Lake Anna - Entscheidung des Herzens - Joanne St. Lucas - E-Book

Lake Anna - Entscheidung des Herzens E-Book

Joanne St. Lucas

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Beschreibung

Seit sieben Jahren lebt Trish Prescott zurückgezogen in Lake Anna und führt eine kleine Buchhandlung. Nach einem Zusammenbruch ist sie in die beschauliche Kleinstadt geflohen und hat den Männern seitdem abgeschworen. Doch als Star-Quarterback Marcus Parker in den Ort zieht, wird ihre Entschlossenheit auf die Probe gestellt. Marcus fordert sie heraus und bringt sie dazu, aus ihrer Komfortzone zurück ins Leben zu finden. Aber durch Marcus‘ Berühmtheit könnte auch Trish in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Und Trish hat ein Geheimnis, das sie unter allen Umständen verbergen will ...

Eine gefühlvolle Novelle aus der Lake-Anna-Reihe von Joanne St. Lucas um die romantische Kleinstadt am See.

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Inhalt

CoverInhaltGrußwort des VerlagsÜber dieses BuchTitelPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9EpilogNachwortÜber die AutorinWeitere Titel der AutorinImpressumLeseprobe

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Über dieses Buch

Seit sieben Jahren lebt Trish Prescott zurückgezogen in Lake Anna und führt eine kleine Buchhandlung. Nach einem Zusammenbruch ist sie in die beschauliche Kleinstadt geflohen und hat den Männern seitdem abgeschworen. Doch als Star-Quarterback Marcus Parker in den Ort zieht, wird ihre Entschlossenheit auf die Probe gestellt. Marcus fordert sie heraus und bringt sie dazu, aus ihrer Komfortzone zurück ins Leben zu finden. Aber durch Marcus’ Berühmtheit könnte auch Trish in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Und Trish hat ein Geheimnis, das sie unter allen Umständen verbergen will …

Jana Lukas als

JOANNE ST. LUCAS

Entscheidung des Herzens

Small-Town-Novelle

Prolog

Diamond stand am Bühnenausgang. Unter ihrem Make-up bildeten sich Schweißperlen auf ihrer Stirn. Irgendjemand aus der Maske puderte ihr Gesicht im Vorbeigehen ab. Achtlos, als existiere sie gar nicht. Als wäre nur ihre äußere Hülle wichtig.

»Lächle, verdammt«, zischte eine Stimme. Oder bildete sie sich das nur ein? In dem irren Gewusel um sie herum konnte Diamond zumindest nicht erkennen, wer sie angesprochen haben könnte.

Sie warf einen Blick in den Spiegel und zog automatisch den Bauch weiter ein. Eine Welle der Übelkeit schlug über ihr zusammen und Magensäure stieg in ihrer Speiseröhre nach oben. Sie schluckte sie wieder hinunter. Ein Reflex, den sie sich vor Jahren antrainiert hatte. Für einen Moment schloss sie die Augen. Das Gewicht auf ihren Schultern schien Tonnen zu wiegen und wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer. Die mit Edelsteinen besetzten Träger ihrer Flügel, die so filigran und federleicht aussahen, schnitten ihr in die Haut. Die ebenso verzierten High Heels unterbanden die Blutzufuhr zu ihren Füßen.

Nur noch ein Mal. Sie musste nur noch ein einziges Mal da raus, dann wäre die Quälerei vorbei. Wenigstens für diesen Tag.

Ihre Fußsohlen vibrierten im Takt der Musik, ihr Körper summte. Der BH und das Höschen rieben über ihre Haut. Kein Mensch würde so etwas jemals anziehen. Warum musste sie damit herumlaufen und hatte dafür zwei Tage lang auf das Essen verzichtet? Sie öffnete die Augen wieder und blickte noch einmal in den Spiegel. Ihr Bauch sah okay aus. Auch wenn sie ihn nicht einzog, bildete er eine nach innen gewölbte Linie.

Das Kribbeln in ihren Knien, das schon vor einer Stunde begonnen hatte, weitete sich zu einem Zittern aus. Nur noch dieser eine Auftritt, dann konnte sie sich ausruhen. Sie hatte das Gefühl, auf der Stelle einzuschlafen, wenn sie ihre Lider noch einmal senkte.

