Magierbund - Uwe Balzereit - E-Book

Magierbund E-Book

Uwe Balzereit

4,8

Beschreibung

Magierbund 1 Ellion Adam, der bis dato ohne Sorgen aufwuchs und das Leben leichtnimmt, muss sich der Verantwortung stellen. Dass er in der Lage ist, Magie zu weben, verunsichert ihn zunächst. Doch mit Emiliana als Behüterin an seiner Seite begibt er sich auf eine ungewisse Reise zu großen Abenteuern voller Missgunst, Krieg und Leid, aber eben auch der wahren Liebe...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 198

Veröffentlichungsjahr: 2017

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
15
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Das Buch

Adam, der bis dato ohne Sorgen aufwuchs und das Leben leicht nimmt, muss sich der Verantwortung stellen. Dass er in der Lage ist, Magie zu weben, verunsichert ihn zunächst. Doch mit Emiliana als Behüterin an seiner Seite begibt er sich auf eine ungewisse Reise zu großen Abenteuern voller Missgunst, Krieg und Leid, aber eben auch der wahren Liebe...

Der Autor:

Uwe Balzereit, 1969 in Schwerin geboren, ist Vater von 3 Kindern und wohnt in der kleinen Stadt Güstrow in Mecklenburg Vorpommern. Inspiriert durch seine eigenen Lagerfeuergeschichten in Ferien- und Jugendfilmcamps brachte er die dort erzählten Abenteuer vom „Magierbund“ nun zu Papier.

Einband und Karte: www.gregor-reisch.de

Zeichnungen: Sabrina Pahlke

Lektorat und Satz: www.mandy-kommoss.de

INHALTSVERZEICHNIS

Prolog

Farions Geschichte

Das Versprechen

Dämonen

Hilfe in der Nacht

Undine

Der magische Eid

Auf neuen Pfaden

Erste Versuche

Elfen

Die Prüfung

Eine neue Welt

Erinnerungen

Neue Schritte

Schwarzfels

Trunan

Zwerge

Zwergenvolk

Rückkehr zu den Elfen

Ellion

Für Josephine

PROLOG

Laut war es in der großen Halle. Das Stimmengewirr übertönte die Person, die am Rednerpult verzweifelt versuchte, sich zu behaupten. Mithilfe von Magie beobachtete sie das Durcheinander und setzte nun mit unmenschlich lauter Stimme an: »Ruuuhe! So hört doch zu!« Schlagartig war es still im Ratssaal. Alle Augen richteten sich auf Olidir, dem Ältesten des Rates.

»So hört mir zu! Die Prophezeiung sagt uns doch genau, was wir tun müssen. Fortschritt und Entwicklung in dieser Form dürfen nicht passieren! Wir können nicht zulassen, dass ein Magier nochmals so mächtig wird. Völker wurden vernichtet, weil wir es einst gebilligt haben, dass ein Einzelner von uns Mächte gerufen hat, die nicht zu kontrollieren waren. Wir haben zugelassen, dass unser aller Wissen missbraucht wurde! Es ist vorhergesagt, dass ein weiterer großer Magier hervorgehen wird. Allerdings werden wir diesmal Einfluss nehmen und seine Entwicklung wie auch die Entwicklung derer, die mit ihm verbunden sind, genau beobachten. Alles um sie herum muss zeitlichen Begrenzungen unterliegen, nur so können wir gezielt ein Erwachen des Bösen erkennen und es auch bekämpfen. Kein weiteres Mal dürfen wir zulassen, dass eine ganze Welt am Abgrund steht und wir nahezu machtlos zusehen.«

Olidir schaute in die Runde. Fast alle Plätze in dem riesigen alten Saal waren besetzt. Magier aus allen Welten waren hier versammelt. Der Hohe Rat rief sie zusammen, nachdem das hiesige Land einen Krieg der Dämonen erfuhr, dem Millionen zum Opfer fielen. Nur durch Besonnenheit und Zusammenhalt gelang es, das Übel zu beseitigen und alle Portale zu säubern. Portale, durch die Wesen einbrachen dunkler als die Nacht. Sie brachten Tod und Zerstörung.

