Kämpfe für die gnadenlose Dominanz | Erotischer SM-Roman - Svenja Mund - E-Book

Kämpfe für die gnadenlose Dominanz | Erotischer SM-Roman E-Book

Svenja Mund

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 192 Taschenbuchseiten ... Petra ist Fotografin, ihr Lieblingsthema der menschliche Körper. Keine simple Aktfotografie, nein - erotische, feuchte Akte. Ihre Ausstellungen provozieren. Ihr jüngstes Projekt führt sie in den heißen Süden Italiens, wo sie auf antike Darstellungen von unbekleideten Helden und Olympioniken im Kampf um Sieg und Ehre trifft. Nackte, gnadenlos gegeneinander kämpfende Männer und Frauen, heroische Posen der Sieger und tiefe Demut der Verlierer, die sich im Staub wälzen. Fasziniert taucht sie ein in diese ihr unbekannte erotische Welt: Lust und Kampf, Sieg und Niederlage, Triumph und absolute Unterwerfung. Immer mehr verliert sie sich in diesem Rausch. Sie will es spüren, das erhebende Gefühl der Siegerin, genauso wie die Demut der Verliererin, die sich nackt und schutzlos hingibt. Ein Vabanquespiel: Wird es sie vernichten oder als Amazone mit stolzen Brüsten daraus hervortreten lassen? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Impressum:

Kämpfe für die gnadenlose Dominanz | Erotischer SM-Roman

von Svenja Mund

 

Ich wurde in einem kleinen Dorf in der Nähe von Köln geboren, wo ich auch die Zwergschule besucht habe, die es damals dort noch gab. Ich weiß nicht, ob es meinem Intellekt geschadet hat; jedenfalls konnte ich trotzdem studieren – Biologie und Landwirtschaft an verschiedenen Universitäten in Deutschland. Gelebt habe ich damals in Wohngemeinschaften ohne feste partnerschaftliche Verbindung, was meiner eher lockeren Einstellung zum anderen Geschlecht entgegenkam. Eine Karriere im klassischen Sinne ist mir leider versagt geblieben, ich war weder Ministerin noch Mitglied des Aufsichtsrates einer großen Bank. Aber das macht ja nichts, Quotenfrau zu sein ist bestimmt nicht meine Aufgabe! Ein Mann muss einen Baum pflanzen, einen Sohn zeugen und ein Buch schreiben, so heißt es doch. Und eine Frau? Ich jedenfalls habe vier Bäume gepflanzt – nein, pflanzen lassen, es gibt eben noch Kavaliere! (Keine deutschen Eichen, es sind japanische Pflaumen, glaube ich.) Söhne habe ich zwei – von verschiedenen Vätern. Und nun ein Buch, welches zu schreiben die schwierigste Aufgabe war. Thema: Erotik, die ich in so vielfältiger Weise genossen habe. Ich hoffe, dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, ein wenig an diesem Genuss teilhaben können.

 

Lektorat: A. K. Frank

 

 

Originalausgabe

© 2021 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © Volodymyr TVERDOKHLIB @ shutterstock.com © sondem @ shutterstock.com

Umschlaggestaltung: MT Design

 

ISBN 9783750700291

www.blue-panther-books.de

Kapitel 1

Petra fuhr im hochsommerlichen Hamburg ihren Z3 durch die mit alten Bäumen bestandenen Grundstücke in Volksdorf, wo in den Fünfzigerjahren die Vororthäuschen gebaut worden waren. Keine Villen, aber doch gehobener Stil. Das Verdeck hatte sie natürlich offen, sie liebte es, wenn der Fahrtwind ihre Schultern streichelte und ihren Körper in eine Stimmung versetzte, die stets von einem Hauch der Erotik getragen wurde. Sie trug nur ein knappes, eng anliegendes Top mit Spaghettiträgern. Ihre Brüste drückten sich stramm an den Stoff, und immer wieder reckten sich ihre Nippel vorwitzig den imaginären Betrachtern entgegen. Oder auch den nicht so imaginären. Dazu trug sie Jeans und Turnschuhe, sportlich sexy, wie sie es liebte, wie sie sich wohlfühlte, und wie sie sich gern in der Öffentlichkeit zeigte.

