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Eine Dark-Rock Band wird gegründet. Der Weg ist steinig. Viele Schwierigkeiten, Schicksalsschläge und Intrigen säumen den Weg. Kann die Freundschaft der vier unterschiedlichen Männer dies verkraften? Wird die Band erfolgreich werden? Ein spannender Roman über das Leben auf und hinter der Bühne.
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Seitenzahl: 198
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Geschichte in diesem Buch ist frei erfunden.
Die darin vorkommenden Personen sind rein fiktiv und stehen in keiner Verbindung mit lebenden Personen.
Ähnlichkeiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Große Aufregung
Lagebesprechung
Wie sich die Wege kreuzten: Maik, Richie und Miko
Die Gründung der Band „Let´s meet Death“
Ein Drummer muss her
Eine unerwartete Einladung
Eine dunkle Begegnung
Ein unschöner Zwischenfall
Die Herausforderung des Ruhms
Freundschaft
Neuanfang
Auszeit
Privatleben
Eine brisante Beziehung
Ein Schnappschuss mit Konsequenzen
Reaktionen und erste Risse
Elias Millborns kühner Plan
Die Pressekonferenz
Die Verlosung
Der Wandel im Innern
Der Preis der Authentizität
Proben mit Spannung
Ein Anruf für Maik
Eine Wandlung für alle
Ein Inselkonzert am Nordseestrand
Eine Vision von Miko und Maik
Jung und Besonders
Glück auf allen Ebenen
Fokus auf sich selbst
Wenn Generationen die Bühne teilen
Die Biographie einer Legende
Im neuen Licht
Eine Vision der Wohltätigkeit
Richies Tränen
Ein Interview mit Richie
Ein neuer Einfluss auf die Band
Ein jäher Schatten
Leons Rückkehr
Abschiedsgedanken
Die „Vermächtnis-Tour“
Der dröhnende Applaus hallte noch in den Ohren von Maik, als er sich durch die Menschenmenge am Bühnenrand drängelte. Seine Augen waren auf die Band auf der Bühne geheftet, deren letzte Akkorde gerade verklungen waren. Es war eine gute Show gewesen, keine Frage. Doch dann hatte Svenja, die charismatische Frontfrau von "Püppi `n´ Guys", etwas gesagt, das Maik das Blut in den Adern gefrieren ließ.
"Und dieser Song hier", hatte sie triumphierend ins Mikrofon gegrölt, während die ersten Takte von "Blackhearted and Toxic" erklangen, "dieser Song, meine Lieben, ist direkt aus unserer Feder! Ein ganz besonderes Stück Herzblut von uns für euch!"
Maiks Kiefer spannte sich an. Herzblut? Das war sein Herzblut! Jeder einzelne Ton, jede Zeile dieses Liedes stammte von ihm, geschrieben in unzähligen schlaflosen Nächten in seiner kleinen Dachwohnung. Er hatte es Svenja vor Monaten gezeigt, ihr vertraut, sie gebeten, es sich anzuhören. Und jetzt das.
Er schob sich an einem grinsenden Roadie vorbei und erreichte schließlich den Backstage-Bereich. Die Luft war erfüllt vom Geruch von Schweiß, Bier und einem Hauch von Aufregung. Maik sah Svenja, wie sie von ihren Bandkollegen umringt Glückwünsche entgegennahm, ihr strahlendes Lächeln blendete ihn förmlich.
"Svenja!", donnerte Maik, seine Stimme rau vor Zorn.
Svenja zuckte zusammen und drehte sich um. Ihr Lächeln verschwand, als sie Maik erkannte. Eine Sekunde der Schockstarre, dann legte sich eine Maske der Kühle über ihr Gesicht.
"Maik. Was machst du denn hier?", fragte sie, ihre Stimme überraschend ruhig.
