Love & Crime 101 - Amalia Zeichnerin - E-Book

Love & Crime 101 E-Book

Amalia Zeichnerin

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Beschreibung

Leroy und Clay arbeiten als Schauspieler in einer beliebten New Yorker Krimiserie. Als Leroy davon erfährt, dass viele Fans der Serie ihre beiden Charaktere gern als Paar sehen würden, ist er Feuer und Flamme, dieses Anliegen zu unterstützen, stößt dabei allerdings auf ungeahnte Probleme. Clay und er kommen sich währenddessen näher, allerdings ist da auch noch dessen Exfreund, der wieder mit ihm zusammenkommen möchte. Als die Serie einige Zeit später unerwartet abgesetzt werden soll, stehen Leroy und Clay vor einer schweren Entscheidung …

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Table of Contents

Titel

Inhaltswarnungen

Playlist und Cast

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Epilog

Bonus-Kurzgeschichte - "Gefangen"

Nachwort und Danksagung

Impressum

 

 

 

 

© Amalia Zeichnerin 2020

Inhaltswarnungen zu diesem Roman

 

Alltagsrassismus (wenig), Clown, Erwähnung von Tod, Mord und Leichen, Gefangenschaft, explizite Sexszenen

Playlist zum Roman1

 

Katrina and the Waves – I‘m walking on sunshine

Beyoncé – If I were a boy

Adam Lambert – Whataya want from me

Macklemore and Ryan Lewis

feat. Mary Lambert – Same Love

Prince – Batdance

Jamie T – Zombie

Warren Zevon – Werewolves of London

David Bowie – Scary Monster (and super creeps)

Rolling Stones – Sympathy for the Devil

Ray Parker Jr. – Ghostbusters

Frank Sinatra – New York, New York

Coolio feat. L.V. – Gangsta's Paradise

Muna – I Know A Place

The Black Eyed Peas – Where is the Love?

Doug Locke – #ThisCouldBeUs

The Clash – I Fought the Law

Queen – I want to break free

U2 – New York

Bruce Springsteen – Highway Patrolman

Ultra Naté –Free

 

NYPD Queens

 

 

BesetzungLeroy Baker – Detective Lenny BricksClayton „Clay” Ashmore – Detective Charles Austin

Jason Myung – Sergeant Jim Moon

Luciana Fernandez – Captain Leticia Florez

Angela Simmons – Detective Annie Stales

Gastdarsteller:

Esteban Anderson – Detective Enrico Alonso

 

Ausführender Produzent Dwayne Walker

 

1Die Playlist findest du auf Youtube. Suche dort nach „Love & Crime 101”, oder nutze diesen Link:https://bit.ly/LoveandCrime101Playlist

 

Leroy

„Wer hat die Leiche gefunden?“, wandte sich Detective Bricks an seinen Kollegen, Detective Austin. Sie beide arbeiteten im 101. Revier, in Queens.

„Ein Jogger. Ist dort hinten. Sagt, er hat den Toten noch nie gesehen. Ich spreche gleich noch mit ihm. Ist die Spurensicherung unterwegs?“, fragte Detective Austin einen ihrer uniformierten Kollegen.

„Ja, Sir. Auf dem Beach Channel Drive ist ein Stau, deshalb brauchen sie heute länger.“

„Gut, dann will ich mir mal die Leiche anschauen.“ Austin trat zu dem Toten und ging in dessen Nähe in die Hocke.

Der Mann lag leicht verdreht am Rande eines Gebüschs, das ihn kaum verdeckte. Der Mörder hatte ihn in keinster Weise in Szene gesetzt, wie es manche Psychopathen bei ihren Opfern zu tun pflegten. Zumindest machte es nicht den Eindruck. Die Gesichtshaut hatte sich fast bläulich-grau verfärbt. Die gebrochenen Augen starrten in den Himmel. Die Todesursache war offensichtlich, eine Wunde im Brustkorb hatte die Kleidung des Toten an einer Stelle schmutzig-rot verfärbt. Ein Riss klaffte im Stoff. Was für ein krasser Kontrast zu diesem friedlichen Park und der von einer einheimischen Künstlerin bunt bemalten Mauer, die sich in der Nähe des Tatortes befand.