Vor der Hausnummer neunzehn parkte sie, hier wohnte ihre Freundin Nora. Sie kannten sich von der Akademie, hatten schon öfter zusammen gearbeitet und planten nun ihr erstes gemeinsames, großes Projekt. Nora lebte mit ihrer Partnerin Jaqueline zusammen, kurz Jaquy genannt.

Petra und Jaquy mochten sich nicht besonders. Petra fand Noras Lebensgefährtin einfach nur blöd. Allein schon der Name: Wie konnte eine erwachsene Frau ›Jaquy‹ heißen? Und eifersüchtig war die, entsetzlich eifersüchtig! Wegen der Arbeit verbrachten Nora und Petra viel Zeit miteinander, aber auch privat verstanden sie sich gut. Deswegen hatte Jaquy ihre Eifersucht hauptsächlich auf sie projiziert und sie als die Feindin schlechthin definiert. Petra schmunzelte in sich hinein: Die blöde Kuh ein wenig zu ärgern war ja auch immer ganz nett, ihr würde bestimmt gleich was einfallen. Einen wirklichen Grund zur Eifersucht hatte es bisher nicht gegeben, jedenfalls hatten Petra und Nora noch nie miteinander gevögelt. Petra war Hetero, Nora bi. Aber während ihrer Arbeit im heißen Studio hatte es schon manche Situation gegeben, in der sie sich, mehr als für die Arbeit nötig wäre, näher gekommen waren. Petra beispielsweise beschäftigte sich viel mit Aktfotografie. Bevor sie eine Fotostrecke mit einem Model anfertigte, besprach sie die gewünschten Posen oft mit ihrer Freundin. Und damit die auch nachvollziehen konnte, wie die aussehen sollten, machte Petra sie einfach vor. Wegen der Wärme unter den Strahlern war sie dabei stets nur notdürftig bekleidet, und wegen der Authentizität auf Wunsch von Nora manchmal auch nackt. Umgekehrt war es genauso: Immer wieder tanzte oder spielte Nora ihrer Freundin bestimmte Sequenzen eines beabsichtigten Filmprojektes vor, wobei sie ebenso spärlich bis gar nicht bekleidet war. Nora zog sich während der anschließenden Besprechung meist nicht gleich wieder an. Wenn sie dann dicht nebeneinandersaßen und Film oder Bilder betrachteten, kam es stets zu mehr oder weniger intensiven Berührungen, absichtlich aus Versehen, so jedenfalls interpretierte Petra Noras Nacktheit und diese Zärtlichkeiten. Sie musste jedoch zugeben, dass sie diese als ausgesprochen angenehm empfand. Einzig die auch im Studio anwesenden Techniker und Statisten waren es wohl, die Nora von heftigeren Aktivitäten abhielten. Petra war sich ziemlich sicher, dass Nora nichts gegen ein nettes Nümmerchen mit ihr einzuwenden hätte. Und sie war sich genauso sicher, dass sie, obwohl sie hetero war, einer derartigen Versuchung erliegen würde.

Aber das alles wusste Jaquy ja nicht. Oder ahnte sie es? Petra musste schmunzeln, als sie den kurzen Weg durch den Vorgarten ging. Sie rückte ihr Top zurecht, damit die Brüste ein wenig mehr Freiraum bekamen, doch die Höfe der Brustwarzen mussten noch bedeckt bleiben. Dann klingelte sie.

Jaquy öffnete, wie meistens: böser Blick, kein Wort.

»Ich möchte gern zu Nora, wie du dir vielleicht denken kannst«, kam es von Petra süffisant freundlich. Mit einer Kopfbewegung deutete Jaquy ins Haus, trat aber keinen Schritt zur Seite. Erneut kam ein Grinsen auf Petras Lippen, langsam drängte sie sich an der Frau vorbei. War es Zufall oder gehässige Absicht? Sie ließ ihre Brüste über den Arm der anderen streichen.