»Hey.« Eines der Mädchen stieß sie mit dem Ellenbogen an. »Mach nicht schlapp.«

Jemand drückte ihr ein Glas Champagner in die Hand. Die Aufputschmittel, die sie in den vergangenen Tagen genommen hatte, hielten sie nicht mehr aufrecht. Champagner war die beste Lösung, um von diesem merkwürdigen Trip herunterzukommen, auf dem sie sich befand.

»Noch zwei Minuten«, ertönte die Durchsage, die für sie bestimmt war.

Ihre Hände zitterten, also trank sie einen großen Schluck. Unter den Flügeln begann ihr Rücken zu schwitzen, das Atmen fiel ihr schwer. Ihr Magen ballte sich unter den eiskalten Champagnerblasen zusammen, doch der Alkohol jagte einen belebenden Energiestoß durch ihren Körper. Perfekt. Sie war wieder im Hier und Jetzt. Sie nahm noch einen großen Schluck und reichte das Glas weiter.

»Noch dreißig Sekunden.«

Die Maskenbildnerin tupfte einen letzten Tropfen Champagner von Diamonds Oberlippe und besserte die Farbe noch einmal nach.

»Zehn Sekunden. Neun. Acht …«

»Lächle«, zischte es wieder.

Jetzt war sie sicher, dass die Stimme aus ihrem Kopf kam.

»Vier. Drei. Zwei. Los!«

Mit dem wundervollen Lächeln, für das sie berühmt war, trat sie auf den Laufsteg. Diamond machte einen Schritt, einen zweiten. Beim dritten begann sie zu zittern. Unkontrolliert. Ihr Herz raste. Sie versuchte, ihren Blick scharfzustellen, aber die Menschen, die sie anstarrten und bei ihrem Anblick in Begeisterungsstürme ausbrachen, waren nur noch eine verschwommene graue Masse. Ihr Blickfeld engte sich bei jedem Schritt weiter ein. Das Atmen fiel ihr immer schwerer, so als drückten ihr die Flügel die Luft ab. Ihr Brustkorb hob und senkte sich schmerzhaft. Wie ferngesteuert setzte sie ein Bein vor das andere. Offenbar bewegte sie sich so, wie es dem Publikum gefiel, in einem fröhlichen, Hüfte schwingenden Rhythmus, doch sie konnte sich nur auf das Brennen in ihrem Inneren konzentrieren. Es wurde von eisiger Kälte abgelöst, die sich im Bruchteil einer Sekunde von den Fingerspitzen über ihren gesamten Körper ausbreitete.

Wieder stieg Magensäure in ihren Hals, sie schluckte verzweifelt. Der Schweiß, der auf ihrer Haut zu Eis zu gefrieren schien, verursachte ihr eine Gänsehaut. Gleich darauf wurde sie von einer erneuten Hitzewelle getroffen. Innerlich taumelte sie, doch niemand würde etwas von diesem Aufruhr in ihrem Körper mitbekommen. Ihr Lächeln war makellos. Sexy. Für die meisten Menschen unfassbar schön.

Am Ende des Laufstegs drehte sie sich und schritt – oder besser: schwebte – zurück. Niemand sah, wie sie innerlich auseinanderbrach.

Die Blitze, die ihre Augen trafen, stammten von den Kameras der Fotografen, die versuchten, das perfekte Bild von ihr zu schießen. Das perfekte Bild einer perfekten Frau. Ihr Blickfeld schränkte sich dadurch noch mehr ein. Sie hatte nur das Ziel, es bis zum Bühnenausgang zu schaffen. Hinter dem Vorhang war sie in Sicherheit vor all den Menschen, den Blicken, dem Lärm, der Kälte – oder war es Hitze? Sie spürte es nicht mehr.

Jeder Schritt brachte sie ihrem Ziel näher.

Der Vorhang wurde zur Seite gezogen. Sie drehte sich ein letztes Mal zu den applaudierenden Zuschauern um, dann schritt sie durch die Öffnung. Hinter ihr fiel der schwere Stoff nach unten und dämpfte den frenetischen Beifall.

Den Beifall, der ihr galt. Diamond. Einem der höchstbezahlten Models der Welt, die gerade als Hauptengel der Victoria’s Secret Show einen mehrere Millionen Dollar teuren, diamantenbesetzten BH, zusammengehalten von einem großen herzförmigen Saphir, präsentiert hatte.

