Great Reset - C. E. Nyder - E-Book

Great Reset E-Book

C. E. Nyder

0,0
8,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Freiheit oder Knechtschaft: Warum wir uns jetzt entscheiden müssen!

30 Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch des Kommunismus erhebt die Tyrannei erneut ihr Haupt. Die Mächtigen holen zum endgültigen Schlag gegen den freien und selbstbestimmten Menschen aus. Und das nicht geheim oder im Verborgenen. Sie machen überhaupt keinen Hehl aus ihren revolutionären und menschenfeindlichen Absichten.

Der Angriff auf Demokratie, Nationalstaat und bürgerliche Gesellschaft

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet im »umerzogenen« Deutschland die Instrumente entwickelt und ausprobiert werden, mit deren Hilfe die Nationalstaaten und der Individualismus abgeschafft werden sollen. Mit einer ganzen Reihe von Vertrags-, Gesetzes- und Verfassungsbrüchen setzt sich Angela Merkel ungestraft über den demokratischen Rechtsstaat hinweg und hat damit das Tor zu einer Hölle aufgestoßen, von der wir glaubten, wir hätten sie ein für alle Mal hinter uns gelassen. Welche Herrschaftsform auch kommt, sie wird totalitär sein, und zwar in einem Ausmaß, wie wir es bislang nicht gekannt haben.

Die Demokratie hat bereits schweren Schaden genommen.

Mehr denn je stehen wir am Scheideweg zwischen Freiheit und Knechtschaft. Jetzt entscheidet sich das Schicksal der kommenden Generationen.

Mit ihrer schonungslosen Analyse legen die Autoren offen,
  • welche unheilvolle Rolle Angela Merkel beim »Great Reset« spielt;
  • warum nur noch eine »genetisch optimierte« Elite regieren soll;
  • wie nicht legitimierte Organisationen staatliche Aufgaben übernehmen;
  • warum die Energiewende gleich in zweifacher Hinsicht für den »Great Reset« von Bedeutung ist;
  • welche Rolle die große Enteignung des Mittelstands dabei spielt;
  • warum wir kurz vor einem molekularen Bürgerkrieg stehen;
  • welche Rolle der Verfall des Rechtsstaates und der Inneren Sicherheit spielt;
  • warum der »Great Reset« eine ideologisch ausgerichtete Polizei braucht;
  • welche wichtige Rolle die Corona-Krise für den »Great Reset« spielt;
  • wie die Klimahysterie mit der Corona-Krise verbunden ist;
  • wie sich die Mächtigen als Retter einer Krise inszenieren, die es ohne sie nie gegeben hätte.

Lässt sich der »Great Reset« noch stoppen?

Der Umbau des Staates ist bereits bedrohlich vorangeschritten. Die Freiheit gewinnt ihren Wert aus der Tatsache, dass wir um sie kämpfen müssen! Jetzt kommt es auf jeden Einzelnen an.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



1. Auflage Mai 2021 2. Auflage Februar 2022 Copyright © 2021, 2022 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg Alle Rechte vorbehalten Lektorat: Christina Neuhaus Covergestaltung: Stefanie Huber Satz und Layout: Martina Kimmerle ISBN E-Book 978-3-86445-831-6 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Einleitung

Einleitung

Vor etwas mehr als 30 Jahren kollabiert zuerst die Berliner Mauer und dann der Sowjetkommunismus. Die Sehnsucht der Massen nach Freiheit ist stärker gewesen als die Ideologie einiger weniger von einer klassenlosen Gesellschaft. Der Kommunismus und all seine unterdrückerischen Varianten schienen endgültig auf dem Kehrrichthaufen der Geschichte gelandet zu sein. Damit, so der Eindruck, stand einer goldenen, demokratischen Zukunft nichts mehr im Wege. Einer Zukunft, in der das Individuum sein Leben frei und selbstbestimmt in die eigene Hand nehmen kann. Manch einer glaubte sogar, am Ende der Geschichte angelangt zu sein.

Doch was für eine Täuschung! Eine Generation nach der welthistorischen Wende stehen die Menschen in Europa und Deutschland wieder vor der existenziellen Frage: Freiheit oder Knechtschaft.

Erneut sind es die alten, eigentlich überwunden geglaubten Ideen von absoluter Gleichheit, Kollektivismus und einer gesteuerten Wirtschaft, die Anfang der 2020er-Jahre unter dem Projektnamen »The Great Reset« die Freiheit herausfordern.

Wobei es zu den Merkwürdigkeiten der Zeit gehört, dass sich die Vorzeichen aus dem Kalten Krieg beim Großen Neuanfang in ihr Gegenteil verkehrt haben. Von den Politikern demokratischer Parteien über Unternehmer und Manager bis hin zu den beiden Amtskirchen sind die Feinde der Freiheit heute diejenigen, deren Vorgänger einst für eben diese und gegen die Unfreiheit gestritten haben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Betreiber der neuen Weltrevolution statt des roten nun ein grün-regenbogenfarbenes Kostüm tragen. Die tyrannische und menschenverachtende Gesinnung dahinter ist die gleiche.

Das bringt uns zu der Frage, wie die Welt nach dem »Great Reset« aussehen könnte? Kurz gesagt: Wir wissen es nicht.

Der Begriff »Reset« stammt aus der Informationstechnologie und bezeichnet mitnichten den »Neustart« (Warm- oder Kaltstart) eines Systems, also das bloße Herunterfahren des Computers mit anschließendem Wiederhochfahren (bei dem alle Programmfunktionen erhalten bleiben). Ein »Reset« bedeutet vielmehr, dass ein System auf seine ursprünglichen Werkseinstellungen zurückgesetzt wird, wobei lediglich die Basisfunktionen erhalten bleiben und auch alle vom User installierten Programme entfernt werden. Es ist also so, als hätte man nach einem Reset eine nackte, leere Leinwand vor sich.

Dementsprechend liegt dem »Großen Neuanfang«, so wie ihn die Mächtigen betreiben, kein Manifest oder eine philosophische Schrift zugrunde, an der man sich orientieren könnte. Das, was uns diesbezüglich geboten wird, sind nicht mehr als Schlagworte und Parolen, die alles und nichts bedeuten können. Einig scheint man sich nur darüber zu sein, die derzeit herrschenden Verhältnisse grundlegend ändern zu wollen. Von einem neuen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ist die Rede, in dem Einheitskreaturen kein Privateigentum mehr kennen, dafür aber ihr CO2-Budget.

Ob es so weit kommen wird, wie die Apologeten des Großen Neuanfangs vermuten, darf bezweifelt werden. Die Geschichte lehrt uns, dass es erstens anders kommt, als man zweitens denkt. Erst recht, wenn es um die Verwirklichung einer reinen Lehre geht. Keine Ideologie lässt sich 1:1 umsetzen, auch der Great Reset nicht. Dafür gibt es viel zu viele Zufälle und Faktoren, die auf gesellschaftliche und politische Prozesse einwirken. Aber selbst wenn den Mächtigen der Große Neuanfang in ihrem Sinne gelingen sollte, wird das dann herrschende Regime etwas völlig Neues sein − eine Herrschaftsform, von der wir heute noch keine Vorstellung haben.

Daher wäre jeder Versuch, eine Prognose zu wagen, wohin uns der Große Neuanfang führen wird und wie die Welt danach aussieht, zum Scheitern verurteilt. Diejenigen, die es dennoch tun, demonstrieren damit nur ihre Ahnungslosigkeit. Da die faktisch erreichbaren gesellschaftlichen Zustände niemals mit dem Ideal deckungsgleich in Übereinstimmung zu bringen sind, erübrigt sich die naive Frage nach dem normativen Zielzustand. Insofern ist auch unsinnig, eine Wörterbuchdefinition des Great Reset vorlegen zu wollen.

