Gewagter Pakt für den griechischen Tycoon - Emmy Grayson - E-Book

Gewagter Pakt für den griechischen Tycoon E-Book

Emmy Grayson

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Beschreibung

Liebe? Eine Familie? Nichts für den griechischen Tycoon Rafael Drakos! Er heiratet die unschuldige junge Tessa nur, weil ihr Vater sein wichtigster Geschäftspartner ist. Auch für Tessa ist es eine Ehe auf dem Papier, um ihrem überbehütenden Elternhaus zu entkommen, glaubt Rafe zumindest. Ein fataler Irrtum? Kurz nach ihrer Trauung verlangt Tessa plötzlich die Scheidung. Es sei denn, er verbringt gemeinsam mit ihr eine Nacht auf seiner Privatinsel in der Ägäis! Um den Pakt nicht zu gefährden, spielt er mit. Mit ungeahnt romantischen Folgen …

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Seitenzahl: 206

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Emmy Grayson

Gewagter Pakt für den griechischen Tycoon

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/82 651-370 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© Deutsche Erstausgabe 2025 in der Reihe JULIA, Band 2706 by Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg Übersetzung: Nicole Lacher

© 2025 by Emmy Grayson Originaltitel: „Still the Greek’s Wife“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Abbildungen: Harlequin Books S. A., aletheia97 / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751534895

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Rafe

Bis jetzt habe ich noch nie mit dem Gedanken gespielt, jemanden umzubringen. Es gibt effizientere Methoden, mit Menschen umzugehen. Und da ich ein Vermögen von 1,7 Milliarden Euro besitze, habe ich mehr Optionen als der Durchschnittsmensch.

Aber als ich nun mitansehen muss, wie meine Ehefrau auf einem Pariser Bürgersteig zu einem fremden Mann hochlächelt, gehe ich im Geiste mehrere Mordszenarien durch. Ich schließe die Finger fester um das Lenkrad meines Wagens, als sich der Mann herunterbeugt und sie entzückt auf die Wange küsst. Es wäre nicht schwer, einen Auftragskiller zu engagieren. Oder ich könnte den Kerl einfach selbst vom Eiffelturm stoßen.

Nein, ich bin nicht eifersüchtig. Ich bin wütend. Ich dulde nicht, dass jemand vertragsbrüchig wird. Dies gilt auch für meine Frau, selbst wenn unsere Ehe nur auf dem Papier existiert. Einem Papier mit einer zweijährigen Untreue-Klausel.

Vielleicht hat Tessa mich deshalb nach gerade mal vier Monaten Ehe um die Scheidung gebeten. Um eine Beziehung mit diesem blonden Mann zu führen, der jetzt so wild gestikuliert, als wäre er ein Zirkusclown. Aber Tessa …

Mein Brustkorb wird eng. Tessa sieht wunderschön aus. Die dunkelblonden Haare fallen ihr offen auf die Schultern. Sie trägt ein hellblaues Kleid, dessen Oberteil sich an ihren schlanken Körper schmiegt und in einen knielangen Rock übergeht.

Als ich ihre nackten Beine sehe, erwacht etwas in mir. Ich habe Tessa bisher nur in Kleidern mit langen Röcken oder in weiten Hosen gesehen. Ihr Anblick bei der Hochzeit meines Bruders Gavriil vor vier Wochen hat mich allerdings kurz aus meiner üblichen Apathie gerissen. Ich sah, wie sie sich selbstbewusst mit Hilfe von Gehstützen bewegte, statt ihren Rollstuhl zu benutzen, und bemerkte, wie sie mit Fremden plauderte und lachte. Eine Art Stolz überkam mich. Vorher hatte ihre überbehütende Mutter sie immer gezwungen, im Hintergrund zu bleiben und das Leben zu betrachten, statt daran teilzunehmen.

Damit ist es nun vorbei.