Doch anstatt nachzulassen, verstärkte sich das Zittern ihres Körpers. Durch das unkontrollierte Zucken erweckten ihre Flügel den Eindruck, als flatterten sie tatsächlich, aber vielleicht war das auch nur eine Halluzination. Sie streckte die Hand aus, um Halt zu finden, denn ihre Füße trugen sie nicht mehr. Wie in Zeitlupe knickten ihre Knie ein. Das dünne Riemchen ihres rechten Schuhs riss. Sie fiel. Ein scharfer Schmerz fuhr durch ihr Bein. Vor ihren Augen blitzte es weiß auf, bevor alles schwarz und still wurde.

Kapitel 1

Sieben Jahre später

Trish Prescott erwachte mit einem Ruck aus ihrem Traum. Mit wild klopfendem Herzen lag sie in der Dunkelheit. In ihrem eigenen Bett, wurde ihr klar, ihrer vertrauten Umgebung.

Eben war sie noch über den Laufsteg geschwebt, hatte die Menschen mit ihrem Diamond-Lächeln verzaubert. Der Applaus der Zuschauer hatte sie schließlich aus dem Schlaf gerissen. Sie lag einen Moment still da und wartete, dass ihr Herzschlag sich beruhigte. Es war nicht der Beifall ihrer Fans gewesen, der sie geweckt hatte, sondern der Regen, der laut und schnell gegen die Fenster schlug, obwohl es um diese Jahreszeit warm und sonnig sein sollte. Die Sommerferien hatten gerade erst begonnen, aber es schüttete seit Tagen ununterbrochen.

Trish sah auf den Wecker. Kurz vor halb fünf. Sie würde nicht mehr schlafen können, also warf sie die Decke zurück und stand auf. Sie kochte sich einen Kaffee und kuschelte sich in ihren Lieblingssessel am Fenster, von dem sie bei besserem Wetter den Sonnenaufgang über dem See sehen konnte.

Mr Darcy erhob sich majestätisch von seinem Schlafplatz auf dem Sofa und sprang auf die Armlehne des Sessels. Mit dem Kopf stieß er sie an, um seine Streicheleinheiten einzufordern.

Trish kam seiner Aufforderung nach, kraulte den Kopf des Katers und dachte über den Traum nach. Sie hatte schon eine ganze Weile nicht mehr an den Tag gedacht, der ihr Leben für immer verändert hatte. Nachdem sie zusammengebrochen war, hatte sie jede Nacht davon geträumt. Sie hatte Angst, zu schlafen, weil die Geschehnisse sie immer wieder einholten. Wieder und wieder waren die Paparazzi, die sie jede Minute ihres Lebens verfolgten, die ihr keine Privatsphäre mehr ließen, vor ihrem inneren Auge aufgetaucht. Immer und immer wieder spürte sie den Druck der unendlich vielen Termine. Nicht einmal die Therapie, die sie in einem unverschämt teuren Sanatorium gemacht hatte, hatte ihr damals geholfen. Erst die Bücher und das Stricken, das Miss Elsie ihr beigebracht hatte, hatten sie geerdet und ihr Halt gegeben. Sie waren zu ihrer Therapie geworden, weit weg von Glamour und Rampenlicht.

Sieben Jahre war es her, dass sie aus dem Modezirkus ausgestiegen war und nach einem Knöchelbruch, einem Burn-out-Syndrom und der Zwischenstation in einer Privatklinik nach Lake Anna gezogen war. Sie wohnte über dem Buchladen, den sie eröffnet hatte. Es war ein genügsames, unauffälliges Leben. Niemand in dem kleinen Städtchen mitten in den wilden Bergen Montanas hatte sie als Diamond erkannt. Das war kein Wunder, denn sie hatte ihr Aussehen vollständig verändert. Die Kontaktlinsen, die aus ihren grünen Augen mit den goldenen Sprenkeln blaue Unschuldsaugen gemacht hatten, hatte sie als Erstes in den Müll geworfen. Sie hatte diese Dinger, die sie seit frühester Kindheit trug, immer gehasst. Die weißblonde Mähne, die zu ihrem Markenzeichen geworden und untrennbar mit Diamond verbunden war, hatte ebenfalls weichen müssen. Trish hatte sich die Haare schwarz gefärbt und in dem Wunsch einer grundlegenden Veränderung abgeschnitten. Da ihr dieser freche Kurzhaarschnitt überraschend gut stand, hatte sie sie nie wieder wachsen lassen.