Austin räusperte sich und wandte sich an Bricks. „Ich tippe auf ein Messer als Mordwaffe. Vielleicht hat der Täter es später in den See hier im Bayswater Park geworfen. Und schau mal dort, ein ganzer Haufen an Fußspuren.”

Bricks nickte. „Jepp. Ein Segen, dass es in der vergangenen Nacht geregnet hat, ich schätze mal bei dem matschigen Boden wird die Spurensicherung sicherlich nicht nur die Spuren des Opfers, sondern auch die des Täters finden.”

Ob ihnen das weiterhalf, stand in den Sternen.

Detective Austin wollte sich gerade erheben, als der Leichnam hustete.

 

„Cut!“, rief der Regisseur.

„Es tut mir leid“, sagte der Komparse, welcher die Leiche mimte. Bis eben hatte er wunderbar still gelegen, selbst seine Atembewegungen waren nur zu sehen, wenn man ganz genau hinschaute.

„Kein Problem. Gleich die Szene noch mal bitte“, erwiderte der Regisseur ungerührt. „Und danach ist Feierabend. Morgen geht‘s im Studio weiter.“

Yeah, dachte Leroy. Das sind gute Aussichten. An diesem Nachmittag war es ziemlich kühl und sie hatten mehrere Stunden im Park gedreht. Die letzten warmen Sommertage waren endgültig vorbei und das erste Herbstlaub tanzte im Wind. In der Nähe rauschten Autos, LKWs und andere Fahrzeuge vorbei, eine ständige Geräuschkulisse in der Stadt, die selbst nachts nie ganz verebbte.

„Hey, Clay, hast du Lust, nachher noch mit mir einen trinken zu gehen?”, fragte Leroy seinen Schauspielkollegen. „Ich könnte etwas zum Aufwärmen vertragen. Zu einem Bier würde ich aber auch nicht Nein sagen.“

Lächelnd wandte Clay sich zu ihm um. „Gute Idee.“ Er sah Leroy mit diesen graugrünen Augen an, deren Blick einen zu durchbohren schien. Was sich immer sehr gut in Verhörszenen machte – und bei Leroy nicht selten für weiche Knie sorgte. So auch diesmal. Was macht er nur mit mir?

„Ruhe bitte“, unterbrach sie der Regisseur.

Leroy nickte und konzentrierte sich wieder auf seinen Text.

Der Regisseur nickte dem Kameramann zu. Dieser rief: „Kamera läuft!“

Die Assistentin, welche die Filmklappe hielt, rief: „NYPD Queens Staffel 4, Folge 3. Szene 49, Take 5” und schlug das Gerät mit einem klackenden Geräusch zusammen.

„Action!”, rief der Regisseur.

Diesmal schaffte es der Komparse, der die Leiche mimte, nicht zu husten.

Nach vier weiteren Takes war der Regisseur zufrieden. „Prima. Schönen Feierabend, Leute. Wir sehen uns morgen.“

Das Drehteam und die Schauspieler verabschiedeten sich voneinander. Kabel wurden aufgerollt, Scheinwerfer abgebaut und allerhand Gerätschaften zusammengepackt. Der Drehort leerte sich rasch. Leroy und Clay schlenderten nebeneinander durch den Park, vorbei an der kleinen Skate Arena, in Richtung Ausgang.

„Wo möchtest du was trinken gehen?”, fragte Clay.

„Ich schau mal auf dem Handy, was es so in der Nähe gibt.” Er rief Google Maps auf. „Was hältst du von Chinesisch? Es gibt hier einen Imbiss in der Nähe.”

„Gern.” Clay schenkte ihm ein Lächeln und Leroy klopfte das Herz schneller. Himmel, er musste damit aufhören, schließlich waren sie Kollegen.

Eine halbe Stunde später saßen sie in einem chinesischen Imbiss namens New Garden Restaurant, der sich eine Viertelstunde zu Fuß entfernt vom Park befand.

Leroy bestellte sich eine Portion scharf gewürztes Hühnchen, denn nach dem langen Außendreh war er hungrig. Clay schloss sich ihm an und wählte eine Gemüsepfanne mit Reis.

