Hamptons Prestige - Sparks & Scandals - Maren Vivien Haase - E-Book
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Hamptons Prestige - Sparks & Scandals E-Book

Maren Vivien Haase

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Beschreibung

Zwischen Anziehung und Abgrund liegt manchmal nur ein einziger Kuss …

Als June von ihrer Freundin Ashley eingeladen wird, die Semesterferien bei deren Familie in den Hamptons zu verbringen, ahnt sie nicht, dass diese Wochen ihr Leben verändern werden. Denn die Thornburys sind nicht nur Teil der High Society, ihnen gehört auch das Hamptons Prestige, der exklusivste Members’ Club der Insel. Bei einer Party lernt June Cameron kennen, der ihr den Kopf verdreht. Und dann ist da auch noch Ashleys Bruder Weston. Obwohl June ihn nicht ausstehen kann, lassen dessen Blicke ihr Herz ungewollt höherschlagen. Doch in den Hamptons, wo sich Lügen und Liebeleien die Hand reichen, ist es ausgerechnet die Wahrheit, die niemals schläft …

Mit Playlist im Buch!

Spicy New Adult Romance trifft auf Geheimnisse und High Society – mit den beliebten Tropes Love Triangle, Best Friend’s Brother, Broken Hero und Bad Boy vs. Good Guy.
Enthaltene Tropes: Broken Hero/Heroine, Love Triangle
Spice-Level: 3 von 5

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Seitenzahl: 441

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Buch

Als June von ihrer Freundin Ashley eingeladen wird, die Semesterferien bei deren Familie in den Hamptons zu verbringen, ahnt sie nicht, dass diese Wochen ihr Leben verändern werden. Denn die Thornburys sind nicht nur Teil der High Society, ihnen gehört auch das Hamptons Prestige, der exklusivste Members’ Club der Insel. Bei einer Party lernt June Cameron kennen, der ihr den Kopf verdreht. Und dann ist da auch noch Ashleys Bruder Weston. Obwohl June ihn nicht ausstehen kann, lassen dessen Blicke ihr Herz ungewollt höherschlagen. Doch in den Hamptons, wo sich Lügen und Liebeleien die Hand reichen, ist es ausgerechnet die Wahrheit, die niemals schläft …

Von Maren Vivien Haase bereits erschienen

Dance into my World · Step into my Heart · Fly into my Soul · Sounds of Silence · Lights of Darkness · Belladaire Academy of Athletes – Liars · Belladaire Academy of Athletes – Rivals · Belladaire Academy of Athletes – Misfits · Songs for the Beautiful · Songs for the Broken

MAREN VIVIEN HAASE

HAMPTONS PRESTIGE

Sparks & Scandals

Roman

The Hamptons Band 1

Der Verlag behält sich die Verwertung des urheberrechtlich geschützten Inhalts dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Originalausgabe 2025 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

[email protected]

(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)

Copyright © 2025 by Maren Vivien Haase

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Langenbuch & Weiß Literaturagentur.

Redaktion: Hanna Bauer

Umschlaggestaltung: Favoritbuero, München

Umschlagillustration: Sophia Eidloth

Playlist: © Adobe Stock/Illustrator Khaneeros

DK · Herstellung: DiMo

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-31824-6V002

www.blanvalet.de

Für alle, die das Chaos nicht nur stiften, sondern es mit einem Glas Champagner zelebrieren.

Playlist

the last great american dynasty – Taylor Swift

My Boy Only Breaks His Favorite Toys – Taylor Swift

Summer In The Hamptons – Brooke Alexx

Feels Like – Gracie Abrams

Constellations – Jade LeMac

2 hands – Tate McRae

Smash Into You – Beyoncé

Blue – Madison Beer

heartbeats – Hanniou

Dancing With Our Hands Tied – Taylor Swift

Siren sounds (bonus) – Tate McRae

When Emma Falls in Love (Taylor’s Version) – Taylor Swift

Dancing In The Flames – The Weeknd

Don’t Blame Me – Taylor Swift

august – Taylor Swift

Diet Mountain Dew – Lana Del Rey

In My Blood – Shawn Mendes

Everyday – Ariana Grande & Future

Bad Karma – Miley Cyrus (feat. Joan Jett & the Blackhearts)

heartbreak in the hamptons – Nessa Barrett

Kapitel 1

Juniper

»Das hier wird ein Sommer, den wir niemals vergessen werden.«

»Klingt verdächtig nach den letzten Worten, bevor eine Katastrophe eintritt, wenn du mich fragst.« Ich spielte unruhig am rosafarbenen Lack meines Daumennagels herum, der bereits angefangen hatte, leicht abzublättern, während mein Blick zu meiner besten Freundin Ashley hinüberglitt, die uns in ihrem Mercedes Cabrio geradewegs über den Long Island Expressway in Richtung Hamptons chauffierte. Die elegante Sonnenbrille mit den goldenen Details hatte sie lässig in ihren voluminösen Afro geschoben. Sie war eine der energiegeladensten – okay, die energiegeladenste – und zugleich disziplinierteste Person, die ich kannte, und sie erinnerte mich viel zu oft an einen meiner Lieblingscharaktere aus all den Serien, die ich in meinen zweiundzwanzig Jahren schon gebinged hatte: Donna aus Suits. Als würde nichts und niemand sie jemals aus dem Konzept bringen.

»Ich kann immer noch nicht fassen, dass du es geschafft hast, mich zu überreden. Wäre ich den Sommer über in New York geblieben, hätte ich vermutlich jeden einzelnen Tag mit einem Buch im Central Park verbracht. Tagein, tagaus.« Ich drehte den Song von Gracie Abrams etwas leiser, der uns um die Ohren wirbelte. Mein Sommer wäre ziemlich unspektakulär und eintönig geworden ohne meine beste Freundin. Ein Glück, dass ich für einige Wochen raus aus der Stadt war. »Du bist dir ganz sicher, dass es klargeht, wenn ich deiner Familie den Sommer über auf die Nerven gehe? Auch wenn wir jetzt schon seit einem Jahr befreundet sind, habe ich deine Familie ja noch gar nicht kennengelernt. Könnte ja sein, dass sie es komisch finden, wenn ich dabei bin.«

Ashley winkte schnaubend ab. »Ganz im Gegenteil. Meine Familie wird, wenn, dann dir auf die Nerven gehen. Mom wird alle Hebel in Bewegung setzen, damit du dich wohlfühlst und viel von ihr hältst, glaub mir. Das ist das oberste Gebot der Thornbury-Familie.« Als sie leise seufzte, überkam mich das Gefühl, dass es eher Ashley nervte, dass ihre Familie anscheinend so auf ihre Außenwirkung bedacht war. Zwar hatte ich Ash in New York mit ihrem gepflegten Äußeren und dem tollen Apartment Nähe des Central Parks als wohlhabend kennengelernt, doch ihre Herzlichkeit, ihr Humor und ihre Hilfsbereitschaft machten sie zu einer sehr bodenständigen Person. Auch wenn ich am Anfang noch zurückhaltend gewesen war, hatte ich sie sehr schnell in mein Herz geschlossen.

Mit jedem weiteren Sonnenstrahl, der durchs offene Verdeck meine nackte Haut kitzelte, brachten wir immer mehr Meilen zwischen uns und New York City, wo wir die letzten Monate zwischen Buchdeckeln und den Vorlesungssälen der Columbia University gefangen gewesen waren. Der nächste Song, diesmal einer von SZA, scholl durch den Lautsprecher, und ich spürte, wie ein Gefühl von Freiheit und Verheißung alles in mir in Beschlag nahm. Ich atmete tief durch, sog die sanfte Brise ein, während wir über den Expressway brausten. Eigentlich hatte ich Ashleys Einladung, den Sommer über im Anwesen ihrer Familie in den Hamptons zu verbringen, ablehnen wollen. Okay, zuerst hatte ich das auch wirklich getan, doch wer Ashley kannte, wusste auch, wie hartnäckig sie sein konnte, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Da sie meine beste Freundin war, konnte ich ihr sowieso so gut wie nichts ausschlagen, obwohl mich dieser Sommer eine riesige Überwindung gekostet hatte. Ich wollte mich niemandem aufdrängen. Schon gar nicht einer wildfremden, reichen Familie. Da passte ich mit meinen hundert Dollar auf dem Konto perfekt rein und würde sicher überhaupt nicht herausstechen, wenn ich dort meine Klamotten von American Eagle trug. Und das auch noch den ganzen restlichen Sommer über. Acht Wochen. Doch konnte ich nicht leugnen, dass in mir eine gewisse Vorfreude brodelte. Immerhin hatten sich Ashleys Erzählungen nach sehr viel Spaß angehört, und ich konnte es kaum erwarten, einen Fuß in die High Society der Hamptons zu setzen, die Poolpartys zu besuchen und am Strand in die Wellen zu rennen und für ein paar Wochen meinen Alltag zu vergessen.

