Magie und Ritual III   -   Heilung - Harry Eilenstein - E-Book

Magie und Ritual III - Heilung E-Book

Harry Eilenstein

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Beschreibung

Die Reihe Die 87 Bände umfassende Reihe "Die Götter der Germanen" stellt die Gottheiten und jeden Aspekt der Religion der Germanen anhand der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde detailliert dar. Dabei werden zu jeder Gottheit und zu jedem Thema außer den germanischen Quellen auch die Zusammenhänge zu den anderen indogermanischen Religionen dargestellt und, wenn möglich, deren Wurzeln in der Jungsteinzeit und Altsteinzeit. Daneben werden auch jeweils Möglichkeiten gezeigt, was eine solche alte Religion für die heutige Zeit bedeuten kann - schließlich ist eine Religion zu einem großen Teil stets der Versuch, die Welt und die Möglichkeiten der Menschen in ihr zu beschreiben. Das Buch Heilungen bestehen bei den Germanen wie auch bei den Indogermanen allgemein aus drei Teilen: die Heilung mit Kräutern, die Heilung mit dem Messer (Operationen) und die Heilung mit Worten (Magie). Daneben finden sich bei den Germanen aber auch noch deutliche Ansätze zu einer einfachen Form der Homöopathie, also der Grundsatz "Gleiches heilt Gleiches". Dies ist eine Anwendung des Grundsatzes der Analogie-Magie: "Gleiches wirkt auf Gleiches". Es gibt eine Vielzahl kleinerer Heilungs-Zaubersprüche, aber es sind auch einige längere Zaubersprüche überliefert worden, deren Bilder z.T. eine beeindruckende Stärke haben.

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Bücher von Harry Eilenstein

Astrologie

Astrologie (496 S.)Photo-Astrologie (428 S.)Horoskop und Seele (120 S.)

Magie

Handbuch für Zauberlehrlinge (408 S.)Tarot (104 S.)Physik und Magie (184 S.)Die Magie-Formel (156 S.)Krafttiere – Tiergöttinnen – Tiertänze (112 S.)Schwitzhütten (524 S.)

Meditation

Der Lebenskraftkörper (230 S.)Die Chakren (100 S.)Das Chakren-System mit den Nebenchakren (296 S.)Meditation (140 S.)Drachenfeuer (124 S.)Reinkarnation (156 S.)

Kabbala

Kursus der praktischen Kabbala (150 S.)Eltern der Erde (450 S.)Blüten des Lebensbaumes: Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)

Religion allgemein

Muttergöttin und Schamanen (168 S.)Göbekli Tepe (472 S.)Totempfähle (440 S.)Christus (60 S.)Dakini (80 S.)Vajra (76 S.)

Ägypten

Hathor und Re 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)Hathor und Re 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)Isis (508 S.)

Indogermanen

Die Entwicklung der indogermanischen Religionen (700 S.)Wurzeln und Zweige der indogermanischen Religion (224 S.)

Germanen

Die Götter der Germanen (Band 1 – 80)Odin (300 S.)

Kelten

Cernunnos (690 S.)Der Kessel von Gundestrup (220 S.)Der Chiemsee-Kessel (76)

Psychologie

Über die Freude (100 S.)Das Geheimnis des inneren Friedens (252 S.)Das Beziehungsmandala (52 S.)Gefühle und ihre Verwandlungen (404 S.)einsgerichtet (140 S.)Liebe und Eigenständigkeit (216 S.)Von innerer Fülle zu äußerem Gedeihen (52 S.)Die Symbolik der Krankheiten (76 S.)

Kunst

Herz des Tanzes – Tanz des Herzens (160 S.)

Drama

König Athelstan (104 S.)

