. Denn das Leben in Rom und Paris muß doch eigentlich mehr Anziehungskraft für ihn haben, als dies ruhige Dasein hier zu Hause.

Frau Alving. Ja, aber sehen Sie, hier zu Hause hat er seine Mutter! O mein lieber, gesegneter Junge, — er hat noch ein Herz für seine Mutter!

Pastor Manders. Nun, es wäre aber auch zu traurig, wenn die Trennung und die Beschäftigung mit der Kunst im Stande wären, die natürlichsten Gefühle zu ertödten.

Frau Alving. Ja, da haben Sie Recht. Aber Gott sei Dank, mit ihm hat es keine Noth. Jetzt bin ich aber begierig, ob Sie ihn wieder erkennen werden. Er muß gleich kommen; er liegt nur noch ein wenig auf dem Sopha, um auszuruhen. — Aber setzen Sie sich, mein lieber Herr Pastor.

Pastor Manders. Danke. Es kommt Ihnen also gelegen — —?

Frau Alving. Ja, gewiß! (Setzt sich an den Tisch.)

Pastor Manders. Gut; jetzt sollen Sie also sehen — (Geht an den Stuhl, auf welchem die Reisetasche liegt, nimmt ein Paquet Papiere aus derselben, setzt sich an das entgegengesetzte Ende des Tisches und sucht einen leeren Platz für seine Papiere.) Hier haben wir also erstens — — (Unterbricht sich.) Sagen Sie mir, Frau Alving, wie kommen diese Bücher hier her?

Frau Alving. Diese Bücher? Das sind Bücher, welche ich lese.

Pastor Manders. Lesen Sie solche Schriften?

Frau Alving. Ja, gewiß thue ich das.

Pastor Manders. Und fühlen Sie, daß Sie durch diese Lectüre besser oder glücklicher werden?

Frau Alving. Mir ist, als würde ich ruhiger.

Pastor Manders. Das ist merkwürdig. Wie das?

Frau Alving. Ja, denn ich erhalte dort gleichsam Erklärung und Bekräftigung dessen, was ich oft selbst gedacht habe. Denn das ist das seltsame, Pastor Manders, — es steht eigentlich durchaus nichts neues in diesen Büchern; es steht nichts anderes darin als das, was die meisten Menschen selbst gedacht und geglaubt haben. Es ist nur, daß die meisten Menschen sich nicht klar darüber werden oder nichts davon wissen wollen.

Pastor Manders. O du mein Gott! Glauben Sie in allem Ernst, daß die meisten Menschen — —?

Frau Alving. Ja, gewiß glaube ich das.

Pastor Manders. Aber doch nicht hier bei uns zu Lande? Nicht hier bei uns?

Frau Alving. O gewiß, auch hier bei uns!

Pastor Manders. Nun, da muß ich aber sagen —!

Frau Alving. Aber was haben Sie denn eigentlich gegen diese Bücher einzuwenden?

Pastor Manders. Einzuwenden? Sie glauben doch wohl nicht, daß ich mich damit beschäftige, solche Erzeugnisse durch zu studiren.

Frau Alving. Das heißt also, Sie kennen nicht einmal, was Sie verdammen?

Pastor Manders. Ich habe hinlänglich über diese Schriften gelesen, um sie zu mißbilligen.

Frau Alving. Ja, aber Ihre eigene Meinung — —

Pastor Manders. Beste Frau, es giebt gar manche Fälle im Leben, wo man sich auf Andere verlassen muß. Es ist nun einmal so auf dieser Welt; und es ist gut, daß es so ist. Wie sollte es sonst mit der menschlichen Gesellschaft werden?

Frau Alving. Ja, ja, darin mögen Sie Recht haben.

Pastor Manders. Uebrigens läugne ich gar nicht, daß dergleichen Schriften manches Anziehende enthalten können. Und ich verdenke es Ihnen auch gar nicht, wenn Sie sich mit den geistigen Strömungen bekannt zu machen wünschen, welche draußen in der großen Welt vor sich gehen, wie ich höre, — und wo Sie Ihren Sohn so lange umher ziehen ließen. Aber — —

Frau Alving. Aber —?