»Und dein Dad?«

Ash zuckte mit den Schultern. »Dem ist der Ruf der Familie genauso wichtig. Der Einzige, dem da nicht so viel dran liegt, ist mein Bruder. Mal sehen, wie es ihm geht. Er hat sich eine Verletzung am Rücken zugezogen und ist daher schon früher angereist. Ich kann es kaum erwarten, dass du ihn endlich kennenlernst.«

»Wird auch so langsam Zeit. Hauptsache, wir beide sind jetzt schon zwei Semester lang befreundet und haben es immer noch nicht geschafft, dass ich ihn mal zu Gesicht bekomme. Dabei studiert er doch auch in New York?«

»Jap. An der NYU. Aber das wird er dir sicher später alles genauer erzählen.« Ein begeistertes Lächeln huschte über ihre Lippen, ich sah auch ihr die Vorfreude richtig an.

Ich hob einen Mundwinkel. »Weiß er überhaupt, dass du mich den Sommer über im Schlepptau hast?«

»Mach dir keine Gedanken, June. Ich habe es im Familien-Chat erwähnt. Weston ist toll und hat ein großes Herz. Er ist manchmal ein wenig zu sehr von sich selbst überzeugt, typisch Sportler eben. Wir sind vielleicht nicht ultraeng miteinander, aber er ist mein Bruder … Ich hab ihn lieb. Mit Sicherheit wird er dich direkt mögen, wenn ihr euch kennenlernt, und die ganze Zeit mit dir abhängen wollen. Du wirst dich super mit ihm verstehen, versprochen … Aber nicht, dass du ihn am Ende des Sommers mehr magst als mich.«

Ein Schmunzeln legte sich auf meine Lippen, während ich mir durchs dunkelblonde Haar wuschelte. »Niemand könnte dir jemals das Wasser reichen, Ash.«

Ich war wirklich gespannt auf Ashs Familie und konnte es kaum erwarten, sie kennenzulernen und noch mehr über meine beste Freundin zu erfahren. Ihren Eltern gehörte ein elitärer Club in den Hamptons, wo die Reichen und Schönen ihre Sommertage und -abende verbrachten. Auch wenn es womöglich ein kleiner Kulturschock werden würde, kribbelte mein Körper vor Spannung, zur Abwechslung mal die Seite der Reichen kennenzulernen, während ich selbst aus ganz normalen Verhältnissen stammte. Ich konnte nur davon träumen, mit der High Society einer der wohlhabendsten Gegenden der Staaten zu verkehren. Auf Ashleys Bruder freute ich mich auch. Sie hatte bislang nur Gutes über ihn verloren, und wenn er nur ansatzweise so warmherzig und humorvoll war wie seine Schwester, dann würde ich ihn ganz bestimmt sehr schnell in mein Herz schließen. Mal sehen, was dieser Sommer brachte. Hoffentlich konnte ich nach dem ganzen Prüfungsstress etwas abschalten und hier draußen, wo mich niemand kannte, etwas zur Ruhe kommen.

Während wir weiter in Richtung Sonne düsten, die Großstadt hinter uns ließen und uns den Hamptons mit all den Villen und Sandstränden näherten, klopfte mein Herz mit jeder Meile verdächtig schneller. Bei neuen Menschen, auch wenn es die Familie meiner besten Freundin war, versuchte ich zwar, offen und freundlich zu sein, doch zur selben Zeit im Hinterkopf zu behalten, dass Vorsicht geboten war. Man wusste nie, wie die Menschen hinter ihrer Fassade wirklich tickten und wie tief die Abgründe waren, die sie zu vertuschen versuchten. Damit hatte ich selbst schon so meine Erfahrungen machen müssen.

»Habe ich dir eigentlich schon dafür gedankt, dass du das alles auf dich nimmst?«

Ich kicherte leise. »Du meinst, einen Sommer in einem Anwesen am Strand mit schicken Partys und leckerem Essen – und das alles auch noch mit meiner besten Freundin? Ja, das ist wirklich eine schwere Last, die ich da auf mich nehme. Frechheit, dass du mir das zumutest.«

Ashley lachte auf und warf mir dann einen gespielt bösen Blick zu. »Ich freue mich wirklich, dass du mitkommst. Meine Familie kann echt anstrengend sein.« Sie furchte die Stirn. »Nicht für dich, keine Sorge. Zu dir werden sie wie immer zuckersüß sein. Aber für mich sind die Sommer dort nicht immer so einfach.«

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus, und ich warf ihr einen fragenden Blick zu. »Ja, du hattest schon mal angedeutet, dass ihr euch hin und wieder zofft.«

»Ich hoffe einfach nur, dass es nicht so schlimm wird, wenn eine Pufferperson«, sie lächelte mich vielsagend an, »also du, dabei ist. Wir werden sehen. Aber wie auch immer es läuft, das soll uns den Sommer nicht verderben, okay?«

»Okay.« Während wir mit dem Cabrio die Straße entlangfuhren, wirbelte mir der warme Wind durchs Haar. Das Ortsschild der Hamptons tauchte vor uns auf, eingerahmt von blühenden Hortensien und so perfekt, dass es fast schon kitschig wirkte. Links und rechts reihten sich Villen aneinander, jedes Anwesen größer und beeindruckender als das davor. Auf den Gehwegen schlenderten Leute mit Eiskaffees und edlen Designer-Tüten, als hätten sie alle Zeit der Welt. Vor den kleinen Boutiquen hingen Strohhüte und Kleider, die nach Sommer und Luxus schrien. Selbst die Luft fühlte sich anders an – warm, frisch und nach Meer, und ich hatte das Gefühl, dass wir mit jedem Meter tiefer in eine andere Welt eintauchten. Wir steuerten Southampton und schließlich die Crestwater Heights an, und irgendwie passte hier alles perfekt ins Bild. Fast schon zu perfekt.

»Bist du bereit für die Thornbury Mansion?« Ashley warf mir einen verheißungsvollen Blick zu, bevor wir durch ein schmiedeeisernes Eingangstor mit dem geschwungenen Familienwappen über eine lange und gewundene Auffahrt auf ein großes Anwesen zusteuerten, das sich mitten auf einer Wiese zwischen dichten Hecken und hohen Eichen befand. Der weiße Kies knirschte unter den Rädern, und überall fingen die Blumenbeete in Blau, Weiß oder Rosa sowie die Lavendelsträucher meine Aufmerksamkeit auf. Beim Anblick der riesigen Villa weitete ich die Augen und schluckte.

Heilige. Scheiße.

»Du meintest, ihr hättet ein Ferienhaus, Ashley … Das hier … Willst du mich verarschen? Das ist mit Sicherheit größer als der Buckingham Palace.«

Die Auffahrt endete auf einem kreisrunden Platz mit einem pompösen Springbrunnen in der Mitte. Dahinter das Highlight des Grundstücks: ein weißes, mehrstöckiges Haus, fast schon Palast, mit aufwendig verzierten Steinsäulen. Es gab ein Hauptgebäude und zwei Flügel, die zu den Seiten abgingen, im ersten und zweiten Stock gab es jeweils drei Erker, und einige Zimmer hatten ihren eigenen geschwungenen Balkon. Alles symmetrisch und in hellem Weiß und Grau gehalten, minimalistisch und elegant wie aus einer luxuriösen Interior-Zeitschrift.

