Maddrax 560 - Jana Paradigi - E-Book

Maddrax 560 E-Book

Jana Paradigi

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Beschreibung

Der Hydree Wang'kul, der "neue Herrscher des Mars", wird auf die Geschehnisse auf der Erde aufmerksam. Er spürt dort auch auf die gigantische Entfernung eine böse Energie wachsen, und will ergründen, was es damit auf sich hat. Doch wie soll er jemanden zur Erde schicken, wenn doch ein Rückweg durch den Zeitstahl unmöglich ist?
Wang'kul wählt einen ungewöhnlichen Weg, und so bekommen Matt und Aruula unerwarteten Besuch vom jetzt nicht mehr ganz so roten Planeten ...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Gesandte des Mars

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin sich der Wandler mit den Daa'muren ins All zurückzieht...

Während es Matt und Aruula in ein anderes Sonnensystem verschlägt, hat der Kampf gegen den Streiter dramatische Folgen: Der Mond nähert sich der Erde! Als Matt und Aruula endlich einen Weg in die Heimat finden, gelingt es mit außerirdischer Hilfe, den Mond in seine Umlaufbahn zurückzuversetzen, doch dies verursacht eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums, das in der Folge an besonderen Punkten aufbricht – dort wo die Nachfahren der Menschheit, die Archivare, in der Zeit zurückgereist sind, um Artefakte der Vergangenheit zu sammeln. Nun tauchen an den Bruchstellen Areale verschiedener Parallelwelten auf.

Zusammen mit dem Pflanzenwesen GRÜN gelingt es unseren Helden, mittels eines Tachyon-Prionen-Organismus die Risse zu versiegeln – bis eine Bruchstelle kollabiert, die nicht auf die Archivare zurückgeht, GRÜN und den Organismus beinahe tötet und ein gewaltiges Areal um den Victoriasee in die Gegenwart versetzt. Kaiser Pilâtre de Rozier, der dort regiert, hat den Austausch beobachtet – und dass das Luftschiff seines Sohnes Victorius darin verschwand, während der See durch eine gewaltige Stadt ersetzt wurde. Matt und Aruula stellen fest, dass die Menschen aus dem Areal einen »bösen Keim« verbreiten; dieselbe Kraft, mit der sich auch Aruula über den Kontakt mit GRÜN infiziert hat. Als der Anführer der Dunklen, Shadar, ihr die telepathischen Kräfte rauben will, befreit er sie ungewollt von dem Keim.

Nun wollen Matt und Aruula den Tachyonen-Organismus einsetzen, um das Portal zu öffnen, doch das Wesen ist aus der Stasiskugel verschwunden! Sie vermuten Colonel Kormak dahinter, doch der kann die Schuld auf seine Assistentin Vasraa abwälzen und sie anschließend »entsorgen»... so denkt er jedenfalls. In Wahrheit überlebt sie aber und sinnt auf Rache.

Inzwischen wird die Wolkenstadt Château-à-l'Hauteur von den Dunklen angegriffen; nur Pilâtre entkommt mit einer Roziere. Da treffen die befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein. Sie haben durch das Portal den Todesschrei eines Wandlers empfangen und machten sich auf die gefahrvolle Reise nach Afra.

Ira hat unterwegs eine Präsenz des Wandlers gespürt, der sie nun nachgehen und auf einen Daa'muren treffen, der einen Kristall mit dem Geist seines Sohnes hütet. Beim Kampf mit einem Dunklen zerbricht der Kristall – und sie stellen fest, dass die Splitter den Dunklen Keim aus einem Infizierten saugen können! Pilâtre will nun schnellstens hinüber in die Parallelwelt, doch er muss sich gedulden; erst gilt es, mehr Kristalle zu bergen. Dazu fliegen Matt, Aruula und die Daa'muren zum Kratersee, wo sie etliche Kristalle bergen können. Doch vor dem Rückflug erreicht sie ein Funkruf aus dem Hort des Wissens in Britana...

Gesandte des Mars

von Jana Paradigiund Ramon M. Randle

Rückblende Mars

Ein Todesschrei riss Wang'kul unvermittelt aus seiner Weltenschau. Sein Blick löste sich von den Kindern des Mars. Sein Geist reiste zurück ins Hier und Jetzt seiner eigenen Körperlichkeit, zurück in die Höhle tief unter der Erde des roten Planeten. Es mochte Tage her sein, vielleicht auch Monate, dass der Hydree sich aus der Verbindung mit dem Rotgrund und allem, was existierte, gelöst hatte und seiner selbst gewahr geworden war.

