Kampf um Londinium - Simon Scarrow - E-Book

Kampf um Londinium E-Book

Simon Scarrow

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Beschreibung

In der hart umkämpften Provinz Britannien entscheidet sich das Schicksal des römischen Imperiums: Die unerschrockene Rebellenführerin Boudica weiß immer mehr Stammeskrieger hinter sich und macht sich auf, Londinium zu erobern. Präfekt Cato wird mit der Mission betraut, die Stadt um jeden Preis zu verteidigen. Während er die Legionen um sich schart, muss er ausgerechnet auf seinen besten Mann Macro verzichten. Er gilt seit der blutigen Schlacht um Camulodunum als vermisst. In seiner schwersten Stunde muss sich Cato die Frage stellen: Wem kann er noch vertrauen und wer ist bereit, bis zum bitteren Ende an seiner Seite zu kämpfen?

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Seitenzahl: 589

Veröffentlichungsjahr: 2024

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DAS BUCH

Der Platz, auf dem der Kampf zwischen Macro und Bellomagus stattfinden sollte, wurde so gewählt, dass möglichst viele Rebellen dem Spektakel beiwohnen konnten. Irgendwann am Vormittag wurde Macro von seinen Fesseln befreit und quer durch das Lager auf den Hügel geführt. Er machte sich keine großen Illusionen. Das Erfolgsgeheimnis der römischen Armee bestand darin, dass die Soldaten dafür ausgebildet waren, als Einheit in die Schlacht zu ziehen. Sie konnten auch im Kampf Mann gegen Mann bestehen, doch Macro bekam es mit einem keltischen Krieger aus einer Kaste zu tun, in der man von klein auf lernte, sich im Zweikampf zu behaupten. Und als wäre das allein nicht schon schwer genug, musste er es mit einem unbesiegten Meisterkämpfer aufnehmen. Trotzdem musste er froh sein, überhaupt diese Chance zu bekommen. Auch wenn seine Aussichten nicht allzu gut waren, würde er seinem Gegner so gegenübertreten, wie er es in all den Jahren immer getan hatte: mit dem Schwert in der Hand und eiserner Entschlossenheit im Herzen. Auch wenn er sterben sollte, würde er seinen Kameraden und seinem Volk mit seinem Kampfgeist alle Ehre machen.

DER AUTOR

Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, bevor er mit dem Schreiben begann. Mittlerweile zählt er zu den wichtigsten Autoren historischer Romane. Mit seiner großen Rom-Serie und der vierbändigen Napoleon-Saga feiert Scarrow internationale Bestsellererfolge.

Besuchen Sie Simon Scarrow im Internet unter www.simonscarrow.co.uk

SIMON SCARROW

KAMPF UM LONDINIUM

Roman

Aus dem Englischen von Norbert Jakober

WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN

Die Originalausgabe Eagles of the Empire: Rebellion erschien erstmals 2023 bei Headline Publishing Group, Hachette UK, London

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Deutsche Erstausgabe 12/2024

Copyright © 2023 by Simon Scarrow

Copyright © 2024 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Rainer Schöttle

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, unter Verwendung von Motiven von © AdobeStock (Kristian) und Trevillion (Stephen Mulcahey)

Gestaltung der Karte: © Tim Peters

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-30243-6V001

www.heyne.de

Für Michele und Silvano. Danke für eure Freundschaft und dafür, dass ihr mir die italienische Küche nahegebracht habt.

PERSONEN

RÖMISCHE ARMEE IN BRITANNIEN

Centurio Bernardicus: ranghöchster Centurio der IX. Legion

Quintus Petillius Cerialis: Legat der IX. Legion, ein unbesonnener Kommandant

Präfekt Cato: Kommandant der Achten Illyrischen Kohorte

Gaius Suetonius Paulinus: Statthalter von Britannien

Cestius Calpurnius: Legat der XX. Legion

Poenius Postumus: Lagerpräfekt der II. Legion, ein unzuverlässiger Offizier

Präfekt Thrasyllus: Kommandant der Zehnten Gallischen Hilfskohorte

Centurio Tubero: Kommandant des berittenen Kontingents der Achten Kohorte

Centurio Galerius: ranghöchster Centurio der Achten Kohorte

Centurio Hitetius (im Ruhestand): ein Veteran, der nichts mehr zu verlieren hat

Centurio Macro (eigentlich im Ruhestand): Veteran und bester Freund von Präfekt Cato

Agricola: Tribun im Stab des Statthalters; noch sehr unerfahren, aber zu Großem berufen, falls er lange genug lebt …

Centurio Vespillus: amtierender Kommandant der Garnison in Londinium, von der Situation hoffnungslos überfordert

Phrygenus: Wundarzt der Achten Kohorte

RÖMISCHE ZIVILISTEN

Claudia Acte: Catos Geliebte; ehemalige Geliebte von Kaiser Nero, der glaubt, sie wäre im Exil gestorben

Petronella: Macros Gemahlin, furchtlos und wehrhaft, für Macro die Liebe seines Lebens

Portia: Macros Mutter, nicht minder furchtlos und wehrhaft, aufgrund ihres Alters aber schon gebrechlich

Lucius: Catos Sohn, der seinem Vater nacheifert

Denubius: Portias treuer Helfer

Decianus Catus: Prokurator der Provinz, ein intriganter Opportunist, dessen Treiben fatale Folgen hat

Maecius Grahmius: ein Zivilist, der sich selbst allzu gern reden hört

REBELLEN

Boudica: Königin der Icener, die stolze Anführerin eines von Rom unterdrückten Stammes

Syphodubnus: ein icenischer Adliger, der den Führungsanspruch stellt

Bardea und Merida: Boudicas Töchter

Bellomagus: ein Held des Stammes der Icener

Tongdubnus: icenischer Krieger, ein schlechter Schwimmer

KAPITEL 1

Römische Provinz Britannien, im Sommer 61 n. Chr.

Die Kolonne war in ernsten Schwierigkeiten. Centurio Bernardicus, Kommandant der Ersten Kohorte der Neunten Legion, spürte es in dem Augenblick, als er den Feind sichtete. Er schirmte die Augen gegen das grelle Sonnenlicht ab und blickte zu der Linie von Reitern, die sich eine halbe Meile voraus auf einem niedrigen Hügelkamm formiert hatten und die anrückenden Römer beobachteten. Zuerst hatte der Centurio sie für Kundschafter der Legion gehalten, die den Vormarsch von Legat Cerialis und seiner Soldaten absicherten. Doch irgendetwas an dem Reitertrupp stimmte nicht; es dauerte einen Augenblick, bis es ihm bewusst wurde: keine Standarte, kein Federbusch auf dem Helm eines Offiziers.

Wie zum Hades war es diesen Rebellen gelungen, durch die Linie der Kundschafter hindurchzuschlüpfen? Der befehlshabende Offizier der Einheit konnte sich auf ein Donnerwetter des Legaten gefasst machen, wenn die Kolonne heute Abend ihr Lager aufschlug. Vorausgesetzt, der Feind machte ihnen nicht vorher Ärger. Bernardicus blickte mit zusammengekniffenen Augen zum Himmel und schätzte, dass sie noch drei Stunden marschieren würden, bis der Legat den Befehl zum Errichten des Marschlagers gab. Vielleicht auch etwas länger; schließlich hatten sie auch am Vortag erst spät ihr Lager aufgeschlagen. Sie hatten nur noch Zeit gehabt, eine Palisade aus zugespitzten Pfählen zu errichten, um das Lager abzusichern. Auf einen Graben und einen Erdwall hatten sie verzichtet.

Bernardicus war alles andere als glücklich über die Entscheidung des Legaten gewesen, die üblichen Sicherheitsmaßnahmen zu ignorieren, die beim Marsch durch feindliches Territorium zu treffen waren. Der Centurio war sich der Bedrohung bewusst, zumal noch am Abend ihres Aufbruchs vom Stützpunkt der Legion in Lindum eine Botschaft vom obersten Magistrat der Veteranenkolonie in Camulodunum eingetroffen war. Darin war von einem Aufstand des Stammes der Icener und ihrer Verbündeten, der Trinovanten, die Rede gewesen. Der Magistrat hatte erfahren, dass die Rebellen auf Camulodunum marschierten, und die Neunte Legion gebeten, den Veteranen zu Hilfe zu kommen.

Als ranghöchster Centurio der Legion hatte Bernardicus seine Bedenken dem Legaten mitgeteilt, doch Cerialis hatte nur abschätzig den Kopf geschüttelt.

»Wir haben es hier mit einer bunt zusammengewürfelten Horde von bewaffneten Bauern zu tun«, hatte der Legat gespöttelt. »Angeführt von den paar Kriegern, die unseren Eroberungsfeldzug überlebt haben. Von diesem Pöbel haben wir nichts zu befürchten. Wenn die auch nur die Vorhut der Neunten Legion sehen, werden sie Reißaus nehmen und sich in die Wälder flüchten, aus denen sie gekommen sind.«

»Ich hoffe, du hast recht, Herr«, hatte Bernardicus diplomatisch gemeint. »Aber was ist, wenn sie sich nicht zurückziehen, sondern kämpfen?«

Ein kaltes Lächeln umspielte Cerialis’ Lippen. »Dann werden wir sie vernichten, die Überlebenden in die Flucht schlagen und die Rädelsführer kreuzigen. Ich bezweifle stark, dass irgendeiner der Stämme unter römischer Herrschaft noch einmal die Eier haben wird, sich gegen uns zu erheben.«

Als Bernardicus die abfällige Bemerkung seines Vorgesetzten hörte, musste er sich ein bitteres Grinsen verbeißen. An »Eiern« fehlte es dem Feind wahrlich nicht, auch wenn er von einer Frau angeführt wurde. Er hatte Königin Boudica vor einigen Monaten in Londinium gesehen, als die Stammesführer vor dem Statthalter der Provinz ihren Treueeid gegenüber Rom hatten erneuern müssen. Die hochgewachsene, stolze Frau mit dem kupferroten Haar war nicht zu übersehen gewesen. Schon damals hatte Bernardicus sich gedacht, dass man diese Frau nicht unterschätzen durfte – und er hatte recht behalten. Unter Boudicas Führung würden die Stammesleute – ob Mann oder Frau, alt oder jung – nicht zögern, sich gegen Rom und dessen Herrscher, Kaiser Nero, zu erheben.

