Honor Harrington: Superdreadnought - David Weber - E-Book

Honor Harrington: Superdreadnought E-Book

David Weber

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Beschreibung

Admiral Michelle Henke hat der "unbesiegbaren" Flotte der Solaren Liga eine schmachvolle Niederlage beigebracht. Doch trotzdem gehen die Kämpfe in dem Raumgebiet weiter. Selbst die besten Geheimdienstler der Galaxis wissen nicht, wer hier eigentlich auf wen schießt. Inmitten dieser Wirren sieht Michelle Henke sich plötzlich gezwungen, das Feuer auf eine unbekannte Flotte zu eröffnen - mit ungeahnten Konsequenzen ...

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Super-dread-nought

Roman

Aus dem Amerikanischen vonDr. Ulf Ritgen

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Deutsche Erstausgabe

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2013 by David Weber

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Shadow of Freedom, Teil 1«

Originalverlag: Baen Books, Wake Forest

This work was negotiated through Literary Agency

Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen,

on behalf of St. Martin’s Press, L.L.C.

Für die deutschsprachige Ausgabe:

Copyright © 2014 by Bastei Lübbe AG, Köln

Titelillustration: © Arndt Drechsler, Regensburg

Textredaktion: Beke Ritgen

Lektorat: Ruggero Leò

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München

E-Book-Produktion: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-8387-5379-9

Sie finden uns im Internet unter

www.luebbe.de

Bitte beachten Sie auch: www.lesejury.de

Februar 1922 P.D.

Beim nächsten Mal wird es einfacher … und es gibt immer ein nächstes Mal.

Frinkelo Osborne,Liga-Amt für Grenzsicherheit,Loomis-System

Kapitel 1

Kontragrav trug die tragflächenlose Drohne lautlos durch die Nacht. In der Luft hing der Geruch von verbranntem Holz und Kohlenwasserstoffen, Nieselregen legte über alles einen Film aus nebliger Feuchtigkeit. Mit Ruß gemischt, ergab das eine dünne Schmierschicht, die sich auf der Haut sonderbar anfühlte. Hier und dort brannte es trotz des Regens immer noch. Die Feuer fraßen an den Schuttbergen, die einst Häuser gewesen waren, und trugen ihren Teil zum Rauch und Ruß in der Atmosphäre bei. In der Ferne grollte dumpfer Donner; ob dieser Donner natürlichen Ursprungs war oder von Menschen gemacht, ließ sich nicht unterscheiden.

Die Drohne, die entfernt an eine Untertasse erinnerte, bremste ab und hing nun reglos in der Luft. Sie war schwärzer als die Nacht selbst. Den Widerschein der lodernden Feuer schluckte Photon um Photon ihr regennasser, lichtabsorbierender Rumpf. An der Unterseite der Drohne schwenkte geräuschlos ein kleiner, turmartiger Aufbau in die Richtung, wo Sensoren und Linsensysteme des schweigsamen Beobachters beäugten, was ihre Aufmerksamkeit erregte. Seufzend strich Wind durch die Zweige von Zuckerpinien, Krebspappeln, echten terrestrischen Weymouthkiefern und Hickorybäumen, die man eigens hierher importiert hatte. In einem der brennenden Trümmerhaufen geriet etwas ins Rutschen; Funken stoben auf, ein brennender Dachbalken barst und ließ eine Decke einstürzen. Mit der gleichgültigen Hartnäckigkeit der Natur troff Wasser von regenschweren Ästen. Ansonsten aber blieb alles still und reglos.

Die Drohne brütete über einkommenden Sensordaten, beschied sie als hinreichend relevant, um sie einer höheren Instanz vorzulegen, und übertrug sie umgehend an den Nachrichtensatelliten und ihren eigenen Drohnentechniker im fernen Elgin City. Dann wartete sie.

