Halblingsbund - Dennis L. McKiernan - E-Book

Halblingsbund E-Book

Dennis L. McKiernan

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Beschreibung

Der grandiose Abschluss und Höhepunkt der Mithgar-Saga

Nach „Halblingsblut“ und „Halblingszorn“ das dramatische Finale der Halblingssaga von Bestsellerautor Dennis L. McKiernan! Die Völker Mithgars haben sich im Kampf gegen die Flut des Bösen vereint, um den drohenden Untergang und die Unterwerfung der ganzen Welt von Mithgar zu verhindern. Das Schicksal liegt nun in den Händen der Halblinge und ihrer Verbündeten …

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Seitenzahl: 428

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Das Buch

Die Völker Mithgars haben sich im Kampf gegen das Böse vereint, um den drohenden Untergang und die Unterwerfung des ganzen Landes zu verhindern. Das Schicksal der Welt liegt nun in den Händen der Halblinge und ihrer Verbündeten. Die Freunde Galen, Tuck, Gildor und Brega versuchen trotz der aussichtslosen Lage das Unmögliche und ziehen mutig zum Eisernen Turm – der Festung in Gron. Dort wollen sie die Horden des dunklen Zauberers Modru besiegen und die gefangene Prinzessin Laurelin befreien. Doch die Pläne der Vier werden vereitelt: Modru entführt Laurelin auf die Spitze des Turms, um sie zu opfern, und damit Gryphon, den Großen Bösen, den Inbegriff alles Schrecklichen, zurück nach Mithgar zu holen. Wird es Tuck und seinen Freunden dennoch gelingen, die Prinzessin zu retten und die Versklavung aller freien Völker Mithgars zu verhindern? Und welche Rolle spielt der geheimnisvolle Myrkenstein dabei?

Dennis L. McKiernans MITHGAR-Romane:

Bd. 1: Zwergenkrieger Bd. 2: Zwergenzorn Bd. 3: Zwergenmacht Bd. 4: Elfenzauber Bd. 5: Elfenkrieger Bd. 6: Elfenschiffe Bd. 7: Elfensturm Bd. 8: Magiermacht Bd. 9: Magierschwur Bd. 10: Magierkrieg Bd. 11: Magierlicht Bd. 12: Drachenbann Bd. 13: Drachenmacht Bd. 14: Drachenbund Bd. 15: Drachenkrieg Bd. 16: Halblingsblut Bd. 17: Halblingszorn Bd. 18: Halblingsbund Bd. 19: Elfenjäger

Der Autor

Dennis L. McKiernan, geboren 1932 in Missouri, lebt mit seiner Familie in Ohio. Mit seinen Romanen aus der magischen Welt Mithgar gehört er zu den erfolgreichsten Fantasy-Autoren der Gegenwart.

Mehr über Dennis L. McKiernan und Mithgar auf:

http://home.att.net/~dlmck/

Inhaltsverzeichnis

Über den AutorWidmungZusammenfassung1. Kapitel - DIE VERSAMMLUNGCopyright

Für meine eigene Merrili(Martha Lee)

Und für Laurelin(Tina)

Mein besonderer Dank giltUrsula K. Le Guin

Ein Teil von Mithgar

Zusammenfassung

Dies ist der dritte Teil der Legende vom Eisernen Turm.

Der erste Teil, Die schwarze Flut, erzählt von unruhigen Zeiten in den Sieben Tälern, wo sich das Kleine Volk – die Wurrlinge – auf Schwierigkeiten gefasst macht. Während Gerüchte von Wölfen und Leuten, die auf rätselhafte Weise verschwinden, von Krieg und drohendem Unheil im Norden die Runde machen, brechen fünf junge Wurrlinge – Tuck, Danner, Hob, Tarpi und ihr Führer Patrel – von Waldsenken aus auf, um sich den Dorngängern anzuschließen, die an der Spindelfurt Wache halten. Unterwegs werden die Bokker von den bösen, wolfsartigen Vulgs angegriffen, wobei Hob getötet wird.

Die vier überlebenden Bokker setzen ihren Weg fort, um die Nachricht zu verbreiten, dass Vulgs in den Sieben Tälern umherstreifen; an der Spindelfurt nehmen sie in Patrels Einheit ihren Dienst als Dorngänger auf. Als einige Tage später ein Bote des Hochkönigs eintrifft, um dessen Ruf zu den Waffen zu verkünden, wird Tarpi bei einem weiteren Angriff der Vulgs getötet.

Tuck, Danner und Patrel schwören Rache und brechen mit zwei Einheiten von Wurrlingen auf, um dem Ruf des Königs zur Feste Challerain Folge zu leisten.

Bei ihrer Ankunft in der Festung erfahren sie vom Dusterschlund, einem gespenstischen Schattenlicht im Norden, in dem die Sonne nicht scheint und Adons Bann nicht herrscht; deshalb können dort Vulgs, Rukhs, Hlöks, Ogrus, Ghule und Hélrösser, die schändlichen Geschöpfe Modrus, ungehindert umherstreifen.

Die Wurrlinge werden zur Burgwache eingeteilt; Tuck schließt Freundschaft mit Prinzessin Laurelin, der Verlobten von Prinz Galen, dem ältesten Sohn von Hochkönig Aurion. Galen selbst befindet sich nicht in der Burg, sondern auf einer Mission im Dusterschlund.

Laurelin lädt Tuck, Danner und Patrel zu ihrem Geburtstagsfest ein. Auf dem Höhepunkt der Feier bringt ein verwundeter Krieger die Nachricht, dass sich der schreckliche Dusterschlund nach Süden in Bewegung gesetzt hat. Der Winterkrieg hat begonnen.

Am folgenden Tag verlässt Prinzessin Laurelin mit dem letzten Flüchtlingszug die Feste Challerain in Richtung Süden. Begleitet wird sie vom jüngeren Sohn des Königs, Prinz Igon, der nach Pellar reisen soll, um das Heer des Königs eiligst nach Norden zu führen.

Bald darauf bricht der Dusterschlund über die Festung herein. Das Schattenlicht trübt das Sehvermögen: Menschen sehen höchstens zwei Meilen über offenes Gelände, Elfen aber etwa doppelt so weit. Die Wurrlinge jedoch, mit ihren seltsam juwelenartigen Augen, blicken am weitesten – bis zu fünf Meilen. Die Wurrlingskompanie wird deshalb aufgelöst, und die Jungbokker verteilen sich über die verschiedenen Einheiten der Festung, um ihnen im Dusterschlund ihre Sehkraft zu leihen.

Schließlich taucht eine von Modrus Horden aus dem Dunkel auf, greift die hoffnungslos unterbesetzte Festung an und überflutet die Verteidiger. Am letzten Tag der Schlacht gibt die verbliebene Streitmacht des Königs die Feste Challerain auf und versucht die Reihen der Horde zu durchbrechen.