Rom hatte es schon öfter mit mächtigen Frauen zu tun bekommen und sie zum Glück immer besiegen können. Dennoch blickte der Centurio mit Sorge auf das, was sich in Britannien zusammenbraute. Unter anderen Umständen hätte er die Zuversicht des Legaten geteilt. Das Problem war, dass ein großer Teil der römischen Armee sich weit im Westen der Insel befand, um gegen die dortigen Bergstämme vorzugehen. Statthalter Paulinus hatte seine Streitmacht mit den besten Soldaten aus der ganzen Provinz aufgefüllt, darunter vier Kohorten der Neunten Legion. Für die Abwehr der icenischen Rebellen standen nur die sechs verbliebenen Kohorten der Neunten Legion in Lindum, eine Handvoll schlecht ausgebildeter Hilfssoldaten und die jungen Rekruten zur Verfügung, die in der Festung der Zweiten Legion in Isca Dumnoniorum ausgebildet wurden.

Bernardicus war stolz auf seine Legion, doch er wusste nur zu gut, dass die Kohorten, die hinter ihm marschierten, unterbesetzt waren und dass seine besten Männer nun unter Statthalter Paulinus dienten. Ebenso bewusst waren ihm die Schwächen seines Vorgesetzten. Legat Cerialis war erst kürzlich zum Kommandanten der Neunten ernannt worden und trat mit der Arroganz und dem Ehrgeiz auf, die fast allen Angehörigen seines Standes zu eigen waren. Seine Kampferfahrung beschränkte sich auf eine kurze Strafexpedition über den Rhein in seiner Zeit als Tribun. Er musste noch einige Erfahrung sammeln, um ein guter Legat und Befehlshaber zu werden.

Das alles ging dem kampferprobten Centurio durch den Kopf, ehe er tief Atem holte und den Befehl gab. »Erste Kohorte, halt!«

Leicht gebeugt unter dem Gewicht ihrer Ausrüstung machten die Männer noch anderthalb Schritte, ehe sie zum Stehen kamen. Einige sahen ihn überrascht an. Sie hatten erst eine Meile zuvor Rast gemacht, und es war viel zu früh, um das Nachtlager aufzuschlagen. Bernardicus ignorierte ihre fragenden Blicke und ging zwanzig Schritte voraus, ehe er innehielt und die Reiter auf dem Hügel musterte.

Dumpfes Hufgetrappel kündigte das Herannahen von Legat Cerialis und seiner kleinen Gruppe von Stabsoffizieren an, jungen Tribunen ohne jede Gefechtserfahrung. Das würde sich vielleicht bald ändern, dachte Bernardicus bei sich.

»Verdammt, was soll das?«, fragte Cerialis gereizt. »Wer hat der Kolonne den Befehl zum Anhalten gegeben?«

Der Centurio drehte sich zu ihm um und salutierte. »Das war ich, Herr.«

Cerialis runzelte die Stirn. »Warum?«

Bernardicus deutete zum Hügelkamm. Der Legat richtete sich im Sattel auf und kniff die Augen zusammen. »Und?«

»Der Feind, Herr.«

»Unsinn. Das sind unsere Kundschafter.«

»Schau genau hin. Wenn das Römer sind, bin ich ein Druide, Herr.«

Cerialis und seine Tribunen spähten zum Hügelkamm, bis einer von ihnen sich zu Wort meldete. »Der Centurio hat recht, Herr.«

»Wo sind dann unsere Kundschafter? Sie sollten uns den Weg frei machen.«

Bernardicus holte tief Atem, ehe er antwortete. »Ich würde sagen, unsere Jungs sind entweder tot, in Gefangenschaft geraten oder in die Flucht geschlagen worden. Vielleicht schaffen es einige zu uns zurück, aber ihre Aufgabe können sie nicht mehr erfüllen.«

»Das ist unmöglich!« Der Legat sah den Centurio an, als hätte er es mit einem Verrückten zu tun.

Bernardicus zuckte mit den Schultern und alle warteten in angespanntem Schweigen auf den Befehl des Legaten. Die Legionäre standen in Bereitschaft, ihre Tragejoche immer noch auf den Schultern. Schließlich trieb der ranghöchste Tribun sein Pferd an und brachte es neben seinem Vorgesetzten zum Stehen.

»Wenn du den Befehl gibst, Herr, dann führe ich den Rest unseres berittenen Kontingents zum Hügel und vertreibe die Rebellen.«

Cerialis kaute einen Moment lang auf der Unterlippe und schüttelte dann den Kopf. »Wenn die mit unseren Kundschaftern fertiggeworden sind, werde ich nicht riskieren, noch mehr Männer zu verlieren. Nein … wir marschieren weiter. Die Rebellen werden es nicht wagen, die Kolonne anzugreifen. Außerdem müssen wir so schnell wie möglich nach Camulodunum, um unsere Kameraden zu retten.«

Und den Ruhm dafür einzuheimsen, fügte Bernardicus in Gedanken hinzu. Wie die meisten seines Schlages war Cerialis versessen auf militärische Auszeichnungen, die ihm und seiner Familie zur Ehre gereichen würden.

»Wir marschieren weiter«, entschied der Legat. »Das berittene Kontingent soll die Nachhut bilden.«

»Ja, Herr.«

Während der Tribun sein Pferd wenden und zu den Reihen der Legionäre traben ließ, stapfte Bernardicus auf dem Weg zurück, legte die Hand trichterförmig an den Mund und rief: »Centurionen der Ersten Kohorte zu mir!«

Als er außer Hörweite des Legaten war, blieb er stehen, und die anderen Centurionen versammelten sich um ihn.

»Wir müssen davon ausgehen, dass wir unsere Kundschafter nicht wiedersehen werden. Cerialis ist trotzdem fest entschlossen, nach Camulodunum zu marschieren. Er geht davon aus, dass wir die Rebellen zurückschlagen können, falls sie angreifen. Wir bleiben in dichter Formation und halten die Augen offen. Wir sind die Speerspitze der Neunten, also müssen wir den anderen ein Vorbild sein. Ich will kein Murren hören, verstanden? Wenn die Rebellen sich uns in den Weg stellen, durchbrechen wir ihre Linien, bevor sie wissen, wie ihnen geschieht.« Er blickte in die Gesichter seiner Untergebenen und fand darin ruhige Entschlossenheit. »Unsere Kameraden in Camulodunum zählen auf uns. Das sind gute Männer. Mit dem obersten Magistraten habe ich in der Zweiten Legion gedient. Macro ist ein hervorragender Soldat. Wäre er an meiner Stelle, würde er alles tun, um uns zu retten.«

»Glaubst du, die werden Ärger machen?«, fragte ein Centurio von bulliger Statur.

»Auf dieser beschissenen Insel gibt es ständig Ärger, Timandrus.«

Die anderen Centurionen lachten oder grinsten zustimmend.

»Ohne Kundschafter sind wir blind«, gab Timandrus zu bedenken. »Wer weiß, was uns erwartet? Wir könnten schnurstracks in eine Falle laufen.«

»Gut möglich«, stimmte Bernardicus zu. »Aber wir haben uns von diesen Barbaren mit haarigen Ärschen noch nie unterkriegen lassen, und das wird sich auch heute nicht ändern. Hab ich recht?«

Timandrus nickte.

»Trotzdem werden wir auf der Hut sein. Wenn ich den Befehl gebe, das Marschgepäck abzunehmen, sollen eure Männer sich im Handumdrehen formieren und Schilde und Speere bereithalten. Geht zurück zu ihnen, damit wir weitermarschieren können, wenn Cerialis das Kommando gibt.«

Bernardicus kehrte zur Spitze der Kolonne zurück und marschierte entschlossen los, als der Legat den Befehl zum Vorrücken gab. Die Legionäre seiner Centurie folgten ihm in gleichmäßigem Schritt. Vor ihnen auf der Hügelkette behielten die Reiter ihre Position bei und ließen die anrückenden Römer nicht aus den Augen. Der Weg stieg leicht an. Als Bernardicus nur noch etwa zweihundert Schritte von den Rebellen entfernt war, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken, doch er ließ sich nichts anmerken, straffte die Schultern und marschierte unbeirrt weiter. Er hatte sich immer bemüht, furchtlos zu erscheinen, um seinen Männern ein gutes Beispiel zu geben. Selbst jetzt unterdrückte er den Impuls, seinen Diener anzuweisen, das Maultier mit seinem schweren rechteckigen Schild nach vorn zu holen, und ihm seinen Umhang zu geben, damit der ihn nicht behinderte, falls es zum Kampf kam.