Olidir hob erneut zu sprechen an: »Ich schlage deshalb vor, dass das Buch der Elemente zweigeteilt wird. Durch das Los soll entschieden werden, wer es bewahrt. Auch empfehle ich, dass der Stab der Elfen wieder in die Obhut der Elfen kommt und das Schwert Trunan soll zurück in den Schwarzfels gebannt werden, wo es einst herkam. Die Festung der Flüche soll fortan Zentrum für diejenigen sein, die Gutes mit Magie bewegen wollen. Hier werden wir die Magie zu lenken üben und uns weiterbilden zum Wohle aller Welten.«

Ein Raunen ging durch die Reihen. Viele Köpfe nickten stumm voller Zuspruch. Der Rat der Ältesten erhob sich und so wurde es beschlossen.

Von nun an war die Welt ARIDA vom Lauf der Zeit abgeschnitten. ARIDA wird seither durch jeden Magier hier in der Festung der Flüche bewacht und gelenkt.

Hier beginnt die Geschichte eines Jungen, der noch kein Mann war, in einer Welt, in der die Zeit merkwürdige Dinge hervorbrachte. Eine Welt voller Magie und Gefahren, die das Leben eines jeden veränderte.

FARIONS GESCHICHTE

Der Abend war noch jung. Dennoch war es jetzt an der Zeit, die Arbeit niederzulegen und für den neuen Tag auszuruhen. Am Horizont konnte man die untergegangene Sonne noch erahnen. In einem langen Bogen färbte sich der Himmel goldgelb bis fast tiefrot. Auch der Wind schlief bereits und einige Schwalben glitten durch die Luft über den ruhigen See, um Insekten zu erbeuten, die jetzt zahlreich schwärmten.

Das Dorf war zu klein und zu abgelegen, als dass sich hier jemals einer hin verirren würde. Selbst die fahrenden Händler kamen nur einmal im Jahr vorbei.

Abgeschirmt von all dem Fortschritt, den die Welt bereits erfahren hatte, schien es, als stünde hier im Dorf die Zeit still. Man hatte seine Bewohner wohl schlichtweg vergessen und das über mehrere Generationen hinweg. Als weißer Fleck auf der Karte des Reiches waren sie somit auf sich allein gestellt und verbrachten ihr Leben in ihrer eigenen Gemeinschaft.

Nicht jedes Dorf hatte einen Barden oder Erzähler, der durch das Land zog und von fernen Welten und Abenteuern berichten konnte, doch Henry, einer der Alten, war bekannt für seine Geschichten, die er immer vorbrachte, als hätte er sie selbst erlebt.

Die anderen machten es sich bequem und steckten die müden Beine lang aus. Man spürte zwar noch die wohlige Wärme, die die Sonne vom Tag zurückließ, doch brannte hier am See schon ein anständiges Feuer. Das Holz knackte und sprühte dabei Glühwürmchen in die Luft. Eine Leier spielte leise Musik und ein Kessel, aus dem es köstlich duftete, hing über den Flammen. Krüge mit Wein und anderen aromatischen Getränken gingen um.

Hier im Dorf mussten alle mit anpacken, um den harten Winter zu überstehen. Nach zwei schlechten Ernten sah es nicht gut aus mit den Vorräten. Das durfte dieses Jahr nicht wieder passieren, also wurde das wenige noch wachsende Getreide und Gemüse gehegt und gepflegt.

Heute aber genossen die Menschen am Feuer den Augenblick der Ruhe nach einem arbeitsreichen Tag. Die Zeit war gekommen und Henry begann, seine Geschichte zu erzählen.

Ihr werdet es nicht glauben. Vor langer Zeit gab es an diesem Ort ein Ereignis, von dem heute nur noch die Alten wissen. Einst lebte bei uns im Dorf ein Junge, der den Namen Adam trug. Adam war um die 20 Jahre jung und in den Augen der Mädchen eine anziehende Erscheinung. Mit seinem braunen Haar und den grauen Augen sahen sie in ihm etwas Besonderes. Anstatt einer Arbeit nachzugehen, stellte er den Mädchen auch fortwährend nach und umgarnte sie mit kecken Sprüchen. Schnell machte er sich im Dorf einen schlechten Ruf.

