Kopf hoch, Deutschland! - Gabor Steingart - E-Book

Kopf hoch, Deutschland! E-Book

Gabor Steingart

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Beschreibung

Orientierung und Welterklärung in Kurzform:
Das Beste aus Gabor Steingarts "Morning Briefing"


Welche E-Mail lesen Deutschlands Manager, Schüler und Politiker schon um 6 Uhr morgens?
Das "Morning Briefing" des "Handelsblatt"-Herausgebers und Bestsellerautors Gabor Steingart. Steingart erklärt das Weltgeschehen und hat bei seinen über 500.000 Abonnenten Kultstatus. Sein Markenzeichen: Themen setzen, kommentieren, pointiert, kritisch, aber immer mit Zuversicht.
Der Wert des Geschriebenen zeigt sich, wie bei einem guten Tagebuch, erst in der Rückschau. Für sein Buch "Kopf hoch, Deutschland!" hat Steingart das Beste aus seinem morgendlichen Weckruf zusammengestellt, überarbeitet und thematisch neu geordnet: Entstanden ist ein kluger und inspirierender Blick auf unsere Welt, wie sie wirklich ist.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 114

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GABOR STEINGART

KOPF HOCH,DEUTSCHLAND!

 

Mit demMORNING BRIEFINGdurch stürmische Zeiten

 

 

 

Mit Karikaturen vonBerndt A. Skott

 

 

 

 

 

 

 

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © der Originalausgabe 2017 beim Albrecht Knaus Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München Gestaltung und Satz: Oliver Schmitt

 

 

 

 

 

 

Dem weht kein Wind, der keinen Hafen hat, nach dem er segelt.

 

Michel de Montaigne

KOPF HOCH, DEUTSCHLAND!

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

über die Jahre haben mich viele von Ihnen gebeten, dem täglichen »Morning Briefing« doch seine flüchtige Form zu nehmen und ihm eine festere, unverwüstliche Gestalt zu geben, zum Beispiel in Form eines Buches. Zwischen zwei Buchdeckeln, so die Idee, können einem die Gedanken des Morgens nicht mehr so leicht entwischen. Stellvertretend sei hier aus dem Schreiben der Eheleute Peter und Bärbel Riedel zitiert:

»Danke für die überaus erfreuliche morgendliche Lektüre, die wir nicht mehr missen möchten. Unsere dringende Bitte an Sie – geben Sie Ihrem Herzen einen großen Stoß und bereiten Sie Lesern wie uns eine Freude, am Jahresende eine Gesamtzusammenfassung der Briefings erwerben zu können. Das wäre ein gelungener Jahresabschluss!!!«

So hartherzig kann ich gar nicht sein, mich den fortgesetzten freundlichen Bitten meiner treuen Leser zu entziehen. Ich bedanke mich sehr herzlich für den so zahlreichen Zuspruch, den ich über die Jahre erhalten habe. Er hat mich schließlich ermutigt, die rund 1400 morgendlichen Briefe der vergangenen Jahre noch einmal zu durchforsten. Welche Personen und Ereignisse haben Bestand? Welche Einschätzung gilt auch heute noch? Welches Gefühl verdient es, bewahrt zu werden?

So ist denn dieses Buch, das den Titel »Kopf hoch, Deutschland!« trägt, entstanden: In Stichworten lexikalisch geordnet beruht es auf Gedanken und Pointen des »Morning Briefings«. Angereichert wird der Text mit den Karikaturen von Berndt Skott, der Sie und mich nun schon seit so vielen Jahren mit seinem humorvollen Blick auf die Welt begleitet.

Dieses Buch ist so gesehen einerseits ein Beitrag gegen die Vergesslichkeit und Vergänglichkeit, auch die Vergänglichkeit der Ereignisse und Stimmungen. Es möchte aufheben, bewahren und somit einen Beitrag leisten beim Erinnern. Andererseits aber möge es vor allem eine Hilfe sein beim Finden und Festigen eines eigenen Standpunkts. Denn den wird es brauchen, will man im allgemeinen Weltbeben nicht den Halt verlieren.

