Lady Birds Garten - Adelina Zwaan - E-Book
SONDERANGEBOT

Lady Birds Garten E-Book

Adelina Zwaan

0,0
1,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 1,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein zauberhaft romantischer Sommerroman in Kurzversion – Herzklopfen inklusive.

Liebevoll pflegt Annabell den prunkvoll rekonstruierten Garten, den einst Lady Bird anlegte. Von Männern und der Liebe hat Annabell die Nase gestrichen voll. Ihren Liebeskummer ertrinkt sie in Gartenarbeit und engagiert sich in einem sozialen Projekt, bis eines regnerischen Morgens ein attraktiver Mann im Garten auftaucht …
Adelina Zwaan (selbst passionierte Gartenliebhaberin) lebt in diesem humorvollen Kurzroman die Liebe an romantischen Gärten aus und verwebt eine erfrischend heitere Liebesgeschichte mit zwei ungleichen Figuren, die ihr Glück suchen.

Die mitreißende Wholesome-Romance aus der Herzklopfen Reihe »Lady Birds Garten« von Anna Conradi jetzt als eBook bei AZ Books. Romantik, Gefühl und Spannung für Ihre Urlaubslektüre: AZ Books.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Lady Birds Garten

1

2

3

4

5

Weitere Bücher von AZ Books & Leseproben

Bibliografie AZ Books

Über die Autorin

Impressum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lady Birds Garten

Kurzroman

 

Anna Conradi

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1

 

Der Morgen erwacht in atemberaubenden, lebendigen Farben. Die Rosenblüten neigen sich noch vom Regen benetzt und strahlen in ihrer Fülle. Endlich hat der Himmel seine Schleusen geöffnet, nachdem wochenlange Trockenheit das Land erschöpft hatte. Diese Erfrischung ist wie Balsam für die Natur.

Sobald ich den Garten betrete, umweht mich der betörende Duft von Zitronen, Orangen und Vanille. Der Regen hat die Luft gereinigt und erfüllt sie mit einem Hauch von Lebendigkeit.

Trotz der Feuchtigkeit wagen sich vereinzelt mutige Besucher in den Garten, den ich täglich für Interessierte öffne. Selbst an diesem frühen Morgen suchen sie die Schattenplätze auf und genießen die Stille. Manche gönnen sich einen beruhigenden Morgenkaffee, andere nutzen die Zeit, um vor dem hektischen Alltag zur Ruhe zu kommen. In den Sommermonaten finden hier begehrte Yoga-Kurse statt, die Wochen im Voraus ausgebucht sind.

Achtsam schüttele ich Tropfen für Tropfen von den Rosenblüten ab, damit sie nicht unnötig belastet werden. Die abgefallenen Blütenblätter entferne ich sorgfältig, ebenso wie die verblühten Knospen.

Während meiner morgendlichen Arbeit summe ich ein eingängiges Lied und fühle mich dabei vollkommen frei. Das Arbeiten in meinem Garten ist für mich eine sinnliche und seelenheilende Tätigkeit. Ich denke nicht an die vielen Rosenbüsche, die noch auf ihre Pflege warten, oder an die drängenden Termine, die mich zur Eile antreiben. Wenn ich im Garten arbeite, finde ich meine innere Mitte und lasse alle Sorgen hinter mir. Das verdanke ich den wunderschönen und üppig blühenden Rosen.

Ähnlich ergeht es auch dem einen oder anderen Gast, der mit geschlossenen Augen in die idyllische Atmosphäre lauscht. Und ich verstehe es.

Mittlerweile.

Früher habe ich Gartenarbeit für verstaubt und überflüssig gehalten. Erst nach dem Kauf des Hauses habe ich auf dem Speicher alte Fotos der Familie Bird entdeckt. Da hat sich mein Blick auf den Garten komplett verändert. Die Fotos haben den Garten komplett anders gezeigt, als ich ihn vorgefunden habe. Dort erschien er wild und ungezähmt, aber auf eine außergewöhnliche und fantastische Art, die mich magisch angezogen hat.