Der blonde Mann umarmt Tessa jetzt auch noch. Die intime Selbstverständlichkeit, mit der er ihr beide Arme um die Taille legt, treibt mich im Nu aus dem Wagen. Ich widerstehe dem Impuls, die Tür zuzuknallen. Lieber schließe ich sie ganz leise, damit ich weiter beobachten kann, während ich die Straße überquere, den Blick auf meine betrügerische Frau geheftet.

Am Abend unserer Hochzeit hatte ich in meinem Schlafzimmer Tessas Brief auf dem Kissen gefunden. Einen kurzen Moment war es mir vorgekommen, als hätte jemand ein Loch in meinen Brustkorb geschlagen. Ich wusste, dass ich dieses Gefühl begraben musste, bevor es sich zu einem Problem auswuchs. Also konzentrierte ich mich auf Tessas Brief. Sie schrieb, sie wolle unsere Scheinehe nutzen, um in Paris ein unabhängiges Leben zu führen, und wünsche mir das Beste für meine Zukunft. Ein kaltes, ungehobeltes Ende eines Briefes von jemandem, der für mich einst einem Freund so nahegekommen war wie niemand sonst. Keine Diskussion, keine Vorwarnung.

Ich bin noch nie einer Frau hinterhergelaufen. Auf gar keinen Fall wollte ich mich um eine bemühen, hinter deren vermeintlich ruhiger Art eine ungeahnte Hinterlist steckte. Ich hatte gedacht, ich würde ihr die Chance bieten, aus ihrem Elternhaus auszuziehen und ein neues Leben mit einem Reichtum und Luxus zu führen, den sich die meisten Leute nicht mal vorstellen können.

Aber sie wollte weder mit mir noch mit meinem Geld etwas zu tun haben. Anscheinend hatte ihr die Hochzeit die nötige Stärke verliehen, um ihr bisheriges Leben hinter sich zu lassen. Also tat ich, was ich am besten kann und setzte Prioritäten. Die Hochzeit war vorbei. Ich hatte, was ich wollte. Wegen der Trauung war Tessas Vater bereit gewesen, mir die Immobilienmaklerfirma zu verkaufen, die er geerbt hatte. Ein Unternehmen mit dem Prestige von Jahrzehnten und einem Schuldenberg, der Nolan Sullivan ohne meine Hilfe ruiniert hätte. Statt mit Tessa zu reden, beschäftigte ich mich lieber mit diesem neuen Projekt, das mir auch kaum Zeit für etwas anderes ließ.

Bis mir vor drei Tagen in meiner Villa auf der Privatinsel, die eine kurze Bootsfahrt von Santorin entfernt liegt, ihr Scheidungsantrag zugestellt wurde. Ich las ihn auf dem Balkon, von wo aus ich Tessas bescheidenes Elternhaus in der Ferne sehen konnte. Jenes Haus, in dem ich ihr vor sieben Monaten einen Antrag gemacht hatte. Monate, bevor ich irgendetwas über Lucifers irrwitzige Intrige gewusst hatte.

Bei der Erinnerung spüre ich einen schmerzhaften Knoten in meiner Brust. Tessa hatte in ihrem Rollstuhl auf dem Balkon gesessen und auf das Meer geblickt – und ihr Gesicht sah so traurig aus, dass es mich zutiefst berührte. Schlagartig war mir bewusst geworden, dass ich diesen Gesichtsausdruck im Laufe der Jahre oft gesehen hatte. Und dass ein Heiratsantrag mir nicht nur verschaffen würde, was ich wollte, sondern Tessa vielleicht mehr bot als die überbehütete Welt, in der sie schon so lange lebte.

Ich hatte mich neben sie gesetzt und das Gespräch zwischen ihrem Vater und mir zusammengefasst. Als ich sie bat, meine Ehefrau zu werden, sah ich die Hoffnung in ihren Augen. Hoffnung – und eine mehr als flüchtige Zuneigung. Ich reagierte darauf, fühlte etwas in der gähnenden Leere in meiner Brust. Rasch verdrängte ich dieses Gefühl.