Pastor Manders (spricht leiser). Aber man spricht nicht darüber, Frau Alving. Man braucht doch wahrhaftig nicht Allen und Jedem Rechenschaft über das abzulegen, was man innerhalb seiner vier Wände liest oder denkt.

Frau Alving. Nein, gewiß nicht; dieser Ansicht bin ich auch.

Pastor Manders. Bedenken Sie doch nur, welche Rücksichten Sie diesem Asyl schulden, das Sie zu errichten beschlossen zu einer Zeit, als Ihre Ansichten über geistige Dinge so grundverschieden waren von Ihren jetzigen; — so weit ich es zu beurtheilen vermag.

Frau Alving. Ja, ja, das räume ich vollkommen ein. Aber wir wollten ja vom Asyl — — —

Pastor Manders. Wir wollten vom Asyl reden, ja. Also — Vorsicht, beste Frau! Und nun gehen wir zu den Geschäften über. (Oeffnet den Umschlag und nimmt eine Anzahl Papiere heraus.) Sehen Sie diese hier?

Frau Alving. Sind das die Documente?

Pastor Manders. Ja, und in vollkommenster Ordnung. Sie können glauben, es hat schwer gehalten, sie zu rechter Zeit zu bekommen. Ich habe förmlich eine Pression üben müssen. Die Behörden sind beinahe peinlich gewissenhaft, wo es sich um Entscheidungen handelt. (Sucht in dem Papierbündel.) Sehen Sie, hier ist die gerichtlich bestätigte Uebergabsurkunde des Gehöftes Solvik, Vorwerk des Ritterguts Rosenvold, mit den darauf befindlichen Neubauten an Häusern, Schullokalen, Lehrerwohnung und Kapelle. Und hier ist die Anerkennung der Legate und Stiftungsurkunde. Wollen Sie gefälligst sehen — (Liest.) Die Statuten des Kinderasyls »Zu Hauptmann Alvings ewigem Gedächtnis« —

Frau Alving (blickt lange auf das Papier). — Also das ist es.

Pastor Manders. Ich habe die Bezeichnung Hauptmann und nicht Kammerherr gewählt. Hauptmann klingt prunkloser.

Frau Alving. Ja, ja; ganz wie Sie meinen.

Pastor Manders. Und hier ist das Sparkassebuch über das rententragende Kapital, welches ausgesetzt ist, um die Betriebskosten des Asyls zu decken.

Frau Alving. Besten Dank; aber haben Sie die Güte, es der Bequemlichkeit wegen zu behalten.

Pastor Manders. Sehr gern. Ich halte es für das Beste, wenn wir das Geld vorläufig in der Sparkasse liegen lassen. Der Zinsfuß ist zwar nicht sehr verlockend, vier Procent bei sechsmonatlicher Kündigung. Wenn man dann später zu einer guten Pfandobligation kommen könnte, — es müßte natürlich erste Priorität und ein Papier von unzweifelhafter Sicherheit sein, — so könnten wir weiter darüber reden.

Frau Alving. Ja, ja, lieber Pastor Manders, alles das verstehn Sie am besten.

Pastor Manders. Auf alle Fälle werde ich die Augen offen halten. — Und nun noch etwas, über das ich schon mehre Mal mit Ihnen sprechen wollte.

Frau Alving. Und das wäre?

Pastor Manders. Soll das Asylgebäude versichert werden oder nicht?

Frau Alving. Gewiß muß es versichert werden.

Pastor Manders. Sachte, sachte, beste Frau. Betrachten wir die Sache ein wenig näher.

Frau Alving. Ich habe stets alles versichert, sowohl die Gebäude und den Hausrath wie auch die Scheunenvorräthe und die Ackergeräthschaften.

Pastor Manders. Selbstverständlich. Auf Ihrer eigenen Besitzung. Das thue auch ich natürlicherweise. Aber sehen Sie, hier ist es eine ganz andere Sache. Das Asyl soll doch gleichsam einer höheren Lebensaufgabe geweiht sein.

Frau Alving. Ja, aber deshalb — —

Pastor Manders. Für meine eigene Person würde ich natürlich nicht das Geringste darin finden, wenn wir uns gegen alle Möglichkeiten sichern —

Frau Alving. Nun, das sollte ich auch denken.