Als sie nur noch hundert Schritte vom Hügelkamm entfernt waren, konnte der Centurio die grausigen Trophäen erkennen, die die Reiter hochhielten, damit die Römer sie sehen konnten. Es waren mehrere Köpfe, die sie an den Haaren hin und her schwenkten, während sie die Legionäre mit lautem Gejohle und Schmährufen empfingen.

»Diese Bastarde!«, rief eine Stimme dicht hinter Bernardicus. »Dafür werden sie büßen.«

»Ruhe dahinten!« Der Centurio blickte über die Schulter zurück. »Der Nächste, der den Mund aufmacht, hat einen Monat Latrinendienst!«

Die Reiter nahmen die abgetrennten Köpfe herunter, wendeten ihre Pferde und ritten den Hang auf der anderen Seite des Hügels hinunter. Bernardicus war schon oft hier vorbeigekommen und kannte den Weg, der zu einem bewaldeten Tal hin abfiel. Die Baumeister der Armee hatten das Gelände zu beiden Seiten des Weges gerodet, um eventuellen Angreifern keine Möglichkeit für einen Überraschungsangriff zu bieten. Außerdem hatten die römischen Truppen nun genug Spielraum, um schnell eine Verteidigungsformation zu bilden, wenn die Situation es erforderte. Das Tal bot den Einheimischen durchaus Gelegenheit, den Römern aufzulauern, doch dreitausend schwer bewaffnete Soldaten der besten Armee der Welt sollten jederzeit in der Lage sein, einen Angriff dieser Stammeskrieger zurückzuschlagen, sagte sich Bernardicus, um seine Bedenken zu zerstreuen.

Er blickte zurück und sah, dass die sechs Kohorten dichter zusammengerückt waren und der kleine Versorgungstross von den Legionären der letzten Centurie einer jeden Kohorte flankiert wurde. Die Kolonne war nur noch etwa halb so lang wie zuvor.

Der Centurio erreichte die Hügelkuppe und schaute ins Tal hinunter. Die Reiter hatten sich etwa eine halbe Meile von der Kolonne entfernt; von weiteren Rebellen war nichts zu sehen. Bernardicus spähte zu den Waldrändern auf beiden Seiten des Weges, konnte aber nicht die kleinste Bewegung erkennen. Dann fiel sein Blick auf eine Gruppe von Männern, die etwa auf halbem Weg zwischen ihm und den Reitern auf dem Boden lagen. Es waren die kopflosen Leichen der Kundschafter. Man hatte sie ausgezogen und ihnen Kleidung, Waffen und Pferde abgenommen. Ihre blasse Haut war blutverschmiert. Als die Kolonne näher herankam, hörte er die gemurmelten Flüche seiner Männer hinter sich und forderte erneut Ruhe, ehe er sich an seinen Stellvertreter wandte.

»Optio Severus, sag dem Legaten, wir haben die Leichen der Kundschafter gefunden.«

»Ja, Herr.«

Der Centurio hielt inne, während der Optio entlang der Kolonne nach hinten stapfte, die Botschaft weitergab und sich dann an seine Männer wandte. »Erste Abteilung, Erste Centurie … ihr holt die Toten und ladet sie auf die Wagen.« Um die Bestattung würde man sich kümmern, sobald die Legion nach dem Tagesmarsch das Nachtlager aufgeschlagen hatte. Es würde jedoch nicht einfach sein, die Toten zu identifizieren, zumal der Feind ihnen die Erkennungsmarken als Trophäen abgenommen hatte.

Die Männer der führenden Abteilung legten das Marschgepäck ab und liefen zu den Leichen, während der Centurio die Kolonne ins Tal führte. Im Vorbeigehen warf er einen kurzen Blick auf die toten Kameraden, ehe er wieder nach eventuellen Bedrohungen Ausschau hielt. Die Luft im Tal war drückend heiß, da die bewaldeten Hänge zu beiden Seiten des Weges den Wind abhielten. Der Schweiß lief ihm aus der Filzkappe unter dem Helm. Nach vielen Tagen ohne Regen waren die Büsche am Wegrand vertrocknet. Am Himmel war nicht die kleinste Wolke zu sehen, die Sonne brannte gnadenlos auf die marschierenden Männer herab. Zwei Milane kreisten vor dem strahlend blauen Hintergrund auf der Suche nach Beute über der Landschaft. Immer wieder blieben die Reiter stehen, provozierten die Römer mit ihren grausigen Trophäen und trabten weiter. Jedes Mal stieg eine ohnmächtige Wut in Bernardicus auf, doch er konnte nichts tun, um die toten Kameraden zu rächen.

Die Kolonne war fast zwei Meilen ins Tal vorgedrungen, als er einen weißen Schleier aufsteigen sah. Es dauerte nicht lange, bis quer über das Gelände verteilt noch mehr Rauchwolken aufstiegen. Nun konnte er auch die Gestalten erkennen, die das trockene Buschwerk mit Fackeln in Brand setzten. Bald sah man auch die orange-roten Flammen, aus denen der Rauch aufstieg. Das Feuer breitete sich rasch über die ganze Breite des Geländes aus und bildete einen Vorhang aus Feuer, der ihnen den Weg versperrte. Durch den Hitzeschleier konnte Bernardicus die Gestalten von Rebellen erkennen.

Etwa hundert Schritte vor der Feuerwand ließ er die Kolonne anhalten und das Marschgepäck ablegen.

»Herr! Schau!«

Als er sich umdrehte, sah er Timandrus zur Nachhut der Kolonne deuten. Über der Staubwolke, die die Stiefel der Soldaten, die Hufe der Maultiere und die Wagenräder aufwirbelten, stiegen dichte Rauchwolken aus Feuern auf, die sich hinter der Legion quer über das Tal ausbreiteten. Während die Römer beklommen in beide Richtungen schauten, dröhnte vielstimmiges Gebrüll aus dem Wald auf beiden Seiten des Weges. Bernardicus spürte, wie es ihm den Magen zusammenkrampfte, als er die Gestalten zwischen den Bäumen hervorkommen sah.

Hunderte, nein, Tausende Rebellen drängten auf das freie Gelände zu beiden Seiten der Neunten Legion, brüllten ihre Schlachtrufe und schwenkten Speere, Schwerter und Äxte. Mitten unter ihnen befanden sich ihre Druiden und spornten ihre Leute zum Vormarsch an.

»Erste Kohorte! Bildet ein Karree!«, rief Bernardicus so laut er konnte, um sich in dem Lärm Gehör zu verschaffen. Er winkte seinen Diener zu sich, nahm seinen Schild und gab ihm den Rebenholzstab mit. Ringsum nahmen die Männer der Kohorte eine Formation ein, die es ihnen leichter machte, sich zu verteidigen. Seine eigene Centurie war dem Feuer vor ihnen zugewandt, zwei andere nahmen ihre Positionen an den Flanken ein, die letzte sicherte nach hinten ab. Ihre großen, schweren Schilde bildeten eine einzige Wand, aus der nur die Spitzen ihrer Kurzschwerter vorragten. Die Speere hatten sie an die Männer in den hinteren Reihen weitergegeben, die sich bereit machten, sie über die Köpfe ihrer Kameraden hinweg auf die Angreifer zu werfen.

Die übrigen fünf Kohorten der Kolonne waren noch mit dem Manöver beschäftigt, als die Rebellen ihre Kriegshörner erklingen ließen. Die letzte römische Einheit formierte sich um den Tross, das berittene Kontingent und den Legaten mit seinen Stabsoffizieren. Bernardicus sah in der Ferne die vergoldete Adlerstandarte aufblitzen und die roten Banner der anderen Standarten in der Sonne leuchten.

Wieder erklangen die Hörner und die Römer bereiteten sich auf den feindlichen Ansturm vor. Es kam jedoch anders. Hunderte Männer näherten sich bis auf dreißig Meter, mit Fackeln, die sie in die vertrockneten Büsche warfen, bis die Römer ringsum von Feuer umgeben waren. Jetzt erst erkannte Bernardicus, dass die Rebellen die trockenen Sträucher vor dem Wald ausgerissen und an den Wegrändern ausgestreut hatten.

»Scheiße«, murmelte er und wandte sich mit einem gezwungenen Grinsen an seine Männer. »Macht euch bereit, Jungs! Die wollen uns einheizen – aber nicht mit uns!«

Der Feuerring, der sie umgab, war noch ein gutes Stück entfernt. Hinter den zuckenden Flammen standen die feindlichen Krieger und warteten. Das Feuer machte ihnen im Moment einen Angriff unmöglich, dachte Bernardicus, doch dann wurde ihm bewusst, was der Feind in Wahrheit vorhatte. Die Angreifer verließen sich darauf, dass das Feuer ihnen einen großen Teil der Arbeit abnahm; mit den Überlebenden würden sie dann leichtes Spiel haben. Und tatsächlich fraßen sich die Flammen knisternd und zischend durch das trockene Buschwerk. Bald würden sie der römischen Kolonne bedrohlich nahe kommen. Bernardicus sah nur einen Ausweg. Er schob das Schwert in die Scheide und wandte sich an seine Männer.

»Wir müssen das Feuer aufhalten. Schneidet so viele Büsche wie möglich ab und werft sie zum Feuer. Severus, schick die Männer los!«

Während der Optio den Befehl ausführte, schritt der Centurio die Kolonne ab, um die Anweisung an die anderen Einheiten weiterzugeben. Als er zur Fünften Kohorte kam, sah er Cerialis auf sich zureiten.