Im Gefecht von den Übrigen getrennt, entgeht Tuck einer Patrouille der Rukhs, indem er Zuflucht im alten Grabmahl von Othran dem Seher sucht. Er ist ohne Waffen, entdeckt aber im Sarkophag eine Klinge aus Atala und einen einzelnen roten Pfeil für seinen Bogen. Der Zufall führt Prinz Galen ebenfalls in die Grabstätte. Allein und nur mit Atala-Klinge und rotem Pfeil bewaffnet, fliehen Mensch und Wurrling nach Süden in Richtung Steinhöhen, zu einem vereinbarten Treffpunkt mit etwaigen anderen Überlebenden.

Bevor sie Steinhöhen erreichen, stoßen Tuck und Galen auf die Überreste von Laurelins Flüchtlingstreck, an dem Ghule ein Massaker verübt haben. Weder die Prinzessin noch Igon sind jedoch unter den Getöteten. Tuck und Galen nehmen die Verfolgung auf; sie hoffen, die Ghule auf deren Hélrössern einzuholen und Laurelin und Igon irgendwie befreien zu können – falls die beiden tatsächlich gefangen genommen wurden.

Zwei Dunkeltage später kommen Mensch und Wurrling ins Weitimholz, an den Ort einer dreitägigen Schlacht, in der ein Bündnis aus Menschen, Elfen und Wurrlingen eine Horde Modrus zurückschlagen konnte. Von den Hauptleuten des Bündnisses erfahren Tuck und Galen, dass eine Gruppe von Ghulen etwa sechs Tage vor ihnen am Weitimholz vorbeigekommen ist. Ihnen folgte später ein einzelner Reiter.

Die beiden setzen ihre Jagd in östlicher Richtung fort und kommen schließlich zu einer Elfenfestung im Arden-Tal. Als Talarin, der Führer der Elfen, von ihrem Unterfangen hört, bringt er sie zum Haus der Heiler, wo sie Prinz Igon vorfinden, verwundet und im Fieber liegend. In einem klaren Augenblick bestätigt ihnen Igon, dass sich Laurelin tatsächlich in der Gewalt der Ghule befindet.

In diesem Augenblick trifft Elfenfürst Gildor im Arden-Tal ein und teilt Galen mit, dass Aurion tot und Galen der neue Hochkönig von Mithgar ist.

Der zweite Teil, Kalte Schatten, erzählt von Laurelins Gefangennahme und der Reise zum Eisernen Turm, Modrus Festung in Gron, wo man sie in eine schmutzige Zelle ohne Licht wirft. Inzwischen haben sich Danner und Patrel, die aus der zerstörten Feste Challerain fliehen konnten, nach Steinhöhen durchgeschlagen und ziehen von dort aus weiter in die Sieben Täler; sie müssen feststellen, dass räuberische Ghule in die Heimat der Wurrlinge eingedrungen sind.

Durch Merrili vor dem sicheren Tod gerettet, organisieren die beiden Bokker den Kampf gegen die Ghule; einem Plan Merrilis folgend, gewinnen sie die Schlacht von Lammdorf und beginnen damit, einen Angriff auf das Ghulenlager in Farnburg vorzubereiten.

Im Arden-Tal ist unterdessen Galen, der neue König, hin-und hergerissen zwischen Pflichtgefühl und Liebe – und entscheidet sich für die Pflicht: Er bricht mit Tuck und dem Elfenfürsten Gildor nach Süden auf, um das Heer gegen Modrus Horde zu sammeln. Zur gleichen Zeit machen sich Gildors Bruder Vanidor und drei weitere Krieger der Lian nach Gron im Norden auf, um Modrus Kräfte auszukundschaften und einen Versuch zur Rettung Laurelins zu unternehmen.

Galen, Tuck und Gildor stoßen zufällig auf den Zwergenkrieger Brega, den einzigen Überlebenden eines Kampfes zwischen Zwergen und dem Gezücht. Brega schließt sich dem Trio an, und von ihm erfährt Galen, dass der Süden von weiteren Scharen Modrus besetzt ist – den Seeräubern aus Kistan und den Lakh aus Hyree. Aus diesem Grund war das bedrängte Heer also nicht in der Lage gewesen, dem Ruf des Königs zur Feste Challerain Folge zu leisten.

Die vier Kameraden werden von den Ghulen entdeckt und bis zur Dämmertür von Drimmenheim verfolgt, die Brega öffnet, indem er die geheimen Worte spricht, die den Zwergen aus alter Zeit überliefert wurden. Als die vier gerade im Innern des Berges Zuflucht suchen wollen, werden sie vom Krakenwart, dem Ungeheuer des Schwarzen Teichs, angegriffen.

Hoch oben im Norden wird Laurelin aus ihrer Zelle im tiefen Verlies geholt und zu Modrus Heiligtum an der Spitze des Eisernen Turms geführt. Dort zwingt man sie, die Folterung Vanidors mit anzusehen, denn dessen Mission zur Rettung der Prinzessin ist fehlgeschlagen. Also wurde er gefangen genommen. Modru versucht von dem Elfen Nachrichten über mögliche weitere Eindringlinge in Gron zu erhalten.

Während der Folter prahlt Modru damit, dass sein Meister Gyphon, ein böses Wesen von ähnlicher Macht wie die hohe Gottheit Adon, durch die Kraft des Myrkensteins, einem Bruchstück aus dem Drachenstern, wieder zurück nach Mithgar gelangen werde. Modru enthüllt auch, dass die Kräfte des Myrkensteins für den Dusterschlund verantwortlich sind.

Vanidor verweigert die Antwort auf Modrus Fragen und wird auf der Streckbank getötet.

Tief im Süden, an der Dämmertür, schreit Vanidors Zwillingsbruder Gildor im Augenblick von Vanidors Tod dessen Namen und bricht während des Angriffs des Kraken zusammen. Brega schleppt Gildor mit sich und flieht zusammen mit Tuck und Galen in die von Furcht beherrschten Gänge von Drimmenheim.

Eingeschlossen vom Krakenwart, können sie die Dämmertür nicht mehr öffnen und machen sich deshalb auf den Weg durch die finsteren Höhlen von Drimmenheim, um den östlichen Ausgang, das Morgentor, zu erreichen. Ehe sie dort ankommen, werden sie vom Gargon angegriffen, einem gewaltigen, scheußlichen und Angst verbreitenden Ungeheuer. Durch Zufall gelingt es ihnen, die Kreatur zu töten und aus dem Morgentor zu fliehen.

Darauf marschieren die vier – Mensch, Elf, Zwerg und Wurrling – von den Bergen der Quadra nach Süden; sie können schließlich dem Dusterschlund entrinnen und kommen in den Lerchenwald, wo der Elfenkönig Eiron regiert. Mit einem Boot der Elfen eilen sie den Fluss Nith hinab zum Hohen Abbruch, und von dort aus weiter auf dem mächtigen Fluss Argon zur Argon-Fähre im Süden, wo sie die Unterstützung des Heeres zu finden hoffen.

