Liebe hat kein Gewicht - Nancy Salchow - E-Book
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Liebe hat kein Gewicht E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Romy hatte schon immer ein paar Pfund zu viel auf den Rippen und träumt solange sie denken kann von der perfekten Bikinifigur. Umso unfassbarer erscheint ihr ihr Glück, als sich ausgerechnet der gutaussehende Alexander trotz ihrer Kurven für sie interessiert. Frisch verliebt verfällt sie ungeplant dem Klischee, gerade in der Anfangszeit ihrer Beziehung fast nur noch von Luft und Liebe zu leben. Die Zeit mit Alexander ist so aufregend und neu, dass die Pfunde praktisch von allein purzeln. Romy ist selig: Mit der Figur, die sie sich immer gewünscht hat und dem Mann ihrer Träume scheint ihr Leben perfekt. Doch ihr Glück gerät ins Wanken, als Alexander ihr gesteht, dass er sie mit ihrer neuen Figur sehr viel weniger attraktiv findet als vorher. Sein Geständnis erschüttert Romy umso mehr, als sie erkennt, dass er die Beziehung mit ihr ernsthaft in Frage stellt. Völlig überfordert steht sie vor der Entscheidung: Traummann oder Traumfigur?

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Impressum

Nancy Salchow

Liebe hat kein Gewicht

Roman

Über das Buch

Romy hatte schon immer ein paar Pfund zu viel auf den Rippen und träumt solange sie denken kann von der perfekten Bikinifigur. Umso unfassbarer erscheint ihr ihr Glück, als sich ausgerechnet der gutaussehende Alexander trotz ihrer Kurven für sie interessiert.

Frisch verliebt verfällt sie ungeplant dem Klischee, gerade in der Anfangszeit ihrer Beziehung fast nur noch von Luft und Liebe zu leben. Die Zeit mit Alexander ist so aufregend und neu, dass die Pfunde praktisch von allein purzeln. Romy ist selig: Mit der Figur, die sie sich immer gewünscht hat und dem Mann ihrer Träume scheint ihr Leben perfekt. Doch ihr Glück gerät ins Wanken, als Alexander ihr gesteht, dass er sie mit ihrer neuen Figur sehr viel weniger attraktiv findet als vorher. Sein Geständnis erschüttert Romy umso mehr, als sie erkennt, dass er die Beziehung mit ihr ernsthaft in Frage stellt. Völlig überfordert steht sie vor der Entscheidung: Traummann oder Traumfigur?

Kapitel 1

Ich lernte Alexander während eines Gesprächs über Hämorriden-Salbe kennen. Allein dieser Umstand hätte schon damals alle Alarmglocken bei mir schrillen lassen müssen. Hämorriden-Salbe ist einfach kein besonders vielversprechender Auftakt für eine Bekanntschaft, geschweige denn für eine Beziehung. Doch die einzige Sorge, die mich damals an einem Spätsommertag während meines Aufenthaltes in der stickigen Apotheke plagte, war der Gedanke, dass dieser gutaussehende Athlet hinter mir etwas von dem Anwendungsgebiet für die ominöse Medikamentenschachtel in der Hand der redseligen Apothekerin mitbekommen könnte. Generell sollten Worte wie Rektalsalbe und Analdehner in keinem Gespräch fallen, das in Hörweite des vermeintlichen Traummannes stattfindet. Mit jedem Wort, das sie in beinahe unverschämter Lautstärke über die Art und Dauer der Anwendung verlor, nahmen meine abwehrenden Handbewegungen zu, die sie von meiner Fähigkeit, einen Beipackzettel zu lesen, überzeugen sollten.

Doch Alexander, der damals noch namenlose Fremde mit dem dunklen Haar, den breiten Augenbrauen und den beinahe schwarzen Augen, ließ sich nichts anmerken. Kein verlegenes Lächeln, kein peinlich berührter Blick in die Seitenregale. Nur ein freundliches Augenblinzeln in meine Richtung, als befänden wir uns auf der Tanzfläche einer Singlebar.

Fünf Monate ist das mittlerweile her und noch immer spüre ich den ersten zaghaften Händedruck zwischen uns, schmecke noch immer unseren ersten gemeinsamen Milchkaffee, als hätten wir ihn erst gestern getrunken.

