Maddrax 452 - Jana Paradigi - E-Book

Maddrax 452 E-Book

Jana Paradigi

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Beschreibung

Wie ist es eigentlich Starnpazz ergangen, während Hordelab seine Mission auf der Erde übernommen hat und sich in dessen Lügengeschichten verstrickt? Im nächsten Band blenden wir um nach Aquus, wohin sich der enttarnte Kontra abgesetzt hat. Seine einzige Hoffnung sind nun die Hydree. Kann es ihm noch immer gelingen, einen von ihnen zum Mars zu bringen? Unwahrscheinlich, denn die Initiatoren sind bereits auf seiner Fährte...

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfreiche Links

Was bisher geschah …

Gehetzt

Leserseite

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Jan Balaz

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4703-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

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Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, auf einen von zwanzig Trabanten um einen Ringplaneten versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, auch „Friedenswahrer“ genannt, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Tests zu unterziehen. Matt und Aruula können ihnen jedoch entkommen, und sie reisen von Mond zu Mond, um ihre Gefährtin Xaana zu finden, die schon Monate zuvor durch das Wurmloch ging. So wie auch ihr Erzfeind Professor Dr. Smythe, der sich aber in seinem Machthunger mit einer Rettungskapsel ins All katapultiert.

Mit der Hilfe ihrer neuen Gefährten Mi-Ruut und Kra’rarr finden sie Xaana auf dem Dschungelmond Botan. Doch dessen Natur ist krank! Der Geist Botans versucht die beiden zu assimilieren. Als sich die Krankheit über ganz Botan ausbreitet, setzen die Initiatoren in ihrer Not die gottgleiche Rasse der Saven ein. Die heilen Botan und werden von dem Naturgeist vereinnahmt. Schließlich bekommen die Gefährten die Gelegenheit, die Initiatoren auf dem Mond Messis zu treffen, wo eine Delegation aus drei Avataren – Roboter, in die die Geister der Friedenswahrer schlüpfen können – sie erwartet. Diese werden jedoch von den Kontras, einer Guerillagruppe innerhalb der Initiatoren, von der Leitstelle getrennt. Die Gefährten flüchten, während ein Kontra einen der Avatare kapert und ihnen folgt, um sie über die wahren Pläne seines Volkes zu unterrichten. Kurz bevor er die Menschen erreicht, stoppen ihn drei Initiatoren, die körperlich nach Messis kamen und nun die Verfolgung fortsetzen, später aber ebenfalls umkommen und so nicht verhindern können, dass die drei Menschen auf das dunkle Geheimnis der Initiatoren stoßen. Sie beobachten, wie man entführten Messisanern die Köpfe abtrennt! Aber dann werden sie entdeckt – und ihrer Erinnerungen der letzten Wochen beraubt! So können ihnen die Initiatoren eine Offerte unterbreiten: einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umzusiedeln und so vor der Vernichtung zu bewahren. In Wahrheit sollen sie jedoch die Messisaner ersetzen.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde. Um Kontakt zu Techno-Enklaven aufzunehmen, lassen die Wissenschaftler im Hort des Wissens einen Funksatelliten aufsteigen und empfangen erste Funkrufe. Matt, Xij und Tom machen sich mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg, während Hordelab nach Agartha springt, um die Transport-Plattform für das Wurmloch in Augenschein zu nehmen – und dort festgesetzt wird.

Gehetzt

von Jana Paradigi

Hätte es etwas geändert, wenn ich mich früher von Mav’bud gelöst hätte? Wenn ich auf mein Bauchgefühl gehört hätte, statt wie eine Maschine Befehle auszuführen, ohne sie zu hinterfragen?

Wang’kul hielt in seinen Schwimmbewegungen inne und blickte auf den verlassenen Militärstützpunkt rund um die mystische Insel zurück. Die turbulenten Geschehnisse an diesem Ort lagen bereits Wochen zurück. Der neue Ratsoberste Xeli’yot hatte als erste Handlung die Evakuierung der Anlage befohlen. Der offizielle Bericht lag unter Verschluss. Nicht einmal eine Ehrung der Toten hatte es gegeben – so als wäre all dies nie geschehen. Doch Wang’kul wusste es besser.

Wenn er die Augen schloss, sah er noch immer den Kriegsobersten vor sich. Spürte den Kurzspeer in der Hand und hörte den Schädel krachen, als er die Waffe in Mav’buds Hinterkopf rammte.1)

Vor dem Rat hatte er beteuert, dies allein für die Rettung der Hydree getan zu haben. Die Wahrheit trug einen anderen Namen. Xaana. Warum hast du mich nicht darum gebeten, dich zu begleiten? Ich hätte es getan. Auch wenn da keine Hoffnung war, je mehr als nur befreundet zu sein, wäre ich dir ins Ungewisse gefolgt.