„Ich freu mich sehr, dass sie die Serie wieder verlängert haben”, sagte sein Kollege, als sie wenig später ihr Essen bekamen. Er benutzte Essstäbchen – eine Kunst, die Leroy nie gelernt hatte.

„Geht mir auch so.” Leroy knibbelte an dem Etikett seiner Bierflasche herum.

Jedes Jahr war es eine Zitterpartie, ob die Krimiserie NYPD Queens verlängert wurde oder nicht. Das New York Television Network, oder kurz NYTN, hatte grünes Licht gegeben und demnächst ging die Serie daher mit 22 neuen Episoden in die fünfte Staffel. Leroy war inzwischen ein Jahr dabei, seit der dritten Staffel.

„Es ist ein guter Job. Wenn ich mal daran denke, was ich davor alles gemacht habe … puh.” Leroy piekte ein Stückchen Huhn mit der Gabel auf und musterte seinen Kollegen kurz – die ausgeprägten Wangenknochen, das modisch zerstrubbelte Haar, das irgendwo zwischen dunkelblond und hellbraun changierte und die klaren Augen, deren Farbe ihn an den Hudson River an einem stürmischen Tag erinnerte.

Er musste sich zwingen, Clay nicht anzustarren. Er schwärmte heimlich für seinen Kollegen, und das schon länger und mehr, als ihm lieb war.

Clay grinste ihn an. „Erzähl doch mal, was war der schlimmste Job, den du je gemacht hast?”

„Du meinst, als Schauspieler?”

„Genau.”

Leroy überlegte kurz. „Das war so ein Werbespot für einen Softdrink. Ist schon ein paar Jahre her. Die wollten da besonders originell sein, also haben sie mich in ein Kostüm gesteckt, das wie eine Getränkedose aussah. Da guckten dann nur noch mein Gesicht und meine Arme heraus. Mann, kam ich mir dämlich vor! Weißt du, wie diese Leute, die in Maskottchen-Kostümen stecken oder die in einem komischen Aufzug am Times Square und anderen Orten Flyer verteilen. Und dann musste ich dazu noch was Lustiges sagen. Na ja, ich meine, sie fanden es wohl lustig. Aber ich hab verdrängt, was es genau war.”

„Ich glaube, dieser Spot ist an mir vorübergegangen”, sagte Clay mit nachdenklicher Miene.

„Da hast du nichts verpasst. Das Zeug schmeckte nach Aromastoffen und Zucker, mehr nicht. Ich hab die Marke aber schon lange nicht mehr im Supermarkt gesehen. Vielleicht ist der Hersteller pleite gegangen.”

Clay grinste ein weiteres Mal, noch breiter als zuvor. „Und du bist schuld…”

„Hä?”

„Weil du ihren Werbespot verhunzt hast.”

Leroy starrte seinen Kollegen an, der noch immer grinste.

„War ein Spaß.”

„Ach so.” Leroy stieß den angehaltenen Atem aus. „Und? Was war dein schlimmster Job?”

Clay runzelte die Stirn. „Das war, als ich Komparse in einem Action-Film war. Damals hab ich noch in Los Angeles gewohnt und jede Rolle angenommen, die ich kriegen konnte. Also halt auch Komparsenjobs. Und in dem Actionstreifen musste ich mich hinter ein Auto werfen, um nicht in eine Schusslinie zu geraten. Ich hab mir dabei fast den Arm gebrochen und jede Menge blaue Flecken kassiert.”

„Also lieber keine Action-Filme?”, fragte Leroy.

Clay zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Man soll nie Nie sagen, stimmt’s? Und ein bisschen Action haben wir ja auch in der Serie.”

„Auch wieder wahr …” Leroy lächelte und trank einen Schluck Bier. „Hey, sag mal, wusstest du eigentlich, dass es Fans gibt, die unsere Charaktere shippen?”

„Was meinst du?”

„Naja, das sind halt Fans, die es gern sähen, wenn unsere beiden Charaktere in der Serie ein Paar wären. Das gibt es ja auch in anderen Fandoms.”

Clay sah ihn ratlos an. „Hab mich noch nicht so damit beschäftigt. Kannst du mir das mal genauer erklären?”

„Ich habe ein bisschen was drüber gelesen. Shipping, das kommt von relationship, also Beziehung. Das gibt es für alle möglichen Charaktere, selbst wenn die offiziell nicht zusammen sind. Es ist so eine Fansache, weißt du?”