Aber auch wenn wir derzeit noch nicht wissen können, welche Gesellschaft der Great Reset hervorbringen wird, so bleibt er dennoch eine existenzielle Bedrohung für jeden Einzelnen. Denn es ist kein Zufall, dass die Mächtigen Anfang der 2020er-Jahre den Großen Neuanfang zu einem Thema machen. Ganz offensichtlich glauben sie, dass die Zeit reif ist, dass sie über genug Geld, Macht und Einfluss verfügen, den Schritt wagen zu können.

Das wirft die Frage auf: Wie ist der Westen und vor allem Deutschland in diese Situation geraten?

Um darauf eine Antwort zu finden, beschäftigen wir uns im ersten Teil von Great Reset – Der Angriff auf Demokratie, Nationalstaat und bürgerliche Gesellschaft mit der Geschichte der drei Dekaden zwischen dem (vorläufigen) Ende des Kommunismus 1989/90 und dem Jahr 2020. Dabei konzentrieren wir uns in der Hauptsache auf die Entwicklung in Deutschland. Nicht zuletzt deshalb, weil der Berliner Republik eine Schlüsselrolle beim Großen Neuanfang zufällt. Sie ist Vorreiter und Versuchslabor in einem. Hier wird all das erprobt, was dem Justemilieu am Herzen liegt. Von der Auflösung des Nationalstaates bis hin zur Klimadiktatur.

Am Beispiel der Berliner Republik lässt sich daher der historische Prozess der Entrechtung und Entrechtlichung verfolgen, der weltweit zu eben jenem Scheideweg geführt hat, an dem die Menschheit Anfang der 2020er-Jahre steht. Überdies liefern die historische Einordnung und die Herstellung von Zusammenhängen eine Ahnung davon, was denen, die nicht zu den herrschenden Eliten zählen, bevorsteht, sollten sich die Kalifornische Ideologie und der Globalismus durchsetzen.

Es beginnt mit den 1990er-Jahren, denen wir uns im 1. Kapitel zuwenden, als die Welt aus ihrem Kälteschlaf wiedererwacht. Und wie! Die Freiheit hat gesiegt, und das ganz ohne Krieg oder Blutvergießen. Alles ist mit einem Male möglich. Die »Roaring Nineties« sind ein Jahrzehnt des Optimismus und der Aufbruchsstimmung, nicht nur politisch und gesellschaftlich. Auch ökonomisch und technologisch bricht ein neues Zeitalter an. Das Internet erobert ab 1997/98 die Welt und stellt sie dabei gehörig auf den Kopf. Das World Wide Web ist mehr als eine neue Technologie, durch die Science-Fiction Realität werden kann. Vielmehr sieht man darin ein Versprechen, die Welt auf Dorfniveau schrumpfen zu lassen. Die harmonische Weltgesellschaft scheint zum Greifen nah.

Doch dann kommt der 11. September 2001 und mit ihm die schlagartige Rückkehr der Geschichte. Was folgt, ist der Beginn des moralischen Niedergangs der Weltmacht USA, dessen Zeuge wir im 2., 3. und 4. Kapitel werden.

Der Krieg gegen den Terror, von George W. Bush in Cowboymanier geführt, markiert den Zeitpunkt, von dem an die wichtigste Schutzmacht der Menschen- und Völkerrechte, die USA, eben jene grundlegenden Prinzipien mit Füßen treten wird. Guantanamo (2. Kapitel), der Einmarsch in den Irak, Abu Ghraib (3. Kapitel), Drohnenkrieg (4. Kapitel) – das sind die Stichworte einer langen Kette von Ereignissen, an deren Ende von den Menschen- und Völkerrechten nicht mehr geblieben ist als Worthülsen für Sonntagsreden.

Der Thematisierung des menschenverachtenden und völkerrechtswidrigen Vorgehens der USA nach dem 11. September 2001 folgt im 5. und 6. Kapitel die nähere Betrachtung der diversen Finanzkrisen seit 2008. Wir werden sehen, wie die Weltwirtschaft vor dem Kollaps steht und nur unkonventionelle Maßnahmen Rettung versprechen. Auf Kosten der Steuerzahler und Sparer. Die einen werden immer weiter ausgepresst, die anderen durch Niedrigzinsen ihrer Ersparnisse beraubt.

Darüber hinaus ist die Finanz-, Griechenland- und Eurokrise deshalb interessant, weil Angela Merkel zum ersten Mal einen Notstand ausruft und diesen dann mit einer moralischen Erpressung garniert, um ihre Politik durchzusetzen: »Scheitert der Euro, scheitert Europa.«

Damit sind wir beim Gegenstand des 7. Kapitels, der Alternativlosigkeit, angelangt. Da darf natürlich die Partei, die die Alternative bereits im Namen führt, nicht fehlen. Doch interessiert uns die AfD nicht politisch, sondern als Kristallisationspunkt des Konfliktes zwischen Globalisten und Partikularisten, der mit der Parteineugründung auch in Deutschland offen ausbricht. Seither wird die Auseinandersetzung mit äußerster Erbitterung und seitens der AfD-Gegner mitunter auch mit Gewalt geführt.

© Shutterstock: Alexandros-Michailidis

Angela Merkel: »Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist.«

Das führt uns zu den geistigen Grundlagen des Great Reset. Nachdem wir den eskalierenden Streit zwischen Globalisten und Partikularisten auf europäischer Ebene betrachtet haben, beschäftigen wir uns mit dem Einfluss der Kalifornischen Ideologie auf den Großen Neuanfang. Dieser ist nicht zu überschätzen. Wir werden sehen, dass der Glaube an die eine, bunte Regenbogenwelt, bevölkert von einheitlichen Konsumsklaven und angeführt von einer kleinen, dafür aber allmächtigen Tech-Elite, auch beim Great Reset das Zepter schwingt.

Im Zusammenhang mit der Kalifornischen Ideologie interessiert uns schließlich noch die Denkrichtung des Transhumanismus, die untrennbar mit dem Great Reset verbunden ist. Dieser Begriff lässt sich durchaus auf vielfältige Weise auslegen. Jedoch lassen die Betreiber des Großen Neuanfangs keinen Zweifel daran, dass sie darunter die Optimierung des Menschen entweder durch Maschinen in Nanogröße oder durch Genveränderung verstehen.

Die Folgen einer solchen Idee sind absehbar. Mit jeder Generation würde sich der Abstand zwischen einer maschinell oder genetisch optimierten Elite und dem Rest der Menschheit vergrößern. Selbst wenn das nie verwirklicht werden wird, bleibt doch das ungute Gefühl, von Menschen regiert zu werden, die einem solchen Ideal anhängen.

Nach diesem kurzen Exkurs in die Gedankenwelt des Great Reset begeben wir uns im 8. Kapitel wieder zurück in die Berliner Realpolitik, in der Angela Merkel am 11. März 2011 nach einem Tsunami vor der japanischen Ostküste den nächsten Notstand erklärt und damit die Energiewende einleitet. Diese hat sich nach einem Jahrzehnt als ein gigantisches Umverteilungsprogramm von unten nach oben erwiesen. Der deutsche Normalverbraucher und die deutsche Industrie zahlen die höchsten Energiekosten weltweit. 2000000 Menschen jährlich können sich ihren Energieverbrauch nicht mehr leisten.

Wichtiger aber noch als die sozialen Folgen der Energiewende ist die endgültige Moralisierung der Politik infolge eines Tsunamis in 9000 Kilometer Entfernung. Im Merkel-Staat wird daraufhin die Versorgungssicherheit des Industriestandortes Deutschland von dem Urteil einer Ethikkommission abhängig gemacht. Sie soll bewerten, ob die Nutzung von Kernenergie moralisch vertretbar ist. Es ist der Abschied von einer rational begründeten Politik.