»Übertreib nicht, June«, entgegnete Ashley und parkte das Cabrio neben einem schwarzen Porsche. »Der Buckingham Palace hat über zweihundert Schlafzimmer. Wir haben nur knapp hundert.« Als ich zu ihr herumfuhr, fing sie an zu kichern. »Chill eine Runde, Süße. Das war ein Joke, okay? Es ist echt halb so wild. Komm erst mal an, dann siehst du, dass es auch nur ein Zuhause mit ein paar mehr Zimmern ist.«

Diese Gegend, die Crestwater Heights, machte auf mich den Anschein, als ob hier nur die Reichsten der Reichen verkehrten. Mir wurde ganz heiß, weil ich mich mehr als fehl am Platz fühlte und es mich nicht gewundert hätte, wenn sich die Einwohner im Sommer Luft nicht mit einem Fächer, sondern mit einem Bündel Dollarscheinen zuwedelten.

Ich öffnete die Autotür und setzte einen Fuß auf den feinen Kies, während Ashley schon begonnen hatte, unser Gepäck aus dem Kofferraum zu hieven. Von Weitem hörte ich das Rauschen der Wellen, welches sich mit einem Klackern von Stilettos vermischte, das immer lauter wurde. Rasch lief ich hinters Auto und griff nach meinem Koffer.

»Ashley, Honey«, hallte eine hohe Stimme vom Eingang zu uns herüber. Eine Frau kam über die breite Steintreppe zu uns herunter- und auf ihre Tochter zustolziert. »Es ist so schön, dass du da bist. Ach, wie haben wir dich vermisst.«

»Mom, hey«, begrüßte Ash ihre Mutter, als ich den Kofferraum wieder verschloss und ums Auto herum zu den beiden Frauen trat, die sich gerade in den Armen lagen. Ash wirkte leicht angespannt.

Ihre Mom trug ihr hellblondes Haar in einem strengen Dutt, der pure Eleganz ausstrahlte. Ihre Ohrläppchen zierten goldene Chanel-Ohrringe, sie trug eine weiße Strickweste zu einem marineblauen Midirock; ihr Outfit schien zurückhaltend und klassisch. Der typische Old Money Style, wie man ihn von Pinterest oder Instagram kannte. Ein wenig erinnerte sie mich an eine Mischung aus Nicole Kidman und Reese Witherspoon – unglaublich schön und vor Perfektion strotzend. Als sich unsere Blicke kreuzten, strahlte sie bis über beide Ohren und überbrückte die paar Schritte, um mich zu umarmen.

»Und du musst Juniper sein, ja?«

»Genau, das bin ich. Guten Tag, Mrs. Thornbury.« Ich schlang die Arme um ihren zerbrechlichen Körper und atmete eine schwere Parfümnote ein, bevor sie sich wieder zurückzog und mich von oben bis unten musterte.

Waren hier alle Menschen so schlank und schön wie Ashley und ihre Mom? Keine Ahnung, ob ich mit meinen Kurven, dem Pickel am Kinn und meinem splissigen Haar hier reinpasste. Bisher hatte ich es mit meiner manchmal zu übersprudelnden Art doch immer geschafft, rasch Anschluss zu finden. Dass mir das auch schon zum Verhängnis geworden war, verdrängte ich so rasch wieder, wie der Gedanke aufgekommen war.

»Nenn mich doch bitte Kate, okay?«

»Sehr gerne.« Ich strahlte sie an und legte den Kopf schief. »Ich freue mich unglaublich, hier zu sein. Danke für die Einladung.«

»Nicht der Rede wert. Es ist immer schön, wenn Ashley und Weston ihre Freunde mitbringen. In unserem Häuschen ist genug Platz für alle.«

Häuschen. Mhm, ja, sicher.

»Ash!«

Mein Blick wanderte zu einem Mann Mitte vierzig, der Ashleys Dad sein musste, denn er hatte dasselbe Funkeln in den braunen Augen wie meine beste Freundin, als er die Stufen zum Eingang herunter- und auf uns zugeschritten kam. Er schloss seine Tochter fest in die Arme und drückte sie an sich. Sein Kopf und Gesicht waren glattrasiert, und zur beigen Stoffhose und den braunen Schnürschuhen hatte er ein schlichtes weißes Hemd kombiniert. Er sah damit zeitlos schick aus und dennoch entspannt. Am Handgelenk trug er eine dicke Rolex. Mit dem strahlenden Zahnpasta-Grinsen hatte er ein wenig Ähnlichkeit mit Terry Crews aus Brooklyn Nine-Nine. Zumindest, bis er wieder den Mund schloss und sich etwas Ernstes auf seine Züge legte, als er zu seiner Frau blickte und dann wieder zu Ash. »Ihr seid spät. Normalerweise bist du doch schon zum Lunch da, aber wir haben euch ein paar Reste übrig gelassen. Gut, du warst ja noch nie besonders pünktlich, wenn wir ehrlich sind.«

Ashley ließ ihn wieder los und presste ihre Zähne aufeinander. »Wenn wir ehrlich sind, bin ich nicht diejenige, die zu unseren Familienessen oft zu spät auftaucht, weil die Arbeit mal wieder so wichtig ist«, schoss sie mit versteinerter Miene zurück, woraufhin ihr Vater sie nur mit einem überheblichen Blick bedachte.

Ups. Hier lag ordentlich Spannung in der Luft.

Dann wandte sich Mister Thornbury mir zu. Während er mich skeptisch fixierte, hielt er mir die Hand hin. »Du musst Ashleys Freundin sein.«

Als ich nach ihr griff und seinen festen Händedruck erwiderte, schaute ich ihm geradewegs in die Augen und lächelte freundlich. »Juniper Williams. Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mister Thornbury.«

Er ließ mich nicht aus den Augen. »Nenn mich gern Michael. Schön, dass du den Sommer mit uns verbringst.«

»Danke für die Einladung«, entgegnete ich höflich und nickte, auch wenn er etwas skeptisch wirkte. »Das werden sicher ein paar tolle Wochen. Ich kann es kaum erwarten, die Gegend zu erkunden und …« Mein Blick huschte zum Anwesen hinter seinem Rücken. »Ihr Haus ist wirklich wunderschön, wow.«

»Dann lasst uns doch direkt reingehen. Ihr müsst doch durstig oder hungrig sein, oder nicht?«, plapperte Kate drauflos und griff nach der Hand ihres Mannes, um ihn mit sich zu ziehen, sah ihn dabei jedoch nicht an. »Jetzt wo ihr hier seid, muss ich in den nächsten Tagen unbedingt meine alljährliche Summer-in-the-Hamptons-Party geben, um die schönste Jahreszeit in dieser Gegend willkommen zu heißen. Außerdem müssen wir Juniper mit all unseren Freunden bekannt machen, von daher können wir das direkt miteinander kombinieren. Ich setze mich sofort an die Organisation.«

»Oh, keine Umstände, das ist wirklich nicht …«

»Spar es dir«, murmelte Ash und schnaubte. »Sie liebt es, Partys zu geben, und nimmt sich jeden kleinen Mist als Anlass.«

»Oh, okay«, gab ich mich geschlagen und fühlte mich ein wenig wie Rory Gilmore, als ihre Großmutter in der Serie eine Geburtstagsparty für sie geschmissen hatte, um sie mit ein paar wohlhabenden Kerlen zu verkuppeln. Vielleicht würde es mit dem ein oder anderen Cocktail ja ganz lustig werden.

Michael setzte für den Hauch einer Sekunde ein Lächeln auf und nickte schließlich zum Haus. »Na, kommt.« Als ich nach meinem Koffer greifen wollte, schüttelte er nur den Kopf. »Lass alles stehen, das macht unser Personal.«

Ich formte mit den Lippen ein tonloses »Oh«, tauschte mit Ashley einen kurzen Blick und folgte dann der Familie die breite Steintreppe hinauf, um ins Innere der Villa zu gelangen. Mit jeder Stufe zur schweren Türe schlug mein Herz ein wenig schneller. Ich war es nicht gewohnt, in solchen Häusern zu leben. Meine Familie hatte in Seattle ein kleines Apartment, und mein Minizimmer im Studentenwohnheim glich auch eher einer Streichholzschachtel.