Niemand in der Modebranche kannte den Namen Patricia Prescott, und in Lake Anna brachte keiner ihn mit dem ehemaligen Topmodel Diamond in Verbindung. Nach ihrem Zusammenbruch war sie nicht mehr auf den Laufsteg zurückgekehrt. Ja, sie hatte sich in Lake Anna versteckt und wollte weder von der Presse noch von sonst einem neugierigen Menschen gefunden werden. Heute genauso wenig wie damals. In Lake Anna musste sie sich darüber keine Sorgen machen. Hier kümmerte sich jeder um seine Angelegenheiten und niemand kam auf die Idee, wer sie in Wirklichkeit sein könnte.

Nur von einem Menschen ging Gefahr aus: Marcus Parker. Ehemaliger Quarterback der L.A. Tigers, zweifacher Superbowl-Gewinner und dreimaliger Sportler des Jahres. Ihn hatte es nach dem Ende seiner Karriere gemeinsam mit seiner Tochter Mara nach Lake Anna verschlagen. Marcus Parker war der Einzige in der Stadt, der Trish in ihrem alten Leben als Diamond begegnet war. In den zwei Jahren, die der Footballprofi mittlerweile in Lake Anna lebte, durchbohrte er sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit Blicken. Wusste er, wer sie war? Falls er etwas ahnte oder sie wiedererkannt hatte, hatte er zumindest nie etwas gesagt.

Parker betrieb ein Sportgeschäft und kümmerte sich rührend um seine Tochter. Trish liebte die Achtjährige, die jeden Tag in ihren Laden kam, um in den Büchern zu stöbern und mit Mr Darcy zu schmusen. Marcus und sie hatten dieselben Freunde in der Stadt und trafen auf Barbecues und Partys aufeinander. Und immer spürte sie seinen Blick im Nacken.

Trish nippte an ihrem Kaffee. Sie wusste nicht, wie sie mit Marcus umgehen sollte. Besonders seit diesem Vorfall am letzten Thanksgiving. Seitdem ging sie ihm aus dem Weg – oder versuchte es zumindest.

Der Kater sprang auf ihren Schoß, drehte sich zweimal um sich selbst und rollte sich zusammen, um noch ein Nickerchen zu halten. Trish wollte nicht über Marcus Parker nachdenken. Ins Bett brauchte sie aber auch nicht mehr zu gehen. Um zu schlafen, war sie viel zu ruhelos. Vielleicht konnte der aktuelle Nora-Roberts-Roman sie ablenken. Sie angelte ihn vom Tisch, ohne den Kater auf ihrem Schoß zu wecken und schlug ihn auf. Ihre Lieblingsautorin schaffte es spielend, sie in eine Parallelwelt mit Drachen, Elfen und einem verdammt attraktiven Helden zu entführen.

Der Regen ließ nicht nach. Die Sonne schaffte es nicht, sich durch die dicke dunkelgraue Wolkendecke zu kämpfen. Bei diesem Wetter würden nicht viele Kunden den Weg in ihr Büchercafé finden. Das gab Trish Zeit, ihre Regale aufzustocken. Sie hatte gern Kunden um sich, Lesebegeisterte und Kaffeejunkies. Momente wie diesen, allein in ihrem gemütlichen Büchercafé, genoss sie aber genauso sehr. Der Kaffeeautomat zischte leise, Mr Darcy hatte sich in einem der gemütlichen Ledersessel zusammengerollt und schlief. Es roch nach Büchern und nach dem dunklen Holz, aus dem die Regale waren. Die alten Dielen knarrten unter ihren Füßen.

Mit diesem Geschäft hatte sie sich einen Traum erfüllt. Als sie das Büchercafé eröffnet hatte, war es ihr egal gewesen, ob es jemals Gewinn abwerfen würde. Wer für einen einzigen Auftritt als Hauptengel in einer Victoria’sSecret Show sechs Millionen Dollar Gage kassierte, musste sich keine Gedanken um seine Finanzen machen. Doch ihr Geschäft erweiterte das Angebot der Stadt um ein gemütliches Lokal. Ihre Nachbarn kamen gern vorbei, um sich ein Buch auszusuchen und bei einem kleinen Plausch einen Kaffee zu trinken. Die Touristen, die man das ganze Jahr über in Lake Anna antraf, suchten sich bei ihr die Urlaubslektüre zusammen. Eine Besonderheit in ihrem Geschäft waren die Tassen, jede ein Unikat. Manche hatte Trish von Reisen mitgebracht, einige hatte sie im Internet gefunden, wieder andere stammten aus einer kleinen Töpferei ein Stück weiter unten im Tal. Hauchdünnes Meißner Porzellan aus Deutschland fand sich hier ebenso wie dicke Keramikbecher mit lustigen Sprüchen. Viele ihrer Kunden hatten bereits eine Stammtasse für ihren Kaffee.