Egal, sage ich mir jetzt. Wenn sie die Scheidung will, gebe ich sie ihr. Ich bin nicht daran interessiert, an jemanden gebunden zu sein, der nicht verheiratet sein will. Was das anrichtet, habe ich bei meiner Mutter erlebt!

Aber Tessa muss einwilligen, meinen Nachnamen noch etwas länger zu tragen. In acht Monaten werde ich alles erben, was mein Vater mir hinterlassen hat. Einschließlich der Firma, von der immer feststand, dass ich sie eines Tages leiten werde. Eine Firma, die der alte Mistkerl an die Voraussetzung geknüpft hat, dass ich mindestens ein Jahr verheiratet bin.

Tessa weiß noch nichts von der Bedingung, dass wir unseren ersten Hochzeitstag hinter uns bringen müssen, weil ich sonst mein gesamtes Erbe verliere. Ich wusste ja selbst nichts davon, bis das Testament vor einem Monat verlesen wurde. Gavriil verschwendete keine Zeit und heiratete eine Journalistin, um sich seinen Anteil am Erbe zu sichern. Mein anderer Bruder, Michail, von dessen Existenz ich erst kürzlich erfahren habe, verfluchte unseren Vater und stürmte wutentbrannt aus der Anwaltskanzlei.

Ich hingegen hatte die erste Bedingung meines Vaters bereits erfüllt, wenn auch unwissentlich, indem ich Tessa bei der Trauung auf unserer Insel meinen Ehering an den Finger gesteckt hatte.

Doch es gibt ja noch die zweite Bedingung. Eine Bedingung, die nun gefährdet ist, weil Tessa aus heiterem Himmel die Scheidung beantragt hat: Wenn wir unseren ersten Jahrestag nicht zusammen begehen, werde ich alles verlieren. Und Testament hin oder her … Dass sie unseren Vertrag nach weniger als einem halben Jahr brechen will, streut Salz in eine Wunde, die mir erst bewusst wurde, als ich den Scheidungsantrag las.

Ziele. Aufgaben. Konkrete Angelegenheiten, die ich einschätzen, bewerten, umsetzen kann. Darin bin ich erstklassig. Aber wenn es um Gefühle, gesellschaftliche Verpflichtungen oder eine Ehe geht, sieht die Sache anders aus. Diese unangenehme Geschichte mit Tessas Scheidungsantrag beweist, dass meine Lebensphilosophie korrekt ist: Am besten bleibt man allein.

Ich erreiche die andere Straßenseite. Es ist Zeit, Tessa daran zu erinnern, was sie zu verlieren hat, sowohl mit ihrer unverhohlenen Affäre als auch mit ihrer lächerlichen Forderung nach einer sofortigen Scheidung.

Sie blickt kurz in meine Richtung, als der Mann sie loslässt. Dann stockt sie und sieht noch einmal zu mir. Ihre goldbraunen Augen weiten sich, aber ich lese weder Panik noch Scham darin. Nur Erstaunen. Wut durchzuckt mich wegen ihrer mangelnden Reue.

„Bonjour, Mrs.Drakos.“

Tessa presst die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. „Hallo, Rafael.“

Touché. Ich verabscheue diesen Namen, und sie weiß es. Außerdem verabscheue ich, dass ich mir ein anerkennendes Lächeln wegen ihres Konters verkneifen muss.

„Ist das dein Mann?“, fragt der blonde Clown.

Ich wende mich ihm zu. Er sieht zwischen Tessa und mir hin und her, als würde er bei einem verdammten Tennisspiel im Publikum sitzen. „Das bin ich“, sage ich mit kaltem Zorn.

Statt wegzurennen, wie jeder vernünftige Mann es tun würde, wenn er auf den Ehemann seiner Geliebten trifft, packt der Idiot meine Hand. „Wie schön, Sie kennenzulernen. Ihre Frau ist toll. Einfach toll“, schwärmt er wie ein überdrehter Teenager.