Aber es war anders gekommen. Xaana, Aruula und Maddrax waren mit dem transformierten Beiboot ins All gestartet. Ihr Ziel war der Ringplanet gewesen – die Heimat der Initiatoren. Ein verzweifelter Vorstoß in den Bau des Feindes, um einen Weg in die eigene Heimat zu finden. Ein selbstmörderisches Unterfangen.

Der Stratege in Wang’kul gab ihnen keine Chance. Die Mystikerstimme wollte dagegen an ein Wunder glauben. Die Menschen hatten gezeigt, was Hoffnung und unbändiger Wille bewegen konnten. Das Problem war nur, dass Wang’kul nichts in den Sinn kam, auf das er selbst hoffen wollte.

Man hatte ihm den Kommandantenrang gelassen, als stumme Anerkennung seiner Verdienste. Offenbar waren damit seine Fehltritte aufgewogen worden. Aber glücklich machte ihn das nicht.

Sein Blick wanderte zur Insel. Sie und er hatten das gleiche Schicksal erlitten: Sie hatten beide ihr Herz verloren. Und genau wie Wang’kul kämpfte das Eiland seither mit den Folgen. Die Insel orientierte sich dabei an ihrem neuen Herren Bart’ol. Wang’kul dagegen hatte bei jenen Trost gesucht, die den Menschen am nächsten gewesen waren: Kra’rarr und Mi-Ruut.

Du melancholischer Trottel! Der Kommandant schüttelte über sich selbst den Kopf und tauchte ab. Er hatte den Auftrag, nach dem Rechten zu sehen und einen weiteren Bericht zu schreiben – und nicht, sich in schmerzvollen Erinnerungen zu suhlen. Jammern änderte nichts. Also sondierte er noch ein letztes Mal die Lage, während er sich gemächlich hinab zum Meeresgrund sinken ließ.

Das symbionische Leben auf der Insel hatte auch in den vorgelagerten Arealen seine Spuren hinterlassen. Statt einer trüben Sandwüste gab es hier unten sonderbar anmutende Riffe, die mit allerlei skurrilen Kleinstwesen bevölkert waren. Ein durchschwimmbares Labyrinth aus Gängen und Höhlen.

Der Hydree wollte gerade Richtung Heimatstadt abdrehen, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Nur ein Schatten in einer der unzähligen großen und kleinen Einbuchtungen der Riffformation, dennoch stellte sich sein Flossenkamm alarmiert auf. Sein ganzer Körper straffte sich wie in einer Vorahnung. Weg hier!, schrie sein Instinkt, doch der Krieger in ihm hielt trotzig nach dem Feind Ausschau und griff nach seiner Dreizack-Waffe.

Ein langer, in Rippensegmenten gegliederter Arm schlängelte sich hervor. Dann ein zweiter, ein dritter. Tastend. Schmeckend. Suchend. Sofort hatte Wang’kul jenes Monstrum vor Augen, das der Polatai-Schurke Unagai auf den Stützpunkt gehetzt hatte. Ein Riesenkrake – außerordentlich selten und abgerichtet wahrhaft todbringend. Doch das Vieh war nach Maddrax’ heroischer Tat explodiert und in tausend Stücke zerrissen worden.

Als die Arme in Wang’kuls Richtung züngelten, machte er zwei schnelle Beinschläge, um sich rückwärts zu entfernen. Ein Hydree war wohl kaum die natürliche Nahrung für einen Kraken.

Doch das schien die Kreatur nicht zu interessieren. Kurz zogen sich die Tentakel zurück und schmiegten sich an das Riff. Dann schoss, wie von einem Katapult abgeschossen, eine bizarr zusammengefügte Chimäre aus Krabbe und Kopffüßer aus der Dunkelheit auf ihn zu, zwei rotgeaderte Stielaugen auf seine Beute gerichtet und das Maul, das aus zahnbewehrten, scherenartigen Lippen bestand, weit geöffnet. Zu den drei Hauptarmen war noch ein halbes Dutzend kleinerer Arme hinzugekommen, mit denen das Monstrum sich nun in pumpenden Bewegungen durchs Wasser bewegte!