Das bringt uns zum 9. und damit letzten Kapitel im ersten Teil, das die Flüchtlingskrise und die damit beginnende Auflösung des Staates zum Gegenstand hat. Ausgehend vom »March of Hope« und der »Willkommenskultur« verfolgen wir, wie das dumpfe Bauchgefühl des moralischen Imperativs im Merkel-Staat das Gesetz aushebelt. Und das Ganze begleitet von einem medialen Propagandafeuerwerk der vierten Gewalt, deren vornehmste Pflicht es in einer Demokratie ist, der Regierung kritisch auf die Finger zu sehen. Nicht so im besten Deutschland aller Zeiten, wo der Umbau einer homogenen Gesellschaft in eine heterogene, multikulturelle Gesellschaft seit Anfang September 2015 volle Fahrt aufgenommen hat.

Abschließend werfen wir dann noch einen Blick auf die Auflösung des Rechtsstaates und den Verfall der Inneren Sicherheit als Ergebnis von Angela Merkels willkürlicher Grenzöffnung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik, PKS, ist diesbezüglich eine sehr unübersichtliche, gleichwohl ergiebige Quelle, um einen Eindruck davon zu erhalten, wie groß das Gewaltpotenzial derer ist, die im Justemilieu als »Goldstücke« und »Geschenke« bezeichnet werden.

Damit sind wir beim zweiten Teil von Great Reset – Der Angriff auf Demokratie, Nationalstaat und bürgerliche Gesellschaft angelangt. In ihm beschäftigen wir uns mit der Frage, wie weit in der Berliner Republik der Umbau des Staates im Sinne des Großen Neuanfangs bereits vorangeschritten ist.

Dazu verändern wir sowohl die Perspektive als auch die Form der Darstellung. Während der erste Teil als eine klassische historische Untersuchung der letzten drei Jahrzehnte daherkommt, wechselt der zweite Teil in den offenen Modus. Dabei untersuchen wir anhand verschiedener Themenkomplexe die Fortschritte, die die Kalifornische Ideologie und der Globalismus auf ihrem Weg hin zu einer Neuen Weltordnung bereits erzielt haben.

Wiewohl wir nicht wissen, wie die Herrschaftsform und die Gesellschaft nach dem Great Reset aussehen wird, so sind wir dennoch davon überzeugt, dass sich die Geschichte an einem Wendepunkt befindet. Und zwar an einem, der allen uns zur Verfügung stehenden Anzeichen zufolge später einmal in seiner Bedeutung mit dem Untergang Roms verglichen werden wird. Um nichts weniger geht es − das Schicksal der Alten Welt steht auf dem Spiel.

Inzwischen bewegt sich der Konflikt zwischen Globalismus und Partikularismus auf eine Entscheidung zu. Ihre Eingriffe in den US-amerikanischen Wahlkampf und ihr Verhalten in der Corona-Krise legen offen, dass die Tech-Giganten die nächste Stufe der »Weltrevolution von oben« gezündet haben. Dieser historische Vorgang ist noch lange nicht beendet, vielmehr hat er gerade erst begonnen, und wir befinden uns mittendrin.

Da der »Great Reset«, verstanden als Projektname für den weltweiten Umsturz, derzeit keine abgeschlossene, beschreib- und monothematisch erzählbare Geschichte darstellt, müssen wir als Chronisten der Zeit quasi am schlagenden Herzen operieren.

Dem gilt es in Form einer veränderten Herangehensweise im zweiten Teil Rechnung zu tragen. Um dem Leser einen Einblick in die Vorgänge zu geben, die zwar noch in vollem Gange sind, oft aber noch nicht einmal ihren Höhepunkt erreicht haben, haben wir uns für einen offenen, assoziativen Ansatz entschieden. Das heißt, es geht nicht um die Aufstellung einer These, deren Nachweis auf die klassische Weise geführt werden wird. Das ist bei einem Gegenstand wie dem Großen Neuanfang auch unmöglich, da beinahe jeden Tag eine neue, oftmals widersprüchliche Facette dazu auftaucht. Stattdessen sollen sich dem Leser neue oder ergänzende Perspektiven für eigene weiterführende Überlegungen eröffnen.

Entsprechend schließen die fünf Kapitel vom zweiten Teil zwar an den ersten an, jedoch folgen sie keiner chronologischen, sondern einer thematischen Ordnung. Keinesfalls erhebt die Auswahl der Themenkomplexe, die im zweiten Teil behandelt werden, einen Anspruch darauf, die Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat in Deutschland vollständig abgebildet zu haben. Es handelt sich bei ihnen vielmehr um Brückenköpfe, von denen aus man weiter vorstoßen kann.

Den Anfang macht das 10. Kapitel, das sich mit der mutwilligen Zerstörung der deutschen Gesellschaft befasst. Das reicht vom anti-deutschen Zeitgeist der Mächtigen in der Berliner Republik über die Aushöhlung der nationalen Identität und die Entmachtung des Nationalstaates bis hin zur Schleifung der tragenden Säulen einer jeden Gesellschaft − dem Geschlechterverhältnis und der Familienpolitik.

Das bevorzugte Instrument, um die Gesellschaft von innen heraus zu zerrütten, ist die Identitätspolitik. Sie ist in großem Maße dafür verantwortlich, dass das Gemeinwesen immer weiter fragmentiert und auseinanderstrebt. Umso besorgniserregender ist es, wenn die Berliner Republik die Identitätspolitik mit aller Kraft fördern und vorantreiben will. Wer so handelt, dem kann der gesellschaftliche Zusammenhang nicht wichtig sein.

Im 11. Kapitel liegt das Augenmerk auf den außerstaatlichen Exekutivorganen, die sich in der Zwischenzeit neben den klassischen Strafverfolgungsbehörden als Sittenwächter etabliert haben. So hat sich die Antifa mittlerweile zu einer Organisation gemausert, die über zahlreiche Sitze im Bundestag verfügt und staatlich alimentiert wird. Dafür erledigt sie die Drecksarbeit und sorgt auf der Straße für ideologische Hygiene.

Im Gegensatz zur Antifa, die ja durchaus auf eine lange Tradition zurückblicken kann, ist die »Fridays for Future«-Bewegung als jüngste Sittenwächterorganisation erst kürzlich entstanden. Der Blick darauf, wer die FFF-Kinder und – Jugendlichen eigentlich sind und was sie fordern, zeigt, dass es sich bei ihnen um Fleisch vom Fleische der globalistischen Eliten handelt. Sie nennen es Große Transformation, ihre Eltern sagen Großer Neuanfang dazu. Gemeint ist dasselbe.

Und schließlich beschäftigen wir uns mit den Tech-Giganten als drittes außerstaatliches Exekutivorgan. Hinter ihnen stehen die Hohepriester der Kalifornischen Ideologie, und die lassen seit einigen Monaten die Muskeln zugunsten der Neuen Weltordnung spielen. Seither droht aus dem, was einst als großes Freiheitsversprechen gestartet ist, dem Internet, endgültig ein Werkzeug zur Indoktrination und Repression zu werden.

Dass der demokratische Rechtsstaat in Deutschland nicht nur Gefahr läuft, von innen ausgehebelt zu werden, sondern auch von außen, das zeigen die Kapitel 12 und 13. Die europäischen Gesellschaften sollen von zwei Seiten in die Zange genommen werden. Zum einen durch die Migration, zum anderen durch die angeblich heraufdräuende »Klimakatastrophe«.

Kapitel 12 beschäftigt sich demgemäß mit der Migrationspolitik der Berliner Republik, die es auf eine unumkehrbare ethnische und kulturelle Umgestaltung der Verhältnisse in Deutschland abgesehen hat. Womöglich als Vorbereitung auf eine kommende Sklavengesellschaft. Im Mittelpunkt steht der von der Berliner Republik maßgeblich unterstützte UN-Migrationspakt, der das Ende der freien Völker und Nationen in Europa einläutet.

