Jutta Limbach - Gunilla Budde - E-Book

Jutta Limbach E-Book

Gunilla Budde

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Beschreibung

Jutta Limbach war oft die einzige Frau unter Männern und konnte gut zuhören. Unterschätzt zu werden und dann mit brillanten Beiträgen zu punkten, war ein Grundmuster ihrer Karriere als Juristin, Politikerin und Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts. Gunilla Budde zeigt in ihrer meisterhaften Biografie, wie «Jutta Courage» mit ihrem Einsatz für Gerechtigkeit die Bundesrepublik über Jahrzehnte prägte. Jutta Limbach, geboren 1934 in einer sozialdemokratischen Berliner Familie, bezog schon früh in öffentlichen Debatten Stellung, als Studentin gegen den Muff der fünfziger Jahre, in den Sechzigern gegen totalitäre und antisemitische Tendenzen der Linken. Als Berliner Justizsenatorin hatte sie es mit dem Hungerstreik inhaftierter RAF-Terroristen, Hausbesetzungen und Prozessen gegen Mauerschützen und Honecker zu tun. Am Bundesverfassungsgericht war sie Zielscheibe der öffentlichen Empörung über den Satz «Soldaten sind Mörder» und das vermeintliche Verbot von Kruzifixen in Schulen, war mit der ersten Asylrechtsreform befasst und polarisierte mit einer Rede zur Wehrmachtsausstellung. Später vermittelte sie zwischen rechtmäßigen Erben von NS-Raubkunst und widerwilligen Museen. Gunilla Buddes Biografie lässt eine herausragende Juristin, besonnene Politikerin und undogmatische Feministin lebendig werden, deren Lebensweg jungen Frauen (und Männern) auch heute ein Vorbild sein kann.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Titel

Gunilla Budde

Jutta Limbach

Ein Leben für die Gerechtigkeit

Biografie

C.H.Beck

Übersicht

Cover

Inhalt

Textbeginn

Inhalt

Titel

Inhalt

Motto

Die Bundesrepublik im Spiegel einer Biografie

1. Geboren 1934: Kindheit und Jugend in Berlin

Nachts in der Reichskanzlei

«Heile Welt» im Spreewald

Die Großmutter und der Nazi-Lehrer

Flucht nach Westberlin

Paradies und traumatische Vertreibung: Die Schulfarm Scharfenberg

Unter starken Mädchen

2. Der Weg in die Wissenschaft

Ein altes Fach an einer jungen Universität

Ernst Eduard Hirsch kehrt zurück

Die zweite «Vertreibung» des Professor Hirsch

Schriftliche Sprechstunden mit Hirsch, drei Kinder und ein Stipendium

Vorlesungen unter Polizeischutz

«Aber du störst das Fräulein Müller nicht beim Promovieren!»

Hochschulpolitik und erster Anlauf auf ein Präsidentenamt

3. «Ambulante Ehe» und Bonner Argusaugen

Heirat mit päpstlichem Dispens

Kindermädchenreigen, Farbbeutel und «linke» Kinderbücher

Die Agnostikerin und die Äbtissin

Die Schlafmütze des Griechischlehrers

Zurück in die Fünfziger und nach Spanien mit Rucksack und «Michelin»

Die Großväter und der Nationalsozialismus

Aus Kindern werden Leute und: Berlin, Berlin

Peter Limbach: Verlässlicher Partner und selbstbewusster «neuer Vater»

4. Plötzlich Politikerin

Das Hexenfrühstück

«Fideler Strafvollzug» und: Wie umgehen mit den

RAF

-Gefangenen?

Das Ende der P-Abteilung

9. November 1989

Schalck-Golodkowski zieht an den Tegernsee und der Abschied von der Ostberliner Justiz ist radikal

Die tapferen Sieben

Die Lage eskaliert: Die «Mainzer» Hausbesetzer und das Ende der Koalition

Jutta Limbach bleibt im Amt

Bonn oder Berlin?

«Jutta Courage» und die «rote Richterin»

«Es gibt bei uns nicht den Haftgrund der kochenden Volksseele»

Zwischen Grundgesetzreform und der Suche nach Honeckers Schießbefehl

Warten auf Honecker: Drama mit abruptem Ende

Talk of the Town

Das schöne fünfte Jahr

5. Die widerspenstige Genossin

Ein Staatssekretär

Liebe Ladies! Jutta Limbachs Führungsstab

Im Fadenkreuz der sog. Parteifreunde

«Schmude, H. D. G. et moi!»

SPD

-Kabalen um ein Karlsruher Richteramt

6. Der Limbach-Stil

«A room of one’s own»: Das weibliche Ambiente

Von Antipasti bis Zimtstern: Die herzlichen Umgangsformen

Brillant, humorvoll, aber nie schrill: Der Redestil

Die Queen von Berlin: Der Kleidungsstil

7. Die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts

Das erste Urteil: Bundeswehrsoldaten im Kriegseinsatz

Das Ende der Schneewittchensenate

Kein Kruzifix im Klassenzimmer und Soldaten sind Mörder? Das Gericht in Erklärungsnot

Eine Pressesprecherin nicht nur für die Präsidentin

Das bittere Asylrechtsurteil und eine Selbstablehnung

Starke Worte, die polarisieren: Die Eröffnungsrede zur Wehrmachtsausstellung

Die Senate sind sich uneins und Heribert Prantl lobt die «Schutzengel in roten Roben»

Das Gericht aller Deutschen

8. Goethe und die deutsche Sprache

Das «schönste Ehrenamt» lockt mit Tantalusqualen und Sisyphosarbeit

Berliner Retter in der Finanznot: Maier und Steinmeier

Habseligkeiten und ein feiner wispernder Regen

9. Verantwortung für die deutsche Geschichte: Die Limbach-Kommission

NS-Raubkunst, die Washingtoner Erklärung und die deutsche Antwort

Akten voller Leben und Leid

Viel Moral, aber wenig Macht

10. Limbachs Zorn und eine vertane deutsche Chance

Jutta for President!

Frau statt Rau? Ein neuer Versuch der weiblichen Eroberung von Bellevue

Frau nach Rau? Zeitungsenten und Vertrauensbrüche

Epilog: Die Biografie der Urgroßmutter als Lebenskompass

Ein selbstbewusstes Berliner Dienstmädchen

Pauline Staegemann kämpft für soziale Gerechtigkeit und hat den richtigen Mann an ihrer Seite

Lieber couragierte Feministin als wahre Sozialistin

Anhang

Dank

Anmerkungen

Die Bundesrepublik im Spiegel einer Biografie

1. Geboren 1934: Kindheit und Jugend in Berlin

2. Der Weg in die Wissenschaft

3. «Ambulante Ehe» und Bonner Argusaugen

4. Plötzlich Politikerin

5. Die widerspenstige Genossin

6. Der Limbach-Stil

7. Die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts

8. Goethe und die deutsche Sprache

9. Verantwortung für die deutsche Geschichte: Die Limbach-Kommission

10. Limbachs Zorn und eine vertane deutsche Chance

Epilog: Die Biografie der Urgroßmutter als Lebenskompass

Quellen und Literatur

Literatur

Archivquellen

Interviews

Film- und Tonaufnahmen

Zeitungen und politische Magazine

Bildnachweis

Personenregister

Zum Buch

Vita

Impressum

Motto

Wer etwas verändern will, muss tiefer träumen und wacher sein als andere.