Wang’kul drehte sich und schwamm, so schnell er konnte. Sollte er auf die Oberfläche zuhalten? Ein rettendes Ufer war meilenweit entfernt. Also entschied er sich, besser durch die labyrinthischen Gänge des Riffs zu fliehen, in der Hoffnung, seinen Verfolger entweder abschütteln zu können oder eine geeignete Höhle als Versteck zu finden.

Flink und wendig schoss Wang’kul die Pfade entlang, so dicht über dem Grund, dass seine Beinschläge den Sand aufwirbelten und dem Verfolger die Sicht erschwerten. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er in eine brenzlige Situation geriet. Er wusste, wie man die Panik in Zaum hielt, um dem logischen Denken den Vorrang zu geben. Dennoch hörte er den Herzschlag in seinem Kopf wummern.

Das Vieh war hartnäckig und schneller als erwartet. Hungrig reckte es immer wieder seine Tentakelarme vor, um ihn zu greifen. Einer erreichte Wang’kuls Fuß und wollte sich um seinen Knöchel winden, doch der Hydree zog in einer scharfen Wendung erst zur Seite und dann sofort nach oben.

Mich kriegst du nicht!, dachte Wang’kul grimmig, während er mit einigen weiteren Manövern seinen Vorsprung vergrößerte. Doch mit jeder neuen Wendung spürte er die Anstrengung mehr in den Knochen. Er würde dieses Spiel nicht endlos lange durchhalten können.

Beim Versuch, eine Koralle für eine abrupte Richtungsänderung zu nutzen, rutschte seine Hand ab, der nötige Schwung blieb aus, und sofort packten die Tentakel des Monstrums zu! Sie schlangen sich um Wang’kuls Beine und zogen ihn auf das weit geöffnete Scherenmaul zu.

Aber noch war der Lebenswille des Hydree nicht gebrochen! Von einem Adrenalinschub beflügelt, umfasste er seinen Dreizack mit beiden Händen und stieß ihn mit aller Kraft in das rechte Stielauge seines Gegners.

Der Hals der Extremität krampfte sich unter Schmerzen zusammen. Das Vieh schrie schrill auf und spie einen Schwall winziger Bläschen aus. Offenbar hatte es nicht mit solcher Wehrhaftigkeit seiner Mahlzeit gerechnet. Der Griff um Wang’kuls Beine lockerte sich – und er nutzte seine Chance, sich zu befreien.

Die Jagd ging weiter. Wang’kul fürchtete schon den Moment, da er aus dem Labyrinth hinaus in die offene See schwimmen musste – doch als es so weit war, blieb die Kreatur plötzlich zurück; ganz so, als würde sie eine unsichtbare Barriere zurückhalten.

War das symbionische Geschöpf zu stark mit der Insel verbunden, um sich allzu weit davon entfernen zu können? Oder wollte es sein angestammtes Revier nicht verlassen? Dem Hydree war es egal. Er war frei – das allein zählte.

Mit schmerzenden Gliedern und lahmen Beinen machte er sich auf die Heimreise zurück nach Eshna’fah’gad.

Vor 36 Umläufen2) auf dem Planeten Asparagas

Wo ist der Wald aus Stachelborellios auf der Nordfassade, den ich wollte?, fragte Mi-Ruut ungehalten in einer wortreichen Kaskade von wild geführten Handzeichen, während er seinen Freund Pa-Paat aus seinem Auge wütend fixierte. Als der ungerührt weiterging, holte Mi-Ruut tief Luft und rief: „Stachelborellios! Nicht Kinderkitsch von Jungdreen-Hand!“

Sein Partner hob die Linke und verneinte mit flink flatternden Fingern, ohne auch nur eine Spur von Reue zu zeigen. Er hatte sich von Bro-Moots fröhlich-unbesorgter Art zu sehr beeindrucken lassen. Schon nach dem ersten Besuch bei dem Vehikel-Konstrukteur hatte Pa-Paat über dessen kunstvolle Arbeit – bei der seiner Meinung nach Funktion und Verspieltheit der Elemente perfekt ineinander verschmolzen – geschwärmt. Überhaupt ließ er sich viel zu schnell von solcherlei persönlichem Gehabe ablenken, statt sich auf den eigentlichen Auftrag zu konzentrieren.

Mi-Ruut beschleunigte seine Schritte, um wieder gleichauf zu kommen. Er war noch lange nicht fertig mit seiner Rüge. Wir sind Architekten! Dafür sind wir beauftragt worden! Um sein Haus mit unserer Technik auszustatten – und nicht, damit du dich ihm an den Hals wirfst mit deiner pseudo-sensiblen Art!, zeterte er in großräumigen Gesten.

