Kettensprengerin - Sarah Okpuzor - E-Book

Kettensprengerin E-Book

Sarah Okpuzor

0,0

Beschreibung

Warum du dieses Buch lesen solltest, fragst du dich jetzt? Noch ein neues Buch über Persönlichkeitsentwicklung? Ja womöglich hast du recht, vielleicht lässt du einfach besser die Finger davon! Oder - ja, oder du nimmst dieses Buch als deine Chance für dich selbst. Meine Kindheit, Jugend und frühe Erwachsenenzeit waren geprägt von sexuellem Missbrauch, psychischer Gewalt, einer generalisierten Angststörung mit Panikattacken, Exzessen geprägt von Alkohol und Grenzüberschreitungen, sowie einer Essstörung beruhend auf dem emotionalen Essen. Mir wurde ständig gesagt und gezeigt, dass ich komisch und seltsam sei. Davon war ich selbst irgendwann überzeugt. Ich bin nie richtig und nie gut genug - das war mein Selbstbild! Stück für Stück habe ich gemerkt, dass ich doch eigentlich einfach nur geliebt, gesehen und wertgeschätzt werden wollte. Aber wie sollte ich das von anderen erwarten, wenn ich für mich selbst nur Verachtung und Hohn übrighatte? Ich begann zu verstehen, dass ICH nie das Problem gewesen bin. Die unglaublichen Grausamkeiten, die mir zugefügt worden waren, haben mich zu dieser Version von mir gemacht. Ich merkte, dass ich für meine ersehnte Veränderung selbst die Verantwortung übernehmen musste. Geh mit mir auf die Reise in meine Vergangenheit und du wirst erleben, dass du dein Glück (und all die anderen Gefühle in dir) selbst in den Händen hältst und wie du es schaffen kannst, befreit von Selbsthass und Unsicherheit zu leben. Glück könnte nur eine kleine Entscheidung von dir entfernt sein. Und für was entscheidest du dich?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2022

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über die Autorin

Mit ihrem ersten Buch "Kettensprengerin - Trau dich du selbst zu sein" will Sarah Okpuzor nicht nur Aufklärungsarbeit über sexuellen und emotionalen Missbrauch betreiben, sondern auch das Bedürfnis nach Veränderung und den Glauben an das Gute in allem wecken. Authentische Selbstliebe ist möglich - trotz Missbrauch, Traumata und Psychoterror.

Sarah hat es sich 2018 zur Aufgabe gemacht, Kindern in ihrer Kindertagespflege einen sicheren Raum zu geben und aktiv zur Aufklärung der Kinder und deren Familien im Alltag beizutragen. Durch ihre weitere persönliche Entwicklung, zahlreichen Aus- und Weiterbildungen, steht sie auch als psychologische Beraterin Frauen, die Missbrauch, emotionale Gewalt und Psychoterror erlebt haben, unterstützend zur Seite. Diesen Frauen bietet sie ebenso einen geschützten Rahmen, um das Erlebte zu verarbeiten, loszulassen und neue Kraft und Liebe für sich und das Leben zu schöpfen.

Sarah lebt mit ihrem Ehemann, den beiden Kindern und dem Kater "Herr Maus" in München wo sie auch ihre Kindertagespflege und ihre psychologische Beratungspraxis betreibt.

Weitere Informationen über die Autorin und ihre TätigkeitHomepage:https://sarahokpuzor.de/ Instagram-Kanal:

https://www.instagram.com/sarah.okpuzor/

Für ihre kostenfreien und angeleiteten Meditationen bitte untenstehenden QR-Code scannen.

Für alle Kinder und Frauen dieser Welt, die psychische Gewalt und Missbrauch erlebt haben. Dafür, dass ein Funken Hoffnung auf ein erfülltes Leben in ihnen geweckt werden kann.

Für Moma, die immer ihr Bestes gegeben hat.

Inhaltsverzeichnis

Herzlich Willkommen in meinem Leben!