Stille, Regen und Wind hielten an. Flammen zischten, als dickere Tropfen in das Herz der Glut fielen. Und dann …

Wie Zeus’ oder Thors Zorn selbst kam der Blitz vom Himmel herab, ein gleißend weißer Strahl schäumenden Plasmas, von seinem Ursprung zweihundertfünfundsechzig Kilometer oberhalb der Planetenoberfläche bis hinunter zum Boden. Das zweihundert Kilogramm schwere Projektil rauschte mit dreißigfacher Schallgeschwindigkeit heran und traf völlig lautlos sein Ziel.

Die Explosion, die daraufhin die stille Regennacht zerriss, hatte die Sprengkraft von, altmodisch ausgedrückt, zweieinhalb Tonnen TNT. Die gewaltige Energieentladung tauchte die Wolkendecke in widernatürliche Farben und ließ die Regentropfen einen kurzen, endlos scheinenden Moment reglos in der Luft stehen, sie alle funkelnde Diamanten und Rubine, ehe die gleißende Hitzeblase sie verdampfte. Was in der zerstörten Ansiedlung noch stand, zerschmetterte die Schock- und Druckwelle, die sich vom Zentrum der Explosion aus ausbreitete. Die Überreste dessen, was einst Häuser gewesen waren, wirbelten Meteoren gleich als lodernde Trümmer und Splitter dem Himmel entgegen.

»Nun, Callum, überzeugt, dass der Vorschlaghammer gereicht hat?«, erkundigte sich die Frau knochentrocken. Die dunkelblaue Uniform, die beim Vereinigten Sicherheitsdienst des Loomis-Systems üblich war, kleidete sie gut.

Sie stand hinter dem bequemen Sessel des Drohnentechnikers und blickte dem Mann, den Abzeichen am Ärmel nach ein Sergeant mit zwanzigjähriger Dienstzeit, über die Schulter. Auf dem Display zeigte ein stecknadelgroßes, blinkendes Icon die Explosion an. Einen kurzen Moment schien der Sergeant zu zögern, dann wandte er sich zu ihr um.

»Unbefugtes Betreten eines Sperrgebiets, Ma’am«, erwiderte er.

»Und dafür mussten Sie ein KP einsetzen?« Der Lieutenant zog eine Augenbraue hoch. »Gegen einen Fasthirsch? Oder einen Bisonelch?«

»Die IR-Signatur war eindeutig menschlich, Ma’am. Das muss einer von MacRorys Dreckskerlen gewesen sein. Wer sonst sollte sich dort herumtreiben.«

»Ich verstehe.« Die Offizierin des Sicherheitsdienstes verschränkte die Arme hinter dem Rücken. »Zufälligerweise habe ich gerade eben neben Ihnen gestanden«, bemerkte sie mit unverkennbarer Schärfe in der Stimme. »Wenn ich mich recht erinnere, erfordert der Abschuss eines kinetischen Projektils laut der Zentralen Dienstvorschrift die Zustimmung des unmittelbaren Vorgesetzten – ausgenommen in zeitkritischen Situationen. Irre ich mich?«

»Nein, Ma’am«, gestand der Sergeant. Seine Vorgesetzte schüttelte den Kopf.

»Ich weiß, ich weiß: Sie haben an großen Explosionen einen Riesenspaß, Callum. Und, zugegeben, hatten Sie dieses Mal einen deutlich besseren Grund als sonst. Aber die ZDV gibt’s schließlich auch aus gutem Grund. Tun Sie mir den großen Gefallen, Callum, und vergessen Sie das beim nächsten Mal nicht wieder. Im Gegenzug dürfen Sie dann auch weiterhin Ihren fetten Hintern in diesem bequemen Sessel parken, statt im Wald Streife zu gehen. Meinen Sie, das bekommen Sie hin?«

»Jawohl, Ma’am«, erwiderte der Sergeant deutlich zackiger. Das bestätigende Nicken seiner Vorgesetzten fiel nicht gerade freundlich aus, dann kehrte sie zu ihrer eigenen Station zurück.