Die Themen der einzelnen Bände der Reihe „Die Götter der Germanen“

Die Entwicklung der germanischen ReligionLexikon der germanischen ReligionDer ursprüngliche Göttervater TyrTyr in der Unterwelt: der Schmied WielandTyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 1Tyr in der Unterwelt: der Riesenkönig Teil 2Tyr in der Unterwelt: der ZwergenkönigDer Himmelswächter HeimdallDer Sommergott BaldurDer Meeresgott: Ägir, Hler und NjördDer Eibengott UllrDie Zwillingsgötter AlcisDer neue Göttervater Odin Teil 1Der neue Göttervater Odin Teil 2Der Fruchtbarkeitsgott FreyrDer Chaos-Gott LokiDer Donnergott ThorDer Priestergott HönirDie GöttersöhneDie unbekannteren GötterDie Göttermutter FriggDie Liebesgöttin: Freya und MenglödDie ErdgöttinnenDie Korngöttin SifDie Apfel-Göttin IdunDie Hügelgrab-Jenseitsgöttin HelDie Meeres-Jenseitsgöttin RanDie unbekannteren JenseitsgöttinnenDie unbekannteren GöttinnenDie NornenDie WalkürenDie ZwergeDer Urriese YmirDie RiesenDie RiesinnenMythologische WesenMythologische Priester und PriesterinnenSigurd/SiegfriedHelden und GöttersöhneDie Symbolik der Vögel und InsektenDie Symbolik der Schlangen, Drachen und UngeheuerDie Symbolik der HerdentiereDie Symbolik der RaubtiereDie Symbolik der Wassertiere und sonstigen TiereDie Symbolik der PflanzenDie Symbolik der FarbenDie Symbolik der ZahlenDie Symbolik von Sonne, Mond und SternenDas JenseitsSeelenvogel, Utiseta und EinweihungWiederzeugung und WiedergeburtElemente der KosmologieDer WeltenbaumDie Symbolik der Himmelsrichtungen und der JahreszeitenMythologische MotiveDer TempelDie Einrichtung des TempelsPriesterin – Seherin – Zauberin – HexePriester – Seher – ZaubererRituelle Kleidung und SchmuckSkalden und SkaldinnenKriegerinnen und Ekstase-KriegerDie Symbolik der KörperteileMagie und RitualGestaltwandlungenMagische WaffenMagische Werkzeuge und GegenständeZaubersprücheGöttermetZaubertränkeTräume, Omen und OrakelRunenSozial-religiöse RitualeWeisheiten und SprichworteKenningarRätselDie vollständige Edda des Snorri SturlusonFrühe SkaldenliederMythologische SagasHymnen an die germanischen Götter

Inhaltsverzeichnis

Der Band 64 über „Magie und Ritual“ ist so umfangreich geworden, daß er in drei Teile zerlegt werden mußte:

Band 64a:

Magie und Ritual I

- Magie

Band 64b:

Magie und Ritual II

- Kult

Band 64c:

Magie und Ritual III

- Heilung

Themenverzeichnis

I Heilung in der germanischen Überlieferung

Heilung ist ein sehr komplexer Vorgang, der hier nicht mit all seinen physischen, psychologischen, astrologischen und magischen Aspekten umfassend dargestellt werden kann.

Aus den folgenden Betrachtungen werden aber immerhin in deutlichen Konturen die Ansichten der Germanen über körperliche Leiden und ihre Vorgehensweisen bei der Heilung von Krankheiten und Verletzungen sichtbar. Diese germanische Tradition enthält durchaus auch einige unerwartete Elemente wie z.B. die Homöopathie.

I 1. Wortschatz

I 1. a) Heilung

Das zentrale Wort in Bezug auf die Heilung ist „heill“, das eine recht umfassende Bedeutung hat und in jeder Hinsicht den „richtigen Zustand“ bezeichnet:

Auch der „falsche Zustand“ wird mithilfe des Wortes „heill“ gebildet:

Der angestrebte Zustand ist das „heil-Sein“, was physisch die Gesundheit, psychisch das Glück und spirituell ein gutes Omen ist:

Interessanterweise ist es das Gehirn, das dieses „heil-Sein“ erkennt bzw. was heil sein sollte:

heili, heilir

Durch das Heilen wird der „richtige Zustand“ wiederhergestellt. Da dies auch ein magisch-spiritueller Vorgang ist, wurde das Wort „heilen“ in der frühchristlichen Phase in den Nordlanden, also ca. von 1000-1300 n.Chr., auch für „verzaubern“ und „behexen“ verwendet:

Die Qualität dessen, was heilt, d.h. das einen Menschen wieder in den „richtigen Zustand“ versetzt, ist „heilsam“:

heil-samligr

heil-samr

Für den Vorgang der Wiederherstellung der „richtigen Ordnung“ werden Hilfsmittel benutzt. Dies ist zunächst das Wissen um die Krankheiten und um die Gesundheit, also die Diagnose und die Therapie:

Eine Person, die dieses Wissen hatte und anwenden konnte, war ein Heiler bzw. eine Heilerin:

Als nächstes werden spezielle Heilmittel benötigt, unter denen die Kräuter besonders wichtig waren:

Weitere Arzneien waren Tränke:

Heilsteine sind keine speziellen Steinarten, sondern spezielle einzelne Steine:

lyf-steinn

Zur Heilung gehörten auch Zaubersprüche, wobei das Wort „liknar“ („Gleichheit“) zeigt, daß die Krankheiten von Dingen geheilt wurden, die der Krankheit ähnlich sind, und daß man bei der Heilung Zauberlieder („galdr“) benutzt hat:

Auch das „Handauflegen“, das vermutlich auch bei den Germanen als Übertragung von Lebenskraft angesehen wurde, war bekannt:

Die folgende Redewendung könnte man mit viel Wohlwollen als „Präventiv-Medizin“ ansehen:

er um heilt bezt at binda

Es lag nahe, jemandem beim Gruß das „heil-Sein“ zu wünschen:

I 1. b) Zusammenfassung

Gesundheit ist der physische Aspekt des „richtigen Zustandes“, der sich auch auf die Psyche (Glück) und auf den magisch-spirituellen Bereich (gute Omen) bezieht.

Zur (Wieder-)Herstellung dieses „richtigen Zustandes“ ist das Wissen über diesen heilen Zustand sowie die Kenntnis der passenden Hilfsmittel notwendig, die Kräuter, Tränke, Heilsteine, Zaubersprüche und heilende Hände umfassen.

Beim Gruß wünschte man einander diesen „heilen Zustand“.

I 2. Das Streben nach Gesundheit

I 2. a) Havamal

Wie vermutlich alle Völker haben auch die Germanen die Gesundheit als eines der wichtigsten Dinge im Leben angesehen:

Feuer ist das Beste dem Erdgebornen,

Und der Sonne Schein;

Nur sei Gesundheit ihm nicht versagt

Und lasterlos zu leben.

I 2. b) Havamal

Ganz unglücklich ist niemand, auch wenn er nicht gesund ist:

Einer hat an Söhnen Segen,

Einer an Freunden, einer an vielem Gut,

Einer an trefflichem Tun.

I 2. c) Zusammenfassung

Gesundheit ist eines der wichtigsten Dinge im Leben.

I 3. Krankheiten

I 3. a) Jakob Grimm: Deutsche Mythologie

1. Namen für „Krankheit“

Unsere heutige, nicht aus dem volk hervorgegangne arzneigelehrsamkeit hat allmälich beinahe alle deutschen benennungen der krankheiten verdrängt und durch griechische oder römische wörter ersetzt. da jene oft noch auf vorstellungen des alterthums von den krankheiten und ihrer heilung führen, wird es nöthig sein wenigstens die bedeutendsten anzuführen.

Krank hat im Mittelalter nur den sinn von debilis, infirmus, althochdeutsch wanaheil, nicht von aeger, und für dieses gilt siech, gothisch siuks, neuhochdeutsch sioh; morbus wird folglich nicht durch krankheit ausgedrückt, sondern durch sucht, gothisch saúhts, althochdeutsch suht, altnordisch sôtt, während wir mit sucht jetzt den sittlichen begrif von hang, heftigem verlangen verbinden, und nur noch in den zusammensetzungen schwindsucht, gelbsucht u. a. seine alte bedeutung behalten.

Analog verhalten sich das altnordische þrâ (desiderium, aegritudo animi) und lîkprâ (lepra), vergleiche schwedisch trå, helletrå, dänisch traa, helletraa.

Allgemeine wörter, die auch den leiblichen schmerz des siechthums ausdrücken, sind althochdeutsch suero, mittelhochdeutsch swer, althochdeutsch und mittelhochdeutsch wê, wêtago, wêtage (wie siechtage).

Sonst heißt ein siecher auch althochdeutsch bettiriso (bettlägerig, clinicus); mittelhochdeutsch betterise; angelsächsisch beddrida, englisch bedridden; ein name zumal für alterschwache greise geeignet, ›der alte betterise‹, der sich nicht mehr vom lager erhebt. im Norden hieß diese schmerzlose alterskrankheit Ann sôtt, nach könig Ön eđr Ani, der durch das opfer seiner söhne das höchste lebensziel erreicht hatte und zuletzt gleich einem kinde wieder milch trank.