Der Pakt ist nichts anderes als eine Kriegserklärung an die Alte Welt und die hier beheimateten Kulturen und Zivilisationen. An ihre Stelle soll die eine, bunte Weltgesellschaft treten, in der sich alle Menschen unter dem Regenbogen in Liebe und Respekt die Hände reichen. Bezahlt werden soll das Ganze von denen, »die schon länger hier leben«. So der als Staatsräson daherkommende Kinderglaube im Merkel-Staat. Tatsächlich wird Europa zu einem Siedlungsgebiet werden, in dem die diversen Kulturen nebeneinanderher leben und um die Vorherrschaft kämpfen.

Um zu demonstrieren, mit welcher Kaltblütigkeit der Merkel-Staat seine globalistischen Wahrheiten vor der Realität zu schützt, beschäftigen wir uns anschließend mit dem Anschlag vom 19. Dezember 2016 in Berlin. Die harte Ignoranz gegenüber dem Leid der Opfer und deren Angehöriger erschüttert. Auch deshalb, weil sie Einblick gewährt in das finstere Seelenleben einer fanatischen Ideologin.

Die angeblich kurz bevorstehende Klimakatastrophe stellt die zweite Backe jener Zange, mit der die (noch) freien Völker und Nationen in die Mangel genommen werden sollen. Das wird im 13. Kapitel deutlich, in dem wir zeigen, dass die Große Transformation praktisch identisch ist mit dem Großen Neuanfang, dem Great Reset.

Ebenso ergänzt der »Green New Deal« die umstürzlerischen Machenschaften der globalistischen Eliten. Die Analyse der geistigen Grundlagen, auf denen die Konzepte des »Green New Deal« ruhen, muss bei jedem Demokraten die Alarmglocken schrillen lassen. Das Vertragswerk ist weit mehr als nur ein gigantisches Deindustrialisierungs- und Verarmungsprogramm. Es richtet sich zudem einerseits gegen das Privateigentum und setzt sich andererseits für die vorgebliche, absolute Gleichheit der Menschen ein. Jedem, der sich mit der Geschichte der großen, verbrecherischen Ideologien des 20. Jahrhunderts beschäftigt hat, dürften diese Ziele als Grundbedingungen für einen totalitären Ideologie- und Bewegungsstaat1 bekannt vorkommen. Daher ist es keine Überraschung, wenn aus dem Glauben an die Klimakatastrophe ein moralischer Rigorismus entspringt, der Andersdenkende nur als Ketzer zu behandeln weiß.

Wie die angeblich bevorstehende Klimakatastrophe mit der Corona-Pandemie verbunden ist, erfahren wir im 14. Kapitel. Die Maßnahmen gegen Letztere haben die Fantasien der Untergangsapologeten angeheizt. Weshalb sie als Vorbild und Generalprobe für die Große Transformation dienen.

Abgesehen davon werden während der Corona-Krise politische Fakten geschaffen, die jeden Demokraten empören müssen. Der Bundestag, seit 2008 sukzessiv entmachtet, beweist in dieser Zeit endgültig seine Überflüssigkeit. Die wichtigen Entscheidungen werden, vorbei am Parlament und der Öffentlichkeit, in nicht gewählten und verfassungsrechtlich unbekannten Gremien wie der Ministerpräsidentenkonferenz gefällt. Die Volksvertreter dürfen diese bestenfalls abnicken. 16 Jahre Merkel-Staat haben den Parlamentarismus in Deutschland entleibt, übrig geblieben ist lediglich die Hülle.

Das hat nicht zuletzt die gewaltsame Auflösung der friedlichen Demonstration am 19. November 2020 vor dem Reichstag in Berlin belegt. Diese richtet sich in erster Linie gegen das Infektionsschutzgesetz, jenes Gesetz, das nicht umsonst den geflüsterten Beinamen »Ermächtigungsgesetz« erhält. Weil es im Namen des Infektionsschutzes die Diktatur ermöglicht. Dass Wasserwerfer und hochaggressive Polizisten gegen die Protestler, die Wert auf Harmonie und Gewaltlosigkeit legen, eingesetzt werden, ist eine eindeutige Botschaft an den großen Lümmel, das Volk, keine Opposition zu üben, sondern sich brav in die bunt-deutsche Konsensgesellschaft einzureihen.

Dieser Tag hat darüber hinaus weitere Dinge gezeigt. Zum einen die Entschlossenheit der globalistischen Eliten, Widerstand nun auch gewaltsam zu unterdrücken. Zum anderen, dass in der Berliner Republik etwas in Bewegung geraten, eine Gegenöffentlichkeit entstanden ist, die sich aus den verschiedensten Quellen speist. Das alles treibt die Verhältnisse nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und der übrigen westlichen Welt einer Entscheidung entgegen.

So stehen wir am Scheideweg zwischen Knechtschaft und Freiheit.

Noch haben es die freien Völker und Nationen Europas selbst in der Hand zu entscheiden, wohin die Reise geht. Obgleich die Gegner übermächtig erscheinen. Unter der Parole »The Great Reset« versammeln sich die Reichen, Schönen, Mächtigen und all die Mitläufer und Opportunisten, die ihre tyrannische Gewöhnlichkeit mit einem bunten Anstrich aufpeppen, um die Welt nach ihrem Gusto zu gestalten und dabei vor nichts zurückzuschrecken.

Und dennoch: Diejenigen, die nicht zum Justemilieu und den globalistischen Eliten gehören, haben einen engen Verbündeten. Sein Name: Realität. Die Wirklichkeit ist der natürliche Feind des kalifornischen Kinderglaubens von der Einheit der Welt und der absoluten Gleichheit aller Menschen. Und dieser ist auf Dauer nicht zu besiegen. Früher oder später, ob nach 12 oder nach 70 Jahren, triumphiert unweigerlich die Realität.

Doch bis es so weit ist, gilt: Nur Treue zur Verfassung, Freiheit und Brüderlichkeit können uns die Werkzeuge an die Hand geben, um die anstehenden Probleme wenn schon nicht zu beheben, so doch in Würde zu überleben!

Am Lago Vintter im Jahre des Heils MMXXI

Autorenkollektiv Dr. C. E. Nyder

1: Der Weg in den »Great Reset«

1
Der Weg in den »Great Reset«

© AdobeStock: Cirkus

Wenn wir uns mit dem Great Reset beschäftigen, stellt sich zunächst einmal die Frage, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Was ist in den Jahren und Jahrzehnten seit der Implosion des Sowjetreiches passiert, dass die Mächtigen dieser Welt Anfang der 2020er-Jahre ernsthaft über einen »Großen Neuanfang« diskutieren beziehungsweise einen solchen ausrufen?

Schließlich handelt es sich bei dem Great Reset nicht um bloße Polit-Rhetorik, sondern um ein ideologisches Programm, das darauf hinausläuft, das politische System, so wie es sich national und international seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges entwickelt hat, ein für alle Mal abzuschaffen. Oder anders gesagt: »The Great Reset« ist der schwerste Anschlag auf die Demokratie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

Wer heute dem Großen Neuanfang das Wort redet, zumal als Politiker, der an den Schalthebeln der Macht sitzt, handelt anti-demokratisch sowie – letztendlich – menschenfeindlich, und dies wissentlich. Nicht zuletzt sind es die Apologeten des radikalen Neuanfangs selbst, die keinen Hehl machen aus ihrer Absicht, ein neues Wirtschafts- und Gesellschaftssystem installieren zu wollen. Dabei benutzen sie oftmals andere, wolkige Begriffe; bei Umweltbewegten ist dabei die Parole von der »Großen Transformation« beliebt, gemeint ist aber dasselbe.