Der Schrei bedeutete einen Weckruf. Es wurde Zeit, seine Kinder zu versöhnen. Er würde ihre Hilfe brauchen, um den Spuren zu folgen und die Hintergründe dieses Todes zu erforschen. Denn davon hing die Zukunft aller ab.

Hort des Wissens, Erde

»Hast du die Angel eingepackt? Und die Köder? Der Inhalt des Picknickkorbs ist zu lecker, um ihn an die Fische zu verfüttern.« Calora Stanton eilte in ihrem Quartier im Hort des Wissens von einer Ecke zur anderen, zog die viel zu warme Jacke aus dem Schrank, warf sie auf das Bett und griff gleich darauf nach einem leichten Überwurf, der am Haken über der Kommode hing.

Damon Marshall Tsuyoshi hingegen beobachtete das Treiben seiner Frau und lächelte. »Es ist nur ein Angelausflug und keine monatelange Treckingtour durch die Wildnis.«

»Aber die Ausrüstung...«, begehrte Calora abermals auf.

»Die steht bereits vollständig und gut verpackt draußen und wartet darauf, dass wir sie uns schnappen und losmarschieren.«

Die Marsianerin blieb stehen und schüttelte lächelnd den Kopf. »Was würde ich nur ohne dich und deine Ruhe tun?«

»Davonfliegen.« Damon zwinkerte.

»Bis zum Mars und zurück. Weil du mein Mittelpunkt bist«, ergänzte Calora und küsste ihn.

Zwei prickelnde Atemzüge lang drückte auch er seine Lippen auf die ihren, umschlang ihre schmalen Hüften und liebkoste ihre pigmentierte Halsbeuge. Dann löste er sich mit einem Schnaufen. »Los jetzt, sonst wird das nie was mit unserem Ausflug.«

Grinsend marschierte Calora voraus, winkte Juefaan im Vorbeigehen und sammelte, draußen angekommen, ihren Rucksack und den Picknickkorb ein, während Damon sich den Eimer mit Ködern und die Angeln schnappte.

Der Weg bis zu ihrem speziellen Platz am Loch Lomond war nicht allzu weit. Eine knappe Stunde Fußmarsch vom ehemaligen Wasserkraftwerk aus, wenn man der Uferlinie folgte.

Calora atmete tief ein und wieder aus. Es tat gut, sich in der Natur zu bewegen. Die zwitschernden Vögel, das sprießende Grün und ein kleines Meer aus graublauem Wasser, das den strahlenden Himmel spiegelte, machten ihr jedes Mal von neuem klar, wie paradiesisch die Erde trotz aller Katastrophen im Vergleich zu ihrem Heimatplaneten war.

Die Zeiten, in den sie und Damon tagsüber ein Exoskelett unter ihrer Kleidung hatten tragen müssen, waren längst vorüber; in den Jahren hatten sich ihre Körper an die höhere Schwerkraft der Erde angepasst.

Nein, es gab nichts zu bereuen. Sie und Damon hatten die richtige Entscheidung getroffen, als sie sich für ein Leben an diesem Ort entschieden hatten mit allem, was dazu gehörte. Sie waren nun Terraner und stolz darauf.

Als Calora zu ihrem Mann blickte, sah sie ihn mit verzücktem Gesichtsausdruck durch die Landschaft spazieren. »Ich liebe dich, und ich liebe unser Leben«, flüsterte sie.

Es tat gut, sich eine Auszeit von den üblichen Aufgaben im Hort zu nehmen und Zweisamkeit zu zelebrieren. Schließlich wusste man nie, was der nächste Tag bringen mochte. In dieser Welt war alles möglich, das hatte die Vergangenheit zur Genüge bewiesen.

Da war so vieles, bei dem sich Calora machtlos fühlte. Weil sie keine ausgebildete Kriegerin war. Und doch hatte es gereicht, um sich in der Vergangenheit gegen die Steinjünger zu wehren und einen Aufstand gegen die EIBREX anzuzetteln. Man musste seine Kräfte eben dort einsetzen, wo es Erfolg versprach. Dennoch blieben ihr und auch Damon oft genug nur die Plätze auf der Zuschauertribüne.

Umso wichtiger war es, Teil einer Gemeinschaft zu sein, in der jeder für den anderen einstand. Ein Kollektiv an Talenten, das sich ergänzte und in der Summe stärker war als seine einzelnen Teile. Weil sie sich für das Richtige einsetzten. Für das Gute und für das Überleben dieser Welt insgesamt.

