Maddrax 454 - Wolf Binder - E-Book

Maddrax 454 E-Book

Wolf Binder

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Beschreibung

Die Zeit auf Novis ist nicht leicht für Aruula. Sie vermisst ihren Lauschsinn und fühlt sich von Wudan getrennt. Um wieder zu sich selbst zu finden, nimmt sie sich eine Woche Auszeit, fertigt primitive Waffen an und geht damit auf die Jagd. Doch dabei gerät sie in ein Gebiet, in dem degenerative Terraformingstrahlen aktiv sind - die auf ihr Gehirn einwirken!


Die Realität tritt für Aruula in den Hintergrund; ihre barbarische Natur übernimmt das Ruder und verwandelt sie in die ursprüngliche, wilde Barbarin zurück. Das hat nicht nur für sie selbst dramatische Folgen! Als sie eine Gruppe Kontras entdeckt, die auf Novis Zuflucht suchen, hält sie sie für Orguudoos Dämonen - und greift an.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfreiche Links

Was bisher geschah …

Barbarische Zeiten

Leserseite

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Wolf Binder

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4912-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Hilfreiche Links zu diesem Roman:

Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, auf einen von zwanzig Trabanten um einen Ringplaneten versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, auch „Friedenswahrer“ genannt, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Tests zu unterziehen. Matt und Aruula können ihnen jedoch entkommen, und sie reisen von Mond zu Mond, um ihre Gefährtin Xaana zu finden, die schon Monate zuvor durch das Wurmloch ging. So wie auch ihr Erzfeind Professor Dr. Smythe, der sich aber in seinem Machthunger mit einer Rettungskapsel ins All katapultiert.

Mit der Hilfe ihrer neuen Gefährten Mi-Ruut und Kra’rarr finden sie Xaana auf dem Dschungelmond Botan. Doch dessen Natur ist krank! Der Geist Botans versucht die beiden zu assimilieren. Als sich die Krankheit über ganz Botan ausbreitet, setzen die Initiatoren in ihrer Not die gottgleiche Rasse der Saven ein. Die heilen Botan und werden von dem Naturgeist vereinnahmt. Schließlich bekommen die Gefährten die Gelegenheit, die Initiatoren auf dem Mond Messis zu treffen, wo eine Delegation aus drei Avataren – Roboter, in die die Geister der Friedenswahrer schlüpfen können – sie erwartet. Diese werden jedoch von den Kontras, einer Guerillagruppe innerhalb der Initiatoren, von der Leitstelle getrennt. Die Gefährten flüchten, während ein Kontra einen der Avatare kapert und ihnen folgt, um sie über die wahren Pläne seines Volkes zu unterrichten. Kurz bevor er die Menschen erreicht, stoppen ihn drei Initiatoren, die körperlich nach Messis kamen und nun die Verfolgung fortsetzen, später aber ebenfalls umkommen und so nicht verhindern können, dass die drei Menschen auf das dunkle Geheimnis der Initiatoren stoßen. Sie beobachten, wie man entführten Messisanern die Köpfe abtrennt! Aber dann werden sie entdeckt – und ihrer Erinnerungen der letzten Wochen beraubt! So können ihnen die Initiatoren eine Offerte unterbreiten: einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umzusiedeln und so vor der Vernichtung zu bewahren. In Wahrheit sollen sie jedoch die Messisaner ersetzen.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde. Um Kontakt zu Techno-Enklaven aufzunehmen, lassen die Wissenschaftler im Hort des Wissens einen Funksatelliten aufsteigen und empfangen erste Funkrufe. Matt, Xij und Tom machen sich mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg, während Hordelab nach Agartha springt, um die Transport-Plattform für das Wurmloch in Augenschein zu nehmen – und dort festgesetzt wird.

Barbarische Zeiten

von Wolf Binder

Der Tarnschild verbarg Inusmat nicht nur vor fremden Blicken, sondern erfüllte auch jene mit Furcht, die das goldene Flimmern aus den Augenwinkeln bemerkten. Dennoch war sie es, die sich ängstigte. Nicht vor Robotern, Cyborgs oder Androiden. Sie fürchtete ihresgleichen: die Initiatoren.

