Marek - Ein Zuhause finden - J. Walther - E-Book

Marek - Ein Zuhause finden E-Book

J. Walther

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Beschreibung

Marek verbringt sein Leben damit, alte Häuser instand zu setzen. Als ihm der neue Besitzer einer Villa den Innenarchitekten Tomek vor die Nase setzt, ist er zuerst wenig begeistert. Schnell zeigt sich jedoch, dass sie sich gut verstehen, wenn es um die Ausstattung von Häusern geht – und nicht nur das. Doch kann sich Marek endlich wirklich auf jemanden einlassen und ein Zuhause für sich selbst finden?

Diese völlig unabhängige Geschichte spielt einige Jahre nach dem Roman »Benjamins Gärten«, in dem Marek zuerst in Erscheinung tritt.

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Table of Contents

Title Page

| Inhalt |

Motto

| 1 |

| 2 |

| 3 |

| 4 |

| 5 |

| 6 |

| 7 |

| 8 |

| 9 |

| 10 |

| Nachwort |

Impressum

Leseprobe aus Benjamins Gärten

Buchtipp

 

 

J. Walther

 

 

Marek - Ein Zuhause finden

Erzählung

 

| Inhalt |

 

Marek verbringt sein Leben damit, alte Häuser instand zu setzen. Als ihm der neue Besitzer einer Villa den Innenarchitekten Tomek vor die Nase setzt, ist er zuerst wenig begeistert. Schnell zeigt sich jedoch, dass sie sich gut verstehen, wenn es um die Ausstattung von Häusern geht – und nicht nur das. Doch kann sich Marek endlich wirklich auf jemanden einlassen und ein Zuhause für sich selbst finden?

 

Diese völlig unabhängige Erzählung spielt einige Jahre nach dem Roman »Benjamins Gärten«, in dem Marek zuerst in Erscheinung tritt.

 

 

 

 

 

Das Haus kann sein Alter atmen. Ich sehe jetzt besser als je, warum Marek die Details so wichtig sind. Die Villa ist schön, alt, stolz und noch sie selbst.

Benjamins Gärten

 

 

 

 

 

| 1 |

 

»Ich mache meine Häuser immer selbst fertig«, sagte Marek, so ruhig es ihm möglich war. Der neue Besitzer der Villa hatte ihm gerade mitgeteilt, dass er einen Innenarchitekten für die endgültige Gestaltung der Räume engagiert hatte. Und da lag das Problem – der neue Besitzer. Marek hatte das Haus schon verkauft, bevor er komplett damit fertig war. Die Größe der Villa und ihr Zustand waren ihm über den Kopf gewachsen, hatten sein Budget gesprengt.

Er war froh, als der wohlhabende, kultivierte Fabrikant sich für den Erwerb interessierte. Der schien begeistert von dem Haus, von den Details, die wieder zum Vorschein gekommen waren. Marek hatte gedacht, dass er es zu schätzen wissen würde. Und nun hatte er einen Innenarchitekten hinzugezogen.

»Sehen Sie«, versuchte er es noch einmal, »ich kenne mich damit aus, habe ein Konzept, wie ich die Räume instand setze, die Atmosphäre erhalte.«

»Sie haben das wunderbar gemacht. Es geht doch nur darum, dass ein Fachmann noch einmal einen anderen Blick darauf hat.«

So war es also. Ausgebootet in seinem eigenen Haus. Nein, das war es nicht mehr, er musste sich davon lösen. Weiterziehen zu einem neuen Objekt. Aber er hatte noch kein neues Haus gefunden. Er war mit diesem noch nicht fertig. Da waren so viele Feinheiten, die er noch hatte erledigen wollen. Aber er konnte nichts mehr sagen, er musste sich geschlagen geben.

Als der neue Besitzer gegangen war, streifte Marek ziellos durch die Räume. Die Villa erinnerte ihn an die in Benjamins Dorf, die, die er renoviert hatte, als er mit Benjamin … Dabei war diese hier viel größer und einst auch prächtiger gewesen. Doch die nun ihres Schmuckes beraubten Räume waren ebenso hell und lichtdurchflutet wie die der anderen Villa.

Und dann war da der Garten, der ihn an das andere Haus erinnerte. Große alte Rhododendronbüsche im Vorgarten und hinter dem Haus Obstbäume und hohes Gras. Die Obstbäume schienen nicht zu einem Villengarten zu passen. In den Unterlagen hatte er einen Brief gefunden, der verriet, dass die Besitzer im letzten Kriegsjahr die großen Parkbäume, Buchen und eine Platane, fällen ließen, um das Holz zu verheizen. Statt der nutzlosen Zierbäume pflanzten sie dann welche, die die Versorgung mit Obst sichern sollten.