Petras Busen war viel voluminöser als der von Jaquy. Die war zwar genauso groß wie sie, aber eher schlank und jungenhaft. Sie hatte blaue Augen, blondes kurzes Haar und schneeweiße Haut. Petra dagegen konnte wohlproportionierte weibliche Rundungen vorweisen, vielleicht war es das, was Jaquy besonders wütend machte. Könnte sein. Dann musste das ja noch mal unterstrichen werden: Petra ging voraus. Auf der kurzen Treppe zum weitläufigen Wohnbereich der beiden blieb sie stehen, bückte sich und fummelte an ihrem Schuh. Sie spürte die bösen Blicke auf ihrem extra vorgestreckten Hintern, ha! Beim nächsten Besuch würde sie einen Tanga unterm Minirock anziehen!

Freudige Begrüßung zwischen den Freundinnen, natürlich mit Umarmung, einige Sekunden länger, als es nötig gewesen wäre, dazu ein feuchter Kuss auf die Lippen. »Machst du uns bitte einen Kaffee, Schatz?«

Nora sah auffordernd zu ihrer Jaquy, keine Reaktion. Achselzucken zu Petra, dann setzte sie ihn selbst auf. »Einen Whiskey dazu?«

Petra lachte: »Eigentlich gern, aber ich muss doch noch fahren.«

»Du kannst doch hierbleiben, oder hast du‘s eilig morgen?«

»Das Gästebett ist nicht gemacht«, kam es mürrisch von Jaquy, was so viel heißen sollte wie: ›Die Alte bleibt nicht hier!‹ Wieder Achselzucken und kein Whiskey.

»Morgen Abend habe ich noch eine Ausstellungseröffnung in Heiligenhafen«, erklärte Petra. »Übermorgen geht es dann von hier los.«

»Na, dann lass uns alles noch mal durchgehen.«

Petra klappte den Laptop auf, Kaffee schlürfend und eng nebeneinandersitzend besprachen sie anhand der gespeicherten Unterlagen letzte Details. Jaquy blieb die ganze Zeit im Raum und beobachtete argwöhnisch jede Bewegung der beiden. Demonstrativ rutschte Petra noch ein Stück näher heran an Nora, die schaute zu ihr hin. Ein kurzer Blick in die Augen: ›Schade, dass wir jetzt nicht allein im Studio sind‹, war ganz deutlich zu erkennen.

Petras Arbeiten beschäftigten sich viel mit menschlichen Körpern, und auch das neue Gemeinschaftsprojekt hatte viel mit nackter Haut zu tun. So konnte sie es sich nicht verkneifen, immer wieder Begriffe wie ›Titten‹ oder ›Möse‹ einzubringen, männliche Intimitäten befand sie dagegen weniger erwähnenswert, und wenn Nora sie dann wie gewünscht darauf ansprach, knufften sie sich kichernd in die Seite. Immer wieder zupfte Petra demonstrativ ihr Top zurecht, wohl darauf bedacht, nun doch ab und zu den Rand der einen oder anderen der Brustwarzenhöfe hervorlugen zu lassen.

Nora entgingen derartige Sticheleien natürlich nicht; sie sagte aber nichts dazu. Im Gegenteil, sie fühlte sich geschmeichelt. Irgendwann würde sie Petra vernaschen! Oder sich bereitwillig vernaschen lassen. Um Petra diese Option noch einmal unzweideutig zu vermitteln, fächerte sie sich erst Luft zu. Dann wischte sie sich den kaum vorhandenen Schweiß von der Stirn, um zu demonstrieren, wie warm es ihr war. Derart vorbereitet zog sie ihr Top aus; drunter trug sie ein schwarzes Spitzenbustier, das ihre Brustwarzen mehr zeigte, als verdeckte. Schweigend und schnaubend vor Wut musste Jaquy diese eindeutige Anmache mit ansehen. Petra grinste. Und sie spürte das Zucken ihres Unterleibes. Warum war Jaquy auch so eine blöde Kuh? Ihre Gedanken verstrickten sich zunehmend in den Bildern eines netten Dreiers: Jaquy unter ihnen, Nora rieb ihre Schamlippen auf deren Schenkeln, und sie selbst saß auf Jaquys Gesicht, ihre Möse fest auf deren Mund gepresst. Geil, wie die nach Luft schnappte!

Zum Glück waren die meisten Dinge ihrer Arbeit schon ausführlich besprochen, denn wirklich konzentrieren konnte Petra sich nicht mehr. Auch Nora schien zunehmend fahrig, nur ihre blonde Freundin hockte starr und mit bösen Blicken ihnen gegenüber.

