Helden der Schlacht - Simon Scarrow - E-Book

Helden der Schlacht E-Book

Simon Scarrow

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Beschreibung

Tod dem Verräter!

56 A. D.: Die römischen Legionen stehen an der Ostgrenze dem Partherreich gegenüber. Tribun Cato und Centurio Macro sind kampferprobt in zahllosen Schlachten. Doch die Spione der Parther beobachten jeden ihrer Schritte. Und auch aus den eigenen Reihen droht Gefahr: Ein Verräter ist unter ihnen. Es ist an Macro und Cato, ihn zu finden und zu richten – sonst könnte er nicht nur die Legion zu Fall bringen, sondern das gesamte römische Imperium.

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Seitenzahl: 636

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DAS BUCH

An der Ostgrenze des Imperiums stehen römische Truppen den Parthern gegenüber. Ein Krieg scheint unvermeidbar. Schon wurden erste feindliche Krieger an den Ufern des Euphrat gesichtet. Doch die Truppen des römischen Generals Gnaeus Domitius Corbulo sind für eine offene Konfrontation nicht gerüstet. Seine Soldaten sind nicht ausreichend ausgebildet, um gegen die äußerst geschickt kämpfenden Parther zu bestehen. Um Zeit zu gewinnen, schickt der General eine Gesandtschaft unter Führung von Tribun Cato direkt ins Feindesland. Cato soll den parthischen König von einem Frieden überzeugen. Zumindest so lange, bis die römische Armee zu alter Stärke zurückgefunden hat …

Ein ausführliches Werkverzeichnis finden Sie hier.

DER AUTOR

Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, bevor er mit dem Schreiben begann. Mittlerweile zählt er zu den wichtigsten Autoren historischer Romane. Mit seiner großen Rom-Serie und der vierbändigen Napoleon-Saga feiert Scarrow internationale Bestsellererfolge.

Besuchen Sie Simon Scarrow im Internet unter www.scarrow.co.uk

SIMON SCARROW

HELDEN DER SCHLACHT

Roman

Aus dem Englischen von Norbert Jakober

WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN

Die Originalausgabe TRAITORS OF TOME erschien erstmals 2019 in der Headline Publishing Group, London.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2019 by Simon Scarrow

Copyright © 2020 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarker Str. 28, 81673 München

Redaktion: Dr. Rainer Schöttle

Umschlaggestaltung: Dirk Schulz, Animagic, unter Verwendung eines Motivs von © Arcangel

Umsetzung Ebook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-24447-7V001

www.heyne.de

Für Anne und Mel Richmond, meine lieben Schwiegereltern. Traurigerweise haben wir Mel verloren, während ich an diesem Buch gearbeitet habe. Wir vermissen seinen Humor und seine unerschütterliche Freude an jedem Tag, den das Leben ihm geschenkt hat …

PERSONEN

Quintus Licinius Cato – Tribun und Kommandant der Zweiten Kohorte der Prätorianergarde

Lucius Cornelius Macro – ranghöchster Centurio der Zweiten Kohorte der Prätorianergarde, ein kampferprobter Veteran

General Gnaeus Domitius Corbulo – Kommandant der römischen Armee im Osten des Imperiums; er hat die Aufgabe, die Parther in die Schranken zu weisen, wird aber nicht mit den dafür nötigen militärischen Mitteln ausgestattet

Apollonius von Perge – Agent von General Corbulo und Catos Berater; ein durchtriebener Mann mit undurchsichtiger Vergangenheit

Lucius – Sohn des Cato, ein aufgeweckter Junge, der mitten unter Soldaten aufwächst und leider manches von deren Ausdrucksweise aufschnappt …

Licinia Petronella – zukünftige Ehefrau von Macro, davor Catos Sklavin; eine Frau von kräftiger Statur mit ebenso starker Persönlichkeit

Cassius – ein verwilderter Hund, den Cato in der armenischen Wildnis gefunden und zu sich genommen hat und der dem römischen Tribun treu ergeben ist; wird zur »Bestie«, sobald sich jemand von seinem furchterregenden Aussehen täuschen lässt

ZWEITE PRÄTORIANERKOHORTE

Centurionen: Ignatius, Nicolis, Placinus, Porcino, Metellus

Optios: Pantellus, Pelius, Marcellus

VIERTE SYRISCHE KOHORTE

Präfekt Paccius Orfitus – frisch beförderter Kommandant der Einheit; ein ehrgeiziger Offizier

Centurio: Mardonius

Optios: Phocus, Laecinus

MAZEDONISCHE KAVALLERIEKOHORTE

Decurio: Spathos

SECHSTE LEGION

Centurionen: Pullinus, Piso

Optio /amtierender Centurio: Martinus

Legionär: Pindarus

Legionär Selenus: ein Veteran, dem sein Hunger zum Verhängnis wird

ANDERE

Präfekt Clodius – nervöser Kommandant der Ersten Dakischen Hilfskohorte, der mit der Bewachung der Grenze bei Bactris betraut ist

Graniculus – Quartiermeister in Bactris, der sich am liebsten als Gärtner betätigt und deshalb auf Frieden hofft

König Vologaeses – König von Parthien, der »König der Könige«, führt seinen Untergebenen gerne vor Augen, welch qualvoller Tod auf alle Verräter wartet

Haghrar aus dem Haus Attaran – Prinz von Ichnae, auch als »Wüstenfalke« bekannt; gerät in die Fallstricke der höfischen Politik

Ramalanes – ein Hauptmann der königlichen Palastwache

Demokles – Kapitän eines Flussschiffes, der stets auf ein lukratives Geschäft aus ist

Patrakis – Bootsmann auf einem Flussschiff

Perikles – ein Gastwirt, dem viel daran gelegen ist, dass seine Gäste die Zeche bezahlen

Ordones – Sprecher der Bewohner von Thapsis

Centurio Munius – für die Abteilung verantwortlich, die mit der undankbaren Aufgabe betraut ist, eine Brücke über einen reißenden Fluss zu bauen

Mendacem Pharagäus – ein »Prophet«, der auf Stadtplätzen in Erscheinung tritt und den Leuten Dinge erzählt, die sie gerne hören

Legionär Borenus – ein Aufrührer in den Reihen der römischen Armee und noch mehr als das …

KAPITEL 1

Herbst 56 n. Chr.

Da kommen sie«, murmelte Centurio Macro, während er den Blick zum anderen Ende des Übungsgeländes schweifen ließ, wo eine Staubwolke die Ankunft einer Kolonne von Soldaten ankündigte. Macro warf den Aniszweig weg, an dem er gekaut hatte, und spuckte einen breiigen Klumpen aus. Er drehte sich zu seinem Vorgesetzten um, der im Schatten einer Zeder saß und an den Stamm gelehnt döste. Tribun Cato war ein schlanker Mann Ende zwanzig. Sein dunkles Haar hatte er am Vortag kurz schneiden lassen, und mit seinen Bartstoppeln sah er aus wie ein Rekrut. Im Schlaf hätte sein Gesicht jugendlich gewirkt, wäre da nicht die auffällige Narbe gewesen, die sich von der Stirn über die rechte Wange zog. Trotz seiner jungen Jahre war er ein Veteran, der schon viele harte Feldzüge hinter sich hatte. Neben ihm lag sein Hund Cassius, ein großes, Furcht einflößendes Tier mit struppigem braunem Fell. Von einem Ohr war nur noch ein kleiner Rest übrig; den größeren Teil hatte er wahrscheinlich in einem Kampf verloren, bevor Cato ihn während eines Feldzugs in Armenien vor einem Jahr gefunden und behalten hatte. Cassius ließ seinen Kopf in Catos Schoß ruhen und wedelte ab und an zufrieden mit dem Schwanz.

Macro betrachtete Cato einen Moment lang schweigend. Er selbst diente schon doppelt so lange wie Cato in der römischen Armee, hatte jedoch feststellen müssen, dass Erfahrung nicht alles war. Ein guter Offizier brauchte auch Köpfchen. Und natürlich Muskeln, fügte er in Gedanken hinzu. Cato war vielleicht nicht der Kräftigste, doch das machte er mit seinem Mut und seiner Zähigkeit mehr als wett. Macro selbst war sich durchaus bewusst, dass seine Stärken hauptsächlich in Erfahrung und Muskelkraft bestanden. Lächelnd rief er sich in Erinnerung, wie er und Cato zu Freunden geworden waren. Ihr enges Verhältnis war auch darin begründet, dass sie einander so gut ergänzten. Was dem einen fehlte, besaß der andere im Übermaß. Das war ihnen in den vergangenen fünfzehn Jahren in vielen Schlachten zugutegekommen, die sie in allen Winkeln des Römischen Reichs gemeinsam geschlagen hatten, von den kalten Landstrichen am Rhein bis zu den heißen Wüstengebieten an der Ostgrenze des Imperiums. Die beiden Offiziere hatten eine herausragende Bilanz vorzuweisen, was sich an zahlreichen Narben ablesen ließ, die sie im Kampf für Rom erworben hatten.

In letzter Zeit fragte sich Macro jedoch immer öfter, wie lange er das Schicksal noch herausfordern sollte. Bisher war noch immer alles gut ausgegangen, doch irgendwann würde die Geduld der Schicksalsgöttinnen erschöpft sein. Ob er durch das Schwert, den Speer oder den Pfeil eines Feindes starb, vom Pferd fiel und sich das Genick brach oder irgendeiner Seuche erlag: Irgendwie schwante ihm, dass er nicht mehr allzu lange ungeschoren davonkommen würde. Noch mehr Angst als vor dem Tod hatte er vor einer schweren Verwundung, die ihn dazu verdammen würde, den Rest seiner Tage als hilfloser Krüppel zuzubringen.

