Maddrax 661 - Jana Paradigi - E-Book

Maddrax 661 E-Book

Jana Paradigi

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Beschreibung

Die Rückkehr einer lange vermissten Autorin erleben wir im nächsten Roman! Zwischen den Nummern 196 und 576 (der nun schon drei Jahre zurückliegt) hat Jana Paradigi siebenundzwanzig Abenteuer beigesteuert, war zuletzt unsere "Mars-Beauftragte". Und zum Mars geht es auch diesmal wieder! Für den MADDRAX-Fan bedeutet das ein Wiedersehen mit Chandra, Windtänzer, Wan'kul ... und einem großen Rätsel aus Band 598 um einen "lebenden Toten", das nun endlich gelöst wird!


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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Marsflimmern

Leserseite

Werkstattbericht

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« die Erde. In der Folge verschiebt sich die Erdachse, und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist – bis auf die Bunkerbewohner – auf rätselhafte Weise degeneriert.

In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Fliegerstaffel beim Einschlag durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 versetzt wird. Nach dem Absturz wird er von Barbaren gerettet, die ihn »Maddrax« nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula findet er heraus, dass Außerirdische mit dem Kometen – dem Wandler, der sich als lebende, schlafende Entität entpuppt – zur Erde gelangten und schuld sind an der veränderten Flora und Fauna und der Verdummung der Menschen. Nach langen Kämpfen mit den Daa'muren erwacht der Wandler, weist sein Dienervolk in die Schranken und zieht weiter. Mit zwei Daa'muren, die auf der Erde zurückblieben – Grao und Ira – haben sich Matt und Aruula sogar angefreundet.

Bei einem Abstecher zum Mars, auf dem sich eine Expedition aus dem Jahr 2010 zu einer blühenden Zivilisation entwickelt hat, erfährt Matt von der Spezies der Hydree, die vor 3,5 Milliarden Jahren hier lebten und mittels eines Zeitstrahls zur jungfräulichen Erde umzogen, als ihr Planet seine Atmosphäre und Ozeane verlor. Mit ihren Nachkommen, den telepathisch begabten Hydriten, die von den Menschen unentdeckt am Meeresgrund leben, hatte Matt schon Kontakt und nennt einen von ihnen, Quart'ol, einen guten Freund.

Diese »Tunnelfeldanlage«, die wie ein Transporter funktioniert, in dem die Zeit unendlich gedehnt werden kann, ist bis heute in Betrieb und verursachte auch den Zeitsprung von Matts Flugstaffel um 504 Jahre, als die den Strahl querte. Dabei legt der Strahl einen Tachyonenmantel um lebende Zellen, der den Altersprozess fünfzig Jahre lang drastisch verlangsamt.

Seither ist viel Zeit vergangen – wir schreiben inzwischen das Jahr 2554 –, und all die Erlebnisse unserer Helden an dieser Stelle zu schildern, wäre unmöglich. Es gibt sogar eine Erdkolonie in einem fernen Ringplanetensystem, zu dem allerdings der Kontakt abgebrochen ist. Ihre Freunde Tom, Xi und deren Tochter Xaana (die eigentlich Matts Kind ist) leben dort auf dem Mond Novis.

Nicht nur einmal haben Matthew Drax und Aruula die Erde vor dem Verderben gerettet und mächtige Feinde bekämpft – zuletzt die vampirhaften Nosfera, die die WCA (World Council Agency, kurz: Weltrat) übernehmen wollten. Auf diese Organisation traf Matt schon früh. Momentan steht ihr General Aran Kormak vor, ein in der Vergangenheit eher zwielichtiger Charakter, der sich aber gewandelt und großes Interesse zu haben scheint, Meeraka (ehem. USA) und danach andere Länder friedlich zu einen.

Auch um Kormak weiterhin im Auge zu halten, geht Matt auf seinen Vorschlag ein, zusammen mit Aruula im Auftrag des Weltrats eine schnelle Eingreiftruppe zu bilden und für ein Bündnis unter dem Dach der WCA zu werben.

Dies sind ihre Abenteuer...

Weitere Informationen und Hintergründe zur Serie findet ihr unter https://de.maddraxikon.com im Internet!