Pastor Manders. — aber wie verhält es sich mit der Stimmung des Volkes hier in der Gegend? Diese müssen Sie ja besser kennen als ich.

Frau Alving. Hm — die Stimmung —

Pastor Manders. Giebt es hier eine beträchtliche Anzahl von Meinungsberechtigten — von wirklich Meinungsberechtigten, die Anstoß daran nehmen könnten?

Frau Alving. Ja, was verstehen Sie denn eigentlich unter wirklich Meinungsberechtigten?

Pastor Manders. Nun, ich denke in erster Reihe an Männer, die so weit in unabhängiger und einflußreicher Stellung sind, daß man nicht gut unterlassen kann, ihrer Meinung ein gewisses Gewicht beizulegen.

Frau Alving. Deren giebt es hier Mehrere, die sich vielleicht daran stoßen könnten, wenn — —

Pastor Manders. Nun, sehen Sie nur! In der Stadt haben wir eine ganze Menge von dieser Sorte. Denken Sie nur an all die Anhänger meines Amtsbruders! Man könnte wirklich leicht dahin kommen es so aufzufassen, als wenn weder Sie, verehrte Frau, noch ich das rechte Vertrauen auf eine Vorsehung hätten.

Frau Alving. Aber was Sie anbetrifft, lieber Herr Pastor, so wissen Sie doch für alle Fälle selbst, daß — —

Pastor Manders. Ja, ich weiß, ich weiß; — ich habe meine gute Ueberzeugung, das ist wahr. Aber trotzdem würden wir eine falsche und unvortheilhafte Auslegung nicht hindern können. Und diese könnte wieder sehr leicht einen hemmenden Einfluß auf die Thätigkeit des Asyls üben.

Frau Alving. Nun, wenn das der Fall wäre, so — —

Pastor Manders. Und ich kann mich auch nicht gänzlich der unangenehmen, — ja, ich kann sogar sagen peinlichen Stellung verschließen, in welche ich möglicherweise kommen könnte. In den leitenden Kreisen der Stadt beschäftigt man sich viel mit dieser Asyl-Angelegenheit. Das Asyl ist ja auch theilweise zum Nutzen der Stadt errichtet, und hoffentlich wird es in nicht unbeträchtlichem Maße dazu dienen, unsere kommunalen Armen-Lasten zu erleichtern. Da ich nun aber Ihr Rathgeber gewesen bin und den geschäftlichen Theil der Sache geführt habe, so muß ich befürchten, daß die Eifersüchtigen und Neider sich zuerst gegen mich wenden würden.

Frau Alving. Ja, dem sollen Sie sich nicht aussetzen.

Pastor Manders. Gar nicht zu reden von den Angriffen, welche gewisse Blätter und Zeitschriften unzweifelhaft gegen mich richten würden —

Frau Alving. Genug, lieber Pastor Manders; diese Rücksichten sind entscheidend.

Pastor Manders. Sie wollen also nicht, daß wir versichern?

Frau Alving. Nein, lassen wir es.

Pastor Manders (lehnt sich im Stuhl zurück). Aber wenn nun doch einmal das Unglück hereinbräche? Man kann ja niemals wissen — —. Würden Sie dann den Schaden wieder gut machen können?

Frau Alving. Nein. Das sage ich Ihnen grade heraus. Das könnte ich nicht.

Pastor Manders. Ja, aber wissen Sie, Frau Alving, — dann ist es eigentlich eine bedenkliche Verantwortung, die wir auf uns laden.

Frau Alving. Aber meinen Sie denn, daß wir anders können?

Pastor Manders. Nein, das ist grade die Sache; wir können eigentlich nicht anders. Wir dürfen uns doch nicht einer schiefen Beurtheilung aussetzen; und wir dürfen auch durchaus in der Gemeinde kein Aergernis geben.

Frau Alving. Sie, als Priester, gewiß nicht.

Pastor Manders. Und mich dünkt doch auch wirklich, wir dürfen darauf bauen, daß das Glück einer solchen Anstalt hold ist, — ja, daß sie unter einem besondern Schutz und Schirm steht.

Frau Alving. Hoffen wir es, Pastor Manders.

Pastor Manders. Wollen wir die Sache also auf sich beruhen lassen?