Seit längerem schon sind wir umbraust von Verrücktheiten aller Art. Es wäre Tiefstapelei, sie »den Zeitgeist« zu nennen. Denn »Geister« gibt es mehrere.

In unserer Welt ringen mindestens zwei Geisteshaltungen um die Vorherrschaft. Auf der einen Seite stehen die Polarisierer und Zuspitzer. Sie reagieren auf eine Welt von Hochgeschwindigkeit und Hyperkomplexität mit zunehmender Gereiztheit. Sie leben im Gefühl der herannahenden Apokalypse, der sie sich durch Vorurteile und einfache Unwahrheiten zu entziehen versuchen. Das Fremde ist ihr Sündenbock, Donald Trump ihr Präsident. An der schlechten Laune sollt ihr sie erkennen.

Dem gegenüber steht die Gruppe der unerschütterlichen Optimisten. Sie schaut auf dieselbe Welt, aber mit einer anderen Haltung. Sie sieht Gründe für Kritik, aber nicht für Verzweiflung. Sie will den anderen verstehen und ihn nicht hinter einer großen Mauer verschwinden lassen. Konflikte gehören für sie entschärft, nicht auf die Spitze getrieben. Die Zuversichtlichen glauben an die Macht des Rechts, derweil die anderen die Macht anbeten. Eine Welt der vielen Farben, Stimmen, Sprachen und Gedanken regt die einen auf und die anderen an. Die Zuversichtlichen möchten mit dem anderen nicht Krieg, sondern ein Gespräch führen.

Wie stark sich die Gewichte zwischen den beiden Geisteshaltungen verschoben haben, kann man in den USA, in Großbritannien und neuerdings auch im Deutschen Bundestag besichtigen, dem erstmals eine rechte Partei angehört. Die Weltmacht des 21. Jahrhunderts könnte nicht die Aufklärung, sondern das Ressentiment werden. So wird eine Immunschwäche der Gegenwartsgesellschaft sichtbar, die das wahre Leben in seiner Vielschichtigkeit offenbar nicht mehr ertragen kann. Überforderung verwandelt sich in Sorgen, Sorgen – wenn sie denn nicht ernst genommen werden – in Verzweiflung, Verzweiflung in Zorn, sogar Hass. Die Menschen beginnen, mit feuchter Aussprache zu sprechen. Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte des Zorns, hat Alexander Kluge kürzlich gesagt.

Doch die Demokratie lebt davon, dass es mehr Zuversichtliche als Verzagte gibt. Wer in sich das Licht der Erkenntnis auspustet und sich dem Negativismus hingibt, kann der Gesellschaft, aber auch der eigenen Firma und Familie keinen großen Dienst mehr erweisen. Insofern beginnt der Kampf gegen den Populismus nicht auf der Straße, sondern im eigenen Kopf. Das Gegengift zur Welt der Populisten heißt nicht »Kampf«, sondern »Zuversicht«.

Dieses kleine Buch möchte allen Zuversichtlichen und solchen, die es bleiben oder werden wollen, als Überlebenshilfe dienen. Der Autor schaut dabei nicht mit rosarot verspiegelten Brillengläsern auf die Welt, sondern mit aller gebotenen Klarheit auch auf Probleme und Ärgernisse. Aber was er da sieht, lässt ihn nicht verzweifeln, sondern ermuntert ihn zu einer extra Portion Zuversicht. Es gibt kein einziges Menschheitsproblem, das sich mit Angst oder Verzagtheit besser lösen ließe. Zuversicht und Humorbereitschaft dagegen helfen, das Leiden an der Gegenwart zu lindern und die Lust auf Zukunft zu steigern.

ABFINDUNG

 

Winterkorn übernahm erst die Verantwortung und dann eine millionenschwere Abfindung. So sehen moderne Wunder aus: Jesus verwandelte Wasser in Wein, Winterkorn eine Sauerei in Geld.