Eines Abends im Wirtshaus erfuhr einer der Dorfbewohner, dass Adam sich um seine Tochter bemühte und das nicht mit ehrenvollen Absichten, sondern um ein „Abenteuer“, wie er es so oft nannte, zu erleben. Angetrunken dank einer beachtlichen Menge Bier kam der Vater wutentbrannt aus dem Wirtshaus getorkelt, um mit Adam Klartext zu reden, denn was genug ist, ist genug!!! Seine Tochter war bereits versprochen, das Aufgebot bestellt und am Rathaus angezeigt!

Dort! Adam lief über den Dorfplatz, adrett angezogen und ordentlich frisiert. Wie man ihn kannte.

Der Alte rief: »Eh, du! ADAM!«

Adam drehte sich zu der Stimme um, die ihn da rief. »Oh nein! Undines Vater!« Adam konnte schon am Gesichtsausdruck erkennen, dass dessen Laune auf dem Tiefpunkt war. Er beschleunigte seine Schritte. Stark genug, um einer solchen Wut standzuhalten, war er eben nicht, das wusste Adam, daher wollte er diesem Unterfangen besser aus dem Weg gehen. Undines Vater schäumte vor Wut! »Du Bengel entkommst mir nicht! Heute wird abgerechnet!« Adam erschrak, wie schnell er doch eingeholt wurde und in diesem Moment packte der Mann ihn auch schon und warf ihn zu Boden. Mühsam rappelte er sich auf. Adam bekam es mit der Angst zu tun.

»Wenn ich dich noch einmal in der Nähe meiner Tochter sehe, dann Gnade dir Gott!«, brüllte der Alte. »Aber ich liebe Eure Tochter!«, rief Adam. Seine Stimme war mehr ein Krächzen als die eines Mannes.

»Du meinst du liebst sie?«, fragte der Vater. »Du willst doch nur deinen Spaß haben und dann bist du weg. Das hört auf, sofort! Du befleckst nicht weiter die Ehre unserer Familie!«

Mittlerweile bemerkten auch die anderen Dorfbewohner den Tumult. So wurde eine Kerze nach der anderen entzündet und die Fensterläden wurden aufgeklappt, um zu sehen, was dort vor sich ging.

Undines Mutter kam herbeigeeilt und zerrte an ihrem Mann. »Komm nach Hause! Schon wieder hast du zu viel getrunken!«, rief sie aufgebracht.

Undines Vater war außer sich. »Ich muss das klären! Undine ist einem anderen versprochen und er soll sich fernhalten, dieser Taugenichts!«

Adam, der seine Kleider säuberte und glatt strich, schaute betroffen zu den Leuten, die sich inzwischen versammelt hatten. »Oh Mann«, dachte er, »wie komme ich aus dieser Misere nur wieder raus«, als dann auch noch Undine kam und direkt auf ihn zuhielt. Kaum stand sie vor ihm, flog auch schon ihre flache Hand durch die Luft und traf Adam mitten ins Gesicht. »Diese Ohrfeige hast du dir verdient!«, rief sie und ihre Stimme überschlug sich dabei. „Mir machst du schöne Augen und nebenher bandelst du mit Emiliana an!?“ Adam stieg die Röte ins Gesicht, nur dort wo Undines Hand gelandet war, war alles strahlend weiß. Während dieses Weiß sich zusehends in ein tiefes Rot wandelte, erkannte er einen Ausweg.

Adam drehte sich zu Undines Eltern, die die Szene mit Erstaunen beobachtet hatten. »Ich verspreche, dass ich mich von Eurer Tochter fernhalten werde! Und Undine«, er sah sie an. »Mit uns konnte es niemals etwas werden, denn deine Eltern hätten dem zu keiner Zeit zugestimmt. Bitte verzeih mir!« Er drehte sich um und verschwand schnell in der Dunkelheit.

Undine brach in Tränen aus. Sie hatte Adam wirklich geliebt und nun solch eine Schmach vor all den Leuten hier im Dorf. Undines Mutter rührte sich aus ihrer Starre und nahm Ihre Tochter in den Arm, um sie dann leise Trost zuredend nach Hause zu bringen. Undines Vater folgte fluchend und mit leicht schaukelndem Gang.