Frau Alving. Ja, gewiß.

Pastor Manders. Gut. Wie Sie wollen. (Notirt.) Also — nicht versichern.

Frau Alving. Es ist übrigens seltsam, daß Sie grade heute über diese Angelegenheit sprachen — —

Pastor Manders. Ich beabsichtigte schon oft, Sie darüber zu befragen —

Frau Alving. — denn gestern hätten wir drüben beinahe eine Feuersbrunst gehabt.

Pastor Manders. Ist das möglich!

Frau Alving. Es hatte übrigens nichts auf sich. Einige Hobelspäne in der Tischlerwerkstätte waren in Brand gerathen.

Pastor Manders. Dort, wo Engstrand arbeitet?

Frau Alving. Ja. Die Leute sagen, daß er oft so unvorsichtig mit den Zündhölzern umgeht.

Pastor Manders. Der Mann hat so viele Dinge in seinem Kopf, — — so viele Anfechtungen. Gott sei Dank, wie ich höre, befleißigt er sich jetzt indessen, ein tadelloses Leben zu führen.

Frau Alving. So? Wer sagt das?

Pastor Manders. Er selbst hat mich das versichert. Und ein geschickter Arbeiter ist er ja auch.

Frau Alving. O ja, so lange er nüchtern ist —

Pastor Manders. Ja, diese unglückselige Schwäche! Aber er sagt, daß er zuweilen seines kranken Beines wegen trinken muß. Als er das letzte Mal bei mir in der Stadt war, hat er mich wirklich tief gerührt. Er kam zu mir, um mir für die Arbeit zu danken, die ich ihm hier verschafft hatte, weil es ihm nun doch möglich gemacht war, mit Regine zusammen zu sein.

Frau Alving. Er sieht sie aber doch nur sehr selten.

Pastor Manders. Nein, er sieht sie täglich; er hat es mir ja selbst gesagt.

Frau Alving. Nun, nun, es kann ja sein!

Pastor Manders. Er fühlt sehr wohl, daß er jemanden braucht, der ihn zurückhält, wenn die Versuchung an ihn herantritt. Das ist das Liebenswürdige an Jacob Engstrand, daß er selbst so hilflos daher kommt und sich anklagt und seine Schwäche bekennt. Als er das letzte Mal bei mir war und mir erzählte — — — Hören Sie, Frau Alving, wenn es für ihn eine Herzensbefriedigung wäre, Regine wieder bei sich zu Hause zu haben —

Frau Alving (erhebt sich hastig). Regine?!

Pastor Manders. — so müßten Sie sich dem nicht widersetzen.

Frau Alving. O, dem widersetze ich mich ganz entschieden. Und überdies, — Regine bekommt eine Beschäftigung im Asyl.

Pastor Manders. Aber bedenken Sie, er ist doch ihr Vater —

Frau Alving. Ja, ich weiß am besten, was für ein Vater er ihr gewesen ist. Nein, mit meiner Zustimmung wird sie niemals zu ihm zurückkehren.

Pastor Manders (erhebt sich). Aber beste Frau, ereifern Sie sich nicht so. Es ist traurig, wie sehr Sie den Tischler Engstrand verkennen. Sie waren ja förmlich erschrocken —

Frau Alving (ruhiger). Es ist einerlei. Ich habe Regine zu mir genommen, und bei mir bleibt sie. (Horcht.) Still, lieber Pastor, sprechen wir nicht mehr über diesen Gegenstand! (Ein Freudenstrahl erhellt ihr Gesicht.) Hören Sie! Oswald ist schon auf der Treppe. Jetzt wollen wir nur an ihn denken.

(Oswald Alving, in leichtem Rock, den Hut in der Hand, aus einer großen Meerschaumpfeife rauchend, tritt durch die Thür links ein.)

Oswald (bleibt an der Thür stehen). Ich bitte um Verzeihung — ich glaubte die Herrschaften seien im Schreibzimmer. (Tritt näher.) Guten Tag, Herr Pastor.

Pastor Manders (ihn anstarrend). Ah! — Das ist aber sonderbar —

Frau Alving. Ja, was sagen Sie zu dem da, Pastor Manders!