Während ich vor dem Spiegel stehe und mich in meinem neuen Etuikleid bewundere, kommen mir die fünf Monate jedoch wie eine Ewigkeit vor. Achtzehn Kilo trennen mich von dem Nachmittag in der stickigen Apotheke. Achtzehn Kilo, die aus einem unbeholfenen Pummelchen in Hemdbluse und Leinenhose eine selbstbewusste Frau in Tanktop und Hüftjeans gemacht haben. Achtzehn Kilo, die sogar die Tatsache erträglich machen würden, dass sich mein dreißigster Geburtstag in großen Schritten nähert.

Wenn … ja, wenn nicht die Sache mit Alexander wäre.

Ich lasse mich auf das Bett vor dem Spiegelschrank fallen.

Die Sache mit Alexander. Immer wieder kreisen meine Gedanken um ihn. Auch in diesem Moment, wo sie eigentlich bei dem Abendessen sein sollten, das die Firma anlässlich des erfolgreich absolvierten Jahresabschlusses veranstaltet.

Nie hätte ich mir träumen lassen, dass es jemals auch nur den Hauch eines Problems zwischen Alexander und mir geben könnte. So unglaublich die Tatsache war, dass sich jemand wie er für jemanden wie mich interessiert, so unglaublich ist nun die Vorstellung, dass das zwischen uns jemals vorbei sein könnte. Viel zu tief sind unsere Gefühle, viel zu eng die Bindung zwischen uns.

Dachte ich.

Nein, eigentlich weiß ich es. Noch immer. Trotz allem.

Ich betrachte mich erneut im Spiegel. Meine braunen Augen scheinen durch den grauen Lidschatten regelrecht zu leuchten, während meine Strähnen in weichen Wellen auf die ärmellosen Schultern fallen. Die Idee, mich an einer Hochsteckfrisur zu versuchen, habe ich wieder verworfen, als ich festgestellt habe, wie gut das Rot meiner Haare zu dem neuen olivgrünen Kleid passt, das ich mir extra für das Essen gekauft habe.

Ein Kleid in Größe 38.

A-c-h-t-u-n-d-d-r-e-i-ß-i-g!

Warum nur kann ich mich gerade jetzt so gar nicht darüber freuen?

Ich schaue an mir herunter. Selbst im Sitzen bildet sich keine der unliebsamen Speckrollen, die ich bis vor wenigen Monaten noch unter weiten Shirts versteckt habe. Auch der BH, der sich in hauchdünnen Konturen unter dem Stoff meines Kleides abzeichnet, zerquetscht nichts. Kein unschönes Fettpolster, das durch zu enge BH-Träger in mehrere Fettinseln geteilt wird.

Alles sitzt. Alles hat Luft.

Nur mein Herz nicht.

Warum kann mein Leben nicht ein einziges Mal unkompliziert sein? Warum können die Dinge nicht einfach perfekt sein?

So wie Alexander.

Ja, er ist perfekt. In jeder Hinsicht.

Und genau deshalb wollte auch ich perfekt sein – für ihn. Umso enttäuschender ist nun die Erkenntnis, dass unsere Vorstellungen von Perfektion so weit auseinander driften wie die Hosenbeine meiner alten Jeans.

In dem Celebrity-Magazin, das auf meinem Küchentisch liegt, habe ich gelesen, dass Christina Aguilera dasselbe Problem hat wie ich. Nur umgekehrt. Sie war schlank, als sie ihren Freund kennenlernte und futtert sich nun ihm zuliebe kurvig. Denn auch er gehört zu den Männern, die auf vollschlanke Frauen stehen und – wie es so schön heißt – gerne was zum Anfassen haben. Aber woher will so ein Klatsch-und-Tratsch-Magazin überhaupt wissen, ob das stimmt? Vielleicht nutzt Christina ihren angeblich kurvengeilen Kerl auch nur als Alibi, um selbst ungehemmt schlemmen zu dürfen? Und selbst wenn es tatsächlich an ihm liegt, wie hilft mir das weiter? Das Problem mit einem Promi zu teilen, tröstet mich gerade herzlich wenig.

Auf dem Lammfell vor dem Bett brummt mein Handy. Ich bücke mich, um es aufzuheben.

Maik.