So leerte sich dann auch der Dorfplatz wieder, die Ruhe kehrte zurück. Fensterläden schlossen sich quietschend und die Lichter wurden gelöscht. Stille senkte sich über alles. Die Nacht brach herein.

DAS VERSPRECHEN

Emiliana, so glaube mir doch! Es ist nicht, wie du denkst! Emiliana ich liebe dich und möchte dich heiraten! Bitte versteh doch! Ich weiß, dass du mir nicht trauen kannst nach den Geschehnissen letzte Nacht, aber bitte versuche doch, mir zu glauben, dass ich nur dich liebe! Bitte Emiliana, bitte!«

Er lag Emiliana zu Füßen und sogar Tränen rannen über sein Gesicht. Emiliana schob ihn sanft von sich. »Ich denke, es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen.« Verzweifelt nahm Adam nochmals ihre Hände in seine und schaute ihr in die Augen. »Bitte glaube mir!«, flehte er.

»Was tut er mir nur an?«, dachte Emiliana verzweifelt. Natürlich mochte sie Adam, doch gab es kaum ein Mädchen im Dorf, das solch Versprechen nicht schon von ihm gehört hatte. Wie sollte sie herausfinden, ob er es ernst mit ihr meinte?

Sie öffnete seinen Hände, entzog ihm ihre Finger und sprach: »Adam, bemühe dich um eine redliche Ausbildung und zeige mir, dass du treu sein kannst. Hierfür gebe ich dir drei Monate Zeit, so lange werde ich auf dich warten. Sollte sich bis dahin nichts geändert haben, möchte ich dich niemals wiedersehen. Ja, ich werde sogar den Dorfschulzen auf dich hetzten! Also bedenke, wer und was dir wichtig ist.« Mit diesen Worten strich sie ihren Rock glatt, ließ Adam völlig verdutzt stehen und ging heim.

»Oh, was soll ich nur tun?«, dachte Adam. Er mochte ihre grünen Augen, die ihn von Anfang an verzaubert hatten, ihr weiches schwarzes lockiges Haar und ihre schlanke Gestalt. Aber deswegen sein Leben aufgeben? Deshalb alles ändern und erwachsen werden?

Zu Hause angekommen wunderte er sich. Überall standen Kisten, Taschen und große Koffer.

»Was ist hier los?«, rief Adam erstaunt. »Was geht hier vor?«

Sein Vater kam aus der Küche. »Junge, wir werden in die Stadt gehen, denn ich habe dort eine Stelle als Gelehrter an der Universität angenommen und darf meinen Wissenschaften nachgehen. Deine Mutter ist bereits dort, sie richtet alles für uns her. Du wirst bei mir in die Lehre gehen und es zu etwas bringen! Viel zu lange habe ich zugesehen, wie du dein Leben wegwirfst!«

Träumte Adam? Was ging nur vor sich? Ging denn jetzt alles unter? Verwirrt blickte er sich um. Nein, es war kein Traum. Sein Leben änderte sich tatsächlich.

»EMILIANA«, dachte er schlagartig!

»Vater! Nein! Bitte, das könnt Ihr nicht tun!«, rief Adam voller Verzweiflung.

Seine Papiere ordnend blickte Adams Vater durch seine kleine Brille. Sonnenstrahlen blitzten kurz auf die immer sauber polierten Rahmen der Brille. Seine Stirn zog sich kraus und sein Gesicht drückte alles andere als Freude aus. Adam verstand.

»Bitte Vater, gebt mir nur drei Monate, dann gehe ich gerne mit Euch und werde die Ausbildung ganz sicher beginnen. Mir ist hier etwas sehr wichtig und das muss ich zuvor klären.«, flehte er.

»Also gut.«, sagte Adams Vater. »Aber ich muss meine Experimente rechtzeitig beginnen und so sehen wir uns dann nur an den Wochenenden. So lange kannst du im Dorf bleiben. Du fährst dann aber mit dem letzten Wagen mit, keinen Tag später!«

Während des Essens trommelte Adam nervös mit den Fingern auf die Tischplatte oder rührte mit der Gabel auf seinem Teller umher, ohne es zu bemerken.