„Aber … Lenny und Charles, also unsere Charaktere, die sind doch nicht schwul”, warf Clay ein.

„Ich würde mal sagen, die Drehbuchautoren haben ihre sexuelle Orientierung nicht festgelegt. Und was die Shippings angeht, den Fans ist das egal, ob ein Charakter hetero, schwul oder bi oder noch anders ist. Sie machen einfach ihr eigenes Ding draus. Zum Beispiel mit Fanart, oder Fanfictions. Warte mal, ich zeige dir was.” Leroy zog sein Smartphone heraus und suchte nach einem Bild.

„Schau mal hier…” Er reichte Clay sein Smartphone.

Das Fanart-Bild zeigte ihn und Clay in den dunkelblauen New Yorker Polizeiuniformen, die ihre Charaktere manchmal trugen. Aber das war längst nicht alles, denn in dieser Abbildung küssten sie einander.

„Ach, du meine Güte”, murmelte Clay und schüttelte mit einem schiefen Lächeln den Kopf. Unter dem Bild stand als Titel Charny. „Was soll das sein – Charny?”, fragte er.

„Das steht für Charles und Lenny. Die beiden Namen zusammengezogen. So wie Brangelina. Ich meine, als die beiden noch zusammen waren.”

Clay zog die Augenbrauen zusammen. „Ah ja …” Dann warf er Leroy einen schelmischen Blick zu. „Und, shippst du unsere Charaktere auch, oder wie man das nennt?”

Leroy lachte verlegen. „Sagen wir mal so, ich hab nichts dagegen. Ich finde es eigentlich ganz reizvoll. Es gibt übrigens auch haufenweise Fanfictions dazu. Im Archive of Our Own, das ist ein großes Fanfiction-Portal, habe ich über dreitausend gefunden.”

Clay sah ihn mit großen Augen an. „Jetzt sag nicht, du hast welche davon gelesen?”

Leroy grinste. „Doch”. Er hob die Hände, als Clay ihn mit einen schiefen Blick bedachte. „Hey, ich war halt neugierig. Ein, zwei waren … na ja, da war viel Sex dabei. Also, nicht dass mich das gestört hätte, ich bin schließlich schwul. Nur war das ein bisschen einseitig, da fehlte es an Handlung. Es gab aber auch Storys mit einem richtigen Kriminalfall … und ein bisschen Sex. Die fand ich gar nicht schlecht. Also, wie auch immer, ich finde es gut, dass sich Fans so mit unserer Serie beschäftigen. Ich meine, sie setzen ihre eigenen Ideen um und das zeigt doch, wie sehr sie unsere Charaktere mögen.”

Clay musterte ihn nachdenklich. „Gibt’s das denn auch noch mit anderen Figuren aus der Serie?”

„Ja, klar. Es gibt auch Shippings, die Captain Florez und Inspector Raynes als Paar betrachten.”

Clay grinste verblüfft. „Echt? Aber die zicken sich doch ständig an in der Serie.”

„Ich glaube, das macht gerade den Reiz aus. Die beiden verbindet halt eine Hass-Liebe.”

„So hab ich das noch nicht gesehen …”

Clays Telefon klingelte.

„Oh, das ist mein Ex.” Er starrte auf das Gerät, ohne das Gespräch anzunehmen.

„Willst du nicht rangehen?”

Clay schnitt eine Grimasse. „Ich weiß nicht. Ich frage mich, was er will. Wir haben schon seit Wochen nicht mehr miteinander gesprochen.”

„Dann geh doch ran und finde es heraus.”

„Ja, vielleicht sollte ich das…” Er drückte auf das Display.

„Hi, Ryan, hier ist Clay.”

Er lauschte eine Weile, ehe er antwortete. „Ja, wenn du meinst … Nächsten Dienstag, um acht? … Ich schau mal, kann ich so noch nicht sagen … Ja, ist gut, ich melde mich. Bis dann.” Er legte auf und sah einen Moment lang schweigend auf sein Smartphone. Falten gruben sich in seine Stirn. Besonders glücklich sah er nicht aus.

„Ist alles in Ordnung?”, erkundigte sich Leroy.

