Kochbuch für die kleine alte Frau - Sybil Gräfin Schönfeldt - E-Book
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Kochbuch für die kleine alte Frau E-Book

Sybil Gräfin Schönfeldt

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Beschreibung

Was koche ich für mich allein? Wie Sybil Gräfin Schönfeld diese tägliche Frage eines jeden Alleinlebenden löst, ob Witwe, Witwer oder Single. Wie sie aus dem Reichtum ihrer Erfahrungen als Food-Journalistin und aus dem Schatz an Familienrezepten schöpft und mit ihrer lebenslangen Liebe und Lust am Kochen Ideen für Ein-Personen-Gerichte entwickelt. Was ihr schmeckt, wo sie isst und was sie isst. Das ist so locker und leicht, so anregend und amüsant erzählt wie ein bunter Reigen.Dieses Kochbuch ist eine kulinarisch-autobiografische Köstlichkeit. »In den kleinen Geschichten, die zu jedem Rezept gehörten, spürt man die lebenslange Lust der Autorin am Kochen. Und am Leben natürlich.« Christine Westermann

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Küchenerinnerungen

Das dicke rote Buch meiner Großtante

Margrets Mandeltorte

Das dicke schwarze Buch meiner Großmutter

Reisgerichte

Vom Ketten-Kochen

Der Hamburger Großvater und sein Porridge

Mein Frühstückspartner

Der Pressure Cooker

Koche froh mit rororo

Das israelische Frühstück

»First taste of paradise«

Der Hundertjährige, der Arroz à la Cubana kocht

Salat aus der Pfanne

Meine Schnellgerichte

Beignets – noch ein Schnellgericht

Eine Zufallsmahlzeit

Wie ich Food-Journalistin wurde

Vom Fisch oder »Dir wachsen noch Kiemen«

Chicken à la King und andere Hühnerrezepte

»Gibt es bei Ihnen immer so etwas?«

Aber der Quark …

Gemüse im Topf

Mein erstes Fleischrezept

Die berühmte Mousse au chocolat und andere Schokoladendesserts

Der Baiser-Schwan

Goethe und meine Obstsalate

Die Torte Malakoff

Rote Grütze auf Hamburger Art

Kochen – Zeitzum Nachdenken

Orientierungsmarken

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Küchenerinnerungen

Sie klingelte, als ich in meiner Junggesellenküche gerade die gewürfelte Paprikaschote zu den angedünsteten Zwiebeln in die Pfanne gegeben hatte. Ich stellte das Gas ab, öffnete die Tür und sagte zu meiner Kollegin: »Du musst mit in die Küche kommen. Ich bin mitten im Kochen. Willst du mitessen? Dann schneide die andere Paprikahälfte in Würfel!«

Sie war gerade fertig mit dem Schneiden, als die Pfanne wieder heiß war. Noch ein bisschen Butter dazu und rühren, bis die Paprikawürfel fast gar waren. Dann die gewürfelten Tomaten dazu – mehr als zwei hatte ich nicht –, würzen. »Willst du abschmecken?«

Ich hatte Glück. Erstens schmeckte es ihr, und zweitens gab der Kühlschrank noch eine Bratwurst her. Mit nassen Händen streifte ich das Brät zu Nocken heraus und ließ sie im Gemüse garen.

»Das musst du aufschreiben!«, sagte meine Kollegin. »Genau solche Rezepte brauche ich jetzt!« Sie war früh verwitwet, lebte allein, die Kinder waren gerade aus dem Haus.

»Solche Rezepte?«

»Ja, so schön klar im Geschmack und rasch gemacht. Ich hab keine Lust, für mich allein viel Umstände zu machen.«

Das war damals, als ich noch ein Single mit zwei Teetassen und einer Pfanne war und nicht ahnte, dass mir erst einmal alles andere als Single-Gerichte bevorstand, der Beruf, die Kollegen, die ich zum Abendbrot einlud, die Ehe, die neue Familie, die ganz anderen Einladungen, die Kinder, die Feste und Ferien mit ihnen und mit allem, was einen Haushalt ausmacht: Töpfe und Pfannen, die ich kaufte, Tassen und Teller, die ich erbte. Und in der Mitte der Tisch, um den sie alle saßen und immer wieder bewiesen, dass Essen mehr als Nahrung ist: Es eint. Es ist des Lebens Wonne.