»Was in Jupiters Namen geht hier vor, Centurio? Warum verlassen die Männer die Formation? Sie sollen sich auf den Angriff vorbereiten.«

Bernardicus erklärte ihm die Situation und fügte eine Warnung hinzu. »Wir müssen das tun, Herr, sonst verbrennen wir bei lebendigem Leib.«

Der Legat schaute zu den Legionären, die sich beeilten, den Befehl des Centurios auszuführen, dann zuckte er zusammen und nickte. »Gut, macht weiter. Sobald wir das Feuer unter Kontrolle haben, werden wir diesen Barbaren zeigen, was es heißt, sich Rom zu widersetzen.«

Als der Centurio sich umdrehte, schlug ihm sengende Hitze von einer Stelle entgegen, wo das Feuer schon bedrohlich nahe gekommen war. Die Legionäre hatten ihre Schilde niedergelegt, schnitten mit ihren Schwertern trockene Sträucher ab und warfen sie ins Feuer. Dennoch schoben sich die Flammen immer näher heran. Die Hitze ließ die Männer auf einen schmalen Streifen entlang des Weges zurückweichen. Doch das Feuer war nicht die einzige Bedrohung. Die Stammeskrieger warfen nun Steine und Speere durch Flammen und Rauch hindurch und nahmen die Römer auch mit Pfeilen unter Beschuss. Da die Soldaten ihre Schilde abgelegt hatten, waren sie dem Beschuss schutzlos ausgeliefert. Die Getroffenen wurden zum Weg getragen, wo die Wundärzte und Pfleger sich um sie kümmerten. Die Maultiere schrien in ihrer Angst und rückten im dichten Rauch enger zusammen. Die Ordnung der Formation begann sich aufzulösen, als die Männer vor den Flammen zurückwichen.

Bernardicus wandte sich an Legat Cerialis. »Wir müssen durchbrechen, Herr. Wir können nicht warten, bis auch hier beim Weg alles in Flammen steht.«

Cerialis schaute zum Feuerring, der sich immer enger um sie schloss. »Da kommen wir nicht durch.«

»Wir müssen, Herr. Und das schnell, bevor es zu spät ist.«

»Wie sollen wir das machen?«

»Die Männer müssen mit ihren Umhängen versuchen, Schneisen durch die Flammen zu schlagen.«

»Selbst wenn es funktioniert, wartet auf der anderen Seite der Feind auf uns.«

»Ja, Herr. Trotzdem müssen wir uns entscheiden. Entweder wir bleiben hier und verbrennen oder wir brechen durch und stellen uns dem Kampf. Ich sterbe lieber mit dem Schwert in der Hand als hilflos in den Flammen.«

Der Legat erschauderte. »Dann haben wir wohl keine Wahl. Lass die Kohorte in Formation gehen und sag den Männern, wir kämpfen uns einen Weg aus der Falle. Wir gehen nach rechts«, fuhr er fort. »So haben wir es nur mit der Hälfte von ihnen zu tun. Die anderen werden eine Weile brauchen, bis sie erkennen, was wir vorhaben. Die müssen erst das Feuer umgehen, bevor sie in den Kampf eingreifen können.«

»Ja, Herr. Gute Idee«, bekräftigte der Centurio. »Die besten Aussichten haben wir, wenn wir es alle zugleich versuchen, Herr.«

»Ich lasse das Signal geben, sobald alle bereit sind.« Cerialis deutete zu den Signalbläsern mit den Bucinen, die hinter der Standarte bereitstanden. »Gib den Befehl, Centurio.«

Bernardicus eilte zurück zur Kolonne und gab die Anweisung an die Kommandanten der einzelnen Kohorten weiter. Mit schweißnassen Gesichtern nahmen die Männer ihre Positionen in der Formation ein, hoben ihre Schilde auf und warteten auf das Signal. Als Bernardicus bei seiner Centurie an der Spitze der Kolonne war und seinen Männern den Plan erläuterte, schaute der Optio zu den Flammen, die auf weniger als zehn Meter herangerückt waren, und schüttelte den Kopf. »Das schaffen wir nie.«

»Das wird sich zeigen«, entgegnete Bernardicus lakonisch. »Darüber können wir hinterher diskutieren. Macht euch bereit.«

»Ja, Herr.« Der Optio zwang sich zu einem Grinsen. »Dann bis später.«

Die Männer der Ersten Centurie richteten sich nach rechts aus und formierten sich zu je vier Mann. Eine Abteilung hielt die Umhänge bereit, während ihre Kameraden ihre Schilde trugen. Die Umhänge wurden rasch mit Wasser aus den Feldflaschen durchtränkt. Drei weitere Abteilungen standen mit ihren Speeren bereit, um den Feind auf der anderen Seite unter Beschuss zu nehmen, sobald es ihnen gelang, eine Schneise durch die Flammen zu schlagen, durch die die Centurie ausbrechen konnte. Bernardicus schaute zurück und sah, dass auch die anderen Centurien die nötigen Vorkehrungen trafen. Dahinter wartete der Legat mit seinen Stabsoffizieren.

»Gib den Befehl«, murmelte er. Die Flammen waren schon so nahe, dass er die Augen gegen die sengende Hitze zusammenkneifen musste. »Heiliger Jupiter, gib endlich den verdammten Befehl …«

Er sah, wie seine Männer sich immer dichter aneinanderdrängten und die Schilde hoben, um sich vor der Hitze zu schützen, die ihre Haut versengte. Er hob ebenfalls den Schild und duckte sich dahinter.

»Herr!«, rief eine Stimme. »Dein Helmbusch brennt.«

Der Geruch von verbranntem Rosshaar stieg ihm in die Nase. Rasch griff er nach seiner Feldflasche, zog den Pfropfen und goss den Rest des Wassers über seinen Helm. Dann übertönten die durchdringenden Klänge der Bucinen das wütende Brüllen und Knistern des Feuers. Bernardicus ließ die Feldflasche fallen und rief seinen Männern zu: »Feuertrupp vorwärts!«

Die Männer mit den nassen Umhängen bückten sich, um ihre Gesichter vor der Hitze zu schützen, als sie vorrückten und anfingen, auf die brennenden Büsche einzuschlagen. Dann warfen sie die Umhänge auf den Boden, um die Flammen zu ersticken. Wenig später waren die Römer nur noch durch eine dünne Flammenwand vom Feind getrennt.

»Speere bereit machen!«, rief Bernardicus. »Werfen!«

Die Legionäre schleuderten ihre Speere in flachem Bogen, und die Wurfgeschosse verschwanden im dichten Rauch. Augenblicke später ertönten Alarmrufe, als die Speere in die feindlichen Reihen einschlugen. Aus langer Erfahrung wusste der Centurio, wie wichtig es war, zuzuschlagen, solange der Feind sich noch nicht von der Wirkung des Speerangriffs erholt hatte. Er zog sein Schwert, forderte seine Männer auf, ihm zu folgen, und rannte zu den glimmenden Umhängen auf dem Boden. Hinter sich hörte er den Schlachtruf der Legion: »Hispania, vorwärts!«

Bernardicus stürmte durch den dünnen Flammenschleier, ignorierte die sengende Hitze und rannte durch die Rauchwolken, die auf der anderen Seite von der verbrannten Erde aufstiegen. Die ersten seiner Männer folgten ihm durchs Feuer, schwärmten nach beiden Seiten aus und griffen die nächststehenden Rebellen an. Der Feind war nicht zum Kampf formiert; die Rebellen hatten offenbar damit gerechnet, dass die Römer bei lebendigem Leib verbrennen würden. Umso überraschter waren sie, als die Soldaten aus der Flammenwand hervorbrachen, sie mit ihren schweren Schilden rammten und mit ihren kurzen Schwertern auf sie einstachen.

Zu seiner Rechten sah Bernardicus einen hochgewachsenen Krieger mit Helm und Rüstung, den er für einen der Anführer der Aufständischen hielt. Er ging auf den Mann los, der gerade noch Zeit hatte, den Schild zu heben, sodass die beiden Kämpfer mit lautem Krachen gegeneinanderprallten. Der Schwung des Römers ließ den Rebellen zurücktaumeln. Bernardicus nutzte seinen Vorteil und stieß dem Gegner das Schwert so tief in den Hals, dass die Spitze im Nacken austrat. Er zog die Klinge heraus, während der Rebell auf die Knie sank und ihm Blut aus dem Mund trat. Seine Soldaten taten es ihrem Centurio gleich und gingen auf die feindlichen Krieger los. Weiter rechts folgten die anderen römischen Einheiten ihrem Beispiel und fielen über den Feind her, um die Kampfmoral der Rebellen zu erschüttern.

Der Centurio wandte sich einem jüngeren Rebellenkrieger zu, groß und hager, noch kaum Bartwuchs am Kinn. Der Jüngling starrte ihn mit angstgeweiteten Augen an, der Speer zitterte in seinen Händen, als er dem römischen Offizier entgegentrat. Bernardicus schlug ihm mit der Breitseite seines Schwerts gegen den Schild und sah seinen Gegner zusammenzucken. Er täuschte einen Angriff vor und knurrte drohend, worauf der Junge eilig zurückwich und zwischen seinen Kameraden verschwand.