Während dieser Flussfahrt entsinnt sich Gildor endlich des Rätselspruchs, den ihm sein Zwillingsbruder im Augenblick seines Todes zukommen ließ. Aus diesem Spruch folgern die Kameraden, dass Modru während einer bevorstehenden Sonnenfinsternis auf irgendeine Weise Gyphon nach Mithgar bringen will, womit dann die gesamte Schöpfung in der Gewalt Gyphons wäre.

Die vier treffen bei der Argon-Fähre ein, wo sie ein geschlagenes Heer auf dem Rückzug vorfinden.

Dem Rat Bregas und eines valonischen Reichsmarschalls namens Ubrik folgend, galoppieren die vier zusammen mit Ubrik Tag und Nacht, bis sie die Gûnarring-Schlucht erreichen. Dort gehen ihre Hoffnungen in Erfüllung, denn sie treffen auf eine siegreiche Armee der Harlingar. Diese verfügen über die feurigen Rösser, die nötig sind, um den fernen Eisernen Turm vor der Sonnenfinsternis, dem Anbruch des Schwärzesten Tages, zu erreichen. Denn Galen hat beschlossen, dass nur ein Angriff auf den Eisernen Turm dem Bündnis die Möglichkeit eröffnet, Modrus schändliche Pläne zu vereiteln und zu verhindern, dass er den bösen Gyphon nach Mithgar bringt.

Als sich die valonische Kavallerie aber zum Aufbruch von der Gûnarring-Schlucht rüstet, stürmt ihnen eine unbekannte berittene Streitmacht vom Pass her entgegen …

Doch mit Beginn des dritten Teils, Der Schwärzeste Tag, kehren wir in die Sieben Täler zurück – es ist der Tag nach der Schlacht von Lammdorf.

»… es ist unsere Lebensweise, die von unserer Gesinnung Zeugnis ablegt, und vielleicht die Art unseres Todes …«

Tuck Sunderbank 1. Februar 4E2019

1. Kapitel

DIE VERSAMMLUNG

Es war der Dunkeltag nach der Schlacht von Lammdorf, und vor Biskens Scheune schwang sich ein atemloser Wurrlingskundschafter von seinem schweißnassen, schnaubenden Pony und stürmte in den riesigen Stadel.

»Hauptmann Patrel!«, rief er. »Die Ghule! Die Ghule haben Lammdorf niedergebrannt!«

»Was?« Patrel blickte ruckartig von der Karte hoch, die auf dem grob gezimmerten Tisch vor dem Rat lag, und fuhr zu dem Kundschafter herum, der schlitternd vor ihm zum Stehen kam. »Was war das, Arco? Sagtest du Lammdorf?«

»Jawohl, Hauptmann Patrel, Lammdorf!«, stieß Arco, rot im Gesicht und wild gestikulierend, hervor. »Die Ghule sind gekommen, eine große Schar von ihnen, und sie haben nach Wurrlingen gesucht. Und als sie keine fanden, haben sie den ganzen Ort in Brand gesteckt.«

Lutz schlug mit der geballten Faust auf die Bretter, Merrilis Hand flog zum Mund, und ihre Augen weiteten sich. Ein Ausdruck der Verbitterung senkte sich auf die Mienen mancher Leutnants, während andere vor Wut mit den Zähnen knirschten.

»Sie sinnen auf Rache für das, was wir ihnen angetan haben«, sagte Patrel grimmig. »Wehe dem Wurrling, der ihnen in die Hände fällt, denn sein Tod wird langsam kommen, aber die Todesqual schnell.«

Orbin sprang auf und rannte aufgebracht hin und her. »Wir müssen sie ein für alle Mal aus den Sieben Tälern vertreiben, bevor hier alles zerstört ist! Denn selbst wenn wir diesen Krieg gewinnen sollten, den Überlebenden stehen schwere Zeiten bevor, und sie werden gewiss noch schwerer, wenn sie keine Zuflucht und … nicht einmal einen Platz zum Leben haben.«

»Harrr!«, knurrte Norv, und seine Kiefermuskeln zuckten. »Ich sage, wir müssen sie alle töten, oder wenigstens so viele, dass wir sie vertreiben können, sonst wird keiner von uns hier überleben, ob mit oder ohne Zufluchtsort!« Zustimmende Rufe wurden laut.

»Beruhigt euch!«, bellte Patrel an den Rat gewandt. Dann drehte er sich wieder zu dem Kundschafter um. »Nachdem die Ghule Lammdorf angezündet haben, Arco, wohin sind sie da geritten?«

»Nach Süden, Hauptmann«, erwiderte Arco, »zurück zur Querlandstraße.«

Lutz brummte. »Wahrscheinlich kehren sie nach Farnburg zurück. Wie sieht es mit der Patrouille aus, Arco, die wir zu den Ruinen geschickt haben?«

»Die war schon weitergezogen, als die Ghule kamen, deshalb wurden Hauptmann Danner und seine Kundschafter überhaupt nicht aufgehalten«, antwortete der Bokker.

Bei der Erwähnung des Kundschaftertrupps, den man zu den Ruinen von Farnburg geschickt hatte, runzelte Merrili besorgt die Stirn, denn Danner war mit vier anderen Bokkern nach Süden durch den Dusterschlund geritten, um aus dem Schutz der Hügel um den zerstörten Ort die Bewegungen der Ghule auszuspionieren. Und Merrili war voller Zweifel, denn dieser Auftrag schien sehr gefährlich – und er ging auf ihren eigenen Vorschlag zurück.

»Nun denn«, sagte Patrel, »ehe Danner nicht zurück ist, unternehmen wir gar nichts.«

Während der nächsten beiden Tage lief Patrel zähneknirschend in der Scheune auf und ab, dann wieder stürzte er sich eifrig ins Befiedern von Pfeilen, und oft ritt er im Schattenlicht zu Biskens Hügel hinauf, um nach Danner Ausschau zu halten; doch von dem Bokker aus Waldsenken und seinen vier Kundschaftern war nichts zu sehen. Und wenn Patrel dann zurück in die Scheune kam und Merrilis fragenden Blick mit einem matten Kopfschütteln erwiderte, sank ihnen beiden der Mut.

Auch Merrili spähte lange Stunden durch den Dusterschlund, um eine Spur von Danners Gruppe zu entdecken; doch wie Patrel kehrte sie anschließend stets niedergeschlagen ins Hauptquartier der Wurrlinge zurück und stürzte sich in irgendeine Beschäftigung.

Insgeheim aber begannen sich beide zu fragen, ob etwas schiefgelaufen war; vielleicht waren Danner und die anderen verwundet oder tot … oder, noch schlimmer, in die Gefangenschaft des Madenvolks geraten. Doch von diesen geheimen Befürchtungen sprachen sie nicht zueinander, auch wenn beide um die verborgenen Ängste in der Brust des anderen wussten.