Innen angekommen, überraschte es mich keineswegs, dass die Einrichtung stilvoll gehalten war. Es passte zu Ashleys Eltern. Polierter Marmorboden empfing uns im Eingangsbereich, doch weiter hinten, wo es in den Wohnbereich überging, konnte ich bereits erkennen, dass Holzdielen dem Haus ein wenig mehr Wärme und Gemütlichkeit verliehen. An den Wänden prangten riesige maritime Ölgemälde, und auf den Konsolen und Beistelltischen hatten pastellfarbene Blumengestecke ihren Platz. Unsere Schritte hallten über den Marmor, als wir an der geschwungenen Treppe vorbeiliefen, die nach oben in den ersten Stock führte. Über unseren Köpfen baumelte unter der hohen Decke ein imposanter Kristalllüster, der das Sonnenlicht in sanftem Glanz reflektierte, das durch die riesigen Fensterfronten hindurchschien.

»Ashley hat uns ja schon von dir vorgeschwärmt. Wie habt ihr beiden Süßen euch denn eigentlich kennengelernt?« Kate warf uns über ihre Schulter einen Blick zu, während sie an Michaels Seite in den Wohnbereich stolzierte. »Studierst du auch Business Administration wie unsere Ashley?«

Ich schüttelte den Kopf. »Eventmanagement. Aber wir hatten eine Überschneidung bei unseren Vorlesungen.«

»Und als ich einmal neben June saß, hat mein Magen geknurrt. So laut, dass es die Leute um uns herum hören konnten«, sagte Ashley und grinste neben mir. »Und da hat dieses Girl einfach eine Tafel Schokolade aus ihrer Tasche gezogen und mir damit das Leben gerettet.«

Ich schnaubte. »Meiner Meinung nach sollte man immer Snacks in der Tasche haben. Man weiß nie, wem man damit das Leben retten kann.«

Während Ashs Mutter zur riesigen Kücheninsel lief, gefolgt von ihrem Mann, musterte sie mich im Bruchteil einer Sekunde von oben bis unten, bevor ihre Brauen kurz nach oben zuckten. Ihr Blick signalisierte mir, dass sie sich schon denken konnte, warum das Mädchen mit den breiten Hüften und dem Bauchspeck stets Schokolade bei sich trug, doch das war mir egal. Sollte sie denken, was sie wollte. Ich mochte meinen Körper und fand mich schön, wie ich war. Daher straffte ich nur meine Schultern und folgte Ashley zum Küchenbereich, der in einem eleganten Weiß gehalten war, wie all die Wände und viele der kleinen Kommoden oder Beistelltische im Wohnbereich. Doch als ich einen Blick zur Glastür riskierte, die zur Veranda und dem Garten führte, klappte mir der Kiefer herunter. Durchs Fenster erblickte ich einen riesigen Swimmingpool, auf dessen Oberfläche sich das Sonnenlicht spiegelte, etliche Sonnenliegen davor und dahinter eine große Grünfläche, die zu einer Holztreppe und damit zum angrenzenden Strand reichte. Ich sah das Meer. Ich sah die Wellen. Ich sah einen unvergesslichen Sommer. Und ich wusste sofort, dass ich mich hier wohlfühlen würde. Umgeben von Wasser, Sand, Leichtigkeit und natürlich meiner besten Freundin.

»Das klingt nett«, erwiderte Kate und lief rüber zum Kühlschrank, holte eine Glaskaraffe mit Wasser und Zitronenscheiben, Minze und verschiedenen Beeren heraus und goss uns zwei Gläser ein. »Ihr müsst uns unbedingt von euren Prüfungen erzählen und wie das Semester war. Ich vermisse ja die gute alte Studienzeit.« Sie seufzte theatralisch, dann strahlte sie Michael an, der neben ihr auf einem der Barhocker Platz genommen hatte und sie aufmerksam betrachtete. Er wirkte stets so, als ob er alles um sich beobachtete und innerlich auswertete. Vielleicht sogar verurteilte. Aber vielleicht täuschte mich ja auch mein erster Eindruck. »Michael und ich waren auch auf der Columbia und haben uns im zweiten Studienjahr kennengelernt.«

Ashley richtete sich etwas auf. »Ich wollte unbedingt die Familientradition weiterführen, daher habe ich mich für diese Uni entschieden.«

»Verstehe.« Ich nickte und nahm einen Schluck. »Dein Bruder ist aber auf der …«

»NYU«, hörte ich plötzlich eine tiefe Stimme hinter meinem Rücken und zuckte vor Schreck zusammen. Als ich mich umdrehte, setzte mein Herz einen Schlag aus, denn im Türrahmen lehnte ein großer Kerl mit breiten Schultern. Die dunklen Brauen hatte er kritisch zusammengezogen, die Arme vor der muskulösen Brust verschränkt. Sein Blick lag eindringlich auf mir. Es war nicht zu leugnen, dass der Kerl optisch etwas hermachte.

»Wes«, quiekte Ashley und sprintete auf ihren Bruder zu.

Er drückte sich vom Türrahmen ab und kam einen Schritt auf Ashley zugelaufen, als sich plötzlich einer seiner Mundwinkel hob. Nur für den Hauch einer Sekunde. Sonst umgab ihn eine geheimnisvolle Aura, diese Mischung aus Selbstsicherheit und Stärke. Von Ash wusste ich bereits, dass er vierundzwanzig und somit zwei Jahre älter war als ich.

»Hey, Ash«, murmelte er, als er seine kleine Schwester in die Arme schloss. Als er sie wieder losließ, fiel sein Mundwinkel auch schon wieder herab.

Ich strahlte ihn freundlich an, als er Ash zu uns in den Küchenbereich folgte und geradewegs den Kühlschrank ansteuerte, ohne auch noch mal zu mir zu sehen. Er ignorierte mich knallhart. Die Stirn in Falten gelegt, öffnete er ihn, und von der Seite konnte ich sehen, wie er die Wangen aufblies und dann langsam die Luft zischend entweichen ließ. Er wirkte gelangweilt. Sein Oberarm spannte sich an, als er die Tür wieder schloss und die Augen verdrehte. »Haben wir kein …«

»Willst du nicht mal unseren Gast begrüßen?«, fiel ihm Kate sogleich ins Wort und fixierte Weston, während sie in meine Richtung nickte.

Unbeeindruckt hob er eine Braue und sah dann zu mir herüber, während er leise seufzte. »Hi.«

Ich schluckte und setzte ein Lächeln auf. »Hey, ich bin June. Eigentlich Juniper. Aber ich werde von meinen Freunden und meiner Familie nur June genannt.«

Stille.

Er schnaubte. »Ach, und wer sagt, dass wir Freunde werden?«

»Wes!«, fuhr Ashley ihren Bruder an, während ich ihn nur verwirrt anblinzelte.

Das sollte also der tolle Weston sein, von dem Ash immerzu geschwärmt hatte?

»Was? Sie ist deine Freundin, nicht meine.« Er heftete seinen Blick auf mich. Wieder rollte er genervt mit den Augen und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Kühlschrank. »Von mir aus. Der Vollständigkeit halber …« Er zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. »Weston. Es ist mir eine unbändige Freude, dich in unserer ach-so-tollen Familie willkommen zu heißen, neue Freundin Juniper, äh June.«

Ich verengte die Augen und ließ seinen Blick nicht los. Wo war ich hier nur hineingeraten? Der Kerl wirkte ganz schön unsympathisch.

»Freut mich auch«, entgegnete ich daher kurz angebunden und riss mich Ashley zuliebe zusammen.

Seine Aufmerksamkeit huschte zu Kate, die ihn mit ihren Blicken erdolchte. »Sei nicht so unhöflich zu unserem Besuch. Juniper … June wird den ganzen Sommer mit uns verbringen, also verhalte dich so, wie es dir dein Vater und ich beigebracht haben.«

Michaels Kiefer mahlte, als er einen kurzen, aber eindringlichen Blick mit seinem Sohn wechselte und dann nickte. »Deine Mutter hat zur Abwechslung mal recht.«

Als Wes seine Mom ansah, bemerkte ich, dass in seinen braunen Augen etwas aufflackerte, was ich ganz und gar nicht einordnen konnte. Als ob er etwas hätte sagen wollen, sich dann allerdings doch dagegen entschied. Komischer Kauz.