Und dennoch, obwohl die Herrschenden den Beherrschten offen und ohne Umschweife erklären, dass es bald aus sein wird mit Freiheit und Demokratie, bleiben bis zum Jahresende 2020 nennenswerte Proteste dagegen aus. Fast so, als hätten die Bundesbürger es verlernt, in demokratischen und freiheitlichen Kategorien zu denken.

Das ist nicht immer so gewesen. In der Bonner Republik herrschte ein tief verwurzelter, antitotalitärer Geist. Vor der Wiedervereinigung sind es zum Beispiel die Spiegel-Affäre (1962), die Notstandsgesetze (1968) und die Volkszählung (1983), die das Volk auf die Straße treiben, um sich gegen die Übergriffigkeiten des Staates zu wehren. In der DDR ist die Gesinnung der Bürger nicht weniger freiheitlich, wie der Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 und, natürlich, der 9. November 1989, der Tag des Mauerfalls, beweisen.

Unvorstellbar, dass sich in jenen Zeiten die Mächtigen der Welt getroffen hätten, um offen und ernsthaft über das zukünftige Wirtschafts-, Gesellschafts- und Lebensmodell zu beraten, das den Völkern und den Menschen von oben aufgezwungen werden soll, während diese das Ganze achselzuckend hinnehmen.

Am Beginn der 2020er-Jahre ist ein solches Szenario nicht nur vorstellbar, vielmehr findet es tatsächlich statt, und das unter den Augen einer Öffentlichkeit, die scheinbar alles mit sich machen lässt.

Wie also konnte es so weit kommen?

Kapitel 1: Die »Roaring Nineties«

KAPITEL 1
Die »Roaring Nineties«

Am Ende hat der Kalte Krieg geradezu groteske Ausmaße angenommen. Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs sind Tausende von Raketen und Atomsprengköpfen stationiert. Man scheint bereit, jederzeit die Menschheit und mit ihr alles Leben auf der Erde auszulöschen. Und das nicht nur einmal, sondern viele Hundert Male, so groß ist die Sprengkraft der Kernwaffen.

Nichtsdestotrotz hat man sich in Ost und West arrangiert. Zumal in der Bundesrepublik, wo man es sich auf der Pariabank der Weltgeschichte und im Schatten der drohenden atomaren Apokalypse eingerichtet hat. Und das gar nicht mal schlecht. Die Wiedervereinigung scheint nur noch ein Ideal zu sein, wenngleich ein völlig utopisches. Und sie ist in linken Kreisen auch gar nicht erwünscht. Vielmehr redet man der Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft das Wort.

© Shutterstock: KREML

Der heutige Overkill gleicht 2500 Zweiten Weltkriegen

Währenddessen wird im Osten die letzte Runde für den Sowjetkommunismus eingeläutet, als Michail Gorbatschow im März 1985 in Moskau an die Macht kommt. Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung), so die beiden Schlagworte, unter die er seine Politik stellt. Eigentlich erdacht, um das rote Riesenreich, das seit dem Ende der 1970er-Jahre mehr und mehr zu einem Riesen auf tönernen Füßen geworden ist, wieder richtig flottzumachen, sind sie der Anfang vom Ende.

Es ist wie stets in einer Diktatur: Lässt der Druck nach, kommt all das hervor, das bis dahin unter der Decke gehalten worden ist. So ergeht es auch Gorbatschow mit seiner Politik der Offenheit und Umgestaltung. Plötzlich wird alles sichtbar: die Misswirtschaft, der Verfall, die Korruption. Der Afghanistankrieg wühlt die sowjetische Gesellschaft noch weiter auf, die Wirtschaft ist nicht produktiv, und das Wettrüsten mit den USA verschlingt immer mehr Ressourcen.

4 Jahre nach Gorbatschows Machtantritt fällt als erste Provinz die DDR vom Sowjetimperium ab.

Der Mauerfall

Als der frisch gebackene Sekretär des ZK der SED für Informationswesen, Günter Schabowski, am frühen Abend des 9. November 1989 im Internationalen Pressezentrum der DDR vor die Weltpresse trat, ahnte zwar der eine oder andere Journalist, dass sich etwas ereignen würde.2 Dazu braucht es freilich nicht viel Prophetie. Schließlich haben sich die Ereignisse seit einigen Tagen verselbstständigt und auf eine Entscheidung zubewegt.

So hat die SED-Spitze 72 Stunden vor der Pressekonferenz in der Berliner Mohrenstraße 36/37 auf Druck der großen Leipziger Montagsdemonstration am 4. November den Entwurf eines neuen »Reisegesetzes« vorgestellt. Es ist als Antwort auf die Massenflucht von DDR-Bürgern in die BRD über Ungarn und die ČSSR gedacht, stößt allerdings umgehend auf breiten Widerstand. Die folgenden Tage sind geprägt von einer Reihe von Rücktritten, zuerst demissioniert die DDR-Regierung unter Willy Stoph (7. November), tags darauf das gesamte Politbüro des Zentralkomitees der SED (8. November).3

© Wikimedia: Bundesarchiv

Günter Schabowski: »Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.«

Es ist also durchaus zu erwarten, dass sich am 9. November 1989 ebenfalls etwas Historisches ereignen würde. Doch mit dem, was kurz darauf geschehen sollte, hat niemand gerechnet.

Rund 45 Minuten nach Eröffnung der Pressekonferenz bringt der italienische Journalist Ricardo Ehrmann als Erster das Thema »Reisegesetz« aufs Tapet. Er fragt in gebrochenem Deutsch: »Herr Schabowski, Sie haben von Fehler gesprochen. Glauben Sie nicht, dass es war ein großer Fehler, diesen Reisegesetzentwurf, das Sie haben jetzt vorgestellt vor wenigen Tagen?«4

Damit erwischt er den SED-Mann offensichtlich auf dem falschen Fuße. Auf der Suche nach einer Antwort druckst Schabowski herum, bis ihm das Papier einfällt, das ihm SED-Generalsekretär Egon Krenz kurz vor der PK in die Hand gedrückt hat. Dabei handelt es sich um die neue, überarbeitete Reiseregelung. Er solle es mitnehmen in die Pressekonferenz, hatte der Generalsekretär noch erwähnt. Allerdings ist Schabowski nicht dazu gekommen, den Entwurf vorab zu lesen.5

Das Problem ist nur, er findet das Papier nicht auf die Schnelle. Verwirrt blättert er in dem Stapel Unterlagen, den er bei sich trägt. Beinahe 3 Minuten lang. Dann endlich findet er die gesuchten Informationen und erklärt: »Allerdings ist heute, soviel ich weiß, eine Entscheidung getroffen worden. Es ist eine Empfehlung des Politbüros aufgegriffen worden, dass man aus dem Reisegesetz den Passus herausnimmt und in Kraft treten lässt, der – wie man so schön oder so unschön sagt – die ständige Ausreise regelt, also das Verlassen der Republik. Weil wir es für einen unmöglichen Zustand halten, dass sich diese Bewegung vollzieht über einen befreundeten Staat, was ja auch für diesen Staat nicht ganz einfach ist. Und deshalb haben wir uns dazu entschlossen, heute eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen.«

Anders als der Sekretär des ZK der SED für Informationswesen erkennen die Journalisten sofort die Bedeutung seiner Worte. Sofort bricht Unruhe los. Fragen prasseln auf Schabowski ein. Dieser ist vollkommen überrascht von der Unkenntnis seiner Gegenüber. So sehr, dass er die Journalisten als »Genossen« betitelt und fortfährt: »Mir ist das hier also mitgeteilt worden, dass eine solche Mitteilung heute schon verbreitet worden ist. Sie müsste eigentlich in Ihrem Besitz sein.«