So ärgerlich sein Verhalten auch ist – es gibt mir einen Moment, um die Situation neu zu bewerten. Ich bin nicht sicher, was ich eben miterlebt habe, aber die zärtliche Umarmung eines Liebespaares erscheint mir nun weniger wahrscheinlich. Ich ziehe meine Hand aus seinen klammen Pranken. „Das finde ich auch.“

Tessas leises Schnauben überrascht mich, genau wie ihre hochgezogenen Brauen, als sie mich ansieht.

„Ich weiß nicht, ob ich es ohne sie durchziehen würde“, fährt der Fremde fort. Die Spannung zwischen ihr und mir entgeht ihm offenbar. „Erst hatte ich an den Eiffelturm gedacht, aber Tessa findet die Gärten besser, und das sind sie tatsächlich.“

Meine Güte, hält er jemals die Klappe?

„Sie hat mir sogar geholfen, den Ring auszusuchen.“

Der Druck in meiner Brust lässt nach, als mir klar wird, dass Tessa diesem Mann hilft, einer anderen Frau einen Antrag zu machen. Mit Macht kehrt der Druck Sekunden später zurück, als ich den Blick senke. Tessa trägt ihren Ehering nicht mehr.

Ich denke an Gavriils Hochzeit. Tessa und ich sind uns damals nur kurz begegnet. Auf ihre Hände habe ich nicht geachtet. Wie lange trägt sie ihren Ring schon nicht mehr?

Es sollte keine Rolle spielen. Tut es aber. Denn es unterstreicht Tessas Absicht, unsere Vereinbarung zu brechen.

Unsere Blicke treffen sich. Ihre Wangen färben sich rosig, doch sie schaut nicht weg. Demonstrativ sehe ich auf meine Hand mit dem Platinring, der in den letzten Sonnenstrahlen funkelt. Tessa folgt meinem Blick. Sie zieht die Nase kraus.

„Du liebe Güte, Entschuldigung.“ Der Mann lächelt verlegen. „Ich bin Nathan. Nathan Jones. Katies Freund.“

Das letzte Puzzlestück. Katie, Tessas Schwester, ist ebenfalls am Abend unserer Hochzeit verschwunden. Mühsam verberge ich meinen Unmut. Damals hat es mich nur einen einzigen Anruf gekostet, um herauszufinden, dass die Schwestern gemeinsam nach Paris gereist sind. Ich kann also nicht behaupten, dass meine Schwägerin gerade hoch in meiner Gunst steht!

„Bevor dieser Tag zu Ende ist, bist du hoffentlich ihr Verlobter.“ Das aufrichtige Lächeln, das Tessa ihm schenkt, irritiert mich.

Nathan sieht auf seine Armbanduhr und flucht. „Bin schon weg!“ Er küsst Tessa noch einmal auf die Wange und drückt meine Hand kräftig, bevor ich es verhindern kann. „Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Rafael.“

Ehe ich ihn berichtigen kann, verschwindet er und lässt mich mit meiner Frau zurück. Sie beißt sich auf die Innenseiten ihrer Wangen, um nicht zu lachen.

Ich kneife die Augen leicht zusammen. „Du weißt, dass ich den Namen Rafael verabscheue.“

„Es ist ein eleganter Name.“

Der Größenunterschied zwischen uns ist mir vorher nie aufgefallen. Bei Gavriils Hochzeit war ich unaufmerksam, weil ich mit zwei Dämonen ringen musste. Erstens hatte ich versucht, mein Herz weit genug zu öffnen, um meinen Bruder von einer Zweckehe mit seiner Erbfeindin abzuhalten. Gleichzeitig wollte ich auf Distanz zu Tessa bleiben. Schon ihr Anblick hatte mich verunsichert. Nachdem ich gerade zum ersten Mal versucht hatte, ein vertrauliches Gespräch mit Gavriil zu führen, brauchte ich Zeit, um mich wieder zu fangen. Deshalb hatte ich Tessa nur kurz gegrüßt und mich dann von ihr ferngehalten.