»Solange sie mir nicht auf die Eier geht, kann mir ihre Anwesenheit egal sein.«

Ich schluckte.

Wie überheblich konnte man eigentlich sein?

Die schwarzen krausen Haare, die Ashley stets wie eine Löwenmähne oder in zwei Knoten trug, nur wenige Millimeter kurz geschoren, markante Züge. Und dann dieses dunkle Braun, fast schon Schwarz, das in seinen Augen aufblitzte. Ihn umgab diese Ausstrahlung eines Klischee-Rich-Kids, die Jeans und das Shirt eindeutig teure Markenklamotten, sein Körper durchtrainiert. Auch wenn Ash mir schon oft genug bewiesen hatte, dass sie alles andere als oberflächlich war, traf das Klischee bei ihrem Bruder wohl zu. An den großen Händen trug er silberne Ringe, um den Hals eine silberne Figarokette. Als ich Ash einen Blick zuwarf, fragte ich mich, wie gern sie ihn gerade mit dieser Kette strangulieren wollte.

Objektiv sah der Kerl gut aus. Aber subjektiv … Da war Weston Thornbury das größte Arschloch, das mir in letzter Zeit untergekommen war.

Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, herzukommen. Vielleicht hätte ich in New York bleiben sollen, denn hier gehörte ich anscheinend wirklich nicht hin. Das hatte mir dieser Kerl mehr als klargemacht.

Kapitel 2

Weston

Ich wollte den Sommer einfach nur meine Ruhe haben, mein Ding durchziehen und mich von all dem Scheiß ablenken, der gerade wie eine dunkle Gewitterwolke über mir schwebte, doch Ashley musste ja auf die unsagbar geniale Idee kommen, ihre College-Freundin mitzubringen. Super. Eine weitere Person in dieser Bude, die mir auf die Nerven ging.

»Weston, fahr etwas herunter. Juniper hat dir nichts getan.« Dad warf mir einen warnenden Blick zu, den ich mit einem Schulterzucken quittierte.

»Was willst du tun? Mir Hausarrest geben? Ich bin vierundzwanzig und …«

»Ganz richtig, du bist vierundzwanzig. Und in diesem Alter solltest du so langsam mal erwachsen werden und Verantwortung für gewisse Dinge übernehmen, meinst du nicht?«

Ich presste meine Zähne aufeinander und ballte die Hände zu Fäusten, während ich den Blickkontakt zu meinem Vater nicht abbrach. Immer wieder fingen meine Eltern mit dem gleichen Scheiß an, obwohl ich es nicht mehr hören konnte.

Werd erwachsen, Wes. Übernimm endlich Verantwortung.

Immer wieder die gleichen Diskussionen. Die gleichen Themen. Tagein, tagaus. Wieso war ich überhaupt hergekommen?

Mein Blick wanderte zu meiner kleinen Schwester, die, neben der Möglichkeit auf Ablenkung und der ärztlichen Betreuung, definitiv einer der ausschlaggebenden Gründe gewesen war, dass ich hier war. »Ash«, versuchte ich vom leidigen Thema abzulenken. »Hast du meinen Wagen mal wieder zugeparkt? Ich wollte mich gleich auf den Weg machen.« Von Ash sah ich zu ihrer Freundin June. Irritiert und mit einer leichten Röte auf den Wangen blickte sie zwischen meinen Eltern, meiner Schwester und mir hin und her, als ob sie sich fehl am Platz fühlte. Womit sie wohl nicht ganz falsch lag.

Ich legte den Kopf schief, als sich erneut unsere Blicke kreuzten. Mit den langen dunkelblonden Haaren, die ihr gewellt bis zur Brust reichten, und den großen blauen Rehaugen, ihren weichen Zügen, war sie durchaus hübsch. Ihr Strahlen war mir direkt aufgefallen, als sie sich zu mir umgedreht hatte. Nervtötend gut gelaunt wirkte sie seit der ersten Sekunde. Neben ihren Kurven und ihrer selbstsicheren Haltung hatte mich das direkt in ihren Bann gezogen. Allerdings änderte das nichts daran, dass sie den Sommer über eine weitere Person sein würde, die mir auf den Sack gehen würde. Und das konnte ich ganz und gar nicht gebrauchen. Als ich wieder zu Ash sah, bemerkte ich, dass sie mich fixierte und ganz leicht den Kopf schüttelte. Ihr war anscheinend aufgefallen, dass ich June abcheckte. Somit stand fest, dass ich die Finger von dem Mädel zu lassen hatte, wenn es nach Ash ging. Ich hatte sowieso keinen Kopf für noch mehr Stress innerhalb des Hauses und außerdem wollte ich mich auch nicht zwischen Ash und ihre Freundin drängen. Ihre Freundschaft zu zerstören, indem ich ihre beste Freundin vögelte, stand nicht auf meiner Bingo-Card für den Sommer.

»Nein, ich habe deinen Porsche nicht zugeparkt«, entgegnete Ashley. »Ist der neu?«

»Jap«, sagte ich nur und stieß mich vom Kühlschrank ab. »Am Grau des Mercedes habe ich mich sattgesehen, da musste was Neues her.« Ich liebte Autos. Je schneller, desto besser.

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie meine Mom seufzte. »Ist das jetzt dein neues Hobby? Geld aus dem Fenster werfen?«

Ich lachte bitter auf. »Ich habe ja sonst nichts zu tun. Das muss ich wohl von dir haben.«

»Weston!«, mahnte mich mein Vater erneut, woraufhin ich nur genervt stöhnte und mich von meiner geliebten Familie ein Stück in Richtung Flur entfernte.

Eigentlich wollte ich mich nicht mit ihnen streiten, doch innerlich hatte mich eine unbändige Wut in Beschlag genommen. Wut auf alle, die mir in die Quere kamen. Aber am meisten Wut auf mich selbst. Für den Fehler, der mir unterlaufen war. Seit drei Wochen fühlte es sich so an, als hätte ich einen Teil von mir verloren. Seit der Sekunde, in der ich mich dazu entschieden hatte, mich auf dem Eis mit einem der Gegner anzulegen und damit mein Leben zu zerstören. Die verfickten Folgen dieser Handlung fraßen mich seitdem von innen heraus auf. Ich war nicht nur wütend, ich war unfassbar frustriert, hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte und brauchte ein Ventil dafür.

Ungesund? Möglich. Aber definitiv nötig. Selbst schuld, wenn man mir in so einer Zeit über den Weg lief.

Ich merkte selbst, dass ich mich meiner Familie gegenüber wie ein Arschloch aufführte, aber nach allem, was passiert war, hatte ich keine Lust auf Diskussionen, Stress und Vorwürfe. Oder Schlimmeres: Hilfe. Denn wenn ich mir selbst schon nicht helfen konnte, dann würde das auch niemand anders schaffen. Mein schlechtes Gewissen meldete sich durchaus, wenn ich darüber nachdachte, wie fies ich zu ihnen war. Allerdings schaffte ich es einfach nicht, meine Gefühle in den Griff zu kriegen und das alles nicht an ihnen auszulassen – sosehr ich es auch wollte.

June und ihre Anwesenheit gingen mir jetzt schon auf die Nerven. Hoffentlich mischte sie sich nicht in Angelegenheiten ein, die für sie tabu waren. Wenn diese Frau ihre Nase in Dinge steckte, die sie nichts angingen, dann würde sie ein mächtiges Problem bekommen. Und das nicht nur mit mir.

»Ich bin mal weg«, brummte ich noch, bevor ich mich ein Stück entfernte.

»Wohin geht’s?«, rief mir Dad hinterher.

Ich blieb stehen und zuckte mit den Schultern. »Spielt das eine Rolle?«

»Wir würden schon gern wissen, wohin unser Sohn verschwindet, wenn er so aufgebracht ist«, warf nun Mom ein.

»Oh.« Ich hob die Brauen und setzte ein gespieltes Lächeln auf. »Soll ich euch meinen Standort freigeben, damit ihr mich jederzeit tracken könnt? Das würde euch doch sicher gefallen, oder nicht?« Mit diesen Worten steuerte ich rückwärts geradewegs den Ausgang an, bevor ich mich schließlich wieder umdrehte und den Kopf schüttelte.