Was mich zu der machte, die ich so lange gewesen bin

Unbeschwerte Kindheit

Mein Learning

Mobbing in der Schulzeit

Mein Learning

Arbeitswelt

Mein Learning

Die WG

Mein Learning

Mein Vorbild in Sachen Selbstliebe

Mein Learning

Verlässlichkeit oder auch mein starker Background

Mein Learning

Entwicklung ist endlos

Mein (toxisches) Verhalten

Keine klaren Worte

Mein Learning

Lästerschwester

Mein Learning

Das liebe Geld

Mein Learning

Ich, die miese Freundin

Mein Learning

Der erste feste Freund

Mein Learning

Schuld bedeutet Macht

Männer

Toni

Mein Learning

Betrug und Demütigung

Mein Learning

Was stimmt hier eigentlich nicht?

Mein Learning

Demütigung at it’s best

Mein Learning

Und dann kam Mr. Right

Die Schlüssel (m)einer erfüllenden Beziehung

Offene und ehrliche Kommunikation

Selbstwert und Akzeptanz

Empathie und Verständnis

Dankbarkeit und Wertschätzung

Das Kennen der eigenen Werte und Bedürfnisse

Fazit

Spreng auch du deine Ketten

Empathie und Wertschätzung

Annehmen, Loslassen und Vergeben

Wertearbeit

Inner-Beliefs oder auch Glaubenssätze

Selbstbild (neu formen)

Die Macht der Eigenverantwortung

Wie redest du mit dir und mit anderen?

Vergleiche und Gefühle

Positives Mindset

Yoga & Meditation

Selbstbewusstsein & Selbstwert stärken

Das große Ganze

Übungen für das Selbst-Coaching

Das Rad des Lebens (Wheel of life)

Reframing à la Hollywood

Das perfekte Date

Das Reaktionsexperiment

Listen der Werte, Bedürfnisse und Gefühle

Danksagung

Quellenangaben/Weiterführende Informationen:

Herzlich Willkommen in meinem Leben!

Du fragst dich nun, was du eigentlich in meinem Leben, wo du mich vielleicht nicht einmal näher kennst, zu suchen hast? Ganz einfach, du brauchst genau dieses Buch – und deswegen hältst du es in deinen Händen. Oder du bist einfach nur neugierig und erwartest, weil du mich kennst, dich in diesem Buch in meinen Lebensschnipseln wieder zu entdecken.

Aus welchem Grund auch immer, du wirst einen wichtigen Grund haben, warum du nun diese Zeilen liest. Und ich möchte dir vorab einmal kurz erklären, wie das Buch aufgebaut ist und was dein Nutzen von diesem Buch am Ende dann sein soll.

Das Buch ist aufgegliedert in vier große Bereiche welche in Unterkapitel gegliedert sind. Jedes Unterkapitel ist ein in sich geschlossenes Erlebnis. Zu diesem Erlebnis, das manchmal ziemlich übel, demütigend und erniedrigend ist, möchte ich dir mein persönliches Learning schildern. Mir ist wichtig, direkt jetzt am Anfang zu sagen, dass das, was ich über die Personen aus meinem bisherigen Leben hier berichten werde, keine Hasstirade ist. Ich möchte ehrlich sein, ja – aber dazu gehört auch, dass ich mir mit all der Aufarbeitung der Erlebnisse und meiner Selbstreflexion über die Geschehnisse durchaus bewusst geworden bin, dass zu jeder Situation immer mindestens zwei Beteiligte gehören und ich einfach in meine Eigenverantwortung hätte kommen müssen. Es gab in meinem bisherigen Leben nämlich drei entscheidende Überthemen, die dazu geführt haben, dass ich gar keine andere Wahl hatte als mich mit mir selbst richtig tief auseinander zu setzen und somit auf diese Reise, meine Reise zu mir selbst, und zu meinem echten, authentischen Ich zu gehen!

Zum Abschluss erhältst du von mir meine Top Highlights in der Persönlichkeitsentwicklung an die Hand, erfährst wie sie mir geholfen haben, mich zu finden und mit mir ins Reine zu kommen und so auch ein friedvolles Umfeld für mich und meine Familie zu schaffen. Und wie du sie natürlich auch auf dich anwenden kannst!