Pastor Manders. Ich sage, — ich sage —. Nein, aber ist denn das wirklich —?

Oswald. Ja, Herr Pastor, es ist wirklich der verlorene Sohn.

Pastor Manders. Aber mein lieber, junger Freund —

Oswald. Nun also, der heimgekehrte Sohn.

Frau Alving. Oswald denkt an die Zeit, als Sie so sehr dagegen waren, daß er Maler wurde.

Pastor Manders. Menschlichen Augen mag ja mancher Schritt bedenklich scheinen, der später trotzdem — (Schüttelt Oswalds Hand.) Nun, willkommen! willkommen! Nein, mein lieber Oswald — Ich darf Sie doch noch bei Ihrem Vornamen nennen?

Oswald. Aber wie wollten Sie mich denn sonst nennen?

Pastor Manders. Gut. Es war also das, was ich Ihnen sagen wollte, — Sie dürfen nicht glauben, daß ich den Künstlerstand unbedingt verdamme. Nein, ich nehme an, daß es auch in diesem Stand Viele giebt, die ihren innern Menschen unverderbt bewahren.

Oswald. Das wollen wir hoffen.

Frau Alving (strahlend glücklich). Ich kenne Einen, der sowohl seinen innern wie seinen äußern Menschen unverderbt bewahrt hat, sehen Sie ihn nur an, Pastor Manders.

Oswald (geht auf und ab). Ja, ja, liebste Mutter. Aber lassen wir das.

Pastor Manders. Nun, wahrhaftig, — — das läßt sich nicht läugnen. Und jetzt haben Sie auch schon angefangen, sich einen Namen zu machen. Die Zeitungen haben oft unendlich günstig von Ihnen gesprochen. Ja, übrigens, in letzter Zeit war nicht mehr viel von Ihnen die Rede, wie mich dünkt.

Oswald (der hinten bei den Blumen steht). Ich habe nicht mehr so viel malen dürfen.

Frau Alving. Ein Maler muß sich doch auch zuweilen ausruhen.

Pastor Manders. Das kann ich mir denken. Dann bereitet man sich vor und sammelt neue Kräfte zu einem großen Werke.

Oswald. Ja. — Mutter, speisen wir bald?

Frau Alving. In einer kleinen halben Stunde. Appetit hat er doch, Gott sei Dank.

Pastor Manders. Und Rauchlust auch.

Oswald. Ich fand Vaters Pfeife da oben auf dem Zimmer und da —

Pastor Manders. Aha! Da haben wir es also?

Frau Alving. Was?

Pastor Manders. Als Oswald ins Zimmer trat mit der Pfeife im Munde, war mir's, als stände sein Vater lebendig vor mir.

Oswald. Nein, wirklich?

Frau Alving. O, wie können Sie das nur sagen! Oswald geräth doch ganz mir nach.

Pastor Manders. Ja, aber jener Zug um die Mundwinkel, um die Lippen, erinnert so deutlich an Alving — — besonders jetzt, wo er raucht.

Frau Alving. Durchaus gar nicht. Mich dünkt, Oswald hat eher einen priesterlichen Zug um den Mund.

Pastor Manders. O ja, o ja; mehre meiner Amtsbrüder haben einen ähnlichen Zug.

Frau Alving. Aber stell' die Pfeife jetzt fort, mein lieber Junge; ich mag hier keinen Tabakrauch haben.

Oswald (thut es). Gern. Ich wollte sie nur probiren, denn einmal als Kind habe ich daraus geraucht.

Frau Alving. Du?

Oswald. Ja. Ich war damals noch ganz klein. Aber ich erinnere, wie ich eines Abends zu Vater ins Zimmer kam, und er so lustig und vergnügt war.

Frau Alving. Bah, du erinnerst dich an gar nichts aus jenen Jahren.

Oswald. Doch; ich erinnere mich ganz deutlich, wie er mich auf sein Knie setzte und mich aus der Pfeife rauchen ließ. »Rauche, Junge,« sagte er, »rauch tüchtig!« Und ich rauchte aus aller Kraft, bis ich fühlte, wie ich bleich wurde und der Schweiß mir in großen Tropfen auf der Stirn stand. Da lachte er so herzlich —

Pastor Manders. Das war aber doch seltsam.