 

 

ABHÖRGESETZ

 

Der Preis der Freiheit darf niemals die Freiheit selbst sein.

 

 

ABSCHIED

 

Heute Morgen müssen wir uns selbst betrauern. Die Welt ohne den Welterklärer Helmut Schmidt hat sich in einen zugigen Ort verwandelt. Wenn Leben Verstehen bedeutet, dann hat auch unser Licht zu flackern begonnen.

Es wäre untertrieben zu sagen, der Verstorbene habe ein erfülltes Leben gelebt. In Wahrheit waren es mindestens drei in einem. Er war Politiker, Staatsmann und Publizist. Mensch war er auch. Und was für einer!

Vielleicht ist sogar sein leidenschaftliches Mensch-Sein der Schlüssel zu allen anderen Erfolgen. Schmidt besaß die Gabe des Zuhörens und des Staunens. Neuigkeiten erschöpften ihn nicht, sie luden ihn auf.

Gerade als Herausgeber der »Zeit« pflegte er das, was er lange zuvor begonnen hatte: das Gespräch mit seinen Landsleuten. Der typische Schmidt-Ton war deutlich, oft scharf und ironisch, zuweilen spitzbübisch, und dennoch war da immer ein milder Unterton, der wärmte. »Schmidt Schnauze« hat man ihn in seinen jungen Abgeordnetenjahren genannt. Es handelte sich um eine Schnauze, die an Herz und Hirn angeschlossen war. Dieser Schmidt sprach mit uns über Politik, übers Kettenrauchen, über diesen »Scheißkrieg«, wie er sich ausdrückte, und schließlich – als 96-Jähriger – sogar über das Fremdgehen: »Ich hatte eine Beziehung zu einer anderen Frau«, beichtete Schmidt der Nation nach 68 Ehejahren mit seiner Loki.

So konnte nur einer reden, der Mensch, nicht Engel war, mit allem, was das bedeutete, wenn man in das Jahr 1918 hineingeboren war: Nazi-Verführter, Kriegsteilnehmer, Kriegsverletzter, schließlich Europäer aus Scham und Überzeugung. Geschichte vergeht nicht, war seine Überzeugung, weshalb er auch in der Nachkriegs-SPD und nicht bei den Nachkriegskonservativen vom Schlage Strauß, Filbinger und Dregger seine Heimat fand.

Wenn die heutige SPD und ihr Vorsitzender sich nur eine der Schmidt’schen Eigenschaften einverleiben dürften, dann sollte es diese sein: Haltung. Schmidt war eben nicht das Fähnchen im Wind, sondern der Fahnenmast. Er liebte die Menschen mehr als die Partei. »Rate den Mitbürgern nicht das Angenehmste, sondern das Beste«, hat er mal gesagt.

Die Welt braucht die Alten und Weisen, ihren historisch begründeten Optimismus und auch ihre in den Strömungen der Zeitläufe geformte Nachsicht gegenüber jenen, die erst noch so werden wollen, wie sie waren. Deshalb ist heute – da hilft jetzt auch der Verweis auf das biblische Alter des Verstorbenen nicht mehr viel – ein trauriger Tag. Allzu viele im Schmidt-Format hat es in der bundesdeutschen Geschichte nicht gegeben.

[11.11.2015]

 

 

ACHSE,DEUTSCH-FRANZÖSISCHE

 

Die deutsch-französische Achse rotiert wieder, wobei der Motor der Ideen derzeit vor allem aus Paris seine Energie bezieht: Macron treibt, Merkel dreht sich mit.

 

AFD

 

Aus Nichtwählern wurden Wutbürger und schließlich AfD-Wähler. Da stehen sie nun mit ihren Trillerpfeifen und bevölkern den rechten Rand des politischen Marktplatzes.

 

Im neuen Bundestag wird erstmals eine rechte Partei vertreten sein, die den Weltkriegssoldaten als Helden und den Ausländer als Sündenbock betrachtet. Damit hat das Parteiensystem keine Alternative, sondern eine Missgeburt hervorgebracht.