Jetzt, da ich eine Armlänge von ihr entfernt stehe, wird mir bewusst, dass sie rund dreißig Zentimeter kleiner ist als ich. Ich betrachte das vertraute herzförmige Gesicht mit den großen karamellfarbenen Augen und den vollen Lippen, die den hohen Wangenknochen das Kantige nehmen. Es ist ein atemberaubendes Gesicht, umso fesselnder wegen des neuen Selbstvertrauens, das Tessas zierlicher Körper ausstrahlt. Ein schwacher Duft steigt mir in die Nase, etwas Leichtes, Blumiges mit einer süßen Note.

„Du hast recht“, sage ich.

Sie blinzelt. „Was?“

„Elegant.“ Was sie kann, kann ich schon lange. „Genau wie Contessa.“

Sie funkelt mich an. „Mein Name ist nicht elegant. Er ist lächerlich.“

„Vornehm und anmutig“, entgegne ich und genieße die Tatsache, dass sie noch etwas mehr errötet.

„Was machst du hier?“, fragt sie ärgerlich. „Ich dachte, wir sind für morgen verabredet.“

Ihr Kleid, die rosigen Lippen … Dieses seltsame Gefühl in meiner Brust schlägt Wurzeln und breitet sich aus. Ich habe Tessa immer attraktiv gefunden, auf eine eindringliche Art, die mich öfter als einmal an ihre Seite gezogen hat. Eine Gleichgesinnte. Deswegen erschien mir die Idee akzeptabel, sie zu heiraten, um dadurch die Firma ihres Vaters übernehmen zu können. Unsere Ehe habe ich mir nur selten konkret ausgemalt. Ich dachte vage an ruhige Unterhaltungen. Und ich ahnte, dass ich in der Gegenwart meiner Frau eine Zufriedenheit empfinden könnte wie mit keinem anderen Menschen.

Von Zufriedenheit kann jetzt keine Rede sein. Nein, ich empfinde Verlangen. Nicht die dezente Anziehungskraft, die ich fest im Griff hatte, als ich während der beiden letzten Jahre beobachtet habe, zu was für einer Frau Tessa sich entwickelt. Sondern etwas, das mir unter die Haut geht und einen Funken entzündet.

Innerlich trete ich einen Schritt zurück. In dieser Ehe gibt es keinen Platz für irgendein Gefühl, das aus einer für beide Seiten vorteilhaften Vereinbarung etwas völlig Unberechenbares machen könnte. Gleichzeitig ist mir bewusst, wie zart Tessas Haut ist, wie ihre Augen strahlen. Indizien der dreizehn Jahre, die uns trennen. Der Altersunterschied hat mich bisher nie gestört. Er tut es, als mein Blick nun zu den Rundungen ihrer Brüste gleitet und ich mich frage, wie Tessa sich anfühlen würde …

Ich schaue zur Seite. Mein plötzliches Verlangen liegt nur an der Überraschung, sie in einem anderen Licht zu sehen. Daran und an der menschlichen Biologie.

„Meine Verhandlungen waren früher zu Ende als gedacht. Ich möchte dich gern zum Dinner ausführen.“

Sie sieht mich stirnrunzelnd an. „Warum?“

Ich lächle angespannt. „Wir haben etwas Geschäftliches zu besprechen. Und wir befinden uns in einem der kulinarischen Zentren der Welt. Wir können ebenso gut exzellent essen, während wir über ein unangenehmes Thema reden.“

Tessa senkt den Blick auf ihr Kleid.