Frau Alving. Mein Bester, das hat Oswald nur geträumt.

Oswald. Nein Mutter, das hat mir durchaus nicht geträumt. Denn — erinnerst du das nicht noch — da kamst du und trugst mich hinüber in die Kinderstube. Dort wurde mir übel und ich sah, daß du weintest. — — Hat Vater oft solche Possen getrieben?

Pastor Manders. In seiner Jugend war er ein unendlich lebenslustiger Mensch —

Oswald. Und hat doch so viel auf dieser Welt zu Stande gebracht. So vieles, das gut und nützlich; — und er ist doch nicht alt geworden!

Pastor Manders. Ja, mein lieber Oswald Alving, Sie haben in der That den Namen eines thätigen und würdigen Mannes geerbt. Nun, das wird Ihnen hoffentlich ein Sporn sein — —

Oswald. Es sollte so sein, ja.

Pastor Manders. Auf jeden Fall war es schön von Ihnen, daß Sie zu seinem Ehrentage nach Hause kamen.

Oswald. Weniger konnte ich für meinen Vater doch nicht thun.

Frau Alving. Und daß ich ihn jetzt so lange hier behalten kann, — das ist doch das Schönste von ihm.

Pastor Manders. Ja, wie ich höre, werden Sie den ganzen Winter hindurch daheim bleiben.

Oswald. Ich bleibe für unbestimmte Zeit hier, Herr Pastor! — Ach! es ist doch gut, wieder zu Hause zu sein!

Frau Alving (strahlend). Ja, nicht wahr, du?

Pastor Manders (sieht ihn theilnehmend an). Sie sind früh in die Welt hinaus gekommen, mein lieber Oswald.

Oswald. Das ist wahr. Zuweilen denke ich, daß es zu früh war.

Frau Alving. O, durchaus nicht. Das thut einem gesunden Burschen nur gut. Und besonders Einem, der einziges Kind ist. Ein solcher soll nicht zu Hause bei Vater und Mutter sitzen und verhätschelt werden.

Pastor Manders. Das ist eine durchaus bestreitbare Frage, Frau Alving. Das Vaterhaus ist und bleibt doch die rechte Zufluchtsstätte, der beste Aufenthalt für ein Kind.

Oswald. Darin muß ich dem Pastor ganz Recht geben.

Pastor Manders. Sehen Sie nur Ihren eigenen Sohn an. Ja, wir können ja sehr wohl in seiner Gegenwart darüber sprechen. Welches sind die Folgen davon für ihn gewesen? Er ist sechs- bis siebenundzwanzig Jahre alt geworden und hat noch niemals Gelegenheit gehabt, ein ordentliches Heim kennen zu lernen.

Oswald. Um Verzeihung, Herr Pastor, — aber da irren Sie doch.

Pastor Manders. So? — Ich glaubte, Sie hätten ausschließlich nur in Künstlerkreisen verkehrt.

Oswald. Das ist auch der Fall gewesen.

Pastor Manders. Und meistens doch mit den jüngern Künstlern.

Oswald. Ja, gewiß.

Pastor Manders. Aber ich glaubte, daß die Mehrzahl dieser Leute nicht die Mittel besäßen, eine Familie zu gründen und ein Heim zu haben.

Oswald. Zweifelsohne giebt es viele unter ihnen, die nicht Geld genug haben, um sich zu verheirathen.

Pastor Manders. Nun, das ist es ja, was ich sage.

Oswald. Aber deshalb können sie doch ein Heim haben. Und einer oder der andere hat es sogar; und ein sehr ordentliches und behagliches Heim obendrein.

Frau Alving (horcht gespannt, nickt zuweilen, sagt aber nichts).

Pastor Manders. Aber ich spreche ja nicht von Junggesellenwirthschaften. Unter einem Heim verstehe ich ein Familienheim, in welchem ein Mann mit seinem Weibe und seinen Kindern lebt.

Oswald. Ja. Oder mit seinen Kindern und der Mutter seiner Kinder.

Pastor Manders (stutzt; schlägt dann die Hände zusammen). Aber du barmherziger Gott — —!

Oswald. Nun?

Pastor Manders. Zusammen leben mit — — der Mutter seiner Kinder!