Gegen Abend waren sie endlich fertig. Nora geleitete ihre Freundin zur Tür, Umarmung, Küsschen. Kurz ließen sie voneinander ab, sahen sich an, dann erneute Umarmung, heftig, die Schenkel suchten den Schritt der anderen. Ihre Zungen gierten nacheinander und verschmolzen in tiefem, erotischen Kuss. »Wenn ich zurück bin, will ich dich ficken«, hauchte Petra. »Vor den Augen deiner Jaquy.« Nora rieb zustimmend ihre Titten an denen der Freundin.

»Nun komm endlich! Ich will ins Bett«, kam die ernüchternde Aufforderung aus dem Off.

»Versprochen?«, fragte Nora kichernd.

»Versprochen!«

Kapitel 2

Das Hotel hatte man direkt am Strand gebaut. Von der Seeseite gab es einen wunderbaren Blick auf die Ostsee, den weißen Strand und die dekorative Seebrücke. Die holzverkleidete Fassade bildete einen angenehmen Kontrast zu den Betonbauten der sonst hier so verbreiteten Bauweise aus den Siebzigerjahren. Retrolook, der an die Zeiten um die Jahrhundertwende erinnern sollte.

Die Agentur hatte auf Wunsch der Künstlerin das Foyer dieses Hotels ausgesucht, um zum ersten Mal auch in einer Kleinstadt wie Heiligenhafen die manchmal recht provokanten Bilder von Petra Jahson zu zeigen. Der Eingangsbereich auf der dem Meer abgewandten Seite war dekoriert mit kleinen Dünen, Strandhafer und einem Teich, an dem Echter Sellerie, Strandhafer und Wilde Rübe wuchsen, ganz der hiesigen Küstenvegetation nachempfunden.

Die geladenen Gäste, wie Bürgermeister, Stadtverordnete und andere Honoratioren der Stadt, hatten sich im Foyer versammelt. Champagner wurde gereicht, wahlweise O-Saft, dazu Häppchen vom Fisch: Lachsröllchen, krabbenbespickte Käsewürfel, Heringshappen in Madeira und dergleichen Köstlichkeiten mehr. Der eigentliche Ausstellungsbereich war noch verdeckt. Am Rande unterhielten sich einige Mitarbeiter der Agentur in legerer Freizeitkleidung und eine junge Frau, die etwa Mitte dreißig war. Ihre längeren schwarzen Haare fielen scheinbar ungeordnet auf ihre Schultern, sie trug verwaschene Jeans und ein weißes Herrenhemd, bei dem sie nur die unteren Knöpfe geschlossen hatte. Der schwarze Spitzen BH darunter unterstrich ihre dezente erotische Ausstrahlung: die Künstlerin.

Mit geradem Rücken, zum Publikum hin lächelnd, schritt Petra Jahson zum kleinen Podium mit dem Mikrofon:

»Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Gäste.

Es freut mich außerordentlich, dass Sie in dieser großen Zahl der Einladung gefolgt sind, um mir bei der Eröffnung meiner ersten Ausstellung in diesem wunderschönen Städtchen Ihre Unterstützung zu gewähren. Wie Sie sicherlich wissen, sind die Fotografien, die Sie nachher betrachten können, Bilder von Menschen, Aktbilder.

Diese Ausstellung steht unter dem Motto ›The second view‹, und dieses Motto habe ich versucht, in meinen Bildern umzusetzen.

Den ganzen Tag über nimmt das menschliche Auge Milliarden von Pixeln an Eindrücken auf, in der Wahrnehmung werden daraus eine Vielzahl von Bildern, die uns unsere Umgebung darstellen. Komplexe Bilder, ganzheitliche Bilder, die uns die Wellen des Meeres vermitteln, die Schönheit der Rapsfelder oder den Charme der historischen Gebäude. Details sind dabei nebensächlich, sie dringen bei der allgemeinen Betrachtung gar nicht bis in unser Bewusstsein hinein. Der darin verborgenen Schönheiten werden wir somit nicht gewahr. Dabei gibt es kaum ein Objekt oder Subjekt, das in diesen Details nicht eine Vielzahl von faszinierenden Elementen verbirgt. Sehen Sie hier zum Beispiel meine Hand.«

Sie hielt ihre Hand vor die neben dem Podium aufgebaute Kamera, auf einer Leinwand war selbige zu sehen.