Märchenhaft, verwunschen und geheimnisvoll.

Nach einer schier endlosen Phase des Umbaus des Hauses, dem überraschenden Auszug meines Mannes und der zermürbenden Scheidung, habe ich eines Abends Zuflucht in alten Aufnahmen gefunden. Wahrhaftig, damals war ich dermaßen überdrüssig von allem, dass ich halbe Nächte geweint habe. Doch ich werde mich nicht kampflos ergeben.

Niemals.

In den darauffolgenden Tagen habe ich mehrere Bäume nach dem Vorbild der alten Fotos gepflanzt. Ich wollte sehen, wie es wirkt und mich ablenken. Doch dann, aus heiterem Himmel, hat mich während dieser anstrengenden Arbeit ein Geistesblitz getroffen. Eine Idee, so abwegig und absurd, dass ich anfangs widerwillig den Kopf geschüttelt und an meinem Verstand gezweifelt habe. Bald schon habe ich meine Ärmel hochgekrempelt, tagsüber den verwilderten Garten entrümpelt und allabendlich die Fotos studiert.

Auf dem düsteren Dachboden hockend, habe ich jede verblasste Aufnahme im Schein einer mitgebrachten Kerze betrachtet. In einer dunklen Ecke knarrten die uralten Dielen, der Frühlingswind pfiff um die Ecken des Hauses, wobei mir phasenweise ganz mulmig zumute geworden ist.

Je länger ich die Fotos angeschaut habe, desto tiefer bin ich in sie versunken und habe eine kleine, heile Welt gefunden. In meinen Gedanken bin ich durch die angelegten Beete geschlendert und habe an jeder einzelnen Blume gerochen, bis die Erschöpfung mich auf dem Dachboden eingeschlafen bin.

In den folgenden Monaten entwarf ich einen detaillierten Plan. Ich habe in unzähligen Gartenbüchern recherchiert, renommierte Gartenbauer kontaktiert und mir die Finger wund telefoniert, bis ich endlich bei ihnen vorsprechen konnte., Inzwischen kenne ich die Namen aller Pflanzen auf den Fotografien und habe mich, schleichend, aber dauerhaft mit dem Virus der Gartenleidenschaft infiziert.

Stück für Stück hat sich meine angegriffene Seele nach all dem erlittenen Unglück an das Tageslicht zurückgekämpft. Gewiss, es bedarf gewisser Zutaten, damit eine Rose ein zweites Mal erblüht, aber das ist eine andere Geschichte. Es ist meiner Meinung nach viel zu anspruchsvoll für einen wunderschönen, himmelblau strahlenden Morgen, wie den heutigen.

Unaufhörlich sind weitere Pflanzen hinzugekommen. Jede von ihnen entfacht eine mir bisher unbekannte, doch unglaublich fesselnde Leidenschaft, den Garten wieder zu dem Paradies zu machen, das er einst war.

Eine wahre Oase der Ruhe und Harmonie.

Ein wohltuender Ort, an dem ich mich erhole, regeneriere und erde. Mittlerweile auch für andere Menschen. Jeden Tag aufs Neue. Kurz gesagt: Ich habe alles, was ich dringend brauche, um dem Schiffbruch meiner desaströsen Beziehung zu entkommen und in eine intakte, dankbare und wunderschöne Welt einzutauchen.

Ich arbeite wie besessen, um meine unruhige Seele zu besänftigen und alles um mich herum zu vergessen. Jeder Spatenstich füllt mein verletztes Herz mit etwas Magischem und setzt meine zerbrochenen Teile wieder zusammen, die im Krieg der Scheidung zu Boden gefallen sind.

Unaufhaltsam wächst der Garten seitdem. Er nimmt allmählich die Gestalt an, die ich auf den vergilbten Sepiafotos gesehen habe. Lady Birds Garten.

Am Ende des Prozesses, so erzähle ich es gerne, aber in Wahrheit dauert er freilich noch immer an, bin ich überrascht, wie viele Nachbarn sich an den legendären Garten der Lady erinnern und ihn besichtigen möchten. Jedem Besucher erzähle ich die bewegende Geschichte der jungen Engländerin.