Prompt werde ich eifersüchtig. Ich spüre, wie sich meine Nackenmuskeln zusammenziehen. „Es sei denn, du musst irgendwohin.“

Sie sieht mich derart lange an, dass ich mich frage, ob sie noch antworten wird. Schließlich schüttelt sie den Kopf. „Ich war bloß unterwegs in ein Bistro. Dort kann ich auch morgen hingehen.“

Triumph flutet durch meinen Körper. Bei unzähligen Verhandlungen habe ich gelernt, dass die Ziellinie in Sicht ist, sobald sich jemand zum ersten Schritt bereit erklärt.

Tessa strafft die Schultern und reckt das Kinn vor, als würde sie sich für eine Schlacht wappnen. Ich lächle sie an. Sie kann kämpfen, so viel sie will. Bevor ich nach Griechenland zurückkehre, werde ich den Krieg gewonnen haben.

2. KAPITEL

Tessa

Ich sehe mich im La Tour d’Argent um. Durch die schlichten Möbel und die dezenten elfenbeinfarbenen Tischdecken wird die Aufmerksamkeit gezielt auf das Essen gelenkt – und auf die sensationelle Aussicht. Draußen schlängelt sich die Seine wie ein dunkelblaues Band durch Paris. Die Boote wirken wie kleine Tupfen, und vor der untergehenden Sonne leuchten die Türme von Notre-Dame.

Dies ist ein Restaurant, das man für ein Date aussuchen würde.

Mein Blick wandert zu Rafe, der mir gegenübersitzt und die Speisekarte studiert. Es gab eine Zeit, da hätte ich alles für ein Date mit ihm gegeben. Mit dem Mann, dessen düstere, intensive Ausstrahlung mich in seinen Bann gezogen hat, als ich noch ein Kind war. Der sich während meiner Teenagerjahre in einen unerreichbaren romantischen Helden verwandelt hat.

In den ich mich, wie ich dachte, verliebt hatte, weil er der einzige Mann war, der mich je zur Kenntnis genommen hat.

Das schmerzhafte Ziehen in meiner Brust nimmt zu, als Rafe mich ansieht. Er sucht eine Schwachstelle, um sie zu seinem Vorteil zu nutzen. Keine Ahnung, wieso er dieses Treffen will. Gewiss nicht, weil er mich will. Noch einmal werde ich mir nicht einbilden, Hoffnung und Liebe könnten alles überwinden – jedenfalls nicht, was Rafael Drakos betrifft. Dieser Traum ist an jenem Abend gestorben, als ich gehört habe, was er in Wahrheit von mir und unserer Scheinehe hält.

Ich bin erschöpft und spüre ein schmerzhaftes Stechen in den Unterschenkeln. Nichts, was ich nicht schon kenne, aber heute ist es eine größere Herausforderung. Morgens hatte ich Physiotherapie, und jetzt benutze ich meine Gehstützen. Dazu kommt der Stress, weil mein künftiger Ex-Mann unerwartet aufgetaucht ist.

Trotzdem zwinge ich mich, aufrecht zu sitzen, lässig mein Weinglas zu heben und am Rosé zu nippen. Inzwischen kann ich viel besser für mich eintreten und sagen, was ich brauche. Aber ich weigere mich, in Rafes Gegenwart verletzlich zu sein.

Kommt der ziehende Schmerz daher, dass ich mich frage, warum er mich ausfindig gemacht hat, obwohl er bei der Hochzeit seines Bruders kaum zwei Worte zu mir gesagt hat? Oder weil sich ein Teil von mir an ihn klammern will, an das, was ich für unsere mögliche Zukunft hielt, obwohl ich weiß, dass ich loslassen muss?

„Wie gefällt dir Paris?“

Seine Frage ärgert mich. „So sehr ich auch deinen Versuch schätze, Small Talk zu machen – lass uns nichts vortäuschen, Rafe. Du hast mich eingeladen, um über unser Arrangement zu sprechen.“

Er neigt den Kopf zur Seite, ohne dass sich sein Lächeln verändert. Doch es reicht nicht bis zu seinen Augen. Typisch Rafe: ruhig, cool, berechnend. „So geradeheraus habe ich dich nicht in Erinnerung.“

„Ich habe mich ziemlich verändert.“

„Das ist mir aufgefallen.“

Seine Augen wirken dunkler, als er den Blick auf meine bloßen Schultern senkt. Ich erstarre. Anspannung liegt in der Luft zwischen uns, während er seinen Blick auf meinen Brüsten verweilen und anschließend über meinen Arm zu den Fingern wandern lässt, mit denen ich mein Weinglas halte.