Trish balancierte auf der Leiter und stockte ein paar Thriller in einem der oberen Regale auf.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Ein Windstoß fegte in den Laden und sie schlug mit einem Knall gegen die Wand. Mr Darcy sprang fauchend auf und floh hinter den Verkaufstresen. Trish zuckte zusammen. Sie erkannte gerade noch Maras pinkfarbene Regenjacke, bevor sie das Gleichgewicht verlor. Die Bücher noch immer in der Hand, fiel sie. Sie hörte Maras Schreckensschrei, doch bevor sie auf den knarzenden Holzdielen aufschlug, wurde sie aufgefangen. Kräftige Arme, die sie gegen einen ebenso harten Oberkörper pressten.

Trish spürte Marcus um sich herum. Seine muskulösen Bizepse, seine massive Brust, den stetigen, ruhigen Herzschlag. Seine kurzen braunen Haare und sein Gesicht waren nass, und sie war ihm nahe genug, die einzelnen Stoppeln seines unrasierten Kinns zu erkennen.

Trish blickte in seine ruhigen grauen Augen und ihr Herz begann zu rasen. Sie musste daran denken, was passiert war, als sie diesen Augen, diesem Gesicht, zum letzten Mal so nahe gewesen war. Sie hatten Thanksgiving auf der Bennett-Ranch verbracht. Bei einer nächtlichen Schneeballschlacht im Fackelschein hatte Marcus sie, ganz Footballprofi, mit einem Tackling über eine Böschung zum Lake Anna katapultiert. Gemeinsam waren sie den Hang hinuntergerollt und am Rand des Sees in eine Schneewehe gefallen. Marcus war auf ihr gelandet und hatte sie mit seinem Gewicht in den weichen Untergrund gedrückt.

Näher war sie ihm noch nie zuvor gewesen.

Sein Gesicht hatte nur Zentimeter über ihrem geschwebt. Sein Blick hatte ihren festgehalten. Und dann hatte er seinen Kopf gesenkt. Millimeter für Millimeter. Der Moment, in dem ihre Lippen aufeinandertreffen würden, war unausweichlich gewesen.

Trish hatte bis zu diesem Augenblick noch nie darüber nachgedacht, Marcus zu küssen. Aber am Ufer des eisigen Sees hatte ihr Herz Purzelbäume geschlagen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sein Mund endlich auf ihren traf. Warm und fest. Er neckte sie, brachte sie dazu, ihre Lippen für ihn zu öffnen, spielte mit ihr. Der Kuss schmeckte nach dem Rotwein, den er zum Dinner getrunken hatte, nach einem Hauch Pfefferminz und nach der eisigen Winternacht. Marcus überrumpelte sie nicht, fiel nicht über sie her. Fast war es, als nähme er ehrfürchtig eine Chance wahr, von der er wenige Minuten zuvor noch nichts geahnt hatte. Seine kalten Finger zogen die Linien ihres Gesichts nach und ließen ihre Haut kribbeln, dort wo er sie berührte. Und dann, endlich, schien er bereit zu sein, den Kuss zu vertiefen. Er berührte ihre Zungenspitze mit seiner. Genau diesen Moment suchten sich Max und Ryan Bennett aus, um am Rand der Böschung aufzutauchen.

»Alles okay da unten?«, rief Ryan.

Marcus zuckte zurück. Er räusperte sich und rief seinen Freunden zu, dass sie gleich zurückkommen würden.

Der magische Moment löste sich in diesem Augenblick in Luft auf. Marcus half ihr hoch und kletterte an ihrer Seite den rutschigen Hang hinauf.

»Trish …«, sagte Marcus leise, als sie den Hang erklommen hatten, und sah sie mit einem Blick an, den man als unsicher hätte bezeichnen können – wenn er nicht von Marcus Parker gestammt hätte.

Statt die ungewollten Emotionen zuzulassen, die dieser Kuss mitgebracht hatte, hatte sie einfach den Kopf geschüttelt und Marcus stehenlassen. Kurz darauf hatte sie die Chance zur Flucht genutzt und Katie begleitet, die nach ihrer Freundin Alex sehen wollte, die die Thanksgiving-Party überstürzt verlassen hatte.