Er runzelte die Stirn angesichts seiner trüben Gedanken. Vor fünf Jahren wäre ihm so etwas noch nicht in den Sinn gekommen, doch heute fühlten sich seine Muskeln steif an, wenn er morgens aufstand, und nach einem langen Marsch schmerzten seine Knie. Noch schlimmer war, dass seine Beweglichkeit und seine Schnelligkeit deutlich nachgelassen hatten. Eigentlich nicht überraschend, dachte er sich. Immerhin hatte er über siebenundzwanzig Jahre in der Armee gedient. Er hätte längst aus dem Militärdienst ausscheiden und sich mit einer Prämie und dem kleinen Grundstück, das ihm zustand, ins Privatleben zurückziehen können. Dass er es noch nicht getan hatte, lag nur daran, dass er sich ein Leben außerhalb der Armee bisher nicht so richtig vorstellen konnte. Sie war sein Zuhause, Cato und die anderen waren seine Familie.

Doch nun gab es eine Frau in seinem Leben.

Mit einem Lächeln auf den Lippen schweiften seine Gedanken zu Petronella. Sie war unerschrocken, keck und auf genau die Weise schön, wie Macro sie schätzte. Sie war gut gebaut, hatte ein rundes Gesicht und dunkle Augen. Ihre Zunge mochte manchmal scharf sein, doch ihr herzliches Lachen wärmte Macros Herz. Abgesehen von der Last der Jahre, die ihm zunehmend zu schaffen machte, lag es vor allem an Petronella, dass er in letzter Zeit immer öfter daran dachte, die Armee zu verlassen. Auch wenn ihm der Gedanke, seinen Abschied zu nehmen, Schuldgefühle bereitete. Es kam ihm vor, als würde er die Männer unter seinem Kommando verraten und – was noch schlimmer war – als würde er seinen Freund, Tribun Cato, im Stich lassen.

Er hätte wohl noch länger gegrübelt, doch dafür war jetzt keine Zeit. Die Pflicht rief.

Macro räusperte sich, als er zum dösenden Tribun trat. »Herr, die syrischen Jungs sind da.«

Cato schlug die Augen auf und blinzelte ins grelle Sonnenlicht jenseits der Zeder, in deren Schatten er saß. Der Hund hob den Kopf und blickte fragend zu ihm auf. Cato tätschelte ihm den Hals, stand auf und streckte sich. »Die haben sich aber Zeit gelassen. Sie hätten schon zu Mittag hier sein sollen. Vor mindestens einer Stunde.«

Die beiden Offiziere spähten über das ausgetrocknete Gelände hinweg. Die Hilfstruppen der Vierten Syrischen Kohorte marschierten auf dem Weg heran, der von der Stadt Tarsus zum Übungsgelände führte. Es war eine der Einheiten, aus denen General Corbulo die Armee zusammenstellte, die gegen Roms langjährigen Feind im Osten, das Partherreich, zu Felde ziehen sollte. Mehrere Hilfskohorten und zwei Legionen waren bereits in einem Lager bei Tarsus stationiert, insgesamt über zwanzigtausend Mann. Eigentlich eine beeindruckende Zahl, dachte Cato, wären die Soldaten besser ausgebildet und bewaffnet gewesen. Deshalb war nicht daran zu denken, den Feldzug vor dem nächsten Frühjahr zu beginnen. Bis dahin ließ Corbulo die Männer von den verantwortlichen Offizieren in Form bringen, während nach und nach Ausrüstung und Lebensmittelvorräte zur Versorgung der Truppen eintrafen.

Die Vierte Syrische Kohorte hatte die Anweisung, nach einem Zehnmeilenmarsch in der näheren Umgebung zum Übungsgelände zu kommen und einen Angriff auf eine Verteidigungsanlage durchzuspielen, die Catos Männer hier errichtet hatten. Die Soldaten der Zweiten Prätorianerkohorte kamen bereits aus dem Schatten hervor, um ihre Positionen entlang des Befestigungswalls einzunehmen, der hinter den Palisaden aufgeschichtet worden war. Draußen verlief ein Graben, der die Verteidigungsanlagen vervollständigte.

Cato beobachtete die Männer einen Moment lang – ein Anblick, der ihn einmal mehr mit Stolz erfüllte. Diese Soldaten mit ihren Kettenhemden über der weißen Tunika waren zweifellos die Elitetruppe in General Corbulos Armee. Sie hatten sich in harten Einsätzen in Hispanien und zuletzt in Armenien bewährt. Beim Gedanken an den letzten Feldzug wurde Catos Stolz von Bitterkeit verdrängt, als er sich daran erinnerte, wie viele Männer er bei dem Versuch verloren hatte, einen Günstling Roms auf den armenischen Thron zu bringen. Mit dreihundert Überlebenden war Cato aus der Schlacht heimgekehrt – nachdem er mit fast doppelt so vielen aus den Kasernen am Stadtrand von Rom aufgebrochen und nach Osten gezogen war, um Corbulo zu unterstützen. Als sie schließlich in die Hauptstadt zurückkehrten, hatten sie den Familien der Gefallenen die traurigen Nachrichten zu überbringen und zudem frische Kräfte für die Kohorte zu finden.

Cato hoffte, dass die Ausbildung der neuen Prätorianer schneller vonstattengehen würde als der militärische Schliff der Einheiten aus den östlichen Provinzen des Reichs. Diese hatten allzu lange als Garnisonstruppen gedient. Ihre Aufgaben hatten sich darauf beschränkt, für Ordnung unter den Einheimischen zu sorgen und die Steuereinziehung zu überwachen. Nur wenige von ihnen hatten jemals an einer Schlacht teilgenommen. Dementsprechend fehlte es ihnen an den körperlichen Voraussetzungen und der Kampferfahrung, wie sie von einem Soldaten im Dienste Roms erwartet wurden. Corbulo hatte die vergangenen Monate dafür aufgewendet, seine Armee zusammenzustellen und auf den bevorstehenden Angriff auf das Partherreich vorzubereiten. Viele seiner Männer waren schlecht ausgerüstet und in keiner Weise für eine Schlacht gewappnet. Die syrischen Hilfstruppen, die hier auf die Prätorianer zumarschierten, waren ein typisches Beispiel für den beklagenswerten Zustand der Soldaten unter General Corbulos Kommando.

Der Hund stupste Catos Hand mit der Schnauze an, dann richtete er sich auf und setzte ihm seine langen Vorderbeine auf die Brust, um Cato das Gesicht abzulecken.

»Cassius, sitz!« Cato schob das kräftige Tier von sich. »Sitz!«

Augenblicklich ließ sich der Hund vor Cato nieder und wedelte mit dem Schwanz.

»Wenigstens der ist gut ausgebildet«, bemerkte Macro. »Ich frage mich, ob wir mit einem Rudel Hunde nicht mehr ausrichten würden als mit diesen Lahmärschen.«

Der Offizier, der an der Spitze der syrischen Marschkolonne ritt, stieß ein lautes Kommando aus und hob den Arm, worauf die Soldaten nach und nach zum Stehen kamen. Ohne auf eine Erlaubnis zu warten, ließen einige ihre Speere und Schilde sinken, um vornübergebeugt Atem zu schöpfen. Der befehlshabende Offizier wendete sein Pferd, ritt zur Kolonne zurück und wies seine Untergebenen wild gestikulierend zurecht.

Macro schüttelte den Kopf und spuckte zur Seite aus. »Gut, dass wir für die heutigen Übungen keinen Hinterhalt vorgesehen haben, was?«

Cato nickte. Er konnte sich gut vorstellen, welches Chaos ein Hinterhalt unter diesen Hilfssoldaten auslösen würde. »Sag unseren Männern, sie sollen sich bereit machen. Ich will, dass sie hart rangehen, wenn die Syrer angreifen. Diese Burschen müssen lernen, dass der Krieg kein Kinderspiel ist. Es ist immer noch besser, sie holen sich jetzt ein paar blaue Flecken und vielleicht mal einen Knochenbruch, als dass sie glauben, der Einmarsch nach Parthien wird ein Spaziergang.«

Macro grinste und salutierte, ehe er zum Befestigungswall ging. Nahe der Mitte blieb er stehen und wandte sich seinen Prätorianern zu. Sie waren mit Übungswaffen ausgerüstet – geflochtenen Schilden, Holzschwertern und Speeren mit stumpfer Holzspitze. Auch wenn es keine tödlichen Waffen waren, konnte man damit einem Gegner schmerzhafte Verletzungen zufügen. Macro hob seinen Rebstab und schlug das Ende des knotigen Stocks in seine freie Hand, während er sich mit lauter, deutlicher Stimme an die Soldaten wandte – in einem Ton, den er sich in all den Jahren angeeignet hatte, in denen er Soldaten ausgebildet und in die Schlacht geführt hatte.