Die Bundesrepublik im Spiegel einer Biografie

Das Glück, unterschätzt zu werden, ist kaum zu überschätzen. Jutta Limbach, einen Meter sechzig groß, leise Stimme, freundliches Lächeln, hatte in dieser Hinsicht viel Glück. Ironisch schmunzelnd ging sie darüber hinweg, um die Chance wissend, immer mal wieder verblüffen zu können, «daß sie genauso ist, wie sie aussieht, aber entschieden anders, als man denkt».[1] «Nett» und «mütterlich» war sie auch, aber nicht nur. «Glauben Sie, dass ich mit Nettigkeit so weit gekommen wäre?», entgegnete sie Journalistinnen und Journalisten, wenn sie für ihre herzliche Art gerühmt wurde.

Erstaunen erntete sie auch bei ihrem ersten Auftritt in der Stadt, von der aus sie wenige Jahre später so prägend wirken sollte. 1989 hatte man sie nach Karlsruhe eingeladen, um über ihre Erfahrungen als Justizsenatorin in der rot-grünen Koalition zu sprechen. Ins Winzerhaus am Badischen Staatstheater war die ganze «Residenz des Rechts» geladen, eine fast reine Männerrunde, die mit verschränkten Armen und skeptischen Mienen dasaß. In der anschließenden Diskussion schlug ihr zunächst der ganze Dünkel des «Hohen Hauses» entgegen, der allerdings bald in Verblüffung und Respekt umschlug: «Kaum zu glauben, wie sie – immer lieb und freundlich – jeden Widersacher mit ein paar intellektuellen Judogriffen auf die Bretter legt», kommentierte ein Zuhörer.[2] Diese Einschätzung teilte auch die F.A.Z., als sie 2002 Bilanz über das Wirken der scheidenden Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts zog: «Man muß sie fürchten und lieben zugleich.»[3] Jutta Limbach hatte den Humor und die Selbstironie, um solche Sätze als Kompliment zu nehmen. Auch der Spitzname «Miss Marple in der roten Robe» gefiel ihr, schließlich ist auch Agatha Christies Detektivin immer für eine Überraschung gut und keineswegs so naiv, wie sie zu sein scheint. Ganz besonders aber mochte sie den Ehrentitel «Jutta Courage», denn eine Frau brauchte (und braucht) besonderen Schneid, um in der dünnen Luft der Politik aufzusteigen.

Geboren 1934 in Berlin-Neukölln, durchlebte Jutta Limbach, Urenkelin und Enkelin von beherzten Sozialdemokratinnen und Tochter eines in der NS-Zeit drangsalierten Vaters, die besonderen Herausforderungen ihrer Generation und Herkunft: den Bombenhagel auf ihre Heimatstadt, die Evakuierung in den letzten Kriegsjahren, die Schulzeit auf Reformschule und Lyzeum. Nach dem Jurastudium an der wenige Jahre zuvor gegründeten Freien Universität Berlin begann eine rasche Folge von Karriereschritten, bei denen sie immer die Erste war: die erste Juraprofessorin an der FU Berlin, die erste Justizsenatorin von Berlin, die erste Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, die erste Präsidentin des Goethe-Instituts. Um ein Haar wäre sie die erste deutsche Bundespräsidentin geworden.

Jutta Limbach machte Karriere in bundesrepublikanisch turbulenten und dynamischen Zeiten – anhand ihrer Lebensgeschichte lässt sich deshalb die westdeutsche und nach 1989 auch die gesamtdeutsche Geschichte nachzeichnen: Professorin wurde sie in der heißen Phase der Studentenbewegung, in der Politik war sie erst knapp ein Jahr, als die Mauer fiel und sie sich plötzlich als Justizsenatorin im wiedervereinigten Berlin mit unerwarteten Aufgaben konfrontiert sah: der Herstellung der Rechtseinheit oder der Verfolgung der DDR-Regierungskriminalität, wozu auch gehörte, Erich Honecker vor Gericht zu bringen. Mitten in der Urteilsfindung über den Einsatz der Bundeswehr in Somalia kam sie als Richterin und Vizepräsidentin ans Bundesverfassungsgericht und hatte wenig später als dessen Präsidentin kontroverse Entscheidungen zur Äußerung «Soldaten sind Mörder» oder zum Anbringen beziehungsweise Abhängen von Kruzifixen in bayerischen Schulen vor der Öffentlichkeit zu vertreten. Präsidentin des Goethe-Instituts wurde sie, als dieses gerade wieder empfindlich unterfinanziert war und mit den Schließungen vieler Niederlassungen in den Jahren zuvor umgehen musste. Jutta Limbach übernahm Verantwortung, wenn es um politische, soziale, juristische, kulturelle und geschlechterpolitische Weichenstellungen ging. Das bedeutete nicht, dass sie kein Privatleben gehabt hätte: Sie zog drei Kinder groß und hatte einen Ehemann, der ihre Entscheidungen partnerschaftlich mittrug und in die Rolle eines «neuen Vaters» schlüpfte, lange bevor diese seltene Spezies in den achtziger Jahren zögernd auf den Plan trat.

Eine Bilderbuchkarriere, könnte man meinen – wenn man der «biografischen Illusion» (Pierre Bourdieu) aufsitzt, Jutta Limbachs Lebensweg als kohärent, logisch und zielgerichtet zu betrachten. Zwar lässt sich beobachten, wie sehr sie von der familiären und schulischen Sozialisation geprägt wurde, wie sie Netzwerke nutzte und ihr soziales, ökonomisches, kulturelles und symbolisches «Kapital» im Bourdieu’schen Sinne für ihre Karriere einsetzte.[4] Aber es hätte auch anders kommen können, denn es gab biografische Brüche, unerwartete Kontrahenten, willkürliche Entscheidungen und unerwartete Umstände, die ihre Planungen auf den Kopf stellten. Im Leben der «Lady», wie Jutta Limbach ihre Weggefährtinnen gerne begrüßte, gab es beflügelnden Rückenwind ebenso wie neidvolle Widersacherinnen. Und nicht zuletzt spielen bei einer Persönlichkeit der Zeitgeschichte immer auch die Medien eine entscheidende Rolle, mal als Weichensteller, mal als Karrierebremser.

In meiner Biografie über Jutta Limbach nehmen Medien als Quelle deshalb viel Raum ein. Vor allem aber gibt der umfangreiche Nachlass Limbachs im Koblenzer Bundesarchiv Auskunft. Besonders gut dokumentiert sind hier die Jahre im Berliner Senat, und ergänzend hat mir Jutta Limbachs Ehemann Peter sieben private Tagebücher aus dieser Zeit zur Verfügung gestellt. Jutta Limbachs – so sah sie es – «aufregendster» Lebensstation konnte ich so bis in den Alltag hinein nachspüren und dicht beschreiben. Doch es ging mir auch darum, den Lebensweg von Jutta Limbach aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Dazu habe ich einundzwanzig Interviews geführt, mit der Familie, mit Schulfreundinnen, mit Mitarbeiterinnen, Wegbegleitern, Mitstreiterinnen und Zeitgenossen.