Ihr Weg führte sie zum Transferturm in der stark frequentierten Verladezone des Maschinenmondes. Zahlreiche Mechanische unterschiedlichster Bauart stellten hier Lieferungen zusammen. Auf vielen Monden des Ringplaneten wurde gebaut und Binaar war der größte Liefermond.

Inusmat stahl sich in die Transportkammer. In dieser Nacht würde nicht nur Baumaterial abgestrahlt werden. Sie fieberte dem Mond der Kontras entgegen.

Vergangenheit

Haccsto gehörte dem erlauchten Kreis des Tiefen Rates schon dreißig Umläufe an, aber zum ersten Mal in dieser Zeit war das Gremial außerordentlich einberufen worden.

Zwölf Stühle waren um die ringförmige Tafel angeordnet, und nur einer stand leer: Der Gremialsvorsitzende Endomazz hatte sich verspätet.

Die versammelten Räte raunten einander zu und versuchten hinter den Anlass der Einberufung zu kommen. Selbst Haccsto war versucht, mit seinen Platznachbarn Vermutungen auszutauschen.

Ihm am nächsten saß Loccetar, der für die technologiegestützte Überwachung des Opfervolkes der Messisaner die Verantwortung trug. Mit ihm würde Haccsto zuletzt reden. Dieser Emporkömmling hatte nicht einmal den Anstand, der Sitzung persönlich beizuwohnen. Stattdessen hatte er einen Avatar entsandt, die künstliche Nachbildung seiner selbst. Dabei hatte er nicht vergessen, verschiedene seiner körperlichen Attribute zu beschönigen.

Zu Haccstos Linken saß ein ausgezehrter Albino, der allem Gesagten misstrauisch gegenüberzustehen schien. Er sprach selten und erweckte den Eindruck, manche Aussagen erst für sich übersetzen zu müssen.

Endlich gesellte sich Endomazz zu der Runde. Seine graue Haut war weiß marmoriert und sein Gesicht wirkte eingefallen. Kein gutes Zeichen. Er breitete seine Arme aus und augenblicklich kehrte Ruhe ein.

„Wir sind dem Untergang geweiht“, eröffnete Endomazz die Sitzung des Tiefen Rates. „Das ist keinem von uns neu. Täglich bedarf es neuer Anstrengungen, um den Mentalschirm aufrechtzuerhalten. Heute die Messisaner, gestern die Skinti, und davor …“ Er unterbrach seine Ausführungen und starrte abwesend auf einen Punkt in der Mitte des Raumes. „Vor einer Zirko erreichte mich eine Nachricht aus der Projektionszentrale. Seht selbst.“

Er wischte über einen verborgenen Sensor. Im imaginären Mittelpunkt der ringförmigen Tafel flammte ein Hologramm auf und zeigte einen erschöpft wirkenden Initiator in rotweißem Körperanzug: Nezzun, den höchsten Beamten der Projektionszentrale.

„Es begann mit dem Ausfall zweier Mentalzellen“, erklang Nezzuns Stimme. „Ein harmloses Überlast-Vorkommnis, wie es schon hunderte Male eintrat. Diesmal blieb es aber nicht bei einem isolierten Ereignis. In einer Kettenreaktion versagten die benachbarten Zellen. Nur wegen Doormas schneller Reaktion“, Nezzun deutete hinter sich, „ist der Prozessor-Raum noch operabel.“

„Wie ernst ist es?“, erklang Endomazz’ Stimme in der Aufzeichnung.

Nezzun zuckte die Achseln. „Wir stehen bei dreißig Prozent Leistung. Mein Team arbeitet mit Hochdruck daran, die ausgefallenen Zellen zu ersetzen, aber …“, er zögerte. „Das reicht nicht. Um den Leistungsverlust auszugleichen, müssen wir die Größe des Zellverbundes verdoppeln.“

„Dann verdoppeln wir sie eben“, antwortete der Gremialsvorsitzende. „Messis ist sehr ergiebig.“

Nezzun wirkte bedrückt. „Ich fürchte, ich habe mich unklar ausgedrückt. Wir müssen den Verbund vergrößern, weil die Leistungsfähigkeit der nachgelieferten Zellen weit unter den Normwerten liegt. Zusätzlich sehen wir uns mit einer sinkenden Belastbarkeit konfrontiert.“ Er wischte über sein Pod und musterte die Anzeige. „Ich habe mir erlaubt, die Bestandsentwicklung von Messis gegen unseren Verbrauch zu rechnen …“

Der Gremialsvorsitzende stoppte die Aufzeichnung. „Seiner Hochrechnung zufolge läuft unsere Zeit in nicht einmal zweihundert Umläufen ab.“

Stille kehrte ein. Die Ratsmitglieder mussten diese Offenbarung erst einmal verarbeiten.