»Es ist Zeit für eine kleine Übung, Jungs! Da kommen fast sechshundert Hilfssoldaten, also doppelt so viele wie wir. Das heißt, ihre Chancen stehen schlecht.« Er hielt einen Moment inne, um den Männern Gelegenheit zu geben, über seine Bemerkung zu lachen. »Trotzdem – wenn es auch nur einem der Bastarde gelingt, hier reinzukommen, wird jeder Einzelne der betreffenden Centurie für einen Monat zum Latrinendienst verdonnert. Der Rest darf sich von Pflaumen ernähren – das heißt, ihr werdet so tief in der Scheiße stehen, dass ihr von frischer Luft träumt!«

Die Prätorianer brachen in schallendes Gelächter aus. Macro wartete einen Moment, dann hob er seinen Rebenholzstab, und das Gelächter verstummte. »Ihr dürft nie vergessen, wir sind die Zweite Prätorianerkohorte, die beste Einheit der kaiserlichen Garde. Und jetzt zeigen wir diesen syrischen Lahmärschen, warum das so ist!«

Macro hob seinen Stock und stieß einen Kriegsruf aus. Die Prätorianer taten es ihm gleich und reckten unter lautem Kampfgeschrei die abgerundeten Spitzen ihrer Holzspeere zum Himmel empor. Macro feuerte sie noch einen Moment lang an, dann drehte er sich um und ging zu Cato und seinem Hund zurück. Cassius hatte sein intaktes Ohr gespitzt, als er das Geschrei gehört hatte. Er erhob sich auf alle viere und wedelte aufgeregt mit dem buschigen Schwanz. Cato nahm eine lederne Leine von seinem Gürtel und befestigte sie am Halsband des Hundes. »Ich kann nicht verantworten, dass du ein paar Syrer frisst«, murmelte er. »Das wäre nicht gut für die Moral der Truppe.«

Er hielt die Leine mit festem Griff, richtete sich auf und blickte über das Gelände zu den anrückenden Syrern. Die Centurionen und Optios hatten alle Hände voll damit zu tun, ihre Männer dazu zu bewegen, sich vor dem Verteidigungswall zu einer geordneten Schlachtreihe zu formieren. Die Offiziere taten, was sie konnten, doch es wollte ihnen nicht so recht gelingen, Ordnung in das Durcheinander zu bringen.

Macro stand mit dem Stock über der Schulter da und stieß einen langen Seufzer aus. »Du lieber Mars, hast du je einen solchen Sauhaufen gesehen? Ich würde nicht darauf wetten, dass diese Stümper imstande wären, sich aus einer feuchten Papyrusrolle freizukämpfen. Wenn die gegen die Parther ranmüssen, können sie nur hoffen, dass der Feind sich zu Tode lacht – das wäre ihre einzige Chance, lebend davonzukommen.«

Auf dem Weg hinter den Reihen der Syrer sah Cato etwas aufblitzen – mehrere Reiter mit schimmerndem Harnisch, aber ohne Helm. »Ich glaube, Corbulo will sich davon überzeugen, wie wir mit den Übungen vorankommen.«

Macro sog die Luft zwischen den Zähnen ein. »Dann wird er eine kleine Enttäuschung erleben, Herr.«

Sie verfolgten, wie der General und seine Stabsoffiziere an der Flanke der syrischen Kohorte vorbeiritten und in einiger Entfernung stehen blieben, um das Geschehen zu beobachten. Cato blickte zu dem Präfekten, der die Hilfstruppen befehligte, und verspürte einen Anflug von Mitleid mit dem korpulenten Mann. Paccius Orfitus war kein schlechter Offizier; er hatte als Centurio einer Legion am Rhein gedient, bevor man ihm vor einem Monat das Kommando über die Vierte Syrische Kohorte übertragen hatte. Er hatte also noch kaum Zeit gehabt, seine Männer auf den bevorstehenden Feldzug vorzubereiten. Und nun musste er auch noch unter dem kritischen Auge seines befehlshabenden Generals einen Übungsangriff auf die Prätorianer anführen.

Während die Kohorte sich in zwei Linien zu je drei Centurien formierte, stieg Orfitus vom Pferd, nahm Schild und Helm vom Sattelhorn und schickte sich an, die Formation anzuführen. Wie die Prätorianer waren auch die Hilfssoldaten mit hölzernen Übungswaffen ausgerüstet, deren Gewicht ihnen zusätzlich zu schaffen machte. Orfitus wartete, bis die Standartenträger ihren Platz zwischen den zwei Linien eingenommen hatten, dann trat er an die Spitze seiner Kohorte und gab das Kommando zum Vorrücken. Ihre Helme schimmerten in der grellen Sonne, als die Formation sich in Bewegung setzte.

Macro beobachtete die Szene einen Moment lang. »Wenigstens schaffen sie es, im Gleichschritt zu marschieren«, räumte er ein. »Allein dafür kann der Präfekt schon dankbar sein.«

Cato nickte und deutete mit dem Daumen zum Verteidigungswall. »Du gehst dann wohl besser rauf zu deinen Burschen.«

»Willst du uns nicht Gesellschaft leisten, wenn es lustig wird, Herr?«

»Nein. Ich sehe nur zu.«

Macro zuckte mit den Schultern, salutierte und eilte hinter den Wall, um seine Waffen zu holen und sich seinen Männern anzuschließen. Cato blieb allein mit seinem Hund. Manchmal, dachte er, war es besser, solche Übungen aus der Ferne zu beobachten, um sich einen Überblick zu verschaffen. Wenn man mitten im Geschehen stand, entgingen einem oft wichtige Einzelheiten. Er wollte vor allem sehen, wie sich seine eigene Kohorte in der Übung schlug.

Die syrischen Hilfstruppen schoben sich langsam näher. Als sie knapp außer Bogenschussweite waren, gab Orfitus das Kommando zum Anhalten. Es dauerte eine Weile, bis die Formation unter den Zurufen der Offiziere zum Stillstand kam. Endlich hatten alle ihre Positionen eingenommen und warteten auf neue Anweisungen.

»Zweite Centurie! Bereit machen für Testudo-Formation!«

Cassius zerrte an der Leine, doch Cato hielt ihn zurück, während er beobachtete, wie die Hilfssoldaten in der Mitte der vorderen Linie eine Kolonne bildeten. Als sie so weit waren, trat ihr Kommandant an die Spitze. »Testudo bilden!«, rief er seinen Männern zu.

Was folgte, war genau so haarsträubend, wie Cato es erwartet hatte. Die Männer in der vordersten Reihe hatten ihre Schilde nach vorne zu halten, anschließend hätte eine Reihe nach der anderen die Schilde hochhalten sollen, sodass der betreffende Soldat sich selbst und seinen Vordermann schützte. Dass das in diesem Fall nicht gelang, lag daran, dass viele ihren Schild zu früh hochhielten und damit ein heilloses Durcheinander verursachten. Schilde krachten gegeneinander, die Offiziere fluchten und brüllten verzweifelte Befehle, um ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen. Schließlich blieb Orfitus nichts anderes übrig, als die Kolonne abzuschreiten und zu überwachen, wie die einzelnen Reihen sich bemühten, eine Schildkrötenformation zu bilden. Auf dem Verteidigungswall verfolgten die Prätorianer das Geschehen mit lautem Gelächter.

Als die Centurie endlich so weit war, kehrte Orfitus auf seine Position zurück und gab der Kohorte das Kommando zum Vorrücken. Die Centurien an den Flanken öffneten ihre Reihen, und die Männer gingen in Position, um ihre Übungsspeere zu werfen. Gleichzeitig hoben sie ihre Schilde, sodass der Großteil des Gesichts geschützt war. Cato blickte zur Verteidigungsanlage und erkannte Macro am Federbusch seines Helms. Der Centurio hielt seinerseits seinen Speer bereit und wartete darauf, dass die Syrer in Reichweite kamen. Die Schmährufe verstummten, einen Moment lang herrschte Stille auf dem Übungsgelände, während beide Seiten sich auf den Kampf vorbereiteten. Cato war zufrieden mit dem, was er sah. Alles war so, wie es sein sollte. Eine Übung war eine ernste Angelegenheit, kein Spaß. Es lag nicht zuletzt an der guten Ausbildung und der regelmäßigen gewissenhaften Arbeit, dass die römischen Heere ein so riesiges Reich zu sichern vermochten und sich immer wieder gegen die Barbaren durchsetzten, die den Reichtum Roms mit neidischen Blicken beäugten.

»Speere bereit machen!«, brüllte Macro.

Die Männer entlang des Befestigungswalls hoben ihre Wurfarme und gingen mit gespreizten Beinen in Position. Dann standen sie reglos da, wie Skulpturen von Athleten, dachte Cato, während die Syrer langsam vorrückten, notdürftig von ihren geflochtenen Schilden geschützt.

»Speere los!«, befahl Macro.

Die Prätorianer holten weit aus und schleuderten ihre Waffen mit einem angestrengten Grunzen in die Luft. Cato sah einen Schwarm dunkler Geschosse vor dem hellen Himmel auf den Feind zufliegen. Die Männer in der vordersten Reihe blieben abrupt stehen, überraschten damit ihre nachfolgenden Kameraden und brachten so erneut die Formation durcheinander. Hastig duckten sie sich unter ihre Schilde, während die Holzspeere auf sie niederprasselten. Mit den abgestumpften Spitzen konnten die Waffen keinen allzu großen Schaden anrichten, doch die Hilfssoldaten zögerten instinktiv und gingen in Deckung, wie sie es in einer richtigen Schlacht tun würden. Es war die Aufgabe ihrer Offiziere, sie anzutreiben.

»Nicht stehen bleiben!«, brüllte Orfitus. »Weiter! Vorwärts!«

Er gab den Schrittrhythmus vor, als die Schildkrötenformation sich vorwärtsschob und die beiden Centurien an den Flanken mit ihr Schritt hielten. Auf dem Verteidigungswall wurden neue Speere nach vorne zu den Männern an der Palisade gereicht. Diese bereiteten sich darauf vor, einen weiteren Geschosshagel auf die Syrer loszulassen. Die Angreifer kamen ihnen jedoch zuvor. Der Centurio zur Rechten hob sein Schwert und gab das Kommando.