Jäh sieht er mir wieder ins Gesicht. Ich fühle mich erbärmlich. In seinen Augen liegt keine Wärme, kein Anflug von Verlangen. Nur Eis.

Der Kellner erscheint mit Rafes Bourbon und einem Teller kunstvoll angerichteter getoasteter Brioche-Dreiecke auf Rosmarinzweigen. Die Dreiecke sind mit Ricotta, Erbsen und Bacon belegt.

Mir fällt ein, dass Rafe und ich gerade unsere erste Mahlzeit als Ehepaar einnehmen. Bei unserem sogenannten Hochzeitsempfang war ich zu traurig über das, was ich mitgehört hatte, um einen Bissen herunterzukriegen.

Bleib ruhig. Ich nehme ein Stückchen Brioche und beiße ab. Der Geschmack entlockt mir ein leises „Mhm“.

„Ich habe deinen Scheidungsantrag erhalten“, erklärt Rafe.

Ich schlucke zu schnell und huste. Er drückt mir ein Glas Wasser in die Hand. „Und?“, frage ich, nachdem ich mich geräuspert habe. Es gelingt mir mit Mühe, ihn nicht wütend anzufunkeln.

„Willst du wirklich die Scheidung?“

„Sonst hätte ich dir die Papiere nicht geschickt.“

Er sieht mich so lange an, dass ich weiß: Er stellt mich auf die Probe. Schweigt, um mich zum Reden zu bringen. Damit ich etwas sage, was einen ausgeklügelten Plan offenbart.

Aber es gibt keinen. Bei seinem Antrag hat Rafe mir offen gesagt, dass es um ein geschäftliches Arrangement ging. Er wollte die Maklerfirma, die mein Vater im Vorjahr geerbt hatte.

Ich stelle das Wasserglas ab, esse weiter und ignoriere Rafes Blick. Als ich in die Ehe eingewilligt habe, wusste ich, was er mir anbot. Ich habe die Rettungsleine, die er mir hinhielt, mit beiden Händen gepackt. Wie eine Ertrinkende, die es nicht kümmert, wer sie an Land zieht. Damals hing ich der Illusion nach, Rafe könnte irgendwann mehr für mich empfinden, und in der Zwischenzeit würde ich glücklich sein mit der Freundschaft, die wir im Laufe der Jahre aufgebaut hatten.

Bis zu jenem schrecklichen Moment nach der Hochzeit, als ich an der Bibliothek vorbeikam und Rafe mit seinem Vater reden hörte. Da wurde mir klar: Jedes Märchen, das ich mir ausgedacht hatte, war genau das. Fiktion.

Ich ging sofort in mein Zimmer, packte meine Koffer und arrangierte mit einer diskreten Angestellten meine Abreise. Jeder Schritt weg von meinem alten Leben war wie das Abstreifen einer Fessel gewesen. Das hatte den Liebeskummer gemildert.

Die Reise nach Paris war das Erste, das ich selbst zustande gebracht hatte. Und in den vergangenen vier Monaten habe ich mir ein neues Leben aufgebaut. Eins, in dem ich von niemandem außer mir selbst abhängig bin.

Natürlich habe ich meine Schwester Katie und ein paar Freunde. Und ich habe mein winziges Appartement. Es ist etwa halb so groß wie das Schlafzimmer, das Rafe für mich in seiner Villa vorgesehen hatte … Morgens erwache ich voller Vorfreude auf den Tag, ohne den exakt vorgegebenen Plan für jeden einzelnen wachen Moment zu kennen. Einen Plan, wie ihn meine überfürsorgliche Mutter jahrelang aufgestellt hatte.