„Das ist merkwürdig. Mein Ex möchte sich mit mir treffen. Klang so, als sei es ihm wichtig. Aber wir hatten schon länger keinen Kontakt mehr, deshalb wundert es mich.”

„Willst du ihn denn treffen?”

Clay hatte sich schon vor mehreren Monaten von Ryan getrennt. Jeder am Set wusste davon, er hatte es allen erzählt, nachdem er mehrfach gefragt worden war, warum er so schlecht drauf war. Aber er hatte nie gesagt, wieso sie sich getrennt hatten und Leroy hatte nicht weiter nachgefragt, weil er nicht neugierig erscheinen wollte.

„Ich weiß es nicht. Ich hab ihm ja nur gesagt, ich müsste in meinen Kalender schauen und melde mich dann. Der Anruf hat mich ziemlich überrumpelt.”

„Warum habt ihr euch eigentlich getrennt, wenn ich fragen darf?”, erkundigte sich Leroy nun doch.

Clay verzog das Gesicht. „Er hatte eine Affäre. Ich war tierisch sauer, als ich es herausgefunden habe. Danach hab ich mich von ihm getrennt. Ging mir überhaupt nicht gut zu der Zeit.”

„Das habe ich gemerkt. Ich schätze, das haben wir alle. Du warst für eine Weile ziemlich down. Sonst hast du immer Scherze gemacht, uns zum Lachen gebracht, aber nach der Trennung ...”

Clay seufzte. „Ja, ich weiß. Das hat mich ganz schön aus der Bahn geworfen. Und im Moment will ich von Beziehungen erstmal nichts mehr wissen.”

„Oh … ich verstehe.”

„Ich frage mich echt, was er von mir will.” Clay sah auf seine Uhr. „Oh, schon so spät. Wir sehen uns morgen am Set, okay?”

Leroy hätte sich gern noch länger mit seinem Kollegen unterhalten. Doch er nickte nur. „Alles klar. Komm gut nach Hause.”

„Du auch. Bis bald.” Clay nahm seine Lederjacke vom Stuhl, nickte ihm zu und ging.

Leroy schaute ihm nach. Seit über einem Jahr arbeiteten sie nun schon zusammen. Längst zählte er Clay zu seiner „Arbeitsfamilie”, wenn man es denn so nennen wollte. Gelegentlich trafen sie sich noch auf einen After-Work-Drink, so wie an diesem Abend.

Wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, hatte er sich nach Clays Trennung leise Hoffnungen gemacht, dass sie beide vielleicht irgendwann … aber nein, er machte sich etwas vor. Clay hatte ja gerade selbst gesagt, dass er erst mal die Nase voll hatte von Beziehungen.

Seine eigene letzte Beziehung lag zwei Jahre zurück. Toby war in einer Import-Export-Firma angestellt und damals an die Westküste der USA gezogen, weil er eine Beförderung erhalten hatte. Leroy und er hatten es mit einer Fernbeziehung versucht, waren aber grandios daran gescheitert, zumal beide nicht mit ihrer Eifersucht zurechtkamen und auch eine offene Beziehung von daher nicht denkbar gewesen war.

Also hatten sie sich einvernehmlich getrennt. Seitdem hatte er zwar immer mal wieder Dates gehabt. Aber mehr als einige nette Unterhaltungen oder auch gelegentliche One-Night-Stands waren daraus nicht entstanden. War er zu anspruchsvoll? Oder hatte er nach dem Aus seiner letzten Beziehung Angst davor, sich erneut zu binden? Auf der anderen Seite hatte auch das Junggesellendasein manch gute Seite.

Wenn da nur nicht seine Schwester wäre, die ihn ständig fragte, wie es um sein Liebesleben bestellt sei. Stella war schon lange verheiratet und hatte zwei Kinder – Zwillinge, die sehr süß und manchmal sehr nervtötend waren. Er hatte sie alle gern, aber Stellas ständige Fragen gingen ihm ganz schön auf den Keks. Schließlich brauchte er nicht unbedingt einen Mann, um glücklich zu sein.