"Was ich hier mache?", erwiderte Maik, ein hysterisches Lachen entwich ihm. "Ich frage mich, was du hier machst! 'Direkt aus unserer Feder', hast du gesagt? Verdammte Lüge! Das ist mein Song, Svenja! MEIN Herzblut!"
Die anderen Bandmitglieder verstummten, ihre Blicke wanderten unsicher zwischen Maik und Svenja hin und her.
"Reg dich ab, Maik", sagte Svenja, ihre Stimme wurde schärfer. "Es ist nur ein Song. Wir haben ihn arrangiert, wir haben ihn zum Leben erweckt!"
"Zum Leben erweckt?", brüllte Maik, seine Fäuste ballten sich. "Du hast ihn gestohlen! Du hast dich mit fremden Federn geschmückt, mitten auf dieser Bühne, vor all diesen Leuten!"
"Das ist eine Unterstellung!", konterte Svenja, ihre Wangen röteten sich. "Wir haben..."
"Unterstellung?", unterbrach Maik sie. "Du nennst das eine Unterstellung? Ich habe dir die Demo geschickt, Svenja! Ich habe dir die Noten gegeben! Jeder einzelne Ton und jedes einzelne Wort ist von mir!" Er machte einen Schritt auf sie zu, seine Augen funkelten. "Ich will, dass du es richtigstellst. Jetzt! Sofort! Entweder gehst du zurück auf diese Bühne und sagst der verdammten Welt, wem dieser Song gehört, oder ich sorge dafür, dass jeder weiß, was für eine dreiste Bitch du bist!"
Die Stille im Raum war greifbar. Die Bandmitglieder sahen entsetzt drein. Svenja sah Maik direkt in die Augen, ihr Stolz kämpfte mit der Erkenntnis, dass sie in eine Falle getappt war. Sie hatte ihn unterschätzt. Und sie hatte ihr schmutziges Geheimnis vor Tausenden von Zeugen ausgeplaudert. Die Luft knisterte förmlich vor Anspannung.
Gerade als Maik einen weiteren Schritt auf Svenja zumachen wollte, spürte er zwei Hände an seinen Oberarmen. Eine feste, beruhigende Hand gehörte Richie, dem muskulösen Bühnenbauer, dessen verschwitztes T-Shirt nach Kabeln und Schweiß roch. Die andere, überraschend zarte, war die von Miko, dem schlaksigen Finnen aus dem Technikteam, dessen blasses Gesicht und die dunklen Haare perfekt zu seinem Gothic-Stil passten.
"Maik, ruhig, Alter!", murmelte Richie heiser, während er Maik sanft, aber bestimmt zurückhielt. "Nicht hier. Das ist kein Ort für sowas."
Miko nickte ernst. Seine Augen, umrandet von Kajal, trafen Maiks Blick. "Du bist wütend. Ich verstehe das. Aber Wut ist ein schlechter Berater." Seine Stimme war leise, fast ein Flüstern, aber durchdringend. "Was du hier tust, schadet dir mehr als ihr. Lass es nicht zu einem Zirkus werden."
Maiks Brust hob und senkte sich keuchend. Er wollte Svenja anschreien, ihr ins Gesicht brüllen, wie tief sie ihn enttäuscht hatte. Aber Richie und Miko hielten ihn fest, ihre Präsenz eine unerwartete Barriere gegen seinen Zorn. Er sah zu Svenja, die immer noch wie erstarrt dastand, ihre Augen voller Wut und... war das Angst?
"Ich will Gerechtigkeit!", zischte Maik, immer noch kämpfend gegen den Griff der beiden Männer.
"Die bekommst du", sagte Richie. "Aber nicht, indem du hier ein Fass aufmachst. Da sind Kameras. Überall. Und Leute, die das filmen." Er nickte in Richtung der weit geöffneten Backstage-Tür, durch die man die letzten Zuschauer sehen konnte, die gerade die Halle verließen. "Willst du, dass das auf YouTube landet? Svenja, Maik, die große Konfrontation?"