Loccetar hatte als Erster seine Fassung zurückgewonnen. „Wenn mein Mantel verschlissen ist, hole ich mir einen neuen. – Lasst uns ein neues Volk suchen. Das Universum ist groß.“

Haccsto konnte nicht glauben, was er da hörte. In die aufkeimende Unruhe rief er: „Wir tragen die Schuld am Tod unzähliger Messisaner! Eine Blutschuld, die selbst die Nachkommen unserer Nachkommen nicht abbezahlen können. Und du willst leichtfertig diese Untat wiederholen?“

„Jede einzelne Rotation1), wenn es sein muss.“ Loccetars Avatar lächelte süffisant. „Wie steht es mit dir? Willst du etwa unseren Herren für ein paar dumme Echsen verraten?“

„Ruhe!“, unterbrach der Gremialsvorsitzende. „Haccsto dient der Gemeinschaft bereits über viele Umläufe und war stets die Stimme der Vernunft. Lasst ihn uns anhören.“

Haccsto nickte Endomazz zu. „Die Aufzeichnungen über Fremdvölker reichen tausend Umläufe zurück. Wir hatten schon früh das Glück, die wunderbare Vielfalt des Lebens zu erfahren. Ich erinnere an die Kasehn, kleine Vierbeiner mit weichem Pelz. Ihr Begehren, die Weltherrschaft zu erlangen, eröffnete unseren Philosophen neue Betrachtungsweisen. Oder die wasserbewohnenden Oktopoden, mit ihrer faszinierenden Religion der allumfassenden Tiefe, dann die -“

„Niemand kennt die Aufzeichnungen wie du“, räumte Endomazz ein, „aber worauf willst du hinaus?“

„Wir sind nur eines von zahlreichen Völkern. Sagt mir: Mit welchem Recht greifen wir in das Schicksal einer fremden Rasse ein? Mit welchem Recht bringen wir ihnen den Tod? Denkt ihr nicht, dass es einen besseren Weg geben muss, als sich das Leben durch den Tod zu erkaufen?“

Loccetars Avatar schüttelte sich vor Lachen. „Zitierst du schon wieder Vokatulp? Sag, eiferst du dem Schicksal dieses Unruhestifters etwa nach?“

„Vokatulp war ein großer Philosoph. Seine Lebendfeuerbestattung war eine Folge der barbarischen Zeit, in der er lebte.“ Haccsto ließ seinen Blick über die Gesichter der Anwesenden gleiten. „Wir haben uns weiterentwickelt, sind gereift. Wir schätzen Fortschritt und Erkenntnis. Es ist unserer nicht würdig, die barbarischen Wege der Vergangenheit zu gehen. Lasst uns einen neuen Weg beschreiten. Weg vom Tod, hin zum Leben.“

Vergebens suchte Haccsto in den Gesichtern der Ratsmitglieder nach Zustimmung. Die meisten von ihnen wirkten abwesend und waren mit eigenen Gedanken beschäftigt.

„Du hast eine Schwäche für Mentalzellen?“, feixte Loccetar.

„Lass gut sein“, unterband Endomazz. „Wir sind nicht hier, um einander zu beleidigen.“

Haccsto war fassungslos. „Beleidigen? Es sind lebende, denkende und fühlende Entitäten. Beleidigend ist vielmehr, von ihnen als Mentalzellen zu sprechen! Wir töten Väter und Mütter und Kinder und benutzen ihre Gehirne für unsere Zwecke.“

„Nicht die Kinder“, mischte sich ein weiteres Ratsmitglied ein. „Deren Mentalzellen sind zu instabil. Erst mit der Geschlechtsreife entwickelt sich ein komplexes neuronales Aktionsmuster – die Grundvoraussetzung zum Einsatz im Prozessor-Raum.“

„In welche Mördergrube bin ich geraten?“, keuchte Haccsto.