Die Kriegshörner des Feindes übertönten die römischen Bucinen, gefolgt von den Schlachtrufen der Icener und Trinovanten, die nun ihrerseits vorrückten und den verstreuten Gruppen von Legionären entgegentraten, die sich jenseits der Flammen zu formieren versuchten. Bernardicus blickte über die Schulter zurück und stellte fest, dass fast seine ganze Centurie das Feuer hinter sich gelassen hatte und sich gut gegen den Feind behauptete. Anderen Einheiten der Legion erging es weniger gut. Manche hatten es noch nicht einmal durch die Flammen geschafft. Anderen war dies zwar gelungen, sie wurden vom Feind jedoch wieder zur Feuerwand zurückgedrängt. Mit einem bleiernen Gefühl im Magen wurde dem Centurio klar, dass der Kampf so gut wie verloren war. Ihre Aussichten verdüsterten sich mit jeder Sekunde. Die einzige Hoffnung für ihn und seine Männer bestand darin, die feindlichen Linien zu durchbrechen und sich in den Wald zu flüchten.

»Keilformation bilden!«, rief er in den Lärm des Kampfgetümmels. »Erste Centurie zu mir!«

Seine Männer schlossen sich ihm in dichter Formation an, mit der Standarte der Centurie zwei Reihen hinter Bernardicus. Er wartete einen Augenblick, um sich zu vergewissern, dass auch der Letzte von ihnen das Feuer hinter sich gelassen hatte, dann gab er den Rhythmus vor, als der Keil aus sich überlappenden Schilden, aus denen nur die Schwertspitzen vorragten, in die feindlichen Reihen eindrang. Mit ihren Schilden bahnten die Legionäre sich einen Weg durch die dicht gestaffelten Massen und stießen auf jeden Krieger ein, der in Reichweite kam. Schwert- und Axthiebe prallten gegen die Schilde und hallten besonders laut, wenn sie auf den halbkreisförmigen Handschutz trafen.

Langsam und gleichmäßig schnitt sich die Keilformation durch die feindlichen Linien und ließ eine Spur von Toten und Verwundeten zurück. Auch einige Legionäre wurden verwundet; jene, die sich auf den Beinen halten konnten, ließen sich hinter die Standarte zurückfallen und bemühten sich, mit ihren Kameraden Schritt zu halten. Diejenigen, die dazu nicht mehr fähig waren, wurden von den Kameraden in der Mitte der Formation aus dem Getümmel getragen; diese mussten jedoch nach und nach vorrücken, um Lücken in der Formation auszufüllen, sodass die Verwundeten schließlich zurückblieben und dem Feind hilflos ausgeliefert waren.

Bernardicus führte seine Männer zu den Bäumen und sah einen schmalen Pfad, der durch den Wald zum Hügelkamm dahinter zu führen schien. Vielleicht bot sich hier eine Möglichkeit, dem Schicksal zu entgehen, das dem Rest der Legion drohte. Von allen Seiten ging der Feind auf die römische Keilformation los, die unbeirrt vorrückte. Nur eine Handvoll Rebellen stellten sich dem Centurio noch entgegen. Mit einem Schwerthieb räumte er einen Krieger aus dem Weg, einem zweiten durchtrennte er den Arm, ehe die anderen zurückwichen, sodass der Weg in den Wald frei war.

»Folgt mir, Jungs!«, rief er. »Bleibt auf dem Weg!«

Seine Lunge brannte vor Anstrengung, als er zwischen den Bäumen hindurch den Hang hochlief. Seine Männer folgten ihm; die Letzten sicherten nach hinten ab, als der Feind die Verfolgung aufnahm. Das Unterholz wurde dichter, sodass es den Rebellen kaum möglich war, von den Flanken anzugreifen oder den Römern den Rückzug abzuschneiden. Der Kampfeslärm aus dem Tal wurde zunehmend von den Bäumen geschluckt.

Eine halbe Meile weiter standen die Bäume nicht mehr so dicht, und Bernardicus konnte nicht weit entfernt die Hügelkuppe erkennen. Wenn sie es bis dorthin schafften, hatten sie den Vorteil der erhöhten Position und konnten sich eine Atempause gönnen, während er sich überlegte, wie sie weiter vorgehen würden.

»Pflanz die Standarte dort oben auf«, befahl er keuchend dem Standartenträger, trat beiseite und spornte die Männer an, die schwer atmend an ihm vorbeistolperten. Als ein paar Nachzügler heraufkamen, die unter dem Gewicht ihrer Rüstungen und Schilde ächzten, deutete er zur Standarte.

»Dort hinauf, Jungs. Da oben könnt ihr euch ausruhen.«

Er hörte die Kampfgeräusche näher kommen – das Klirren der Schwerter und das dumpfe Krachen, mit dem Waffen gegen Schilde prallten. Er eilte den Weg hinunter und traf hinter einer Biegung auf Optio Severus, der die Nachhut anführte. Der Feind war ihnen dicht auf den Fersen. Die sechs Legionäre blockierten den Weg mit ihren breiten Schilden und stachen auf jeden ein, der so leichtsinnig war, in ihre Reichweite zu kommen.

»Gut gemacht, Severus«, lobte Bernardicus seinen Optio.

»Ganz schön schweißtreibend, Herr.«

»Ich habe den Rest der Centurie auf den Hügel geführt. Haltet die Kerle noch eine Weile auf, dann lasst ihr euch zur Standarte zurückfallen. Ich schicke euch zur Verstärkung zwei Abteilungen zu der Stelle, wo der Weg aus dem Wald hinausführt. Alles klar?«

»Ja, Herr.«

»Gut.« Bernardicus klopfte ihm auf die Schulter und eilte den Hügel hinauf. Kurz vor der Baumgrenze sah er einen Nachzügler, der nicht mehr weiterkonnte. Ein junger Mann, der erst seit Kurzem bei der Neunten Legion war. Vornübergebeugt kniete er auf dem Boden und rang nach Luft. Schwert und Schild lagen neben ihm.

»Los, auf mit dir, Junge!«, spornte Bernardicus ihn lächelnd an. »Diese Barbaren sollen nicht denken, dass wir es nicht bis hinauf schaffen.«

»Ich bin so … kaputt, Herr. Ich kann nicht mehr …«

»Ausruhen kannst du später.« Er bückte sich, half dem Legionär auf die Beine und hob seinen Schild auf. »Den wirst du noch brauchen, glaub mir.«

Mit sanftem Nachdruck half er dem Jüngling, sich in Bewegung zu setzen, und stieg mit ihm bis zur Hügelkuppe hoch, wo die anderen sich um die Standarte versammelt hatten.

Bernardicus holte tief Atem, um sicherzugehen, dass alle ihn hörten. »Die ersten zwei Abteilungen kommen mit mir! Die anderen halten sich bereit, bis der Feind aus dem Wald kommt.«

Die Männer erhoben sich mühsam. In der Ferne sah Bernardicus, dass ein großer Teil der Kolonne und des Trosses immer noch von den Flammen eingeschlossen war. Ein Maultiergespann brach aus dem Feuer aus. Die feindlichen Krieger wichen erschrocken zur Seite, um nicht von den panischen Tieren mit ihren brennenden Mähnen niedergetrampelt oder von den schweren Wagenrädern überrollt zu werden. Hinter der Feuerwand drängten sich die Legionäre in kleinen Gruppen zusammen und versuchten, sich mit ihren Schilden gegen die Flammen abzuschirmen, bis auch diese Feuer fingen. Andere versuchten im letzten Moment auszubrechen und wurden von den Kriegern niedergemacht, die sie bereits erwartet hatten.

Am Ende der Kolonne brachen mehrere von Maultieren gezogene Wagen durch die feindlichen Reihen hindurch. Hinter ihnen folgte eine Gruppe von Reitern in wildem Galopp. Bernardicus lächelte bitter, als ihm klar wurde, dass Cerialis, sein Stab und die übrigen Berittenen den eigenen Arsch retteten, während die Fußsoldaten bei lebendigem Leib verbrannten oder vom Feind niedergemetzelt wurden. Einige Reiter wurden von den Pferden gezogen, als sie versuchten, sich einen Weg durch die feindlichen Horden zu bahnen. Die Übrigen entkamen und preschten in Richtung der Festung von Lindum davon. Der Legat würde mit dem Leben davonkommen. Bernardicus konnte nur hoffen, dass der Mann wenigstens seinen guten Ruf verlieren würde, so wie Tausende gute Männer ihr Leben verloren, weil er sie in eine Falle geführt hatte.

Er wandte sich an die beiden Abteilungen, mit denen er versuchen würde, den Rückzug des Optios zu decken. »Auf geht’s, Jungs!«

Sie waren keine zehn Schritte den Hügel hinuntermarschiert, als Severus und zwei seiner Männer zwischen den Bäumen hervorkamen und den Hang hochliefen. Der Letzte der drei stolperte und stürzte. Im nächsten Augenblick schlug ein Krieger mit seiner Axt auf ihn ein. Der zweite Hieb zertrümmerte ihm den behelmten Schädel. Mehrere Rebellen blieben stehen, um auf den Toten einzuhacken oder ihn mit Speeren zu durchbohren, bevor sie die Verfolgung fortsetzten. Ihr Blutdurst half Severus und dem letzten Überlebenden der Nachhut, sich zwischen ihren Kameraden in Sicherheit zu bringen, die ihnen eine schmale Gasse zwischen ihren Schilden eröffneten, ehe sie den Schildwall wieder schlossen. Bernardicus und seine Männer waren ausgeruht genug, um sich die Rebellen ohne große Mühe vom Leib zu halten. Sie machten mehrere Verfolger nieder, ehe der Centurio den Befehl zum Rückzug gab.

Immer mehr Rebellen strömten aus dem Wald hervor und schwärmten zu beiden Seiten des Weges aus, um die Römer auf der Hügelkuppe einzukreisen. Bernardicus überlegte kurz, ob er mit seinen Männern versuchen sollte, die feindlichen Linien zu durchbrechen, doch er musste einsehen, dass es kein Entkommen gab. Es war besser, mit dem Schwert in der Hand zu sterben, als auf der Flucht niedergemetzelt zu werden.