«Eines Tages», schrieb Jutta Limbach in einem Geburtstagsbrief an ihre Kollegin Christine Hohmann-Dennhardt, «wirst Du Deine Memoiren schreiben und Auskunft geben, wie Du Mann, Kinder und herausfordernde Berufsarbeit vereinbart und dennoch stets Eleganz, Liebenswürdigkeit und Frohsinn ausgestrahlt hast.»[5] Ihre eigenen Memoiren hat sie nie geschrieben, auch wenn ihr Verleger Wolfgang Beck sie immer wieder dazu ermunterte. «Sie wollte es nicht», sagt Peter Limbach. «Vielleicht aus Scheu, öffentlich Rechenschaft ablegen zu müssen, aber auch, weil sie mit zunehmendem Alter ihren Erinnerungen misstraute.»[6] Allerdings hat sie eine Vielzahl von autobiografisch gefärbten Artikeln verfasst und in Gesprächen mit Journalistinnen und Journalisten aus ihrem Leben erzählt.[7]

Jutta Limbach auf ihr Äußeres zu reduzieren, wäre grob fahrlässig. Aber sich gut und glänzend zu kleiden – das liebte sie nun mal. Hier ist sie im Gespräch mit der Autorin, und an jenem 7. März 2011 entstand die Idee zu dieser Biografie.

Dass ich ihre Biografie geschrieben habe, liegt einerseits an meinem Interesse an Geschlechtergeschichte. Wer war diese Frau, in den dreißiger Jahren geboren, die eine ganze Kette von Spitzenpositionen besetzte, als die meisten Frauen noch ihrer «weiblichen Berufung» folgten? Doch der eigentliche Anstoß kam von anderer Seite. Als damalige Vizepräsidentin der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg wollte ich Jutta Limbach als Rednerin für den «Internationalen Frauentag» am 8. März 2011 gewinnen. Obschon im «Ruhestand», war ihr Terminkalender für diesen Tag randvoll, so dass wir kurzerhand den Feiertag vorverlegten. Sie kam und sprach passend zum Anlass über «Geschlechtergerechtigkeit in Programm und Wirklichkeit». Nach einem gemeinsamen Abendessen ging es noch für einen Absacker an die Hotelbar. Überraschend gesellte sich Ralph Giordano, der seine Autobiografie in Oldenburg vorgestellt hatte, dazu. Man kannte und schätzte sich. «Und wann schreiben Sie Ihre Memoiren?», fragte Giordano. «Nie, ich traue meinem Gedächtnis zu wenig», war die spontane Antwort. Doch Giordano ließ nicht locker: «Schreibt denn jemand Ihre Biografie?» Mit verschmitzter Miene – und alle, die sie kannten, erinnern diesen Blick –, drehte sie sich zu mir: «Das macht mal Frau Professor Budde?!»[8] Voilà!

1.

Geboren 1934: Kindheit und Jugend in Berlin

Nachts in der Reichskanzlei

Berliner Busfahrer sind besser als ihr Ruf. An einem Morgen im Jahr 1942 machte einer von ihnen eine überraschende Entdeckung. Als er seinen Bus an der Endstation abschließen wollte, entdeckte er ein kleines Mädchen mit blonden Locken auf einer der Bänke, schlafend zusammengerollt. Weil Brigitte Ryneck zu den jüngsten der Kinder gehörte, die der Fahrer seit Wochen jeden Abend gemeinsam mit ihren Geschwistern Peter und Jutta an einer Straßenecke in der Nähe ihres Elternhauses auflas, um sie für die Nacht in die Reichskanzlei zu fahren, wusste er, wohin sie gehörte. In der Familie Ryneck war die Erleichterung groß, vor allem bei dem neunjährigen Bruder und der achtjährigen Schwester: In dem üblichen Gewusel der vielen Kinder und der seit Wochen eingeübten Routine des täglichen Hin und Her und überdies selbst übermüdet, war ihnen nicht aufgefallen, dass sie das Nesthäkchen schlicht im Bus vergessen hatten.

«Ja, da waren wir zu dritt, und das war so, dass im Grunde genommen fast alle Kinder aus unserer Straße dahin gefahren wurden. Wir versammelten uns immer in der Frostraße, wo wir wohnten, da an der Ecke stiegen wir immer in den Bus. Da ging es dann immer in die Reichskanzlei, und morgens wurden wir wieder nach Hause gefahren. Und was ich nur noch weiß, ist, dass man mich doch glattweg mal vergessen hat. Beim Aussteigen fiel das bei den vielen Kindern gar nicht auf, dass ich nicht mit ausgestiegen war. Ich war inzwischen im Bus eingeschlafen und wohl noch bis zur Garage mitgefahren, wo der Fahrer das merkte und mich dann nach Haus brachte. Darüber wurde auch später noch immer gesprochen.»[1]

Noch herrscht Frieden: Erna Ryneck mit ihren Kindern Jutta, Peter und dem jüngsten Kind, Brigitte.

Dass die drei Kinder des Sozialdemokraten Erich Ryneck die Nächte im «Führerbunker» verbrachten, hat seine Tochter Jutta auch später immer wieder umgetrieben. In einem Interview in der ZEIT im September 2005 erzählte sie, dass sie nun, als über Siebzigjährige, immer häufiger von ihren Eltern träume. «Heute geht mir so vieles durch den Kopf, und ich versuche, Erlebnisse meiner Kindheit – insbesondere während des Krieges – zu rekonstruieren. Hat es ihnen Skrupel bereitet, uns mit anderen durch Bombenangriff gefährdeten Kinder in der Reichskanzlei übernachten zu lassen?» Die Eltern Ryneck hatten abzuwägen, ob sie, die unter ständiger Beobachtung des Regimes standen, das «großzügige» Angebot des «Führers» ablehnen sollten. Das hätte eher ungewünschte Aufmerksamkeit erregt. Und so folgte man lieber der Devise von Mutter und Schwiegermutter, sich möglichst unauffällig zu verhalten, um der Kinder willen. Wohl wird ihnen dabei kaum gewesen sein.

In der historischen Forschung ist die massenhafte Übernachtung von Kindern im Führerbunker bisher nicht beachtet worden.[2] Es handelte sich um eine Propagandamaßnahme, die aber als solche nicht verfing. Verärgert schrieb Joseph Goebbels im Oktober 1940 in sein Tagebuch: «Überhaupt müssen wir viel für Mutter und Kind tun, vor allem jetzt bei Luftgefahr. Daß der Führer Kinder bei sich aufnimmt, wird von den Meckerern nun wieder vollkommen entstellt weitergegeben: an ihnen würde Probe mit Gas gemacht. Der Führer ist ganz entrüstet darüber.»[3] Zuvor war in der Presse breit über den prominentesten nächtlichen Unterbringungsort für Kinder aus besonders gefährdeten Berliner Randbezirken berichtet worden.