 

Ich stehe in meiner Wohnung, in der ich seit 60 Jahren lebe, inmitten von Dingen, die noch sein werden, wenn ich nicht mehr bin. Und inmitten all meiner Küchenerinnerungen. Da ist der Küchenschrank, extra nach den Wünschen meiner Großtante vom Tischler Kreidel angefertigt.

»Der gehört auf den Sperrmüll«, sagte der Mann, der neben ihm den Kühlschrank installierte. »Mit einem solchen Schrank kriegen Sie nie eine ordentlich geschlossene Küchenzeile zustande!«

Ich will aber keine ordentlich geschlossene Küchenzeile. Ich will den Schrank. Vollholz. Rahmentür. Rund gedrechselte Füße. Er knackt und knarzt wie ein alter Mann, und durch ein Seitenbrett läuft ein Riss, der aufplatzte, als der Schrank nicht mehr in der Küche mit dem Holzherd stand, sondern bei mir und der Zentralheizung. Verstellbare Holzregale, alle von der Großtante sorgfältig mit Linoleum ausgelegt, das es heute noch gibt und an dem manchmal die schweren Porzellanplatten festkleben. Wenn ich ihn anschaue, schlank und hoch, rieche ich, wie der Hefeteig roch, der neben ihm unter einem Küchentuch aufzugehen begann, und weiß noch genau, in welchem Fach der schwarze Schmortopf stand, in dem ein kleiner Hackbraten hinten auf der Herdplatte, wo die Hitze nicht mehr so stark war, leise vor sich hin schmorte.

Das war die Küche meiner Kindheit, die Küche der beiden Rote-Kreuz-Schwestern, bei denen ich aufgewachsen bin. Das waren die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als die Küche noch nicht mit elektrischen Geräten ausgestattet war. Es gab das Arbeits- und das Backbrett, das auf den Küchentisch gelegt wurde, es gab die Schublade mit Kochlöffeln, verschiedenen Messern und anderem Gerät, und in der Speisekammer hingen Durchschlag und Siebe, Reibeisen, Kartoffelstampfer und Schneebesen nebeneinander an den langen Nägeln.

Es gab die Küche und die Speisekammer. Es gab den Keller, in dem der Einmachschrank stand, aus Latten gebaut, sodass die Weckgläser mit Kompott und Marmelade Luft hatten, und daneben die Kartoffelkiste, und im Herbst kamen die Obsthorden dazu. Äpfel für alle Tage, kleine rote für Weihnachten, andere, die zu einer unbeschreiblichen Süße schrumpelten und bis Ostern hielten.

Es wurde jeden Tag eingekauft. So kam von ganz allein das frisch in die Küche, was die Jahreszeit zu bieten hatte. Zuerst ging meine Großtante in die Gärtnerei. Ich trug den Korb. Sie begutachtete mit dem Gärtner die Salatköpfe im Beet und ließ sich den abschneiden, der ihr gefiel. Auf dem Heimweg kam das frische Brot in meinen Korb, und wenn der rothaarige Bäckergeselle den Zwetschgenkuchen aus der Backstube in den Laden brachte, schnitt er uns gleich ein Stück ab.

Wenn ich heute, ein ganzes Lebensalter später, die Tür von Kreidels Küchenschrank öffne, denke ich an die kleine Reichsstadt an der Lahn. Die Stadt gibt es nicht mehr. Die letzten Bombenteppiche im März 1945 haben sie so zerstört, dass nur der Name blieb. Aber der Schrank ist noch da, ein lebendiges Exempel für die Entscheidungen, die ich eigentlich treffen müsste. Ich schaue mich um und frage mich: Was brauche ich noch? Was hat sich in den 60 Jahren alles an Gerät und Geschirr angesammelt! Und wie werde ich es wieder los? Sperrmüll? Flohmarkt?