2. Ohnmacht

Die Bezeichnungen „ohne Macht sein“ und „ohne Sinneswahrnehmungen sein“ beschreiben den Zustand von außen her, während „zu sich kommen“ den Vorgang von innen her darstellt: Bei der Ohnmacht verläßt die Seele (Astralkörper) den physischen Leib und kehrt am Ende der Ohnmacht wieder zu ihm zurück – „man kommt (ganz wörtlich) wieder zu sich zurück“.

3. einzelne Krankheiten

Krampf (spasma, convulsio), bei kindern gewöhnlich freise, freisig, gefrais, fräsel. schäuerchen (zahnkrampf) niederdeutsch schürken, d. h. kleiner schauer, zuckung. doch bedeutet die freis, frais auch häufig epilepsie.

Leibweh, grimmen (neuniederländisch: krimmen, reißen). die obere grimme, mannsmutter, hachmutter, bärmund, bärmutter. ›die bermutter hat mich gebissen‹ (ich habe colik); östrreichisch bervater und bermutter; tvärmund. trîbe soll nach Hoffmanns erklärung auch colik bedeuten.

Ruhr (dysenteria), durchlauf, darmgicht ûzsuht, zuzsuht, aussucht (durchfall). rothe ruhr, der rothe schaden.

Lungensucht, angelsächsisch lungenâdl (pneumonia); schwinge oder lungesucht steht wol für schwinde? in Östreich der schwund, neuhochdeutsch schwindsucht; nach Abele greift sie alle jahr ein ellen därme an.

Seitenstechen, pleuritis. althochdeutsch stechido. mittelniederländisch lancevel von lanc, französisch flanc, althochdeutsch lancha ilia, lumbus, ein althochdeutsches lanchupil morbus ilium habe ich nicht gelesen. Seitenstechen ist altnordisch tac, altsächsisch stechetho. neuhochdeutsch darmwinde vergleiche litthauisch klynas, iliaca passio. miserere.

Wassersucht, althochdeutsch auch wazarchalp (hydrops); vergleiche mondkalb (mola, caro in utero nascens), engl. mooncalf (ungestalte misgeburt), wobei wol mythische vorstellungen obschweben, da sich auch sonnenkalb als eigenname findet, und aberkalb, afterkalb, eberkalb ein unechtes kind bezeichnet. schwedisch månadskalf, månkalf. vergleiche die sage vom frater salernitanus.

Abortus heißt misgeburt, fehlgeburt, miskram; abortieren: umschlagen, umstülpen, verschütten, umwerfen, umkeipeln. ›zy heft de kar omgeworpen‹, es ist ihr unrichtig gegangen, ›meinem weibe geht es unrichtig‹, geht ungerade, dänisch at giöre omslag (abortieren).

Richtig gebären heißt: das kind an die statt bringen. ehstnisch tüjad nurgad (leere ecken) mondkalb. ülle kätte minnema (über die hände gehn) gegensatz zu last pölwede peälet töstma (kind aufs knie heben, ordentlich gebähren). ›es lärmt‹, ›das haus knakt‹ (die geburtsstunde naht) ›das haus ist eingefallen‹ (die geburt ist erfolgt), ›der ofen fällt ein‹. mittelhochdeutsch ›diu kamer wart entlochen‹. bermutter, das von der kolik gebraucht wird, bezeichnet eigentlich die mutterkrankheit, und sie wird nicht nur als kröte, sondern auch als maus dargestellt, die aus dem leib gelaufen kommt und der ein degen über den fluß gelegt ist.

Herzgespan (cardialgia) herzspann , sonst herzweh, herzkulk (ventriculi colica), ›es lieget und steht mir für dem herzen‹. mittelhochdeutsch herzeswer, auch swermage. etwas anders ist der herzwurm, von dem der gemeine mann glaubt, jeder mensch habe einen solchen und müsse sterben, wenn der wurm aus dem mund krieche, auf die zunge trete. Den alten hieß eine zungengeschwulst βάτραχος und rana. Auch den heißhunger βούλιμος, appetitus caninus deutete man aus einem thier: vermis lacertae similis in stomacho hominis habitat. ›wir suln uns alle broeten, den zadelwurm toeten, der uns dicke hât genagen‹.

Kopfweh, houbitwê. houbitsuht, farren, vielleicht faren.

Tobesuht (amentia), hirnsucht, wirbelsucht.

Althochdeutsch huosto (tussis), mittelhochdeutsch huoste, neuhochdeutsch huste (in Zürich wüeste), altnordisch hôsti, angelsächsisch hvôsta, englisch whoost. altnordisch qvef husten, schnupfen.