Gegen Ende des dritten Dunkeltags jedoch traf Danner mit seinem Trupp überraschend bei der Scheune ein. Er platzte beinahe vor frohen Nachrichten, und er umarmte Merrili, hob sie hoch und drehte sie im Kreis, bis ihr schwindlig wurde, und dann setzte er sie ab und schlug Patrel auf die Schulter. »Freunde! Ich habe meinen Vater gesehen! Er lebt! Und er sagt, meiner Mutter geht es ebenfalls gut! Die beiden und viele andere Wurrlinge sind in den Ostwald geflüchtet, Leute aus Moos, Mittwald und Weidental, und auch welche aus Lammdorf und Waldsenken … und Farnburg. Sie bauen den Wald zu einer Festung aus, so wie es Gildor vom Weitimholz berichtet hat. Vater hilft, den Widerstand zu organisieren – er hat eine eigene Kompanie von Bogenschützen: Hanlos Reya nennen sie sich in der alten Sprache, Hanlos Füchse. Noch haben sie nicht gekämpft, aber bei Farnburg stoßen sie zu uns, wenn wir dort angreifen.«

Danner und die Kundschafter wurden in die Scheune gezogen, sie bekamen ein warmes Mahl und heißen Tee. Und in Merrilis Augen glänzten Tränen des Glücks, denn der Spähtrupp war wohlbehalten zurück.

»Wir sind erst den Südbach entlanggezogen, bis wir zum Hügelland rund um Farnburg kamen.« Danner pausierte, um seine Pfeife zu stopfen und anzuzünden, dann lehnte er sich zurück und blies ein paar Rauchkringel in die Luft. »Als der Ort ein gutes Stück westlich von uns lag, sind wir in die Hügel geschlichen, vorsichtig wie Feldmäuse, die am Wiesel vorbeischlüpfen.

Stellt euch unsere Überraschung vor, als plötzlich, bevor wir in Sichtweite der Ruinen kamen, eine zweite Gruppe von Wurrlingen wie Rauch aus dem Farnkraut auftauchte und wissen wollte, wer wir seien und was wir hier trieben.

Als ich ihnen unsere Namen nannte und von unserem Vorhaben berichtete, sagten sie, wir sollten ihnen folgen, sie würden uns zeigen, womit wir es zu tun hätten. Offenbar hatten sie die Ghule in Farnburg ebenfalls ausspioniert. Die acht Bokker hatten alle in dem Dorf gewohnt, bevor der Dusterschlund kam – und mit ihm die Räuber. Aber sie waren in den Ostwald geflohen, hatten Kampfeinheiten gebildet und kundschafteten nun die Ghule aus, denn auch die Ostwäldler denken über einen Angriff nach.

Wir kamen schließlich zu den Hügeln, die unmittelbar an Farnburg grenzen. Wir glitten alle von unseren Ponys und schlichen zu Fuß zu den Kuppen, von denen man einen Blick auf den Ort hat.

Das Dorf ist völlig zerstört, Patrel, alles niedergebrannt, bis auf wenige Gebäude. Und überall wimmelt es von Ghulen; sie schwärmen wie eine Heuschreckenplage ein und aus, die kommt und geht. Es müssen etwa Tausend sein …«

»Tausend!«, unterbrach ihn Lutz. »Aber wir haben nur drei-, vierhundert Wurrlinge. Wir können es nicht mit einer dreifachen Übermacht aufnehmen!«

»Sehr richtig, Lutz«, erwiderte Danner. »Genau das habe ich zunächst auch gedacht. Aber ich glaube, dazu wird es gar nicht kommen: weil sich nämlich nie alle tausend Ghule gleichzeitig in Farnburg befinden. Solange wir sie beobachtet haben, sind Kompanien von Ghulen hinein- und hinausgeritten, manchmal waren bis zu acht-, neunhundert von ihnen da, aber zu anderen Zeiten waren es gerade mal Hundert .«

Gerade mal Hundert, dachte Merrili. Noch vor wenigen Tagen wären uns hundert Ghule wie eine unbesiegbare Streitmacht vorgekommen, nun aber denken wir erneut daran, eine solche Anzahl der scheußlichen Räuber anzugreifen, wie schon in Lammdorf. Aber diesmal werden sie nicht in einer Falle mit hohen Wänden eingeschlossen sein.

Merrilis Gedanken kehrten zum Rat zurück, als Danner weitersprach. »Und so lagen wir bäuchlings hinter den Hügelkämmen und sahen den ganzen Dunkeltag lang die Ghule kommen und gehen. Und während wir sie beobachteten, erzählten die Ostwäldler, wie Farnburg niedergebrannt wurde und wie sie und andere Wurrlinge in die Wälder geflohen waren, wenngleich sie viele Tote haben zurücklassen müssen.

Und sie erzählten, wie sie aus rund sechshundert Bogenschützen Kompanien gebildet haben und sich auf die Verteidigung des Ostwalds vorbereiteten; einer ihrer Hauptleute in den Wäldern habe jedoch die Ansicht vertreten, sie sollten sich nicht nur verteidigen, sondern die Ghule auch angreifen, wenn sie eine Möglichkeit sähen, sie zu töten. ›Ach, übrigens‹, sagte einer der Ostwäldler, wie wir da so lagen, ›du heißt doch Brombeerdorn. Bist du vielleicht irgendwie verwandt mit diesem Hauptmann? Hanlo ist sein Name, Hanlo Brombeerdorn.‹

Ha! Ich hätte diesen Ostwäldler packen und auf der Stelle abküssen können, aber den Ghulen unten hätte es womöglich nicht gefallen, uns da oben zu sehen, deshalb bin ich einfach liegen geblieben und habe auf den zerstörten Ort hinabgeschaut, in dem es von Feinden nur so wimmelte, und ich konnte nicht aufhören, vor Freude zu grinsen.

Ich hatte ein paar von den Bokkern ins nördliche Umland geschickt und andere nach Süden, und als sie schließlich Bericht erstatteten, verglichen wir untereinander, was wir an jenem Dunkeltag gesehen hatten. Und wir verglichen es mit dem, was die Ostwäldler an anderen Tagen gesehen hatten.

Und wir entschieden an Ort und Stelle, dass ein Angriff auf den Feind nur möglich ist, indem wir unsere Kräfte bündeln und über Farnburg herfallen, wenn die Zahl der Ghule besonders gering ist. Wir können vielleicht neunhundert oder tausend Bogenschützen aufbieten, und wenn der Feind nur über etwa einhundert Kämpfer verfügt, können wir sie besiegen, auch wenn sie nicht so bewegungsunfähig sein werden wie in Lammdorf.«

Zustimmendes Gemurmel erhob sich in der Schar der Leutnants.

»Was meinen die Ostwäldler dazu?«, fragte Patrel.

»Sie sind dafür«, antwortete Danner. »Wir sind von Farnburg aus tief in den Ostwald geritten und haben uns am nächsten Tag mit ihren Hauptleuten und Leutnants getroffen. Bei dieser Gelegenheit habe ich meinen Vater getroffen. Ach, ihr hättet seine Freude sehen sollen, als sein Blick auf mich fiel. Fast erdrückt hätte er mich in seiner innigen Umarmung.