Miko zog Maik sanft ein Stück zur Seite, weg von der Mitte des Raumes und den starrenden Blicken der anderen Bandmitglieder. "Was sie getan hat, ist schlimm. Aber es gibt andere Wege. Klügere Wege." Er legte Maik eine Hand auf die Schulter. "Denke nach, Maik. Was ist dein Ziel? Sie zu zerstören? Oder deinen Namen wieder reinzuwaschen und das zu bekommen, was dir zusteht?"
Die Worte sickerten langsam in Maiks aufgewühlten Geist. Miko hatte Recht. Die Wut drohte, ihn zu verzehren und ihn unüberlegte Dinge tun zu lassen. Eine Szene hier, ein öffentlicher Eklat, würde ihm am Ende vielleicht mehr schaden als Svenja.
Er atmete tief durch, versuchte, seine zitternden Hände zu beruhigen. "Was soll ich denn tun?", fragte er, seine Stimme nun leiser, fast verzweifelt.
Richie und Miko tauschten einen Blick aus. Richie nickte. "Erstmal, geh hier raus. Hol tief Luft. Und dann reden wir. In Ruhe. Über die richtigen Schritte."
Miko fügte hinzu: "Wir sind für dich da, Maik. Aber du musst einen kühlen Kopf bewahren. Rache schmeckt nur kurz süß. Gerechtigkeit ist nachhaltiger."
Maik nickte langsam, sein Blick immer noch auf Svenja gerichtet, die sich nun mit ihren Bandkollegen beriet, ihre Gesichter ernst. Er wusste, dies war noch lange nicht vorbei. Aber vielleicht gab es ja doch einen besseren Weg als den, der ihn eben fast zu einer Dummheit verleitet hätte. Er ließ sich von Richie und Miko aus dem Backstage-Bereich führen, weg von der aufgeheizten Atmosphäre und hinein in die kühle Nachtluft. Der Kampf hatte gerade erst begonnen.
Nachdem Maik, Richie und Miko den Backstage-Bereich verlassen hatten, suchten sie einen ruhigeren Ort. Sie landeten schließlich in einer kleinen Kneipe um die Ecke der Konzerthalle, die um diese späte Stunde noch geöffnet hatte und von den letzten Konzertbesuchern nur spärlich frequentiert wurde. Die grellen Neonlichter und der Geruch von abgestandenem Bier waren ein krasser Kontrast zur euphorischen Atmosphäre der Halle.
Maik bestellte ein großes Wasser, seine Kehle war immer noch trocken vor Zorn. Richie und Miko holten sich jeweils ein Bier.
"Also, was jetzt?", fragte Maik, als er sich an den Tisch setzte, seine Nerven immer noch angespannt. "Ich kann das nicht auf mir sitzen lassen. Das ist mein Baby. Das ist mein Song. Und sie nimmt ihn und tut so, als wäre es ihrer!"
Richie nahm einen großen Schluck Bier. "Das ist klar, Maik. Und du hast jedes Recht, wütend zu sein. Aber wie Miko schon sagte, Wut führt nicht immer zum besten Ergebnis."
Miko nickte. "Die Hauptsache ist, dass du Beweise hast. Hast du die Demo, die du ihr geschickt hast? E-Mails? Nachrichten?"
Maiks Augen weiteten sich leicht. "Klar! Ich habe die Originaldateien mit Zeitstempel auf meinem Laptop. Und ich habe E-Mails, in denen ich ihr die Demo geschickt habe und sie sich dafür bedankt hat. Und ich habe die originalen Notenblätter, deren Kopie ich ihr ausgehändigt habe."
"Perfekt", sagte Miko mit einem Anflug von Genugtuung. "Das ist Gold wert. Das ist alles, was du brauchst, um deine Urheberschaft zu beweisen."