Der Sergeant blickte ihr hinterher. Als er sich wieder seinem Display zuwandte, grinste er breit. Er hatte schon damit gerechnet, dass sie ihn rundmachen würde. Auch das wäre es ihm wert gewesen. Drei seiner besten Kumpel waren während der ersten beiden Tage des Aufstands ums Leben gekommen. Deswegen stand ihm nach wie vor der Sinn nach Vergeltung. Außerdem hatte es einfach etwas von gottgleicher Allmacht, wenn man den Zorn des Himmels auf andere niederfahren lassen konnte. Callum hatte ganz genau gewusst, dass Lieutenant MacRuer den Einsatz eines KP niemals gebilligt hätte – nicht anhand einer einzelnen, zweifelhaften Infrarotsignatur. Genau deswegen hatte er sie auch gar nicht erst gefragt. Ehrlich gesagt, war er sich selbst nicht ganz sicher gewesen, ob er nicht doch nur ein Geistersignal aufgefangen hatte. Für dieses Gefühl völliger Zufriedenheit aber war ein bisschen Missbilligung durch einen Vorgesetzten ein geradezu lächerlich geringer Preis.

Dieses Mal zumindest, setzte er lautlos hinzu. Wenn ich diese vorschriftenverliebte Erbsenzählerin auf dem falschen Fuß erwische, bringt die es noch fertig, mich wirklich auf Streife zu schicken. Callum verkniff sich ein Kopfschütteln. Kaum denkbar, dass es Spaß machen würde, mit dem Gesindel da unten im Wald Fangen zu spielen.

»Einschlag bestätigt, Ma’am«, meldete Lenkwaffentechniker Erster Klasse George Chasnikov. »Sieht aber aus, als wäre das Projektil fünfzehn oder zwanzig Meter zu weit in den planetarischen Westen gegangen.« Er schüttelte den Kopf. »Ziemlich schlampige Arbeit.«

»Lag das Problem auf deren Seite oder auf unserer?« Lieutenant Commander Sharon Tanner, Taktische Offizierin der SLNS Hoplite, hatte Wache. Daher holte sie sich, noch bevor die letzte Silbe ihrer Frage verklungen war, den entsprechenden Bericht auf das Display vor ihr. »Wenn es um kinetische Projektile geht, höre ich das Wort ›schlampig‹ überhaupt nicht gerne, Chaz.«

»Ich auch nicht, Ma’am«, pflichtete Chasnikov ihr säuerlich bei. »Deswegen habe ich’s auch angesprochen.« Er schüttelte den Kopf und gab eine Abfrage in seine Konsole ein. »Kann diese Dinger ohnehin nicht ausstehen«, setzte er gerade laut genug hinzu, damit Tanner ihn hörte.

Sie ging darauf nicht weiter ein. Chasnikov war ein erfahrener und geschätzter Ressortmitarbeiter: ein Berufssoldat, der bis zum Tage seines Ablebens der SLN die Treue halten würde; jeder Taktische Offizier, unter dem Chasnikov dienen würde, könnte sich glücklich schätzen. Deswegen war Sharon Tanner auch durchaus bereit, ihm gegenüber ein wenig Nachsicht walten zu lassen.

Außerdem hat er recht, sinnierte sie verbittert. Wieder einmal dachte sie an die Aufgaben, die die Hoplite und ihr kleines Geschwader in den letzten Wochen zu erfüllen gehabt hatten. Im Vergleich dazu war die Verschwendung eines einzelnen kinetischen Projektils auf etwas, das höchstwahrscheinlich ein Geistersignal gewesen war, wirklich Kleinkram.