Im Rat habe ich ihnen dann erzählt, wie man Ghule töten kann und was wir in Lammdorf vollbracht haben. Sie hatten noch nichts davon gehört, und es war eine freudige Nachricht für sie, denn nun wussten sie, dass es eine Möglichkeit gab zu kämpfen. Ich erzählte ihnen auch von der Feste Challerain und vom Tod König Aurions; diese schreckliche Kunde bestärkte sie nur in ihrer Entschlossenheit.

Sie wollen, dass wir unsere gesamte Kompanie in den Ostwald führen, Patrel, uns mit ihnen zusammenschließen und Farnburg angreifen, bis der Feind vertrieben ist – aus diesem Ort, aus allen Orten, aus den ganzen Sieben Tälern.«

Danner machte eine Pause, ehe er fortfuhr. »Mein Vater hat es genau getroffen: ›Oben an der Feste ist jetzt eine Horde frei‹, sagte er, ›und bald wird sie nach Süden marschieren, fürchte ich. Wir müssen diese Ghule aus den Sieben Tälern vertreiben und den Dornwall fest verschlossen haben, bevor Modrus Schwarm an unsere Tür klopft. Denn wenn sie hier sind, ehe wir sie aussperren können, wird nichts überleben. Alles wird sterben, dafür sorgt Modru schon. Sie werden die Wälder abholzen und die Bäume verrotten lassen, wo sie liegen; sie werden die Felder umpflügen und versalzen, die Brunnen, Bäche, Seen und Flüsse vergiften, die Tiere, wilde ebenso wie zahme, schlachten und die Wurrlinge töten oder langsam in Gefangenschaft verhungern lassen. Dieses Schicksal darf die Sieben Täler nicht treffen!‹« Danners Gesicht war blutleer, die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst. »Mein Vater hat recht. Wir haben viel zu tun und wenig Zeit dafür. Wir müssen die Ghule angreifen, und zwar jetzt!«

Am folgenden Dunkeltag ritt die gesamte Kompanie – dreihundertsechzig Bokker und eine Damman – auf Schleichwegen nach Süden in den Ostwald, wo sie auf die dort wartenden Wurrlinge stießen. Patrel und Danner bildeten zusammen mit den vier Hauptleuten der Ostwäldler und allen Leutnants einen großen Rat, und lange berieten sie ihre Pläne. Und als alles geplant war, stellte Ned Fink, ein Leutnant aus Mittwald, die letzte Frage: »Jetzt bleibt nur noch eine Sache zu entscheiden, und deshalb frage ich: Wann greifen wir an?«

Hanlo Brombeerdorn ergriff das Wort. »Ihr wisst alle, wie ich in dieser Angelegenheit denke: Je eher wir zuschlagen, desto besser. Doch obwohl meine Reya jetzt bereit sind, sollten wir uns lieber vorher ausruhen, denn der Kampf könnte lang und hart werden und die Jagd unbarmherzig. Doch ich sage auch: Nicht ein Tag soll vergehen, ohne dass wir gegen die Ghule kämpfen, deshalb lasst uns morgen in die Schlacht ziehen.« Damit setzte sich der bernsteinäugige Bokker mit dem kastanienbraunen Haar. Merrili schlug das Herz heftig in der Brust, doch als abgestimmt wurde, stimmte sie wie alle anderen mit Ja.

Sie ritten aus dem kahlen Ostwald hinaus, überquerten erst den Südbach, folgten dann dem Pfad, der von Nord nach Süd verlief, und schließlich erreichten sie die Farnburger Hügel. Sie waren sechs Kompanien stark, vierundfünfzig Einheiten, eintausendsechsundachtzig Wurrlinge, nur bewaffnet mit Pfeil und Bogen, um gegen die Speere, Krummsäbel und Hélrösser der Ghule anzutreten.

Zwischen den Kompanien der Wurrlinge ritten die Führer aus Farnburg, Bokker, die mit den Hügeln und Tälern rund um den Ort vertraut waren. Und sie führten die Einheiten hinter die Kämme und durch die Niederungen, so lange, bis Farnburg von den Wurrlingskriegern umzingelt war.

Lange warteten sie, versteckt in den Hängen, und beobachteten, wie Kompanien von Ghulen auf Hélrössern auf dem Farnburger Steig in Verfolgung ihrer schändlichen Ziele kamen und gingen.

Nun schlichen die Wurrlinge ungesehen durch das Farnkraut nach unten, bis direkt an den Rand des zerstörten Ortes. Und wieder warteten sie, diesmal auf das Signal.

Ghule ritten ins Dorf, und Ghule ritten hinaus, und doch blieben immer noch zu viele in den Ruinen. Merrilis Pulsschlag hämmerte ihr laut in den Ohren, und sie verlor die Hoffnung, dass das Kräfteverhältnis je zu Gunsten der Wurrlinge kippen würde. Und mit jedem Augenblick, der verging, wuchs die Gefahr, dass man sie entdeckte. Schließlich aber schienen mehr Ghule den Ort zu verlassen als kamen, und die Zahl der verbleibenden Räuber begann zu schwinden.

Die Überlegung der Wurrlinge war denkbar einfach: Sobald sich die Reihen der Ghule zu ihren Gunsten gelichtet hatten, würden die Bogenschützen schnell und gnadenlos zuschlagen. Und wenn sie die Ghule überwältigt hatten, die in Farnburg verblieben waren, würden sich die Bogenschützen entlang des Steigs auf die Lauer legen und die Ghulenkompanien erledigen, die der Reihe nach von ihren schändlichen Unternehmungen zurückkamen. Sollten sich die Kräfteverhältnisse zu Gunsten der Ghule verschieben, würden sich die Wurrlinge im Schattenlicht zurückziehen, erst in die Hügel, dann in den Ostwald, und dabei ihre Spuren im Schnee verwischen und so den Feind im Dusterschlund abhängen. Doch obwohl der allgemeine Plan schlicht war, hatten die Wurrlingskrieger doch ihre einzelnen Schritte und Signale bis ins kleinste Detail geplant, mit Ausweichmöglichkeiten, falls sich die Ereignisse anders als vorhergesehen entwickelten. Und nun nahte der Augenblick, da sich erweisen würde, ob ihr Vorgehen ein Erfolg oder ein Fehlschlag war.

Die Anzahl der Ghule war unter fünfhundert gesunken – und noch immer beobachteten die Wurrlinge. Merrilis Herz raste, denn zwei weitere Kompanien der Ghule rüsteten zum Aufbruch. Und Merrili wusste: wenn sie fort waren, würde das Signal ertönen und der Angriff beginnen. Noch einmal überprüfte sie ihren Bogen; sie hatte sich zwei volle Köcher umgehängt, und Kisten mit zusätzlichen Pfeilen standen in der Nähe.

Nun donnerten die Hufe der Hélrösser, und die beiden Kompanien der Ghule machten sich auf den Weg; sie folgten dem Farnburger Steig, der erst nach Westen und dann nach Norden zur Querlandstraße verlief. Und die Zeit schien Flügel zu bekommen.