Der Centurio spuckte aus und rief: »Formiert euch um die Standarte!«

Er schätzte, dass nur noch vierzig bis fünfzig Soldaten übrig waren. Sie waren von mindestens tausend Rebellen umzingelt und immer mehr strömten nach. Ein Stammeshäuptling ritt zwischen den Bäumen hervor und brachte sein Pferd außerhalb der Reichweite der römischen Speere zum Stehen. Er rief seinen Gefolgsleuten einen Befehl zu, worauf diejenigen, die den Legionären am nächsten waren, sich zurückfallen ließen und der kleinen Gruppe von Soldaten, die die Hügelkuppe verteidigten, Schmähungen und Beleidigungen zuriefen.

Bernardicus beobachtete das Geschehen schweigend. Er war mit sich im Reinen, als er die Masse der feindlichen Krieger überblickte, von denen sie umringt waren. Dies war der Augenblick, mit dem ein Soldat jederzeit rechnen musste. Im Laufe eines langen Armeedienstes fragte man sich oft, wie das Ende sein würde. Ob einem die Gnade eines schnellen Todes vergönnt war, ob man langsam unter Qualen an einer tödlichen Wunde zugrunde gehen würde oder ob man, so wie in diesem Fall, in einen Kampf ging und wusste, dass es der letzte war. Er selbst hatte mehr Glück gehabt als viele andere, mit denen er in den Legionen gedient hatte. Er hatte erbitterte Schlachten überlebt, in denen andere gefallen waren, war befördert und ausgezeichnet worden, hatte seinen Anteil an der Kriegsbeute bekommen und ein bescheidenes Anwesen in Gallien erworben, auf dem seine Frau seine Söhne großzog. Er dachte mit einem warmen Gefühl an seine Familie; gern hätte er noch ein letztes Mal das Fest der Saturnalien mit seinen Lieben gefeiert.

»Na ja«, murmelte er, »die Götter entscheiden, wie sie wollen.«

Langsam ließ der Anführer der Rebellen sein Pferd den Hügel hinauftraben, von einem seiner Männer begleitet. Etwa dreißig Schritte vor ihnen blieben sie stehen. Der Häuptling zeigte mit dem Finger auf den Centurio und sprach laut und deutlich in seiner eigenen Sprache. Dann hielt er inne, worauf sein Begleiter sich räusperte und seine Worte ins Lateinische übersetzte.

»Mein Herr Syphodubnus fordert euch auf, euch zu ergeben, dann wird er euch das Leben schenken! Legt die Waffen nieder und liefert euch seiner Gnade aus, dann werdet ihr verschont.«

»Das glaub ich dir sofort!«, stieß ein Legionär sarkastisch hervor.

Bernardicus wollte den Mann zurechtweisen, überlegte es sich aber anders. »Optio«, sagte er, »schreib den Namen des Mannes auf. Einen Monat Latrinendienst.«

Die Männer lachten, wie er es gehofft hatte.

»Römer! Was sagt ihr zu dem Angebot?«

Bernardicus stützte sich auf seinen Schild und wandte sich an seine Männer. »Er will, dass wir uns freiwillig zu Sklaven machen lassen. Ich persönlich sage, er soll sich sein Angebot sonst wohin stecken. Was meint ihr?«

Im nächsten Augenblick war die Luft von verächtlichem Gelächter erfüllt. Die Stammeskrieger verstummten, als sie hörten, wie die Römer auf das Angebot ihres Anführers reagierten. Sichtlich überrascht ergriff Syphodubnus erneut das Wort und hielt wieder inne, um die Botschaft von seinem Krieger übersetzen zu lassen.

»Mein Herr bietet euch eine letzte Chance. Ergebt euch oder sterbt. Wie ist eure Antwort?«

Bernardicus überlegte einen Augenblick, um die Worte zu finden, die seine Gefühle am besten ausdrückten – die Entschlossenheit, sich dem Feind nicht zu beugen, den Zorn auf den Legaten, die Trauer darüber, dass er seine Familie nicht wiedersehen konnte, und die Verbundenheit mit diesen tapferen Männern, die mit ihm sterben würden.

Er grinste und brüllte seine Antwort hinaus. »Geh zum Hades!«

Der Häuptling sah seinen Übersetzer stirnrunzelnd an und sie wechselten ein paar Worte. Dann zuckte er die Achseln, blickte zu Bernardicus und salutierte fast traurig, ehe er sein Pferd wendete und den Hang hinuntertrabte. Das Lächeln des Centurios schwand, als er sich an seine Männer wandte.

»Macht so viele wie möglich von diesen Bastarden nieder. Ihre Überlebenden sollen die Männer der Ersten Centurie der Neunten Legion nie vergessen!«

Die Legionäre brachen in lautes Jubelgeschrei aus und schwenkten ihre kurzen Schwerter, während der Mann in der Mitte die Standarte hochreckte.

Ein Kriegshorn erklang und die Rebellen stürmten mit wütendem Gebrüll den Hügel herauf.

»Schilde hoch!«, rief Bernardicus. »Schließt die Reihen!«

Die Legionäre hoben ihre breiten Schilde und pflanzten die Stiefel fest auf den Boden, um dem Ansturm standzuhalten. Sie hoben ihre Schwerter in die Waagrechte, zogen die Ellbogen zurück und spannten ihre Muskeln an. Der Centurio schickte ein kurzes Gebet zum Kriegsgott Mars, dass es ihm vergönnt sein möge, in Ehren und ohne allzu große Schmerzen zu sterben. Dann biss er die Zähne zusammen und erwartete den Feind.

Die Rebellen griffen wild und ungeordnet an, wie keltische Krieger es zu tun pflegten. Mit funkelnden Augen, die Haare mit Kalk zu einer Stachelfrisur geformt, viele mit verschlungenen Tätowierungen auf Brust und Armen. Sie trugen die Schilde und Speere, die sie jahrelang vor ihren römischen Herren versteckt hatten. Blitzschnell legten sie die letzten Schritte zurück, dann stürmten sie gegen den römischen Schildwall an und hieben mit ihren Klingen auf die mit Leder überzogenen Schilde ein.

Bernardicus ließ seinen Körper unter dem Aufprall zurückschwingen, dann konterte er und schlug den schwertschwingenden Rebellen vor sich mit seinem Schild zurück. Er hörte den Mann aufstöhnen und stieß mit dem Schwert zu, auf den Oberkörper seines Gegners zielend. Der Widerstand, den er im Arm spürte, sagte ihm, dass er ihn getroffen hatte. Er drehte die Klinge in der Wunde und zog den Arm zurück, um erneut zuzuschlagen. Von allen Seiten hörte er Waffengeklirr und das Grunzen und Stöhnen der Kämpfenden.

Der erste Römer fiel, als ein Rebell ihm den Schild entriss und ein anderer ihm mit dem Speer den Oberschenkel durchbohrte. Der Legionär taumelte einen Moment lang, während das Blut aus der zerrissenen Arterie hervorschoss, dann gaben seine Knie unter ihm nach, und er sank vornüber zu Boden.

»Schließt die Reihe!«, rief Bernardicus, und die kleine Formation rückte näher zusammen, während der Kampf weitertobte.

Ein Legionär nach dem anderen fiel, die Verwundeten wurden in die Mitte der Formation gezogen und saßen oder lagen beim Standartenträger, der seine Kameraden anfeuerte: »Für Rom! Für den Kaiser!«

Bernardicus wusste, dass dieses Scharmützel vergessen sein würde, kaum dass es zu Ende war. Man würde ihn und seine Männer kurz betrauern, aber niemand würde mehr von ihrem letzten Gefecht erzählen. Er kämpfte nicht mehr für Rom oder für den Kaiser. Er kämpfte für seine Männer und weil er dafür ausgebildet war, bis zum letzten Atemzug durchzuhalten.

Die feindlichen Krieger verstärkten ihren Ansturm und durchbrachen den römischen Schildwall. Dann war der Feind mitten unter ihnen, während die Legionäre noch versuchten, die Reihen zu schließen. Doch es war zu spät. Die Formation löste sich in eine Vielzahl von Einzelgefechten auf, während der Feind seine Übermacht ausspielte. Bernardicus sah den Standartenträger taumeln, als ein Krieger ihm die Axt in den Rücken hieb. Als ihm die Standarte aus den Händen glitt, sprang der Centurio hinzu, ließ den Schild fallen und fing den hölzernen Schaft auf. Während er mit dem Schwert auf die anrückenden Rebellen einschlug, hielt er mit der anderen Hand die Standarte hoch.

Ein Römer nach dem anderen fiel den wilden Axt- und Schwerthieben der Icener zum Opfer und blieb im blutigen Gras liegen, und auch Bernardicus war bald von mehreren Angreifern umzingelt. Er vermochte noch zwei Angriffe abzuwehren, ehe eine Klinge sich tief in das Handgelenk seines Schwertarms schnitt und es fast völlig durchtrennte. Seine Waffe fiel zu Boden, die Krieger setzten nach und hackten und stießen auf ihn ein. Er spürte die Hiebe, spürte sein warmes Blut aus den Wunden strömen, als er auf die Knie niedersank. Immer noch hielt er die Standarte fest in der linken Hand, auch als ein Angreifer sie ihm zu entreißen versuchte. Dann schwanden seine Kräfte, er kippte zur Seite und blieb auf dem Rücken liegen. Als die Welt um ihn herum sich zu verdunkeln begann, musste er mit blutendem Herzen zusehen, wie ein feindlicher Krieger seine Trophäe zum blauen Himmel emporreckte, während seine Kameraden in Triumphgeheul ausbrachen.