Marsflimmern

von Jana Paradigi

Auf dem Mars, 3,5 Milliarden Jahre vor unserer Zeit

Cari'sam rieb sich über das Gesicht und entließ einen Schwall Luft durch ihre Kiemen. Ihre Schicht an der Überwachungskonsole auf der obersten Ebene der Tunnelfeldanlage war fast beendet. Sie sehnte sich danach, durch die Verbindungsröhre hinaus ins offene Wasser zu schwimmen, sich zu strecken, das ungefilterte Aroma des Meeres zu schmecken, um dann müde und zufrieden in ihrer Kammer ein paar Stunden zu schlafen. Ohne sich Gedanken über die wachsenden Unruhen oder sonst etwas zu machen. Doch genau in diesem Moment schoss einer der Energiepegel schlagartig in den roten Bereich!

Vor Schreck sprang Cari'sam mit einem scharfen Klickgeräusch auf. Sie streckte die Hand nach dem Alarmknopf aus. Doch dann stutzte sie. Es handelte sich bei der Anzeige gar nicht um einen Sensor im Tunnelfeld, sondern um einen, der nach außen gerichtet war, zur Überwachung der Wetterlage.

Cari'sam blinzelte irritiert, während sie die Zahlenreihen auf dem Monitor überprüfte. Das musste ein Messfehler sein. Die Auswirkung eines kosmischen Sturms vielleicht. Oder ... war das womöglich ein Nebeneffekt der schrumpfenden Atmosphäre? War hier und jetzt der Augenblick, den alle Hydree auf dem Mars seit einigen Umläufen fürchteten? War es zu spät für eine Flucht? Waren alle Evakuierungspläne umsonst gewesen?

»Nein, nein, nein!«, rief Cari'sam. Das durfte nicht sein. Nicht so kurz vor dem Ziel. Sie hatten den Zeitstrahl doch gerade so weit moduliert und eingedämmt, dass der Tunnelfeldmeister einem ersten großen Belastungstest zugestimmt hatte. Sie waren der Lösung doch schon so nah!

Nur noch ein paar Tage, dann könnten sie so weit sein. Dann würden sie den Zeitstrahl auf Ork'huz richten und alles würde gut werden. Sie könnten ein neues Leben beginnen. Eines ohne die schwarzschuppigen Fleischfresser.1

Und ohne so viele andere, schoss es Cari'sam durch den Kopf. Denn auch wenn ihre Familie der Ditrydree sich für die Weltenwanderung entschieden hatte, hatten andere das nicht getan.

Die Ikairydree hatten zwar trotz ihrer unterschiedlichen Mentalitäten zugestimmt, mitzuhelfen, um das Undenkbare zu schaffen: eine Fluchtmöglichkeit auf einen anderen Planeten über den Zeitstrahl der neu erbauten Tunnelfeldanlage. Aber der Großteil zog den unausweichlichen Tod in der Heimat vor. Entweder durch die marodierenden schwarzschuppigen Patrydree oder sie würden den noch viel grausameren, schleichenden Erstickungstod sterben. Etwas, das jetzt womöglich allen bevorstand.

Cari'sam überprüfte die Reglerdaten erneut. Die Werte schwankten am oberen Rand der Skala. Das hier war kein Fehler. Das war bitterer Ernst. Mit einem von Angst durchdrungenen Laut drücke Cari'sam den Knopf und der Alarm schrillte.

Hatte Gilam'esh sich verschätzt? Waren all ihr Streben, all ihr Schweiß und Kampf umsonst gewesen?

Roter Vater, steh uns bei.

Mars, knapp 3,5 Milliarden Jahre später

Wang'kul stand in seiner Höhle und starrte konzentriert auf das Miniaturabbild der Hauptstadt, das inmitten der felsigen, rötlichgrün gefärbten Marsoberfläche aus der Landschaft emporragte.

Die Bewohner von Elysium erholten sich nur langsam von dem Trauma, das er, Wang'kul, ihr selbsternannter Vater, verursacht hatte. Die Arroganz eines Halbgottes hatte vielen seiner Kinder das Leben gekostet. Weil er gedacht hatte, er könnte sie aus eigener Kraft retten.2

Doch sein Plan war misslungen. Er war zu schwach gewesen. Statt ihm – dem einzigen Ur-Hydree in dieser Zeit – hatte am Ende ausgerechnet ein Mensch die Lösung gefunden: Maddrax. Einer dieser seltsamen, zähen und eigenwilligen Kreaturen von der Erde, die sich so sehr bekriegten und auf der anderen Seite zu so großen Allianzen und Taten fähig waren, wenn sie für das Gute kämpften. Dabei war den Menschen ihre eigentliche Macht gar nicht bewusst.

Etwas, das Wang'kul auch in den Herzen und Seelen der Marsianer und Waldleute las. Ein Erbe, das sich auch nach vielen Generationen nicht verleugnen ließ, egal, wie sehr sich ihre Kinder an die Gegebenheiten auf dem Mars angepasst hatten.