»Sieht so aus, als läge das Problem bei denen, Ma’am«, lautete Chasnikovs Antwort kurz darauf. »Das Projektil hat nicht die Zielkoordinaten verfehlt, sondern die präzisierten Koordinaten. Die haben uns zwar eine Korrektur geschickt, aber eben zu spät, um die Zielansprachen-Reihenfolge noch auf den neuesten Stand zu bringen.«

»Haben sie uns denn freundlicherweise wenigstens verraten, was wir dieses Mal umbringen sollten? Oder ob wir es erwischt haben?«

»Nein, Ma’am. Nur die Koordinaten. Genauso gut könnte das eines ihrer eigenen Bataillone gewesen sein. Und bislang liegt uns auch noch keine Erfolgsabschätzung vor.« Und wir werden auch keine bekommen … wie immer, halt – stand ihm ins Gesicht geschrieben, Worte waren nicht vonnöten.

»Verstehe.« Kurz rieb sich Tanner die Nasenspitze, dann zuckte sie mit den Schultern. »Nehmen Sie’s ins Protokoll auf, Chaz. Machen Sie deutlich, dass wir beim Abschuss unsere Checkliste genauestens abgearbeitet haben. Ich gebe den Bericht dann an Commander Diadoro weiter. Der Skipper und er werden denen da unten gewiss noch einmal mit Nachdruck … erläutern wollen, dass beim Einsatz kinetischer Waffen selbst kleinste Abweichungen beachtliche Konsequenzen haben können. Und sie werden gewiss auch noch einmal betonen, dass wir keine klare Zielbeschreibung erhalten haben. Wir können doch nicht immer weiter die teuren kinetischen Projektile des Steuerzahlers verschwenden, wenn wir nicht einmal wissen, worauf wir da schießen.«

Und ich hoffe, Captain Venelli nutzt diese Gelegenheit, dem Verantwortlichen eine neue Rosette zu bohren!, setzte sie lautlos hinzu. Chaz hat recht: Wir haben genug von diesem kinetischen Scheiß eingesetzt. Ich glaube nicht, dass es da unten überhaupt noch etwas gibt, was den Einsatz eines KP lohnen würde. Und mir ist alles recht, was diese blutrünstigen Kerle davon abhält, die Dinger auf irgendein armes Schwein abzufeuern, das ganz allein sein Pulsergewehr durch das Unterholz schleppt.

Seit Sharon Tanner in den Dienst der Grenzflotte getreten war, hatte so mancher Auftrag sie mit Stolz erfüllt; die aktuelle Verwendung gehörte nicht dazu.

Auf die Überreste eines Dorfes, das einst den Namen »Glen mo Chrìdhe« getragen hatte, prasselte Regen hernieder, den nur das Krachen herabstürzender Trümmer übertönte. Einige Sekunden lang stoben trotz der Nässe vereinzelt Funken auf, als Schutt in verebbende Glut stürzte. Dann wurde es wieder still. Der Krater hatte einen Durchmesser von mehreren Dutzend Metern und war tief genug, um einen ausgewachsenen Fluglaster darin verschwinden zu lassen. Auf jeden Fall war er tief genug, um den ganzen Keller zu verschlucken – den Keller, in den gerade der dreizehn Jahre alte Junge mit etwas zu essen für seine kleine Schwester hineingehuscht war.

»Die haben Tammas erwischt.« Erin MacFadzeans Stimme war tonlos; Erschöpfung und wachsende Verzweiflung hatten ihren Lebenswillen fast völlig erschöpft. Verbittert blickte sie sich im schmutzigen Keller um und schaute Megan MacLean an. »Gerade hat sich Fergus gemeldet.«

»Wo?«, fragte MacLean sofort nach, rieb sich die müden Augen und wappnete sich gegen den Schmerz neuerlichen Verlustes.

»In Rothes«, erwiderte MacFadzean. »Die VSler haben den Laster auf dem Weg nach Mackessack aufgehalten.«

»Lebt er noch?« MacLean ließ die Hände sinken und blickte ihr Gegenüber an.

»Fergus weiß es nicht. Er hat gesagt, es seien reichlich Schüsse gefallen. Klingt, als ob sich Fergus glücklich schätzen könnte, es selbst dort rausgeschafft zu haben.«

»Verstehe.«

MacLean legte die Hände auf den Tisch vor sich und betrachtete sie schweigend. Dann atmete sie tief durch. Sie schämte sich, es sich einzugestehen: Sie hoffte inständig, Tammas MacPhee wäre dem Feind nicht lebendig in die Hände gefallen. War das nicht eine schöne Art, so über jemanden zu denken, der ihr seit über dreißig Jahren ein guter Freund gewesen war?