Endomazz hob abwehrend die Hand. „Danke für deine Position, wir werden sie in der abschließenden Abstimmung berücksichtigen. Nun zu den anderen Stimmen.“

Sprachlos sank Haccsto in seinen Stuhl zurück, während sich seine Kollegen in grausigen Vorschlägen ergingen.

Manche schlugen vor, die Fortpflanzung der Messisaner zu begünstigen, aber die Mehrheit wollte den erprobten Weg nicht verlassen und sich auf die Suche nach einem neuen Opfervolk machen. Gewissensbisse wegen des neuerlichen Völkermords zeigte niemand.

Bin ich der Einzige, der fremdes Leben schätzt? Was für ein Irrsinn! Niemand fragte sich, warum die Gehirne der Messisaner allmählich inkompatibel wurden. Die unbändige Kraft der Evolution im Dienste des Lebens passte die Messisaner an, um sie den Fängen der Initiatoren zu entreißen.

Natürlich wollte Haccsto nicht versagen. Wer wollte das schon? Aber rings um ihn taten gebildete Initiatoren alles dafür, um Barbarei zu verfallen. Haccsto konnte nicht mehr zusehen. Als auch das letzte Ratsmitglied seine Position kundgetan hatte, erhob er sich.

Gremialsvorsitzender Endomazz schien überrascht. „Wir kennen deine Position, geschätzter Kollege. Hast du noch etwas hinzuzufügen?“

„Was tun wir, wenn wir ein neues kompatibles Volk gefunden haben? Sie brauchen eine Bleibe, und die meisten unserer Monde erfüllen bereits einen wichtigen Zweck. Auf keinem von ihnen könnten wir ein neues Volk ansiedeln.“

„Was schlägst du vor?“

„Nachdem wir damals dank des Wurmlochs auf den Planeten Ynzgraaft stießen und dessen Bewohner auf Messis ansiedelten2), stellten wie die Erkundung der anderen Monde ein. Ich schlage vor, wir lassen dieses Projekt wieder aufleben und erkunden und kartografieren frühzeitig die brachliegenden Monde. So können wir eine informierte Entscheidung über die Verbringung des neuen Opfervolkes treffen.“

„Wohl durchdacht, aber weshalb plötzlich diese konträre Haltung?“

Haccsto senkte den Kopf. „So wir ihr, will auch ich nicht versagen. Selbst wenn mir der Weg nicht behagt, ich beuge mich der Notwendigkeit. Aber wenn wir schon ein Volk zur Schlachtbank führen, dann lasst uns den Weg dorthin zumindest angenehm gestalten. Sie sollen sich in ihrer neuen Heimat wohlfühlen.“

„Das ist ein verfluchtes Gefängnis“, murrte Aruula die kreisrunde Decke über sich an. „Nicht mal Fenster gibt es hier!“

Xaana saß an einem kleinen Tisch, der in ebenso nüchternem Weiß gehalten war wie der Rest des zehn Schritte durchmessenden Raumes. Mitfühlend sah sie zu Aruula hoch. „Fenster wären nicht schlecht“, stimmte sie zu.

„Warum nennt der graue Klugschwätzer das Ding eine mobile Einheit, wenn wir uns schon seit gestern Abend nicht mehr vom Fleck rühren?“ Aruula stieß einen wütenden Schrei aus. Am liebsten hätte sie …

„SAM“, erklang Maltuffs nasale Stimme vom Eingang des Besprechungsraumes her. Ein geringschätziges Lächeln, das selbst durch die faltige Haut deutlich hervortrat, lag auf den grauen Gesichtszügen des Initiators. „Das Ding ist ein semiautonomes Auskopplungsmodul. Und ich erkläre euch gerne, warum wir hier Halt machen und wie lange.“

„Wir bleiben noch länger?“, fragte Aruula.