Da dem nicht so ist, verliest er kurzerhand die neuen Regelungen: »Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. Die zuständigen Abteilungen Paß- und Meldewesen der Volkspolizeikreisämter in der DDR sind angewiesen, Visa zur ständigen Ausreise unverzüglich zu erteilen, ohne daß dafür noch geltende Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen. […] Ständige Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD bzw. zu West-Berlin erfolgen.«

Die Unruhe im Saal wächst, jeder, außer vielleicht Schabowski, spürt, hier geschieht gerade Sensationelles. Erst recht, als der Journalist Ralph T. Niemeyer fragt: »Wann tritt das in Kraft?« und der SED-Mann, der im Laufe der Pressekonferenz immer unsicherer wird, erneut ins Stammeln gerät: »Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.«

Das ist der endgültige Anfang vom Ende des Sowjetreiches. Unerhörte und bis vor Kurzem noch unvorstellbare Umwälzungen sind mit einem Male im Gange. Eine kommunistische Partei nach der anderen streicht europaweit die Segel und macht den Weg frei für eine demokratische Erneuerung. Aus totalitären Volksdemokratien werden parlamentarische Demokratien. Und das alles weitestgehend ohne Blutvergießen. Der kurze Bürgerkrieg in Rumänien ist genauso eine Ausnahme, die die Regel von den friedlichen Revolutionen in Osteuropa bestätigt, wie die wenigen gewaltsamen Konflikte an der europäischen Peripherie.

Ihr Ende findet die historische Eruption am Zweiten Weihnachtsfeiertag 1991. Der Generalsekretär der KPDSU, Michael Gorbatschow, tritt von seinen Ämtern zurück. Fast auf den Tag genau 69 Jahre, nachdem am 30. Dezember 1922 die Rote Fahne der kommunistischen Partei zur offiziellen Nationalflagge der Sowjetunion erhoben worden ist, wird sie nun, wenige Stunden nach Gorbatschows Rücktritt, vom Dach des Kremls geholt.6 Die Sowjetunion hat aufgehört zu existieren.

Das Ende der Geschichte

Es folgt ein Jahrzehnt, wie es die Menschheit wohl selten erlebt hat. Voller Unbeschwertheit, Optimismus und Aufbruchsstimmung. Und in der Tat, nach dem friedlichen Ende des Kalten Krieges und befreit von der Bedrohung einer atomaren Apokalypse, die 40 Jahre lang wie ein Damoklesschwert über dem Menschengeschlecht schwebte, hat es den Eindruck, als würde sich ein goldenes Zeitalter ankündigen. Alles ist möglich! – so lautet der Wahlspruch in dieser Dekade.

© Wikimedia: ROBERT GODDYN/UPA Photo

Francis Fukuyama

Manch einer ist gar der Meinung, es sei das Ende der Geschichte erreicht. So lautet jedenfalls der Titel eines Buches, das 1992 für erhebliches Aufsehen sorgt. Darin vertritt der US-amerikanische Politikwissenschaftler und Sohn japanischer Einwanderer Francis Fukuyama die These, dass die Geschichte letztendlich auf den Siegeslauf des ökonomischen und politischen Liberalismus hinauslaufe, was wiederum geradezu zwangsläufig dazu führe, dass sich die westliche Demokratie als Regierungsform weltweit durchsetzen wird. Ist das geschehen, sei die final form of human government erreicht, also quasi das Ende der Geschichte.

Fukuyamas Annahme gründet auf der Überlegung, dass die historische Entwicklung seit den Revolutionen der Aufklärungszeit zwei Prinzipien folgt: Erstens dem naturwissenschaftlichen Denken, woraus technologischer Fortschritt resultiert, in dessen Schlepptau das Verlangen nach allgemeiner Bildung bei den Menschen wachse. Das zweite Prinzip, das Fukuyama hinter dem Gang der Geschichte vermutet, besteht im Streben des Individuums nach »recognition«, also nach Anerkennung. Dieses Verlangen ziele auf die Entstehung konstitutioneller Demokratien und den Schutz von Persönlichkeits- und Freiheitsrechten ab. Wobei stets der ökonomische Liberalismus dem politischen vorangehe. Als Paradebeispiele führt er die Staaten Südostasiens an, die in der Entstehungszeit des Buches, also in den späten 1980er-Jahren, einen bis dahin ungekannten Boom erleben. Dort habe die gemeinsame Vermarktung, common marketization, die Bildung moderner Demokratien bewirkt. In Kurzform und etwas überspitzt lautet die These des Politikwissenschaftlers: »Der universal homogene Staat lässt sich in politischer Hinsicht als liberale Demokratie in Verbindung mit einfachem Zugang zu Videorekordern und Stereoanlagen charakterisieren.«7

Fukuyama hat viel Kritik einstecken müssen, nicht nur für die Videorekorder und Stereoanlagen. Er steht im Verdacht, die Vielfalt der Welt zu ignorieren und es stattdessen auf die Errichtung eines Groß-Amerikas abgesehen zu haben, das zu allem Überfluss auch noch christlich und weiß geprägt sei. Die Kritik und der Verriss der Idee fällt umso schärfer aus, da Fukuyama als »Neocon«, also als Neokonservativer, ohnehin den Unmut des immer stärker werdenden linken Dogmatismus im intellektuellen Milieu hervorruft.

Ungeachtet des ideologischen Verrisses der inzwischen üblichen Verdächtigen, zeigt die Resonanz auf Fukuyamas Buch, wie erwartungsfroh die Menschen Anfang der 1990er-Jahre sind. Sie sehen sich einer Zukunft gegenüber, die nur großartig und golden sein kann. Es geht gar nicht anders, jetzt, da sich Demokratie, Rechtsstaat und Freiheit unwiderruflich gegen Despotie, Willkür und Unfreiheit durchgesetzt haben. Wer oder was soll das Menschengeschlecht auf seinem Weg ins diesseitige Paradies noch aufhalten?

Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Joseph Stiglitz ist in seiner Bewertung der 1990er-Jahre nicht ganz so optimistisch wie Fukuyama. Aber auch er kommt nicht umhin, das besondere Flair dieser Zeit festzustellen. So bezeichnet er die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts in Anlehnung an die 1920er-Jahre als die »Roaring Nineties«, in denen »Rezessionen … der Vergangenheit an[gehörten] und die Globalisierung … der ganzen Menschheit Wohlstand [bescherte]«.8

Und tatsächlich wächst die US-Wirtschaft in den 1990er-Jahren in einem Ausmaß wie seit 25 Jahren nicht mehr. Was außerdem Auswirkungen auf die europäischen Volkswirtschaften hat; sie werden mit nach oben gezogen. Dafür mitverantwortlich sind auch und vor allem die neuen Informationstechnologien, die völlig neue Horizonte eröffnen.

Im September 1998 geht das unterseeische Glasfaserkabel Atlantic Crossing 1, kurz AC-1, in Betrieb, welches bis dahin ungekannte Übertragungskapazitäten ermöglicht. Es quert den Atlantischen Ozean und verbindet die USA und Europa. Damit ist das wichtigste Teilstück von FLAG (Fibreoptic Link around the Globe) vollendet, jenem globusumspannenden Netz aus Unterseekabeln, das kein geringeres Ziel anstrebt, »als die Aufhebung der Ferne«, wie der Spiegel es 1997 formuliert.9

Daran ändert auch die Dotcom-Krise ab März 2000, auf die wir noch eingehen werden, nichts Grundlegendes. Sie trübt für ein paar Monate die Stimmung an den Märkten ein, und viele Kleinanleger – insbesondere in Deutschland – erleiden in diesen Jahren schweren finanziellen Schaden. Aber den grundsätzlichen Optimismus gegenüber den revolutionären Potenzialen der neuen Technologien kann auch der zwischenzeitliche Zusammenbruch des Neuen Marktes nicht brechen.