»Schauen wir mal, ob wir Kontakt mit Tad Ogilvy aufnehmen können«, sagte sie dann. »Sagen wir ihm, Tammas sei … nicht mehr da. Damit hat Tad jetzt das Kommando über alles, was uns außerhalb der Hauptstadt noch geblieben ist.«

»Schon dabei«, bestätigte MacFadzean und verließ leise den Raum.

Nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte, ließ MacLean unendlich müde die Schultern hängen. Niemals hätte sie zugelassen, dass jemand sie so sähe. Natürlich konnte sie niemandem hier auch nur das Geringste vormachen. Alle anderen waren ebenso erschöpft wie sie selbst. Aber sie musste ihre Rolle bis zum bitteren Ende spielen. Lange dauert’s jetzt ja nicht mehr, dachte sie rau.

So hätte es nicht kommen sollen. Vor sieben Jahren hatte sie die Liberale Liga von Loomis gegründet: als legale Partei. Damals hatte die regierende Wohlstandspartei gerade wieder einmal ein wenig »Demokratieheucheln« gespielt. Mit der Parteigründung etwas zu bewirken, hatte MacLean gar nicht zu hoffen gewagt: Schließlich ging es hier ja um Halkirk. Trotzdem hatte sie MacMinn und MacCrimmon wissen lassen, dass es immer noch ein paar Menschen gab, die bereit waren, sich tatsächlich auf die Hinterbeine zu stellen und ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. In zwei Bezirken der Hauptstadt waren die Kandidaten der LLL dann tatsächlich gewählt worden. Insgesamt hatte man schwindelerregende 0,4 Prozent der Sitze im Parlament errungen. Damit war die LLL die stärkste aller Oppositionsparteien gewesen. Der sogenannte Sieg von MacLeans Partei war sowieso nur den Medien der inneren Welten geschuldet gewesen, die gerade große Berichte über die Holzfäller von Halkirk gebracht hatten. Den hart arbeitenden Männern und Frauen dort war es zu verdanken, dass das kostbare Holz der Silbereichen auf den Markt kam, und die Wohlstandspartei hatte sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, dabei selbst ins rechte Licht gerückt zu werden. Trotzdem: Zwei Sitze im Parlament waren immerhin zwei Sitze im Parlament.

Geholfen hatte es natürlich nichts. Keines der Mitglieder der LLL war bei der Neuwahl erfolgreich gewesen, die abgehalten wurde, kaum dass die Medienfritzen in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Bei der nächsten regulären Wahl hatte sich Präsident MacMinn dann nicht einmal mehr die Mühe gemacht, die Stimmen überhaupt auszählen zu lassen. Das war der Wendepunkt gewesen: Von da an war Megan MacLean den Argumenten von Tammas MacPhee, dem stellvertretenden Vorsitzenden der LLL, und Erin MacFadzean zugänglich gewesen. Offiziell organisierte sie die Partei nach wie vor und betrieb auch weiterhin Wahlkampf und Lobbyarbeit. Doch gleichzeitig gestattete sie MacFadzean, einen illegalen bewaffneten Zweig der Liberalen Liga aufzubauen.

Wahrscheinlich war das ein Fehler, dachte sie nun. Trotzdem hätte sie auch jetzt noch nicht sagen können, welche Alternativen es gegeben hätte. Nicht, nachdem der Vereinigte Sicherheitsdienst des Loomis-Systems unter der Leitung von Sicherheitsministerin MacQuarie von Tag zu Tag brutaler vorging. Der VS scherte sich immer weniger darum, auch nur die Illusion eines Rechtsstaats mit ordentlichen Verfahren aufrechtzuerhalten. Doch, eine Alternative hatte es natürlich schon gegeben: Sie hätte einfach aufgeben können. Aber das war nie infrage gekommen.