Schließlich verschwanden die Kompanien hinter den Hügeln aus dem Blickfeld, doch noch erklang das Signal nicht, denn die Wurrlinge warteten, bis die Ghule auch außer Hörweite waren – es wäre gewiss nicht gut, wenn die Räuber den Hornruf oder Gefechtslärm hörten.

Zuletzt blinkte die abgedeckte Laterne einmal auf, und alle wussten, dass die Schlacht nur noch einen Wimpernschlag entfernt war.

Pfeile wurde an Sehnen gelegt …

Herzen pochten laut …

Augen suchten die nahesten Ghule, die nahesten Ziele …

Alles hielt den Atem an …

Die Zeit schien stillzustehen.

Und Patrel setzte das silberne Horn des Reichs – das Horn von Valon – an die Lippen, und ein heller Ruf durchschnitt die Luft: ein Ruf zu den Waffen, ein Ruf zum Krieg, ein Ruf zum Angriff.

Ta Tahn! Ta Tahn! Ta Tahn!

Und noch ehe der silbrige Ton verklungen war, zischte ein Hagel von Pfeilen durch die Luft und flog seinen Zielen entgegen; Wurrlinge sprangen auf, rannten los und legten neue Pfeile an die Sehnen; dann blieben sie stehen und feuerten ihre todbringenden Geschosse ab, ehe sie erneut vorwärtsstürmten.

Wieder und wieder erschallte der silberhelle Ruf, und überall ließ er tapfere Herzen höher schlagen und befeuerte kühnen Geist. Die Ghule jedoch zitterten bei solchen Tönen, und Hélrösser bäumten sich erschrocken auf.

Hagel von Pfeilen drangen in Leichenfleisch, und mit durchbohrtem Herzen sanken Feinde tot zu Boden. Andere Ghule aber sammelten sich, bestiegen ihre Reittiere und stürmten dem Kleinen Volk entgegen. Speere mit Widerhaken und Krummsäbel stachen zu und schlugen wild um sich, und manche Wurrlinge wurden überrascht und von Spitzen, Schneiden oder Hufen getötet, denn die Hélrösser waren dazu ausgebildet, Feinde niederzutrampeln. Doch auch wenn Wurrlinge starben, regneten weiter Pfeile in die Reihen der Ghule.

Merrili legte ein Geschoss nach dem anderen an, ihre Augen folgten heranstürmenden Ghulen, und Tuck flüsterte ihr in Gedanken zu, während sie nach und nach Pfeil um Pfeil fliegen ließ. Und wohin sie zielte, dort fiel jedes Mal ein Räuber.

Aber Danner war einfach großartig, denn seine Bernsteinaugen waren überall innerhalb der Reichweite seines Bogens, und er fällte Ghule links und rechts. Zusammen mit einigen wenigen anderen hatte man ihn dazu bestimmt, nach Ghulen Ausschau zu halten, die Wurrlingen unbemerkt zu nahe kamen, und diese Feinde dann auch zu töten, ehe sie selbst Tod verbreiten konnten. Und in Danners Abschnitt fiel nur ein Bokker durch Ghulenhand, ihn traf ein geschleuderter Speer.

Beinahe so schnell, wie sie begonnen hatte, war die Schlacht auch wieder zu Ende: Die Ghule hatten kaum eine Chance gehabt, denn ihnen hatte eine fünffache Übermacht gegenübergestanden. Und die Wurrlinge hatten den Tod aus der Entfernung geschickt und stellten sich nicht zum Kampf, sondern schlüpften beiseite, flüchtig wie die Schatten, aus denen sie auftauchten und in die sie wieder verschwanden. Die Wurrlinge hatten gesiegt, aber nicht alle Ghule waren tot, denn rund zwanzig von ihnen hatten auf Hélrössern fliehen können, einige den Farnburger Steig entlang, andere hinauf in die Hügel.

Überall in den Reihen der Wurrlinge brach Jubel aus, der aber rasch wieder verstummte, denn nur dieses eine Scharmützel war gewonnen, nicht die Schlacht von Farnburg, auch nicht der ganze Krieg um die Sieben Täler: Die Kämpfe gingen weiter. Einheiten wurden zusammengestellt, die rasch den Steig entlangtrabten, um Hinterhalte für die zurückkehrenden Kompanien der Ghule zu legen, die nun wahrscheinlich auf der Hut waren, da die entflohenen Feinde sie gewarnt hatten.

Die sechs Wurrlingskompanien lagen entlang des Farnburger Steigs im Schutz des Schattenlichts im Hinterhalt, drei auf der nördlichen Seite, drei auf der südlichen. Und so sah ihr Plan aus: Sobald die zurückkehrenden Ghule in der Falle saßen, würden die Kompanien sie in tödliches Kreuzfeuer nehmen. Und wenn die Feinde tot waren, würden die Kompanien falls nötig an der Straße weiterrücken und in einigem Abstand von dem Gemetzel einen neuen Hinterhalt legen.

So hatten sie es geplant, aber noch war kein Ghul gefallen, denn es waren noch gar keine zurückgekehrt. Lange warteten die Wurrlinge schon, und die ganze Zeit raschelte eine Brise aus Westen durch das wintertrockene Farnkraut.

»So lange sind sie noch nie weggeblieben«, sagte Rollo Bruth, einer der Farnburger Kundschafter. »Inzwischen müsste der Ort wieder voll von ihnen sein.«

»Mhm. Die Entflohenen haben sie gewarnt«, brummte Hanlo. »Bestimmt kommen sie mit geballter Kraft, und dann werden wir uns zurückziehen müssen.«

Patrel blickte zur Hügelspitze mit dem Wachposten darauf und war besorgt, denn kein Signal kam von dem Ausguck, dass Ghule im Anmarsch seien: Grün bedeutete, die zurückkehrende Streitmacht war klein und konnte aus dem Hinterhalt angegriffen werden, Rot dagegen bedeutet Rückzug.

Auf eine Vorahnung hin sagte Patrel: »Rollo, reite auf den Hügel hinauf. Vergewissere dich, dass Chubb nichts Widriges zugestoßen ist. Gerade fällt mir ein, dass ich ein, zwei fliehende Ghule in diese Richtung reiten sah.«

Rollo rannte durch das wogende Farnkraut und sprang auf den Rücken seines Ponys. Als der Bokker den schneebedeckten Hügel hinaufstürmte, brummte Danner: »Gute Idee!« Und sie sahen dem Kundschafter nach, wie er zwischen dem dürren Farngestrüpp verschwand.

Lange hielten sie Ausschau, sowohl entlang der Straße als auch den Hügel hinauf. Doch sie sahen nichts. Dann hob Hanlo die Hand und bellte: »Psst! Ich höre … etwas.« Und bevor jemand ein Wort sagen konnte, ließ sich der ältere Brombeerdorn zu Boden sinken und presste das Ohr auf die Erde. »Hufe! Viele Hufe! Sie kommen wie Donner!«, schrie er.