„Das SAM ist für drei Rotationen hier stationiert. In dieser Zeit nimmt mein Team Proben, um den Terraforming-Prozess zu kalibrieren.“ Maltuff trat an einen Tisch an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Er zog eine schwarze Scheibe hervor, die er „Pod“ nannte, und wischte mit seinen Fingern darauf herum. „Auf Xaanas Wunsch hin habe ich den aktuellen Stand des Terraformings auf Novis leichtverständlich zusammengefasst.“

Maltuff aktivierte den Holo-Projektor in der Mitte des Raumes und trat zurück. Von der Kugel ging ein mechanisches Klacken aus und dann formte sich unvermittelt eine helle Sphäre darüber, die den Großteil des Raumes einnahm. Symbole, Zahlen und Linien tanzten auf ihrer durchscheinenden Oberfläche.

„Diese Daten aufzubereiten kostete mich viel Zeit. Ich schlage vor, du nimmst Platz“, empfahl Maltuff der Kriegerin.

Natürlich wollte Aruula über den Fortschritt informiert sein, aber dieser Kerker erdrückte sie. Missmutig setzte sich neben Xaana auf einen Stuhl. Er war weich und bequem, aber das half ihr nicht über die schlechte Laune hinweg. Ein gepolstertes Gefängnis bleibt ein Gefängnis.

Klapok, der echsenhafte Assistent des Initiators, betrat ebenfalls den Raum und hielt sich devot im Hintergrund, um seinem Vorgesetzten jederzeit zur Hilfe zu eilen.

Während Aruula versuchte, den in der Luft schwebenden Linien und Symbolen einen Sinn zu geben, berichtete Maltuff von der mondweiten Verteilung des Temperaturgefälles und der Möglichkeit, eine Wüstenzone einzurichten.

So sehr sie sich auch konzentrierte, immer wieder drifteten Aruulas Gedanken ab. Aus den Linien wurden Schlangen und aus dem Raster eine mit Speeren gespickte Fallgrube.

Xaana hingegen schien mit den Informationen nicht nur etwas anfangen zu können, sie stellte sogar weiterführende Fragen.

Aruula stutzte. Soeben berichtete Maltuff, dass sie mit dem Bau von Unterkünften für die Menschen begonnen hätten. „Warum baut ihr Siedlungen für uns?“, hakte Aruula nach. „Das können die Menschen doch selbst erledigen.“

„Wenn auf einen Schlag zehntausende Irdische hier eintreffen, sollten sie irgendwo unterkommen können, sonst bricht Chaos aus“, erklärte Maltuff. „Ich habe dem Tiefen Rat einen dahingehenden Vorschlag unterbreitet. Er wurde akzeptiert.“ Seine Hautfalten verzogen sich zu einem jovialen Lächeln. „Ihr braucht mir nicht zu danken.“

„Das hatte ich nicht vor“, sagte Aruula. „Woher glaubst du zu wissen, was die Menschen brauchen?“

Maltuff schien überrascht. „Wie du weißt, hat uns Starnpazz mit den Daten seiner beiden Erd-Expeditionen versorgt. Davon abgesehen kennen wir die Bedürfnisse der verschiedenartigsten Rassen. Wenn jemand Bescheid weiß, dann sind wir es.“

„So wie ihr euch mit Bellits auskennt?“, gab sie zurück und spielte damit auf die aggressiven Großlibellen an, gegen die sie sich bereits zur Wehr setzen mussten.

„Das war Sabotage und ihre Auswirkungen wurden weitestgehend behoben“, gab Maltuff zurück. „Ihr scheint zu vergessen, wie komplex der Terraforming-Prozess ist und wie vielfältig eure Anforderungen sind. Das solltest du am besten wissen, Aruula. Kurz nach deiner Ankunft auf Novis hast du mir eine Liste mit Tieren und Pflanzen zukommen lassen, die ich berücksichtigen sollte.“

Aruula erinnerte sich. „Wie weit hast du die Liste schon umgesetzt?“

Der Terraforming-Experte seufzte. „Die Pflanzen erfreuen sich bereits einer weiten Verbreitung auf Novis. Mit den Tieren ist das etwas komplizierter. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Unser Ziel ist es, ein stabiles Ökosystem zu designen. Eine Miniaturausgabe der Erde, wenn ihr so wollt, facettenreich und dichtgedrängt. Das ist eine diffizile Angelegenheit, die euer Begriffsvermögen übersteigt.“

Auch ohne ihren Lauschsinn spürte Aruula Maltuffs Herablassung. Sie unterdrückte das Verlangen, nach einer Waffe zu greifen und sie dem Grauen unter die Nase zu halten. Es wäre eh schwierig gewesen, denn vor ihrer Abreise nach Novis hatten sie ihre Waffen abgeben müssen. Wie lange war es her, dass Aruula ein Langschwert geschwungen hatte? Wie lange, dass sie eine Lanze benutze?