Richie legte eine Hand auf Maiks Schulter. "Gut. Damit hast du eine starke Position. Jetzt ist die Frage, was du erreichen willst. Willst du, dass sie den Song nie wieder spielen? Willst du Tantiemen? Oder beides? Und willst du, dass die Öffentlichkeit weiß, was passiert ist?"
Maik zögerte. "Ich... ich will auf jeden Fall, dass jeder weiß, dass das mein Song ist. Und ich will, dass sie ihn nicht mehr spielen dürfen, wenn sie weiter so tun, als wäre es ihrer. Die Tantiemen... klar, die stehen mir zu. Aber es geht mir nicht nur ums Geld. Es geht ums Prinzip - um die Anerkennung."
"Verstanden", sagte Richie. "Also, die aggressivste Variante wäre, einen Anwalt einzuschalten und sie auf Unterlassung und Schadensersatz zu verklagen. Das würde wahrscheinlich auch öffentlich werden."
Miko fügte hinzu: "Eine Klage kann langwierig und teuer sein. Aber mit deinen Beweisen stünden deine Chancen gut."
"Gibt es auch andere Wege?", fragte Maik.
"Man könnte versuchen, sie privat zu konfrontieren, aber diesmal mit einem Zeugen", schlug Richie vor. "Jemand, der dabei ist, wenn du mit Svenja sprichst und sie mit den Beweisen konfrontierst. Jemand, der im Zweifelsfall bestätigen kann, was gesagt wurde."
Miko nickte. "Oder man könnte versuchen, ihren Manager zu kontaktieren. Die haben oft ein Interesse daran, solche Dinge diskret zu regeln, um größere Skandale zu vermeiden."
Maik dachte nach. Die Vorstellung eines langwierigen Gerichtsverfahrens schreckte ihn ab, aber er wusste auch, dass er nicht klein beigeben konnte.
"Ich will nicht, dass es in einem Schlamassel endet", sagte Maik schließlich. "Aber ich will auch nicht, dass sie damit durchkommt. Ich glaube, der Weg über ihren Manager wäre ein guter erster Schritt. Dann können wir sehen, wie sie reagieren. Wenn sie nicht kooperieren, dann... ja, dann müssen wir vielleicht über härtere Maßnahmen nachdenken."
"Gute Entscheidung", sagte Richie anerkennend. "So gehst du strategisch vor. Und wir helfen dir, wo wir können."
"Absolut", stimmte Miko zu. "Ich habe ein paar Kontakte in der Szene, vielleicht kann ich herausfinden, wer ihr Manager ist und wie man ihn am besten erreicht."
Ein Funke der Hoffnung, klein und zart, keimte in Maik auf. Er war nicht allein. Er hatte Beweise. Und er hatte Freunde, die ihn unterstützten. Die Wut war immer noch da, aber sie war nun von einer Entschlossenheit überlagert, die ihm Kraft gab. Der Kampf war noch nicht gewonnen, aber zumindest hatte er jetzt einen Plan.
Die Geschichte, wie Maik, Richie und Miko zueinanderfanden, ist eine Verkettung glücklicher Zufälle, die im Schmelztiegel der Musikszene ihren Anfang nahm.
Miko, der Finne mit der Vorliebe für Gothic-Klänge, hatte die weite Reise nach Deutschland angetreten, um dort seinen Dienst bei einem bekannten Festival Veranstalter anzutreten. Er hatte sich, nach seinem Studium für Veranstaltungstechnik, um einen Job im Technikteam beworben und hatte die Zusage bekommen. Es war ein sonniger Sommertag, als Miko sich durch die Menschenmassen am Eingang des "Schwarzen Rauchs"-Festivals in der Nähe von Essen schob. Er war überwältigt von der Energie und der schieren Größe des Events.