Sie lautet folgendermaßen: In jungen Jahren hat Lady Bird den Bürgermeister dieser beschaulichen Kleinstadt geheiratet. In diesem Garten hat sie ihr Refugium gefunden, das sie über die Sehnsucht hinweggetröstet hat … die Sehnsucht nach ihrer englischen Heimat. Schnell hat sich der Ruf ihrer grünen Daumen verbreitet. Weit über die Stadtgrenzen hinaus.

Lady Bird, eine waschechte Engländerin, hat das Gartenwissen mit der Muttermilch aufgesogen. Mit jeder Faser meines Seins fühle ich mich ihrer Geschichte und diesem Ort der Ruhe verpflichtet. Bei jedem Spatenstich, jeder Blase an meinen Fingern und jedem Muskelkater erkenne ich immer deutlicher, mit welchem umfangreichen Gartenwissen, kreativem Gestaltungssinn und unermüdlicher Hingabe Lady Bird einst ihren Garten geplant, angelegt und gepflegt hat. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit noch keine Schlagzeilen wert gewesen ist, hat sie es aus reiner Notwendigkeit heraus praktiziert.

Der Garten ist mittlerweile weit mehr als nur ein malerischer Anziehungspunkt für Besucher. Allein für mich ist die Villa viel zu groß. Ich fühle mich darin verloren und weiß, dass ich nicht nur den Garten, sondern auch das Haus selbst mit neuem Leben erfüllen muss.

Deshalb habe ich in der Gemeinde herumgefragt. Zu meiner Überraschung hat der örtliche Pastor nach einer Unterkunft für ein soziales Hilfsprojekt seiner Kirchengemeinde gesucht. Es habe es naheliegend gefunden, meinen Beitrag zu leisten, indem ich das Wohnprojekt kurzerhand in der Villa untergebracht habe, um den jungen Menschen in ihrer Not zu helfen.

Seitdem teile ich das riesige Haus mit ihnen.

Beide Seiten profitieren davon. Die Jugendlichen erhalten Unterstützung für einen Neuanfang im Leben, und ich finde eine erfüllende Aufgabe.

»Der Regen ist genau zur rechten Zeit gekommen, nicht wahr?«, erkundigt sich Ingo.

Er sitzt in meiner Nähe und klappt seinen Laptop zusammen. Auf einen Abschiedsschwatz schlendert er zu mir herüber.

Ingos Büro befindet sich keine zwanzig Meter um die nächste Hausecke. Eine erstklassige Lage, mitten auf dem Marktplatz. Und genauso gekleidet ist er. Hochelegant. Als stadtbekannter Makler wird von ihm erwartet, dass er mindestens genauso beeindruckend ist wie die luxuriösen Immobilien, die er seinen zahlungskräftigen Kunden anbietet.

Verstehe einer die verrückte Welt.

»Wem sagst du das, aber nun komme ich gar nicht mit der Arbeit hinterher. Ehrlich, ich weiß nicht, wo ich heute Morgen zuerst anfangen soll«, schmunzele ich und zwinkere dem freundlichen Immobilienmakler verschmitzt zu.

»Ach, komm schon. Deine Nasenspitze verrät doch eindeutig, dass dir diese Arbeit mehr Freude bereitet, als acht Stunden in einem stickigen Büro zu hocken«, erwidert er lächelnd.

Das stimmt genau, daher lächle ich ihm gelassen hinterher. Er macht sich direkt auf den Weg zu seinem Büro, um Häuser in bester Stadtlage an zahlungskräftige Käufer zu vermitteln.

Am Eingang entdecke ich einen Mann, den ich hier noch nie zuvor gesehen habe. Gelassen lächelnd nimmt er sich einen Moment, um die Umgebung auf sich wirken zu lassen. Es ist offensichtlich, dass die reiche Vielfalt an Blumen und das üppige Grün ihn ergreifen.

Und er ist nicht allein. Ich sehe eine Menge Besucher dort stehen. Mit offenen Mündern, sich verdattert den Kopf kratzend oder mit ungläubigen Blicken.