Aber da war nun mal auch die Schwärmerei für seinen Kollegen. Gelegentlich sah er sich Filme an, in denen Clay mitgespielt hatte – einfach, um diesen ansehen zu können. Das war schon ein bisschen creepy, wie er sich eingestehen musste und er hätte es niemals offen zugegeben. Auf der anderen Seite war es ja nur eine Schwärmerei. Nichts Ernstes …

Leroy ging zur Edgemere Station, die sich in der Nähe des Parks befand und fuhr mit dem A-Eighth-Avenue-Express der Subway. Ein leicht säuerlicher Geruch erfüllte das Fahrzeug. Um ihn herum saßen Geschäftsleute auf dem Heimweg, aus den Kopfhörern eines jungen Mannes drangen die Klänge eines Hip-Hop-Songs und etwas weiter vorn im Wagen telefonierte eine ältere Frau sehr laut. Dennoch versuchte er, sich in das neue Drehbuch zu vertiefen, um seinen Text zu lernen. Es lohnte sich trotz der Geräuschkulisse um ihn herum, denn immerhin war er fast eine Stunde unterwegs, ohne umsteigen zu müssen.

Zuhause in der Halsey Street in Brooklyn schaute er auf sein Smartphone, ob er neue Nachrichten hatte. Wichtige E-Mails waren nicht darunter, nur einiges an Spam, das konnte er gleich wieder löschen. Wie kamen diese Firmen bloß immer an seine Adresse? Eigentlich hatte er gedacht, dass die Kombination aus Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen kompliziert genug war, um so etwas zu verhindern, aber da hatte er sich wohl geirrt.

Seine Schwester hatte ihm getextet, eine Erinnerung an den bald anstehenden Geburtstag seiner Nichten.

Hab ich nicht vergessen, Schwesterherz, textete er ihr zurück. Ich besorge noch Geschenke für die beiden.

Außerdem eine Nachricht bei Grindr.

FriendlyGuy28: He Mann, bist’n Fan von Leroy Baker? Hast ja ein Foto von ihm als Profilbild. Ich guck auch gern NYPD Queens. Wollen wir das mal zusammen schauen?

Leroy blickte verblüfft auf sein Smartphone. Was sollte er darauf antworten? Sollte er überhaupt antworten? Einen Moment lang betrachtete er das Foto von „FriendlyGuy28”. Der Typ wirkte ein bisschen wie ein Collegestudent. Es war auch ein Afroamerikaner, mit freundlichen Augen und einem länglichen Gesicht. Auf seinem Profilbild trug er ein türkisfarbenes Poloshirt. Leroy überlegte. Ach, was hab ich zu verlieren?

Ertippte eine Antwort.

 

L3R0Y: Hört sich vielleicht komisch an, aber ich bin Leroy Baker. Ehrlich.

 

FriendlyGuy28: Ja, klar! LOL. Dann bin ich Will Smith, hihi. Den finde ich übrigens auch heiß.

 

L3R0Y: Nee, ernsthaft, ich bin wirklich Leroy.

 

FriendlyGuy28: Ey, Mann, wenn ich was nicht abkann, sind das Leute, die einen auf Catfishing machen. Zieh deine Nummer mit jemand anderem ab, nicht mit mir!

 

Leroy wollte gerade zurückschreiben, aber „FriendlyGuy28” war nun überhaupt nicht mehr freundlich und hatte ihn blockiert.

„Tja, dann eben nicht”, sagte er in die Stille seiner Wohnung hinein. Er hatte ja schon einiges bei seinen Dates erlebt, aber das hier war ein neues Level von seltsam. Vielleicht sollte er das Online-Dating in die Tonne treten? Es frustrierte ihn eh oft, diese ganze Oberflächlichkeit. Vielen Leuten schien es dabei nur ums Aussehen zu gehen. Das hatte er schon zur Genüge in seinem Beruf. Ganz davon abgesehen, dass es haufenweise Typen gab, die in ihren Profilen fiese Ausschlusskriterien schrieben:

„Keine Asiaten.”

„Keine Fetten.”

„Keine trans Leute”

„Keine Fems.”

Und was ihn persönlich jedes Mal extrem ärgerte:„Keine Schwarzen.”