Jutta wächst in Heinersdorf (heute Bezirk Pankow) auf und geht dort in den dreißiger Jahren in den Kindergarten. Jutta sitzt …

… – natürlich – in der ersten Reihe, schaut aber noch ein wenig schüchtern und nur zurückhaltend lächelnd in die Kamera.

Seit dem ersten Tag des Zweiten Weltkriegs mussten Berlinerinnen und Berliner mit Luftangriffen rechnen. Überhaupt war Berlin die europäische Stadt mit den meisten Luftalarmen und -angriffen. Hier befanden sich die Schaltzentralen des NS-Staates und bedeutende Produktionsstätten der Rüstungsindustrie. Im zweiten Kriegsjahr nahmen die Luftangriffe an Heftigkeit zu. 120 Stunden herrschte 1940 Alarm, 222 Tote, 428 Verletzte und über 9000 Obdachlose war die schreckliche Bilanz.[4] Am 30. September 1940 erging die Weisung, «dass vorhandene Luftschutzräume von Reichsministerien und öffentlichen und privaten Verwaltungsgebäuden […] zur Unterbringung von Kindern nach dem Vorbild der Reichskanzlei zur Verfügung zu stellen sind».[5] Dabei wurde öffentlichkeitswirksam angemerkt, dass «der Führer selbst […] durch Bereitstellung der gesamten Kellerräume in der Reichskanzlei bereits 500 Kinder und 100 werdende Mütter aufgenommen» habe.

«Heile Welt» im Spreewald

Auch wenn im Laufe des Krieges immer mehr Kinder aus Berlin evakuiert wurden und die meisten im Rahmen der Kinderlandverschickung die Stadt verlassen hatten, saßen noch viele Kinder zitternd in den Luftschutzkellern. Zu ihnen gehörte auch Jutta Ryneck, die sich ihr Leben lang bei Sirenengeheul in diese Zeit zurückversetzt fühlte und Silvesterböller verabscheute. Mit der Zeit suchten sich immer mehr Familien eine sicherere Bleibe außerhalb der Stadt. Offenbar noch bevor der General der Royal Air Force, Arthur Harris, im November 1943 die «Battle of Berlin» ausgerufen hatte, bei der unter anderem die Gedächtniskirche zerstört wurde, packte Mutter Erna Ryneck die Koffer für sich und die drei Kinder. Als am 23. August 1943 auch Pankow Schwerpunkt eines Fliegerangriffs wurde,[6] war dies das endgültige Signal zum Aufbruch. Ziel war der Spreewald, Ernas Heimat. Verwandte, bei denen man hätte Zuflucht finden können, lebten dort zwar nicht mehr, doch die Umgebung war vertraut.

Ihren Vater erinnerte Jutta als einen fast immer fröhlichen Menschen, und das, obwohl Erich Ryneck als aufrechter Sozialdemokrat in beiden deutschen Diktaturen einen schweren Stand hatte.

Eine neue Bleibe fanden die vier bei «Bauern, die uns völlig fremd waren, die auch bestimmt nicht begeistert waren, als wir da alle ankamen. Doch sie waren wirklich nett zu uns. Ich durfte dann manchmal abends bei denen mitessen, Pellkartoffeln mit ausgelassenem Speck.» Während die knapp vierjährige Brigitte ihren Tag mit ihrem Spielkameraden Hänschen verbrachte, gingen Peter und Jutta allmorgendlich in die drei Kilometer entfernte Zwergschule. Hier war man vom Berliner Bombenhagel zwar weit genug entfernt, aber dass «man vom Spreewald aus den Widerschein in den Wolken des brennenden Berlins gesehen hat» und sich um den Vater sorgte, hat Jutta Limbach ihren Kindern immer wieder erzählt.[7]

Ein wertvolles Erinnerungsfoto: Die drei Ryneck-Kinder Jutta, Peter und, im Buggy sitzend, Brigitte. Die Schwestern werden ihr Leben lang mit Liebe an die Zeit mit ihrem Bruder zurückdenken.

Doch Erich Ryneck stand fast jedes Wochenende fidel vor der Tür des Bauernhauses, erfolgreich bemüht, die Familie die Unbilden, die er in Berlin erlebt hatte, nicht spüren zu lassen. Seit 1944 hatte er in Berlin eine Stellung bei Mannesmann in der Abteilung Flugzeugbau. Er hatte einige Semester an der Technischen Universität Berlin Ingenieurwissenschaften studiert, und in der Kriegswirtschaft wurde jeder gebraucht – selbst auf eingefleischte Sozialdemokraten mit Berufsverbot konnte man jetzt nicht mehr verzichten. Vor dem Krieg hatte Erich Ryneck die Rolle eines «neuen» Vaters übernommen, der anstelle seiner Frau, die stundenweise im Café Möhring bediente, für die Betreuung der Kinder zuständig war. Weil er vor 1933 aktiv in der Sozialdemokratie und der Gewerkschaft gewesen war, erteilte das NS-Regime ihm Berufsverbot.[8] Obschon in diese Situation gezwungen, hat er sie offenbar ausgiebig genossen. Der immer fröhliche Kinderfreund, so erinnert sich Peter Limbach, hat «diese Zeit immer als die schönste seines Lebens» bezeichnet.[9] An den Sonntagen scharte er auch schon mal die Nachbarskinder, die ihn innig liebten, um sich, um dann mit zehn Kindern zu Ausflügen nach Buch oder Bernau ins Grüne zu fahren. «Da weiß ich noch», erinnerte sich Jutta Limbach, dass «mal jemand unserem Pulk hinterhergeguckt hat mit einer abfälligen Bemerkung, und ich habe dann diesen Leuten zugerufen: ‹Zuhause sind wir nicht so viele!›», was zu einer gerne erzählten Familienanekdote wurde.[10]

Es gehörte offenbar zur Philosophie der liebevollen Ryneck-Eltern, die Kinder zu keiner Zeit die eigenen Bedrückungen spüren zu lassen. Auch während der räumlichen Trennung im letzten Kriegsjahr war man bemüht, den Kleinen eine möglichst unbeschwerte Kindheit zu bescheren.

Die Großmutter und der Nazi-Lehrer

1944 zog auch die Großmutter Elfriede auf Drängen ihres Sohnes zur Familie in den Spreewald. Jutta Limbach hat später häufig eine Episode erzählt, die die Zivilcourage dieser Großmutter eindrucksvoll zum Ausdruck bringt.[11] An der Zwergschule gab es mitten im Krieg nur noch einen einzigen Lehrer. Eines Tages legte er den Schülern mehrere Hefte des Stürmer zur sorgfältigen Lektüre vor. Jutta zeigte sie der Großmutter, woraufhin diese, obschon ziemlich korpulent und nicht gut zu Fuß, sich fein machte, die Hefte schnappte und zum Schulhaus marschierte. Dort machte sie dem Lehrer in unmissverständlicher Art und Weise klar, was sie von diesem «Schund» hielt. Wenn er es noch einmal wagen würde, den Enkelkindern solche Abscheulichkeiten vorzulegen, werde er sie wirklich kennenlernen. Mutter Erna war entsetzt und fürchtete jeden Moment die Gestapo vor der Tür. Erstaunlicherweise erstattete der Pädagoge keine Anzeige. Offenbar verströmte die energische alte Dame eine Autorität, die ihn einschüchterte. «Seitdem hat uns dieser Lehrer wirklich mit vornehmer Zurückhaltung behandelt.» Den Rohrstock bekamen die Ryneck-Geschwister nicht mehr zu spüren, «stattdessen behandelte er uns fortan wie rohe Eier».