Prominente, weniger prominente Personen und Durchreisende.

Die meisten Besucher kommen aus der direkten Nachbarschaft. Sie leben seit Jahrzehnten in diesem Viertel. An den Wochenenden genießen sie den Garten bei einem kurzen Spaziergang durch das grüne Idyll. Andere entdecken ihn spontan während eines Wochenendausflugs, obwohl sie möglicherweise viele Kilometer entfernt wohnen. Einmal kam sogar jemand extra aus Flensburg angereist.

Verrückt, oder?

Viele Menschen unterstützen großzügig den aufwendigen Unterhalt des Projekts. Ein Großteil der Spenden landet direkt in der Kasse unseres örtlichen Pastors. Dieser Pastor hat das Projekt für sozial benachteiligte Teenager ins Leben gerufen und ist auch der Schirmherr. Die restlichen Spenden fließen in den Garten, den ich bewirtschafte. Ich spare außerdem für ein kleines Garten-Café und setze jeden Monat einen kleinen Betrag beiseite.

Der Mann, der gerade eingetreten ist, mustert den vorbeieilenden Ingo unverhohlen. Ingo dreht sich zu mir um und winkt. Ich winke freundlich lächelnd zurück, kann aber nicht ignorieren, dass der unbekannte Gast mich länger und intensiver anschaut, als es angebracht wäre.

Nun ja, in meinen abgewetzten, löchrigen Jeans, meinem rosa karierten Baumwollhemd und den hellgrünen Gummistiefeln biete ich sicherlich keinen besonders aufregenden Anblick. Also soll er ruhig weiterstarren, bis ihm die Augen aus dem Kopf fallen.

Männer sind mir momentan egal. Ich habe keine Zeit, keine Energie und schon gar keine Verlangen auf emotionales Chaos.

 

 

 

2

Ich schiebe die Kopfhörer komplett von meinem Ohr und drehe die Musik leise, sodass sie dezent im Hintergrund erklingt. Dann wende ich mich erneut meiner Arbeit zu. Blüte für Blüte, Schnitt für Schnitt, befreie ich die Rosensträucher von den schweren Regentropfen. Ein sanfter Duft nach Zitrone und Vanille umhüllt mich, während ich mich auf diese Weise langsam der weißen Sitzbank nähere, auf der der unbekannte Gast sitzt.

Mein Handy vibriert. Es steckt in meiner Bauchtasche. Umständlich krame ich danach und schalte den Lautsprecher ein, während ich die Kopfhörer abnehme.

»Was gibt's, Sarah?«, frage ich.

»Annabell, kommst de mal bitte her? Der Pfarrer is am Hausfon und will dich was fräjchen.«

»Sarah, es heißt: Er möchte dich etwas fragen, nicht fräjchen«, verbessere ich die siebzehnjährige, Kaugummi kauende junge Frau, die mir dreimal in der Woche hilft und seit einem halben Jahr im Wohnprojekt lebt.

Ein unterdrücktes Kichern dringt an mein Ohr. Es kommt von der Sitzbank. Die gute Laune des Fremden verwundert mich.

Der erheiterte Mann strahlt bis über beide Ohren und kann ernsthaft mit der aufgehenden Morgensonne konkurrieren, die ab und zu zwischen den dicken Wolken hervorblitzt. Allerdings frage ich mich, ob in seinem Lachen ein Hauch von Boshaftigkeit oder eher Vergnügen über Sarahs unkonventionelle Wortwahl mitschwingt. Beides ist in meinen Augen viel mehr wert als nur ein tadelnder Blick. Der Start ins Leben ist für Sarah mit Dornen gespickt gewesen.

Oberflächlichkeiten verabscheue ich.

Mit erhobenen Händen sitzt er da und formt Finger und Daumen zu einem Viereck, aus dem er mich beäugt. Albernes Getue beeindruckt mich überhaupt nicht, also schaue ich ihn mürrisch an. Sobald er meine regungslose Mimik bemerkt, hält er inne und starrt mich ungeniert an.