»Erste Centurie! Halt! Speere bereit machen! Werfen!«

Die schnelle Abfolge von Befehlen führte zu unterschiedlichen Ergebnissen. Von dem langen Marsch erschöpft, warfen viele Männer den Speer nicht weit genug. Die hölzernen Schäfte prallten gegen den Erdwall oder landeten im Graben davor. Nicht einmal die Hälfte der Speere flog gegen die Palisade oder darüber hinweg. Die Prätorianer hatten ihre Schilde erhoben, an denen die hölzernen Waffen abprallten. Ein einziger Glückswurf traf einen der Verteidiger an der Schulter. Der Mann taumelte nach hinten, verlor das Gleichgewicht und rollte in einer Staubwolke den Erdwall hinunter.

Als die Männer an der anderen Flanke mitbekamen, dass ihre Kameraden ihre Speere geworfen hatten, folgten sie ihrem Beispiel – mit genauso bescheidenem Ergebnis. Im Gegenzug ließen die Prätorianer ihre zweite Salve los. Ihre Speere prasselten nahezu gleichzeitig auf die Schilde der Angreifer ein. Einige der Syrer verloren die Nerven und ließen den Schild fallen.

Orfitus gab unbeirrt den Rhythmus vor und führte die Formation auf die schmale Brücke vor dem Tor zu, über dem Macro das Geschehen verfolgte. Auf beiden Seiten schnappten sich Soldaten die vom Feind geworfenen Speere und schleuderten sie zurück. Als die Formation den Graben erreichte, ließ Orfitus seine Männer anhalten. Cato fragte sich, was der Präfekt vorhatte. Die Sturmleitern befanden sich ganz hinten bei den drei Centurien der zweiten Linie, Augenblicke später wurden sie in den Reihen nach vorne gereicht. Wenn es den Angreifern gelang, die Leitern an den Palisaden aufzustellen und nach oben zu klettern, würde es zum Kampf Mann gegen Mann kommen. Cato zweifelte nicht daran, dass seine Prätorianer dem Ansturm standhalten würden, auch wenn der Gegner zahlenmäßig überlegen war.

»Brücke bilden!«, befahl Orfitus. Im nächsten Augenblick überquerten die vordersten Reihen der Formation den Graben, hielten ihre Schilde hoch und stützten sich mit der freien Hand am Tor ab. Die Nachrückenden hielten ebenfalls ihre Schilde hoch, ein wenig tiefer als ihre Vordermänner, sodass sie eine Brücke aus überlappenden Schilden bildeten, die wie eine Rampe nach oben zur Palisade führte.

Cato war einen Moment lang verblüfft und lächelte schließlich. Ein so kühnes Manöver hatte er nicht erwartet, schon gar nicht von einer Einheit, die er als drittklassig abgetan hatte. »Sieh an«, murmelte er anerkennend. Die syrischen Hilfstruppen hatten das Manöver offenbar gut einstudiert.

Die Prätorianer an der Palisade waren genauso überrascht, beugten sich vor und beobachteten Orfitus und seine Männer, bis ihre Offiziere sie anwiesen, den Blick nach vorne zu richten.

»Unser Freund Orfitus ist ein gewiefter Bursche …« Cato schnalzte mit der Zunge und streichelte Cassius.

Der Hund zuckte mit dem Kopf zur Seite und leckte seinem Herrn über die Finger, dann sprang er erneut los, bis ihn die Leine zurückhielt.

»Du möchtest ein bisschen mitmischen, was? Diesmal nicht. Diese Männer sind alle auf unserer Seite, mein Junge.«

Cato richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gelände vor dem Tor. Die Angreifer hatten die neue Formation eingenommen, und die Centurie, die der Testudo gefolgt war, rückte vor, um über die behelfsmäßige Rampe zur Palisade zu gelangen. Die Prätorianer warteten ab, die Übungsschwerter in Schildhöhe haltend, um jederzeit zuschlagen zu können. Macros Federbusch war jedoch nicht mehr zu sehen. Cato fragte sich stirnrunzelnd, wohin sein Freund verschwunden sein mochte, während er selbst von seinem Hund abgelenkt gewesen war. Hatte ihn etwa ein Speer getroffen? War er von der Brustwehr gestürzt? Schwer vorstellbar, dachte Cato. Macro verfügte über einen ausgeprägten Kampfinstinkt und machte selbst in der Hitze des Gefechts nie einen falschen Schritt. Was war geschehen?

Cato bemerkte eine Gruppe von Männern, vielleicht eine halbe Centurie, in dichter Formation hinter dem Tor. Über ihnen hatten bereits einige Prätorianer den Kampf mit den Angreifern aufgenommen, die versuchten, die Verteidigungsanlage zu stürmen. Holzschwerter prallten gegen Schilde, Helme und Arme. Ein Syrer versuchte, über die Palisade zu klettern und auf den Wehrgang über dem Tor zu gelangen.

In diesem Augenblick öffneten die Prätorianer, von Macro angeführt, das Tor und stürmten unter lautem Kampfgebrüll vorwärts. Ein Beben durchlief die Reihen der Hilfssoldaten, die die Sturmrampe bildeten. Eine Handvoll Männer, die auf der Rampe nach oben stiegen, verloren das Gleichgewicht und stürzten in den Graben. Die Formation löste sich in allgemeinem Chaos auf, und die Angreifer versuchten nur noch, sich auf den Beinen zu halten. Nun konnte Cato ganz deutlich Macros Federbusch ausmachen, als der Centurio seine Männer durch das Tor nach draußen führte. Die Prätorianer drängten die Angreifer zurück, und noch mehr Syrer landeten im Graben. Präfekt Orfitus versuchte, seine Männer erneut zu formieren, doch die Prätorianer ließen ihnen keine Zeit dazu und stürmten gnadenlos durch die ungeordneten Reihen. Cato erhaschte einen letzten Blick auf Orfitus, bevor der Präfekt ebenfalls niedergeschlagen wurde, seine Männer kehrtmachten und unter Macros Ansturm das Weite suchten.

Cassius zerrte erneut an der Leine und blickte ungeduldig zu Cato auf.

»Du willst spielen?«

Der Hund wedelte aufgeregt mit dem Schwanz, und Cato ließ die Leine los. Augenblicklich schoss Cassius davon, die Leine wehte hinter ihm her.

Cato zuckte mit den Schultern. »Hoppla …«

Immer mehr Prätorianer strömten durchs Tor, nahmen die Verfolgung der flüchtenden Hilfssoldaten auf und brachten einen nach dem anderen zu Fall. Cassius stürzte sich mitten ins Getümmel und fiel Männer auf beiden Seiten an. Cato verfolgte das Geschehen noch einen Moment lang, dann trat er vor, legte die Hände trichterförmig an den Mund und holte tief Luft.

»Zweite Prätorianerkohorte! Halt! Das genügt, Jungs!«

Die Prätorianer, die ihm am nächsten waren, drehten sich um und hielten gehorsam inne. Die weiter entfernten Soldaten setzten den Kampf noch einen Moment lang fort, bis der Befehl, von den Offizieren weitergegeben, zu ihnen durchdrang und sie ebenfalls die Verfolgung einstellten. Macro gab seinen Centurien das Kommando, sich zu formieren, und beobachtete amüsiert, wie die Hilfssoldaten sich aufrappelten, Waffen und Schilde aufhoben und über das Übungsgelände zu ihren Kameraden trotteten, die schwer atmend dastanden und die Prätorianer argwöhnisch beäugten. Cato erspähte den Federbusch des Präfekten, als Orfitus sich aufsetzte und benommen den Kopf schüttelte. Cato ging zu ihm und hielt ihm die Hand hin. Orfitus blinzelte und blickte zu der Gestalt auf, die sich vor ihm aufbaute, bis er erkannte, dass es Cato war.

»Deine Männer nehmen wohl keine Gefangenen, Tribun Cato«, keuchte Orfitus. »Die machen jeden nieder, der sich ihnen in den Weg stellt, was?« Er hustete und räusperte sich.

Cato lachte. »Doch, in der Schlacht nehmen sie auch Gefangene, aber deine Jungs zu verschonen hätte nicht viel gebracht. Die wären keine besonders wertvolle Kriegsbeute, fürchte ich.«

Sie fassten sich an den Unterarmen, und Cato half dem Offizier auf die Füße. Orfitus klopfte sich den Staub von der Tunika, überblickte das Übungsgelände und sah die Letzten seiner Männer zurück zu ihren Kameraden humpeln. Dann schweifte sein Blick zu General Corbulo, der steif im Sattel saß, während seine amüsiert dreinblickenden Offiziere das Geschehen kommentierten.

»Ich glaube, der General war nicht begeistert von dem, was er gesehen hat.«

»Nimm’s nicht so schwer«, tröstete Cato. »Die Brücke war ein feines Manöver. Damit hatte ich nicht gerechnet.«

»Hat uns nur nicht viel gebracht, oder?«

»Diesmal nicht«, stimmte Cato zu. »Aber ihr hattet es auch mit den Prätorianern zu tun. Männer wie Macro kennen so gut wie jeden Trick, den man in einer Schlacht nur anwenden kann, und haben auch die passende Antwort darauf.«

Von der anderen Seite des Übungsplatzes ertönten wütende Schreie. Die beiden Offiziere blickten hinüber und sahen, dass Cassius mehrere Männer zusammengetrieben hatte und nach jedem schnappte, der zu entkommen versuchte.