»Adam, was ist los mit dir? Was träumst du so?«, fragte sein Vater. »Ach nichts, ich war nur in Gedanken.«, antwortete er. »Die Träumerei werde ich dir schon austreiben, sobald du in der Stadt bist. So und nun iss! Sieben Tage bin ich unterwegs, da wird es so eine gute Küche nicht geben. Danach hilf die restlichen Sachen aufzuladen! Die Arbeit macht sich nicht von allein!«

Widerwillig ging Adam in den Hof, wo eine Unmenge an Kisten und Koffern auf den Wagen verladen wurden. Den Helfern klebte vor Anstrengung bereits die Kleidung am Körper, aufgewirbelter Staub legte sich auf ihre Haut, so dass sie aussahen, als wenn sie den Ofen reinigen würden.

»Was glotzt du so?« Schweißtropfen rannen über das Gesicht des großen Mannes, der vor ihm stand. »Pack mit an und steh hier nicht so blöd rum, sonst mach ich dir Beine!«

Adam ging schnell auf einen Berg mit Kisten zu und trug diese zum Wagen. Murrend setzte der Mann sich ebenfalls wieder in Bewegung.

Adam bedauerte es, sich neu eingekleidet zu haben. Schon nach kurzer Zeit war alles völlig verstaubt und durchgeschwitzt. Dazu kam, dass er sich ein langes Loch ins Hemd gerissen hatte, als ihm eine der schweren Holzkisten aus den Händen glitt. Eine Hand landete auf seinem Hinterkopf und jemand schimpfte: »Du Dummkopf, nicht einmal richtig anpacken kannst du!«

Nachdem die Arbeit getan war, eilte er ins Haus und sah sich noch einmal in seinem Zimmer um. »Sein Zimmer«, dachte er. Es war leer hier, wie auch sein Leben leer sein wird. Einzig der große Holzschrank mit dem liebevollen Blumenmuster und den feinen Schnitzereien, auf den er schon als Kind gekrabbelt war, um sich zu verstecken, stand hinter dem Stuhl, auf dem nur noch die wenigen Kleidungstücke lagen, die er für die Reise benötigte. Noch drei Monate dann sollte er dies alles hier zurücklassen? Er würde sie vermissen, die vielen Jahre, die er hier verbracht hat. Adam bemerkte es noch nicht, doch der erste Schritt zum Erwachsenwerden war getan.

Die Wochen gingen ins Land. Wenn man auf dem Land tagein tagaus arbeitet, vergeht die Zeit wie im Flug. »Noch zehn Tage, dann sind die drei Monate vorbei«, dachte Adam. »Doch wie erkläre ich es Emiliana nur, dass ich weggehen muss? Wie überzeuge ich sie davon, dass sie mit mir kommt? Wird sie mir glauben? Und was würde sein Vater sagen?« All diese Fragen begleiteten ihn.

Vater Malkier hatte ja seine Stelle in der Universität. Doch auch an den Wochenenden, an denen sie sich sahen, war er immer nur über die Papiere gebeugt und murmelte so etwas wie »Es werden meine Geschöpfe sein… Ein Werkzeug der Macht… Alle werden mir zu Füßen liegen…!« vor sich hin. Adam begann schon, am Verstand seines Vaters zu zweifeln und seine Mutter machte sich ebenfalls Sorgen. Malkier hatte einen schlechten Ruf an der Universität, er sei zu streng mit seinen Schülern, erprobte nur seine Experimente und hielt sich an keinen Unterrichtsplan. »Was mag es nur sein, das ihn so verändert hat? Wären wir doch nur im Dorf geblieben, mein lieber Sohn.«, sagte sie einmal zu Adam.

Er bekam zwar viele Aufgaben von seinem Vater, aber ein Studium war es nicht, was er hier begonnen hatte. Er absolvierte wohl lediglich eine Ausbildung zum Laufburschen statt den Erwerb irgendeiner Qualifikation. Adam durfte niemals bei den Forschungen dabei sein, immer musste er das riesige Labor seines Vaters zuvor verlassen.