Wang'kul schmunzelte. Der Pfad des Lebens führte auf verschlungenen Wegen immer wieder zurück an den Anfang, wenn auch eine Umdrehung weiter auf dem Schicksalsrad.

Die einstige Urbevölkerung des Mars war damals auf Ork'huz geflohen, dem die Menschen viel, viel später den Namen »Erde« gaben. Und auch dort hatte die neue Welt ihre Nachkommen geformt. Aus den einstigen Hydree entwickelten sich die Hydriten mit einer neu gefundenen Identität. Kräftiger aufgrund der veränderten Schwerkraft, erfindungsreich wie die Ikairydree und traditionsbewusst wie die Ditrydree. Ein neues vereintes Volk.

Wang'kul fuhr sich wehmütig über seinen Flossenkamm. Er selbst hatte sich auch verändert. Doch seine Heimat lang an einem anderen Ort der Galaxie. Er war hier der Einzige seiner Art. Und das würde er immer bleiben.

Doch dafür hatte er eine ebenso einzigartige Aufgabe. Er war das Sprachrohr des Rotgrunds. Er war der verlängerte Arm des Mars selbst. Und er war hier, um über seine Kinder zu wachen.

Alles Nachkommen der Erdlinge. Denn ironischerweise hatten die Menschen ganz unabhängig von der Geschichte der Hydree Äonen später mit Hilfe der Luft- und Raumfahrt den längst verödeten Mars für sich entdeckt und erfolgreich besiedelt. Ein evolutionärer Tausch der Jagdgebiete sozusagen.

Aus jenen Menschen der Marsexpedition3 waren die heutigen Marsianer hervorgegangen, von denen sich wiederum die Waldleute abgespaltet hatten. Und auch sie hatten sich der neuen Umgebung und Bedingungen angepasst. Ihre Körper waren schlanker, aber auch größer geworden. Und besonders die Waldmenschen hatten gelernt, sich mit Tier und Natur zu verbinden und in heiliger Symbiose zu leben.

Uraltes Wissen, das der Mars selbst mit ihm geteilt hatte. Ein Gedanken, bei dem Wang'kul spürte, wie der Rotgrund näher rückte. Die Seele des Planeten flüsterte in seinem Geist. Drängend. Warnend.

Irgendetwas stimmte nicht.

Wang'kul umrundete den Tisch, fokussierte seinen Blick und suchte in den Köpfen der Stadtbewohner nach einer Erklärung. Nach einem Anzeichen von Gefahr. Doch da war noch immer so viel Schmerz, so viel Verwirrung und Trauer unter der Oberfläche verborgen. Auch wenn seine Kinder tapfer versuchten, nach der großen Katastrophe ihren Alltag zu meistern.

Dank seiner hinzugewonnenen gottgleichen Kräfte und einer großen Portion Glück war es Wang'kul damals gelungen, die Mehrzahl der Marsianer und Waldmenschen zu retten. Doch die Gruppe der Mutanten, die in Neu-Utopia doch gerade erst eine eigene Siedlung gegründet hatten, waren so gut wie ausgerottet. Weil er sie und ihre besondere Energie missbraucht hatte.

Die Erinnerung daran schnürte Wang'kul schier die Kehle zu. Er musste es wieder gutmachen. Es besser machen. Das hatte er dem Rotgrund versprochen. Und genau deshalb hatte er sich mit seinen Kindern auch auf emotionaler Ebene neu verbunden. Um zu fühlen, was sie fühlten. Und genau deshalb wusste er, dass etwas nicht stimmte! Er konnte nur noch nicht festmachen, was.

Wang'kul beugte sich tiefer über sein »Spielbrett«. Er befahl den Elementen, sich neu zu formieren und einen detaillierteren Ausschnitt der Innenstadt zu zeigen. Erst den Versammlungsplatz vor dem Präsidentschaftsturm. Dann weiter nach Süden.

Auf den ersten Blick schien alles ruhig und friedlich. Wang'kul erkannte dennoch kleine Anomalien im Strom des Alltags. Einige der Städter störten das Idyll. Ihre Bewegungen schienen fahrig, unschlüssig, orientierungslos. Und ihr Geist ... Das ergab keinen Sinn.

Wang'kul drückte seine kräftigen Krallennägel gegen die Schläfen und kratzte über die tiefblauen Schuppen. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, ohne Halt zu finden.

Etwas fehlte.

Etwas war nicht mehr an seinem Platz.