Geschichtslose Zeit

Die Unbeschwertheit der 1990er-Jahre hatte ihre Ursache nicht zuletzt in der Abwesenheit der Geschichte. Das mag auf den ersten Blick eine durchaus kühne Behauptung sein, schließlich steht mit dem Mauerfall eine historische Umwälzung epochalen Ausmaßes am Beginn der glücklichen Zeit.

Dennoch bleibt es dabei: Die letzte Dekade des zweiten, nachchristlichen Jahrtausends ist eine geschichtslose Zeit. Das ergibt sich unter anderem daraus, dass gerade eben erst der Kalte Krieg zu Ende gegangen ist. Im Kalten Krieg gab es nur Ost und West, die Verhältnisse waren klar, übersichtlich sowie scheinbar unverrückbar ein- und festgefroren. Und mit ihnen die Geschichte. 40 lange Jahre fand sie einfach nicht statt. Der ideologische Dauerfrost, der die politischen Verhältnisse trotz gelegentlichen Tauwetters beherrschte, ließ es nicht zu, dass Klio, die Muse der Geschichte, dichtet. Als nun die historische Frostperiode endet, braucht diese eine gewisse Zeit, um sich aufzuwärmen und wieder zurückzumelden.

Hinzu kommt, dass das friedliche Ende des Sowjetkommunismus die Überzeugung befeuert, die Menschheit habe sich endlich von ihren historischen Dämonen befreit. Selbst jahrhundertealte ethnische, kulturelle und/oder nationale Rivalitäten und Konflikte glaubt man am Verhandlungstisch beilegen zu können.

Bestätigt wird diese Haltung durch die ebenfalls friedlich verlaufende Neuaufteilung und Renationalisierung Osteuropas in den folgenden Jahren, die nach den Grundsätzen des Selbstbestimmungsrechts der Völker abläuft. Das ist keineswegs zu erwarten gewesen. Schließlich sind die osteuropäischen Völker in ihrem Streben nach Freiheit und nationaler Selbstbestimmung über Generationen hinweg von den sowjetischen Machthabern unterdrückt worden. Aber selbst diese traumatischen Erlebnisse führen nach der Selbstbefreiung zu keinen oder nur zu seltenen, und wenn dann nur zu punktuellen Racheaktionen gegen die ehemaligen Besatzer. Der Osten Europas emanzipiert sich weitestgehend gewaltlos von sowjetischen Satelliten zu freien Nationalstaaten.

Ein historisch einmaliger Vorgang, der jedoch zur Verblendung der damaligen Zeitgenossen beiträgt. Zum ersten Mal sichtbar wird diese im Verlauf des jugoslawischen Erbfolgekriegs, als Europa kläglich dabei versagt, 50 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen Genozid in Europa zu verhindern.10

Dem Jugoslawienkrieg kommt in dem Befreiungsprozess Osteuropas eine Sonderrolle zu. Dies nicht zuletzt, weil das frühere Jugoslawien im Kalten Krieg zwar mit Tito einen Kommunisten als Staatschef hatte, dieser aber Distanz zu Moskau wahrte. Daher gehörte Jugoslawien zu den »Blockfreien«, also den Staaten, die weder der NATO noch dem Warschauer Pakt zugehörig gewesen sind. Insofern richtete sich der separatistische Widerstand der Slowenen, Kroaten und der Muslime nicht gegen die Herrschaft Moskaus, sondern gegen den von Titos Nachfolger Slobodan Milošević angeheizten serbischen Nationalismus. Dieser steht am Grund der sechs jugoslawischen Nachfolgekriege, die die 1990er-Jahre hindurch bis 2001 Europas südöstliche Peripherie verheeren.

Die Auseinandersetzungen werden mit aller Grausamkeit geführt, jede Seite, mit Ausnahme vielleicht der Slowenen, verübt schreckliche Verbrechen. Vor allem aber tun sich serbische Milizen und Paramilitärs mit Scheußlichkeiten aller Art hervor. Es sind die USA und die NATO, die der serbischen Soldateska mehrfach mit Waffengewalt Einhalt gebieten. Die gerade in Europäische Union umbenannte Europäische Gemeinschaft zeigt sich hingegen machtlos und unfähig, in ihrem eigenen Hinterhof für Frieden und Menschenrechte zu sorgen.

Doch das ficht die, die nun an die Macht streben, nicht an. Jene, die 1998/99 die Berliner Republik ausrufen, kennen nur die Abwesenheit der Geschichte. Und das soll auch so bleiben. Denn eine geschichtslose Welt ist so unschuldig und glücklich wie eine neugeborene Welt. Darin lebt es sich gut. In ihr wähnen sich die geistlosen Vollzieher biederer Vorurteile an einen Punkt angelangt, an dem sogar der Mensch selbst nur noch als gut, schön und wahrhaftig gesehen werden kann. Diese Verblendung sitzt so tief, dass die Tragödien in Jugoslawien und Ruanda nicht wirklich zu Bewusstsein kommen und die ewigen Kriege in Afghanistan und im Kongo vollständig unter der Wahrnehmungsschwelle verschwinden.

Kapitel 2: Der 11. September 2001

KAPITEL 2
Der 11. September 2001

Das glückliche Jahrzehnt nach dem Fall der Berliner Mauer und der Implosion des Sowjetkommunismus findet am 11. September 2001 sein jähes Ende. Die neue Zeit verliert ihre Unschuld, ihr Optimismus verglüht in einem Feuerball über Manhattan. Man muss erkennen: Die Geschichte ist doch noch nicht zu Ende. Im Gegenteil: Sie ist mit Getöse zurückgekehrt und macht unmissverständlich klar, dass die Euphorie der 1990er-Jahre nicht mehr gewesen ist als ein Tanz auf dem Vulkan.

Mindestens 2989 Menschen werden an diesem Tag zwischen 08:46 und 10:03 Uhr in New York, Washington und auf einem Feld nahe Shanksville in Pennsylvania getötet. Die Mörder sind, nach allem, was man weiß, neunzehn Gotteskrieger aus dem Nahen und Mittleren Osten, fünfzehn davon stammen aus Saudi-Arabien. Wie im Übrigen auch der Organisator und Finanzier der Aktion, Osama bin Laden, der Anführer des Terrornetzwerkes al-Qaida.

Die Nationalität der Attentäter und der Hintermänner ist insofern wichtig, als die USA nach den Anschlägen auf das WTC und das Pentagon nicht Saudi-Arabien ins Visier nehmen, sondern Afghanistan. Washington legt den am Hindukusch herrschenden radikalislamischen Taliban (zu Deutsch: »Koranschüler«) dabei nicht den Massenmord vom 11. September selbst zur Last, sondern lediglich den Umstand, dass sie Osama bin Laden nach den Anschlägen Unterschlupf gewähren. Die Koranschüler pochen hingegen darauf, dass in ihrer Kultur das Gastrecht ein unveräußerlicher Bestandteil des hiesigen Ehrenkodex darstellt, weshalb sie Osama bin Laden nicht ausliefern können.

© Wikimedia: Robert J. Fisch

11. September 2001: Das 3. nachchristliche Jahrtausend beginnt

Es hilft ihnen nichts. Am 7. Oktober 2001 greifen die USA und die mit ihnen verbündete Nordallianz Afghanistan an. Ursprünglich hat Washington zwar den Bündnisfall nach Artikel 5 der NATO-Charta11 ausgerufen, woraufhin Gerhard Schröder dem US-Präsidenten George W. Bush die uneingeschränkte, »ich betone: uneingeschränkte Solidarität Deutschlands«12 zusichert. Jedoch verzichtet Washington beim Feldzug gegen die Taliban zunächst auf die militärische Unterstützung durch die Verbündeten. Weil man sich dadurch in seiner Handlungsfreiheit beschneiden würde. Bei einem wilden Heerhaufen, wie ihn die Nordallianz darstellt, besteht diese Gefahr nicht. Diese erledigt mit schlagkräftiger Unterstützung der US Air Force die Drecksarbeit am Boden. 5 Wochen später, am 13. November, ist das erste Ziel erreicht. Die Taliban sind aus Kabul vertrieben. Gleichwohl: Die Vergeltung bleibt unbefriedigend, denn Osama bin Laden ist weiterhin auf der Flucht. So beginnt der War on terrorism (zu Deutsch: »Krieg gegen den Terror(ismus)«, der letztendlich die US-amerikanische Demokratie aus den Angeln hebt.