Im Gehen blickte Calora über den See und hinauf zu den wenigen Schleierwolken, die am Himmel nach Westen zogen. Trotz allem vermisste sie in den zu lauten und zu chaotischen Momenten die Kargheit des Mars, die fast schon meditative Stille in den Steinwüsten rund um die Städte und selbst das schroffe Felsgestein in seinen vielen Rottönen.

Nach fast einer Stunde Fußmarsch tauchte vor ihnen die kleine Einbuchtung in der Uferlinie auf. Ein morscher Holzsteg ragte in den See. Das kleine alte Fischerboot war oberhalb im Gestrüpp der Böschung unter einer Plane verborgen.

Der Leiter des Horts hatte ihnen vor einer halben Ewigkeit von diesem Ort erzählt. Seither nutzen sie ihre Pausenzeiten dafür, sich hierher zurückzuziehen. Um die Seele baumeln zu lassen und den Geist auf so Einfaches wie das Angeln zu fokussieren.

»Wie es aussieht, ist alles noch an seinem Platz«, sagte Damon.

Sie stellten ihr Gepäck ab und zogen das Ruderboot über den sandigen Strand ins Wasser. Am Bug war ein Tau befestigt, das Damon mit dem losen Ende um den Poller am Steg wickelte.

»Wenn ich bitten darf.« Mit galanter Geste lud er Calora ein, die schwankenden Planken als Erste zu betreten.

Sie hatte ihren Rucksack aufgehoben und begann noch an der Anlegestelle, eine Decke und Getränke daraus hervorzuziehen. Damon hingegen holte das Angelzeug, stieg ein, löste routiniert das Tau und griff nach den beiden Rudern.

In ruhigem Tempo manövrierte er sie in das tiefere Wasser. Das gleichmäßige Klatschen der Paddel beim Eintauchen in die dunkelgrün schimmernde Oberfläche wirkte auf Calora geradezu besinnlich. Sie lehnte sich, auf die Hände gestützt, zurück und blickte mit halb geschlossenen Augen hinauf in das Himmelsblau.

Genau wie die Menschen zog sich die Erde am Tag ein Gewand an. Dann reichte der Blick nur mehr wenige Kilometer hinauf in die Atmosphäre. Doch in der Nacht, wenn sie jegliche Farbe abstreifte, konnte man bis zu den Sternen sehen. Bis zum Mars, der manchmal als kleiner, rötlich schimmernder Lichtpunkt zu erkennen war.

»Wenn du einen Fisch fangen willst, reicht es nicht, von ihm zu träumen«, raunte Damon dicht neben ihrem Ohr. Dann küsste er sie sanft auf den Mund.

Calora schlug die Augen auf und erwiderte den Kuss. »Wenn du einen fangen willst, bist du bei mir an der falschen Adresse.«

»Außer, ich würde meine Angel nach etwas anderem auswerfen«, nuschelte er und liebkoste ihre Halsbeuge.

Calora seufzte wohlig und wollte etwas erwidern, als sie ein Flimmern am Himmel bemerkte. Sie blinzelte, doch der durchsichtig wabernde Fleck wurde größer, dehnte sich aus. Ein schimmernder Strahl schoss herab und geradewegs auf sie zu!

Sie schrie auf und ruckte instinktiv zurück, während sich der Himmel kaum fünf Meter vor dem Boot zu öffnen schien. Damon folgte ihrem Blick und bekam gerade noch mit, dass etwas aus großer Höhe in den See platschte. Ein greller Lichtblitz machte sie für einen Moment blind. Dann war der Spuk vorbei.

Oder auch nicht. Denn an der Einschlagstelle, von der aus sich kreisförmige Wellen bis zu ihnen ausbreiteten, strampelte etwas im Wasser. Oder besser gesagt: jemand!

»Schnell! Wir müssen hin und helfen!«, rief Calora.

»Wir wissen nicht mal, wer oder was das ist«, mahnte Damon.

Doch als sie selbst nach den Paddeln greifen wollte, kam er ihr zuvor. Mit rascher Schlagfrequenz hielt er auf die Stelle zu.

Die Gestalt im Wasser entpuppte sich unterdessen als junge Frau mit weißblonden Haaren. Und sie schien keinerlei Lust zu verspüren, gerettet zu werden. Stattdessen schwamm sie mit kräftigen Zügen auf das Ufer und den kleinen Steg zu. So schnell, dass Calora und Damon sie erst kurz vor dem Strand einholten.