KAPITEL 2

In der Meerenge der Insel Mona

Die Abenddämmerung senkte sich über die Berge im Osten, während in der anderen Richtung die Sonne über den sanften Hügeln von Mona unterging und die vereinzelten Wolken in ein warmes rotes Licht tauchte. Die letzte Schwadron des berittenen Kontingents von Präfekt Catos Kohorte verließ Mona auf den Schiffen, mit deren Hilfe sie die Insel zuvor eingenommen hatten. Die Achte Illyrische Kohorte war eine der aus Kavallerie und Infanterie bestehenden Hilfseinheiten, auf die sich die römische Armee überall im Reich stützte.

Cato verfolgte den Sonnenuntergang auf einem kleinen Hügel, von dem man nicht nur die Meerenge, sondern auch das befestigte Lager überblickte, in dem die Männer der Kohorte die Pferde fütterten und striegelten, ehe sie sich selbst zum Abendessen setzten. Statthalter Suetonius hatte Männer aus verschiedenen berittenen Einheiten zusammengezogen, um mit einer Kolonne nach Londinium zu gelangen, bevor Boudica mit ihrer Rebellenhorde die Stadt erreichte. Cato hatte seine Infanterie bei der Hauptarmee zurücklassen müssen, während er mit dem berittenen Kontingent der Kohorte in der Kolonne des Statthalters vorausritt. In der Ferne konnte er die Zelte des Hauptquartiers erkennen, wo Suetonius vor nicht einmal einem Monat den Angriff auf die Verteidigungsanlagen des Feindes geplant hatte. Er konnte sich die angespannte Atmosphäre im Hauptquartier vorstellen; ebenso, was er und die anderen hochrangigen Offiziere später bei der Besprechung zu hören bekommen würden.

Er hatte diesen kurzen Moment der Ruhe genutzt, um einen Platz aufzusuchen, wo er ungestört war. In den letzten Monaten hatte er kaum einmal Zeit zum Nachdenken gefunden, seit er den Befehl erhalten hatte, mit seinen Männern an dem Feldzug des Statthalters gegen die Bergstämme und die mit ihnen verbündeten Druiden teilzunehmen. Der Feind hatte sich mit dem Mut der Verzweiflung zur Wehr gesetzt und war nahe daran gewesen, die römischen Angreifer zu besiegen. Die Stammeskrieger hatten bis zum letzten Atemzug gekämpft, um die heiligen Haine der Druiden zu verteidigen, die schon länger bestanden, als die überlieferte Geschichte dieser Völker zurückreichte. Nun waren diese Haine zerstört, die heiligen Eichen gefällt und verbrannt und die Druiden und ihre Gefolgsleute tot. Die meisten Krieger der Bergstämme waren getötet worden; nur einer kleinen Gruppe war es gelungen, von der Insel auf das Festland zu fliehen. Die Römer hatten ein paar Hundert Krieger gefangen genommen, um sie als Sklaven zu verkaufen, was jedoch keine großen Gewinne abzuwerfen versprach. Da auch die Beute aus den Siedlungen mager ausgefallen war, würde Kaiser Nero nicht allzu erfreut sein, wenn ihn die Nachricht vom Sieg seiner Soldaten erreichte.

Cato seufzte, als er sich vorstellte, wie der Kaiser erst reagieren würde, wenn er von dem Aufstand der keltischen Stämme unter Boudica erfuhr. Ganz Rom würde schockiert sein über die Zerstörung der Veteranenkolonie von Camulodunum. Diese Nachricht würde auch den Sieg über die Bergstämme und die Druiden überschatten. Es würde keine Siegesfeiern geben; auch Statthalter Suetonius würde nicht als Held gefeiert, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit als Hauptschuldiger an den Unruhen in Britannien hingestellt werden.

Cato war sich der politischen Stimmung in Rom bewusst. Nicht wenige Senatoren, darunter auch einflussreiche Berater des Kaisers, sprachen sich dafür aus, die römischen Streitkräfte aus Britannien abzuziehen. Es gab tatsächlich Argumente, die für einen Abzug der Legionen sprachen – sie beruhten auf den hohen Kosten, die die Verwaltung der Insel verursachte, und den vergleichsweise niedrigen Erträgen, die Rom dafür verbuchen konnte. Andererseits würde die Aufgabe Britanniens für das Römische Reich einen enormen Prestigeverlust bedeuten. Man hatte sich einst dazu entschlossen, die Insel einzunehmen, um den Einfluss der Druiden auf die keltischen Stämme zu brechen. Wenn man die Legionen abzog, bevor die römische Herrschaft auf der ganzen Insel gefestigt war, würden die Feinde des Reichs das als Zeichen der Schwäche betrachten. Zudem wäre es eine Verhöhnung der vielen tapferen Soldaten, die für die Eroberung der Insel ihr Leben geopfert hatten, darunter auch die Veteranen, die in Camulodunum umgekommen waren.

Seine Stimmung trübte sich noch mehr, als seine Gedanken zur Veteranenkolonie schweiften, wie so oft, seit die erschütternde Nachricht am Tag zuvor nach Mona gelangt war. Seine Familie und seine Freunde – die Menschen, die ihm von allen am nächsten standen – hatten sich in Camulodunum aufgehalten, als er hatte aufbrechen müssen, um an diesem Feldzug teilzunehmen. Er war immens erleichtert gewesen, als er erfahren hatte, dass die Frauen und Kinder nach Londinium geschickt worden waren. Sein bester Freund, Centurio Macro, war jedoch geblieben, um als oberster Magistrat die Verteidigung der Kolonie zu organisieren. Cato musste davon ausgehen, dass er ebenso wie die anderen Veteranen gefallen war, als die Rebellen die Stadt eingenommen hatten.

Macro, der ihm so viel beigebracht hatte, als Cato einst als achtzehnjähriger Grünschnabel zur Zweiten Legion gekommen war. Macro, der in so vielen Feldzügen an seiner Seite gestanden hatte. Der so stolz gewesen war, als Cato mehrmals befördert wurde und schließlich einen höheren Rang innehatte als sein älterer Mentor, und der mit dieser Statusänderung so feinfühlig umging, wie man es dem nach außen hin so harten und brummigen Mann nicht zugetraut hätte. Macro, der mit ihm auf die Geburt von Catos Sohn Lucius angestoßen hatte und der Cato als Ehrengast zu seiner Hochzeit geladen hatte, als er seine geliebte Petronella heiratete. Macro war ihm seit vielen Jahren zugleich Freund, Vaterfigur und Waffenbruder – umso undenkbarer war es, dass er ihn nie wiedersehen würde. Es schmerzte so sehr, dass er sich manchmal in die Hoffnung flüchtete, Macro könnte irgendwie überlebt haben. Sein Verstand sagte jedoch etwas anderes. Bestimmt war sein Freund mit dem Schwert in der Hand gestorben, wie es seinem Charakter entsprach. Nie hätte er daran gedacht, zu fliehen oder sich zu ergeben.

»Macro ist tot«, murmelte Cato zu sich selbst. Als in seinem Herzen der Drang aufkeimte, es zu leugnen, wiederholte er es in bitterem Ton: »Er ist tot …«

Er musste es akzeptieren und aus seinem Schmerz die Entschlossenheit erwachsen lassen, seinen Freund zu rächen und die Rebellen aufzuhalten, bevor sie Londinium erreichten. Was Claudia, seine Geliebte, und seinen Sohn Lucius betraf, so hoffte er, dass sie Londinium verlassen, ein Schiff nach Gallien nehmen und dortbleiben würden, bis der Aufstand niedergeschlagen war. Er lächelte grimmig und korrigierte seinen Gedanken; es war keineswegs sicher, dass Rom die Aufständischen besiegen würde. So wie die Streitkräfte im Moment auf der Insel verteilt waren, konnte Boudica mit ihren Anhängern fast ungehindert über einige der reichsten Gebiete der Provinz herfallen. Die Rebellen konnten die römischen Einrichtungen in Britannien in einem Ausmaß zerstören, das einen Wiederaufbau unmöglich machte. Wenn sie schnell und entschlossen vorgingen, konnten sie die einzelnen Teile der römischen Streitkräfte vernichten, bevor der Statthalter sie zu einer schlagkräftigen Armee formieren konnte. Wie man es drehte und wendete, die Lage war düster.

Die Klänge einer Bucina, die den Wachwechsel ankündigten, rissen ihn aus seinen Gedanken. Die letzten Schiffe hatten am Ufer angelegt, und die Hilfssoldaten gingen mit ihren Pferden und ihrer Ausrüstung an Land und führten die Tiere zum Lager. Cato richtete sich steifbeinig auf und schritt den Hügel hinunter, direkt auf das nächstgelegene Tor zu. Er wechselte einen militärischen Gruß mit dem Wachposten, ehe er den Steg über den Verteidigungsgraben überquerte. Das befestigte Lager war für zwei Legionen errichtet worden, sodass genügend Platz für die berittenen Einheiten war. Die Luft war von einem säuerlichen Geruch nach Pferdeschweiß und Dung erfüllt.