In diesem Augenblick brach Rollo auf seinem Pony durch das Farnkraut. »Hauptmann! Die Ghule! Die Ghule kommen!« Rollo sprang neben Patrel von seinem Reittier, und atemlos purzelten all die Worte durcheinander, die es den Kundschafter loszuwerden drängte. »Chubb ist tot, von einem Ghulenspeer durchbohrt, und nicht weit davon liegt ein toter Räuber, aber ich habe die Spuren von zwei Hélrössern gesehen. Chubb hat einen Ghul erwischt, aber der andere hat ihn erwischt. Chubbs Lampen sind zerstört, deshalb konnte ich euch kein Signal geben, als ich die Ghule unten auf dem Steig sah. Ghule kommen auf Hélrössern, Hunderte von ihnen … und sie kommen schnell. Und etwa drei Meilen dahinter kommt noch ein Haufen, das sind aber fünf, sechs Mal so viele! Wir müssen weg, sofort! Es sind zu viele.«

»Zu spät«, fauchte Hanlo und legte einen Pfeil an. »Da sind sie schon!« Und um eine Biegung des Farnburger Steigs herum kamen fünfhundert Hélrösser gedonnert, auf ihren Rücken heulende Ghule, nach Vergeltung heulende Ghule.

Patrel sah Danner Rat suchend an, aber der Jungbokker legte wie sein Vater einen Pfeil an die Sehne und bereitete sich auf den Kampf vor.

»Wartet!«, rief Merrili. »Rollo hat recht. Wir können nicht gegen sie kämpfen! Es sind zu viele, und eine noch größere Streitmacht folgt ihnen. Gib das Zeichen zum Rückzug, Patrel, dann werden die meisten von uns überleben, um ein andermal zu kämpfen!«

Patrel sah Merrili durchdringend an, dann blickte er zu den heranstürmenden Ghulen, die nicht einmal mehr eine halbe Meile entfernt waren und deren rasende Hélrösser die Distanz rasch verringerten.

Zurück! Zurück! Zurück! Das stumme Handzeichen blitzte zu beiden Seiten der Straße in den Reihen der Wurrlinge auf, als Patrel das Zeichen zum Rückzug gab. Und überall begannen Bokker im Schattenlicht mit der sprichwörtlichen Verstohlenheit des Kleinen Volkes leise ins Farngestrüpp zu schlüpfen.

Doch dann trug der Wind den fauligen Geruch der angreifenden Hélrösser zu Rollos Pony, das dieser durch das Farnkraut führte. Das kleine Tier bockte, bäumte sich auf und wieherte schrill vor Angst. Es riss Rollo die Zügel aus der Hand und schoss erschrocken durch den Farn auf die Straße hinaus, wo es in östlicher Richtung floh.

Beim Anblick des durchgehenden Ponys hielten die Ghule schroff ihre Rösser an, und einige pirschten sich in das raschelnde Farnkraut entlang des Steigs und versuchten es mit ihren trüben, toten schwarzen Augen zu durchdringen. Es war den Ghulen nicht in den Sinn gekommen, dass man ihnen unterwegs auflauern könnte – sie hatten vielmehr geglaubt, der Feind würde nun die Ruinen von Farnburg besetzt halten.

Ein Ghul an der Spitze stieß ein raues Bellen und Heulen aus, und die berittene Streitmacht teilte sich in zwei Gruppen auf: Die eine ritt ins Farnkraut auf der linken Seite, die andere in das auf der rechten. Und jetzt waren sie gewarnt und wachsam: Sie hielten die Speere gesenkt und hatten die Krummsäbel gezückt. Und die Hélrösser pflügten durch das Farnkraut, wogend, Schneisen schlagend, während vor ihnen – noch unentdeckt – die zurückweichenden Wurrlinge mit den Schatten verschmolzen.

Doch ein Hélross ist schneller als ein Wurrling zu Fuß, und plötzlich ertönte das Geheul eines Ghuls, das jäh von einem zischenden Pfeil beendet wurde. Dennoch waren die flüchtenden Wurrlinge auf der Nordseite des Steigs damit entdeckt, und fast zur gleichen Zeit stürmten Hélrösser auch in Wurrlingsnester auf der Südseite. Markerschütterndes Geheul durchschnitt die Luft, dann ertönte das heisere Blöken der Rukhenhörner, erwidert vom Zischen tödlicher Pfeile, da Wurrlinge stehen blieben, um ihre Geschosse auf den Feind loszulassen, ehe sie weiter durch das Farnkraut zurückwichen.

Nun kannten die Ghule ihren Gegner, aber ungeachtet der Tatsache, dass sie in Farnburg geschlagen worden waren, schätzten sie das Kleine Volk noch immer gering und trieben ihre Hélrösser durch den dürren Winterfarn. Wusch! Wosch!, raschelte der Farn, wenn das Gezücht vorüberstrich, während die verborgenen Wurrlinge zwischen die schützenden Pflanzen flohen.

Aber das Gleichgewicht zwischen Räubern und Bogenschützen verschob sich, denn der dicht stehende Farn war eine zweischneidige Sache: Er beschirmte nicht nur das Kleine Volk, sondern verbarg auch die Ghule, und die Wurrlinge sahen nicht genug, um ihre Pfeile abzuschießen. Und Ghule fielen über Wurrlinge her, Speere stießen hinab und forderten ihren Tribut; herabsausende Krummsäbel schlugen blutgetränkte Schneisen, und Wurrlinge wurden unter Klumphufen zertrampelt. Auf diese Weise starben Regin Burk und Albin Weidner, Ned Fink und viele andere, denn nun waren Speere, Klingen und vorwärtsdrängende Rösser im Vorteil, und die Wurrlinge fielen zu Dutzenden, während sie durch das Farnkraut und die Hänge hinaufflohen.

Danner, Patrel und Merrili rannten durch das Farnkraut, und links und rechts stürmten Hélrösser vorbei, die sie nicht sahen. Hin und wieder erhaschte das Trio einen Blick auf andere Wurrlinge, die durch das Schattenlicht flitzten, aber die meiste Zeit über sahen sie niemanden, obwohl das Geheul der Ghule und das Blöken der Hörner, die Grunzlaute der Hélrösser und das Hämmern der unförmigen Hufe überall waren, und überall waren auch die grausigen Todesschreie.

Merrilis Atem ging in rauen Stößen, während sie sich neben Danner und Patrel durch die Farnbüsche zwängte. Das Blut rauschte ihr in den Ohren. Nach Norden, über die Hügel, hatten sie fliehen wollen, aber stets schien es, als hörten sie Ghule in dieser Richtung, und so wurden sie nach Osten getrieben, zurück zu den Ruinen von Farnburg, und Merrili kam es vor, als würde sie von grausamen Jagdhunden gehetzt. Nach Osten liefen sie, immer weiter nach Osten. Und nachdem sie endlos lange gerannt waren, wurden sie schließlich aus dem raschelnden Farnkraut herausgetrieben und fanden sich in den verkohlten Resten des verwüsteten Farnburg wieder. Und nun flohen die Wurrlinge über Straßen, die von jenen Leichen der Ghule übersät waren, die sie zuvor getötet hatten. Und ein Stück voraus um die Ecke hörten sie das Donnern der Klumphufe auf den Pflastersteinen, deshalb verkroch sich das Trio zwischen großen Trümmerstücken vor einer rußgeschwärzten Mauer.