Diese Obstbäume waren nun alt, waren nicht angetastet worden, auch als das Haus zu DDR-Zeiten ein Kinderheim beherbergte. Anders als das Interieur der Villa, das fast komplett verschwunden war – Zierleisten, Stuck, Wandverkleidungen, Geländer. Alles war einem Drang zum Gleichmachen, vielleicht aber auch nur dem allgegenwärtigen Mangel geopfert worden. Doch nein, Mangel konnte nicht erklären, warum man Verzierungen entfernte. Einige Teile der dunklen Holzverkleidung hatte er im Kohlenkeller gefunden, wo sie als Abtrennung gedient hatten. Nun waren sie aufgearbeitet und an ihren Standort zurückgekehrt, auch wenn sie nur eine Wand des Raumes bedeckten.

Eigentlich war es schwer nachzuvollziehen, warum ihn diese prächtige große Fabrikantenvilla an die kleine schlichte Villa in Benjamins Dorf erinnerte. Eines seiner liebsten Häuser. Doch natürlich liebte er sie alle, jedes einzelne seiner Häuser. Jedes, das er mit seinen eigenen Händen instandgesetzt hatte. Dessen Details er wieder hervorgelockt hatte. In dieser Villa waren einige der alten, mit Sprossen unterteilten Fenster zu DDR-Zeiten durch große, völlig unpassende ersetzt worden. Ein Tischler hatte die originalen Fenster rekonstruiert – ein teures Unterfangen.

Marek ging durch die leeren Räume in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Hier gab es nur eine Spüle, eine Herdplatte, die auf dem Boden stand und etwas Geschirr in einer Kiste. Er brauchte nicht viel, stellte nie Unnützes in seine Häuser.

Er brachte Wasser zum Kochen und brühte den Kaffee in der Tasse. Mit diesem verließ er die Küche. In dem langen Gang bei den Wirtschaftsräumen fiel sein Blick auf den Boden. Unter scheußlichem Linoleum war der originale Belag zum Vorschein gekommen, schwarze und weiße Fliesen, rhombenförmig angeordnet mit einer schönen Bordüre. Marek war stolz auf solche Entdeckungen, einige beschädigte Fliesen hatte er ersetzt – für so etwas hatte er Quellen.

Marek ging zurück durch die Räume bis zu einem großen Erker. Das Licht des frühen Abends fiel warm durch die großen Fenster. Marek setzte sich in die Fensternische und schaute hinaus. Er würde dieses Haus loslassen müssen.

 

Der Innenarchitekt, der am nächsten Tag kam, war eine Überraschung. Zumindest sah er anders aus, als Marek ihn sich vorgestellt hatte. Er trug eine dunkelbraune Wildlederhose, ein weites Hemd und um den Hals ein Lederband mit Holzanhänger. Er war einen Kopf kleiner, hatte braune, gestylte Haare und alles in allem, wenn Marek ehrlich war, sah er gut aus.

Er stellte sich als Tomek Kirchmayer vor. Marek gab ihm die Hand und nannte nur seinen Nachnamen. Er hatte nicht vor, diesen gleichaltrigen Mann zu duzen. Der Architekt ging langsam durch die Räume und Marek folgte ihm. Mehrmals setzte er an, etwas zu erklären, auf ein Detail hinzuweisen, ließ es dann aber.

»Darf ich Fotos machen?«, fragte der Architekt und Marek nickte nur, obwohl er die Frage überflüssig fand. Schließlich handelte der Mann im Auftrag des Besitzers.

Im Treppenhaus schaute Marek bedauernd auf den blassen Fries, den er unter unsäglichen Schichten Ölfarbe zum Vorschein gebracht hatte. Nun würde er wohl wieder unter irgendeiner Farbe verschwinden, die der Herr Architekt für passend hielt.

Das originale Treppengeländer war nicht mehr aufzutreiben gewesen und Marek hatte darauf verzichtet, es zu rekonstruieren. Stattdessen hatte er eine schlichte, klare Konstruktion angebracht.

»Was sind das für Objekte?« Tomek deutete auf die Schiffchen, die an Nylonfäden gestaffelt im Treppenhaus hingen.

Marek verzichtete darauf, spitz ›Das ist Kunst‹ zu antworten. »Das hat eine befreundete Künstlerin gemacht, Eva Wanjak.« Marek hatte sich für sie über den Verkauf eines Werkes – wohl selten genug bei ihr – gefreut. Tomek nickte nur und machte ein Foto.

»Kommen Sie«, sagte Marek. Sie betraten den Salon, einen großen, hohen Raum, weiße Wände, lichtdurchflutet. Der Architekt inspizierte die Fenster, insbesondere die rekonstruierten, aber Marek war nicht sicher, ob er den Unterschied bemerkte.