Was das anging, war ein Teil der Gay Community das reinste Haifischbecken. Grindr selbst konnte nichts dafür und diese Probleme waren dem Portal durchaus bekannt. Sie versuchten dem mit ihrer Inklusionskampagne „Kindr” zu begegnen. Wahrscheinlich gab es ähnliche Probleme auch auf anderen Dating-Portalen. Außerdem waren die wirklich netten Typen meistens schon vergeben. Oder sie hatten – wie Clay – keine Lust auf eine Beziehung. Oder war das einfach nur sein Eindruck?

Er starrte noch einen Moment auf sein Smartphone. Wahrscheinlich war es wirklich besser, die App zu löschen. Immerhin gab es noch ein weiteres Problem: Wenn irgendwer von der Presse spitz bekam, dass er in einem Online-Dating-Portal angemeldet war, würden die bestimmt irgendeine Story draus stricken und darauf konnte er gut verzichten.

Bisher hatte er dieses Risiko in Kauf genommen, hatte gedacht, dass sein Profilname unauffällig genug war. Und bis heute hatte ihn auch niemand schon vor einem Date als Person des öffentlichen Lebens erkannt. Oder, wie in diesem Fall mit „FriendlyGuy28”, für einen Betrüger gehalten. Da konnte einem die Lust am Online-Dating, die bei ihm eh schon in Mitleidenschaft gezogen war, vollends vergehen.

Leroy seufzte. Einen Moment lang zögerte er noch, dann löschte er sein Profil bei Grindr und danach die App.

 

Clay

Er traf sich mit Ryan im Michael’s of Brooklyn. Früher war das italienische Restaurant eines ihrer Lieblingslokale gewesen. Aber das ganze Ambiente, die brennenden Kerzen, das gedimmte Licht und die leise Musik im Hintergrund, das war zwar alles schön, spiegelte aber seine Stimmung überhaupt nicht wieder. Schließlich war das hier kein romantisches Date. Vielleicht hätten sie sich lieber tagsüber am Wochenende ganz lässig in einem Deli oder Diner treffen sollen? Zu dumm, dass er nicht früher darüber nachgedacht hatte!

Aber nun war es zu spät, er saß Ryan schon gegenüber. Sein Ex sah in den Anzug richtig gut aus, sicher kam er gerade von der Arbeit. Er trug seine braunen Haare nun etwas kürzer, aber noch immer kringelten sie sich leicht. Der herb-frische Geruch seines Aftershaves weckte Erinnerungen, denen Clay lieber nicht nachgehen wollte. Verdammt, noch immer tat es ihm weh, seinen Ex zu sehen! Dabei waren seit ihrer Trennung schon mehrere Monate vergangen. Aber eine Ahnung jener Anziehungskraft, die sie früher verbunden hatte, war noch immer da.

Ryan schob ihm mit einem Lächeln die Getränkekarte entgegen.

Geistesabwesend griff Clay danach. Tausend Fragen brannten ihm auf der Seele. Er schlug die Karte auf, ohne die Buchstaben auf den Seiten zu sinnvollen Worten zusammensetzen zu können.

Er schaute auf, musterte seinen Ex. „Warum wolltest du dich mit mir treffen?”, platzte es aus ihm heraus.

„Lass uns doch erst einmal Getränke bestellen, ja?”

Clay presste die Lippen aufeinander. Er zwang sich, nun doch die Karte zu studieren.

Ryan winkte einem Kellner zu, der kurz darauf ihre Bestellung entgegen nahm.

Als er sich entfernt hatte, begann Ryan zu erzählen. „Ich wollte dich gern sehen, weißt du? Ich bin nicht mehr mit Nathan zusammen. Das ist schon vor einer Weile in die Brüche gegangen.”

„Ach ja?” Clay schwankte zwischen Schadenfreude und einem seltsamen Gefühl von Erleichterung.

Ryan seufzte. „Nate und ich haben einfach nicht zusammengepasst, aber das ist mir erst klar geworden, als es mit dir und mir schon länger vorbei war.”

„Und warum erzählst du mir das jetzt?”, fragte Clay.

Ryan antwortete nicht gleich, sondern griff nach Clays Hand. Angesichts der unerwarteten Berührung zuckte er zusammen. Himmel, was sollte das nun werden?!

„Ich vermisse dich sehr. Wir waren doch gut zusammen, findest du nicht?”