»Hey!«, rief Calora. »Was ist passiert?«

Während Damon das Boot an den Steg steuerte und festmachte, erreichte die Frau das Ufer, stieg aus dem Wasser und hielt endlich inne.

Als sie sich zu ihnen umdrehte, schnappte Calora nach Luft. Diese schlanke Gestalt. Die filigranen Gliedmaßen. Aber am eindeutigsten war die Pigmentierung im Gesicht. Diese Frau war unverkennbar eine Marsianerin! Und wenn Calora sich nicht gänzlich täuschte, keine x-beliebige, sondern die ehemalige Exil-Präsidentin des Mars!

»Chandra Tsuyoshi?«, sprach Damon die Gedanken seiner Frau laut aus. Er stammte ebenfalls aus diesem so respektierten Haus, das über Jahrhunderte die Kandidaten für den Präsidentschaftsposten gestellt hatte.

Doch so weit Calora wusste, hatten sich Chandras und Damons Wege nie direkt gekreuzt. Trotzdem kannte natürlich jeder Marsianer dieses Gesicht von Kundgebungen und Media-Ansprachen. Immerhin hatte Chandra sie mit ihrem unermüdlichen Willen aus einer der dunkelsten Zeiten der Marsgeschichte geführt und wieder für Stabilität und Frieden gesorgt. Schreckliche Ereignisse, die mittlerweile viele Jahre zurücklagen. Und trotzdem sah die ehemalige Exil-Präsidentin immer noch so jung und frisch aus wie zu ihren besten Zeiten. Wie konnte das sein?

Lag das am Zeitstrahl? Denn nur über den war ihre Reise hierher ja möglich gewesen. Mal von einem Raumschiff abgesehen. Fragen über Fragen türmten sich in Caloras Kopf auf.

Chandra hingegen lächelte sie gewinnbringend an, als wäre nichts weiter vorgefallen. »Wie schön, dass mich ausgerechnet zwei Landsleute begrüßen. Und wie schmeichelhaft, dass ich selbst hier sofort erkannt werde.«

Damon beeilte sich, aus dem Boot zu kommen und auf sie zuzugehen. »Mein Name ist Damon Marshall Tsuyoshi. Es ist mir eine Ehre.«

Er streckte ihr die Hand entgegen, doch sie schüttelte nur leicht den Kopf und rieb sich entschuldigend über die Ärmel und den eng anliegende Catsuit. »Ich bin wohl etwas nass geworden.«

»Stimmt! Natürlich! Wir sollten Sie auf schnellstem Wege zum Hort bringen und trockene Sachen besorgen«, erbot sich Damon so übereifrig, dass Calora das Gesicht verzog. Damit war der romantische Bootsausflug offenbar vorbei.

Rückblende: Schlachtfeld, Mars

Krisha zwängte sich durch das sattgrüne Dickicht hinaus auf das Schlachtfeld – jene weitläufige Senke, auf der einst beinahe der Kampf zwischen Städtern und Saat-Anhängern stattgefunden hatte. Einer der bedeutsamsten Momente in der Geschichte des Mars. Jener, an dem der Rotgrund entschieden hatte, ihnen die Kuppeln zu schenken und sie vor weiterer Verfolgung und schlimmerem Blutvergießen zu bewahren.

Zwei Jahre war das etwa her; so genau konnte Krisha es nicht sagen. Er war damals noch zu klein gewesen, um alles im Detail mitverfolgen zu können. Aber er wusste noch genau, dass er wenige Tage danach seine Taufe im Fluss erhalten hatte. Eine Zeremonie, bei der er von den grünen Sporen seine Mutantenkräfte erhalten hatte.

Auch die Sporen waren ein Geschenk des Roten Vaters. Nicht nur für die Saat-Anhänger, die Umeko als Anführer hierher und nach Neu-Utopia geführt hatte. Die Sporen waren über das ganze Land verteilt vom Himmel geregnet und hatten den einstmals kargen Mars in weiten Teilen grün und fruchtbar gemacht. Und mit den Pflanzen waren auch die Tiere gekommen. Neue wundersame Arten, die man einst nur von Höhlenmalereien gekannt hatte.

Krisha brach sich einen Zweig von einem Hornbeerbusch ab und lief damit durch das Meer aus Weidegras, das mittlerweile das gesamte Schlachtfeld bedeckte.