»Vater, wieso lässt du mich nicht teilhaben?«, fragte er eines Tages. »Wie soll ich deine Wissenschaft lernen, wenn ich niemals zusehen darf?« Adams Vater drehte sich zu ihm und sein Gesicht wurde zu einer wütenden Grimasse. Adam wusste, das verhieß nichts Gutes. »Wenn ich dir sage, dass du gehen sollst, dann tust du das auch!«, schrie er. Seine immer ordentlich glatt gekämmten Haare fielen ihm ins Gesicht und verliehen ihm dazu einen irren Ausdruck. Adam erschrak. So hatte er seinen Vater noch nie erlebt.

»Dann mache deine Sachen in Zukunft ohne mich!«, schrie Adam zurück. »Du lebst nur noch für deine Wissenschaft. Wir, Mutter und ich und alle anderen sind dir doch völlig gleichgültig geworden! Ich werde gehen, Vater!«

Malkier bebte vor Zorn. Wütend räumte er mit einem Arm seinen Labortisch ab. Krachend fielen Apparaturen zu Boden und Glassplitter flogen durch die Luft. Verschiedene Chemikalien bahnten sich dampfend einen Weg über den Boden. »Geh mir aus den Augen, du Nichtsnutz! Du zeigst keinen Respekt und zweifelst an meinem Können? HINAUS! Ich will dich hier nicht mehr wiedersehen!« Dabei fuchtelte er wild mit den Armen und warf Adam noch seinen Stift hinterher, der krachend einen blauen Tintenfleck neben ihm an der Wand hinterließ.

Adam warf die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zu und überlegte: Was war das nur? Das war doch nicht sein Vater. Was ist nur mit ihm passiert? Wenn er auch immer schon streng war, hatte er vorher dennoch immer Zeit für seine Familie. Wie konnte man sich in nur drei Monaten so verändern? Jetzt verstand er, weshalb er seine Mutter nachts leise weinen hörte.

Ohne es zu bemerken war er zu Hause angekommen. Seine Mutter öffnete ihm die Tür. Sie hielt ein Papier in der Hand und hatte Tränen in den Augen.

»Mutter, was ist los? Was ist passiert? Warum weinst du?«

»Ach Adam«, schluchzte sie und nahm ihren Jungen fest in den Arm.

»Was hast du da?« Schweigend reichte sie Adam den Brief. Er trug das Wappen der Universität.

Sehr geehrter Herr Professor,

zum wiederholten Male müssen wir Sie auffordern, Ihr Labor zu räumen. Die von Ihnen in Auftrag gegebenen Mittel sind von uns nicht bewilligt worden und wurden dennoch von Ihnen nach der vor vier Wochen angewiesenen fristlosen Kündigung Ihrer Stellung unberechtigter Weise geordert. Den offenen Betrag von 13.000 Talern fordern wir umgehend zurück. Sollten sie dieser Aufforderung nicht Folge leisten, sehen wir uns gezwungen, Ihr Hab und Gut zu pfänden.

Hochachtungsvoll

Geheimrat Märtens

Universitätsdoktor

Adam verschlug es die Sprache. Was hatte sein Vater getan? Er blickte seine Mutter an, die zusammengesunken auf ihrem Stuhl saß, die Hände im Schoß, wo sie mit den schlanken Fingern nervös das von Tränen feuchte Taschentuch nestelte. »Mein Junge, ich weiß es nicht. Dein Vater hat all unsere Ersparnisse für seine Experimente aufgebraucht! Wir sind fast mittellos.« Wieder brach sie in Tränen aus.

»Mutter wir gehen nach Hause. Komm, pack die wichtigsten Sachen ein!« Adams Mutter blickte auf.

»Was meinst du mit ‚nach Hause‘? Hier ist nun unser Heim.«

Adam drehte sich zu ihr, ging in die Hocke, um seiner Mutter in die Augen zu schauen. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sagte mit fester Stimme:

»Mutter, wir waren hier niemals zu Hause! Vater wollte es so, wir aber gehören hier nicht her.«

Sie reichte Adam eine aus schwarzem Glacéleder bestehende Geldbörse. Sie war edel verziert und hatte einen goldenen Verschluss. „Junge, hier nimm das und geh.“ Adam öffnete die Börse. Mit einem leichten Knacken sprang sie auf. Sie war vollgestopft mit Papieren, Eigentumsurkunden über den Grundbesitz eines Waldes mit Gebäuden nah am See. Dazu noch jede Menge Taler.