Da ist die Teekanne, die sich mein Mann extra und nach speziellen Tee-Ideen von einer Töpferin herstellen ließ. Das erste Geschirr, das ich nach genau den gleichen Prinzipien kaufte wie Goethe sein billiges Pfeifentongeschirr fürs Gartenhaus. Unseres war blau-weißes englisches Steingut aus einem Ausverkaufsangebot, und ich kaufte es, weil die Kinder in den stürmischen Jahren waren und sich keiner aufregen sollte, falls es Scherben gab. Da ist der verrückte Doppeltoaster, in dem alles unten verbrannte und oben kalt blieb. Er landete in der Verbannung des obersten Regals der Butze, wo er seitdem einstaubt. Und da ist der Tellerwärmer, den wir nie benutzt haben. Weihnachtsgeschirr, das ich, seit zehn Jahren allein, nie mehr brauchen werde.

Eine Freundin hat einmal in der gleichen Situation gesagt: »Alles, was du fünf Jahre lang nicht in die Hand genommen hast, kannst du wegwerfen.«

Kann ich das? Muss ich das?

Ich muss es nicht. Noch nicht. Es ist genug Platz in Schränken und Schubladen. So werfe ich gelegentlich weg, was wirklich überflüssig oder alt und verrostet ist, aber bestimmt nicht die großen orangefarbenen Creuset-Töpfe mit ihrem weißen Inneren. In dem ovalen größten habe ich die knoblauchgespickte Lammkeule gebraten. In dem runden großen das Gulasch aus Lamm oder Rind geschmort. In der Gratinform am liebsten den Semmelauflauf mit Äpfeln und Mandeln, den die Kinder so liebten.

Eines Tages kam eine Cousine. »Was? Du hast noch all diese herrlichen Töpfe?«

Ja, ich habe sie, aber ich brauche sie nicht mehr. Ich bin froh darüber, dass ich diese getreuen Helfer wie einen Hund oder eine Katze »in gute Hände« abgeben konnte. Die Cousine hat Töchter, und die Töchter haben auch Töchter, also sehe ich meine Töpfe von Küche zu Küche ziehen, vielleicht von Land zu Land. Sie werden zwei bis drei weitere Generationen bestehen, und ich habe noch einen Schmortopf behalten. Er ist schwarz, aus Gusseisen, sicher älter als ich.

Was habe ich nicht alles in ihm gekocht!

Jeder verfügt über einen Schatz an Rezepten, die sich im Lauf des Lebens angesammelt haben, die man bei Freundinnen kennengelernt und vielleicht geschenkt bekommen hat. Ich hege und pflege sie, die Rezepte für die ganze Familie, weil ich sie so liebe, weil sie Erinnerungen an bestimmte glückliche, heitere Momente im Leben wecken. Manchmal lese ich sie nur, wie die in dem dicken roten Buch meiner Großtante, und manchmal überlege ich, wie ich daraus eine Einzelmahlzeit entwickeln könnte. Denn heute kann ich aus der Fülle der Gerichte, aus den Erfahrungen eines langen Lebens das aussuchen, was mir im Alter, wieder ein Single, passt und schmeckt.

Das dicke rote Buch meiner Großtante

Bei meiner Großtante gab es ein dickes rotes Buch. Der Vater hatte es ihr eingerichtet, als sie, ein halbes Kind, ihm nach dem Tod der Mutter den Haushalt führte. Er schrieb ihr mit winziger, eleganter Schrift auf, wie man Rostflecken aus Leinen tilgt, wie man den Schmerz im hohlen Zahn betäubt oder wie man eine Christstolle backt. Ein paar Seiten weiter schrieb die Tochter in ebenso gestochen schöner Handschrift ihr erstes Rezept auf.

Sandtorte