Schnupfe, schnaube, schnuder, in der Schweiz pfnüsel; bei Hildegard nasebôz coryza. mittelhochdeutsch strûche.

Kramme (rauher hals) für catarrh althochdeutsch tampho bei Hildegard dumpho; rothlauf, in der Schweiz wolken, fliegende wolke. in der Wetterau: krammel im hals, halskratzen und woul starker katarrh. vergleiche althochdeutsch wuol.

Zahnweh, zahnschmerz, mittelhochdeutsch zanswer.

Kopfweh machen verkehrte, schwarze elben.

Taneweczel heißt ein haupt und brustkrampf mit husten. vergleiche bauerwetzel. griechisch βήξ. der tanaweschel kommt personificiert vor.

Gelbsuht (elephantiasis), jetzt ist gelbsucht ίκτερος. ›den leuten gelbe kittel anhängen‹ heißt das gelbsucht anzaubern? gelesuht und fîch ist ficus morbus, angelsächsisch fîcâdl; ›der rot vich‹ für hämorrhiden; ›der rôte siechtuom und daz vîc macht iuch bleich unde gel‹.

Althochdeutsch misalsuht (lepra), gothisch þrutsfill. dies wort habe ich richtig zu þriutan und den anomalen genitiv þruts für þrutis erkannt. þruts bedeutet qual, plage und dann auf die krankheit angewandt aussatz. die althochdeutsche form wäre druzisfel. vollkommen stimmt das böhmische trud in beiden bedeutungen dolor und lepra, desgleichen das polnische trąd ausschlag. althochdeusch hriupî (scabies) rûda (impetigo) zittarlûs (impetigo). ein neuer volksausdruck ist schneidercourage, schneiderkurzweil.

Das angelsächsische gicđa (scabies, impetigo) englisch itch ist das althochdeutsche juchido.

Die rose (crysipelas), das laufende feuer, ignis sacer, althochdeutsch omo, angelsächsisch oma, altnordisch âma.

Von rothen flecken im gesicht der kinder sagt man: ›das jüdel hat das kind verbrannt‹.

Angelsächsisch ist þeor, þeorveorc entzündung, þeorvyrm impetigo vermicularis. Steinschmerz, calculorum dolor, bei Götz von Berlichingen: ›der reißende stein‹.

Eine art auswuchs oder schwamm hieß malannus (das übel jâr); carbunculi vel malae pustulae, quem malum vulgo dicunt malampnum. auch die dagegen gebrauchte pflanze führte den namen malannus, althochdeutsch achalm.

I 3. b) Zusammenfassung

Die Namen der Krankheiten sind in der Regel von ihren Symptomen abgeleitet worden.

Das ursprüngliche deutsche Wort für „krank“ war „siech“ (englisch: „sick“), wovon sich „Seuche“ und „Sucht“ ableitet. Dieses Wort hat sich aus dem germanischen „seuthan“ für „sieden“ heraus entwickelt – das „Siechtum“ bezeichnete folglich zunächst die fiebrigen Krankheiten.

Schon im Mittelalter wurde „siech“ vor allem für die sehr ansteckenden Krankheiten („Seuchen“) benutzt, die weitestgehend mit den fiebrigen Krankheiten übereinstimmen.

Das heute übliche Wort „krank“ bedeutete im Mittelalter noch „alt, krank, schwach, mager, schlecht, gering“. Dieses Adjektiv stammt über das germanische „krangaz“ für „schwach, hinfällig“ von dem indogermanischen „ger“ für „drehen, winden, krumm“ ab und hat ursprüngliche die gebeugt gehenden alten Menschen und somit die Altersschwäche bezeichnet.

I 4. Genesungs-Orakel

I 4. a) Völsungen-Saga

Wie die Lage auch aussehen mag – man soll die Hoffnung nie aufgeben:

So mancher wurde wieder gesund, nachdem nur noch wenig Hoffnung bestand.

I 4. b) Hrolf Kraki und seine Berserker

Es gab Omen und Orakel, die auf den nahenden Tod oder eine Krankheit hinweisen, wobei das Omen selber der Art des Todes bzw. der Krankheit entsprechen. Interessanterweise werden die Krankheiten in dem folgenen Text mit der Erde assoziiert – wegen der Bestattung in der Erde?

Danach stampfte Elch-Frodi mit seinem Huf auf den Felsen neben ihm und sank bis zu der Afterklaue ein.