Oswald. Ja! Oder wäre es besser, wenn er die Mutter seiner Kinder verstieße?

Pastor Manders. Sie reden also von ungesetzlichen Verhältnissen! Von diesen sogenannten wilden Ehen?!

Oswald. Mir ist niemals etwas besonders Wildes in dem Zusammenleben dieser Leute aufgefallen.

Pastor Manders. Aber wie ist es nur möglich, daß ein — ein einigermaßen wohlerzogener Mann oder ein junges Weib sich dazu verstehen kann in dieser Weise zu leben — so vor den Augen aller Welt!

Oswald. Aber was sollen sie thun? Ein armer, junger Künstler, — ein armes, junges Mädchen —. Es kostet viel Geld, wenn man sich verheirathen will. Was sollen sie denn thun?

Pastor Manders. Was sie thun sollen? Ja, Herr Alving, ich werde Ihnen sagen, was sie thun sollen. Sie sollten sich von Anfang an fern geblieben sein, — das sollten sie.

Oswald. Mit solchen Reden werden Sie bei jungen, heißblütigen, verliebten Menschen nicht weit kommen.

Frau Alving. Nein, damit kommen Sie nicht weit!

Pastor Manders. Und daß die Behörden dergleichen dulden! Daß dergleichen ganz offenkundig geschehen darf! (Stellt sich vor Frau Alving.) Nun, hatte ich nicht Ursache, um Ihren Sohn besorgt zu sein? In Kreisen, wo die unverhüllte Unsittlichkeit geduldet wird und sich gleichsam ein Recht erworben hat — —

Oswald. Ich will Ihnen etwas sagen, Herr Pastor. Ich bin ein steter Sonntagsgast an einem paar solcher unregelmäßiger Familienherde gewesen — —

Pastor Manders. Und das noch dazu am Sonntag!

Oswald. Ja gewiß, das ist ja der Tag an dem man sich amüsiren soll. Aber niemals habe ich dort ein anstößiges Wort gehört, und noch weniger war ich Zeuge von irgend etwas, das man unsittlich nennen könnte. Nein; wissen Sie, wann und wo ich die Unsittlichkeit in Künstlerkreisen getroffen habe?

Pastor Manders. Nein, Gott Lob, das weiß ich nicht!

Oswald. Nun, so werde ich mir erlauben, es Ihnen zu sagen. Ich habe sie getroffen, wenn einer oder der andere unserer mustergiltigen Ehemänner und Familienväter hinunter gekommen ist, um sich dort so ein wenig auf eigene Hand umzusehen — und dann den Künstlern die Ehre anthat, sie in ihren bescheidenen Kneipen aufzusuchen. Da konnten wir etwas lernen! Die Herren wußten uns über Dinge und Oertlichkeiten zu erzählen, von denen wir uns niemals hatten träumen lassen.

Pastor Manders. Was? Wollen Sie wirklich behaupten, daß Ehrenmänner von hier zu Hause da draußen — —?

Oswald. Haben Sie denn niemals gehört, wie diese Ehrenmänner bei ihrer Heimkehr sich über die zunehmende Unsittlichkeit im Auslande ausgesprochen haben?

Pastor Manders. Ja, natürlich —

Frau Alving. Das habe auch ich gehört.

Oswald. Ja, man kann ihnen getrost aufs Wort glauben. Sie sind zuweilen sachkundige Leute! (Greift sich an den Kopf.) O — daß das schöne, das herrliche Freiheitsleben da draußen, — daß es so besudelt werden muß!

Frau Alving. Du darfst dich nicht ereifern, Oswald; es schadet dir.

Oswald. Du hast Recht, Mutter. Es schadet mir. Siehst du, es ist diese verdammte Müdigkeit. Ich will noch einen kleinen Spaziergang vor dem Mittagsessen machen. Verzeihen Sie, Herr Pastor; Sie können sich nicht hinein denken; aber es überwältigte mich wieder einmal. (Ab durch die zweite Thür rechts.)

Frau Alving. Mein armer Junge —!

Pastor Manders. Ja, Sie haben Ursache, das zu sagen! So weit ist es also mit ihm gekommen!

Frau Alving (sieht ihn an und schweigt).