Zur gleichen Zeit schwitzte Richie hinter der Hauptbühne, seine muskulösen, tätowierten Arme waren in voller Aktion. Als erfahrener Theaterschreiner, der sich dem Bühnenbau verschrieben hatte, war er hier in seinem Element. Er war gerade dabei, eine wackelige Monitorbox zu sichern, als er das verträumte Gesicht des Finnen bemerkte, der mit großen Augen die Konstruktion bewunderte.
"Kann ich dir helfen?", fragte Miko höflich, sein Akzent unverkennbar.
Richie grinste. "Klar, halt mal das hier fest." Er reichte Miko ein schweres Werkzeug. Während der Arbeit kamen die beiden ins Gespräch. Miko erzählte von seiner Reise, seiner Liebe zur Musik und seiner Faszination für die deutsche Gothic-Szene. Richie, der nach außen hart wirkte, aber einen sensiblen Kern hatte, war überrascht von Mikos offenem und freundlichem Wesen. Sie stellten schnell fest, dass sie eine gemeinsame Leidenschaft für Musik teilten, auch wenn sich ihre präferierten Genres leicht unterschieden. Nach getaner Arbeit setzten sie sich auf eine Kiste Bier, redeten stundenlang über Bands, über das Leben und Mikos Studium.
Richie erzählte von seiner eigenen turbulenten Vergangenheit, von dem Fehltritt in seiner Jugend und seiner Wandlung. Zwischen ihnen entwickelte sich eine sofortige und tiefe Freundschaft. Miko war von Richies ehrlicher und hilfsbereiter Art beeindruckt, und Richie schätzte Mikos ruhige, nachdenkliche Art und seinen scharfen Verstand. Es war der Beginn einer engen Verbundenheit.
Maik wiederum hatte sich in der lokalen Musikszene einen Namen als Songwriter und Komponist gemacht, auch wenn der große Durchbruch für seine Gothic-inspirierten Kompositionen noch ausstand. Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt, indem er Kindern das Gitarre spielen näherbrachte. Seine Freizeit verbrachte er weitgehend zu Hause, um neue Songs zu schreiben und zu komponieren. Außerdem versorgte er seine Mutter, die mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hatte. Maik schickte unermüdlich seine Demos an Bands, immer in der Hoffnung auf Anerkennung.
Richie, der ja selbst mal leidenschaftlich E-Gitarre gespielt und eine tiefe Verbindung zur Musik hatte, war durch seinen Job bei dem großen Festival Veranstalter ständig in Kontakt mit neuen Talenten. Bei einem seiner seltenen Besuche in kleineren Clubs, fernab der großen Festivalbühnen, stieß er auf einen Auftritt von "Püppi `n´Guys". Er war eigentlich nur aus Neugierde dort, da die Band in der Szene als aufstrebend galt.
Während des Konzertes fiel Richie ein Lied auf, das ihn sofort packte. Es war melancholisch, atmosphärisch und hatte eine Melodie, die sich sofort in sein Gedächtnis brannte. Er erkannte das Potenzial des Stücks und fragte nach dem Konzert einen der Roadies, wer der Songwriter sei. Der Roadie, ein guter Freund von Maik, nannte seinen Namen und erzählte Richie, dass Maik der talentierte Kopf hinter vielen dieser Lieder sei, aber noch auf seinen großen Durchbruch warte.
Fasziniert von Maiks Talent und seiner eigenen Empfänglichkeit für Harmonie, suchte Richie nach dem Konzert den Kontakt zu Maik. Er lobte dessen Musik, besonders das Lied, das ihn so berührt hatte. Maik, überrascht und erfreut über Richies ehrliches Interesse und seine profunden musikalischen Kenntnisse, erzählte ihm von seinem Traum, für bekannte Gothic-Künstler zu schreiben. Eine erste, zarte Freundschaft entstand zwischen dem erfahrenen Bühnenbauer und dem hoffnungsvollen Songwriter, geprägt von gegenseitigem Respekt für die jeweils andere Seite des Musikgeschäfts.