Er kam gerne her, um sich den Kampf in Gedanken auszumalen und ihn nach seinem eigenen Drehbuch nachzuspielen. Dabei stellte er sich vor, wie seine Eltern zusammen einen Gegner nach dem anderen ausschalteten. Wie sein Vater die ganze Ebene zum Erzittern brachte mit seiner Fähigkeit, Erdstöße zu erzeugen, während seine Mutter die hilflos umher purzelnden Städter mit schnell wuchernden Ranken an den Boden kettete.

Oder aber er tat so, als wäre er Umeko, der zusammen mit seiner Gefährtin Eislanze ganze Heere einfach umpustete und zu Eiszapfen gefrieren ließ.

Krishas eigene Kräfte ermöglichten ihm, in großen turmhohen Sätzen über das Feld zu eilen. Wie ein Gummiball, der dabei selbst seine Absprungrichtung bestimmen konnte.

Keine sonderlich kämpferische Fähigkeit. Aber dennoch gefährlich, wie seine Mutter immer gerne betonte. Denn nur, weil man hoch springen konnte, hieß das nicht, dass man einen Sturz aus der Höhe ohne Schaden überstand, wenn man nicht ordentlich auf seinen Füßen landete.

Hier, am Rand der Kuppel, konnte so ein Sprung ihn sogar töten. Wenn er zu hoch hinaus wollte, gegen die Wölbung der unsichtbaren Barriere klatschte und sich im schlimmsten Fall das Genick brach. Daher verzichtete Krisha darauf, seine Kräfte für das Spiel auf dem Schlachtfeld zu nutzen. Es machte sowieso viel mehr Spaß, sich mit dem Stock in der Hand durch das Gras zu kämpfen oder über den Boden zu kugeln, wenn er sich einen Zweikampf mit bloßen Händen vorstellte.

Mit lautem Brüllen und erhobenem Arm rannte er im Zickzack Richtung Grenze. »Angriff! Attacke! Nieder mit den Mördern und Unterdrückern!«, schrie er – als sich vor ihm auf der anderen Seite plötzlich etwas bewegte.

Abrupt stoppte Krisha und duckte sich in das Grün, um unentdeckt zu bleiben. Zwar konnten die Städter ihm durch die Kuppeln hindurch nichts anhaben, aber vielleicht konnte er sie bespitzeln und später davon berichten.

Leider entpuppten sich die vermeidlichen Feinde schnell als eine friedliche Herde Buckelgraser – eine jener neuen Tierarten, die die Sporen über die Monate hervorgebracht hatten. Sie waren beige und schwarz gestreift, hatten ein breites Wiederkäuermaul und platte Hufe, mit denen sie sicher über die neu bewachsene Gerölllandschaft laufen konnten. Ihr auffälligstes Erkennungsmerkmal war allerdings ein besonders langhaariger Fettbuckel, der sich über die Schulterblätter hinweg wölbte.

Krisha schätzte, dass die ausgewachsenen Tiere einen ganzen Kopf größer als er selbst waren. Aber bisher waren sie nie aggressiv aufgefallen. Wenn man stehen blieb, liefen sie ruhig an einem vorbei.

Enttäuscht richtete Krisha sich auf, um die Herde auf ihrem Weg zu beobachten. Am Kuppelrand waren über die Zeit Trampelpfade entstanden. Wahrscheinlich wollte der Leithammel sie nutzen, um schneller zu den Höhlen weiter nördlich zu gelangen. Denn wenn die Oberfläche des Planeten sich auch verwandelt hatte, waren die Nächte immer noch eisig kalt und todbringend, wenn man keinen geeigneten Unterschlupf fand.

Doch entgegen Krishas Erwartung bog die Herde nicht ab, sondern hielt weiter auf die Grenze zu. Weiter und weiter... bis das erste Tier sie überschritt!

Krisha schnappte nach Luft. Wie war das möglich? Täuschten ihn seine Augen? Konnten die Tiere neuerdings hindurch laufen? Oder... waren die Kuppeln etwa fort? Nach all der Zeit?

Mit klopfendem Herzen rannte Krisha auf die Stelle zu, hielt dann aber inne. Was, wenn die Kuppeln wieder auftauchten, wenn er auf der anderen Seite war? Oder wenn sie sich verschoben! Nein, das durfte er nicht riskieren. Er würde zu seinen Eltern laufen und es Umeko erzählen. Die würden wissen, was zu tun war.

Mit riesigen Sprüngen setzte er über das Grasfeld hinweg und weiter Richtung Neu-Utopia – dem Zuhause der Saat und all ihrer Anhänger.

Rückblende: Elysium, Mars