Du wirst auf den folgenden Seiten Dinge lesen, die sich wirklich so zugetragen haben. Selbstverständlich sind dennoch alle weiteren beteiligten Personen mit geänderten Namen versehen und die Handlungsorte abgeändert, um die Privatsphäre der betreffenden Personen zu schützen.

Vorab noch eine kurze Info: Im letzten Teil des Buches erläutere ich für dich Tools und Übungen, die weder eine medizinische Versorgung noch einen Arztbesuch bzw. einen Besuch bei einem Psychologen oder Therapeuten ersetzen können.

Solltest du im Verlauf der Geschichten merken, dass dich einzelne Situationen zu sehr triggern, leg das Buch weg oder überspring das Kapitel.

In diesem Buch geht es in die Tiefe meiner Vergangenheit und Erinnerungen. Diese Erkenntnisse können für dich einen sehr großen Wert darstellen, um dein zukünftiges Leben anzugehen – deinen ersten oder nächsten Schritt in die Richtung deiner Ziele zu wagen!

So, und jetzt starten wir aber!

Was mich zu der machte, die ich so lange gewesen bin

Es gibt äußere Einflüsse, die kannst du nicht ändern. Und weil mich genau das so stark geprägt hat, starte ich mit einem sehr dunklen Teil aus meiner Kindheit. Vermutlich sogar dem dunkelsten, über bisher nur sehr wenige Menschen Bescheid wissen.

Vor allem in den ersten sechs bis acht Lebensjahren haben wir gar keine andere Möglichkeit, als uns darauf zu verlassen, dass unsere engsten Bezugspersonen die Verantwortung für uns übernehmen und uns kein äußerlicher Schaden zugefügt wird.

Jetzt möchte ich dir erst einmal sagen, dass die nun folgenden Kapitel teilweise einer Trigger Warnung bedürfen. Es wird um das Thema emotionale und psychische Gewalt sowie sexualisierte Gewalt an Kindern gehen.

Falls du hier nun weiterliest, sei dir bewusst, dass du es jeder Zeit zur Seite legen kannst, wenn du dich damit nicht mehr gut fühlst. Das Beschriebene ist alles so passiert, zumindest kann ich mich an die Bruchstücke wieder genauso erinnern, nachdem ich sie lange unterdrückt hatte und nicht wahrhaben wollte. Das, was du hier nun liest, ist mit meinem besten Wissen und Gewissen geschrieben worden.

Viel Spaß bei den folgenden Kapiteln kann ich dir jetzt nicht so ganz wünschen – ich hoffe nur, dass du dir aus all den Situationen etwas Stärkendes mitnehmen kannst.

Ganz viel Liebe für dich!

Unbeschwerte Kindheit

Wichtiger Hinweis: Das folgende Kapitel ist zu meinem eigenen Schutz ohne Orts-, Zeit- und genauer Personenangabe geschrieben. Da der Missbrauch und die psychische Gewalt nie öffentlich gemacht wurden, würde es mir im Falle einer Anklage wegen Verleumdung oder übler Nachrede schier unmöglich gemacht werden, die Geschehnisse zu beweisen. Ich garantiere dir, dass die Erlebnisse, die ich erzähle wirklich passiert sind und ich mein Schweigen endlich brechen möchte.

Die Täter*innen haben sich einen Spaß daraus gemacht, mir ihre Genitalien zu zeigen, sich vor mir selbst zu befriedigen, mich nachts im Bett an meinen Genitalien anzufassen und mir zu erzählen, dass all das völlig normal sei und genau so sein sollte. Die Täter*innen waren zum damaligen Zeitpunkt bereits erwachsen und ich mitten in meiner Kindheit, die eigentlich hätte unbeschwert sein sollen.