»Wärst du so freundlich, deine Kavallerie zurückzupfeifen, Tribun? Ich glaube, Cassius hat genug Unheil angerichtet.«

Cato steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen durchdringenden Pfiff aus. Cassius blieb wie angewurzelt stehen und blickte sich um. Cato pfiff erneut, der Hund warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf seine Beute, dann machte er kehrt und lief zu seinem Herrn zurück.

»Ich gebe dir einen Becher Wein aus, wenn wir uns das nächste Mal in der Offiziersmesse sehen«, meinte Orfitus. »Dir und diesem verdammten Raubein, Centurio Macro.«

Sie nickten einander zu, dann stapfte Orfitus steifbeinig los, um das Kommando über die Kohorte wieder zu übernehmen und nach der allzu schnellen Niederlage wenigstens für einen einigermaßen würdevollen Abgang zu sorgen. In diesem Augenblick kam Cassius angerannt und blieb mit heraushängender Zunge vor Cato stehen. Dieser hob die Leine auf und ging zu Macro hinüber, der an der Spitze der Prätorianer vor dem Befestigungswall stand. Die Männer plauderten und scherzten, die Schilde auf den Boden gestellt.

»Gute Arbeit, Centurio«, lobte Cato. »Der Ausfall war genau die richtige Antwort auf ihren Angriff.«

Macro lächelte. »Von dir ist das ein hohes Lob, Herr. Obwohl ich zugeben muss, dass wir kräftige Hilfe hatten.« Er tätschelte Cassius den Kopf, und der Hund dankte es ihm, indem er ihm die Hand ableckte.

»Gibt es Verwundete?«

»Ein paar blaue Flecken, aber nichts Ernstes.«

Cato nickte zufrieden. »Gut.«

Sie wurden von Hufgetrappel unterbrochen. Der General und seine Stabsoffiziere ritten heran und begutachteten die ungeordneten Reihen der Hilfstruppen. Corbulo war neunundvierzig Jahre alt, wirkte aber älter – die Haare grau, das Gesicht von tiefen Furchen durchzogen. Seine herabhängenden Mundwinkel verliehen ihm einen finsteren, mürrischen Ausdruck.

»Präfekt Orfitus!«, blaffte er. »Sag deinen verdammten Männern, sie sollen sich formieren! Ich dulde es nicht, dass sie hier herumstehen wie ein Haufen Taugenichtse an einem öffentlichen Feiertag!«

Der bedauernswerte Präfekt salutierte, dann gab er seinen Offizieren den Befehl, Formationen zu bilden. Mit einigem Gebrüll und dem Einsatz ihrer Stöcke trieben Offiziere und Optios die Hilfssoldaten an, ihre Plätze in der Formation einzunehmen, bis endlich alle sechs Centurien der Vierten Syrischen Kohorte unter dem strengen Blick ihres Generals Haltung angenommen hatten. Corbulo ließ sein Pferd im Schritt die vorderste Reihe entlanggehen. Es war nicht zu übersehen, mit welcher Verachtung er die Hilfstruppen musterte. Schließlich kehrte er an seinen ursprünglichen Platz vor der versammelten Kohorte zurück, um das Wort an die Soldaten zu richten.

»Das war die erbärmlichste Vorstellung, die ich je von einer Einheit der römischen Armee gesehen habe«, verkündete er schroff. »Ihr habt es nicht geschafft, auch nur ein halbwegs ordentliches Marschtempo durchzuhalten oder in der Formation zu bleiben. Bei allen Göttern! Ein Haufen einbeiniger Landstreicher hätte das besser hingekriegt als ihr. Und als wäre das nicht genug, habt ihr euch auch auf dem Übungsplatz wie blutige Anfänger geschlagen. Soweit ich das erkennen kann, ist eure Ausrüstung in einem unbrauchbaren Zustand. Nicht wenige von euch sind nicht einmal voll ausgerüstet. Centurionen! Ich will, dass ihr jeden Einzelnen notiert, der nicht ordnungsgemäß ausgerüstet ist. Es gibt keine Entschuldigung und auch keine Ausnahmen für Offiziere. Jeder, der sich nicht in kriegstauglichem Zustand präsentiert hat, schläft für den Rest des Monats im Freien und bekommt nur Getreidebrei zu essen.« Er drehte sich im Sattel und deutete auf den Befestigungswall. »Und was euren lächerlichen Auftritt betrifft, der wohl kaum das Wort Angriff verdient, so schwöre ich bei Jupiter, dass ein paar vestalische Jungfrauen dem Feind mehr zu schaffen gemacht hätten als ihr.«

Aus den Reihen der Prätorianer ertönte Gelächter, bis der scharfe Fluch eines Optios sie verstummen ließ.

Corbulo funkelte die Syrer einen Moment lang wütend an, ehe er seinen gnadenlosen Anschiss fortsetzte. »Wenn ihr es gegen die Parther genauso macht, dann verspreche ich euch, dass nicht einmal jeder Zehnte von euch überleben wird. Es ist euch vielleicht gelungen, unsere Freunde von der Prätorianergarde zu amüsieren, aber ich versichere euch, die Parther werden nicht lachen, wenn sie euch massakrieren. Euch und eure Kameraden in den östlichen Armeen, die ihr jahrelang in bequemen Garnisonsposten auf euren fetten Ärschen gesessen habt. Ihr hattet es viel zu lange viel zu leicht, aber das wird jetzt anders, meine Herren. Im nächsten Frühjahr werden wir ins Partherreich einmarschieren. Das wird die größte Herausforderung für die römische Armee im Osten des Imperiums seit der Zeit des Marcus Antonius. Für alle, die unseren letztendlichen Triumph erleben werden, wird es reiche Beute geben. Jeder Überlebende wird als reicher Mann heimkehren. Auf die anderen, die im Laufe des Feldzugs fallen, wartet nur ein namenloses Grab an einer staubigen Straße. Dieses Schicksal winkt euch, wenn ihr euch in der Schlacht nicht deutlich besser schlagt als heute. Viel zu lange habt ihr nur so getan, als wärt ihr Soldaten. Nun müsst ihr euch euren Sold redlich verdienen, mit ehrlichem Schweiß und Blut. Ihr müsst eure Kampfkraft stählen und lernen, mit Herz und Entschlossenheit zu kämpfen. Und ihr müsst euch um eure Ausrüstung kümmern. Wenn euer Kettenhemd löchrig ist, wird es euch nicht schützen. Wenn euer Schwert rostig und stumpf ist, wird es dem Feind nicht wehtun. Wenn eure Stiefel abgetragen sind, werden sie euch nicht ans Ziel bringen, ihr werdet den Anschluss an die Truppe verlieren und vom Feind niedergemetzelt werden. Der Feind, mit dem wir es zu tun bekommen, ist der mächtigste Gegner, den Rom je hatte. Ich weiß, einige meinen, die Parther wären schwach und verweichlicht, weil sie in langen Roben herumlaufen und ihre Augen wie Frauen mit Kajal umranden. Aber wer sie unterschätzt, ist ein ausgemachter Narr und wird seinen Irrtum mit dem Leben bezahlen. Lasst euch von solchen Äußerlichkeiten nicht täuschen: Die Parther sind äußerst geschickte Kämpfer. Sie reiten, als wären sie im Sattel geboren. Sie schießen ihre tödlichen Pfeile in vollem Galopp so präzise ab, als stünden sie auf festem Boden. Die parthischen Reiter sind wie ein Fluss, der allen Hindernissen ausweicht, der nur durch einen Damm aufgehalten werden kann. Dieser Damm werden wir sein. Wir werden wie Felsblöcke sein, an denen der Feind nicht vorbeikommt. Nicht einmal ihre gepanzerten Kataphrakten werden uns überwinden können. An unseren Schilden, unseren Speeren und Schwertern werden sie zerschellen. Dann wird der Sieg unser sein.«

Corbulo hielt einen Moment lang inne, um seine Worte wirken zu lassen. »Aber dazu wird es nicht kommen, wenn ihr Rom solche Schande macht wie in dieser Übung. Ich sehe hier keine Soldaten vor mir, die diesen Namen verdienen. Ich sehe nur die kläglichen Überreste einer einst stolzen Kohorte, deren Männer ihrer Standarte und dem Kaiser Ehre gemacht haben. So muss es wieder werden. Wenn uns das nicht gelingt, werdet ihr im Partherland als Futter für die Bussarde enden. Präfekt Orfitus!«

Der Kommandant der Kohorte trat vor. »Herr!«

»Das sind deine Männer. Du gibst den Maßstab vor. Wenn sie versagen, hast du versagt. Und wenn du versagst, werde ich mich nicht nachsichtig zeigen. Ich verlange das Beste von meinen Offizieren. Wenn sie nicht imstande sind, ihr Bestes zu geben, ist für sie kein Platz in meiner Armee. Habe ich mich klar ausgedrückt?«

»Ja, Herr.«

»Dann wirst du ab jetzt dafür sorgen, dass diese Männer ordentlich ausgebildet werden. Wer die Anforderungen nicht erfüllt, wird ohne Abfindung ausgemustert. Das gilt auch für alle anderen Einheiten unter meinem Kommando. Einschließlich der Legionen.« Er deutete mit dem Daumen über seine Schulter. »Auch für die Prätorianer.«

Cato und Macro tauschten einen kurzen Blick.