Vielleicht musste erst noch der Wein entkorkt werden, um die Stimmung an diesem Tag zu heben: Die Großeltern Elfriede und Emil Ryneck mit ihrem Sohn Erich im wilhelminischen Matrosenlook.

Im Nachhinein ist die Haltung von Lehrer und Großmutter wohl nur so zu erklären, dass Elfriede Ryneck nicht politisch argumentierte, sondern mit der ungenügenden journalistischen Qualität des Stürmer. Als eingeschworene Sozialdemokratin war sie zwar ins Visier der Nationalsozialisten geraten, glaubte aber, als alte Frau vor Verfolgung gefeit zu sein. Dennoch waren Ernas Ängste berechtigt. Ihre Schwiegermutter war ein Wagnis mit ungewissem Ausgang eingegangen, was der Enkelin aber erst viel später bewusst wurde. Ähnlich wie Jutta Limbachs Urgroßmutter, die wir am Ende dieses Buches noch kennenlernen werden, blieb die Großmutter als Teil einer sozialdemokratischen Frauendynastie zeitlebens für ihre Enkelin ein großes Vorbild. «Das hätte meine Großmutter von mir erwartet», war eine stehende Wendung bei späteren Lebensentscheidungen.

Wer war Elfriede Ryneck? 1872 in Berlin geboren, war sie die Tochter eines Maurerpoliers und eines ehemaligen Dienstmädchens, das nach der Heirat im Bezirk Prenzlauer Berg einen Gemüseladen eröffnete, um den Maurerlohn des Mannes aufzustocken. Beide Eltern waren in der frühen Arbeiterbewegung aktiv, die Mutter Mitbegründerin des Berliner Arbeiterinnen- und Mädchenvereins. Als politisch agierende Frau verbüßte sie eine mehrwöchige Gefängnisstrafe, ohne sich davon in ihrem Kampf um die Rechte der Arbeiterinnen beirren zu lassen. Schon als kleines Mädchen, während der Zeit des Sozialistengesetzes, erlebte Elfriede die Geheimtreffen von SPD-Genossen im Gemüsekeller der Mutter. Doch trotz der «vielseitigen Inanspruchnahme ihrer Mutter war ihr nicht die Lust vergangen, sich politisch zu engagieren».[12] Im Gegenteil. Elfriede trat in die mütterlichen Fußstapfen, schloss die Volksschule ab, besuchte die Arbeiterbildungsschule und machte eine Ausbildung zur Schneiderin. Nach der Heirat mit Emil Ryneck, ebenfalls Sozialdemokrat und beim Vorwärts beschäftigt, und der Geburt von Sohn Erich engagierte sie sich ehrenamtlich in der Kinderschutzkommission der SPD, in die sie 1908 eingetreten war. Während des Ersten Weltkriegs war sie für die Kriegsfürsorge und die Lebensmittelkommission in Teltow tätig. 1919 wurde sie in die Weimarer Nationalversammlung gewählt, 1924 in den Preußischen Landtag, wo sie bis 1933 Vorsitzende des sozialpolitischen Ausschusses war. In der NS-Zeit verlor sie alle ihre Wirkungsfelder und geriet unter Beobachtung der Gestapo.

In der Zeit der Evakuierung sorgte Elfriede Ryneck nicht nur für das mentale, sondern auch für das materielle Wohl ihrer Enkel. Zum ersten Weihnachtsfest auf dem Land legte sie der Kleinsten, Brigitte, einen selbstgestrickten Pullover unter den Tannenbaum. Als die Familie erstaunt fragte, warum sie ihn nie trage, antwortete die Vierjährige: «Den zieh ich auf der Flucht an.»[13] Schon Monate vor Kriegsende rechnete man damit, dass russische Soldaten das Dorf im Spreewald besetzen würden. Trotzdem verlief das letzte Kriegsweihnachtsfest in der Familie Ryneck, anders als bei Millionen anderen, erstaunlich idyllisch: «Mein Vater hatte es fertiggebracht, Heiligabend bei uns zu sein, hatte im Wald eine Tanne geschlagen und wie all die Jahre zuvor den Weihnachtsbaum in der uns vertrauten Weise geschmückt, so dass wir nachher zusammengesessen haben in einer – doch – heiteren Stimmung, wie wir sie in den Jahren zuvor erlebt hatten.»[14]

Wenige Monate später besetzten russische Soldaten das kleine Lichtenau, kurzzeitig zogen die Dorfbewohner, gerade einmal sechs Familien, in ein Nachbardorf. Doch schon bald konnte man zurückkehren, und auch eine Rückkehr nach Berlin wurde zu einer wenn auch unsicheren Option. Erna Ryneck unternahm mit ihren Kindern wiederholte Anläufe. Für den Weg gab die Bauersfrau ihr immer ein Stück Butter mit: «Damit sie unterwegs was zur Bestechung hatte.»[15] Doch immer wieder musste man auf halbem Wege umkehren.

Flucht nach Westberlin

Es war vor allem Jutta, die Anfang 1945 ihren Vater bedrängte, sie mit zurück nach Berlin zu nehmen. Die wieder hoffnungsvolleren Gespräche zwischen der Großmutter und ihrem Vater hatten ihr politisches Interesse geweckt. Und auch das idyllische Weihnachtsfest machte Hoffnung, dass die Tage des NS-Regime gezählt waren. Der Vater verbreitete Aufbruchstimmung. Das wirkte ansteckend.

Auf einem der wenigen Fotos aus dieser Zeit steht die elfjährige Jutta vor der Kulisse des zerstörten Ku’damms und blickt zuversichtlich lächelnd ins Weite. Später hat sie dieses Lebensgefühl nach sechs Jahren Krieg als «Aufbruch» beschrieben, als Aufbruch in eine Zukunft mit großen Erwartungen, beflügelt vom väterlichen Optimismus, der wie die Großmutter das Ende des «Dritten Reiches» als «Erlösung» empfand.[16]