Eines Tages befand ich mich bei den Täter*innen und es geschah ganz plötzlich. Mir wurden von jetzt auf gleich die Genitalien ins Gesicht gehalten und sie befriedigten sich direkt vor mir selbst. Ich war verängstigt und doch auch neugierig. Aber überwiegend sprachlos und angeekelt und wusste nicht, was ich nun tun sollte. Ich wusste nicht einmal was eigentlich gerade passierte, weil ich in einem Alter war, in dem ich noch keinen Schimmer hatte, was man mit sich selbst so tun kann und zu welchem Zweck das überhaupt dient. Mit jemandem darüber sprechen? Das kam mir nicht in den Sinn.

Ich war bereits der festen Überzeugung „komisch“ zu sein und mir würde man sowieso nicht glauben. Zumindest war ich durch die gezielte, monatelang vorangegangene Manipulation der Täter*innen felsenfest davon überzeugt, dass ich die war, die nicht normal war! Die Täter*innen köderten mich mit Essen, Eiscreme und auch mit neuen Spielsachen. Genauso trieben sie mich mental aber in den Wahnsinn. Machten sich über mich lustig, mobbten mich und trieben es häufig so weit, dass ich bitterlich anfing zu weinen, wegrannte, mich versteckte und mich erneut mit Essen vollstopfte. Es war ein ständiges Hin- und Her aus Anziehen und Distanz schaffen. „Liebe“ und Abstoßen. Es war miese Manipulation durch Bezugspersonen, denen ich anvertraut worden bin.

Eines anderen Tages wartete ich auf meine Mama und die Täter*innen zeigten mir Zeitschriften mit eindeutigen, nicht für Kinder geeigneten Bildern. Sie packten ihre Genitalien aus und begannen erneut, in der Eile, bevor meine Mama kam, sich selbst zu befriedigen. Ich saß dort, eingeschüchtert und ängstlich und hoffte so sehr darauf, dass meine Mama früher als erwartet hereingeschneit kommen würde. Unsicher und voller Beklemmung saß ich wie versteinert da. Ich traute mich nicht, hinzugucken. Wurde aber immer wieder aufgefordert, ich solle ruhig zu sehen. Es wäre wichtig das ich das lerne, ich müsse ja wissen wie das gehe – für später mal. Außerdem sei es schön und bringe Freude. „JA! Aber doch nicht für ein KIND!!“, schrie es in mir aber die Worte konnten nicht raus.

Ich traf wieder auf die Täter*innen. Ich saß am Tisch und war, wie ein ganz normales Kind, nur in einem T-Shirt und einer Hose bekleidet. Ich hatte vielleicht schon einen Ansatz von wachsenden Brüsten, wie genau, das weiß ich nicht mehr. Und die Täter*innen kamen von hinten an den Stuhl heran, griffen unter meinen Armen hindurch und umfassten meine Brüste und versuchten sie zu kneten. Ich presste meine Arme so fest ich konnte auf die Unterarme und Handgelenke, doch ich war leider zu schwach. Eine/r der Täter*innen kam zu uns in den Raum, sah das, und ging auf mich los, was ich mir wohl einbilde, so dazusitzen, nur mit einem T-Shirt bekleidet. Ich war schockiert und mir stiegen Tränen in die Augen. Die Täter*innen ließen lachend von mir ab und beschwichtigten mich, dass ich nur gekitzelt werden sollte. Ich wand mich vom Stuhl und verließ den Raum, um mir einen dicken Pullover anzuziehen, im Sommer! Als ich wenig später, verheult, wieder zurückkam, kamen die Täter*innen auf mich zu, welche bereits auf mich losgegangen waren, und fauchten mich an: „Wieso sitzt du nur so in diesem T-Shirt hier! Du weißt doch ganz genau wie die Täter*innen sind! Zieh dich gefälligst vernünftig an, wenn du hier bist!“ Heulend verließ ich den Ort und stopfte mich heimlich mit Essen und Eiscreme voll.

Manchmal kamen die Täter*inne auch nachts in mein Bett und fassten mit ihren Fingern meine Genitalien an. Das war zum Glück nicht allzu häufig der Fall und trotzdem schaudert es mich heute, wenn ich plötzlich daran denke und mir klar wird, dass ich es mir nicht eingebildet habe, wovon ich den Großteil meines Lebens ausging.