»Wir müssen hier raus«, keuchte Danner. »Die Ghule werden kommen, und bis dahin müssen wir weg sein.«

Patrel blickte mit zusammengekniffenen Augen zu den Hügeln oberhalb von ihnen und atmete schwer. »Unsere Ponys stehen da hinten, hinter den nächsten Erhebungen, aber auf den Hängen zwischen hier und dort jagen die Ghule. Vielleicht könnten wir …«

Patrels Worte wurden von einem grässlichen Geheul abgeschnitten, als ein Ghul auf einem Hélross um die zerstörte Mauer herumkam und die drei sah.

Ffff … ftock! Danners Pfeil traf den Räuber in die Brust, und der Feind stürzte tot aus dem Sattel. Ein lebloser Fuß aber hatte sich im Steigbügel verfangen. Das Hélross grunzte und kreischte vor Angst, weil etwas an ihm zerrte, und es stürmte bockend davon. Doch auch wenn der Ghul tot war, hatte sein letztes Heulen andere angelockt, und drei weitere galoppierten um die Ecke.

Ssstock! Ffftock! Tschock! Die todbringenden Pfeile zischten durch die Luft und fällten zwei weitere Räuber, während der dritte sein Hélross zu scharf zügelte und zu wenden versuchte, damit die Kreatur auf das eisige Pflaster stürzte. Und als sich der Ghul auf die Beine erhob, drangen drei Pfeile in ihn, von denen ein jeder tödlich gewesen wäre, und er fiel, während sich sein Ross aufrappelte und fortstürmte.

Doch nun hörten die drei Wurrlinge noch mehr Klumphufe über das Pflaster donnern, und um die Ecke bogen weitere Ghule.

Taa-tahn! Taa-tahn! Der silberne Ruf des Horns von Valon durchschnitt die Luft, als Patrel das runenverzierte Instrument an den Mund setzte und blies. Und die Ghule hielten ihre Hélrösser an und verzagten vor dem reinen, glockengleichen Klang, denn er erfüllte das Leichenvolk mit Furcht. Danner und Merrili streuten unterdessen zischenden Tod in die Schar der Ghule, und zwei fielen, während die verbliebenen unter Wutgeheul weiter vorwärtspreschten.

Ruhig pflückte Merrili Pfeile aus ihrem Köcher und legte sie an die Sehne. Ihre Geschosse flogen dem heranstürmenden Feind entgegen. Auch Danners und zuletzt Patrels Pfeile zischten in tödlichem Flug durch die Luft. Die Ghule griffen mit gesenkten Lanzen an, um die drei Wurrlinge aufzuspießen. Die Hufe ihrer Hélrösser aber hallten übers Pflaster.

Doch zielgenau sausten die Geschosse und durchdrangen Brust und Herz der Ghule, tot fiel der Leichenfeind, und herrenlose Rösser drehten in weitem Bogen ab. Noch einmal vier Ghule stürmten heran … dann drei … dann zwei; und als dieses Paar auf die Wurrlinge zudonnerte, sprangen Danner, Patrel und Merrili zwischen dem Schutt zur Seite und rollten sich ab, während die Hufe an ihnen vorbeihämmerten. Die gezackten Speere verfehlten ihre Ziele, nur eine Spitze durchdrang Patrels Wams und rutschte erst von der goldenen Rüstung darunter ab. Danner sprang fluchend auf und fällte einen der beiden davoneilenden Räuber. Der einzige Überlebende aber ließ sein Hélross abdrehen, und Merrilis Pfeil drang nur in die Seite des Ghuls, durchbohrte aber nicht sein Herz.

Dann war das Ross außerhalb der Reichweite von Pfeilen, und der Ghul wendete und verhielt es. Er zog den lästigen Pfeil aus der Seite und warf ihn fort, dann aber hob er ein ehernes Horn an die Lippen und blies einen Versammlungsruf. Blökende Rufe naher Rukhenhörner antworteten scheppernd aus den umliegenden Ruinen.

Ruhig begann Danner Pfeile vor sich auf einem herabgestürzten Balken auszulegen, wo er sie bequem erreichen konnte. »Sie haben uns in die Enge gedrängt, Freunde, und sie werden in Mengen kommen, gegen die wir nicht bestehen können, aber wir werden so viele mit ins Verderben nehmen wie nur möglich.«

Das raue Blöken drang näher, und auf den Pflastersteinen war das Klappern der Klumphufe zu hören. Mehrere Reiter des Leichenvolks kamen in Sicht und gesellten sich zu dem überlebenden Ghul am nördlichen Ende der Straße. Heisere Hornstöße drangen aus dem Süden, und in der Ferne kamen weitere Ghule zum Vorschein, auch aus östlicher und westlicher Richtung ertönten Signale.

Merrili platzierte ihren Köcher vor sich und legte einen Pfeil an die Sehne. Sie reckte das Kinn entschlossen vor, ihr Atem ging tief und regelmäßig, und ihre klaren, saphirblauen Augen verrieten keine Spur von Angst.

Patrel griff zum Reichshorn. »Ich blase ein letztes Signal. Dann liefern wir ihnen einen Kampf, von dem die Barden noch in fernen Zeiten singen würden, falls denn welche davon erführen.«

Und mitten im Dröhnen und Blöken der ehernen Hörner des Gezüchts stieg ein silberner Signalton in den Himmel und wehte übers Land, als sich drei Wurrlinge – zwei Bokker und eine Damman – auf eine letzte Schlacht und einen Kampf vorbereiteten, der bis zum Tod führen mochte.

Und während der Ruf des Reichshorns über das Land schallte, verstummte das blecherne Rukhengeblöke, wenngleich es so schien, als ertönten in der Ferne andere Hörner, während das silbrige Echo von den Hügeln zurückkam. Und die Ghule hielten kurz inne und blickten sich mit Unbehagen um.

Zuletzt aber hob der Anführer der Ghule das Gesicht zum dunklen Himmel und stieß ein markerschütterndes Geheul aus. Und von Westen – hinter der stehen gebliebenen Mauer – war der Klang donnernder Hufe auf den Pflastersteinen Farnburgs zu hören und auch das Schmettern von Hörnern.

»Sie kommen!«, schrie Patrel und wandte sich der Mauerecke zu, den Bogen bis zum Anschlag gespannt.

Titel der amerikanischen Originalausgabe

THE DARKEST DAY

Deutsche Übersetzung von Fred Kinzel

Überarbeitete Neuausgabe 7/2009

Copyright © 1984 by Dennis L. McKiernan

Copyright © 2009 dieser Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlagillustration: Arnulf Drexler Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München Karte: Andreas Hancock Satz: C. Schaber Datentechnik, Wels

eISBN 978-3-641-08097-6

www.heyne.dewww.heyne-magische-bestseller.de

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