»Das geht jetzt ein bisschen zu weit«, bemerkte Macro leise. »Das wird bei den Jungs nicht gut ankommen.«

»Auch nicht in Rom, wenn Nero davon erfährt«, fügte Cato hinzu. »Wenn es eine Lektion gibt, die jeder Kaiser gelernt hat, dann, dass man an den Privilegien der Prätorianergarde nicht rütteln sollte.«

»Ganz genau«, stimmte Macro mit Nachdruck zu.

Corbulo bedachte die Kohorte mit einem letzten vernichtenden Blick, ehe er sich wieder an Orfitus wandte. »Wegtreten!« Er wendete sein Pferd, setzte sich an die Spitze seiner Stabsoffiziere und ritt in kurzem Galopp auf das Stadttor von Tarsus zu.

Cato sah dem General einen Moment lang nach, ehe er sich den Syrern zuwandte. »Das waren nicht unbedingt die aufmunternden Worte, die diese Männer gebraucht hätten.«

»Es war genau das, was sie gebraucht haben«, erwiderte Macro. »In diesem Zustand sind sie nur ein Haufen Scheiße, das wissen sie selbst. Je früher Orfitus ihnen Beine macht, desto besser.«

Cato nickte. »In einem Punkt hatte Corbulo sicher recht. Wenn sie nicht absolut einsatzbereit sind, sobald es gegen die Parther geht, sind sie so gut wie tot.«

Macro brummte zustimmend. »Mit diesen erfreulichen Aussichten – wie lauten deine Befehle, Herr?«

Cato überlegte einen kurzen Moment. »Die Männer müssen ein bisschen gefordert werden. Lass sie zweimal um die Stadt marschieren, bevor du sie wegtreten lässt.«

»Ja, Herr.«

»Wir sehen uns, wenn du fertig bist. Nimm sie hart ran, Centurio.«

»Das versteht sich von selbst.«

Cato nickte, zog kurz an Cassius’ Leine und stapfte mit dem Hund an seiner Seite in Richtung Stadttor.

Macro wandte sich den Prätorianern zu. Einige grinsten noch immer über die bedröppelt dreinblickenden syrischen Hilfssoldaten. Es war nun einmal eine Tatsache, dass zwischen den Einheiten einer jeden Armee eine gewisse Rivalität herrschte. Die Legionäre fühlten sich den Hilfstruppen überlegen, die Hilfssoldaten verabscheuten die Arroganz der Legionäre, und beide Gruppen hassten die Prätorianer. Falls heute Abend einige dieser syrischen Hilfssoldaten in irgendeiner Kaschemme der Stadt Macros Männern über den Weg liefen, würde es Ärger geben. In diesem Fall war es Macro wichtig, dass die Prätorianer der anderen Seite ordentlich in den Hintern traten.

Er schöpfte tief Atem, überblickte die Reihen der Prätorianer und setzte ein finsteres Gesicht auf. »Was zum Hades gibt es da zu grinsen? Das Lachen wird euch gleich vergehen, wenn ihr erfahrt, was auf euch wartet! Schilde hoch! Fertig machen zum Marschieren!«

KAPITEL 2

Während der Rest der Armee in den Lagern außerhalb von Tarsus in Zelten hauste, waren Cato und seine Männer in der Stadt einquartiert. Die Prätorianer dienten dem General als Leibwache. Letztes Jahr war Corbulo ein hohes politisches und militärisches Risiko eingegangen, indem er die Elitetruppe eigenmächtig auf einen gefahrvollen Feldzug nach Armenien geschickt hatte. Der Kaiser hätte es gar nicht gern gesehen, eine Einheit seiner wertvollen Garde zu verlieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte der General jedoch so wenige zuverlässige Männer zur Verfügung gehabt, dass er keine andere Möglichkeit gesehen hatte, als die Prätorianer einzusetzen. Die Zweite Kohorte hatte empfindliche Verluste erlitten, die sich nicht mit frischen Rekruten auffangen ließen, solange sie so weit von Rom entfernt war. Die Prätorianer waren zu stark dezimiert worden, als dass General Corbulo sie wieder in die Schlacht schicken konnte, und es war nur ein schwacher Trost, dass sie während des bevorstehenden Feldzugs an der Seite des Generals und seines Stabes bleiben würden, statt selbst in die Gefechte einzugreifen. Für Centurio Macro mochte das frustrierend sein, doch Petronella, seine Gefährtin, war darüber sehr erfreut, zumal sie hier in Tarsus heiraten würden.

Cato lächelte beim Gedanken an die morgige Hochzeit. Es war nur eine kleine Feier geplant. Außer Cato und den anderen Offizieren der Kohorte würden noch ein paar Männer von anderen Einheiten teilnehmen, mit denen Macro sich angefreundet hatte, dazu eine Handvoll Einheimischer sowie Catos fünfjähriger Sohn Lucius.

Durch Lucius hatte Macro seine zukünftige Ehefrau kennengelernt. Petronella war das Kindermädchen des Jungen gewesen und eigens für diesen Zweck am Sklavenmarkt in Rom gekauft worden. Sie war klug und energisch. Außerdem hatte sie sich immer hingebungsvoll um Lucius gekümmert, und der Junge liebte sie dafür. Seine Mutter war schon kurz nach seiner Geburt gestorben, und da Cato häufig fern von Rom an irgendeinem Feldzug teilgenommen hatte, war Petronella eine umso wichtigere Bezugsperson für ihn geworden. Inzwischen war sie auch keine Sklavin mehr, Cato hatte ihr vor einem Jahr die Freiheit geschenkt. Seither lebte sie mit Macro in dem Haus in Tarsus, das er gemietet hatte. Und nun hatte der Centurio beschlossen, sie zu seiner Frau zu machen.

In den letzten Wochen hatte Petronella mit großer Freude alle nötigen Vorkehrungen getroffen. Macro hatte ihre Aktivitäten zunächst verblüfft, dann zunehmend besorgt verfolgt, als ihm dämmerte, wie viel Geld sie dafür ausgab. Die Dinge hätten nun einmal ihren Preis, erklärte sie ihm, und sie seien dem Anlass angemessen – die seidene Stola ebenso wie der Blumenschmuck, das Festmahl, die Musik und der Segen durch den Priester des Kaiserkults in Tarsus. Cato beobachtete staunend, wie sein Freund, der furchtlose Veteran so vieler Schlachten, sich lammfromm Petronellas Wünschen fügte. Die Liebe hatte anscheinend etwas bewirkt, was keiner feindlichen Waffe und keinem noch so grimmigen barbarischen Krieger gelungen war.

Cato bog in eine Straße ein, die vom Forum zum jüdischen Viertel führte, wo sich das wohnliche Haus befand, in dem er seinen kleinen Haushalt eingerichtet hatte. Die Nachmittagshitze fühlte sich in den engen Straßen der Stadt noch drückender an. Er wich den kleinen Abfallhaufen aus, die sich auf der Straße angehäuft hatten, und wechselte einen militärischen Gruß mit einer Gruppe von Legionären, die argwöhnisch auswichen, als Cassius zu ihnen hinstrebte. Cato durchschritt einen Bogen, dessen Schlussstein eine Menora zierte, ein siebenarmiger Leuchter, der ein wichtiges religiöses Symbol der Juden darstellte. Dahinter lag ein kleiner Platz mit dem Haus eines Silberschmieds namens Yusef zwischen einer Bäckerei und einem Laden für Tonwaren. Als er näher kam, sah er Petronella auf einer Stufe sitzen, einen Strohfächer in der Hand, mit dem sie sich Luft zufächelte. Vor ihr spielte Lucius mit seinen hölzernen Soldaten. Ein kleines dunkelhaariges Mädchen in einer schlichten Tunika saß neben ihm. Cato erkannte sie als die Tochter eines Nachbarn. Lucius hatte sich mit ihr angefreundet, bis er eines Tages fand, dass es sich für einen Jungen nicht schickte, mit Mädchen zu spielen. Er war trotzdem oft mit ihr zusammen, tat aber so, als würde es eher zufällig passieren.

Petronella erhob sich, als sie ihren ehemaligen Herrn kommen sah, und winkte ihm zu. »Sieh mal, wer da kommt, Lucius!«

Der Junge blickte auf, lächelte strahlend und sprang auf. »Cassius!«

Der Hund zerrte an der Leine, doch Cato hielt ihn fest, als er das Haus des Silberschmieds erreichte. Lucius rannte herbei, um den Hund zu umarmen, und Cassius leckte ihm eifrig übers Gesicht. Das Mädchen zuckte zurück. Cato konnte die Kleine verstehen – sein Hund sah nicht gerade vertrauenerweckend aus.

»Natürlich nur Cassius, was?« Cato seufzte theatralisch. »Und dein Vater wird gar nicht begrüßt?«

Er ging in die Knie und strich Lucius über die dunklen Locken. Sein Sohn umarmte ihn flüchtig und wandte sich gleich wieder dem Hund zu. Cato blickte zu dem Mädchen. »Und wie geht es der kleinen Junilla heute?«

Sie lächelte schüchtern, drehte sich um und flitzte in einen Durchgang ein paar Häuser weiter.

»Habe ich was Falsches gesagt?«, fragte Cato stirnrunzelnd.

Petronella lachte. »Es liegt nicht an dir, Herr. Es ist der Hund. Für die meisten Stadtbewohner sieht er aus wie ein Wolf. Würde ich ihn nicht kennen, ginge es mir genauso. Komm, Lucius, pack deine Spielsachen zusammen. Es ist Zeit, ins Haus zu gehen.«

Der Junge tätschelte dem Hund ein letztes Mal den Kopf und wich zurück, als die lange Zunge erneut zu seinem Gesicht schnellte. Er hob seine kleinen Soldaten auf und folgte den anderen über die Treppe zur Tür und ins Haus des Silberschmieds.