Sie waren nicht mehr an ihrem Platz!

Oder nicht mehr in ihrem Jetzt.

Hektisch sprang Wang'kul von einem Geist in den nächsten. Suchte. Sammelte. Forschte nach dem Ursprung dieser Störung. Nach einem Ausgangspunkt. Und als er endlich ein Muster erkannte, taumelte er keuchend zurück bis gegen die Wand seiner kleinen Höhle.

Elysium, Außenbezirk

Chandra schrak auf und blickte sich hektisch um. Wo war sie? Wieso lag sie in einem fremden Bett? Doch trotz der aufsteigenden Panik blieb sie, wo sie war. Ganz ruhig. Jetzt nur nicht durchdrehen, sondern die Lage sondieren. Ich bin nicht gefesselt.

Sie drehte den Kopf und suchte nach Anzeichen einer Falle. Eines wie auch immer gearteten Mechanismus, der sie womöglich in Stücke reißen würde, wenn sie das Bett verließ.

Ein Blick unter die Bettdecke verriet ihr, was sie schon wusste: Sie trug keine Kleidung. Sie war nackt. Verdammt nackt! Und auf dem Stuhl, der gegenüber an der Wand stand, lagen Klamotten, die ganz sicher nicht ihr gehörten. Feine Designerware, die weder für den Kampf noch für die harten Bedingungen in den Rebellenlagern geeignet waren.

Hatten Windtänzers Schergen sie erwischt und in sein Lager verschleppt? War das hier die Luxusversion eines Gefängnisses? Oder wollte er sie nur verwirren und zusehen, wie sie sich selbst ihr Grab schaufelte?

Komm schon, Chani, schalte deinen Verstand ein. Was ist zu tun? Vom Rumsitzen wird deine Lage nicht besser.

Das Zimmer sah eigentlich recht wohnlich aus. Nicht gerade herrschaftlich ausgestattet, aber doch gemütlich und im Grunde ganz nach ihrem Geschmack. Ein hübsch gedrechselter Schrank, ein passendes Nachtkästchen mit einer Tischlampe in Blumenform. Auf einem schmalen Tisch mit Spiegel standen einige verzierte Döschen, wie man sie für Schmuck oder Schminke verwendete.

An der angrenzenden Wand hing ein Vorhang aus Naturfasern, wie ihn die Waldleute webten. Hatte Windtänzer sie also bei einer seiner treuen Anhängerinnen untergebracht? Wieso konnte sie sich an nichts mehr erinnern?

Chandra kniff die Augen zusammen und suchte nach ihrer letzten Erinnerung vor der Entführung. Doch die Bilder blieben nebulös.

Am Abend war sie trotz der Hiobsbotschaften über die Zerstörung der Raumwerft auf dem Marsmond Phobos auf Patrouille gewesen und hatte Vorräte verteilt, die ihre Rebellengruppe bei einem erfolgreichen Coup gegen Windtänzers anwachsende Anhängerschaft erbeutet hatte.

Chandra erinnerte sich noch deutlich an den Schauder, den sie verspürt hatte, als ihre Gegner selbst am Boden liegend noch versucht hatten, für ihren Meister zu kämpfen. Dieses Stück Abschaum hatte sie mit seinen mentalen Fähigkeiten allesamt zu willenlosen Sklaven gemacht. Zu einer Armee ohne Furcht und Selbsterhaltungstrieb. Bis in den Tod.

Aber so weit hatte er sie noch nicht. O nein.

Chandra drehte sich vorsichtig zur Seite, rollte an die Kante des Bettes und beugte sich vor, um darunter zu blicken. Vorsicht war schließlich besser als Nachsicht.

Doch auch dort lauerte keine Gefahr. Also schob sie die Bettdecke entschlossen zur Seite, stand auf und schlich zu dem Stuhl neben der Tür. Die Kleidung darauf mochte zwar nicht gerade für einen Marsch durchs Unterholz geeignet sein, aber sie war definitiv besser, als es nackt zu versuchen.

Sie schlüpfte in Hose und Bluse, zog sich die Strümpfe über und schlüpfte in die für ihren Geschmack deutlich zu damenhaften Pumps. Statt der engen Jacke, die ihre Bewegungsfreiheit im Kampf zu sehr einschränken würde, griff sie nach einem breiten Wollschal und schlang ihn sich um die Hüften, denn sie wusste, wie gefährlich die Kälte sein würde, sollte sie es nicht bis zum Sonnenuntergang in Sicherheit schaffen.