»Patriot Act«

Nach dem 11. September 2001 fühlt sich die amerikanische Nation under attac (zu Deutsch: »unter Beschuss«/»einem Angriff ausgesetzt«), und der damalige Präsident George W. Bush jr. ergreift die Gelegenheit, um die US-Politik nach innen wie nach außen neu auszurichten.

Bereits im Oktober 2001 wird der »USA PATRIOT Act« (Uniting and Strengthening America By Providing Appropriate Tools Required To Intercept and Obstruct Terrorism13) verabschiedet. Es handelt sich hierbei um ein Gesetzespaket, welches den Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden Kompetenzen zuschanzt, die so gar nicht zu dem Land of the free passen wollen. In dem Staat, der sich ansonsten so gerne als demokratische und moralische Weltführungsmacht präsentiert, ist es beispielsweise von nun an möglich, gegen Antikriegsdemonstranten zu ermitteln, als wären sie Agenten einer fremden Macht. Greenpeace oder globalisierungskritische Gruppen können aus Sicht des »Patriot Act« fortan als terroristische Organisationen behandelt werden, und jeder, der gegen die Bombardierung von Afghanistan protestiert, ist potenziell ein Fall für die Spionageabwehr. Fast nach Belieben können Telefongespräche und Internetkommunikation der US-Bürger überwacht und deren Daten zu Profilen verknüpft werden. Richterliche Genehmigungen braucht es dafür nicht, sofern die Vermutung besteht, ein Staatsfeind oder »Terrorist« oder Sympathisant des einen oder anderen sei am Werk. Die gesammelten Daten und Informationen laufen zusammen in einem neu geschaffenen Inlandsgeheimdienst, der Homeland Security, die an vorderster Front steht im War at Home.14

Was die Außenpolitik angeht, so behalten jene Kritiker von George W. Bush jr. letztendlich Recht, die dem texanischen US-Präsidenten eine Cowboymentalität unterstellen. In der Tat agiert Bush nach dem 11. September ganz im Stil eines Sheriffs im Wilden Westen. So lässt er am 16. September 2001 verlauten: »I want justice … And there’s an old poster out West, I recall, that says, ›Wanted: Dead or Alive.‹«15

Illegale Kämpfer

Es liegt im Wesen eines Westernhelden, dass er kein Gesetz über sich duldet, sondern das Recht lieber selbst in die Hand nimmt. Er ist quasi Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person. Nicht anders geht George W. Bush jr. vor. Nur, dass die Weltpolitik nicht der Wilde Westen und der amerikanische Präsident nicht der Sheriff von Global Village ist. Da aber dieser nicht imstande ist das einzusehen, führt der »Krieg gegen den Terror« in ein völker- und menschenrechtliches Desaster.

Das beginnt damit, dass die Bush-Administration Feindseligkeiten gegen die Gastgeber von Osama bin Laden beginnt, ohne sich über die rechtliche Stellung von gefangenen Taliban- oder al-Qaida-Kämpfern im Klaren zu sein. Wären diese ganz normale Kombattanten, also Soldaten, die ihre Waffen offen tragen und sich durch einheitliche Uniform samt Hoheitssymbolen als Mitglieder einer feindlichen Armee zu erkennen geben, so stünden ihnen nach der Genfer Konvention gewisse Rechte zu. Ebenso, wenn es sich nicht um Soldaten, sondern um Massenmörder, also Kriminelle handelt.

© Shutterstock: Joseph-August

George W. Bush: »Ich denke, wir sind uns einig, dass die Vergangenheit vorbei ist.«

Doch genau das kann und will der Sheriff im Weißen Haus den Gotteskriegern nicht zugestehen. Die Lösung des Problems liegt in einer Hilfskonstruktion: dem sogenannten »Ungesetzlichen/Illegalen Kombattanten« (engl.: unlawful combatant oder illegal combatant). Im Militärstrafrecht ist dieser Status 2001 allerdings nahezu unbekannt. Lediglich Kanada, Großbritannien und Israel unterscheiden ebenfalls zwischen legalen und illegalen Kombattanten.

Pentagon und Weißes Haus berufen sich beim Illegalen Kombattanten auf einen Präzedenzfall aus dem Jahr 1942. Damals steht eine Gruppe deutscher Agenten in den USA vor Gericht, die als Sabotagetrupp in die Vereinigten Staaten eingeschleust worden sind, um Dämme zu sprengen, Industrieunternehmen zu sabotieren oder sonst wie für Verwirrung und Panik unter der US-amerikanischen Bevölkerung zu sorgen. Bei dem Prozess konstatiert der Richter, dass

»… das Kriegsrecht … zwischen den Streitkräften und der friedlichen Bevölkerung von Konfliktparteien und genauso zwischen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Kombattanten (unterscheidet). Rechtmäßige Kombattanten unterliegen der Ergreifung und Internierung als Kriegsgefangene durch gegnerische Streitkräfte. Unrechtmäßige Kombattanten unterliegen genauso der Ergreifung und Internierung, jedoch unterliegen sie zusätzlich der Anklage und Bestrafung durch Militärtribunale für Taten, die ihre Kriegführung unrechtmäßig gemacht haben. Der Spion […] oder ein Kombattant des Feindes, der ohne Uniform und geheim die Frontlinien passiert, in der Absicht, Krieg durch die Zerstörung von Menschenleben oder Sachwerten zu führen, sind bekannte Beispiele von kriegführenden Personen, die nach allgemeiner Ansicht nicht dem Kriegsgefangenenstatus, sondern als gegen das Kriegsrecht verstoßende Personen der Anklage und Bestrafung durch Militärtribunale unterliegen.«16

Ungeachtet der Bewertung des US Supreme Court von 1942 bleibt der »Ungesetzliche Kombattant« unvereinbar mit den Genfer Konventionen, die auch für Taliban- und al-Qaida-Kämpfer gelten. Immerhin gibt es einen Artikel, der sich der Partisanen-Frage annimmt. Gemeint ist der »gemeinsame Artikel 3«.

Der »gemeinsame Artikel 3« lässt sich auf die Parole: »Auch im Kriege menschlich bleiben« verkürzen. Das wird dadurch erreicht, dass der gemeinsame Artikel 3 den Geltungsbereich des Genfer Abkommens auf nicht internationale bewaffnete Konflikte ausdehnt, also: klassische Bürgerkriege, innerstaatliche bewaffnete Konflikte, die auf andere Länder übergreifen, sowie innerstaatliche Konflikte, bei denen Drittstaaten oder multinationale Truppen eingreifen.

Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, »dass Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeiner anderen Ursache außer Kampf gesetzt wurden, unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt werden sollen, ohne jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der Farbe, der Religion oder des Glaubens, des Geschlechts, der Geburt oder des Vermögens oder aus irgendeinem ähnlichen Grunde.« Im Folgenden sind Folterungen, Angriffe auf Leib und Leben der Gefangenen sowie auf deren Würde ausdrücklich verboten. Außerdem hat jeder Gefangene das Recht auf eine Verhandlung vor einem ordentlich bestellten Gericht.17

Davon lassen sich Weißes Haus und Pentagon allerdings nicht beirren. Der Krieg gegen den Terror ist als Rachefeldzug konzipiert, und da kann man kein Regelwerk gebrauchen, das die, an denen Vergeltung geübt werden soll, mit Rechten ausstattet.