Da sprach Frodi: „Ich werde jeden Tag zu diesem Hufabdruck kommen und schauen, was ich in dem Abdruck sehe. Wenn Erde in ihm ist, wirst Du an einer Krankheit gestorben sein, wenn es Wasser ist, wirst Du ertrunken sein, und wenn es Blut ist, wirst Du an Waffen gestorben sein und dann werde ich Dich rächen, denn von allen Männern liebe ich Dich am meisten.“

I 4. c) Jakob Grimm: Deutsche Mythologie

1. Genesungs-Orakel

Es gab abergläubische zeichen, aus deren beobachtung man abnahm, ob ein gefährlich kranker unterliegen oder genesen werde, des geschreis, flugs, wendens der vögel ist sschon gedacht. Burchardt führt an, daß man steine aufhebe und nachsehe ob ein lebendiges thier darunter sei: ähnlich ist das aufgreifen einer handvoll erde und forschen nach einem lebendigen wesen darin. Der blick des vogels Galadrôt und die stellung des Todes zu häupten oder zu füßen waren bedeutsame zeichen.

Daß das stehen zu füßen frommte, wuste schon Plinius: ›eundem (ricinum) in augurio vitalium habent. nam si aeger respondeat qui intulerit, a pedibus stanti interrogantique de morbo, spem vitae certam esse; moriturum nihil respondere. adjiciunt, ut evellatur ex aure laeva canis, cui non sit alius quam niger color.‹

Noch heute ist schottischer glaube, wenn man in des kranken auge die männlein nicht mehr sehe, müsse er sterben: in der glanzlosen pupille des brechenden auges spiegelt sich des gegenüberstehenden menschen bild nicht mehr. Schon im angelsächsischen dialog zwischen Adrian und Ritheus: ›saga me, on hvâm mäig man geseon mannes deáđ? ia þe secge, tvege manlîcan beoþ on mannes eágum: gif þû þâ ne gesihst, þonne svilt se man, and biđ geviten ær þrim dagum.‹

Hierzu muß verglichen werden, daß man auch in eines verzauberten menschen augen die κόρη nicht sieht, und sie in einer hexe aug verkehrt oder doppelt stehn soll. Kann ein todkranker nicht verscheiden, so soll man eine schindel auf dem dach wenden, drei ziegeln aufheben oder anderes holes hausgeräthe umkehren. das gleiche mittel wird bei epileptischen und kreißenden angewendet: ›wann es im kreißen schwer hergehet, läßt man den man drei schindeln aus dem dache ziehen und verkehrt wieder einstecken‹.

2. Ahnen

Es sind zwar kaum Hinweis auf heilende Ahnen bekannt, aber durchaus heilende Geister. Diese werden letztlich die Totengeister, also die Ahnen sein.

Wie nun die einzelnen krankheiten und seuchen von göttern oder dämonen verhängt und gesandt wurden, gab es auch besondere mittel und heilungen, die zunächst von solchen höheren wesen ausgiengen. im catholischen volksglauben des späteren mittelalters hatte sich ein förmliches system ausgebildet, welche einzelne heilige und heiliginnen in besondern schmerzen und nöthen fast für jedes glied des leibs angerufen werden sollten.

Unter der menge abergläubischer heilarten zeichne ich folgende aus.

Uralter brauch war es, den siechen zu messen, theils zur heilung, theils zur erforschung, ob das übel wachse oder abnehme. Hierher könnte man schon aus dem buch der könige I. 17, 21. II. 4, 34 nehmen, daß Elias und Elisa über dem entseelten kinde sich messen, und es dadurch wieder beleben. auch das messen der glieder beim lichtergeben auf den altar, obgleich es mehr künftige übel abhalten soll, ist zu erwägen. Im bîhtebuoch wird gefragt: ›ob dû ie geloubetôst an hecse und an lâchenerin und an segenerin, und ob dû tæte daz si dir rieten? und ob dû ie gesegnet oder gelâchent wurde oder gemezen wurde, und ob dû ie bekort wurde?‹ Zu ihrem mann, den sie bethören will, sagt eine frau: ›tuo dich her, lâ dich mezzen‹; alsô lang ich in maz, unz er allez vergaz. eine andre, die ihrem mann einbilden will, daß er ›niht guoter sinne‹ habe, sagt zu ihm:

›sô habt her und lât iuch mezzen,

oh ihtes an iu sî vergezzen‹.

sie was ungetriuwe,

sic nam ir rîsen niuwe.