So kam es, dass am Abend des Konzerts, als Svenja von "Püppi `n´Guys" Maiks Song als ihren eigenen ausgab, Richie bereits eine Verbindung zu Maik hatte. Richie, der als Teil des Bühnenbauteams direkt am Geschehen war, erkannte sofort die Implikationen von Svenjas Aussage und Maiks aufbrausender Reaktion. Er wusste, dass Maik in diesem Moment jemanden brauchte, der einen kühlen Kopf bewahrte. Und als Miko, der ja ebenfalls im Team des Veranstalters arbeitete und sich backstage aufhielt, die angespannte Situation bemerkte, eilte er hinzu.
So fanden sich die drei Männer in der Kneipe wieder, ihre unterschiedlichen Lebenswege und Persönlichkeiten, die durch Musik und einen gemeinsamen Sinn für Gerechtigkeit miteinander verbunden waren, in einem Moment der Krise vereint.
Die Tage nach dem Konzert waren für Maik eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Die Wut kochte immer noch in ihm, aber der klare Kopf, den ihm Richie und Miko verschafft hatten, ermöglichte es ihm, die Situation strategisch anzugehen. Er hatte bereits erste Schritte unternommen, um den Manager von „Püppi `n´ Guys" zu kontaktieren, und wartete auf eine Reaktion. In der Zwischenzeit schrieben sich die drei Männer regelmäßig Nachrichten, unterstützten sich gegenseitig und festigten ihre ungewöhnliche Freundschaft.
Eines Abends, als Maik gerade wieder einmal über seinen Texten brütete, klingelte sein Handy. Es war Richie.
"Hey Maik, ich habe da so eine Idee", sagte Richie, seine Stimme klang ungewöhnlich enthusiastisch. "Miko und ich haben uns gefragt, ob du Lust hättest, mal... einfach so ein bisschen Musik zu machen? Ohne Druck, ohne Erwartungen. Einfach jammen."
Maiks Herz machte einen kleinen Sprung. Seit der ganzen Sache mit Svenja war ihm die Freude am Musizieren etwas abhandengekommen. Er hatte sich nur noch aufs Songwriting konzentriert, aufs Kämpfen um seine Anerkennung. Die Idee, einfach draufloszuspielen, klang verlockend.
"Klar, das klingt super!", erwiderte Maik. "Wann und wo?"
"Wie wäre es am Wochenende bei Karl im Proberaum?", schlug Richie vor. "Ist zwar nicht fancy, aber wir haben alles, was wir brauchen. Und Miko bringt seinen Bass mit."
Maik stimmte sofort zu. Die Vorfreude auf das Treffen war spürbar. Er würde seine E-Gitarre einpacken und vielleicht sogar ein paar alte Klavierstücke mitbringen, um zu sehen, wie sie in eine Band-Konstellation passten. Die Vorstellung, mit anderen Musikern zu interagieren, die seine Leidenschaft teilten, war wie ein Lichtblick in der ganzen juristischen Angelegenheit.
Als der Samstag kam, war Maik aufgeregt wie ein kleines Kind. Karls Proberaum war eine kleine, spartanisch eingerichtete Kammer im Keller eines alten Industriegebäudes. Der Geruch von altem Holz, Staub und einem Hauch von Schweiß hing in der Luft – der unverwechselbare Duft eines Ortes, an dem Musik gemacht wurde.
Richie empfing ihn mit einem breiten Grinsen, seine braunen, leicht gewellten Haare fielen ihm ins Gesicht. Er trug ein lockeres T-Shirt, das seine tätowierten Oberarme betonte. "Na, Maik! Schön, dass du da bist. Miko ist auch schon da."
Miko saß bereits auf einem umgedrehten Eimer, seine schwarzen, halblangen Haare fielen ihm vor die Augen, während er seinen Bass stimmte. Er hob den Blick und lächelte Maik freundlich zu. "Hallo Maik. Gut, dass du gekommen bist."