„Hallo Lieblingscousinchen. Habe tonnenweise Pizza und Columbo-DVD’s hier. Interesse?“

Seine Nachricht erinnert mich an alte Zeiten. Zeiten, die längst vorbei sind und doch für einen Moment Wehmut in mir wach werden lassen.

Seufzend antworte ich ihm.

„Interesse schon, aber keine Zeit.“

„Alexander?“

„Nein, Abendessen mit den Kollegen.“

„Herrscht noch immer Eiszeit zwischen euch beiden?“

„Keine Eiszeit, Maik. Nur ein kleines Problem. Und auch das wird sich bald lösen.“

„Na dann. Meld dich, wenn du mal wieder Zeit für mich hast. Die dritte Absage in zwei Wochen. Mal schauen, ob ich dir das nächste Mal verzeihe. ;-)“

„Mal sehen. Vielleicht morgen.“

Ich lege das Handy zur Seite und schaue zum Radiowecker. 18 Uhr 43. Um Sieben wird das Taxi vor der Tür stehen, um den dritten Abend in Folge, den ich ohne Alexander verbringe, einzuleiten.

Ich rufe mir unser Gespräch in Erinnerung.

Es war nicht das erste Mal, dass er erwähnte, dass ich ihm bei unserer ersten Begegnung gerade wegen meiner Rundungen aufgefallen war und er sich nicht zuletzt deshalb in mich verliebt hatte, weil ich seiner Meinung nach als eine der wenigen Frauen dazu in der Lage war, das Leben voll und ganz zu genießen. Und Genuss – der Meinung ist zumindest er – fängt vor allem beim Essen an.

Bei diesem Gespräch war jedoch alles anders. Es war ein Streit. Unser erster richtiger, noch dazu eine Meinungsverschiedenheit, die plötzlich alles zwischen uns in Frage stellt.

Schon in den ersten Wochen unserer Beziehung hatte Alexander mich immer wieder dezent darauf hingewiesen, dass es wirklich nicht nötig wäre, dass ich weiter abnehme und ich ihm auch in Größe 44 gefallen würde. Und es war ja auch nicht so, dass ich das mit dem Abnehmen geplant hatte, ehrlich nicht. Zumindest nicht bewusst. Irgendwie waren die ersten Pfunde beinahe wie von selbst gepurzelt, weil ich jedes Mal vor Aufregung bis zu unseren Verabredungen am Abend kaum einen Bissen herunterbekam. Hinzu kamen die Besuche im Fitnessstudio, zu denen ich mich von meiner sportfanatischen Freundin Veronika überreden ließ, weil ich es nicht erwarten konnte, sie bei der Gelegenheit über meine gerade erst spruchreif gewordene Beziehung mit dem tollsten Mann aller Zeiten auf dem Laufenden zu halten.

Aber je mehr ich abnahm, desto öfter deutete Alexander an, dass er sein süßes Romy-Pummelchen vermissen würde.

Romy-Pummelchen. Allein bei diesem Kosenamen stellen sich mir noch heute die Nackenhaare hoch. Wer möchte schon Pummelchen genannt werden? Aus dem Mund des Traummannes ist das doch praktisch der Todesstoß.

Oder?

Warum nur hat er bei diesen Andeutungen immer wieder gelächelt? Wenn er nicht gelächelt hätte, hätte ich seine Worte vielleicht ernster genommen.

Andererseits war die Freude über jedes geschmolzene Kilo so groß, dass ich vermutlich ein Lächeln nicht von einem Stirnrunzeln hätte unterscheiden können.

Und jetzt? Drei Tage ist es inzwischen her, dass er mir gestanden hat, mich nicht mehr attraktiv zu finden.

Nicht nur nicht attraktiv, nein: unattraktiv. Das waren seine Worte. Vielmehr DAS Wort, das er mir an den Kopf knallte, während ich ihm freudestrahlend mein neues Kleid präsentierte.

Das erste Kleid in Größe 38.

Wie ein Brandzeichen sitzen seine Worte noch immer in meinem Kopf fest.

„Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ich mein Leben mit dir verbringen möchte, Romy. Du bist witzig, klug und charmant. Du weißt, wie man das Leben genießt, sagst immer deine Meinung und hast nie verlernt zu träumen.“ Dann senkte er den Blick auf meine Taille, eine Körperzone, die bei unserer ersten Begegnung praktisch nicht vorhanden gewesen war. „Aber ich muss dir leider sagen, dass ich mich körperlich einfach nicht mehr von dir angezogen fühle. Du hast dich verändert und mittlerweile steht nicht mehr die attraktive Frau vor mir, die ich damals in der Apotheke kennengelernt habe.“

„Ich verstehe nicht, was du meinst, Alexander. Willst du mir ernsthaft sagen, dass ich zu dünn bin?“ Anfangs war es mir noch gelungen, meine Tränen zurückzuhalten. „Ich bin nicht Victoria Beckham. Ich trage einfach nur Größe 38. Damit würde ich bei manchen Schlankheitsfanatikern sogar noch als gut bestückt gelten.“

„Es ist mir egal, welche Kleidergröße auf deinem Etikett steht. Alles, was zählt, ist das, was ich sehe oder besser gesagt: das, was meine Hände fühlen. Und das hat schon vor einer Weile aufgehört, mich zu faszinieren. Du bist dürr geworden, Romy. Dürr und gewissermaßen ausdruckslos.“

Die Worte dürr und ausdruckslos waren es dann, die das Fass zum Überlaufen brachten.

„Ausdruckslos? Was soll das heißen? Bist du der Meinung, dass ich mit meinen Pfunden auch meine Persönlichkeit verloren habe? Ich dachte, gerade meine inneren Werte waren es, die du immer so an mir geschätzt hast. Und was haben die mit meinen Pfunden zu tun?“

„Das stimmt ja auch. Aber ich habe immer gedacht, dass du eine von den Frauen bist, die mit sich und ihrem Aussehen im Reinen sind, egal was die gängigen Schönheitsideale sagen. Außerdem vermisse ich die Pölsterchen an den Hüften, das weiche Kinn. Das ganze Drumherum eben.“

„Das, was du weiches Kinn nennst, nennen andere Doppelkinn, Alexander.“ Ich wurde lauter. „Doppelkinn, verstehst du?“

„Und genau das war gewissermaßen das i-Tüpfelchen, als ich mich damals in dich verliebt habe. Ein Bonus sozusagen, als ich darüber nachdachte, ob das etwas werden könnte mit uns.“

„Ein Bonus für mein Doppelkinn?“

„Das war kein Doppelkinn, Romy. Das war ein weiches Kinn. Weich – so wie alles an dir.“

„Hör auf, es ständig weiches Kinn zu nennen!“

„Wie auch immer du es nennen willst, ich habe es geliebt. Aber seitdem du so abgenommen hast, bist du nicht mehr dieselbe. Auch der Sex ist …“

„Ist was?“

„Na ja, eben nicht mehr derselbe.“

Ich dachte an den Abend vor drei Wochen, als ich mich das erste Mal bei Tageslicht vor ihm ausgezogen hatte. Wie begehrenswert ich mich in seinen Armen gefühlt hatte und wie demütigend jetzt die Vorstellung war, dass er mich vermutlich schon damals als unattraktiv empfunden hatte.

„Ich kann nicht glauben, dass du diese Dinge sagst, Alexander. Ich dachte, du freust dich, dass ich jetzt auch optisch viel besser zu dir passe. Stattdessen wirfst du mir vor, dass ich nicht mehr die übergewichtige Frau von damals bin.“

„Was soll das heißen, dass du optisch besser zu mir passt? Nur weil ich schlank bin, bedeutet das doch noch lange nicht, dass ich dasselbe auch von meiner Partnerin erwarte.“

„Es geht doch gar nicht darum, ob jemand schlank ist oder nicht, sondern darum, ob man sich wohlfühlt. Und ich fühle mich wohl, Alexander. Zum ersten Mal überhaupt.“

„Es tut mir leid, Romy. Ich will dir nicht wehtun. Es ist einfach nur die Wahrheit. Und ich finde, wir sollten ehrlich zueinander sein.“

(Ich will dir nicht wehtun? Werden die Männer jemals begreifen, dass kein Satz mehr wehtut als „Ich will dir nicht wehtun?“)

„Und was soll das heißen?“, fragte ich. „Dass du dich nicht mehr von mir angezogen fühlst? Dass es vorbei ist, wenn ich nicht wieder zunehme?“

„Ich weiß nicht, was es heißt. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Es geht mir auch gar nicht so sehr um die Konsequenzen, sondern einfach darum, dass du weißt, wie ich darüber denke.“

Das waren seine letzten Worte. Nicht weil er das Gespräch beendete, sondern weil ich nicht in der Lage war, ihm länger zuzuhören. In Tränen aufgelöst hatte ich seine Wohnung ohne ein weiteres Wort verlassen, um von da an jeden seiner Anrufe zu ignorieren.