Sie hatten nicht verdient, dass ich meine schlechte Laune und Frustration an ihnen ausließ, aber … Nein, kein Aber. Sie hatten es nicht verdient. Ich war das Arschloch. Ich war schuld an allem. Und wenn sie endlich merkten, dass ich nicht immer der Gute war, dann würden sie mich hoffentlich auch endlich in Ruhe lassen, was andere Themen betraf. Mich mein Leben so leben lassen, wie ich es wollte. Ich war gerade ein Kotzbrocken zu ihnen, aber irgendwie fühlte es sich so an, als wäre mir mittlerweile alles egal. Traurig. Sehr traurig. Aber nur so hatte ich das Gefühl, die Situation kontrollieren zu können, mein gebrochenes Herz verstecken zu können.

»Schatz, warte!« Hinter mir hörte ich Stilettos, die über den Marmor klackerten.

An der Haustür hielt ich inne, atmete kurz durch und drehte mich dann zu meiner Mom um. »Was gibt’s?«

Ein besorgter Ausdruck umspielte ihre markanten Züge. Durch die etlichen Liftings und Botox-Behandlungen sah sie fast so jung aus wie Ash. Vielleicht fiel es mir daher manchmal schwer, ihre Mahnungen ernst zu nehmen. Na ja, oder vielleicht lag es eher daran, dass ich Dinge wusste, die mein Bild von ihr verändert hatten.

»Wes, Honey, ich weiß, dass du gerade eine harte Zeit durchmachst, aber du sollst wissen, dass du immer mit deinem Vater und mir und Ashley reden kannst, okay?«

»Mhm«, brummte ich. Ich versuchte meine harte Schale weiterhin zu wahren. Das war etwas, das ich mit mir selbst ausmachen musste.

»Hör zu, wenn du sowieso nur ein wenig herumfährst … Hast du nicht Lust, mir ein bisschen zur Hand zu gehen?« Sie lächelte mich aufmunternd an. »Ich organisiere eine Party. June soll direkt merken, dass sie hier willkommen ist und all unsere Freunde kennenlernen. Du könntest mir bei der Organisation helfen und damit ein schönes Zeichen setzen. Ich glaube, sie ist ein wirklich nettes Mädchen und hat deine …«, sie schluckte, »deine Anfeindungen nicht verdient. Sie soll nicht so von unserer Familie denken.«

Immer ging es ihr nur um den Ruf unserer Familie. Das Ansehen der Thornburys. Genau das hing mir so langsam mächtig aus dem Hals heraus, denn ich hatte viel zu oft das Gefühl, dass es mein Leben immer mehr bestimmte, egal, wie sehr ich mich dagegen wehrte. Es nervte tierisch, dass Mom zu jedem Anlass eine ihrer Partys schmeißen musste, um den Nachbarn aus der Gegend zu beweisen, wie wohlhabend wir doch waren, während Dad sich stets heraushielt und die meiste Zeit arbeitete.

»Ich denke nicht«, entgegnete ich und fuhr mir über den Nacken. »Partys kannst du doch sowieso am besten allein organisieren. Das machst du doch im Schlaf, dafür brauchst du mich nicht.«

»Und wenn du deinem Vater im Club hilfst? Du könntest dort ein wenig mitmischen und dich mit der Arbeit ablenken. Das würde dir bestimmt guttun.«

Sofort machte ich wieder dicht und verengte die Augen. »Ach, so ist das? Ihr wollt einfach nur, dass ich ins Geschäft einsteige. Mal wieder.« Mir kam ein genervtes Stöhnen über die Lippen, dann schüttelte ich den Kopf. »Unfassbar. Wirklich. Wann lasst ihr es endlich mal gut sein? Wann checkt ihr endlich, dass ich das alles, was ihr für mich und meine Zukunft wollt, nicht will?«

Ihr klappte der Kiefer herunter, dann legte sie ihre schmale Hand auf meinen Unterarm. »So … So war das nicht gemeint, Wes. Ich will doch nur dein Bestes. Wir wollen nur dein Bestes. Und auf diesem selbstzerstörerischen Trip, auf dem du dich gerade befindest, schadest du dir nur noch mehr. Bitte hör doch ein einziges Mal auf uns und lass uns dir helfen, dich aus deinem Loch zu ziehen. Wir schaffen das gemeinsam, Schatz.«

»Vergiss es.« Ich machte mich los und drehte mich zur Tür um, riss sie auf und hetzte nach draußen. »Wir sehen uns.«

Alles in mir war angespannt. Ich wollte weg von hier. Weg von allem, was ich werden sollte und niemals werden wollte. Krampfhaft schluckte ich den Schmerz herunter, verdrängte ihn und dachte darüber nach, womit ich ihn gleich ersticken würde. Neue Schuhe? Eine neue Uhr? Schmuck? Drinks? Ganz egal. Ich musste das alles nur irgendwie überstehen.

Kapitel 3

Juniper

Was für eine Flachpfeife.

»Tut mir leid«, murmelte Ashley und presste ihre rosafarbenen Lippen aufeinander, während sie mich betreten anblickte. »Ich wusste, dass er nicht gut drauf ist, aber dass es so übel um Wes steht und er den Mist auch noch an dir auslässt, damit habe ich wirklich nicht gerechnet.«

Ich winkte ab und hob einen Mundwinkel, auch wenn ich mich durch seine Kommentare etwas vor den Kopf gestoßen fühlte. Wer mochte es schon, abgelehnt zu werden? »Schon okay. Du kannst ja nichts dafür.«

»Ich entschuldige mich auch für sein Verhalten.« Ashleys Dad schüttelte den Kopf. »Du hättest das nicht mitbekommen sollen. Weston ist so ein disziplinierter Kerl, aus dem eines Tages noch was Großes wird. Er ist die Zukunft unseres Unternehmens und wird das ganz sicher phänomenal meistern, wenn es so weit ist, aber aktuell ist er … in einer schwierigen Lage.«

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Ashley schluckte und ihre Schultern zurücknahm. »Er macht eine harte Zeit durch. Normalerweise ist er nicht so drauf. Eigentlich hat er das größte Herz und ist immer für alle da, wirklich«, fügte sie hinzu, sah zu ihrem Vater, dann zu mir. »Er ist im Eishockey-Team der NYU und gehört zu den besten Nachwuchsspielern seines Jahrgangs im ganzen Land. Seine Profikarriere liegt seit ein paar Wochen allerdings auf Eis, weil er sich ziemlich übel verletzt hat. Ich hatte das ja schon angedeutet. Na ja, er arbeitet jetzt gerade daran, wieder fit zu werden und bald wieder spielen zu können, aber es steht in den Sternen, wann er wieder aufs Eis kann.«

Michael atmete tief ein und aus, presste die Zähne aufeinander und verschränkte die Arme vor der Brust. »Profi-Karriere … Das ist nur ein Hobby.«

»Dad …« Ashley fixierte ihn warnend. »Das entschuldigt sein Verhalten natürlich nicht, aber das erklärt es zumindest ein wenig.«

Shit. Das klang unschön. Dennoch war es nicht okay, das an anderen Menschen, vor allem seiner eigenen Familie, auszulassen. Hoffentlich gerieten wir den Sommer über nicht noch öfter aneinander. Empathie und Mitgefühl in allen Ehren, doch wenn er meinte, dass er sich mit mir anlegen musste, dann würde ich auch kein Blatt vor den Mund nehmen.

»Das tut mir leid für ihn. Hoffentlich geht es ihm bald besser«, entgegnete ich ehrlich und unterdrückte das Bedürfnis, ihr mitzuteilen, wie unwohl ich mich in der Situation gefühlt hatte. Ich wollte sie nicht vor den Kopf stoßen, indem ich ihren Bruder schlechtredete.

Ich bemerkte, wie Ashleys Mom aus dem Flur wieder zu uns in die Küche gelaufen kam. Sie wirkte mit den Sorgenfalten auf der Stirn sehr bedrückt. Als sie den Raum betrat, hoben sich wie automatisch ihre Mundwinkel und sie strahlte uns an, während sie zu ihrem Mann hinüberlief. Auch wenn sie, bis auf manche ihrer Blicke, einen sympathischen und herzlichen ersten Eindruck auf mich gemacht hatte, wirkte es in diesem Moment eher aufgesetzt. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.