Ohne viel Gerede bauten sie ihre Instrumente auf. Maik schloss seine E-Gitarre an einen kleinen Verstärker an. Richie schnappte sich eine alte, ramponierte E-Gitarre, die in der Ecke stand, und stimmte sie ebenfalls. Er hatte sie sich auf die Schnelle zugelegt.
"Also, wie fangen wir an?", fragte Maik, ein wenig unsicher.
Richie zuckte die Achseln. "Einfach loslegen. Irgendwas, das uns gefällt. Keine Regeln."
Miko stimmte eine tiefe, groovige Basslinie an. Richie stieg mit ein, spielte ein paar Powerchords. Maik hörte zu, spürte den Rhythmus, und als er das Gefühl hatte, dass es passte, setzte er mit einer melancholischen Melodie ein, die ihm schon lange im Kopf herumschwirrte.
Die Stunden vergingen wie im Flug. Sie probierten verschiedene Stile aus, improvisierten, lachten über misslungene Akkorde und feierten die Momente, in denen alles perfekt zusammenpasste. Richie, der nach außen oft hart wirkte, zeigte eine überraschend sanfte und gefühlvolle Seite in seinem Spiel. Miko, der immer ein offenes Ohr für seine Mitmenschen hatte, legte einen soliden, erdigen Bass, der die Grundlage für alles bildete. Und Maik, befreit vom Druck, einen Hit schreiben zu müssen, ließ seiner Kreativität freien Lauf.
Für einen Nachmittag lang waren die Sorgen um Svenja und den gestohlenen Song vergessen. Es gab nur die Musik, die Freundschaft und das Gefühl, gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Es war ein harmonischer Moment, der die drei Männer enger zusammenschweißte und ihnen eine willkommene Auszeit von den Turbulenzen des Lebens schenkte. Und vielleicht war dies ja auch der Anfang von etwas Neuem – einem Trio, das mehr war als nur eine Zweckgemeinschaft im Kampf um Gerechtigkeit.
Die Jam-Session in Karls Proberaum war der Wendepunkt. Was als therapeutische Ablenkung begann, entwickelte sich schnell zu etwas viel Größerem. Maik, der in seiner kleinen Dachwohnung oft isoliert komponiert hatte, blühte in der Interaktion mit Richie und Miko auf. Seine melancholischen, tiefgründigen Melodien und Texte, die oft aus der Auseinandersetzung mit der Alkoholsucht seiner Mutter und seinen eigenen Träumen entstanden, bekamen eine neue Dimension.
Richie, der schon lange keine Gitarre mehr gespielt hatte, fand seine alte Leidenschaft wieder. Seine rauen, aber gefühlvollen Riffs, die oft Anklänge an Dark-Rock und Metal-Rock hatten, gaben Maiks Kompositionen eine kraftvolle, erdige Basis. Richie, der nach außen hart wirkte, aber innerlich ein Harmoniebedürfnis hegte, genoss die gemeinsame Kreativität. Die Musik war für ihn eine Form der Wiedergutmachung an sich selbst, ein Weg, die Narben seiner Vergangenheit zu heilen.
Miko, der Finne, war das ruhige, aber unverzichtbare Fundament. Sein präzises Bass-Spiel gab den Stücken Struktur und Tiefe. Er war derjenige, der oft die Lücken erkannte, die Ideen der anderen zusammenführte und mit subtilen musikalischen Vorschlägen eine Brücke zwischen Maiks melodischer Sensibilität und Richies rockiger Energie schlug. Seine ruhige Art und sein Gespür für Stimmungen sorgten dafür, dass die Proben produktiv und harmonisch blieben. Er war der Klebstoff, der die unterschiedlichen Elemente zusammenhielt.