Als Pa-Paat immer noch nicht reagierte, blaffte Mi-Ruut mit sich überschlagender Stimme: „Architekten, nicht williges Bettspielzeug!“ Dabei wusste er genau, wie treu sein Freund in Wahrheit war. Ganz egal, wie sehr sich so mancher Emporkömmling um dessen Gunst bemühte. Denn genau genommen waren sie beide die Prominenten und nicht dieser Vehikel-Produzent Bro-Moot.

Sie hatten mindestens doppelt so viele Verehrer, aber auch genauso viele Neider. Das war der Preis für ihren Erfolg. Sie hatten die dreen’sche Architektur revolutioniert. Eine neue Ära der Baubranche eingeläutet, in der es nicht mehr auf das zu verbauende Material ankam, sondern vielmehr auf die Träume der Besitzer, die Mi-Ruut und Pa-Paat als Schicht auf die Fassaden aufbrachten. Das Haus selbst wurde dabei quasi unsichtbar.

Auf diese Weise erschufen sie auf dem übervölkerten und viel zu eng besiedelten Planeten ein Gefühl von Weite und Raum, wo vorher nur mehr eine Wand neben der nächsten aufgereiht gewesen war.

Pa-Paat ließ ein deutliches Nasenflöten verlauten, das nun doch seinen Missmut ausdrückte. Zusätzlich stülpte er die Oberlippe vor – ein überdeutliches Zeichen, dass Mi-Ruut mal wieder zu weit gegangen war mit seiner übertriebenen Eifersucht und den unbedachten Anschuldigungen.

Stumm gingen sie Seite an Seite die Outline des siebenhundertneuzigsten Unterbezirkes entlang. Hier im Rellvue-Viertel hatten sie bereits einige Gebäude mit ihrer Technik umgestaltet oder in Gänze neu aufgebaut. Dabei war es Mi-Ruut ein Anliegen, für das spätere Gesamtbild vorauszudenken. Denn er war sich sicher, dass früher oder später jedes Haus mit seiner Nano-Spiegelmasse verkleidet sein würde.

Es war ihm wichtig, dass die Landschaft dann nicht aus einem unzusammenhängenden Flickenteppich irgendwelcher Träume bestehen würde. Die Illusion konnte in einem übergeordneten Rahmen nur dann perfekt werden, wenn der Blick nahtlos über eine freie, möglichst natürliche Szenerie wandern konnte. Mit Bäumen, Vögeln und Wasserflächen als Hauptbezugspunkte. Eben mit all jenen Dingen, die es schon lange nur noch aus der Konserve gab.

Die letzten Seen und Flüsse waren schon vor Äonen versiegt. Stattdessen setzte man künstlich angelegte Rinnsale in das Stadtbild ein. Schmale Kanäle, die wie lange Silberschnüre neben den Vehikel-Pfaden dahinflossen – keimfrei, rückstandslos mit synthetischer Farbe angereichert. Ein Dekorationsobjekt. Ungenießbar und seiner lebensspendenden Funktion beraubt.

Für die Körperhygiene gab es in jedem Haushalt Schallkabinen oder Geltuch-Spender, wenn es einmal schnell gehen musste. Getränke und Speisen wurden fertig portioniert für den Küchenautomaten angeliefert. Keiner der Inhaltstoffe war dabei auf natürlichem Wege gewachsen. Eine weitere Folge des unachtsamen Umgangs mit Ressourcen, die der Planet geboten hatte.

Selbst das Klima und speziell die Niederschläge waren von den Auswirkungen betroffen. Der technologische Fortschritt der Dreen hatte aus Asparagas einen überhitzten, ausgedörrten Klumpen werden lassen, der nur durch die Technologie bewohnbar war. Ein Teufelskreis, der sich nicht mehr durchbrechen ließ.

Mi-Ruut konnte die Folgen seiner unbedachten Vorfahren nicht wettmachen. Aber er konnte die Dreen daran erinnern, wie blühend und vital Asparagas einmal ausgesehen hatte. Und genau diesen Traum teilten Mi-Ruut und sein Freund.

Was als gemeinsame Geschäftsidee begonnen hatte, war zu einer tiefen innigen Beziehung geworden. Ihre Zuneigung hatte sie beflügelt. Pa-Paat – der erst nur für die eigentliche Konstruktion der Gebäude und deren Umsetzung zuständig gewesen war – hatte nach Mi-Ruuts Zuspruch begonnen, sich an das Designen von Overlays zu wagen. Seither schien seine Phantasie keine Grenzen zu kennen.