Mir bleibt keine Zeit, ihn nach dem Grund für seine eigenartige Verhaltensweise zu fragen. Klugerweise beiße ich mir auf die Zunge, obwohl mich sein dämliches Grinsen maßlos ärgert.

Ungern beleidige ich potenzielle Wohltäter und Gartenliebhaber. Wie gesagt, Oberflächlichkeiten verabscheue ich und arbeite daran, auch meine eigenen Schwächen in dieser Hinsicht zu überwinden. Außerdem bittet Sarah mich, vorbeizukommen, also frage ich an dieser Stelle nicht unhöflich, warum er so kindisch kichert.

»Er sacht, es is dringt«, erklärt Sarah.

Entschlossen, mir den wunderbaren Morgen nicht verderben zu lassen, ignoriere ich Sarahs ›dringt‹ und verkneife mir die Korrektur. Stattdessen bewahre ich Ruhe. Sarah ist zwar nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber fleißig, loyal und grundanständig. Wie meine liebe Großtante immer sagte, muss so ein junges Ding eine Weile auf der Weide grasen, bevor es üppig Milch gibt.

Auf jeden Fall kenne ich komplett andere Kaliber vom Wohnprojekt. Die habe ich nach zwei Wochen zu Johannes Helmi, unserem Pastor, zurückgeschickt. Viele der Kids kennen nicht einmal den Unterschied zwischen einer Kartoffelpflanze und Löwenzahn. Einige von ihnen wollen es auch gar nicht lernen.

Ich schätze Sarah und sehe, wie sie sich bemüht, einen geregelten Alltag zu haben, ihren Realschulabschluss nachzuholen und anschließend eine Ausbildung machen möchte. Daher verteidige ich sie wie eine Löwenmutter. Besonders gegenüber arroganten Spinnerinnen und Spinnern, die noch nie Dreck in ihrem Leben gefressen und keine Ahnung haben, wie hart es in dieser Gesellschaft ans Tageslicht krabbelt.

Nein, die herzensgute Sarah verdient keinen Spott. Sie braucht eher eine lange Leine und jemanden, der sie jeden Morgen mit freundlichen Worten auf die Weide führt und abends nach Hause holt.

»Ich komme gleich zu dir«, rufe ich quer durch den Rosengarten, damit sie mich hört.

Danach verstaue ich das Handy.

Eilig reinige ich die englische Rosenschere und stecke sie zurück in die Schlaufen meiner Bauchtasche. Es gibt keinen Grund, den Pastor warten zu lassen, also müssen die regenschweren Rosenblüten einen Moment gedulden. Ohne ein Wort eile ich an dem hirnlos grinsenden Mann vorbei.

Als ich am Schuppen ankomme, den ich hoffentlich eines Tages zu einem Café umbauen kann, beantworte ich das Telefonat. »Kannst du bitte nach dem Gießen der Stecklinge die Fische im Teich füttern, Sarah?«

Meine fleißige Helferin bestätigt und dackelt breitbeinig zur Umtopfstation. So nennen wir den kleinen Tisch mit den Metallregalen, an dem ich die Pflanzen großziehe, bevor ich sie eines Tages in den Garten pflanze.

»Guten Morgen, Johannes«, grüße ich unseren evangelischen Pastor. Langsam schlendere ich in eine stille Ecke, um ungestört mit ihm zu telefonieren.

»Dir auch einen guten Morgen, Annabell. Ich dachte, ich komme heute Vormittag schon in den Garten, falls es dir nicht zu früh ist …«

»Johannes, ich habe doch bereits erklärt …«

»Darf ich bitte zu Ende sprechen?«

Ich beiße mir auf die Zunge. Bei solchen Unhöflichkeiten kommt immer der Seelenhirte in ihm zum Vorschein. Er lässt mich wissen, wie unmöglich ich mich manchmal benehme. In der entstandenen Pause höre ich deutlich einen tiefen Seufzer.