»Eine Hand. Nichts Besonderes.«

Der Techniker neben ihr war im gleichen Alter wie Petra. In seiner hellen Hose, dem Shirt mit Che Guevara Aufdruck und seinem Dreitagebart gab er den Prototyp eines jugendlich-dynamischen Mannes aus der Film- und Fotoszene. Das rote Halstuch war das Tüpfelchen vom I.

Er bewegte die Kamera nun nach rechts, nach links, und näherte sie dabei der Hand der Künstlerin; auch die Einstellungen änderte er immer wieder dezent. Das Bild auf der Leinwand zeigte zunehmend mehr Details, zeichnete das Objekt in verschiedenen Schattierungen, je nach Lichteinfall, und näherte sich dabei in einer Weise, dass die Hand als solche schließlich nicht mehr zu erkennen war. Kleine Fältchen entwickelten sich zu Spalten in einer durch die Venen hervorgehobenen, scheinbar hügeligen Landschaft, dekoriert mit silbrig glänzenden Härchen. Schließlich fixierte die Kamera einen Punkt, fokussierte ihn immer mehr, bis ein einzelnes Haar im nahezu mikroskopischen Blick ein faszinierendes, in verschiedenen Farben schillerndes, längliches und leicht gebogenes Gebilde zeigte. Das Haar selbst war für den Betrachter nicht mehr wahrnehmbar, bei dem Objekt auf der Leinwand schien es sich um ein eher abstraktes Subjekt zu handeln.

»Sie haben gesehen«, fuhr die Künstlerin nun fort, »dass die Kamera meine Hand geradezu abgesucht hat, wie sie das Ziel eingekreist hat, bis sie sich entscheiden konnte, welches Detail sie letztendlich dem werten Betrachter offenbaren wollte.

Es ist natürlich nicht die Kamera, die sich da entscheidet, sondern sie folgt den Anweisungen meines Technikers, Willi Benninghaus.«

Sie machte eine Kunstpause, um dem Publikum Gelegenheit zu geben, den Techniker mit Applaus zu begrüßen. Aber der Applaus galt auch der beeindruckenden Vorführung, die die Zuschauer gesehen hatten.

»Die Bilder, die Sie gleich in der Ausstellung sehen werden, beschäftigen sich natürlich nicht mit Händen. Sie beschäftigen sich, wie ich schon andeutete, mit dem Menschen, Männer wie Frauen als Akt. Jedes Werk ist in viele Einzelbilder eingeteilt. In Großaufnahme sehen Sie drei Bilder: Das Model in der Totalen, damit Sie wissen, mit wem Sie es in der jeweiligen Session zu tun haben. Dann folgt die Aufnahme eines Körperdetails, in dem die Kamera dann weiter in die Tiefe dringen wird, und als drittes großes Bild das Detail an sich. Darunter ist in einer Fotoserie der Weg dargestellt, den die Kamera nimmt. Manchmal ist das der direkte Weg, vom Model zum Körperteil zum Detail, immer weiter fokussiert, manchmal ist es das Kreisen, das Suchen, Linien ziehend über die Haut des Models. In einer Vielzahl an DIN A 4 Fotos ist dieser Weg unter den drei großen Bildern dargestellt. Liebes Publikum, ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Betrachten der Bilder. Und bitte lassen Sie Ihrer interpretierenden Fantasie freien Lauf.«

Wieder Applaus. Bei den Häppchen und dem Sekt durfte noch mal zugegriffen werden, dann zog ein Mitarbeiter den Vorhang zur Seite, um den Gästen den Zutritt zur Ausstellung zu gewähren. Die Künstlerin mischte sich, begleitet von ihrem Techniker und anderen Vertretern der Agentur, zwischen die Besucher, um Rede und Antwort zu stehen.