Warum ich mich nie jemandem anvertraute? Das versuchte ich. Ich erzählte einer Klassenkameradin davon, sie erzählte es auch ihren Eltern und diese verboten ihr den Umgang mit mir. Ich verstand die Welt nicht mehr und wurde nur noch mehr darin bestätigt, dass ich die war, mit der etwas nicht stimmte.

Ich versuchte auch anderen Personen davon zu erzählen, sogar sehr verzweifelt, doch wurde es abgetan, Schauermärchen darüber erzählt, dass, wenn das so stimme, die Täter*innen doch dann ins Gefängnis müssten. Dinge, die Kinder in solch schlimmen Situationen auch NICHT hören wollen und dürfen! Es gab rückblickend deutliche Anzeichen, die darauf schließen haben lassen, dass ich sexuellen Missbrauch erlebt habe. Ein Indiz dafür war, dass ich mich häufig in völliger Verzweiflung im Beisein von anderen Personen an Kissen und Sofaecken im Genitalbereich gerieben habe. Mein Verhalten wurde allerdings als peinlich, ekelhaft und unpassend abgetan und ich wurde dafür geschimpft und ziemlich unfreundlich zur Rede gestellt. Ein offenes Ohr, Empathie und das Interesse an der Ursache, hinter meinem außergewöhnlichen Verhalten, fehlten allerdings.

Mein großes Glück war, dass sehr aufmerksame Personen in unserem entfernteren Umfeld eine wesentliche Veränderung meiner Persönlichkeit wahrnahmen. Sie drängten darauf, mich bei einem Psychologen vorstellig werden zu lassen. Und ich glaube, ich habe dieser Psychologin zu verdanken, dass ich ohne noch weitreichendere Schäden aus diesem Missbrauch befreit wurde, wenn auch durch eigene Kraft. Die Täter*innen hörten durch Zufall, wie ich versuchte einer nahestehenden Person, nachdem ich durch die Psychologin neuen Mut geschöpft hatte, davon zu berichten. Dies war der erste, richtige Schritt, den es brauchte, um mich selbst zu retten. Den zweiten Schritt erledigte das Schicksal und es gab mehrere Gründe, dass die Täter*innen in meinem Leben nicht mehr präsent waren. Wer weiß, wo ich heute stünde, wenn es nicht diese aufmerksamen Personen und diese einfühlsame Psychologin in meinem Leben gegeben hätte. Durch sie weiß ich, dass ich es geschafft habe, heute da zustehen wo ich stehe und endlich, auch wenn es sehr abgeschwächt und anonymisiert ist, darüber berichten kann.

Ich traue mich endlich den Mund aufzumachen.

Das Tückische an Missbrauchsfällen oder anderen traumatischen Erlebnissen in der Kindheit ist, dass das menschliche Gehirn verdrängt. Und genau so geschah es auch bei mir. Viele Jahre dachte ich nicht mehr daran. Natürlich kam immer mal wieder der Gedanke nach oben, ich konnte ihn aber nicht so ganz greifen und verdrängte ihn wieder. Ich wollte es auch nicht wahrhaben und tat es als schlechten Traum ab, der sowieso nie stattgefunden habe.

Erst als ich die mentale Stärke erlangt hatte, die ich brauchte, lösten sich diese Erinnerungen immer mehr und mehr aus meinem Unterbewusstsein und kamen an die Oberfläche. Sie waren mitunter sehr stark für meine massiven emotionalen Essanfälle verantwortlich, die mich schon fast mein ganzes Leben lang begleiten. Als ich mir selbst Unterstützung an meine Seite nahm, um die Ursache für meine Essstörung aufzudecken, fügten sich die Puzzleteile zu einem Bild zusammen.

Nicht ich war abartig und abstoßen – es wurden abartige und abstoßende Dinge mit mir gemacht und deswegen fing ich an zu glauben, ich wäre es auch. Ich fand all das abstoßend und abartig – und doch wurde mir weiß gemacht, ich wäre komisch, weil es doch völlig normal sei.