Drinnen gelangten sie über einen kurzen Flur zu dem schlichten Atrium, wo durch eine Öffnung in der Decke Sonnenlicht hereinfiel. Ringsum waren Werkstatt und Wohnräume des Hausbesitzers sowie die Küche angeordnet. Die Räume, die Cato und Macro gemietet hatten, gingen nach hinten zu einem kleinen Garten hinaus. Schon von Weitem hörte Cato das leise Plätschern des Brunnens, als er in den Garten hinausging und über den Kiesweg zum Wasserbecken trat. Er ließ den Hund von der Leine und setzte sich auf eine Bank im Schatten des von Weinreben umrankten Spaliers.

Lucius stellte seine Spielzeugsoldaten neben seinem Vater auf, dann setzte er sich auf den marmornen Brunnenrand, schwang seine nackten Füße ins Wasser und plätscherte vergnügt. Cassius blickte sich schwanzwedelnd um, in der Hoffnung, dass jemand mit ihm spielen würde. Da niemand Interesse zeigte, ließ er sich schwerfällig zu Catos Füßen nieder, legte den Kopf zwischen die Pfoten und stieß einen tiefen Seufzer aus.

»Wie geht es mit den Vorbereitungen für den großen Tag voran?«, erkundigte sich Cato.

Petronella setzte sich auf die Bank neben ihm und lächelte glücklich. »Ich glaube, wir sind so weit, Herr.«

»Meinst du?« Cato hob eine Augenbraue und lächelte. »Ich würde mich an deiner Stelle noch einmal vergewissern, bevor der Centurio nach Hause kommt. Wie du weißt, kann er ziemlich pedantisch sein. Mit Macro würde ich mich lieber nicht anlegen.«

»Oh, er ist ein Lämmchen, wenn man weiß, wie man ihn nehmen muss. Außerdem habe ich ihm schon klargemacht, wer die Hosen anhat.«

»Kann es sein, dass du in einem früheren Leben einmal ein Centurio warst? Oder vielleicht ein Lagerpräfekt? Du bist eine hübsche Frau, aber von deinem Wesen her mehr ein kampferprobter Veteran.«

Petronellas Gesicht verhärtete sich. »Wenn du die meiste Zeit deines Lebens Sklavin warst, dann wirst du so, Herr.«

»Aber du bist keine Sklavin mehr. Du bist frei. Und ich bin nicht mehr dein Herr.«

»Die Macht der Gewohnheit, Herr.«

Beide mussten nun lächeln. Obwohl sie nicht mehr Catos Eigentum war, ging es ihr wie den meisten ehemaligen Sklaven; für sie war Cato weiterhin ihr Herr. Für ihre Loyalität und gelegentliche Dienste betrachtete Cato es wiederum als seine Pflicht, sich um ihr Wohlergehen zu kümmern. Respekt – das war es, worauf es ankam, was aber viele vermissen ließen, dachte Cato. Nicht wenige Herren sahen in ehemaligen Sklaven keine eigenständigen Menschen. Und viele freigelassene Sklaven vergolten eine gute Behandlung durch ihren ehemaligen Herrn mit kalter Verachtung. In manchen Fällen erwiesen sich Freigelassene als überaus erfolgreich in ihren neuen Tätigkeiten und wurden reicher als ihre einstigen Herren. Als ehemalige Sklaven standen sie in Rom dennoch immer ganz unten in der gesellschaftlichen Hierarchie.

Hätte Catos Vater sich nicht der Gunst des Kaisers erfreut, wäre auch Cato selbst das übliche Schicksal eines Freigelassenen nicht erspart geblieben. So aber war ihm das Bürgerrecht zuteilgeworden, unter der Bedingung, dass er in der Armee diente. Dennoch fragte er sich manchmal, wie viele Offiziere von seiner niedrigen Herkunft wussten und hinter seinem Rücken über ihn spotteten, obwohl er in den Rang eines Eques aufgestiegen war. Aber allzu wichtig war es ihm nicht, was die anderen über ihn dachten. Er hatte sich seinen Ruf durch harte Arbeit erworben, im Gegensatz zu denen, deren Ansehen nur durch den Zufall ihrer hohen Geburt begründet war. Er verfügte sogar über ein gewisses Vermögen, seit er den Besitz seines Schwiegervaters, Senator Sempronius, geerbt hatte. Es handelte sich um ein Haus in Rom, ein Landgut in Kampanien sowie Mieteinkünfte aus einem Wohnblock auf dem Aventin, solange das Haus stand.

Trotz seines neu erworbenen Wohlstands hätte Cato sich nicht mit einem Leben im Luxus in Rom anfreunden können. Er war in der Hauptstadt geboren und aufgewachsen, doch als er nach jahrelangen Feldzügen an den Rändern des Imperiums nach Rom zurückgekehrt war, hatte er den Gestank der mehreren Hunderttausend Menschen und Tiere unerträglich gefunden, die auf so engem Raum zusammenlebten. Es wunderte ihn fast, dass er es nicht schon früher so empfunden hatte. In den engen Straßen fühlte er sich eingesperrt wie ein Sack Getreide unter vielen im Lagerraum eines alten Frachtschiffs. Hinzu kam die unangenehme Herausforderung, sich im Labyrinth des gesellschaftlichen und politischen Lebens der Hauptstadt zurechtzufinden. Allzu schnell konnte man sich mit einer unvorsichtigen Bemerkung jemanden zum Todfeind machen. Mit den richtigen Beziehungen zum Kaiserpalast oder mithilfe der Unterwelt konnte so ein Feind einem tatsächlich nach dem Leben trachten. Es konnte passieren, dass man im Gewühl niedergestochen oder bei einem Festmahl vergiftet wurde, ohne auch nur zu wissen, warum.

Aus all diesen Gründen zog Cato das Leben in der Armee vor, wo ein Mann stets wusste, wer seine Feinde waren, und wo er sich auf seine Kameraden verlassen konnte. Jedenfalls meistens, fügte er in Gedanken hinzu. Der Einfluss Roms konnte bis in die entlegensten Winkel des Imperiums reichen – vor allem, wenn der Kaiser und seine Berater jemanden als Bedrohung erachteten. Im Moment fühlte sich Cato einigermaßen sicher. Er war zu unbedeutend, um zum Ziel eines Racheakts zu werden. Etwas anders lag der Fall bei General Corbulo. Er mochte ein noch so guter Soldat sein, der Rom immer treu gedient und sich den Respekt seiner Untergebenen erworben hatte. Auch dem Kaiser gegenüber hatte er sich immer als loyal erwiesen, egal, wer gerade auf dem Thron saß. Das alles würde ihn jedoch nicht retten, falls jemand in Rom das Gefühl bekam, dass Corbulo allzu erfolgreich wurde.

Cato lächelte bitter. Solche Widersprüche traten im Römischen Imperium immer wieder auf. Rom brauchte gute Generäle, um sich gegen seine Feinde zu verteidigen, doch wenn solche Männer zu gut waren, konnte es leicht sein, dass sie selbst zum Feind wurden. In diesem Fall entzog man ihnen das Kommando, holte sie nach Rom zurück und ließ sie ständig von kaiserlichen Spionen überwachen. Es konnte auch sein, dass sie weniger Glück hatten und irgendeines Verbrechens angeklagt und hingerichtet wurden. Manchen bot man als ehrenvollere Möglichkeit an, freiwillig aus dem Leben zu scheiden.

»Hast du irgendwas auf dem Herzen, Herr?«

Cato blickte auf und bemerkte jetzt erst, dass Petronella ihn beobachtete. Er zwang sich zu einem Lächeln und zuckte mit den Schultern. »Nicht mehr als sonst. Nur die üblichen Bürden des Kommandos. Kann ich dir irgendwie bei den Vorbereitungen für morgen helfen?«

»Du hast schon mehr als genug für uns getan. Hättest du uns kein Geld geliehen, würde es gar kein richtiges Fest geben. Macro würde das vielleicht nichts ausmachen. Du weißt ja, wie er ist – er mag keinen Trubel. Trotzdem will ich ihm einen Tag schenken, den er nicht vergisst. Das hat deine verstorbene Frau damals sicher genauso gewollt.«

Cato presste die Lippen aufeinander und blickte an Petronella vorbei auf die Jagdszene, die die Wand hinter ihr zierte. Er erinnerte sich noch sehr gut an seine Hochzeit. Es war eine schlichte Feier gewesen, doch für ihn hätte der Tag nicht schöner sein können. Später hatte er erfahren, dass seine Frau ihm untreu gewesen war, während er in Britannien gekämpft hatte. Die Erinnerung an seine Hochzeit war seither nur noch wie bitterer Hohn für ihn.