Auf dreigeteilten großen Stellwänden waren die Fotos angebracht, lose verteilt im übrigen Foyer und dem sich anschließenden Gastraum des Hotels, der zum Zwecke der Ausstellung geräumt worden war. Die Bilder waren stets paarweise gegenüber gestellt: Links das weibliche Model, rechts das männliche. In der Totalen posierten sie in einer lockeren, begrüßenden Position, schöne Männer und Frauen, unbekleidet, natürliches Aussehen. Sie waren in keiner Weise zurechtgemacht oder geschminkt, zumindest waren derartige Spuren nicht zu erkennen. Die ersten Bilder beschäftigten sich mit der Rückenpartie oder dem Bauchbereich, es war schon beeindruckend, in welchen Facetten der Nabel dargestellt werden konnte. Ein Arrangement widmete sich den Händen, ein anderes den Füßen. Die dann folgenden Bilder hatten eine deutlich intensivere erotische Note. Der kleine Busen einer Frau wurde dem Betrachter in einer überdimensionalen Größe näher gebracht, wobei der suchende Weg der Kamera diesen von allen Seiten beleuchtete. In gleicher Weise hatte sich die Künstlerin der Brust eines Mannes angenommen. Die steife Brustwarze stellte sich als runder Berg mit schroffer, zerklüfteter Oberfläche dar. Die kleinen Knubbel im Vorhof warfen interessante Schatten, und beim tiefen Detail hatte der Betrachter eher die Vision einer Mondlandschaft, in der sich statt Kratern kleine Hügel gebildet hatten. Beim weiblichen Model hatte sich die Brustwarze zu einer faltigen Stele erhoben, auf deren Spitze das kleine, versenkte Loch der Milchdrüse deutlich zu erkennen war.

Langsam war die Kamera anschließend hinunter gewandert. Der sanfte Bauch einer Frau, das Detailbild hatte den kaum wahrnehmbaren Flaum zu einer weiten Savanne aus silbrig glänzenden Härchen stilisiert. Beim Mann war das muskulöse Sixpack als Berg und Tal im Spiel aus Licht und Schatten dargestellt. Die folgenden Bilder stellten die gleichen Körperpartien dar, aber in der Ferne war unscharf das Schamhaar als gekräuseltes Etwas zu erkennen. Dem widmeten sich die nächsten Bilder intensiver. Die Kamera hatte sich regelrecht in einen Dschungel gearbeitet, in dem immer wieder feuchte Tröpfchen glitzerten. Im zweiten großen Bild eines Projektes, auf dem die Künstlerin das zu fokussierende Detail zeigte, war anhand der vorsichtig hervorlugenden Klitoris beziehungsweise dem Ansatz eines nach unten hängenden Penis´ das Geschlecht des Models erkennbar. Hatte sich die Kamera erst in den Urwald des Schamhaares vorgearbeitet, konnten diese Körperpartien in dessen Lichtungen nur als mehr oder weniger faltige Begrenzungen aus nächster Nähe wahrgenommen werden.

Dann wurden die Motive direkter: Die Totale zeichnete nicht mehr den Körper des Models. Es war eine Totale der weit geöffneten Beine, von unten aufgenommen. Wunderbare Schenkel stellten rechts und links den Rahmen, um im Bildmittelpunkt dekorativ gefaltete Schamlippen optimal zur Geltung kommen zu lassen. Das zweite Bild war ausgefüllt mit feucht schimmernden und zur Seite gelegten Läppchen. Am oberen Rand war die glitzernde Perle der Lust zu erkennen, nicht mehr schüchtern versteckt, sondern offen, geradezu fordernd. Das dritte Bild vermittelte den Eindruck, als hätte die Kamera versucht, in den Unterleib des Models einzudringen. Deutlich erkennbar waren die inneren Fältchen, zwischen denen sich die Höhle aller Höhlen andeutete: Nicht als dunkles Loch, sondern angereichert mit hellem Schleim, der lockend der Lust den Weg ebnen wollte.

Das männliche Pendant gegenüber war aus der gleichen Perspektive aufgenommen: auch von unten zwischen die Beine. Die Hoden waren deutlich als zwei kleine Kugeln zu erkennen, eingepackt in das faltige Skrotum. Im oberen Bereich des Bildes ragte der steife Penis als strammer Schaft mit der glänzenden Eichel am Ende, der kleine Spalt in deren Mitte war gerade noch zu erkennen. Ein Tröpfchen Sekret hatte sich dort vorwitzig abgesondert.