sie maz in nâch der lenge,

dô was ez im ze enge,

sie maz im twerhes über houpt:

›swaz ich spriche daz geloupt,

blâset dar durch mit gewalt‹,

si nam die rîsen zwîvalt,

›und tret mir ûf den rehten fuoz,

sô wirt iu iuwer sühte buoz;

ir sult iuch in daz bette legen

und sult iuch niergen regen,

biz daz ir derhitzet

und ein wênc erswitzet,

sô ezzet drithalp rockenkorn,

sô wirt iuwer suht gar verlorn.‹

Renner: strecket iuch nider und lât iuch mezzen. Dieses messen wird auch unter den übrigen zaubereien angeführt. Schwangere messen einen docht nach der länge des heiligen bildes und gürten ihn um den leib.

Nach Wiers arzneibuch heißt im Trierischen eine krankheit der nachtgrif (durch den angrif von nachtgeistern hervorgebracht?); um sich ihres daseins zu vergewissern verfährt man so: dem kranken wird sein gürtel um den bloßen leib gezogen, in der länge und breite, dann abgenommen und an einen nagel gehängt mit den worten: ›ich bitte dich, herr gott, durch die drei jungfrauen Margaritam, Mariammagdalenam und Ursulam, du wöllest doch an den kranken ein zeichen geben, ob er den nachtgrif hat‹. hierauf wird nachgemessen, ist der gürtel kürzer als zuvor, so gilt es für ein zeichen der krankheit. Im Liegnitzischen hat fast jedes dorf eine messerin: immer ist es eine alte frau. will man nun wissen, ob bei einem schwindsüchtigen lebensgefahr vorhanden sei, so nimmt sie einen faden und mißt den kranken vom scheitel zur sohle und an den ausgespreizten armen von einer handspitze zur andern. findet sich die länge vom kopf bis zum hacken kürzer als die arme, so ist eine auszehrung da: je weniger der faden für die armlänge zureichen will, desto weiter ist die krankheit vorgeschritten, reicht er nur zum elbogen, so ist keine hilfe mehr.

Die messung wird öfter wiederholt: nimmt der faden zu, und erreicht wieder die rechte länge, so ist die krankheit gehoben. für ihre mühe darf die weise frau nie geld fordern, sie nimmt was man ihr gibt. Nach den märkischen forschungen wird ein weib nackt ausgezogen und mit einem sonntags gewobenen rothen garnfaden gemessen. Man vergleiche das getraide und wassermessen.

Viel vermag das streichen und binden. gemeinlich wird mit der hand, dem kleidermel oder messerrücken der leib der siechen gestrichen, oft auch ein faden um das kranke glied, oder das heilmittel daran gebunden. von diesem binden nachher weiteres.

Wenn einen kranken die weißen leute (białe ludzie) quälen, wird in Polen freitags ein lager von erbsenstroh gemacht, laken gespreitet und der kranke darauf gelegt. dann trägt einer ein sieb mit asche auf dem rücken, geht um den kranken herum, und läßt die asche auslaufen, so daß das ganze lager davon umstreut wird. frühmorgens zählt man alle striche auf der asche, und stillschweigends, ohne unterwegs zu grüßen, hinterbringt sie einer der klugen frau, die nun mittel verschreibt. In der asche drücken sich die spuren der geister ab, wie man auch den erdmännlein asche streut.

Von dem wasserschöpfen und gießen der klugen frau. Segnen des schlags (der apoplexie) mit einer hacke auf der schwelle.

I 4. d) Zusammenfassung

Es gab Omen und Orakel, aus denen man ersehen konnte, ob jemand vom Tod bedroht gewesen ist. Der Vogelflug hat dabei ursprünglich sicherlich einen Bezug zu dem Seelenvogel des Kranken gehabt.

I 5. Präventiv-Medizin

I 5. a) Die sehr hilfreichen Aussprüche des Weisen

Die aktive Pflege der Gesundheit ist wichtig, um nicht krank zu werden. Dazu gehörten damals gute Ernährung und Maßhalten in den eigenen Tätigkeit – Fitness-Training war bei dem damaligen anstrengenden Leben natürlich überflüssig …

Jeder Mann sollte

auf seinen Körper achten,

denn die Gesundheit

ist für die Menschen sehr wichtig –

niemand wird sich seines Geldes erfreuen können,

wenn er nicht gesund ist.

I 5. b) Die sehr hilfreichen Aussprüche des Weisen

Genieße Speise und Trank

niemals in solchem Übermaß,

daß es Deine Kräfte schmälert.