Clay antwortete nicht. Er fand keine Worte, stattdessen hatte er mit einem Mal einen Kloß im Hals. All die Wut und die Enttäuschung, die er damals empfunden hatte, kamen wieder hoch. Er zog seine Hand weg.

Ryan blickte ihn niedergeschlagen an. „Ich habe versucht, dich zu vergessen. Aber ich konnte es einfach nicht. Deshalb wollte ich dich treffen.” Seine Miene bekam etwas Flehendes. „Wollen wir es nicht noch einmal miteinander versuchen?”

Sollte er einfach aufstehen und gehen? Aber da war etwas in Ryans Gesichtsausdruck, das ihn innehalten ließ. Nachdenklich musterte er seinen Exfreund, schaute direkt in dessen braune Augen, die im Kerzenlicht dunkel glänzten.

„Ich habe damals Mist gebaut und es tut mir echt leid”, sagte Ryan leise. Er schien es wirklich ernst zu meinen. „Ich war wirklich gern mit dir zusammen. Und ich würde gern daran anknüpfen.”

„Daran anknüpfen? Wie stellst du dir das vor, nach allem, was passiert ist?”

Ryan biss sich auf die Unterlippe. Unter anderen Umständen hatte Clay diesen Anblick vielleicht verführerisch gefunden. In diesem Moment empfand er nichts derartiges.

„Wie wäre es, wir fangen einfach noch mal von vorn an und lassen alles, was war, hinter uns?”, fragte sein Ex.

Clay starrte ihn einen Moment lang überrascht an. „Das sagst du so einfach … ich weiß nicht. Ich muss darüber nachdenken.”

Er hatte absolut nicht vor, darüber nachzudenken. Es war zu absurd. Ryan hatte ihn betrogen und verletzt. Und selbst wenn er darüber wegsah, würde es ihm nicht die Angst nehmen, dass sein Ex ihn womöglich wieder verletzen würde.

„Bitte, tu das. Es ist mir wirklich ernst”, sagte Ryan nun mit Nachdruck.

Ihr Gespräch wurde durch den Kellner unterbrochen, der ihnen die Getränke servierte.

„Haben Sie sich schon entschieden, was Sie essen möchten?”, fragte er mit höflicher Miene.

Clay hatte eigentlich keine Lust mehr auf dieses Treffen. Andererseits knurrte sein Magen. Deshalb schaute er auf die Speisekarte und entschied sich für ein Gericht mit gebratenen Zucchini. Ryan wählte marinierte Scampis.

„Erzähl doch mal, wie läuft es beruflich bei dir? Du bist immer noch bei dieser Krimiserie, oder?”, erkundigte er sich, als der Kellner gegangen war.

Aha, offenbar will er das Thema wechseln und über unverfängliche Dinge reden…

„Ja, ich bin immer noch bei NYPD Queens. Es läuft ganz gut für die Serie, sie ist wieder um eine Staffel verlängert worden. Also ist mein Job dort wohl fürs Erste weiter sicher und ich freue mich darüber. Hab einen Haufen netter Kollegen.”

„Ist Leroy auch noch mit von der Partie? Du hast ihn mal erwähnt.”

„Du schaust die Serie nicht, oder?”, fragte Clay und bereute es im nächsten Moment. Warum sollte Ryan sich ausgerechnet eine Serie anschauen, in der sein Exfreund mitspielte?

Ryan schüttelte den Kopf.

„Na, jedenfalls, Leroy ist auch noch mit dabei. Wir gehen manchmal nach der Arbeit noch was trinken.”

„Freut mich für dich, dass du so nette Kollegen hast. Wenn ich da mal an meine denke …”

Ryan erging sich nun in einem Rant darüber, dass einige Mitarbeiter in seiner Firma ihm gehörig auf den Geist gingen und er erklärte auch in aller Ausführlichkeit, warum.

Clay hörte ihm schweigend zu.

„Aber es gibt auch gute Nachrichten, ich bin seit einem Monat Abteilungsleiter”, berichtete Ryan mit sichtlichem Stolz.

„Gratuliere”, sagte Clay, aber das kam nicht wirklich von Herzen.

Ryan strahlte dennoch.

Kurz darauf servierte der Kellner ihnen das Essen.

---ENDE DER LESEPROBE---