Die nächsten Objekte zeigten die Rückenpartie, die Models in der Totalen von hinten. Lächelnd drehten sie den Kopf zur Kamera und grüßten mit erhobener Hand. Die Details zeigten flächige Hautpartien, leicht gewellt, silbrig schimmernde Härchen oder vereinzelte Muttermale, welche die ansonsten eher eintönigen Fotografien auflockerten. Aber diese Motive waren die Einstimmung auf die folgenden Darstellungen des Gesäßes. Die Backen waren aus verschiedenen Perspektiven dargestellt, von unten, von der Seite, und nur dezent näherte sich die Kamera der Kimme dazwischen. Deren Grund war nicht zu erkennen, entweder weil die Models aufrecht standen oder weil er vom Schatten der Rundungen verdeckt war. Erst in der nächsten Session wurden auch diese Bereiche enthüllt: In der Detailaufnahme hatte die Kamera die Rosette aus nächster Nähe festgehalten. Krater im Spiel aus Licht und Schatten, die Varianten von Hell und Dunkel machten aus diesen Körperbereichen interessante Kunstwerke aus glänzenden Flächen, Tälern, Falten und Fantasielandschaften.

Das Publikum war in zunehmend heftige Diskussionen verstrickt, Worte wie Sauerei, reinste Pornografie fielen, andere wiederum konnten ihre Begeisterung über derart erotische Kunstwerke nicht zurückhalten. Als die Fotoserie erneut zur Frontpartie überging, verschärfte sich die Empörung genauso wie die Zustimmung. Erigierte Penisse in Großaufnahme, von unten fotografiert mit den Hoden im Vordergrund, oder von der Seite eine Eichel, die das ganze Bild ausfüllte. Einige Gäste verließen unter Protest die Ausstellung. Beleidigende Äußerungen der Künstlerin gegenüber waren zu hören, sofort gekontert von begeisterter Zustimmung. Polarisierend! Die Bilder waren ganz klar polarisierend, und das hatte Petra Jahson wohl auch beabsichtigt. Sie quittierte den Protest mit freundlichem Lächeln. Ihr weißes Hemd war nach rechts zur Seite geschlagen und gab ihren mit dem dekorativen BH bedeckten Busen frei. Es war nicht zu übersehen, dass die Künstlerin und ihre Werke eine innige Verbindung einte. In die Bilder hatte sie eine Facette ihrer Seele eingearbeitet, das gab ihnen das gewisse prickelnde Etwas, was sie von serienmäßig produzierter Aktfotografie unterschied.

»Bitte lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf«, wiederholte Petra noch einmal, wohl wissend, dass Besucher unter den Gästen waren, die sie bei dieser Aufforderung in Gedanken entkleideten. Aber auch das war gewollt, sie betrachtete sich am Tag der Eröffnung als Teil dieser Ausstellung.

Die Betrachter näherten sich nun allmählich dem Finale. Die in Nahaufnahme gezeigten Schamlippen füllten das gesamte Bild, feucht glänzende Schleimhäute stellten sich schamlos zur Ansicht. Geschwollene Läppchen waren zur Seite gelegt und berührten fast den oberen Bereich der Schenkel. Dazwischen lugten die inneren Schamlippen hervor, benetzt mit hellem Schleim, der sich in unregelmäßigen Schlieren auf den Falten verteilte und in zähen Tropfen die Schenkelinnenflächen benetzte. Die Künstlerin hatte das Model in hohem Grade erregter Stimmung fotografiert. Das männliche Pendant stand dem in nichts nach. Der steife Penis, hautnah. Das Detailbild zeigte die pralle Eichel, aus deren Spalt das helle Sperma spritzte, unscharf den heftigen Druck darstellend, mit dem sich das Model hier entlud. Den Abschluss bildeten zwei einzelne Bilder, die quasi den weiteren Weg versperrten, sodass der Besucher durch die Ausstellung zurückgehen musste. Das erste Bild wurde von einem der Kamera entgegengestreckten weiblichen Hintern dominiert. Die Schenkel waren noch im Ansatz zu sehen, Schamlippen dekorativ gefaltet, die Kimme mit der Rosette im Halbschatten, auf den Backen eine Linie abgespritzten Spermas. Schräg dahinter das zweite Bild. Der Mund einer Frau, schwarz-weißes Foto, nur die leicht geöffneten Lippen waren tiefrot und bildeten den einzigen Farbtupfer in dieser Ausstellung. Am Mundwinkel rann zäher Schleim, der ebenfalls unschwer als Sperma zu erkennen war.