»Wes macht einen kleinen Ausflug«, sagte sie und schlang den Arm um Michaels Mitte, während er stocksteif stehen blieb und sie gar nicht ansah. Doch sie ließ sich nicht beirren.

Seltsam.

»Ich wusste, dass es ihm nicht so gut geht, aber dass er sich wie ein Vollarsch aufführt, hätte ich echt nicht gedacht.« Ashley zuckte mit den Schultern. »Heute Abend rede ich mal mit ihm und sag ihm, dass er sich zusammenreißen soll.«

Michael nickte. »Er wird darüber hinwegkommen.«

»Und was habt ihr an eurem ersten Tag hier noch vor?«, wechselte Kate rasch das Thema und lächelte noch freundlicher in meine Richtung. »Schaut ihr im Club vorbei?«

»Jap«, entgegnete Ash. »Ich zeige June gleich ihr Zimmer und das Haus, dann führe ich sie ein bisschen in Southampton und den Crestwater Heights herum, und ein Abstecher in den Club muss natürlich auch sein.«

»Das klingt nach einem schönen Tag. Viel Spaß, ihr Süßen.«

»Danke, Mom.« Ash nickte in Richtung Foyer. »Na, komm. Ich zeig dir alles.«

Rasch folgte ich ihr den Gang entlang und über die gewundene Holztreppe in den ersten Stock, wo sich eine Galerie mit einer hellen Couch-Landschaft und einige Bücherregale befanden, die bis zur Decke reichten und mit stilvoller Dekoration im maritimen Stil bestückt war. Über einen breiten Flur, von dem aus mehrere Türen zu verschiedenen Räumen abgingen, gelangten wir zu einem der Gästezimmer, wo ich die nächsten Wochen hoffentlich gut schlafen würde.

»Mom und ich haben es vor Jahren eingerichtet. Falls du also irgendwas ändern willst, nur zu.« Mit diesen Worten öffnete Ash die helle Holztür und wies mir den Weg ins Innere.

Sofort blinzelte ich der strahlenden Sonne entgegen, die durch die großen Kassettenfenster und die oben abgerundete Balkontür ins Zimmer fiel. Es roch frisch nach Jasmin, was von der hellen Bettwäsche herrührte. Mit den weißen Wänden, den beigen Strohteppichen und dem hellen Holz hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, am Meer zu sein. Und das verstärkte sich noch mehr, als ich ein paar Schritte in den Raum trat und durch die Fenster des Erkers den Garten mit dem riesigen Pool und die Grünflächen mit den blauen und rosafarbenen Blumen sah. Und noch mehr, als das dahinterliegende Meer mit dem hellen Sandstrand meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Es war ruhig, nur ein paar wenige Leute räkelten sich auf ihren Handtüchern oder paddelten im Wasser umher, während das Rauschen bis nach oben zu uns herbeischwebte. Da es ein Eckzimmer war, konnte ich zudem auch die Einfahrt der Thornbury Mansion überblicken, die wir vorhin hinaufgefahren waren. 

Meine Lippen formten sich zu einem Lächeln. »Ich liebe das Zimmer. Ich liebe die Aussicht.« Dann drehte ich mich zu meiner besten Freundin um, die mich angrinste, während mein Herz einen Hüpfer machte. Nach dem holprigen Start konnte ich zum ersten Mal richtig durchatmen und mich auf den Sommer freuen.

»Ja, es ist ganz hübsch hier.«

»Ganz hübsch?« Ich quiekte vor Freude. »Das ist der absolute Hammer. Ich denke, hier werde ich mich wohlfühlen.«

»Das ist das Wichtigste«, entgegnete sie und nickte zu meinem großen Koffer neben dem Bett, den schon jemand vom Personal hochgebracht hatte. »Komm erst mal an. Wie wär’s, wenn wir uns so in einer halben Stunde unten im Garten treffen und uns später auf den Weg zum Club machen? Davor könnte ich dir noch ein bisschen Southampton zeigen.«

»Klingt nach einem perfekten Plan.«

»Gut, dann sehen wir uns gleich.« Mit diesen Worten drückte sie mich und zog die Tür hinter sich zu, als sie in den Flur verschwand.

Vollkommen benebelt grinste ich nur so vor mich hin, während ich mich noch einmal im Raum umsah. Der ganze Beach-House-Vibe ließ mein Herz vor Freude höherschlagen. Meine anfänglichen Bedenken, Ashleys Eltern könnten ein Problem damit haben, dass ich den Sommer über hier in ihrem Haus verweilte, hatten sich in Luft aufgelöst. Kate und Michael wirkten sehr gastfreundlich und hatten mich herzlich aufgenommen. Wenn da nur nicht Weston gewesen wäre. Weston, der mich angegiftet und seine schlechte Laune an mir ausgelassen hatte. In Anbetracht dessen, dass er sich verletzt hatte und womöglich eine Weile nicht mehr Eishockey spielen konnte, verstand ich, dass es ihm nicht gut ging, doch das änderte nichts daran, dass es ziemlich schwach war, genau das an anderen Menschen auszulassen. Ich atmete tief durch und erinnerte mich daran, dass er nur Ashs Bruder war und ich nichts weiter mit ihm zu tun hatte. Der Sommer würde toll werden. Richtig toll. Und von einem grummeligen Klischee-Rich-Kid würde ich mir die Zeit sicher nicht vermiesen lassen.

Nachdem ich eine kleine Danceparty zu meinem liebsten Gracie-Abrams-Song vollzogen und derweil meinen Koffer ausgepackt und mich in Jeansshorts und ein süßes weiß-rosa gestreiftes Top geschwungen hatte, war ich bereit, mit Ashley die Gegend zu erkunden.

Doch bevor wir loszogen, wollten wir es uns mit frischer, eisgekühlter Pfirsichlimonade auf der Terrasse bequem machen. Ich nahm einen Schluck, während ich mich auf dem weißen Polster des Gartenstuhls zurücklehnte und die Sonne in mein Gesicht scheinen ließ. Es duftete himmlisch nach Blüten und Meersalz. Der köstliche Pfirsichgeschmack breitete sich auf meiner Zunge aus, und ich konnte mir ein zufriedenes Grinsen nicht verkneifen.

Ashley schob sich ihre riesige Sonnenbrille auf die Nase und überkreuzte ihre langen, seidig schimmernden Beine, denen man ansah, dass sie täglich Sport machte. »Ich habe manchmal echt das Gefühl, dass das alles hier eine Blase ist«, sagte sie und seufzte leise. »Die Zeit bleibt stehen, wenn ich hier bin. Jeden Sommer.«

»Und das ist … gut oder schlecht?«

»Gut. Sehr gut.« Sie lächelte und nahm auch einen Schluck Limonade. »Ich kann den ganzen Unistress in New York lassen und für ein paar Wochen abschalten.«

»Und das fällt dir leicht?« Erstaunt huschten meine Brauen nach oben. »Du als Miss Workaholic, die sonst jeden Tag lernt oder an ihre Kurse denkt?«

»Ja, auch wenn es schwer zu glauben ist, Miss Chaosqueen, die viel zu gerne Unordnung in meine Unterlagen bringt.«

»Ich finde, wir ergänzen uns da super. Außerdem ist mein Chaos super organisiert…«

»Na, solange du dich darin zurechtfindest«, ergänzte meine beste Freundin und kicherte. Dann legte sich wieder etwas Entspanntes auf ihre Züge. »Nein, Quatsch. Die Sommer hier tun mir wirklich gut, weil ich mal runterkommen kann. In meinem Apartment muss ich selbst einkaufen, die Wäsche machen, aufräumen und den ganzen Kram und hier … Na ja, da kümmern sich andere Leute darum.«

»Praktisch«, entgegnete ich und nickte, dann nahm ich noch einen Schluck. Über unseren Köpfen zwitscherten ein paar Vögel um die Wette. »Ich kenn das gar nicht so richtig von dir. Normalerweise hast du die Kontrolle über alles.«

»Jap. Richtig. Aber sobald ich einen Fuß in dieses Haus setze, muss ich mich davon verabschieden, und damit habe ich mich schon vor Jahren abgefunden. Hier ziehen meine Eltern die Strippen und ich befasse mich mit Problemen wie: Wo will ich zum Lunch hin, welchen Prada-Bikini soll ich kaufen oder wo findet die nächste Party statt?«