Seit diesem Moment hatte Trish es geschafft, Marcus aus dem Weg zu gehen. Den Kuss hatte sie allerdings nicht vergessen.

»Hast du dir wehgetan?«, fragte Mara neben ihr und holte Trish in die Wirklichkeit zurück. Wie lange hatte sie in diese unergründlichen grauen Augen geblickt und von diesem Thanksgiving-Abend fantasiert? Sie räusperte sich, nicht sicher, ob sie ihrer Stimme trauen konnte, und atmete tief ein – seinen Duft und den Geruch von Regen. »Es ist nichts passiert. Du kannst mich absetzen«, forderte sie Marcus auf.

Ohne eine besondere Gefühlsregung ließ er sie zu Boden gleiten.

»Danke«, murmelte sie, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte.

Er quittierte es mit einem Nicken und schob seine Hände in die Hosentaschen. »Mara möchte sich von dir verabschieden.«

»Ich bin doch den ganzen Sommer bei meiner Mom«, sagte das Mädchen zum wahrscheinlich fünfmillionsten Mal. »Ich sehe die Hollywoodstudios, auch die von Disney.«

»Wow. Das ist super, Schätzchen. Ich wünsche dir viel Spaß.« Mara war in den letzten Tagen mehrmals im Büchercafé gewesen und hatte sorgfältig Berge von Büchern ausgewählt, die sie in ihre Ferien mitnehmen wollte. Jetzt mussten sie sich für den Sommer verabschieden. Trish würde das Kind vermissen, das trotz des Regens strahlte wie eine kleine Sonne. Mara liebte ihre Mutter und vermisste sie. Die Anforderungen an diese Frau, die Trish nur aus dem Fernsehen kannte, waren hoch. Hoffentlich wurde sie ihnen gerecht.

Sie nahm Mara in die Arme und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. »Genieß deine Ferien. Hier wirst du nicht viel verpassen.«

»Legst du mir ein Buch zurück, wenn du etwas Schönes bekommst?«

»Natürlich.«

»Und passt du auf meinen Daddy auf?«, flüsterte sie ihr ins Ohr.

Trish schloss für einen Moment die Augen. »Aber klar doch. Jetzt geh, sonst verpasst du noch deinen Flieger.«

Sie sah dem Mädchen nach, das an der Hand seines Vaters ihren Laden verließ. Marcus hatte ihr knapp zugenickt. Nun zog Mara ihn ungeduldig in den Regen, getrieben von einer Sehnsucht, die Trish nur allzu gut verstand. Genauso ein verregneter Tag war es gewesen, als ihre Mutter beschlossen hatte, ihren Vater und sie zu verlassen. Ein Tag, an dem das Schicksal seine Weichen gestellt und sie auf einen Weg geschickt hatte, den sie nie hatte einschlagen wollen, ihrem Vater zuliebe aber gegangen war – bis er ihr gesamtes Leben zerstört hatte.

Trish schüttelte den Kopf und kraulte Mr Darcy, der nach dem Verschwinden der Eindringlinge auf den Tresen gesprungen war, zwischen den Ohren. Dieser verdammte verregnete Tag. Ihre Gedanken begannen, sich dem Wetter anzupassen und depressiv zu werden. Schluss mit Trübsal blasen, wies sie sich im Stillen zurecht. Sie würde sich einen Kaffee kochen und einen Blick auf ihre Schokoladenvorräte werfen.

Kapitel 2

Marcus fuhr durch den strömenden Regen nach Hause. Er hatte Mara zum Flughafen nach Missoula gebracht und in ein Privatflugzeug gesetzt, das ihre Mutter gechartert hatte. Seiner Meinung nach hätte es ein Linienflug getan. Er achtete drauf, Mara nicht zu sehr zu verwöhnen, aber wenn sich Melissa die Mühe machte, sich überhaupt einmal um ihre Tochter zu kümmern, wollte er nicht überkritisch sein.

Die Fahrt zum Flughafen war eine Qual gewesen. Mara hatte ihre Playlist mit seinem Autoradio verbunden und die gesamten zwei Stunden Fahrtzeit BTS gehört – auf dem Sitz herumhüpfend und singend. Ihm bereitete diese Mädchenmusik Kopfschmerzen.