Auch hier setzten sich die kontroversen Diskussionen fort, die Künstlerin habe den nackten weiblichen Körper zur Zielscheibe männlichen Spermas gemacht, die Frau als passives Opfer, der Mann als Schütze. Auch sie als Person wurde angegriffen. Wer sich so obszön bekleidet in der Öffentlichkeit zeige, könne ja nur billige Pornografie produzieren. Petra folgte dem schweigend, sie war derartige Kritik gewohnt. Allerdings musste sie feststellen, dass diese hier in der Kleinstadt deutlich häufiger geäußert wurde, was sie aber auch nicht störte.

Nachdem die Gesellschaft genügend Zeit mit der Betrachtung der Bilder verbracht hatte, begab sich Petra noch einmal ans Mikrofon, um ein paar abschließende Worte zu sagen:

»Liebe Gäste, liebe Freunde und Freundinnen. Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausstellung gefallen hat und dass die Bilder Ihre Fantasie beflügelt haben. Wie erwartet hat es auch viele kritische Stimmen gegeben, die in der Freiheit der Kunst pornografische Elemente glaubten, wahrgenommen zu haben. Ich schlage Ihnen vor, diese Ausstellung in den nächsten Tagen noch einmal zu besuchen. Vielleicht in einer offeneren, freieren seelischen Verfassung. Vielleicht können Sie hinter Ihrer möglicherweise konservativen Fassade in den Genuss der erotischen Faszination gelangen. Insbesondere die letzten Bilder, die den meisten Unmut hervorgerufen haben, möchte ich da hervorheben. Ich habe dort meine tiefste Überzeugung einfließen lassen, dass die Frau nicht Objekt und Zielscheibe für herausgeschossenes Sperma ist. Nein, sie ist Empfängerin dessen, was ihr zusteht. Tief in ihren Körperöffnungen, wie auch draußen auf ihrer Haut, hat sie das biologische Recht, das Intimste zu empfangen, das ein Mann ihr geben kann: sein Sperma. Während der Mann nach dem Orgasmus einen kleinen Tod stirbt, nährt diese Gabe die Lust der Frau. Das ist Natur, und so ist es richtig.«

Schweigen rings herum, dann kam vorsichtiger Applaus einiger Männer auf, und schließlich lauter Beifall vom weiblichen Geschlecht.

»Was für ein passender Abschluss zur Premiere«, gratulierten ihr die beiden von der Agentur, Willi Benninghaus und einige Übriggebliebene. Die Künstlerin bedankte sich geschmeichelt. Dann nahm sie eines der stehen gebliebenen Sektgläser, leerte es in einem Zug und wandte sich lächelnd aber geschäftsmäßig an den Techniker: »Auf zu neuen Ufern, mein Lieber. Morgen um zehn geht der Flieger von Hamburg.«

»Der Flieger?« Der Mann war verdutzt.

»Hat man dir das nicht gesagt?« Fragend sah sie zu den beiden von der Agentur hin.

»Äh, erwähnten wir es nicht? Du sollst assistieren bei Petras nächstem Projekt.«

»Das weiß ich«, meinte Willi leicht genervt. »Nur wo das Projekt stattfindet, hättet ihr mir ja vielleicht mal mitteilen sollen.«

»In Polignano«, informierte Petra ihn.

»Poli was?«

»Polignano. Das liegt in Süditalien, in der Nähe von Bari. Schon mal gehört?«

»Bin ich Erdkundelehrer oder was?«

»Das ist schön da«, ergriff der von der Agentur wieder das Wort. »Wir haben euch eine Wohnung gemietet, Leihwagen natürlich auch, Beatle Cabrio auf Wunsch von Madame.«

»Ich breche hier morgen früh um sechs auf. Willst du mit oder fährst du selbst?« Petra war nicht der Mensch, der sich langen Erklärungen hingab. Die Eröffnung war vorbei, jetzt ging es um das nächste Projekt: Klare Fakten und eindeutige Verabredungen!

»Um sechs! Ich glaube, du spinnst.«

»Also dann bis morgen. Und sei pünktlich!«