 

Die Funktionäre der AfD müssen gar nicht stigmatisiert werden. Sie stigmatisieren sich fortlaufend selbst. Sie werden uns niemals regieren, nur immer wieder beschämen.

[25.9.2017]

 

 

AIDA

 

Das Konzept eines schwimmenden Freizeitclubs hat die Welt der Kreuzschifffahrt revolutioniert. Bis zur Erfindung der »Aida«-Partyschiffe galt für die Kreuzfahrer der triste Dreiklang: Landgang, Tischgang, Stuhlgang.

 

 

AJATOLLAHISIERUNG

 

Trump und die radikalisierten Religionsführer sind sich in ihren Reaktionsschemata ähnlicher, als sie wahrhaben wollen. Die Ajatollahisierung hat von Teheran auf Washington übergegriffen – und wirkt von dort zurück.

 

 

AKTIEN

 

Die Deutschen spielen lieber Lotto, als Aktien zu kaufen. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, beim Lotto einen Totalverlust zu erleiden, die höchste.

 

 

AKTIENKURS

 

In den Aktienkursen ist die Zukunft enthalten – und wahrscheinlich auch schon die Zeit danach.

 

 

AKTIENMARKT

 

Jede Überdosis kann schädlich sein, auch eine Überdosis Optimismus.

 

 

AKTIONÄRE

 

Bedauerlich ist, dass die Mehrzahl der Deutschen keine Aktionäre sind. Die Gewinne sprudeln, aber sie sprudeln an ihnen vorbei.

 

 

ALEXA

 

Eine Herrin, die sich als Dienerin ausgibt.

 

Alles wird digital und virtuell. Nur ärgern tun wir uns bis ans Ende unserer Tage – analog und in echt.

 

 

ALLIANZ-VERSICHERUNG

 

Das einzige Beruhigungsmittel, das an der Börse verkauft wird und nicht in der Apotheke.

 

 

ALTERNATIVE

 

Es gibt Alternativen zur militärischen Eskalation, die unserem Land bekömmlicher sind. Deutschland braucht an der Spitze kein hartes Gesicht, sondern einen klugen Kopf.

 

 

AMERICA FIRST

 

Die Weltgeschichte kennt keine unverzichtbaren Mächte.

 

Amerika hat begonnen, jene Ordnung einzureißen, die es selbst geschaffen hat.

 

Ich bin auf dem Rückflug von New York, während ich diese Zeilen schreibe. In der Absicht, mich zu zerstreuen und der Gegenwart zu entkommen, lese ich, was die amerikanische Dichterin Sylvia Plath vor mehr als einem halben Jahrhundert über »The Great Gatsby« geschrieben hat: »Dragon goes to bed with princess«.

Unwillkürlich muss ich an Trump denken, der mit seinem neureichen Imponiergehabe Amerika verführt hat. Ich denke aber auch an die Zehntausende von Frauen, die sich nicht haben verführen lassen, die durch New York marschiert sind, die uns veranlasst haben, aus dem Taxi zu springen, um mit ihnen zu gehen. »Not my President«, stand auf einem der Plakate.

Wäre Angela Merkel in New York gewesen, hätte sie dieses Schild in unser aller Namen hochhalten können. Not our President. Es geht dabei nicht um Zu- oder Abneigung, es geht um Interessen. Dieser 45. Präsident – und darin liegt die historische Zäsur seiner Machtübernahme – stellt seine Interessen über unsere. Wir dürfen Amerika dienen oder uns trollen. Amerika kommt zuerst – und danach lange nichts.

Bei einem Notfall ruft man in Deutschland normalerweise die Notrufzentrale 110 an. Wenn in den internationalen Beziehungen Gefahr im Verzug ist, haben sich Israelis und Araber, Weltbankpräsidenten, IWF-Direktoren und deutsche Bundeskanzler angewöhnt, die 001-202-456-1414 zu wählen, die Nummer des Weißen Hauses.

Dort fanden die Ratlosen Rat, die Geldknappen Geld, und wenn es sein musste, lieferte Amerika auch