Bevor sie es wagte, zu prüfen, ob die Tür verschlossen war, trat sie an den Vorhang und schob ihn vorsichtig ein Stück zur Seite. Das Fenster dahinter war zu ihrer Überraschung nicht vergittert. Ein ganz normales Fenster, das den Blick in ein kleines, üppig bepflanztes Stück Garten eröffnete. Das einzige Hindernis von dort in die Freiheit war ein hüfthoher Zaun.

War ihre Vermutung falsch? Vielleicht war sie nicht gefangen genommen, sondern von jemandem aus einer Notlage gerettet worden. Hatte ich einen Unfall?

Sie betastete ihren Körper und ging hinüber zum Tisch, über dem der Spiegel hing. Doch auch in ihrem katzenhaft pigmentierten Gesicht – ein Erbe der Weltraumstrahlung, das alle Marsianer am ganzen Körper teilten – schien sie keinen Kratzer zu haben. Ihr weißblondes Haar war zerzaust, ihre Lippen waren ein wenig spröde. Aber das brachte das Leben als Exil-Präsidentin im Untergrund nun mal mit sich.

Chandra öffnete auf der Suche nach irgendeiner Waffe den Schrank. Darin befanden sich weitere Kleidungsstücke. Eindeutig feminin und in ihrer Machart geradezu futuristisch. Jedoch nicht als Waffe geeignet.

Die Kleiderstange aber sehr wohl. Also riss Chandra kurzerhand daran, bis sie sich aus der Verankerung löste, und ließ die Klamotten zu Boden fallen.

Los jetzt, genug getrödelt. Höchste Zeit, sich aus dem Staub zu machen.

Mit angehaltenem Atem drückte sie die Klinke und zog vorsichtig daran. Nicht verschlossen! Sie atmete erleichtert aus. Ihr Schlafzimmer führte in einen größeren Raum, der Wohnzimmer und gleichzeitig Küche war. Auf der Theke, die den Raum teilte, lag neben dem üblichen Kleinkram ein Comm-Funkarmband.

Chandra richtete ein Stoßgebet an den Roten Vater, griff nach dem Gerät, legte es sich an und trat dann mit schlagbereiter Kleiderstange in der Hand nach draußen in den Garten. Aber auch dort war niemand zu sehen. Also lief Chandra los. Und mit jedem Schritt trat die Realität sie wie Blitzschläge.

Der Streiter! Was war mit der Erde? Hatte der Plan von Commander Drax funktioniert? Hatte der Magnetfeld-Konverter den Flächenräumer rechtzeitig aufgeladen, um dieses Monstrum aus dem All zu bekämpfen? Was war mit Maddrax? Ging es ihm gut?

Bei dem Gedanken an ihn kam Chandra ins Straucheln. Doch sie blieb erst stehen, als sie, einige Häuserblocks entfernt, in ein altes Parkhaus abgebogen und hinter ein paar verlassenen Autowracks eine ruhige Stelle entdeckt hatte.

Sie musste die Rebellen kontaktieren. Ihnen Bescheid geben, dass es ihr gut ging. Doch das Comm-Gerät sah ganz anders als die sonst Üblichen aus. Vielleicht eine Hightech-Version irgendeines Militärs. Doch wenn es so war, dann hatte derjenige die Sicherheitsvorschriften eklatant vernachlässigt, denn Chandra konnte problemlos durch das Menü navigieren.

Sie fand den Funkkanal und stellte die letzte bekannte Frequenz der Rebellentruppe ein. Doch niemand antwortete auf ihren Ruf. War sie nicht die einzige, die unter so mysteriösen Umständen entführt worden war?

Um das zu prüfen, klicke sie sich durch das Comm-Menü, bis sie den News-Media-Kanal fand. Doch statt Nachrichten über die Raumstation auf Phobos oder den aktuellen Rebellenaktionen berichtete eine Dauer-Commercial-Sendung über die Freuden eines eigenen kleinen Solar-Brutkastens für die Hobbyzucht von Felshühnern.

Griff die staatliche Zensur, um keine Panik unter der Bevölkerung auszulösen? Oder gab es nichts zu berichten, weil die Zerstörung der Raumwerft eine Falschmeldung gewesen war? Nein. Nein, das konnte nicht sein. Chandra wusste davon doch quasi aus erster Hand.

Keine Nachrichten waren offenbar gute Nachrichten. Das hoffte Chandra zumindest. Besonders, wenn es um die Marsianer auf der Erde und ganz speziell um Maddrax ging. Er war zu schlau, um sich vom Streiter einfach auslöschen zu lassen.