Petronella beugte sich mit ernster Miene vor. Sie hatte seinen Gesichtsausdruck völlig falsch verstanden. »Keine Sorge, Herr. Macro und ich, wir werden dir das Geld schon sehr bald zurückzahlen. Er sagt, er hat eine größere Summe auf einer Bank in Rom liegen.«

Cato lachte. »Mach dir deswegen keine Sorgen. Das Geld leihe ich euch gerne. Das ist das Mindeste, was ich für euch tun kann. Ich wollte es als Hochzeitsgeschenk beisteuern, aber Macro besteht darauf, es zurückzuzahlen. Ich schulde euch beiden mehr, als ein Mann je zurückzahlen kann. Dir allein dafür, dass du dich um Lucius gekümmert hast, nachdem seine Mutter gestorben war. Und Macro … dafür, dass er mich zu dem gemacht hat, der ich heute bin. Ich verdanke ihm mein Leben. Er hat mich öfter aus brenzligen Situationen gerettet, als ich mich erinnern kann. Also mach dir bitte keine Sorgen wegen des Geldes. Ich brauche es nicht, um zu überleben.«

»Das mag schon sein, Herr. Aber wir wollen deine Großzügigkeit nicht ausnutzen.«

»Das weiß ich. Aber jetzt sag mir bitte, dass du trotz der ganzen Vorbereitungen für morgen irgendwie noch Zeit gefunden hast, uns etwas Leckeres zum Abendessen zu kochen.« Cato rieb sich die Hände. »Immerhin ist es Macros letzte Mahlzeit als freier Mann.«

Petronella verdrehte die Augen. »Erinnere mich nicht daran! Ich kriege ständig von ihm zu hören, dass er seine Freiheit aufgibt, dass ich ihn in Ketten lege, dass er nie mehr eine andere Frau ansehen darf …«

»Glaub mir, für ihn existieren sowieso keine anderen Frauen mehr, seit er dich hat.«

»Oh …« Sie errötete leicht und wedelte mit den Händen. »Wie auch immer. Wir haben vom Essen gesprochen. Ja, ich werde etwas ganz Besonderes kochen.«

»Das war verdammt köstlich!«, verkündete Macro, schob seine Tonschüssel beiseite und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Über den Gartentisch hinweg sah er Petronella bewundernd an. Sie aßen in der kühlen Abenddämmerung, in der Mauerschwalben durch die Luft segelten und Insekten fingen. »Also, damit ist es für mich klar. Ich werde dich heiraten – mein Wort drauf.«

»Als ob es da noch irgendeinen Zweifel gegeben hätte«, schnaubte Petronella.

»Im Ernst«, fügte Macro hinzu. »Wenn du eine solche Mahlzeit zaubern kannst …«

»Ich hatte ein bisschen Hilfe«, gab Petronella zu. »Einer deiner Männer – Hirtius. Er war früher einmal Küchenjunge bei einem Senator, hat er mir erzählt.«

Macro kniff die Augen zusammen. »Soso. Seit wann tauschst du Kochrezepte mit meinen Soldaten aus?«

»Tarsus ist keine große Stadt. Ich bin ihm auf dem Markt begegnet, als ich Kräuter einkaufte. Man sieht nicht so oft einen Soldaten, der auf dem Markt Küchenkräuter kauft. So sind wir ins Gespräch gekommen. Er hat mir erzählt, dass er auf eurem letzten Feldzug einmal etwas gekocht hat, das dir sehr geschmeckt hat, also habe ich ihn nach dem Rezept gefragt.«

»Auf dem letzten Feldzug?«, fragte Macro stirnrunzelnd.

»Der Hammelbraten«, warf Cato ein. »An dem Abend, als es zu dem Kampf zwischen einem deiner Männer und dem Armenier kam.«

»Ich erinnere mich … der arme Glabius. Er hatte einen besseren Tod verdient.«

»Ja.« Cato nickte traurig.

Einen Moment lang herrschte Schweigen, während Cato sich an den Mann erinnerte, den er hatte hinrichten lassen, weil er einen Soldaten ihres Verbündeten getötet hatte.

Petronella räusperte sich und deutete mit ihrem Löffel auf Lucius. »Das habe ich genau gesehen, junger Mann!«

Lucius erschrak und setzte ein unschuldiges Gesicht auf. »Was habe ich denn getan?«

»Ich habe dir schon oft gesagt, du sollst den räudigen Köter nicht bei Tisch füttern. Ich habe gesehen, dass du ihm dein letztes Stück Fleisch gegeben hast.«

»Hab ich nicht!«

Sie deutete auf den Hund, der an der Seite des Jungen auf dem Boden saß. Cassius’ rosafarbene Zunge schwang vor der Schnauze hin und her, dann stupste er Lucius an.

»Er hat Hunger«, rechtfertigte sich der Junge.

»Er hat immer Hunger. Er ist ein Hund. Essen ist das Einzige, was ihn interessiert.« Petronella seufzte frustriert und schüttelte den Kopf. »Ich bin von Männern und Bestien umgeben – na ja, ist ohnehin kein großer Unterschied. Was soll man als armes Mädchen bloß machen? Nun, für dich ist es jedenfalls Zeit, ins Bett zu gehen, mein Freund. Morgen wird es ein langer Tag, da musst du ausgeschlafen sein. Sag schön Gute Nacht.«

»Aber es ist doch noch gar nicht spät!«, protestierte Lucius. »Und ich bin schon fünf. Lass mich noch ein bisschen aufbleiben. Bitte.«

»Nein. Aber wenn du ein braver Junge bist und dich beeilst, dann erzähle ich dir noch eine Geschichte vor dem Einschlafen.«

Lucius schwang die Beine von der Bank und eilte zu Macro, um ihn zu umarmen. »Gute Nacht, Onkel Macro.«

»Schlaf gut, kleiner Soldat!«, sagte Macro strahlend und zerzauste dem Jungen die Haare.

Lucius riss sich los und ging zu seinem Vater. Cato lächelte zärtlich, auch wenn die Augen seines Sohnes ihn an dessen Mutter erinnerten. Der Gedanke erfüllte Catos Herz mit einer Sehnsucht, die von ihrem Betrug getrübt wurde. Er beugte sich vor und drückte Lucius einen Kuss auf den Kopf. »Ab ins Bett mit dir. Und hör auf Petronella, sonst verdonnert dich Macro für den Rest des Monats zum Arbeitsdienst.«

Lucius lachte hocherfreut, dass sein Vater ihn wie einen Soldaten behandelte. Er schlug die Hacken zusammen und salutierte. »Ja, Herr.«

Cato hatte Mühe, die strenge Miene beizubehalten, als er den militärischen Gruß erwiderte. »Wegtreten!«

Als Petronella mit dem Jungen ins Haus gegangen war und die beiden Offiziere allein im Garten zurückblieben, lächelte Macro. »Er ist ein feiner Bursche. Aus ihm wird einmal ein hervorragender Mann, da bin ich mir sicher.«

»Ich will’s hoffen. Es hat mir gutgetan, dieses Jahr mit ihm zu verbringen. Sobald wir mit Corbulo nach Parthien aufbrechen, werde ich ihn wieder eine ganze Weile nicht sehen. So wie es dir mit Petronella geht.« Cato griff nach dem Weinkrug und füllte ihre Becher aufs Neue. »Sie wird darüber nicht glücklich sein.«

»Ist sie nicht«, stimmte Macro zu. »Wenn es nach ihr ginge, hätte ich schon meinen Abschied genommen. Ich habe ihr versprochen, dass es mein letzter Feldzug ist.« Er hob seinen Becher und nahm einen Schluck. »Wenn das vorbei ist, verlasse ich die Armee.«

»Ich habe mich schon gefragt, ob du es tun wirst«, erwiderte Cato. »Die Jungs und ich, wir werden dich natürlich vermissen.«

»Quatsch. Die werden heilfroh sein, wenn sie mich endlich los sind.«

»Na ja, du nimmst es schon verdammt genau, wenn es darum geht, eine makellose Parade hinzulegen. Deinem Adlerauge entgeht nicht die kleinste Kleinigkeit. Aber sie respektieren dich, das weiß ich genau. Wie könnte es auch anders sein? Es gibt nicht viele Centurionen in der Armee, die eine solche Bilanz vorweisen können. Die Jungs folgen eben lieber einem Mann in die Schlacht, von dem sie wissen, dass er immer der Erste im Kampf ist und der Letzte, der das Schlachtfeld verlässt.«

Macro zuckte mit den Schultern. »Es gibt viele gute Centurionen in der Armee. Es wird dir nicht schwerfallen, einen zu finden, der mich gut ersetzt.«

»Das bezweifle ich. Ich habe lange genug gedient, um zu wissen, dass Männer wie du sehr rar sind, Bruder. Im Ernst, das wird ein trauriger Tag, wenn du deinen Abschied nimmst.«

Einen Moment lang saßen sie einander schweigend gegenüber, während das letzte Licht des Tages schwand und der Himmel über dem Hausdach einen rötlich braunen Schimmer annahm. Ein Stern leuchtete bereits über ihnen. Von der Straße drangen Stimmen und das Rumpeln eines Wagens zu ihnen herein.

»Hast du dir schon Gedanken gemacht, was du und Petronella machen werdet, wenn du nicht mehr in der Armee bist?«

Macro nickte. »Wir haben darüber gesprochen. Ich werde mich jedenfalls nicht als Bauer auf einem sumpfigen Stück Land niederlassen, das mir irgendein Beamter des Kaisers zuteilt. Ich nehme lieber das Geld. Damit gehen wir nach Britannien.«

»Ich habe immer gedacht, du hasst das Land.«

»Ich habe die Feldzüge dort gehasst. Die Kälte im Winter, die Feuchtigkeit in der Jahreszeit, die sie dort Sommer nennen. Und die Einheimischen sind widerwärtige Kerle, denen ich nicht weiter traue, als ich spucken kann. Und was die Druiden, diese Bastarde, betrifft … das sind verdammte Fanatiker. Eigentlich sollte man meinen, dass sie die Vorzüge des Lebens im Römischen Imperium inzwischen zu schätzen wüssten.«

Cato schnalzte mit der Zunge. »Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du den Rest deines Lebens mit deiner Frau in Britannien genießt.«