Seitdem herrscht Funkstille. Nicht weil ich mich bewusst von ihm abschotte, sondern weil ich nicht den blassesten Schimmer habe, was ich sagen oder wie es weitergehen soll. Wie soll ich ihm jemals wieder nahe kommen, wenn ich bei jeder Berührung daran denke, dass er mich nicht mehr begehrenswert findet? Viel zu lange hatte es gedauert, bis ich mich an den Gedanken gewöhnt hatte, dass jemand wie er ernsthaftes Interesse an mir haben und mich auch körperlich anziehend finden könnte. Und jetzt? Jetzt ist all das sorgsam aufgebaute Selbstbewusstsein mit einem Schlag auf Null.

Mein Handy blinkt. Ich erwarte eine weitere SMS von Maik, sehe aber schon beim ersten flüchtigen Blick aufs Display Alexanders Namen aufleuchten.

„Bitte melde dich, Romy. Was ich gesagt habe, muss doch nicht alles zwischen uns kaputt machen. Lass uns nochmal reden.“

Nochmal reden. Worüber? Über einen Fressorgien-Zeitplan, der innerhalb der nächsten Wochen mein Ursprungsgewicht wiederherstellt und mir somit einen Doppelkinnbonus bei ihm verschafft? Oder darüber, ob er mir vielleicht die Frage aller Fragen stellen wird, wenn ich mich auch optisch wieder in die Traumfrau verwandelt habe, die ich anscheinend nur mit dem nötigen Hüftgold bin?

Ich schalte das Handy aus, um der Versuchung einer unüberlegten Antwort zu widerstehen.

Heute genieße ich den Abend.

Und zwar in einem Kleid in Größe 38.

*

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns tatsächlich dieses Wochenende sehen.“ Maik schiebt einen gigantischen Pizzateller samt Thunfischpizza auf den Wohnzimmertisch. „Dann scheint der Streit mit Alexander wohl doch etwas Ernstes zu sein, wenn du deinen Samstagabend lieber mit mir verbringst.“

„Können wir bitte aufhören, über Alexander zu reden?“

„Erst wenn du aufhörst, die Gemütlichkeit unseres Filmabends mit einem grünen Salat zu versauen.“

Wie aufs Kommando stochere ich in meiner Plastikschale nach einer Tomate.

„Ich versaue nichts“, antworte ich schmallippig. „Ich achte nur darauf, dass meine Pfunde nicht genauso schnell zurückkehren, wie sie geschmolzen sind.“

„Also, so sehr mich die übertriebene Freundlichkeit und das Dauergrinsen deines Lovers auch manchmal nerven, in einem Punkt muss ich ihm zustimmen: Kurven stehen dir. Und irgendwie habe ich immer den Eindruck, dass etwas fehlt, wenn ich dich so in deinen engen Jeans und dem Top anschaue.“

Wütend lege ich die Gabel zur Seite, während ich ihn für einen Moment betrachte. Übergewicht scheint in unserer Familie zu liegen, denn auch Maik plagt sich solange ich denken kann mit einem schwammigen Hals und beachtlichem Wohlfühlbauch herum. Wobei plagen vermutlich das falsche Wort ist, da ich mich nicht daran erinnern kann, ihn je bei einem Diät- oder Sportversuch beobachtet zu haben.

Er nimmt es hin. Schon immer. Vielleicht ist es genau das, was uns trotz unserer Vorliebe für alte Krimis und Pizza voneinander unterscheidet.

„Soll das etwa heißen, dass du auch der Meinung bist, ich sei zu dünn?“, frage ich.