Täter*innen sind manipulativ, nach außen nett und höflich und du siehst es ihnen einfach nicht an, welch krankhafte Vorstellungen und Neigungen sich hinter ihrem Lächeln und ihrer Freundlichkeit verbergen! Sie haben keine Merkmale, an denen du ihre Abartigkeiten erkennst. Es mangelt an Aufklärung der Kinder, immer noch!

Wie hat meine Sozialpädagogin im Jugendamt, mit welcher ich wegen meiner Tätigkeit als Tagesbetreuungsperson eng zusammenarbeite, zu mir gesagt, als ich ihr erschüttert von meinen Erinnerungen erzählte, die in mir schliefen und plötzlich ans Licht kamen? „Vielleicht sind Sie auch genau deswegen so ambitioniert und um die Aufklärung der Kinder und die Aufklärung der Eltern bemüht. Als Prävention des Kindesmissbrauchs.“ – Und ja, genau das ist mit einer der Gründe, da bin ich mir heute sicher!

Mein Learning

Sprich mit deinen Kindern. Schenke deinem Kind dein echtes Gehör und glaube ihm. Alles. Liebe es bedingungslos und stelle immer wieder klar, dass dein Kind mit dir über ALLES reden kann und dir NIE etwas Schlimmes passieren wird, nur weil dein Kind sich dir anvertraut. Nimm dein Kind ernst mit seinen Ängsten und Gefühlen. Sprich mit deinem Kind offen über Menschen, die diese Neigungen haben. Mache kein Tabu daraus. Benenne alle Geschlechtsorgane mit dem richtigen Namen. Verniedliche und verheimliche nichts. Spreche über Sexualität wie über Kochen! Es ist normal! Reiche deinem Kind die Hand, wann immer du das Gefühl hast, dein Kind braucht es. Bitte sei achtsam und achte gut auf jede Veränderung die dir bei deinem Kind auffällt. Hast du (noch) keine Kinder? Ist völlig okay – achte so auf die Kinder deiner Freunde, Familie und Nachbarn, als wären es deine eigenen wären. Verbreite diese Botschaft und hilf dabei Missbrauch am Kind zu enttabuisieren.

Außerdem habe ich für mich mitgenommen, dass alles immer irgendwie gut wird. Dass ich aus jedem Mist, egal wie sehr er stinkt, etwas Wundervolles erschaffen kann. Und dass Empathie und damit auch Vergebung für mich einer der Schlüssel zu meiner bedingungslosen Selbstannahme waren.

Mobbing in der Schulzeit

Durch die berichteten Vorfälle veränderte sich mein gesamtes Wesen. Ich fraß mir immer mehr einen Schutzpanzer an. Bewegte mich zwischen Diäten und Fressanfällen hin und her und strahlte irgendwann natürlich auch nach außen aus, dass ich mich abstoßend und widerlich fand. Dass ich es in mir selbst nicht mehr auszuhalten schien. Die Psychologin hat eine unglaublich gute Arbeit geleistet. Aber nichtsdestotrotz hat der Missbrauch natürlich seine Narben hinterlassen, auch wenn ich ihn nicht mehr so stark im Bewusstsein hatte und die Erinnerung daran zunehmend verblassten, aber nie ganz verschwanden.

Und so kam es, dass ich sowohl für einen Teil meiner damaligen Lehrer als auch Mitschüler das gefundene Fressen war, um gemobbt zu werden. Ich hatte auch keine sichere Bindung zu meiner Mama und konnte mich ihr nur sehr schwer anvertrauen. Sie war immer recht beschäftigt, weil sie viel arbeitete und alleinerziehend war, da sie sich von meinem Vater, der Alkoholiker war, bereits trennte als ich vier oder fünf Jahre alt war.

Das Mobbing sah unterschiedlich aus.

Einmal hatte eine Lehrerin bei einem Elternsprechtag meine Mutter zu sich zitiert, um ihr mitzuteilen, dass ich völlig abnormal sei, weil ich mich nicht schminken würde, so wie alle anderen Mädchen in der Klasse. Ob meine Mutter mal darüber nachgedacht hätte, mich untersuchen zu lassen, weil ihr das nicht normal vorkäme. Diese Frau war nicht normal. Sie machte mir den Schulalltag zur Hölle. Sie konnte dicke Kinder nicht leiden. Und ich war dick, ziemlich dick sogar. Und wurde immer dicker.