Ich schnaubte, weil das so gar nicht nach Ashley klang, die die ambitionierteste Frau war, die ich kannte. Ihre Karriere und ihr Studium waren ihre Priorität. »Entschuldigung? Wo ist denn meine beste Freundin hin? Denn das hört sich alles andere als nach ihr an.«

Lachend lehnte sie sich zurück. »Ich weiß. Aber es ist eine schöne Abwechslung zu all dem Druck. Wie gesagt, eine ganz andere Welt hier. Wie eine Blase, in der man für ein paar Wochen abtauchen kann.«

So wie Ash über das Leben hier sprach, hörte es sich zwar nach einer Menge Entspannung an, aber auch ein wenig, als ob die Zeit tatsächlich stehen geblieben war. Normalerweise spielte sich unser Alltag auf dem Campus, bei mir, bei ihr oder in einem Café ab. In unseren Pausen schlenderten wir gern durch den Central Park, wo es an jeder Ecke etwas zu erleben gab. Während wir studierten, merkte man nicht allzu viel davon, dass Ash extrem wohlhabend war. Sie trug zwar Markenklamotten, aber hielt alles sehr subtil, während ich das Gefühl hatte, dass sie sich hier nicht mehr zurückhielt und Reichtum und Luxus an der Tagesordnung waren.

»Ich freu mich schon, so richtig abzutauchen«, sagte ich und stellte das leere Glas auf dem Tisch vor mir ab. »Das habe ich nach den ganzen Prüfungen mehr als nötig.«

»Na, dann … Wie sieht’s aus? Wollen wir los? Zum Hamptons Prestige Club, und auf dem Weg dorthin zeig ich dir die Umgebung, okay?«

»Oh, bitte!«

Nachdem wir einige Minuten später das Grundstück zu Fuß verlassen hatten, spazierten wir über einen Kiesweg, eingerahmt von hohen Hecken und blühenden Hortensienbüschen, deren strahlende Blüten sich im Meereswind wiegten. Ein Gärtner, der gerade ein paar Büsche trimmte, grüßte uns höflich mit einem Nicken, das wir erwiderten.

»Das sind also die Hamptons«, vermischte sich meine Stimme mit dem Knirschen des Kieses unter unseren Sohlen. Rechts und links erstreckten sich luxuriöse Villen, verborgen hinter langen Einfahrten und kunstvoll angelegten Vorgärten voller weißer Rosen, knallblauer Hortensien und zarter Glyzinien, die an weißen Lattenzäunen emporrankten.

»Gefällt’s dir hier?«

Von der Küste wehte eine salzige Brise herüber und vermischte sich mit dem zarten Duft der Blumen und frisch gemähter Rasenflächen. In den Crestwater Heights, einer exklusiven Gegend in Southampton, lebte die Elite der Hamptons, und genau das wurde bei jedem weiteren Schritt mehr als deutlich. Überall teure Autos, große Anwesen mit Strandzugang, das Plätschern von Poolwasser, das von jenseits hoher Hecken zu uns drang.

»Bisher auf jeden Fall. Ihr habt jeden Sommer hier verbracht?«, entgegnete ich, als wir die Hauptstraße einschlugen, die uns zu Boutiquen, Cafés und kleinen Restaurants führte, fernab der luxuriösen Villen. Hier schien an diesem warmen Sommernachmittag die Zeit ein wenig langsamer zu laufen, es erinnerte mich an diese süßen sommerlichen Kleinstädte aus den Serien, die ich so gerne schaute – doch mit dem Unterschied, dass hier stets ein Hauch von Wohlstand und Reichtum durch die Luft schwebte. Ich konnte die Dollarnoten förmlich riechen.

Ashley schob ihre Sonnenbrille ein Stück höher und lächelte mich an, als wir an einigen kleinen Boutiquen mit pastellfarbenen Markisen und Schaufenstern, die liebevoll dekoriert waren, vorbeiliefen. »Ja. Jeden Sommer, seit ich denken kann. Wir haben ja in verschiedenen Städten Häuser oder Apartments, und Weston und ich sind in New York City aufgewachsen, aber die Sommer waren wir immer in den Hamptons. Und jetzt, wo Wes und ich studieren, sind meine Eltern die meiste Zeit des Jahres hier und eher selten in New York City, Miami, Aspen oder Bel Air. Ihnen fehlt die Zeit, weil Dad sich hier im Hamptons Prestige viel einbringt und Mom mit dem Wohltätigkeitsverein einiges um die Ohren hat.«

»Dann habt ihr hier sicher schon viel erlebt.«

»Oh ja, schau mal, da vorne«, sagte sie und zeigte mit ihrem perfekt manikürten Finger auf eine kleine Eisdiele, vor der sich bereits eine lange Schlange tummelte. Kinder deuteten aufgeregt auf die bunten Eissorten in der Glasvitrine. »Da musst du unbedingt das Himbeersorbet probieren. Glaub mir, es gibt nichts Besseres. Sutton und ich schwören darauf und könnten uns den Sommer über ausschließlich davon ernähren.«

»Merk ich mir.« Ich warf ihr einen fragenden Blick zu. »Sutton ist … eine deiner Freundinnen, ja?«

Sie nickte. »Die wirst du gleich kennenlernen. Du wirst sie lieben. Sie ist total entspannt und zugleich tough, hat einen Podcast, in dem sie über ihr Datingleben philosophiert und ihre Ex-Freundinnen und -Freunde hopsnimmt, und sie trägt die coolsten Looks. Eine richtige Fashionista. Mit ihr wird es nie langweilig.«

»Das glaube ich. Und die anderen sind …?«

»Yumi und Jasper. Genau. Jasper ist unser IT-Genie, das sich bestimmt auch ins Weiße Haus reinhacken könnte. Er ist etwas ruhiger, hat es aber faustdick hinter den Ohren. Und Yumi ist seine Schwester. Sie wurde als Baby aus China adoptiert, und alterstechnisch sind die beiden nur ein Jahr auseinander. Yumi ist unsere kleine Hexe, sie steht total auf Astrologie und legt allen regelmäßig die Karten. Das Einzige, wovor sie Angst hat, sind Horrorfilme, besonders wenn Clowns vorkommen.«

»Nachvollziehbar«, erwiderte ich grinsend. Die drei klangen nach einer ziemlich coolen Truppe, und ich war schon ganz hibbelig vor Neugierde, sie endlich zu treffen.

»Sie freuen sich alle schon sehr, dich zu sehen und dass du den Sommer mit uns verbringst. Normalerweise sind es nur wir vier, hin und wieder hat Wes mit uns abgehangen, aber der ist jetzt wohl raus.« Sie verdrehte die Augen. »Jedenfalls sind wir seit unserer Kindheit die besten Freunde. Jeden Sommer kommen wir aus allen Richtungen des Landes wieder zurück und verbringen die paar Wochen miteinander.« Ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Und jedes Mal ist es, als wären wir immer noch vierzehn und unser größtes Problem wäre, dass sich der Junge, der die Zeitungen austrägt, in uns verlieben soll.«

Ich kicherte. »Das klingt schön. Ein Stück Kindheit, oder?«

»Ja, das ist es definitiv.«

Zwischen den Boutiquen hatten ein paar kleine Cafés mit Korbstühlen und winzigen runden Tischen ihren Platz, die dazu einluden, den Nachmittag mit einem Iced Macchiato dort zu verbringen und die Leute zu beobachten, die vorbeiliefen. Die Gäste an den Tischen nippten an ihren Getränken, kramten in ihren Designerhandtaschen oder blätterten in Modezeitschriften, während wieder andere miteinander plauderten. Ich atmete den frischen Duft des Meeres und die blumige Hortensiennote tief ein und aus, die die gesamte Straße erfüllten.

Plötzlich lachte Ashley laut auf. »Oh mein Gott, hier in dem Café, dem Coastal Crumbs, haben wir schon so oft am Anfang eines jeden Sommers riesige Pläne geschmiedet und … na ja, nur selten eingehalten.«

Ich grinste. »Wieso das?«