Genau wie ihr Sohn begann sich Elfriede Ryneck gleich nach Kriegsende erneut für den Aufbau der SPD einzusetzen. Auch beim vierzigsten Parteitag am 21. und 22. April, als es um den Zusammenschluss von SPD und KPD zur SED ging, soll sie dabei gewesen sein und, so die Auskunft im Biographischen Lexikon der DDR, für die Vereinigung gestimmt haben. Das ist wenig wahrscheinlich, denn bis zu ihrem Tod war sie, obwohl sie im Ostsektor lebte, für die Westberliner SPD aktiv, die ihr regelmäßig Geburtstagsgrüße übermittelte. Und nach ihrem Tod 1951 unterschrieb Kurt Schumacher, der zu den vehementesten Gegnern der Zwangsvereinigung zählte, das Beileidstelegramm an ihren Sohn. Der Artikel, den sie einen Tag nach der Zwangsvereinigung für die Zeitschrift Der Sozialdemokrat schrieb, liest sich wie eine versteckte Kritik an der SED-Gründung: «Man sagt so oft, daß die Männer nach dem Verstand entscheiden, Frauen jedoch mehr nach dem Gefühl. Wenn ich mir das Weltgetriebe so ansehe, dann möchte ich dem zustimmen, aber mit der gleichzeitigen Feststellung, daß die Fehlerquellen bei der verstandesmäßigen Entscheidung zahlreicher sind als bei den gefühlsmäßigen. Schon deshalb ist die Frau aus der politischen Arbeit nicht mehr wegzudenken. Und es ist die Aufgabe unserer sozialistischen Frauen, durch Mitarbeit und Arbeit an sich selbst, Sorge dafür zu tragen, daß die Entscheidung der Frauen, die nicht nur Objekt der Politik sein sollen, die Lücke schließt, die häufig mangelnde Fähigkeit zur verstandesmäßigen und richtigen Entscheidung offenbar in reichem Maße offenlässt.»[17] Dass die DDR-Geschichtsschreibung Elfriede Ryneck als eine der ihren vereinnahmte, spricht allerdings für die Bedeutung, die man ihrem Wirken zumaß.

Berlin liegt nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern, aber vor der jungen Jutta liegt noch ein ganzes Leben. Aufbruch ist das Lebensgefühl!

Auch für ihren Sohn Erich stand außer Frage, dass er seinen Sozialdemokraten die Treue halten würde. Gleich nach Kriegsende, als die Familie wieder in Berlin vereint war, half Jutta dem Vater bei der Wiedergründung der SPD in Pankow. Sie malte Plakate und zog mit einem Eimer Kleister von Litfaßsäule zu Litfaßsäule. Bei den ersten Treffen der Sozialdemokraten saß sie in der ersten Reihe und lauschte voller Stolz dem engagierten Vater.

Ihre Heimatstadt Berlin wurde nach dem Weltkrieg zum Zentrum des Kalten Krieges. Heinersdorf-Pankow, wo Familie Ryneck lebte, gehörte jetzt zur sowjetisch besetzten Zone. Die Gegner der Zwangsvereinigung vom April 1946 fanden sich vor allem in Westberlin, wo mehr als 80 Prozent der SPD-Mitglieder mit Nein gestimmt hatten. Das hieß allerdings nicht, dass in den einzelnen Bezirken im Osten der Stadt nicht auch nach wie vor die SPD gewählt werden konnte, ebenso wie die SED in den Westsektoren zur Wahl stand. Am 20. Oktober 1946 fanden in ganz Berlin die ersten demokratischen Wahlen zu den Bezirksvertretungen seit 1933 statt. Die SPD hatte Erich Ryneck für das Amt des Bezirksbürgermeisters von Pankow nominiert – und gewann die Wahl. Als erklärter Gegner des Zusammenschlusses machte Erich auch gegenüber späteren SED-Größen wie Otto Grotewohl, der häufiger Gast bei den Rynecks war, in eindringlichen Gesprächen daraus keinen Hehl und versuchte sie sogar auf seine Seite zu bringen.

Für Familie Ryneck ging die Wahl des Vaters mit einem Umzug nach Pankow in eine großbürgerliche Wohnung in der Kavalierstraße 23b einher. So glücklich Erich Ryneck war, wieder politisch aktiv sein zu können und sogar einen Bürgermeisterposten zu besetzen, so schnell merkte er, wie sehr die Sowjets bemüht waren, der SPD den Garaus zu machen und ihm das Leben schwer. Der Druck von Seiten der sowjetischen Besatzer auf den SPD-Politiker im Ostsektor der Stadt, der an seiner sozialdemokratischen Partei festhielt und dem die SED-Genossen bald den Spitznamen «Erich, der Spalter» verpassten, wuchs. Im Juli 1947 schrieb Willy Brandt, SPD-Parteivorstand von Berlin, an den Hannoveraner Parteivorstand: «Schließlich möchte ich nicht versäumen, Euch darauf aufmerksam zu machen, daß Genossen in der Ostzone in Gesprächen wie auch in Briefen an unsere hiesigen Zeitungen der gesteigerten Befürchtung Ausdruck geben, daß sie abgeschrieben worden seien. Wir müssen dieser Stimmung etwas entgegensetzen.»[18] Und das war umso drängender, nachdem die Sowjetunion im März 1948 aus dem Alliierten Kontrollrat ausgetreten war und kurz nach der Währungsreform eine Blockade über Berlin verhängt hatte. Im Ostteil der Stadt sprengten kommunistische Delegationen immer wieder Sitzungen von SPD-Politikern.

Am 9. September 1948 versammelten sich vor der Ruine des Reichstags mehr als 300.000 Menschen, um gegen die sowjetische Blockade zu demonstrieren. Bürgermeister Ernst Reuter appellierte an die «Völker der Welt», auf seine Stadt zu schauen und sie nicht im Stich zu lassen. Zwei Tage später reiste Erich Ryneck zum SPD-Parteitag nach Hannover.[19] Dort erreichte ihn die Nachricht, dass zwei seiner Bezirksstadträte unter fadenscheinigen Gründen verhaftet worden waren. Eine Rückkehr in den Osten Berlins war für ihn unter diesen Umständen unmöglich. Die SPD-Genossen mahnten eindringlich, er solle sein Amt niederlegen und in den Westen ziehen.[20] Nun wurde das bewährte sozialdemokratische Netzwerk aktiv, Brandts Appell hatte offensichtlich gefruchtet. Die Partei besorgte der Familie auf die Schnelle eine Wohnung in Lichterfelde im Südwesten von Berlin. «Hals über Kopf», erinnert sich Brigitte, wurde nun in Pankow gepackt. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion zog Familie Ryneck in den Gardeschützenweg 18.

Familienfrühstück: Wenn die Rynecks zusammen am Esstisch saßen, diskutierte Erich gerne und ausdauernd über Politik und insbesondere die SPD – für seine Frau Erna (und auch für die Töchter) bisweilen zu gerne und zu ausdauernd.

Auch Reuters Aufruf blieb nicht folgenlos. Nur dank der Luftbrücke der Amerikaner, deren Rosinenbomber Lebensmittel über Berlin abwarfen, konnte die Stadt überleben. Auch die Rynecks aßen, was vom Himmel herabschwebte. Und Erna und ihre Jüngste fuhren regelmäßig zur Großmutter, die im ländlichen Weißensee im Osten der Stadt lebte, um ein paar Kartoffeln zu ergattern.[21] Im sicheren Westen ging es langsam wieder aufwärts. Schwere Zeiten lagen hinter der Familie, nicht nur politisch und materiell, auch eine Familientragödie musste sie verkraften, die vor allem die Mutter aus der Bahn warf.