Ein andermal hatten wir mit der Schule einen Ausflug und ich bemerkte, wie das „Anführer Mädchen“ der Klasse (du weißt sicher, was ich meine!) über eine angeblich sehr gute Freundin von ihr herzog. Ich berichtete dies der besagten Freundin, weil mir Gerechtigkeit wohl doch schon immer in den Knochen saß. Die Anführerin beschloss daraufhin mir am nächsten Morgen vor versammelter Mannschaft vor der Schule eine Ohrfeige zu verpassen. Gesagt, getan! Und so kam es, dass ich nichtsahnend dastand und mir eine Ohrfeige einfing. Um ihre Hand abzuwehren, erhob ich meinen Arm, was mir im späteren Verlauf des Tages von der Konrektorin als „Du wolltest doch nur zurückhauen!“ ausgelegt wurde, woraufhin sich wieder alle über mich lustig machten.

Das Mobbing reichte weiter über tägliche, kleinere Hänseleien bis hin zu wirklich fiesen Lachattacken, bei welchen ich vor der ganzen Klasse zum Idioten gemacht wurde. Kein Lehrer, kein Mitschüler, einfach niemand der die Courage besaß und sich mir annahm und mich für voll nahm. Wie denn auch? Ich war ja selbst schon so überzeugt davon, dass alle richtig sind nur ich eben nicht.

Ich kann mich auch noch gut daran erinnern, wie ich mit alten, ausgelatschten Turnschuhen an meinen Füßen im Unterricht saß. Die Schuhe stanken schon ziemlich, was mir selbst mehr als unangenehm war. Ich wurde von der gesamten Klasse verspottet und fertig gemacht. Mir stieg das Blut in die Ohren und ich wäre am liebsten schreiend davongerannt. Auf der einen Seite die Mitschüler und Lehrer die sich über mich lustig machten und auf der anderen Seite meine Angst meine Mama nach neuen Schuhen zu fragen. Ich wollte niemandem Stress bereiten. Nicht in der Schule und erst recht nicht zu Hause. Hätte ich allerdings nach neuen Schuhen gefragt, wusste ich, dass es Stress für meine Mama gewesen wäre, weil sie immer predigte, dass einfach nie genug Geld für irgendetwas da war und sie sofort richtig schlechte Laune bekam. Was ich auf keinen Fall wollte, war, dass sie noch schlechtere Laune bekam und ich das Gefühl hatte auch noch Schuld daran zu sein, dass wir noch weniger Geld hatten. Ich schämte mich sogar dafür, meine Mama nach einer vernünftigen Jacke für den Winter zu fragen und fror mir lieber den Hintern in einer dünnen Cordjacke oder Sportjacke ab. Ein nicht enden wollender Teufelskreis der Hilflosigkeit der einem Kind einfach nicht zumutbar ist.

In einer der weiterführenden Schulen, die ich besuchte, verguckte ich mich in einen Jungen aus der Klasse und nahm meinen ganzen Mut zusammen und erzählte einem Mädchen davon, von der ich dachte sie wäre eine Freundin. Am nächsten Tag wusste es gefühlt die gesamte Schule und die Mobber hatten neues Futter für ihre Hasskanonen um mich damit fertig zu machen. Namen wie „Sarah-Ball“, „Ballon-Sarah“ oder „Stinktier“ waren noch die harmloseren Dinge, die mir täglich an den Kopf knallten.

Als dann auch noch meine Schwester auf die gleiche Schule kam wie ich, war es für mich das absolute Aus. Ich wollte mir doch nicht die Blöße geben und vor ihr dastehen wie der letzte Depp. Zuhause hätte mir das doch sowieso nie jemand geglaubt. So blieb für mich nur die Flucht nach vorne. Völlig allein und mit den Noten auch noch total im Keller, was anderes hätte auch sehr verwundert, verließ ich auf mein Drängen hin die Schule und wechselte auf eine Hauptschule, um nur so schnell wie möglich mit dem Thema Schule abschließen zu können.