Sie schloss die Augen und schob Maltuffs Gegenwart zur Seite. In ihr lag eine kalte Stille. Die Echos lebender Entitäten in ihrem Geist blieben aus. Seit ihrer Bruchlandung auf Messis war ihr Lauschsinn verschwunden.

Horchte sie dennoch hinaus, war es, als versuchte sie, durch einen Fluss aus Teer zu waten. Jeder Schritt bereitete Mühe, bis sie schließlich zum Stillstand kam. Inmitten eines Meeres der Dunkelheit, von allen verlassen und von Wudan vergessen.

„Alles in Ordnung?“

Sie spürte eine Berührung am Arm. Aruula schreckte hoch und blickte in Xaanas sorgenvolles Gesicht. Aruula wollte zustimmen, Xaana beschwichtigen, doch sie konnte es nicht, denn nichts war in Ordnung. Schnurrer war bei der Landung auf Novis umgekommen, Maddrax unendlich weit entfernt auf der Erde, und der Mond war dabei, ihre alte Heimat zu zerstören.

Ein neues Hologramm breitete sich vor ihnen aus. Zum ersten Mal bekam Aruula Novis als Ganzes zu sehen. Hier gab es hier keine Taratzen, Nosfera, Wulfanen oder Siragippen. Über den Südpol des Mondes breitete sich eine Eiskappe und ein Meer bedeckte große Teile der Oberfläche.

Maltuff räusperte sich. „Die Eiszone am Pol können wir anpassen, falls ihr …“

„Ich wusste nicht, dass Novis so schön ist“, sagte Xaana.

Aruula riss sich von dem faszinierenden Anblick los. Ein Wort schwirrte in ihrem Kopf umher und ließ sie nicht los. „Was hast du mit ‚weitestgehend‘ gemeint?“, fragte sie Maltuff.

Der sah sie verwirrt an.

„Du sagtest, die Auswirkungen der Sabotage wurden weitestgehend behoben.“ Sie musterte den Grauen und glaubte ihn zusammenzucken zu sehen. „Was ist noch offen?“

„Nichts, was der natürliche Kreislauf der Natur nicht beheben könnte“, wich Maltuff aus. Doch er schien selbst zu erkennen, dass sich die Frauen damit nicht zufriedengeben würden. Also rückte er mit der Sprache heraus.

Aus dem Gen-Labor 16 waren nicht nur mutierte Bellits entkommen, sondern auch ein gefährlicher Riesenalligator. Da er sich aber alleine nicht vermehren konnte, hatte ihn Maltuff als kleineres Risiko abqualifiziert und berief sich dabei auf seine Expertise im Weltenbau.

„Kann man das Crooc orten?“, hakte Aruula nach. Sie verstand selbst nicht die Ruhe, mit der sie Maltuffs Eröffnung begegnete.

Dessen Finger tanzten über die Oberfläche der schwarzen Scheibe, und ließen bunte Lichte aufleuchten. Kurz darauf veränderte sich das Hologramm und zeigte nur noch einen Ausschnitt von Novis’ Oberfläche. Gezackte Flussläufe waren zu erkennen, Hügellandschaften und Wälder.

„Ist das unser Standort?“ Aruula zeigte auf ein würfelförmiges Objekt, das auf einer Tiefebene ruhte. Unweit davon leuchtete ein roter Stecknadelkopf. „Wie weit ist das Crooc von uns entfernt?“

Maltuff war offensichtlich überrascht, dass Aruula die Ansicht korrekt interpretierte. „Keine Angst, der Alligator wurde zuletzt hundert Buster3) von unserer Position gesichtet. Es ist schlicht unmöglich, dass wir ihm begegnen.“