Und jetzt das. Nach sieben Jahren harter Arbeit, während der sie mit Herz und Seele für die Befreiung ihres Sonnensystems gekämpft hatte, kam das Ende … in Form von Tod und Verderben. Nicht einmal …

Sie blickte auf, als die Tür erneut geöffnet wurde. MacFadzean kehrte in den Raum zurück, der ihnen als Gefechtsstand diente.

»Ich habe einen Melder zu Tad geschickt«, erklärte sie und verzog die Lippen zu einem freudlosen Lächeln. »Irgendwie habe ich das Gefühl, unter den gegebenen Umständen sollte ich lieber nicht das Com benutzen.«

»Wahrscheinlich kein schlechter Gedanke«, pflichtete ihr MacLean bei. Der Hauch eines Lächelns huschte über ihr Gesicht. »Es war ja schon schlimm genug, als bloß die VSler die Coms abgehört haben. Wenn jetzt auch noch die verdammten Sollys mitspielen …«

Sie beendete den Satz nicht, und MacFadzean nickte. Sie verstand nur zu genau, warum MacLean mit einem Mal so harsch, ja geradezu hasserfüllt geklungen hatte. Dass im Orbit des Planeten Halkirk Sternenschiffe der Solarian League Navy standen, hatten sie Frinkelo Osborne zu verdanken. Osborne war Kommissar des Liga-Amts für Grenzsicherheit und Berater bei MacMinns Wohlstandspartei. Offiziell war er natürlich nur ein Handelsattaché der solarischen Gesandtschaft in Elgin, der Hauptstadt des Loomis-Systems. Das war eine ganz wunderbare Tarnung für Mitarbeiter des OFS, deren eigentliche Aufgabe es war, unabhängigen Sonnensystemen im Rand »Ratschläge« zu geben oder »zur Hand zu gehen« – immer dann, wenn deren transstellaren Herren und Meister der Ansicht waren, ein wenig Hilfe von außen sei dringend ratsam. Und wenn ein »Attaché« dann Unterstützung durch die SLN benötigte, konnte er sich meistens darauf verlassen, sie auch zu erhalten.

Mit MacCrimmon und MacQuarie allein wären wir vielleicht noch fertig geworden, dachte MacFadzean verbittert. Klar, das hätten wir. Noch ein paar Monate länger, noch ein paar mehr Lieferungen vom Partisanen und seinen Leuten, und wir hätten eine reelle Chance gehabt, die WPL geradewegs in die Hölle zu schicken. Ach verdammt, ohne die verfluchten Sollys könnten wir es sogar jetzt noch schaffen! Aber was um Himmels willen sollen Kämpfer mit Pulsern und Granatwerfern gegen Bombardierungen aus dem Orbit ausrichten? Wenn ich den Partisan doch nur hätte informieren können …!

Hatte sie aber nicht. Eigentlich hätten sie frühestens in vier Monaten losschlagen wollen. Bis dahin wäre der Partisan dann wieder in Loomis gewesen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen – Vorbereitungen, über die sie nicht einmal mit MacLean gesprochen hatte. Aber als es dann so unvermittelt losgegangen war, hatte sie dem Partisan keine Nachricht mehr zukommen lassen können.

Erneut blickte sie sich im Raum um und fragte sich, ob sie MacLean von den Vereinbarungen mit dem Partisan hätte berichten sollen. Darüber nachgedacht hatte sie mehr als einmal. Doch Geheimhaltung und Sicherheit standen hier nun einmal an erster Stelle. Außerdem war MacLean tief im Herzen nun einmal keine Revolutionärin: Ihr ging es lediglich um Reformen. Niemals hatte und hätte sie sich dem bewaffneten Widerstand mit der gleichen uneingeschränkten Überzeugung verschrieben wie MacFadzean. Und die Vorstellung, derart von jemandem abhängig zu sein, der nicht aus dem Heimatsystem stammte, und Einsatzpläne zu erstellen, die ganz und gar von der bewaffneten Unterstützung einer fremden Sternnation abhingen, hätte MacFadzean der Politikerin wohl auch nur sehr schwer schmackhaft machen können.