Dort erlebte ich das erste Mal in meinem Leben, was es eigentlich bedeutet, einen starken Zusammenhalt in einer Klasse zu erleben. Ich bin meiner damaligen Freundin aus meinem Wohnumfeld, die mich überredete alle Hebel in Bewegung zu setzen, um auf ihre Schule wechseln zu können, so dankbar, das kann sich kein Mensch vorstellen. Endlich kein Mobbing mehr. Endlich wurde ich einfach so angenommen, wie ich war. Ich fand sogar richtige Freunde, irgendwie zumindest. Weil sich unsere Wege dann doch relativ schnell wieder trennten, nach nicht mal einem halben Schuljahr. Aber immerhin hatte ich dann endlich meinen Abschluss in der Tasche.

Mein Learning

Ich weiß, dass ich wie ein Löwe hinter meinen Kindern stehe und stehen werde. Mobbing wird für sie nie ein Thema werden, weil ich da bin. Weil das meine verdammte Pflicht und Verantwortung ist, ihnen zu zeigen, dass Mobbing nie ein Weg ist. Egal aus welcher Position. Empathie wird viel zu selten an unsere Kinder herangetragen – hier muss dringend etwas passieren. Und genau das lebe ich meinen Kindern jeden Tag vor. Und du kannst mir glauben, gerade durch die Hautfarbe meiner Kinder hatten wir schon so einige Begegnungen mit Rassismus und Mobbing. Aber soll ich dir was sagen? Jede Konfrontation macht uns nur noch stärker! Hass ist nie die Lösung für Probleme. Und ich gebe nicht auf meine Botschaft zu verbreiten und immer und immer wieder aufzustehen, bis es auch der letzte kapiert hat!

Ich bin stolz, mit welcher mentalen Stärke ich heute hier stehe und aus dieser Hölle herausgekommen bin. Mich verwundert es selbst immer wieder, dass ich nicht völlig abgerutscht bin und auf dem Weg geblieben bin. Ich glaube, genau deswegen kann ich heute auch so unglaublich positiv sein und habe den Blick immer auf das Gute gerichtet. Keine Frage, es wäre sicher nicht verkehrt gewesen, nicht so viel Scheiße fressen zu müssen, aber großen Einfluss hatte ich als Kind einfach nicht. Es obliegt immer noch, bis zu einem gewissen Alter der Kinder, den engsten Bezugspersonen und Eltern, miese Sachen fernzuhalten und die Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen. Wenn das nun aus irgendwelchen Gründen nicht möglich sein sollte, so wie in dem Fall von mir und meiner Schwester, sollten sich die Eltern Unterstützung mit ins Boot holen. Nach Hilfe zu fragen ist nie eine Schwäche, sondern immer nur ein Zeichen von Stärke, auch wenn es schwerfällt.

Sag deinen Kindern und Mitmenschen wie wundervoll und stark sie sind, so wie sie sind. Sie brauchen nichts zu leisten, denn sie sind allesamt schon vollkommen!

Arbeitswelt

Geprägt durch das Mobbing, für das ich mir keine therapeutische Hilfe mit an die Seite genommen habe, startete ich mehr schlecht als recht in meine Ausbildung. Diese Ausbildung wollte ich eigentlich nie machen, nahm sie aber, bevor ich völlig ohne etwas dastand. Ich war eh schon „komisch“ und „abstoßend“, da wollte ich nicht auch noch den Versagerstempel aufgedrückt bekommen.

Während meiner Ausbildung war ich für die blöden Aufgaben meist gerade gut genug und erst nach mehrmaligen Gesprächen durch meine Mama wurden mir auch andere Aufgaben übertragen. Das aber auch nur widerwillig. Das schlimmste Erlebnis, welches ich mit dem Einzelhandel und der Art und Weise, wie Menschen dort behandelt werden, verbinde, möchte ich dir natürlich nicht vorenthalten.