Mi-Ruut selbst konzentrierte sich lieber auf die Feinarbeiten im Gitternetzaufbau, auf die Steuerung der Impulse darin und auf die ausgewogene molekulare Zusammensetzung jener Masse, mit der die mehrdimensionalen Projektionen überhaupt erst umsetzbar geworden waren. Dabei galt es, das Auge perspektivisch auszutricksen. Ganz egal, wo ein Dreen gerade stand und wie er den Kopf hielt, wenn er auf das Gebäude blickte. Diese Herausforderung machte die Arbeit so besonders. Und diese Besonderheit hatte Mi-Ruut und Pa-Paat berühmt gemacht.

„Da! Da sie sind!“, klang es krächzend aus einer Seitengasse herüber. Man hatte sie erkannt. Wieder einmal. Und wenn sich nicht schon Mediengaffer eingefunden hatten, so würden sie es zweifelsohne in wenigen Augenblicken tun, nachdem die Anwohner ihre Beweisfoto-Trophäen in das planetenweite Data-Net hochgeladen hatten.

Sollen wir unsere Bumpers rufen?, fragte Pa-Paat mit schneller Handbewegung und wechselte ganz automatisch die Seite, sodass er zwischen Mi-Ruut und den Gaffern ging.

Mit Bumpers meinte er die vier eingekauften Schutzdienstler; Dreen, die sich mit überdimensionalen Pufferzonenadaptern an ihrer Kleidung ausgestattet hatten, um auf diese Weise sich selbst und ihre jeweiligen Auftraggeber vor möglichen Übergriffen zu schützen. Mi-Ruut bestellte sie normalerweise nur für größere Auftritte. Denn auch wenn er es vor seinem Freund nie offen zugegeben hätte, machten ihm diese Kerle Angst. Überhaupt machte ihm alles Angst, was mit Aggression oder kämpferischen Handlungen zu tun hatte. Und Fans schienen dabei das gleiche Gen wie Mörder in sich zu tragen!

Mi-Ruut rieb sich über ein Ohr und überlegte kurz, während er seine Schritte beschleunigte. Dann schüttelte er flatternd die Finger und bedeutete seinem Freund, dass man ihnen wohl bis zum Eintreffen der vier Bumpers bereits alle Synapsen-Anschlüsse von der Kleidung gerissen hätte. Stattdessen schlug er mit hastigen Gesten vor, die Straße entlang vor zur Primärline zu laufen, um sich dort in ein Drohnen-Transportvehikel zu flüchten.

Pa-Paat kniff sein Auge zu und riss es zustimmend im nächsten Moment so weit auf, dass Mi-Ruut trotz der angespannten Lage schmunzeln musste. Offenbar hatte sein Freund ebenso viel Angst, nur dass er das verräterische Ohrlöcherreiben besser unterdrücken konnte. Sie passten eben doch zusammen wie Stecker auf Platine, auch wenn sie sich hin und wieder zankten.

Mi-Ruut schnippte als Aufmunterungsbekundung gegen seine Nase, griff dann nach der Hand seines Freundes und lief los. Doch das vielstimmige Klackern von Schuhsohlen verriet, dass der Pulk der Gaffer die Verfolgung aufgenommen hatte.

Als sie die Primärline fast erreicht hatten, hörte Mi-Ruut ein Surren – und schon schoss eine fliegende Mini-Cam an ihnen vorbei, wendete in einer Steilkurve und brachte sich vor ihnen für den besten Live-Shot in Position.

„Näh!“, gab Pa-Paat unwirsch von sich, griff im Lauf in die Brusttasche seines maßgeschneiderten Overalls, zog die Akku-Schleuder heraus und feuerte. Ein grob gezielter Schuss reichte aus, um den Media-Spion mit sichtlicher Schlagseite zu Boden segeln zu lassen.

„Pat-Patong!“, kommentierte der Dreen. Sein ganz persönlicher Jubelruf, wenn etwas außerordentlich gut geklappt hatte. Doch die Gaffer waren immer noch dicht hinter ihnen.

Am Straßenrand der Hauptverkehrsader angekommen, kickte Mi-Ruut den Rest der fliegenden Cam beiseite und betätigte gleichzeitig den Signalgeber an seinem Sensorarmband, um eines der automatisiert gesteuerten Transportvehikel herbeizurufen.

Der unablässige Strom an Fahrzeugen reagierte sofort. Ein grün-metallener Gleiter phaste sich in diagonaler Richtung ein, setzte in fließender Bewegung über die elf Spuren hinweg und parkte wenige Augenblicke später vor ihnen auf dem Haltestreifen.