Sei doch ehrlich, Erin: Du hattest Angst, sie könnte dich anweisen, den Kontakt abzubrechen, nicht wahr? Du hattest Angst, sie könnte dir erklären, es sei einfach zu riskant, derart auf jemanden zu bauen, der nicht von hier ist. Dass jene Fremden gewiss eigene Pläne verfolgten – Pläne, in denen unsere Interessen nicht berücksichtigt wären. Du hast dir selbst eingeredet, sie würde sich vielleicht umstimmen lassen, wenn du ihr einen in sich schlüssigen Plan vorlegst, in dem alle Eventualitäten berücksichtigt wären. Aber eigentlich hast du doch von Anfang an gewusst, dass sie das alles ablehnen würde. Und ohne ihre Zustimmung alles auf die Karte »Partisan« zu setzen, warst du dann auch nicht gewillt, oder? Na ja, vielleicht hätte sie ja auch recht gehabt … aber so, wie es jetzt gekommen ist, hätte es wohl auch keinen Unterschied mehr gemacht.

Sie schaute zu der im Schatten liegenden Decke des Gefechtsstands empor. Ihr Blick verfinsterte sich vor Hass auf all die Sternenschiffe, die Tod und Verderben auf ihre Heimatwelt herabregnen ließen. Von ganzem Herzen wünschte sie sich, sie hätte dem Partisan doch eine Nachricht zukommen lassen.

Kapitel 2

»Dieser ganze Mist hier, wie lange soll das noch gehen, was meinen Sie?«, erkundigte sich Captain Francine Venelli heiser. »Meine Leute und ich haben nämlich wirklich Besseres zu tun, als im Orbit herumzusitzen und ein paar hinterwäldlerische Bauerntrampel umzubringen. Uns passt diese ganze Verwendung nicht!« Sie bedachte den gepflegt gekleideten Zivilisten, der ihr am Konferenztisch gegenübersaß, mit einem finsteren Blick. »Und zwar überhaupt nicht. Es gibt im Augenblick wirklich genug andere Krisenherde, um die man sich deutlich dringender kümmern müsste.«

»Ich weiß auch nicht, wie lange es noch dauern wird, Captain«, erwiderte Frinkelo Osborne so ruhig und beschwichtigend wie möglich. »So gern ich es wüsste. Und da wir gerade so offen miteinander sprechen: Mir wäre es auch deutlich lieber, wenn man Sie nicht für diese Verwendung hätte abstellen müssen.« Er schüttelte den Kopf und blickte dabei tatsächlich noch angewiderter drein als Venelli. »Was hier läuft … also wirklich … als ob man zum Aufklopfen des Frühstückseis einen Vorschlaghammer benutzt … oder ein Kleinkind mit einer Holzfälleraxt verprügelt!«

Venelli kniff die bemerkenswert blauen Augen zusammen und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Während ihrer Laufbahn bei der solarischen Navy hatte sie mit dem Liga-Amt für Grenzsicherheit öfter zu tun gehabt, als sie zählen konnte auf jeden Fall deutlich öfter, als ihr lieb gewesen war. Die Mitarbeiter dieses Amtes neigten nun einmal dazu, Eierschalen mit dem Vorschlaghammer aufzuklopfen und sei es auch nur, um damit für alle Hühner in der Nähe ein Exempel zu statuieren. Natürlich war Osborne nur einfacher Berater der regierenden Wohlstandspartei von Loomis und deren Präsidentin Ailsa MacMinn. Noch war er kein ausgewachsener System- oder gar Sektorenkommissar. Also war er vielleicht immer noch unbedarft genug, um zu glauben, manche Dinge im Universum könnten tatsächlich wichtiger sein als sein persönlicher Kontostand.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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