»Vielen Dank, und ich meine das keineswegs ironisch. Ich verstehe, dass dich mehr Besucher an deine Grenzen bringen. Und ja, ich kenne deine Bedenken bezüglich eines Fotografen, weil heutzutage kaum jemand den Sinn für schöne Gärten hat. Trotzdem möchte ich dir heute jemanden vorstellen, dessen Arbeit mich einfach umhaut.«

Mit rollenden Augen schweige ich und ziehe eine Schnute. Zum Glück bleibt Helmi meine Mimik am anderen Ende der Telefonleitung verborgen. Seit Monaten liegt er mir hartnäckig mit seinem albernen Vorschlag in den Ohren. Er plant, einen Bildband über den Garten zu veröffentlichen und mit den Tantiemen das Wohnprojekt zu erweitern und das Café zu finanzieren.

Unaufhörlich lehne ich ab und bleibe genauso hartnäckig wie er. Ich finde, die meisten Gartenfotos sind langweilig und kitschig. Sie wirken abgeschmackt. Sie werden den schönsten Gärten schlichtweg nicht gerecht, daher halte ich stur dagegen. Gleichzeitig spare ich wo es geht, um es ohne finanzielle Spritze alleine hinzubekommen.

Johannes hingegen ist von seiner Idee absolut begeistert und redet genauso hartnäckig auf mich ein, wie der Giersch im Kräuterbeet wächst und gedeiht. Es sei denn, ich würde ihn und andere wuchernde Wildkräuter als dekorativen Salat in meinem geplanten Garten-Café servieren. Und hier im Garten gibt es jede Menge Giersch.

Daneben Rotklee, Knoblauchsrauke, Veilchen und, und, und. Das wäre ein köstlicher Salat.

Tolle Idee, nicht wahr?

Genau das sage ich doch die ganze Zeit.

»Annabell, bitte höre dir sein Konzept an und entscheide danach. Aber bitte ohne deine Hände auf Ohren, Mund oder Augen zu legen. Dein Herz ist nicht aus kaltem Marmor und die Arbeit mit den Kids liegt uns doch so am Herzen. Wir brauchen jede noch so kleine Spende, um unsere Arbeit fortzuführen und dein geplantes Café umzusetzen ... Und zieh jetzt keine Schnute, auch wenn ...«

»Schon gut«, unterbreche ich seinen Enthusiasmus, der in einer Minute über mich hereinbricht, wenn ich ihn nicht schnell genug bremse. »Ich bin bereit, ihm zuzuhören, aber unter einer Bedingung. Der gute Mann soll Referenzen mitbringen. Sobald er mir aber Fotos unter die Nase hält, die selbst ein talentfreier Hobbyfotograf besser hinbekommen könnte, kann er abschwirren. Und zwar sofort. Richte es ihm von mir aus, ja?«

»Guter Kompromiss. Das mache ich. Sorge dich nicht, denn er ist wirklich tüchtig. Ein feiner Kerl. Nein, was rede ich, er ist grandios, zwar unorthodox, aber ein wahrer Meister seines Fachs. Ja, unorthodox beschreibt ihn haargenau. Er ist ein Sonnenkind und du wirst ihn gernhaben. Du bist ein Schatz.«

»Moment mal. Ich muss das Gesagte schnell für unsere nächste Diskussion aufnehmen, damit ich es dir später vorspielen kann. Mister Samsung soll mein Zeuge sein...«, murmele ich, beende das Gespräch und lege das schnurlose Telefon auf die Ladestation.

Über den Verlauf des Gespräches und dem abgerungenen Zugeständnis unzufrieden stapfe ich über den Rasen. Beim Rosenbogen angekommen, will ich den Eimer mit den abgeschnittenen Blüten zum Kompost schaffen. Ich hebe ihn an und schnappe kurz nach Luft.

Manchmal muss ich eine kurze pausieren, weil mich fiese Schwindelanfälle übermannen. Ich beuge mich vor, verdecke meine Augen und sammle mich.

»Kann ich dir helfen?«

Handgearbeitete Lederschuhe tauchen in meinem Blickfeld auf. Umgehend straffe ich mich.

---ENDE DER LESEPROBE---