Sie entdeckten schnell, dass ihre musikalischen Vorstellungen sich ergänzten. Maiks Gothic-Ambitionen bekamen durch Richies rockige Härte und Mikos präzisen Groove eine neue, einzigartige Färbung. Sie begannen, Maiks ältere Kompositionen zu überarbeiten, ihnen neue Facetten zu verleihen, aber auch komplett neue Stücke zu schreiben, die aus ihren gemeinsamen Jam-Sessions entstanden. Ihre Musik war eine Mischung aus melancholischem Gothic, kraftvollem Rock und der nordischen Schwermut, die Miko mitbrachte. Texte über verlorene Seelen, innere Kämpfe und die Suche nach Hoffnung trafen auf eingängige Melodien und dynamische Arrangements.
Allerdings stellten sie fest, dass ihnen doch etwas Entscheidendes fehlte: ein Schlagzeuger. Die elektronischen Beats aus Richies Laptop waren ein Notbehelf, aber sie konnten die Energie und Dynamik eines echten Drummers nicht ersetzen. Die Suche gestaltete sich schwieriger als gedacht. Viele Drummer waren entweder zu sehr im Metal verwurzelt und konnten sich nicht auf die melancholischen Gothic-Elemente einlassen, oder sie waren zu sanft für die benötigte Power.
Richie, der in der Szene gut vernetzt war, fragte sich durch seine Kontakte bei Konzertveranstaltern und befreundeten Bands. Maik durchforstete Online-Foren und Aushänge in Musikgeschäften. Miko sprach jeden an, den er auf Festivals und in Clubs traf, wenn er eine spannende Rhythmussektion hörte.
Nach Wochen der vergeblichen Suche, in denen sie etliche Probesessions mit unpassenden Kandidaten absolvierten, kam die Empfehlung von einer unerwarteten Seite: Tina, eine junge Tontechnikerin, die Richie von einigen Festivalproduktionen kannte und die ihre Proben manchmal mischte.
"Ich habe da vielleicht jemanden", sagte Tina eines Abends nach einer besonders frustrierenden Probe. "Er heißt Leon. Spielt in so einer experimentellen Jazz-Combo, aber ich weiß, dass er eine Schwäche für dunklere Töne hat. Und er hat ein unglaubliches Feingefühl für Rhythmus und Dynamik. Passt vielleicht nicht auf den ersten Blick, aber er ist... anders."
Skeptisch, aber auch verzweifelt genug, gaben die drei Leon eine Chance.
Leon war 28, schlank, trug eine randlose Brille und hatte eine ruhige, fast intellektuelle Ausstrahlung. Er kam mit einer kleinen Tasche voller Sticks und einem Funkeln in den Augen, das Neugierde verriet. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schlagzeugern, die sich sofort an die Double-Bass-Pedale werfen wollten, lauschte Leon erst einmal. Er hörte sich ein paar ihrer Demos an, nickte nachdenklich und fragte dann gezielt nach den Emotionen hinter den Songs.
Als er sich ans Set setzte, war es, als würde sich eine völlig neue Dimension öffnen. Leon spielte nicht einfach nur einen Beat; er atmete mit der Musik. Seine Rhythmen waren präzise, dynamisch und oft überraschend komplex, aber nie überladen. Er hatte ein Talent dafür, die leisen, atmosphärischen Passagen mit subtilen Besen-Arbeiten zu untermalen und dann in den Refrains eine explosive Kraft zu entfesseln, die Richies Gitarre und Mikos Bass perfekt ergänzte. Er brachte ein unerwartetes Maß an Eleganz und Tiefe mit, das sie vorher vermisst hatten.
Maik spürte es sofort: Leons Spiel verlieh seinen Melodien eine neue Ebene der Ausdruckskraft. Richie, der selbst ein starkes Gefühl für Harmonie hatte, war beeindruckt von Leons Fähigkeit, sich einzufühlen und die Stimmung jedes Songs perfekt aufzugreifen. Miko sah in Leon nicht nur einen Musiker, sondern einen Künstler, der Emotionen in Rhythmus übersetzen konnte.