I 5. c) Die sehr hilfreichen Aussprüche des Weisen

Man hat nicht für alle Dinge

genug Kraft und Gesundheit.

I 5. d) Gesta danorum

Kranke Menschen müssen sich mit Geschick Nahrung für ihre Reise beschaffen.

I 5. e) Kormak-Saga

Lange habe ich gelebt

und ich habe mich von den Göttern leiten lassen;

doch ich habe niemals eine braunen Schlauch getragen

um das Glück zu mir zu holen.

Ich habe niemals um meinen Hals

eine Schnur geknotet

um mein Gedeihen zu sichern

– und siehe: Ich lebe!

Mit dem „Schlauch“ ist möglicherweise ein getrockneter Pferdepenis („völsi“) gemeint. Die Szene erinnert ein wenig an die indianischen „Medizinbeutel“.

I 5. f) Zusammenfassung

Maßhalten in Essen, Trinken und Anstrengungen sowie Amulette helfen, die Gesundheit zu erhalten.

I 6. Die Krankheits-Göttin

I 6. a) Sonnenlied

Die Krankheiten werden von Geistern verursacht, die in den folgenden Zeilen „der Hölle Töchter“ genannt werden, womit die germanische Hel, die Nornen und die Walküren gemeint sein werden.

Die Jenseitsgöttin (Hel) wurde zu den Schicksalsgöttinnen (Nornen), diese zu den Schicksalsverkünderinnen (Walküren) und diese schließlich zu „bösen Geistern“.

Die Tage der Krankheit / fühlt’ ich unsanft

Mir um die Hüfte geheftet;

Zerreißen wollt ich sie; / aber sie waren stärker:

Leichter geht sich's lose.

Allein wußt' ich, / wie überall

Mir die Schmerzen schwollen.

Heim luden mich / der Hölle Töchter

Graunvoll alle Abend.

Der Sprecher erlebt die Krankheit wie eine Fessel und wäre gerne frei („lose“) von ihr.

I 6. b) Zusammenfassung

Hel als die Göttin des Todes wurde mit der Zeit auch zu einer Göttin der Krankheiten – ihre Assoziation mit der christlichen „Hölle“, die ursprünglich die „Höhle“, d.h. die Grabkammer eines Hügelgrabes gewesen ist, sowie ihre Umdeutung zu „des Teufels Großmutter“ haben diese Entwicklung sicherlich sehr gefördert.

I 7. Der Krankheits-Riese

I 7. a) Runen-Zauberspruch von Canterbury

Da sich Tyr als Riese in der Unterwelt nach seiner Absetzung als Göttervater um 500 n.Chr. in seiner Gestalt als Tyr-Riese zum Inbegriff des Bösen und Schädlichen umgedeutet worden ist, ist es unvermeidbar gewesen, ihn auch als Krankheitsverursacher anzusehen.

Kuril, Wunden-Jäger,

geh fort! Du bist gefunden worden!

Thor weihe Dich,

Herr der Trolle,

Kuril Wunden-Jäger!

gegen Blutgefäß-Eiter

„Thor weihe Dich!“ bedeutet hier sicherlich „Thor schlage Dich mit seinem Hammer!“, da Thor mit seinem Hammer weiht und hier mit „weihen“ eine Schädigung gemeint sein muß – die Germanen schätzten selbst bei Heilungen diese Art von derber Ironie …

Geschlagen wird von Thor stets der Thor-Riese (oder die Jenseitsgöttin als Tochter des Tyr-Riesen), was bedeutet, daß „Kuril“ ein Name des Tyr gewesen sein muß. Evtl. ist „Kuril“ aus dem angelsächsischen „ceorl“ für „Mann, Bauer“ entstanden.

Der „Herr der Trolle“ kann nur der Tyr-Riese sein – Tyr wurde auch „König der Alfen“ genannt. Sowohl die Trolle als auch die Alfen sind ursprünglich die Totengeister gewesen – und Tyr war der „Herr des Totenreiches“.

Die letzte Zeile ist der Indikationshinweis für diesen Zauberspruch – er ist gegen Eiter und vermutlich auch gegen Wundfieber gedacht.

„Wunden-Jäger“ bedeutet, daß Kuril die Wunden heimsucht, d.h., daß er sie eitern läßt und das damit manchmal verbundene Fieber verursacht.

I 7. b) Sigtuna-Amulett