Paradies und traumatische Vertreibung: Die Schulfarm Scharfenberg

Als die Familie noch in Pankow wohnte, kam Jutta Ryneck in den Genuss einer Schulzeit, von der sie später immer wieder schwärmte und die sie zutiefst prägte. Ihr Bruder Peter war nach dem Ende seiner Volksschulzeit auf eine Schule gekommen, die so ganz anders war: die «Schulfarm Scharfenberg», auf einer kleinen Insel im Tegeler See in Reinickendorf gelegen. Diese Reformschule war 1922 von dem Gymnasiallehrer Wilhelm Blume zunächst als reine Jungenschule mit angeschlossenem Internat gegründet worden. Zum Konzept der Schule gehörte es, die mehr als 20 Hektar Land und die Ställe zu nutzen, um die Schüler neben der klassischen Schulbildung auch mit der Landwirtschaft vertraut zu machen. Ziel war die Selbstversorgung der Schule, denn dadurch konnte das Schulgeld niedriger angesetzt werden, was es auch Kindern aus weniger gut betuchten Familien ermöglichte, diese Schule zu besuchen. Neben der Landwirtschaft gab es ein Fotolabor, verschiedene Werkstätten und einen Nutzgarten. Auch Ziegen, Gänse, Kühe und Schweine gehörten zur Inselschule.

Neben landwirtschaftlichen und handwerklichen Arbeiten hatten die Schüler den Fährdienst oder Küchendienst zu übernehmen. Beim Mittagessen bot ein «Zeitungsberichterstatter» täglich eine Presseschau. Blumes Idee war es, den Schülern von klein auf ein hohes Maß an Mitsprache einzuräumen. In der «Abendaussprache» wurden gemeinsam Entscheidungen gefällt und en miniature ein demokratisches Miteinander eingeübt.[22] Zahlreiche Fahrten, Theaterbesuche, Musik- und Tanzveranstaltungen gehörten zum Schulalltag. Blume ging es um ein «ganzheitliches» Erziehungs- und Bildungskonzept – «Kopf, Herz und Hand» galt es gleichermaßen zu schulen. Selbst- und Gemeinschaftsverantwortung waren die leitenden Ziele.[23]

Während der NS-Zeit wurde die Schulfarm «gleichgeschaltet», doch bereits fünf Tage nach Kriegsende erteilte die zuständige Bezirksverwaltung von Reinickendorf Wilhelm Blume, der als Studienrat an der Berliner Humboldt-Schule überwintert hatte, den Auftrag zur Wiedereröffnung der Schulfarm. Am 19. September 1945 nahm die Schule mit siebzig Jungen und drei Lehrkräften den Betrieb wieder auf. Zu den ersten Schülern gehörte auch Peter Ryneck, heftig beneidet von Jutta, die ihn häufig mit der Mutter dort besuchte. Als sich die Schule zum Schuljahresbeginn Ostern 1946 auch für Mädchen öffnete, wurde sie eine der ersten fünfundzwanzig Schülerinnen auf Scharfenberg.

Auf Scharfenberg im Tegeler See verbrachte Jutta eine traumhafte Schulzeit, die 1948 auf tragische Weise zu einem abrupten Ende kam.

Blume, mittlerweile Gründungsdirektor an der Pädagogischen Hochschule Berlin, hatte zu dem Zeitpunkt die Leitung an Heinrich Scheel, einen ehemaligen Schüler und Mitbegründer der Widerstandsgruppe «Rote Kapelle», übergeben. Als die Alliierten zunächst noch den Geschichts- und Geographieunterricht untersagten, bewährte sich das Konzept des «Gesamtunterrichts», um das Verbot zu umgehen: Die Idee war es, ein größeres Thema in den Mittelpunkt zu stellen, das dann unter unterschiedlichen fachlichen, natürlich auch historischen und erdkundlichen Perspektiven über mehrere Wochen im Unterricht behandelt wurde.

Scheel, der unter anderem auch Deutsch unterrichtete, war ein großer Theaterliebhaber. So ließ er die Kinder selbst immer wieder Stücke schreiben und aufführen. «Das Theaterspiel war eine alte Scharfenberger Tradition. […] Unter den Schülern hatte ich leidenschaftliche Verbündete.»[24] Offenbar gehörten auch die Ryneck-Geschwister dazu: «Ich habe damals zum Beispiel die Ode An die Freude zusammen mit anderen Klassenkameraden gewissermaßen im Chor aufgesagt, dabei saßen wir meinetwegen draußen auf einer im Wasser liegenden Weide.»[25] Das waren Eindrücke mit ungemein nachhaltiger Wirkung.

Blumenwiese statt Betonwüste: Auf der Schulfarm Scharfenberg wurde Großstadtkindern wie Jutta Ryneck auch der hohe Wert der Natur gelehrt.

Noch viele Jahre später konnte Jutta Limbach bei einem Vortrag an einer Schweizer Universität aus dem Stand heraus eine lange Passage aus Schillers Wilhelm Tell rezitieren und ihren Sohn Daniel damit beeindrucken: «Eine Grenze hat Tyrannenmacht, wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, wenn unerträglich wird die Last – greift er hinauf getrosten Mutes in den Himmel, und holt herunter seine ew’gen Rechte, die droben hangen unveräußerlich und unzerbrechlich wie die Sterne selbst. Der alte Urstand der Natur kehrt wieder, wo Mensch dem Menschen gegenübersteht.»[26] Die Scharfenberger Schule hatte offensichtlich ein breites hochkulturelles Repertoire fest im Gedächtnis verankert, aus dem Jutta Limbach in späteren Vorträgen immer wieder schöpfte und damit bei ihrem Publikum staunenden Respekt erntete.

Es gab auch weniger begnadete Lehrer. Schuldirektor Scheel erinnerte sich in seinen Autobiographischen Aufzeichnungen, dass Jutta Ryneck «vorzugsweise im Biologieunterricht des Dr. Hahn» zur «eifrigen Strickerin» mutierte, um der Langeweile des unablässig dozierenden Pädagogen zu entfliehen».[27] Sie selbst bestätigte in einem Interview, dass es ja gewollt gewesen sei, «immer Kopf- und Handarbeit» zu «vereinbaren», so dass der fade Lehrer keinen Einspruch gegen die klappernden Stricknadeln erheben konnte.[28]

Trotz der wenigen pädagogischen Nieten gehörte die Zeit auf der Insel zu ihren erklärtermaßen schönsten Kindertagen. Im Februar 1948 fand diese Zeit ein jähes Ende. Bei Direktor Scheel, der von einer Elternversammlung berichtet, liest sich das so: «Ich erinnere mich noch heute der absoluten Stille, die eintrat, als ich vom Tode des kleinen Peter Ryneck berichtete. Er hatte zusammen mit Jürgen Zoch an der Nordspitze der Insel das dünne Eis des Sees betreten. Beide brachen ein, der Fährmann eilte mit dem Kahn zu Hilfe, konnte Jürgen Zoch noch herausziehen, aber Peter Ryneck nur tot bergen.»[29] Unter dem Schock der Tragödie holten die Eltern die Tochter sofort nach Hause und beendeten ihre Scharfenberger Zeit. Tage, Wochen und Monate lastete tiefer Kummer auf der Familie. Jutta trauerte um ihren geliebten Bruder, und sie trauerte auch ihrem Schulparadies nach. Möglicherweise war es aber nicht nur der Verlust des Sohnes, der die Eltern bewog, Jutta von der Schule zu nehmen. Da Scheel sich deutlich zur SED bekannte, wird Erich Ryneck die zuvor so geschätzte Schule zunehmend mit Skepsis betrachtet haben, was seine Tochter allerdings nicht ahnen konnte.