Er ging zu seinem Zelt und nahm Helm, Umhang und Kettenhemd ab. Die Hitze des Tages war auch jetzt, am Abend, noch nicht abgeklungen; es würde noch ein paar Stunden dauern, bis die Luft sich auf ein erträgliches Maß abgekühlt hatte. Seine dunklen Locken klebten an der Kopfhaut. Er tauchte die Hände in die Wasserschüssel, die sein Bursche für ihn vorbereitet hatte, und wusch sich Gesicht, Haare und Hals. Er genoss das kühle Wasser, das ihm vom Gesicht unter die Tunika lief. Schließlich trocknete er seine Stirn mit einem Tuch, das der Diener ihm reichte, und wies ihn an, ein Mahl für ihn zuzubereiten, während er an der Besprechung teilnahm.

»Gebratenes Schweinefleisch oder Hammelbraten«, entschied Cato. »Nimm das Geld dafür aus meinem Beutel. Aber lass dich nicht übers Ohr hauen.«

Er hatte die Sparsamkeit aus der Zeit, bevor er zu Wohlstand gelangt war, nicht abgelegt, was seinen Burschen anfangs ziemlich amüsiert hatte. Der Mann hatte zuvor mehreren aristokratischen Offizieren gedient, ehe er zu Catos Kohorte versetzt worden war.

»Ja, Herr. Ich werde sehen, was ich tun kann. Obwohl ich sagen muss, dass die Diener der anderen Offiziere bestimmt noch mehr Auswahl hatten.«

»Du hast mich bis jetzt nie enttäuscht, Trebonius«, entgegnete Cato halb lobend, halb mahnend. Nachdem er sich erfrischt hatte, machte er sich auf den Weg zu den großen Zelten, die Statthalter Suetonius und seinem Stab als Hauptquartier dienten.

Als er an den Zeltreihen vorbeiging, vor denen die Soldaten ihre Kochfeuer entzündet hatten, lag eine spürbare Anspannung in der Luft, ganz im Gegensatz zu der guten Stimmung, die normalerweise im Lager herrschte, wenn die Männer die Strapazen eines langen Tagesmarschs hinter sich gebracht hatten. Es wurden keine Lieder gesungen, keine scherzhaften Bemerkungen ausgetauscht. Alle standen noch unter dem Eindruck des Desasters von Camulodunum und der Gefahr, die dem unzureichend geschützten Süden und Osten der Provinz drohte. Viele von ihnen hatten Angehörige in den Siedlungen, die in der Nähe der Garnisonsfestungen entstanden waren und die nun von den Aufständischen bedroht wurden. Manche hatten, so wie Cato, Freunde in der Veteranenkolonie gehabt und litten darunter, dass sie ihnen nicht hatten helfen können – wie sie auch ihren Angehörigen und Freunden in anderen Teilen der Provinz nicht beistehen konnten. Die gleichen Sorgen und Ängste herrschten im Lager der Hauptarmee, die der berittenen Kolonne nachfolgte – mit dem Unterschied, dass die Fußsoldaten viel länger brauchen würden, um den weiten Weg durch die Berge und die halbe Provinz bis nach Londinium zurückzulegen. Bis dahin würde die Stadt mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits vom Feind eingenommen oder geplündert worden sein.

Der Statthalter hatte die Zeltklappen aufrollen lassen, um den leichten Wind hereinzulassen, der durchs Lager wehte und den süßen Duft von Heidekraut hereintrug. Die meisten Offiziere waren bereits anwesend, und Cato setzte sich ans Ende einer Bank und wartete auf den Beginn der Lagebesprechung. Draußen sprach Suetonius mit zwei Tribunen. Nach einer Weile fassten sie einander an den Unterarmen, dann stiegen die beiden Offiziere auf ihre Pferde und ritten zum Tor, um zu dem Weg zu gelangen, der der Küste folgte.

Als der Statthalter ins Zelt trat, erhoben sich die Offiziere und nahmen Haltung an. Es würde noch einige Stunden hell sein, sodass sie keine Lampen benötigten.

Suetonius schaute in die Runde und nickte. »Setzt euch.« Er wartete, bis Cato und die anderen ihre Plätze auf den Bänken eingenommen hatten. »Bald werden die letzten Einheiten der Kolonne das Festland erreichen. Das berittene Kontingent wird gleich morgen früh aufbrechen und ein scharfes Tempo anschlagen. Ich habe Männer vorausgeschickt, die dafür sorgen werden, dass in Deva und den größeren Festungen auf dem Weg frische Pferde für uns bereitstehen. Mit etwas Glück können wir in sechs Tagen in Londinium sein. Der Rest der Armee unter Legat Calpurnius wird morgen Abend hier eintreffen und uns nachfolgen. Ich habe klargemacht, dass ich vollständige Einheiten haben will. Sie sollen ihr Marschtempo so wählen, dass alle mitkommen und es keine Nachzügler gibt. Wir werden jeden Mann brauchen, wenn es zur Schlacht kommt. Wenn sie zwanzig bis fünfundzwanzig Meilen am Tag schaffen, sollte die Infanterie in zwölf bis vierzehn Tagen in Londinium sein. Vorausgesetzt es gibt keine Zusammenstöße mit den Rebellen oder den Bergstämmen, die noch genügend Krieger haben.«

Er rieb sich das linke Auge und blinzelte müde. »Es ist gut möglich, dass Boudica vor uns in Londinium sein wird. Ich habe einen Tribun mit entsprechenden Befehlen zu Prokurator Decianus Catus geschickt. Er soll die Stadt evakuieren, sobald feindliche Kundschafter gesichtet werden. Ein anderer Tribun ist unterwegs zur Zweiten Legion in Isca Dumnoniorum, um dafür zu sorgen, dass sie ebenfalls nach Londinium marschiert. Obwohl ich hoffe, dass der dortige Kommandant schon von sich aus den Marschbefehl gegeben hat. Falls die Stadt bei ihrer Ankunft schon dem Feind in die Hände gefallen ist, werden sie sich nach Norden wenden und sich der Hauptkolonne anschließen, die von Mona südwärts marschiert. Ich habe auch eine Botschaft nach Lindum geschickt, damit Cerialis die Neunte Legion nach Londinium führt und sich ebenfalls zu uns zurückfallen lässt, falls der Feind uns zuvorgekommen ist. Mit diesen Legionen und unseren Hilfskohorten haben wir genügend Männer, um uns auf eine Schlacht einzulassen.«

»Das sollte mehr als genug sein, um einen Aufstand der Stämme niederzuschlagen, Herr«, meinte ein Präfekt der Kavallerie. »Schließlich haben wir es nur mit den Icenern und einem Teil der Trinovanten zu tun. Das können höchstens ein paar Tausend Mann sein, mit Jagdwaffen und irgendwelchem Werkzeug ausgerüstet.«

»Wenn es so wäre, hätten die Veteranen in Camulodunum sich viel länger behaupten können. Die Wahrheit ist, dass wir … dass ich die Icener unterschätzt habe. Sowohl was die Zahl der kampffähigen Männer als auch die Menge der Waffen betrifft, die sie insgeheim gehortet haben. Ich habe heute Nachmittag eine Nachricht von Decianus erhalten. Ein Händler hat das Lager des Feindes vor den Ruinen von Camulodunum gesehen. Er war früher Kundschafter in der Armee und weiß, wovon er redet. Er schätzt die feindliche Armee auf nicht weniger als achtzigtausend Mann.«

Seine Zuhörer rutschten unruhig auf ihren Plätzen hin und her, ehe der Statthalter fortfuhr. »Wie viele davon erfahrene Krieger sind, weiß ich nicht. Aber jetzt, da sie die Veteranen in der Kolonie besiegt haben, werden sich noch mehr Stammesleute Boudicas Aufstand anschließen. Es gibt wahrscheinlich auch in den anderen Stämmen nicht wenige Krieger, die nur darauf gewartet haben, zu den Waffen zu greifen.«

Cato sah, dass einige Offiziere schockiert waren angesichts der massiven Bedrohung, die die Rebellen für die römischen Streitkräfte darstellten. Seit den Zeiten des Caratacus hatte Rom es nicht mehr mit einer so starken Armee von Stammeskriegern zu tun gehabt. Das Schicksal der Provinz stand auf Messers Schneide, das war jedem Anwesenden bewusst. Einen Moment lang tat Suetonius ihm fast leid, dem es nun nicht vergönnt war, sich über den errungenen Sieg über die Bergstämme und die Druiden zu freuen, den seine Vorgänger vergeblich angestrebt hatten. Stattdessen stand er nun als der Mann da, der die drohende Gefahr nicht erkannt und sich auf einen Feldzug eingelassen hatte, der weite Teile des Landes schutzlos zurückließ. Selbst wenn es ihm gelingen sollte, Boudica zu besiegen, würde man ihn immer noch für die Verwüstungen und die vielen Toten verantwortlich machen, die es bereits zu beklagen gab. Falls er jedoch scheiterte, würde sein Name für immer mit der Schmach einer bitteren Niederlage verbunden sein. Auch wenn er die Konsequenzen selbst nicht mehr erleben würde. Ebenso wie Cato und die anderen Offiziere, die hier versammelt waren und über ihre verzweifelte Situation berieten. Das gleiche Schicksal würde die vielen Legionäre und Hilfssoldaten ereilen, die unter Suetonius dienten, aber auch Zehntausende römische Bürger, die sich in Britannien angesiedelt hatten. Nicht besser würde es jenen Stammesleuten ergehen, die sich mit Rom verbündet hatten und deshalb mit besonderer Grausamkeit vonseiten der Rebellen rechnen mussten. Sie alle waren bedroht und das Blutvergießen hatte erst begonnen.