Gegenüber dem großen Erker hatte sich ein Kamin erhalten, auf den Tomek jetzt zuschritt. Marek hatte ihn wieder freigelegt, aber er hatte danach schmucklos und kahl gewirkt. Der Architekt blieb davor stehen – Marek schien es andächtig – dann berührte er den Mosaikfries, der sich vom Kamin zur Decke zog.

»Ist der Original?«

»Nein, ich habe ihn anhand alter Fotos versucht nachzuahmen.« Material und Farbe waren nicht erkennbar gewesen und er hatte sich für hellblau schimmernde Mosaiksteine entschieden, die durchscheinend und leicht wirkten. Der Fries bekam dadurch eine moderne, auffällige Ausstrahlung.

»Ungewöhnliche Anordnung, so nach oben«, sagte Tomek.

»Ja, aber er war so, vielleicht etwas breiter und dunkler.«

»Es wirkt gut«, sagte Tomek schlicht. »Hast du alles selbst instandgesetzt?«

»Vieles – die Installationen und so weiter machen Firmen, die ersetzten Fenster sind von einem Tischler, aber sonst – ja.«

Tomek ging im Raum herum. »Das ist außerordentlich, alles fügt sich zusammen.«

»Es war nicht viel erhalten von der Einrichtung.«

»Vielleicht ist es sogar besser so. Von wann ist die Villa?«

»1905 – eine Fabrikantenvilla. Es war früher überladener und dunkler, vieles getäfelt und verziert.«

»Wie ich meinte – vielleicht ist es besser so. Die Formen treten jetzt klarer hervor.«

»Aber der Besitzer will ja Wände einziehen.«

»Er sprach von so etwas. Nun …« Tomek legte die Aktenmappe ab und schob die Ärmel hoch. »Ich werde etwas Farbe hier einsetzen. Keine Sorge, ganz zart, Sand und Goldbeige. Ich arbeite mit Naturfarben, die haben einen wunderbaren matten Schimmer. Dazu wenige moderne Möbel mit klaren Linien und ein paar Bauhauslampen.« Tomek nickte zufrieden, während er seinen Blick schweifen ließ.

Marek sah ihn zweifelnd an. »Aber Herrn Schmidt wird das nicht reichen!«

»Keine Sorge.« Tomek lächelte. »Den werde ich schon überzeugen.«

»Wirklich?«

»Mit Sicherheit.« Tomek streckte sich. »Ach ja, sehr schön. Sag mal, kann man hier irgendwo gut essen gehen?«

Marek brauchte einen Moment, um die Entwicklung der Dinge zu verarbeiten. Der Architekt war nett – einnehmend sogar. Irgendwie glaubte Marek ihm, dass er den Besitzer der Villa überzeugen konnte.

»Es gibt da einen sehr guten Gasthof, ein Fischrestaurant direkt an den Teichen. Ist nur schwer zu finden, man muss erst zurück bis Retschow und dann an der Sandgrube …«

»Wo? Ich bin von woanders hergekommen.«

»Ja also, an der Hauptstraße links und dann … ach weißt du, am besten zeige ich es dir, wenn du nichts dagegen hast.«

Tomek machte ein paar Schritte auf ihn zu und sah ihn an. »Nein, gern – wenn ich dich dafür zum Essen einladen darf.«

»Das ist doch nicht nötig.« Erst jetzt fiel ihm auf, dass er Tomek geduzt hatte. Aber es fühlte sich nicht falsch an.

»Es würde mich freuen.« Seine Stimme war sehr angenehm, bemerkte Marek.

»Also … naja, okay. Fahren wir erst mal hin.«

Tomek nickte und sie verließen das Haus. Marek führte ihn zum Cadillac. »Ja Hammer!« Tomek strich begeistert über die verchromte Zierleiste. »Was für ein Design.«

Marek sagte nichts, er hatte schon viel zu viel Geld in den Wagen gesteckt – ein zu kostenintensives, unpraktisches, auffälliges Gefährt. Aber es gehörte zu ihm, wie nicht vieles sonst. Er öffnete Tomek die Beifahrertür. Fast sofort kam ihm die Geste albern vor, doch Tomek stieg mit einem Lächeln ein.

Marek fuhr durch das Städtchen und über eine Landstraße, durch die wenigen Häuser von Retschow, dann einen Schleichweg. Tomek hatte das Fenster heruntergekurbelt und pfiff eine Melodie.

Nach zwei Abbiegungen und einem weiteren Dorf bog Marek in einen Feldweg ab, der sich immer mehr verengte. Schließlich hielten sie und betraten durch ein verfallenes Tor das Gelände. Sie gingen an Fischteichen vorbei, die von Erlen und hohem Gras umgeben waren. Eine Schleuse plätscherte, das Abendlicht brachte das Wasser zum Glitzern. An Fischereigerätschaften vorbei erreichten sie das Restaurant und entschieden sich für einen Tisch im Freien direkt am Wasser.