Ihren eigenen Kindern brachte Jutta Limbach früh das Schwimmen bei, und das Schlittschuhfahren auf dem Bonner Schlossweiher war strengstens untersagt.[30] Als der Berliner Senat plante, in einer gemeinsamen PR-Aktion im Tegeler See zu baden, ernteten die Kolleginnen und Kollegen ein striktes «Nein» der Justizsenatorin Limbach. Erstens würde sie den Teufel tun und sich ihnen im Badeanzug präsentieren. Und zweitens sei ihr Bruder dort ertrunken.[31]

Erinnerungen an die bis zu diesem tragischen Unglück goldene Schulzeit in Scharfenberg wurden Jahrzehnte später durch einen Zufall und dank Daniel noch einmal wach. Ihr Sohn, ein Physiker, hatte Mitte der neunziger Jahre am Institut für Technische Optik der TU Berlin eine Stelle angetreten. Der Meister, der die Versuchsgeräte baute, war ein sehr «beredter Berliner» aus Reinickendorf (dem nach seinen Worten «Villenbezirk der Arbeiterklasse»), der «erzählte, und erzählte und erzählte». Irgendwann: «Na, ick war ja auf der Schulfarm Scharfenberg.» Und «na klar» erinnerte er sich an seinen Schulfreund Peter Ryneck – und Jutta Limbach sich sofort an seinen Spitznamen: «Oh, den haben wir ‹Old Wabbel› genannt.» Offensichtlich las man auf der Schulfarm nicht nur Schiller, sondern auch Karl May.

Kurz entschlossen ließ sich Jutta Limbach auf dem Weg nach Karlsruhe – sie war zu der Zeit Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts – an der Technischen Universität absetzen, um Herrn Ehlke, den alten Schulkameraden, zu treffen. Fünfzig Jahre hatte man sich nicht mehr gesehen, nun redete man lange und lebhaft über alte Zeiten. Und sie, die ungern über ihre Gefühle sprach, beichtete ihrem Sohn, dass diese Begegnung sie noch lange auf der Fahrt tief bewegt habe. Das galt auch für Herrn Ehlke. Am 18. August 1995 schrieb Daniel Limbach an seine Mutter: «Old Wabbel hast Du mit Deinem Besuch sehr glücklich gemacht. Er meinte zu mir, daß er während des Gesprächs mit Dir doch ein bißchen die kleine Jutta wiedererkannt hat. Gefreut hat ihn, daß unser Professor ob der Erzählung von Deinem Besuch meinte, der korrekte Weg hätte über ihn gehen müssen. Old Wabbel aber hob den Zeigefinger und erklärte: ‹Sie wollte nur mich treffen, den alten Schulkameraden!› Also in Reinickendorf hast Du so bestimmt ungewollt Prozente für Deine Berliner Genossen gesammelt.»[32]

Unter starken Mädchen

Nach dem schweren Verlust bedeutete der plötzliche und abenteuerliche Umzug in den Berliner Westen für die Familie einen willkommenen Neuanfang. Für Jutta erwies sich die Goethe-Schule in Lichterfelde, zu jener Zeit noch ausschließlich von Mädchen besucht, als tröstliche Chance. Auch hier gab es engagierte Lehrerinnen und sehr bald einen sehr innigen Klassenzusammenhalt der zunächst dreiunddreißig Schülerinnen. Früh engagierte sich Jutta in der Schülermitverwaltung und wurde schnell deren Vorsitzende und Schulsprecherin. Die Gründung der Schülerzeitung Der springende Punkt – bis heute ein beliebter Name von Schülerzeitungen – geht auf ihr Konto, eine Zeitlang war sie Chefredakteurin. Um Werbekunden zu gewinnen, zog sie von Geschäft zu Geschäft. Mit den selbstgemalten Anzeigen von Modegeschäften, Kosmetikläden und Buchhandlungen ließ sich die 10 Pfennig teure Zeitung finanzieren. Ihre eigenen Artikel unterzeichnete die Chefredakteurin Ryneck mit dem im Nachhinein prophetisch klingenden «jury», einem Kürzel, das sich aus den beiden Anfangsbuchstaben von Vor- und Nachnamen ergab. Regelmäßig besuchte sie Konferenzen von Schülerzeitungsmachern und beklagte sich in Artikeln, dass das Genre ganz überwiegend in Jungenhand sei. «Da nur 6 Mädchen an dieser Jahreshauptversammlung teilnahmen, hatten wir einen schweren Stand.» Die Journale der Jungen seien zwar technisch perfekter gemacht, aber das müsse man, so ihr Appell an ihre jungen Journalistenkolleginnen, zum Ansporn nehmen, «technische Mängel durch besseren Gehalt wettzumachen» und damit ihrer Zeitung einen eigenen weiblichen Stempel aufzudrücken.[33]

Eine ganz andere Welt als Scharfenberg: Auf dem Goethe-Lyzeum ging es geordneter zu (Jutta kniet in der ersten Reihe ganz links). Im Springenden Punkt nahm die Rubrik «Mode und Kosmetik» breiten Raum ein, und die Schülerinnen kannten offensichtlich auch alle die neueste Frisurenmode.

Viel später hat Jutta Limbach das Pro und Kontra der Koedukation diskutiert, die zu ihrer Schulzeit auf höheren staatlichen Lehranstalten noch kein Thema war. Nicht wenige Frauen ihrer Generation vertraten die Meinung, dass sie ohne die männliche Konkurrenz mehr Selbstbewusstsein entwickeln konnten. Und auch Jutta Limbach fragte sich in einem späteren Interview: Wäre sie auf einer gemischten Schule auch Schülersprecherin und Chefredakteurin der Schülerzeitung geworden?[34] Der springende Punkt bot ein buntes Spektrum: Filmkritiken, Horoskope, Kreuzworträtsel füllten die Seiten, ebenso Berichte von Betriebsbesichtigungen, Reportagen über auswärtige Basketballtourniere und Skifreizeiten. Viel Raum nahmen Kosmetik- und Modetipps ein. Selbst wenn nur wenige Schülerinnen das nötige Geld hatten, um sich in Berliner Boutiquen einzukleiden, tauschte man Modejournale und Schminkrezepte. In einem Artikel «Lippenstift am Kochtopf» mokierte sich Fräulein Ryneck über das Bemühen des Centre Culturel Français, den «Berliner Hausfrauen Pariser Chic zu vermitteln».[35]



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