Pastor Manders (auf und abgehend). Er nannte sich den verlorenen Sohn. Ja, leider, — leider!

Frau Alving (sieht ihn immer noch an).

Pastor Manders. Und was sagen Sie zu all dem?

Frau Alving. Ich sage, daß Oswald mit jedem Worte Recht hatte.

Pastor Manders (hält inne). Recht? Recht! Mit solchen Grundsätzen!

Frau Alving. Hier in meiner Einsamkeit bin ich dahin gekommen eben so zu denken, Herr Pastor. Aber ich habe mich niemals erkühnt, daran zu rühren. Nun wohl; mein Sohn soll für mich sprechen.

Pastor Manders. Sie sind ein beklagenswerthes Weib, Frau Alving. Aber jetzt muß ich ein ernstes Wort mit Ihnen reden. Jetzt ist es nicht mehr Ihr Geschäftsführer und Rathgeber, Ihr und Ihres verstorbenen Mannes Jugendfreund, der vor Ihnen steht. Es ist der Priester! So wie er in dem schwersten Augenblick Ihres Lebens vor Ihnen stand.

Frau Alving. Und was ist es, das der Priester mir zu sagen hat?

Pastor Manders. Ich muß zuerst an Ihrer Erinnerung rütteln, Frau Alving. Der Augenblick ist gut gewählt. Morgen ist der zehnte Todestag Ihres Gatten; morgen soll das Ehrendenkmal des Verstorbenen enthüllt werden; morgen soll ich zu der ganzen Schaar der Versammelten reden; — aber heute will ich mit Ihnen allein sprechen.

Frau Alving. Gut, Herr Pastor; sprechen Sie!

Pastor Manders. Erinnern Sie sich, daß Sie nach kaum einjähriger Ehe am äußersten Rande des Abgrunds standen? Daß Sie Ihr Haus und Ihr Heim verließen — daß Sie Ihrem Manne entflohen; — ja, Frau Alving, flohen, flohen, und sich weigerten, zu ihm zurückzukehren, wie sehr er auch bat und flehte?

Frau Alving. Haben Sie vergessen, wie grenzenlos unglücklich ich während dieses ersten Jahres war?

Pastor Manders. Das ist grade der rechte Geist des Aufruhrs, der immer das Glück hier im Leben erstrebt. Welches Recht haben wir Menschen denn ans Glück? Nein, wir sollen unsere Pflicht thun, Frau Alving! Und Ihre Pflicht war es, fest zu dem Manne zu halten, den Sie einmal gewählt hatten und an den Sie durch ein heiliges Band geknüpft waren.

Frau Alving. Sie wissen sehr wohl, welches Leben Alving in jener Zeit führte, welcher Ausschweifungen er sich schuldig machte.

Pastor Manders. Ich weiß leider, welche Gerüchte über ihn gingen; und ich bin der letzte, der seinen Lebenswandel während der Jugendjahre billigt. Aber die Gattin ist nicht zum Richter über ihren Gatten gesetzt. Es wäre Ihre Schuldigkeit gewesen, mit demüthigem Sinn das Kreuz zu tragen, welches ein höherer Wille Ihnen auferlegt hatte. Aber statt dessen werfen Sie in Empörung dieses Kreuz von sich, verlassen den Strauchelnden, den Sie hätten stützen sollen, gehen hin und setzen Ihren guten Namen und Ihren Ruf aufs Spiel, und — — sind nahe daran, den Ruf anderer obendrein zu verscherzen.

Frau Alving. Anderer? Sie meinen doch nur eines anderen.

Pastor Manders. Es war äußerst rücksichtslos von Ihnen, bei mir Zuflucht zu suchen.

Frau Alving. Bei unserem Priester? — Bei unserem Hausfreund?

Pastor Manders. Grade deshalb. — Ja, danken Sie Ihrem Herrn und Gott, daß ich die nöthige Festigkeit besaß, — daß ich Sie von Ihrem überspannten Vorhaben abbrachte und daß es mir vergönnt war, Sie auf den Weg der Pflicht zurückzuführen, in Ihr Heim — zu Ihrem rechtmäßigen Gatten.

Frau Alving. Ja, Pastor Manders, das war allerdings Ihr Werk!