Adam erschrak. »Mutter, was soll das? Wo ist das her und weshalb gibst du es mir?«

Sie blickte ihn traurig an. »Ich kann hier nicht weg, Sohn. Ich muss auf deinen Vater achten. Du bist alt genug. Nimm deine Sachen und geh! Du findest eine Karte, die dir den Weg zeigen wird. Wir sehen uns wieder. Ich liebe dich.«

Ihr liefen die Tränen in Bächen übers Gesicht und auch Adams Blick verschleierte sich. In so kurzer Zeit konnte sich alles verändern, er verlor sein Zuhause, seinen Vater und nun auch noch seine Mutter. Er sollte fortgehen, allein.

»Nein!«, dachte er. »Ich werde Emiliana mitnehmen. Ich muss zu ihr. Ich darf sie nicht auch noch verlieren!«

Wenn auch alles in ihm in Aufruhr war, so war der Gedanke, dass er zurück ins Dorf fuhr, doch beruhigend, denn hier in der Stadt war alles so anders. Die vielen Menschen, all das Licht in der Nacht, die merkwürdigen Maschinen, die wie durch Magie betrieben durch die Gegend fuhren und Menschen transportierten. Er kam nicht umhin zu bemerken, dass die Zeit in seinem Dorf bestimmt um zweihundert Jahre einfach stehengeblieben war. Die Leute in der Stadt schauten ihn wegen seiner Kleidung merkwürdig an, die ja längst nicht mehr der Mode entsprach. Sein Vokabular und seine Art zu reden klangen hier eher altertümlich und deshalb wurde er auch oft belächelt. Doch Adam scherte sich nicht darum, obwohl es schon manchmal etwas wehtat. Die Stadt verwirrte ihn und er war froh, all das hinter sich zu lassen. „Sollen sie doch mit ihrem Fortschritt machen, was sie wollen“ dachte er. „Ich geh nach Hause! Ich gehe zu Emiliana!“

Das war sein Antrieb. Schon morgen würde er sich einen Wagen kaufen und losfahren. Die Leute im Dorf würden staunen, wenn er, der Taugenichts, mit einem Wagen ankam.

Sieben Tage dauerte die Fahrt. Sie war anstrengend, doch das war Adam egal. Er würde Emiliana sehen und nur das allein zählte für ihn.

DÄMONEN

Nichts hatte sich verändert. Alles sah aus, als wäre er nie weg gewesen. Im Dorfkrug nahm er sich ein Zimmer. »Kannst du das denn auch bezahlen?«, fuhr der Wirt ihn an. Adam gab ihm zehn Taler im Voraus. »Das genügt für fünf Tage einschließlich Speisen. Gleich oben links das erste Zimmer.«, gab der Wirt klein bei und verschwand in die Küche. »Tolle Begrüßung!«, dachte Adam. Er bestellte ein Bad, dann Essen und ein Bier.

Sauber und gestärkt verließ er das Wirtshaus. Er wollte sehen, was aus dem Dorf geworden ist. »Oh, unser Adam ist wohl ein hoher Herr geworden«, unkte der Hufschmied Lorin. »Und so adrett gekleidet! Welcher Schönen willst denn heute den Kopf verdrehen?« Er lachte laut und machte sich dann wieder an seine Arbeit. Andere schauten zu ihm herüber und tuschelten leise, doch Adam störte das nicht.

Viele seine Freunde waren nicht im Ort, hatten eine Lehre begonnen oder waren auf Wanderschaft. Also ging er schon bald zurück ins Wirtshaus.

Die Schankstube war zu dieser Zeit recht belebt. Im Kamin tanzte ein Feuer, daneben saß ein Barde und sang Lieder von fernen Ländern, fliegenden Maschinen und all so ein Zeugs. An einem Tisch wurden lautstark Karten gespielt. Er setzte sich in eine Ecke des Raumes, bestellte sich ein Bier und lauschte der Musik. Ein Barde war sehr selten hier.

Marie bediente die Gäste, kam auf Adam zu und fragte: »Möchtest du vielleicht auch noch etwas essen, Adam?« Sie schaute mit so lieben Augen, beugte sich tief zu ihm hinunter und raunte »Ich bin gerne für dich da.«