Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Neu erzählt werden die bekannten Märchen der Gebrüder Grimm: Des Teufels goldene Haare; Hans im Glück; Die kluge Else; Der singende Knochen; Tischlein deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack; Rotkäppchen; Die sieben Raben
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 41
Veröffentlichungsjahr: 2014
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
E.R. Greulich
Grimms Märchen, etwas modernisiert
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Des Teufels goldene Haare
Hans im Glück
Die kluge Else
Der singende Knochen
Tischlein deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack
Rotkäppchen
Die sieben Raben
ERGE’s LESEBUCH
Impressum neobooks
Eines Burschen Pfiffigkeit setzt dem König Hörner auf
Es war einmal eine arme Frau, die gebar ein Söhnlein mit einer Glückshaut, und der Hebamme gefiel das Knäblein so, dass sie ihm weissagte, es werde einst die Königstochter heiraten. Es trug sich zu, dass bald darauf der König, als einfacher Mann angetan, ins Dorf kam, und er fragte die Leute, was sie vom König hielten. Dazu sagten sie vorsichtshalber gar nichts, und sie erzählten statt dessen, dass in der ärmsten Kate ein Knäblein mit einer Glückshaut geboten sei, dem sei geweissagt worden, es werde einmal die Königstochter heiraten. Übel, übel, dachte der König, ich habe zwar noch keine Tochter, doch was nicht ist, könnte werden, denn meine Gemahlin ist ja sehr jung. Bringe ich das Wurm um die Ecke, so kann es mir niemals Schaden stiften. Also ging er zu den Eltern und sprach: "Gebt mir euren Knaben, er soll keine Not leiden und in die besten Schulen gehen. Als Schmerzensgeld bekommt ihr von mir einen goldenen Batzen." Die Mutter dachte, was könnte einem armen Kind besseres geschehen, als viel zu lernen. Der Vater dachte, ein goldener Batzen ist kein schlechtes Pflaster für Notfälle. Und beide dachten, außerdem hat der Bengel eine Glückhaut, was kann ihm schon Übles geschehen.
Der König tat das Kind in eine Schachtel und ritt damit fort, bis er zu einem tiefen Wasser kam. Da warf er die Schachtel hinein und sprach wohlgelaunt: "Wer ersoffen ist, der kann nicht mehr heiraten." Die Schachtel ging aber nicht unter, sondern schwamm auf dem Wasser wie ein Schiffchen weiter, bis drei Meilen vor die Hauptstadt, wo sie am Wehr einer Wassermühle hängenblieb. Der Müllergeselle zog die Schachtel an Land, denn es konnte wohl ein Schatz darin liegen. Leider war es nur ein wunderschönes, gesundes Knäblein. Erbost wollte der Finder den Findling zurück in den Fluss werfen. Das sah die Müllersfrau, die keine Kinder hatte. Sie nahm den Kleinen an sich, freute sich sehr und sagte, was man so spricht, wenn man keine andere Erklärung hat: "Gott hat ihn uns beschert." Sie pflegte den Findling sorgsam, und er wurde ein prächtiger Bursche. Er liebte die Müllersfrau wie die eigene Mutter, denn sie war seine Retterin. Eigentlich waren alle Frauen Retterinnen. Seine leibliche Mutter hatte ihn aus der Unendlichkeit in die Endlichkeit gerettet, die Hebamme hatte ihn ans Licht gebracht, und die Müllersfrau hatte ihn aus den Pfoten des habgierigen Müllergesellen befreit. So liebte er die Frauen, das spürten sie, und deshalb waren sie gut zu ihm.
Es trug sich zu, dass der König einmal bei einem Gewitter in der Mühle Schutz suchte, und so fragte er die Müllersleute, ob der treffliche Bursch ihr Sohn sei. "Nein", antworteten sie, "er ist ein Findling, er kam damals in einer Schachtel ans Wehr geschwommen, und wir haben ihn an Kindes Statt aufgezogen." Nun wusste der König, wer der junge Glückspilz war, und scheinheilig bat er die Müllersleute, ihn mit einem Brief an die Königin in die Hauptstadt schicken zu dürfen. In dem Brief stand, sobald der Bursche mit diesem Brief angelangt sei, solle er getötet werden.
Der Bursche machte sich auf den Weg, verirrte sich in einem großen Wald, und im Abenddunkel sah er in der Ferne ein Licht. Er ging darauf zu und gelangte an ein Häuschen. In der Stube saß eine alte Frau beim Feuer, und fragte erschrocken: "Wo kommst du her, wo willst du hin?" Der Bursche erzählte alles der Wahrheit gemäß und sie sprach: "Du bist in ein Räuberhaus geraten, wenn sie heimkommen, bringen dich die Räuber um." Sie nahm eine Laterne, zeigte ihm den rechten Weg. So ward er wieder einmal von einer Frau gerettet und kam heil in der Hauptstadt an.
Die Königin, als sie den Brief gelesen hatte, dachte, mein Herr Gemahl wird altersschwach. Wie kann ich einen wildfremden Menschen umbringen lassen, der mir nichts getan hat?