Außerdem habe ich ja noch Tessa’s Interiors, meine eigene Firma für Innenausstattung. Sie entwickelt sich schneller als gedacht! Und zwei meiner ersten drei Kunden geht es um barrierefreies Design. Das sind genau die Projekte, von denen ich gehofft hatte, mich eines Tages darauf spezialisieren zu können.

In Paris bin ich für mein Glück nicht auf andere angewiesen. Ich schaffe es mir selbst. Und ich habe nicht vor, meine Unabhängigkeit an meinen sogenannten Ehemann abzutreten.

„Wissen deine Eltern Bescheid?“, fragt Rafe.

Gereiztheit lässt den Schmerz in meinen Unterschenkeln stärker werden. Ein fester Knoten nistet sich in meinem Bauch ein. Ich bin achtundzwanzig und brauche nicht die Erlaubnis meiner Eltern, um mein Leben zu leben. „Ich habe es ihnen nicht erzählt, nein.“

„Hast du seit deiner Abreise überhaupt mit ihnen gesprochen?“

Ich lege das Stück Brioche, das ich gerade genommen habe, auf den Teller und lehne mich seufzend zurück. „Nein.“ Ich erwähne nicht, dass meine Mutter mich nach meiner Abreise mit Anrufen bombardiert, mir Dutzende von Sprachnachrichten und Hunderte SMS hinterlassen hat, bis ich mir eine andere Nummer zugelegt habe. „Anders als jeder auf Santorin glaubt, bin ich erwachsen. Ich habe meine eigene Wohnung, mein eigenes Unternehmen und mein eigenes Geld, mit dem ich mich über Wasser halten kann, bis meine Firma etabliert ist.“

„Dein eigenes Geld ist wohl der Treuhandfonds deiner Großmutter.“

„Ja.“

Er nippt an seinem Bourbon. „Eine eher geringe Summe.“

Ich schnaube. „Für fast jeden anderen Menschen wären zwei Millionen Euro viel. Von den Zinsen könnte ich Jahrzehnte leben, sogar ohne meine Firma.“ 

„Du könntest mehr haben.“

Ich balle meine Hände zu Fäusten. „Was ich will, kannst du mir nicht bieten.“

Er runzelt die Stirn. „Ich bin einer der reichsten Männer der Welt. Natürlich kann ich.“

Gavriil hat recht. Sein älterer Bruder ist unfähig, etwas außer Fakten und Dollarzeichen zu sehen. Zu spät merke ich, dass ich den ersten Satz ausgesprochen habe. Das Blut schießt mir in die Wangen. „Ich …“

„Womit hat Gavriil recht?“

Rafes Stimme klingt sanft. Vor Nervosität wird meine Kehle ganz trocken. Ich trinke einen großen Schluck Rosé und wappne mich für das, was gesagt werden muss. „Dass dir nichts außer Drakos Development am Herzen liegt.“

Sein linker Mundwinkel zuckt kurz. „Am Herzen liegen ist ein markiger Begriff.“

„Unabhängig davon gibt es in deinem Leben keinen Raum für etwas anderes.“ Ich lasse einen Moment verstreichen, stemme mich gegen das Wiederaufflammen des Kummers, den ich vor vier Monaten begraben wollte. „Einschließlich einer Ehefrau und Kinder.“

Abrupt taucht sein Blick in meinen. Der kühle, rätselhafte Ausdruck in diesen hellblauen Augen hat mich gelockt, als ich jung und dumm war. Er hat in meinem Herzen verweilt, noch lange nach den ruhigen Unterhaltungen mit Rafe bei den Abendessen oder Benefizveranstaltungen, an denen unsere Familien teilnahmen. Ich hatte diesen Blick für mehr als etwas Geschäftliches gehalten.

„Im Vertrag steht eindeutig …“