„Du siehst gut aus, keine Frage. Aber ich habe halt die Befürchtung, dass du aus Gründen abgenommen hast, die nicht unbedingt die richtigen sind. Wer hat denn immer gepredigt, nicht dem Schönheitsideal entsprechen zu wollen?“

„Wie oft soll ich’s dir noch sagen? Ich habe nicht geplant abzunehmen. Das ist einfach so passiert. Wenn man frisch verliebt ist, hat man nun mal andere Dinge im Kopf als Essen.“

„Und wenn es einfach so passiert ist, warum dann jetzt der Salat?“

Ich drücke auf die Pause-Taste der Fernbedienung. Augenblicklich verstummt Columbo mit Zigarre in der Hand auf dem Bildschirm.

„Willst du mir allen Ernstes vorwerfen, dass ich mich darüber freue, mich nicht mehr wie eine unansehnliche Qualle zu fühlen?“

Maik bricht ein Viertelstück der Pizza ab und lehnt sich in den Fernsehsessel. „Qualle hin oder her. Mich würde interessieren, was du nun vorhast.“

„Was meinst du?“

„Na ja. Wegen Alexander natürlich. Und wegen eurer Verlobung.“

„Wir sind nicht verlobt.“

„Aber so gut wie.“

„Auch nicht so gut wie.“

„Aber hast du nicht neulich noch gesagt, dass er der Mann ist, mit dem du den Rest deines Lebens verbringen möchtest und dass er dasselbe auch zu dir gesagt hat?“

„Ja schon, aber …“ Ich kämpfe gegen den Kloß in meinem Hals.

Maik mustert mich einen Moment wortlos, dann legt er das Stück Pizza zurück auf den Teller und setzt sich neben mich aufs Sofa. „Tut mir leid, Romy. Ich wollte keine Wunden aufreißen. Manchmal bin ich echt ein unsensibler Stinkstiefel.“

„Schon gut“, antworte ich. „Es ist deine Wohnung. Wo sollst du sonst ein Stinkstiefel sein, wenn nicht hier?“

Er legt seinen Arm um meine Schulter. „Ich sollte dich zumindest gut genug kennen, um zu merken, wenn es dir schlecht geht.“

Ich schaue auf die Hände in meinem Schoß. „Er ist der Richtige, Maik. Das weiß ich. Und gerade deshalb fällt es mir so schwer, das alles zu verdrängen.“

„Und wenn du nochmal mit ihm redest?“

„Ich weiß nicht, was das bringen würde, geschweige denn, was ich sagen soll. Er war einfach nur ehrlich. Im Grunde kann ich ihm doch nicht vorwerfen, dass er versucht hat, mir die Wahrheit zu sagen, oder?“

„Was auch immer du tust, das Einzige, was zählt, ist, dass du dir selbst treu bleibst.“ Maik schaut mich mit einer Ernsthaftigkeit an, die nicht so recht zu seinem ungestümen Verhalten passen will. „Denn nur dann kannst du dich selbst lieben.“

„Du hast recht. Aber ganz egal, wie lange ich darüber nachdenke, hin und her überlege und mir Argumente gegen oder für ihn zurechtlege: Ich liebe ihn. Deshalb werde ich früher oder später eine Lösung für unser Problem finden.“

„Solange du nicht vergisst, mich zur Hochzeit einzuladen.“

Ich lächle. Das Wort Hochzeit in Verbindung mit Alexander sorgt grundsätzlich für ein Lächeln auf meinem Gesicht. Selbst dann, wenn mir gar nicht nach lächeln zumute ist.

„Heute haben wir übrigens unser Fünfmonatiges“, sage ich.

„Euer Fünfmonatiges? Und das verbringst du mit deinem Cousin?“

„Mit meinem Cousin“, ich greife nach der Fernbedienung, „und mit Columbo.“

*

Ich habe es ganz deutlich gehört: Es war ein Pfeifen. Und der Typ hatte keinen Hund dabei. Nein, das Pfeifen galt mir.

Mit dieser Erkenntnis wartet es sich am Tresen meines Lieblingsbistros gleich umso entspannter.

Im Augenwinkel sehe ich, wie die Bauarbeiter vor dem Fenster des Bistros auf ihre Schaufeln gestützt hineinschauen, während ich darauf warte, dass der Kunde vor mir seine Bestellung aufgibt.

Für einen Moment frage ich mich, ob es nicht doch etwas übermütig war, den knielangen Rock anzuziehen.

---ENDE DER LESEPROBE---